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Verarbeitungswert der neuen Weizen- und Roggensorten Simone Seling, Günter Unbehend und Meinolf G. Lindhauer, Detmold Kurzfassung Neu zugelassene Weizensorten Im Jahr 2009 wurden vier Sommer- und acht Winterweizensorten neu in die Amtliche Liste des Bundessortenamtes aufgenommen. Die Verarbeitungseigenschaften der Sorten werden anhand der Ergebnisse der im Rahmen der Wertprüfung durchgeführten Untersuchungen, die sich nach wie vor über drei Anbaujahre mit je acht, über das ganze Bundesgebiet verteilten, Anbauorten erstreckt, beschrieben. In das Sortiment der Sommerweizen wurde mit KWS Scirocco eine weitere E-Sorte zugelassen, die im Ertrag mit der Ausprägungsstufe (APS) 6 eingestuft wurde. Im A- Bereich finden sich drei neue, vergleichsweise ertragreiche Sommerweizen: Alora (APS 7), KWS Chamsin (APS 7), und KWS Aurum (APS 6). In das Sortiment der Winterweizen wurden in die Qualitätsgruppe E zwei Sorten aufgenommen: die relativ ertragsstarke Sorte Event (APS 5) sowie die ertragsschwache Sorte Butaro (APS 1), die eine gute Eignung für den ökologischen Landbau erwarten lässt. In die Qualitätsgruppe B wurden vier sehr ertragsstarke Sorten eingestuft: Global (APS 9), Kredo (APS 8), Primus (APS 8)und Tarkus (APS 8). Des Weiteren ist in der Gruppe der C-Weizen mit Hyland eine sehr ertragreiche Hybridsorte (APS 9) aufgenommen worden. Mit der Sorte Zappa wurde eine weitere Sorte zugelassen, die eine spezielle Eignung für die Flachwaffel-Herstellung aufweist. Die neuen Sorten weisen eine mittelharte bis harte Endospermstruktur mit NIR-Kornhärten von 50 bis 60 auf, mit Ausnahme der Sorte Zappa mit einer Kornhärte von durchschnittlich 43. Die Mahleigenschaften der neuen Winterweizensorten sind mit Mehlausbeuten (Typ 550) von 78 – 81 % im dreijährigen Mittel als gut bis sehr gut zu bewerten. Besonders fallen hierbei die Sorten Event und Zappa mit durchschnittlichen Mehlausbeuten zwischen 80 und 81 % auf. Die Sommerweizensorten liegen mit einer Mehlausbeute von durchschnittlich 75 bis 77% % auf einem – für Sommerweizen – durchschnittlichem Niveau. Hinsichtlich der Mahleigenschaften fällt besonders die Sorte Event auf, die eine hohe Mehlausbeute und eine ausgesprochen niedrige Mineralstoffwertzahl aufweist. Die Fallzahlen der neuen Sorten liegen im dreijährigen Mittel auf relativ hohem Niveau und erreichen APS 6 bis 9. Hervorzuheben kann man Sorten Butaro und Event, die vergleichsweise stabil in der Höhe der Fallzahl sind, wohingegen die neuen B-Sorten diesbezüglich als wenig stabil zu bezeichnen sind. Die Wasseraufnahme liegt bei den neuen Sorten durchschnittlich in einem hohen Bereich von 59 bis 63,5 %. Ausnahmen stellen die Hybridsorte Hyland sowie die weiche Sorte Zappa aber auch die relativ harte Sorte Kredo dar, bei denen die Wasseraufnahme in dem Bereich von 53 bis 55% liegt. Die Beurteilung der Teige und Gebäcke erfolgt nach dem Verfahren des Rapid-Mix-Testes und beruht auf den Ergebnissen von drei Prüfungsjahren. Dabei wurden die Teige der neuen Sorten wurden überwiegend bei ‘feuchter‘ bis ‘etwas feuchter‘ Oberflächenbeschaffenheit in der Elastizität mit ‘normal‘ beurteilt. Ausnahmen stellt dabei Sorte Zappa mit geschmeidiger Teigelastizität dar. Hinsichtlich der Backergebnisse ist die neue Event bemerkenswert, da sie das einer E-Qualität entsprechende Backergebnis erbringt (im Durchschnitt 700 mL/100g), aber bei einem vergleichsweise niedrigem Proteingehalt von nur durchschnittlich 13,1%. Zusammenfassend stellen die neuen Weizensorten sowohl hinsichtlich der agronomischen Charakteristika (Ertrag, Krankheitsanfälligkeit) als auch der Verarbeitungseigenschaften (Mahl- und Backqualitäten) eine vielversprechende Erweiterung des Sortenspektrums dar. Neu zugelassene Roggensorten In die Beschreibenden Sortenliste 2009 wurden fünf neu gezüchtete Winterroggensorten und eine für die Grünnutzung bestimmte Winterroggensorte aufgenommen. Gelöscht wurde die seit 1998 eingetragene Hybridroggensorte Fernando. Damit enthält die Beschreibende Sortenliste des Bundessortenamtes 35 Winterroggensorten, 3 Sommerroggensorten und 5 für die Grünnutzung

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Verarbeitungswert der neuen Weizen- und Roggensorten

Simone Seling, Günter Unbehend und Meinolf G. Lindhauer, Detmold

Kurzfassung Neu zugelassene Weizensorten Im Jahr 2009 wurden vier Sommer- und acht Winterweizensorten neu in die Amtliche Liste des Bundessortenamtes aufgenommen. Die Verarbeitungseigenschaften der Sorten werden anhand der Ergebnisse der im Rahmen der Wertprüfung durchgeführten Untersuchungen, die sich nach wie vor über drei Anbaujahre mit je acht, über das ganze Bundesgebiet verteilten, Anbauorten erstreckt, beschrieben. In das Sortiment der Sommerweizen wurde mit KWS Scirocco eine weitere E-Sorte zugelassen, die im Ertrag mit der Ausprägungsstufe (APS) 6 eingestuft wurde. Im A-Bereich finden sich drei neue, vergleichsweise ertragreiche Sommerweizen: Alora (APS 7), KWS Chamsin (APS 7), und KWS Aurum (APS 6). In das Sortiment der Winterweizen wurden in die Qualitätsgruppe E zwei Sorten aufgenommen: die relativ ertragsstarke Sorte Event (APS 5) sowie die ertragsschwache Sorte Butaro (APS 1), die eine gute Eignung für den ökologischen Landbau erwarten lässt. In die Qualitätsgruppe B wurden vier sehr ertragsstarke Sorten eingestuft: Global (APS 9), Kredo (APS 8), Primus (APS 8)und Tarkus (APS 8). Des Weiteren ist in der Gruppe der C-Weizen mit Hyland eine sehr ertragreiche Hybridsorte (APS 9) aufgenommen worden. Mit der Sorte Zappa wurde eine weitere Sorte zugelassen, die eine spezielle Eignung für die Flachwaffel-Herstellung aufweist. Die neuen Sorten weisen eine mittelharte bis harte Endospermstruktur mit NIR-Kornhärten von 50 bis 60 auf, mit Ausnahme der Sorte Zappa mit einer Kornhärte von durchschnittlich 43. Die Mahleigenschaften der neuen Winterweizensorten sind mit Mehlausbeuten (Typ 550) von 78 – 81 % im dreijährigen Mittel als gut bis sehr gut zu bewerten. Besonders fallen hierbei die Sorten Event und Zappa mit durchschnittlichen Mehlausbeuten zwischen 80 und 81 % auf. Die Sommerweizensorten liegen mit einer Mehlausbeute von durchschnittlich 75 bis 77% % auf einem – für Sommerweizen – durchschnittlichem Niveau. Hinsichtlich der Mahleigenschaften fällt besonders die Sorte Event auf, die eine hohe Mehlausbeute und eine ausgesprochen niedrige Mineralstoffwertzahl aufweist. Die Fallzahlen der neuen Sorten liegen im dreijährigen Mittel auf relativ hohem Niveau und erreichen APS 6 bis 9. Hervorzuheben kann man Sorten Butaro und Event, die vergleichsweise stabil in der Höhe der Fallzahl sind, wohingegen die neuen B-Sorten diesbezüglich als wenig stabil zu bezeichnen sind. Die Wasseraufnahme liegt bei den neuen Sorten durchschnittlich in einem hohen Bereich von 59 bis 63,5 %. Ausnahmen stellen die Hybridsorte Hyland sowie die weiche Sorte Zappa aber auch die relativ harte Sorte Kredo dar, bei denen die Wasseraufnahme in dem Bereich von 53 bis 55% liegt. Die Beurteilung der Teige und Gebäcke erfolgt nach dem Verfahren des Rapid-Mix-Testes und beruht auf den Ergebnissen von drei Prüfungsjahren. Dabei wurden die Teige der neuen Sorten wurden überwiegend bei ‘feuchter‘ bis ‘etwas feuchter‘ Oberflächenbeschaffenheit in der Elastizität mit ‘normal‘ beurteilt. Ausnahmen stellt dabei Sorte Zappa mit geschmeidiger Teigelastizität dar. Hinsichtlich der Backergebnisse ist die neue Event bemerkenswert, da sie das einer E-Qualität entsprechende Backergebnis erbringt (im Durchschnitt 700 mL/100g), aber bei einem vergleichsweise niedrigem Proteingehalt von nur durchschnittlich 13,1%. Zusammenfassend stellen die neuen Weizensorten sowohl hinsichtlich der agronomischen Charakteristika (Ertrag, Krankheitsanfälligkeit) als auch der Verarbeitungseigenschaften (Mahl- und Backqualitäten) eine vielversprechende Erweiterung des Sortenspektrums dar. Neu zugelassene Roggensorten In die Beschreibenden Sortenliste 2009 wurden fünf neu gezüchtete Winterroggensorten und eine für die Grünnutzung bestimmte Winterroggensorte aufgenommen. Gelöscht wurde die seit 1998 eingetragene Hybridroggensorte Fernando. Damit enthält die Beschreibende Sortenliste des Bundessortenamtes 35 Winterroggensorten, 3 Sommerroggensorten und 5 für die Grünnutzung

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bestimmte Winterroggensorten. Neu zugelassen wurden in diesem Jahr die Hybridroggen Brasetto, Gonello, Guttino, Helltop und Pallazo. Mit diesen Neuzüchtungen konnten in der Resistenz gegen Mehltau Fortschritte erzielt werden, wobei hier die Sorte Helltop besonders hervorzuheben wäre, die auch gegenüber der Pflanzenkrankheit Braunrost eine verringerte Anfälligkeit ausweist. Sowohl im Anbau unter praxisüblichen Bedingungen als auch im Anbau unter reduzierter Behandlung mit Fungiziden, Wachstumsregulatoren und Stickstoffdüngung zeigten alle Neuzulassungen ausgezeichnete Ertragseigenschaften, sodass diese Sorten mit Sicherheit im Anbau eine stärkere Verbreitung finden werden. Die Tausendkornmasse, die von Mühlenbetrieben häufig mit der erzielbaren Mehlausbeute in Verbindung gebracht wird, war bei der Sorte Helltop besonders hoch. Dies veranlasste das Bundessortenamt diese Sorte in diesem Merkmal in die Ausprägungsstufe 7 einzustufen. Die anderen Neuzulassungen wurden mit einer mittleren Ausprägungsstufe von 5 bewertet. Erste Hinweise auf mögliche Verarbeitungseigenschaften können aus den rheologischen Untersuchungen abgeleitet werden. Sehr hohe Kornfallzahlen konnten an den Prüfmustern der Sorten Gonello und Guttino, ebenfalls noch hohe Fallzahlen wurden an den Roggensorten Brasetto und Palazzo festgestellt. Diese Untersuchungsergebnisse wurden durch die im Brabender Amylographen in Mehlsuspensionen festgestellten Verkleisterungseigenschaften bestätigt. Die Sorte Helltop wies im Mittel eine Fallzahl auf dem Niveau der Sorten Conduct und Askari auf, allerdings mit einer standortbedingten größeren Varianz. Diese größere Streuung zeigte sich auch im Vergleich der Verkleisterungstemperaturen. Besonders augenscheinig waren die sehr niedrigen maximalen Viskositäten von im Amylographen untersuchten Suspensionen mit der Roggensorte Helltop, sodass Helltop in diesem Qualitätsmerkmal in die Stufe 2 eingruppiert wurde. Von den Neuzulassungen wurde Prüfmaterial der Standorte Schuby und Groß-Gerau in standardisierten Mahlversuchen zu Typenmehlen vermahlen und diese Mehle in standardisierten Sauerteigbackversuchen verbacken. Das Backverhalten der Roggenmehle der Type 997 aus den Sorten Brasetto und Gonello war mit gut, das der Sorten Helltop und Guttino mit gut bis befriedigend zu bewerten. Gute bis sehr gute Backeigenschaften waren den Roggentypenmehlen aus der Sorte Palazzo zuzuschreiben; nur die Mehle aus der Sorte Askari der Ernte 2008 zeigten ein noch besseres gemitteltes Backverhalten. Die Neuzulassungen bereichern das vorhandene Sortiment in agronomischer und technologischer Sicht, so dass Landwirtschaft und Verarbeitung eine weiter verbesserte Auswahl an zum Anbau in Deutschland zugelassenen Roggensorten zur Verfügung steht. Die während des Vortrages gezeigte Präsentation ist h i e r zu sehen. Anschrift der Verfasser(in): Dr. Simone Seling, Dipl.-Ing. Günther Unbehend und Prof. Dr. Meinolf G. Lindhauer Max Rubner-Institut, Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide Schützenberg 12 32756 Detmold