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Allgemeine Psychologie: Gedächtnis Sommersemester 2008 Thomas Schmidt Folien: http://www.allpsych.uni-giessen.de/thomas

Sommersemester 2008 Thomas Schmidt · Definitionen • Gedächtnis bezeichnet die Information, die mehr oder weniger dauerhaft im Gehirn gespeichert ist • Lernen bezeichnet den

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Allgemeine Psychologie:Gedächtnis

Sommersemester 2008

Thomas Schmidt

Folien: http://www.allpsych.uni-giessen.de/thomas

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Literatur

• Zimbardo, Kap. 8

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Lernen und Gedächnis

• Was ist Gedächtnis?• Verschiedene Gedächtnisarten• Lang- und kurzfristige

Gedächtnisformen

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Marcel Proust bei einem Tennisspiel

„A la récherche du temps perdu“

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Definitionen

• Gedächtnis bezeichnet die Information, die mehr oder weniger dauerhaft im Gehirn gespeichert ist

• Lernen bezeichnet den Prozess der Aufnahme der Information

• Erinnern bezeichnet den Abruf der Information

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Klassifikation I

• Deklarativ– Episodisch (Ereignisse, „erster

Schultag“)– Semantisch (Fakten, „Hauptstadt von

Frankreich“)• Prozedural

– Fertigkeiten („Radfahren“)– Bahnung (Priming)– Konditionierung (klassisch oder operant)

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Klassifikation II

• Explizit– Bewusst abrufbar

• Implizit– Nicht bewusst abrufbar– z.B. Jacoby‘s Inklusions- und

Exklusiontests

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Klassifikation von Gedächtnisarten

Das Gedächtnis ist über das ganze Gehirn verteilt. Unterschiedliche Strukturen sind für verschiedene Arten des Gedächtnis wichtig.

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Zeitliche Spezialisierung von Gedächtnisspeichern

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Sensorisches und Kurzzeitgedächtnis

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Ikonisches Gedächtnis:Sperlings Partial-Report-Paradigma

Cue

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Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses:Gedächtnisspanne

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Miller (1956): „The magical number seven (plus or minus two)“; überschätzt die tatsächliche Gedächtnisspanne wahrscheinlich etwas

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Die Kurzlebigkeit des Kurzzeitgedächtnisses

Ohne Rehearsal verblassen Inhalte im KZG sehr schnell!

Petersen Task:• 3 Konsonanten merken• Dabei in Dreier-schritten rückwärts zählen

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ChunkingErhöht die Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses von ca. 4-6 Einzelitems auf 4-6 „Brocken“:

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• Zentrale Exekutive: übt kognitive Kontrolle aus• Sketchpad: für bildliche Vorstellungen, z.B. „F-Aufgabe“• Phonologische Schleife: „Zurückspulen“ von Sprachmaterial,

begrenzte Dauer

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Serielle Positionseffekte

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Primacy- und Recency-Effekteändern sich über verschiedene Zeitspannen. Sie sind allerdings bei vielen verschiedenen Arten sehr ähnlich.

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Trinity College, Dublin

Langzeitgedächtnis

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Ebbinghaus (1885): Vergessensverlauf für gelernte Buchstabentripletts

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Retrieval Cues („Abrufhilfen“)

Free Recall:• Abruf von gelernten Items in beliebiger Folge, ohne Hinweisreize• schwierig

Cued Recall:• Abruf mit Hinweisreizen• z.B. „paired associates“: „Hund-Baum“, „Buch-Jacke“…• leichter als Free Recall

Ungeklärte Frage: Vergessen wir überhaupt etwas, oder fehlen uns nur die richtigen

Abrufhilfen?

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Pegword Mnemonic

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Kapazität des LZG:praktisch unbegrenzt

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Semantisches Gedächtnis:Konzepte, Prototypen, deklaratives Wissen

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Context-dependent memory

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"How fast was the cargoing when it passedthe YIELD sign?“

"How fast was the cargoing when it passedthe STOP sign?“

Augenzeugengedächtnis: nachträgliches Editieren von Erinnerungen

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False-Memory-Effekt PatientInnen erinnern sich in der Therapie plötzlich an lange zurückliegende Ereignisse

Besonders dramatisch: Erinnerungen an Kindesmissbrauch

„Memory Wars“: Sind diese Erinnerungen glaubhaft? Können sie als Zeugenaussagen eingesetzt werden?

Vorsicht: Viele dieser Erinnerungen scheinen erst in der Therapie konstruiert zu werden, vor allem wenn suggestive Techniken wie Hypnose eingesetzt werden!

Sie werden im Verlauf der Zeit immer weiter ausgeschmückt (auch im Verein mit Therapeuten und Selbsthilfegruppen) und sind am Ende von echten Erinnerungen nicht mehr zu unterscheiden.

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Der Patient H.M.

• Bilaterale Entfernung von Strukturen im medialen Temporallappen (wegen Epilepsie)

• Hippocampus und Amygdala beidseitig betroffen

• Retrograde Amnesie (ca. 10 Jahre)• Massive anterograde Amnesie

– Normales Kurzzeitgedächtnis– Keine Aufnahme von neuen Inhalten in das

Langzeitgedächtnis• Normale Intelligenz

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Läsion von H.M.

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Prozedurales Gedächtnis

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Hippocampus und Gedächtnis

• Symptome wie bei H.M. kommen häufig vor,z.B. nach Schlaganfällen oder Hirnhautentzündungen

• Aber: Experimentelle Läsionen des Hippocampus bei Ratten haben nicht den selben Effekt

• Bei H.M. beschränkt sich die anterogradeAmnesie auf das deklarative Gedächtnis

• Prozedurales Gedächtnis ist bei H.M. nicht gestört.

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