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Simulation der Verteilung von Einkommen und Vermögen Review by: Frank Klanberg FinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 33, H. 3 (1975), pp. 553-556 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40911165 . Accessed: 16/06/2014 20:41 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 195.34.79.228 on Mon, 16 Jun 2014 20:41:25 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Simulation der Verteilung von Einkommen und Vermögen

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Simulation der Verteilung von Einkommen und VermögenReview by: Frank KlanbergFinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 33, H. 3 (1975), pp. 553-556Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40911165 .

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Simulation der Verteilung von Einkommen und Vermögen*

von

Frank Klanberg

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es inzwischen eine ganze Keine simulationsfälliger Modelle, die sich auch zur Beantwortung von Fragen nach der Verteilung des Einkommens eignen. Ein Prototyp aus dem makroökono- mischen Bereich ist das ökonometrische Prognosemodell von Krelle, in dessen neuester Version1 die Verhaltensgleichung für den Arbeitskoeffizienten nach sozioökonomischen Kriterien in Funktionen für die Arbeitskoeffizienten von Arbeitern, Angestellten und Beamten sowie von Selbständigen untergliedert ist. Von anderen Leitideen getragen sind die verteilungspolitischen Simula- tionen von Krupp2, in dessen Modell eine weitgehende Disaggregation des Haushaltssektors zwar sehr differenzierte Aussagen zur personellen Ein- kommensverteilung ermöglicht, wo aber gleichzeitig auf eine funktionale Einbettung der verschiedenen Einkommensströme in einen gesamtwirt- schaftlichen Kreislaufteil bewußt verzichtet wird. Die Modelle von Krelle einerseits und von Krupp andererseits beleuchten gewissermaßen die Szenerie der Einkommensverteilung aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln, und es ist deshalb auch nicht verwunderlich, daß sich die Bezugnahme auf diese beiden Pole wie ein roter Faden durch die Arbeit von Zerwas zieht.

Beim heutigen Stand der Entwicklung auf diesem Gebiet muß ein Simu- lationsmodell bereits der Forderung genügen, auf konkrete, aktuelle Anlässe berührende Fragen möglichst umfassende Antworten zu geben. Beispiele wären etwa die Frage nach den mittelfristigen Verteilungswirkungen der herrschenden Inflationsrate oder nach den Auswirkungen einer drastischen Erhöhung der Energiepreise auf Konjunktur, Wachstum und Verteilung. "Wer

* Zu A. Zerwas: Simulationsexperimente zur Einkommens- und Vermögens- verteilung. Volkswirtschaftliche Schriften, Heft 210. Duncker & Humblot. Berlin 1974. 149 Seiten.

1 W. Krelle : Erfahrungen mit einem ökonometrischen Prognosemodell für die Bundesrepublik Deutschland. Mathematical Systems in Economics 12, Meisenheim am Glan 1974.

2 H.- J.Krupp: Theorie der personellen Einkommensverteilung. Volkswirt- schaftliche Schriften, Heft 127. Berlin 1968.

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derartige Probleme empirisch in den Griff bekommen will, kann verschiedene Wege beschreiten. Einmal kann von der Konzeption ausgegangen werden, das ErkJärungspotential vorhandener, auf unterschiedliche Zielbündel hin ausgerichteter Modelle so weit wie möglich zu nutzen. Dieses hieße, jene Modelle unter Schaffung geeigneter Verknüpfungsmodule so miteinander zu verbinden, daß modellintegrierende Prognosen unter Aufrechterhaltung eines Maximums an Einzelinformationen möglich werden1. Ein zweiter Weg besteht darin, neu auftauchende Zielsetzungen in neue Modellkonzeptionen umzusetzen. A priori gibt es kaum Kriterien, nach denen man abschätzen könnte, welcher Weg im Einzelfall besser ist. Zerwas wählt den zweiten Weg, indem er exemplarisch drei gesamtwirtschaftliche Totalmodelle für unter- schiedliche Fragestellungen entwickelt, ökonomisch ,, plausible" Koeffi- zienten vorgibt und numerische Lösungen für die gewählten Konstellationen präsentiert.

Modell I ist ein statisches, geschlossenes Kreislauf modell mit zwei pro- duzierenden Sektoren (für Konsumgüter und Investitionsgüter) und zwei Haushaltsgruppen (Unselbständige und Selbständige). Für diese Haushalts- gruppen wird die absolute Einkommenshypothese mit unterschiedlicher marginaler Konsumneigung (0,8 bzw. 0,5) unterstellt. Die Investitionen werden in eine autonome und in eine von den in den Sektoren erzielten Ge- winnen abhängige Komponente aufgeteilt. Preise sind im Modell exogen; sie setzen sich rechnerisch zusammen aus Lohnsatz, Arbeitskoeffizient und einem Gewinnzuschlag, der von den Unternehmern als fester prozentualer Zuschlag zu den Stückkosten der Produktion erhoben wird.

Die Hypothese nachfrageunabhängiger Preisgestaltung ist hier auf dem Hintergrund einer Gleichgewichtssituation à la Walras zu sehen, in der es Probleme der Auslastung der Produktionskapazitäten definitionsgemäß nicht gibt.

Für jeden Teilbereich des Unternehmenssektors gibt es implizit eine limitationale Produktionsfunktion. Die Funktionsform wird so gewählt, daß die Linearität des Gesamtmodells gewahrt bleibt. Die unterstellte Verhaltens- hypothese orientiert sich an der Monopolgradtheorie der Verteilung : die Profit- rate r der Unternehmer ist bei gegebenem Lohnsatz 1 und festen Arbeits- bzw. Kapitalkoeffizienten h bzw. k eine Funktion des Gewinnaufschlags g.

Formelmäßig gilt

Diese Formel läßt sich zu (2) umformen und anders interpretieren:

Danach ist die Gleichgewichtskapitalintensität K/A abhängig von dem gewünschten Gewinnaufschlag und dem gegebenen Verhältnis l/r aus Lohn-

1 Ein Beispiel eines solchen Ansatzes wurde angewandt in : R. Brennecke und F. Klanberg: Auswirkungen alternativer Vorschläge zur Einkommensbesteuerung in einer inflationären Wirtschaft, in: Finanzarchiv, N.F. Bd. 33, 1974, S. 73.

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und Profitrate. Eine zu (2) ganz analoge Beziehung (3) läßt sich aus einer Coòò-ZJo^as-Produktionsfunktion ableiten :

Bei der Verwirklichung des optimalen Produktionsplanes ist in (3) die Gleichgewichtskapitalintensität eine Funktion der inversen Lohnquote «a· Die Substitutionselastizität beträgt bei (1) bzw. (2) σ = 0, bei (3) σ = 1. Em- pirische Schätzwerte1 dieser Größe liegen bei σ = 1/2. Hieraus wird deutlich, daß Zerwas im Grunde genommen seine Modellprämissen nur auf einen der möglichen Grenzfälle volkswirtschaftlicher Produktionsplanung abstellt. Der Ausschluß jeglicher Faktorsubstitutionalität verliert aber an Überzeugungs- kraft, wenn der Aggregationsgrad des Modells derart hoch ist wie im vor- liegenden Falle.

Beim Vergleich der Modellergebnisse mit denen des Kaldor-Moàelh er- gibt sich, daß Investitions- und Gewinnquote sich nicht notwendigerweise parallel zueinander entwickeln, sobald die Investitions quote endogenisiert wird und sektorale Monopolgrade eine Rolle spielen. Auch bei anderen Simu- lationsergebnissen schlagen Veränderungen des Monopolgrades viel stärker zu Buche als Variationen von Konsumneigungen und Investitionskoeffizien- ten. Da niedrigere Gewinnzuschläge die Lohnquote und das Arbeitnehmer- gruppeneinkommen erhöhen, stellt Zerwas die suggestive Frage, ob wirkungs- vollere Verteilungspolitik zugunsten der Arbeitnehmer nicht durch Senkung des Monopolgrades (Liberalisierung des Welthandels, Verschärfung des Ge- setzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) betrieben werden könne2. Denk- modell und Politikempfehlung orientieren sich hier offensichtlich an den Rahmenbedingungen einer Volkswirtschaft westlichen Stils. Bekanntlich lie- gen die theoretischen Schwierigkeiten einer Lösung des Verteilungsproblems hier in dem Erfordernis, spezifische Annahmen über die Determinanten des Investitions Verhaltens machen zu müssen. Projiziert man nun aber die Mo- dellannahmen in eine Volkswirtschaft östlichen Zuschnitts, so werden die Implikationen sehr bald einigermaßen bizarr. Ohne präzise Definition des Zielvektors einer Instrumentvariablen ist, wie man an dem Beispiel sieht, der konkrete Inhalt des Wortes „wirkungsvoll" gar nicht zu bestimmen.

Das Modell II basiert im wesentlichen auf den Grundannahmen des Modells I. Neu ist die Unterstellung, die Haushaltsgruppe 2 (Selbständige) besitze das Eigentumsrecht am gesamten Sach vermögen ; Haushaltsgruppe 1 hingegen besitze nur Geldvermögen, welches sie zinsbringend bei den Banken anlegt. Gruppe 2 ist Nettogeld Vermögensschuldner. Es ist klar, daß der- artige Annahmen nur ein grob vereinfachendes Bild der Realität wieder- geben. Untersucht wird unter diesen Voraussetzungen, wie sich staatliche Sparförderungspläne auf die Vermögensverteilung bei schleichender Inflation auswirken. Zerwas kommt zu einer relativ negativen Einschätzung der Wirk- samkeit jener Maßnahmen. Hauptgrund dafür ist die Tatsache, daß lang-

1 Vgl. W.Krdh: a&O.9S. 11. 2 So auf S. 66 des Buches.

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fristig der Wertzuwachs am Sach vermögen die Erhöhung des Anteils der Ar- beitnehmer am Geldvermögenszuwachs übersteigt.

In diesem Punkt bringt das Modell II keinen entscheidenden Durch- bruch. Daß in einer Inflation reale Kaufkraft von Gläubigern auf Schuldner transferiert wird, ist sowohl intuitiv einsichtig als auch empirisch erwiesen. Entscheidend zu erfahren ist, von wem auf wen dieser Transfer unter welchen Umständen vonstatten geht. Und hier sind wir z.Z. mit Spekulationen reich- haltiger gesegnet als mit nachweislichen Fakten1.

Das abschließende Modell III ist mit 66 Gleichungen das umfangreichste und komplizierteste der drei entwickelten Modelle. Die in ihm vorgenomme- nen Erweiterungen betreffen die Berücksichtigung staatlicher Transaktionen und die Ausdehnung des Sektors Haushalt auf drei Gruppen: Unselbständige, Selbständige, Eentner. Aus der Vielfalt der Simulationsergebnisse interessie- ren hier vor allem diejenigen, in denen vom Staat beeinflußbare Parameter verändert werden. Eine ,, Steuerreform" im Sinne einer linearen Erhöhung der direkten Steuern aller drei Haushaltsgruppen um 20% verschiebt zum Beispiel die Verteilung des verfügbaren Einkommens zugunsten der Unselb- ständigen und Rentner. Dies resultiert hier aber nicht aus einer nach Gruppen differenzierenden Progressionswirkung des Steuertarifs (die Durchschnitts- steuersätze jeder Gruppe sind feste Größen) auf die Bruttoarbeitseinkommen, sondern aus dem Besteuerungseffekt auf die unterschiedliche Entwicklung des Geld Vermögens. Kurioserweise beeinflußt eine Veränderung des indirekten Steuersatzes die Real Verteilung überhaupt nicht. Eine Erhöhung der Sozial- versicherungsbeiträge läßt den Anteil der Rentner am verfügbaren Einkom- men ansteigen, wobei der Anteil der Arbeitnehmer ex definitione sinken muß. Hätte Zerwas hier mit einem nur wenig niedrigeren Aggregationsgrad operiert, so hätte er wahrscheinlich feststellen können, daß eine Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge ceteris paribus vor allem eine massive Um- verteilung zugunsten der Beamten darstellt.

Man mag an diesen Beispielen erkennen, wie stark die Aussagekraft derartiger Simulationsergebnisse von der Bildung heterogener Gruppen ab- hängen kann. Dem Empiriker, der über Einkommens- und Vermögensver- teilung etwas Konkretes wissen will, bleibt daher wohl nichts anderes übrig, als einen Kurs zwischen der Skylla der Makromodelle und der Charybdis von Individualsimulationen zu steuern. Die Lektüre der Zerwasschen „Experi- mente" kann sicherlich helfen, auf diesem Kurs voranzukommen.

1 Vgl. zu diesem Punkt etwa: G.L.Bach und J.B.Stephenson: Inflation and the Redistribution of Wealth, in: The Review of Economics and Statistics, Vol. 56, 1974, S. 1.

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