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SOZIALPOLITIK
Vorlesung von Prof. Dr. Ulrich Schmidt
SS 2008
Sprechstunde: Di. 14.30-15.30 UhrEmail: [email protected]
2
1.Grundlagen
2.Soziale Sicherheit
3.Gleicheit und Gerechtigkeit
4.Effizienzorientierte Staatseingriffe
5.Demographische Entwicklung
6.Rentenversicherung
Gliederung
3
1. Grundlagen
2. Soziale Sicherheit2.1 Sicherheit und Vorsorge2.2 Meritorisierung der sozialen Sicherheit2.3 Techniken der Sozialen Sicherung2.4 Leistungen im Rahmen der sozialen Sicherung2.5 Finanzierung der Sozialen Sicherung
3. Gleicheit und Gerechtigkeit3.1 Messung von Ungleichheit3.2 Soziale Wohlfahrtsfunktionen3.3 Einwände gegen gleichheitsorientierte Umverteilung3.4 Bekämpfung von Armut als verteilungspolitisches Ziel
4. Effizienzorientierte Staatseingriffe4.1 Marktversagen aufgrund spezieller Präferenzen der Individuen
4.2 Marktversagen auf Versicherungsmärkten4.3 Die Versicherungsfunktion des Staates
5. Demographische Entwicklung
6. Rentenversicherung6.1 Ausgestaltungsmöglichkeiten6.2 Altersicherung in Deutschland6.3 Die Wahl eines effizienten Finanzierungssystems6.4 Gründe für staatlichen Zwang in der Alterssicherung6.5 Rentenversicherung in der Demokratie
Detaillierte Gliederung
4
Basisliteratur
F. Breyer & W. Buchholz, Ökonomie des Sozialstaats, Springer-Verlag, Berlin 2007
B. Molitor, Soziale Sicherung, Vahlen, München, 1987 (zu Abschnitt 2).
H. Gravelle & R. Rees, Microeconomics, 3rd ed., FT Prentice Hall, London, 2004 (zu Abschnitt 4.2)
5
Weiterführende Literatuthinweise• Zu Abschnitt 2:
– Sozialgesetzbuch I-XI– B. Frevel & B. Dietz: Sozialpolitik kompakt, 2004– H. Lampert, Lehrbuch der Sozialpolitik, 2004– M. Stolleis: Geschichte des Sozialrechts in Deutschland, 2003
• Zu Abschnitt 3:– A.B. Atkinson, On the Measurement of Inequality, Journal of Economic
Theory 2 (1970), 244-263 – A.B. Atkinson, On the Measurement of Poverty, Econometrica 55, 749-
764– A.B. Atkinson, Incomes and the Welfare State, 1995 – Atkinson, A.B. und F. Bourguignon (eds): Handbook of Income
Distribution, 2000 – F.A. Cowell, Measuring Inequality, 2nd ed., 1995– C. Koulovatianos, C. Schröder & U. Schmidt, On the Income
Dependence of Equivalence Scales, Journal of Public Economics 89 (2005), 967-996
6
– W. Krämer, Statistische Probleme der Armutsmessung, Schriftenreihe des
Bundesministeriums für Gesundheit, Baden Baden, 1997– B Riedmüller, Verteilungsgerechtigkeit – Kein Thema?, Die
Mitbestimmung 42 (1996), S. 34 - 36, 1996 – C. Seidl, Poverty measurement: a survey, in: Bös, D., M. Rose und C.
Seidl (eds.): Welfare and Efficiency in Public Economics, Springer, Heidelberg, 1988
– A. Sen, On Economic Inequality, 1973
• Zu Abschnitt 4:– G. A. Akerlof, The Market for "Lemons", Quarterly Journal of Economics.
84 (1970), 488-500 – K. Borch, Equilibrium in a Reinsurance Market, Econometrica 30 (1962),
424-444– B. Holmström, Moral Hazard and Observability, Bell Journal of Economics
10 (1979), 74-91 – R. Rees, The Theory of Principal and Agent: Part I and II, in J.D. Hey, P.J.
Lambert (eds.), Surveys in the Economics of Uncertainty, 1987, 46-90 – H. Schlesinger, Zur Theorie der Versicherungsnachfrage, Zeitschrift für
die gesamte Versicherungswissenschaft 83, 113-136– U. Schmidt Entwicklungstendenzen in der Entscheidungstheorie unter
Risiko, Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis 47 (1996), 663-678 – U. Schmidt & B. Theilen, Prinzipal- und Agententheorie, WiSt 25 (1995),
483-486
7
– S. Shavell, On Moral Hazard and Insurance, Quarterly Journal of Economics 93, 541-562
– P. Zweifel & R. Eisen, Versicherungsökonomie, 2. Auflage, 2000
• Zu Abschnitt 5:– H. Birg, Auswirkung der demographischen Alterung und der Bevölkerungsschrumpfung
auf Wirtschaft, Staat und Gesellschaft, 2005– Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Bevölkerung Deutschlands bis 2050, Ergebnisse der
10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung, 2003– P. Schimany, Die Alterung der Gesellschaft – Ursachen und Folgen des
demographischen Umbruchs, 2003
• Zu Abschnitt 6:– H.J. Aaron, The Social Insurance Paradox, Canadian Journal of Economics and
Political Science 33 1966), 371-374– A. Börsch-Supan, Zur deutschen Diskussion eines Übergangs vom Umlage- zum
Kapitaldeckungsverfahren, Finanzarchiv 55 (1998), 400-428– A. Börsch-Supan, Was lehrt uns die Empirie in Sachen Rentenreform, Perspektiven der
wirtschaftspolitik 1 (2000), 431-451– F. Breyer, Ökonomische Theorie der Alterssicherung, 1990– F. Breyer & K. Stolte, Demographic Change, Endogenous Labor Supply, and the
Political Feasibility of Pension Reform, Journal of Population Economics 14 (2001), 409-424
8
– P.A. Diamond, National Debt in a Neoclassical Growth Model, American
Economic Review 55 (1965), 1126-1150– S. Homburg, Theorie der Alterssicherung, 1988– P.A. Samuelson, Optimal Social Security in a Life-Cycle Growth Model,
International Economic Review 16 (1975), 539-544– K. Schulte & C. Schröder, Rentenformeln ab 1957, in: C. Seidl & J.
Jickeli (Hrsg.): Steuern und Soziale Sicherung in Deutschland, 2006 – H.-W. Sinn, Why a Funded Pension System is Needed and Why it is not
Needed, International Tax and Public Finance 7 (2000), 389-410 – S. Übelmesser und H.-W. Sinn, Pensions and the Path to Gerontocracy
in Germany, European Journal of Political Economy 19 (2002), 153-158
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1.Grundlagen
2.Soziale Sicherheit
3.Gleicheit und Gerechtigkeit
4.Effizienzorientierte Staatseingriffe
5.Demographische Entwicklung
6.Rentenversicherung
Gliederung
10
1 Grundlagen
• 1. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik: Jedes Wettbewerbsgleichgewicht ist ein Pareto-Optimum
• Warum sollte der Staat eingreifen?– Marktversagen– Ungerechte Einkommensverteilung
• Sozialpolitik beruht auf beiden Gründen
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• Was ist Sozialpolitik?• Sozialpolitik kann definiert werden als politisches
Handels, das darauf gerichtet ist– die Stellung von wirtschaftlich/sozial absolut oder
relativ schlecht gestellten Personen zu verbessern (Bsp.: Sozalhilfe, Wohngeld)und
– die Absicherung gegen existenzgefährdende Risiken sicher zu stellen (Bsp.: Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung)
• Eingriffe aufgrund des ersten Punktes können durch ungerechte Einkommensverteilung erklärt werden, Eingriffe aufgrund des zweiten Punktes durch Marktversagen
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Bedeutung der Sozialversicherung
• Entwicklung der Sozialleistungsquote (in % des BIP)
• Sozialversicherungsbeiträge (gesamt, in % des Bruttolohns)
1970 1980 1990 2000 2003 2006
25,1 30,6 27,8 31,3 31,4 30,3
1970 1980 1990 2000 2003 2005
26,5 32,4 35,5 41,0 42,0 41,7
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1.Grundlagen
2.Soziale Sicherheit
3.Gleicheit und Gerechtigkeit
4.Effizienzorientierte Staatseingriffe
5.Demographische Entwicklung
6.Rentenversicherung
Gliederung
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2 Soziale Sicherheit
1. Sicherheit und Vorsorge
2. Meritorisierung der sozialen Sicherheit
3. Techniken der Sozialen Sicherung
4. Leistungen im Rahmen der sozialen Sicherung
5. Finanzierung der Sozialen Sicherung
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2 Soziale Sicherheit
1. Sicherheit und Vorsorge
2. Meritorisierung der sozialen Sicherheit
3. Techniken der Sozialen Sicherung
4. Leistungen im Rahmen der sozialen Sicherung
5. Finanzierung der Sozialen Sicherung
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Soziale Sicherheit
Sicherheit und Vorsorge
statisch
dynamisch
Risikomin-derung
Private Vorsorge: 1.Vermögensbildung 2.Versicherung 3.Subsid. Institution.
Staatliche Vorsorge: 1.Pflichtversicherung 2.Öffentl. Haushalt: a) Fürsorge b) Versorgung c) Entschädigung
Meritorisierung der soz. Sich.
Kontrollversagen Informationsversagen Präferenzversagen Verteilungsversagen Kostenversagen
Techniken der sozialen Sich.
a) Soz.vers. b) Versorgung c) Entschäd. d) Fürsorge
Leistungen der soz. Sich.
1. Zentrale Risiken 2. Personenkreis 3. Leistungsarten 4. Leistungsumfang
Finanzierung
1. Beiträge 2. Steuern 3. Kapital-erträge
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Soziale Sicherheit
Sicherheit und Vorsorge
statisch
dynamisch
Risikomin-derung
Private Vorsorge: 1.Vermögensbildung 2.Versicherung 3.Subsid. Institution.
Staatliche Vorsorge: 1.Pflichtversicherung 2.Öffentl. Haushalt: a) Fürsorge b) Versorgung c) Entschädigung
Meritorisierung der soz. Sich.
Kontrollversagen Informationsversagen Präferenzversagen Verteilungsversagen Kostenversagen
Techniken der sozialen Sich.
a) Soz.vers. b) Versorgung c) Entschäd. d) Fürsorge
Leistungen der soz. Sich.
1. Zentrale Risiken 2. Personenkreis 3. Leistungsarten 4. Leistungsumfang
Finanzierung
1. Beiträge 2. Steuern 3. Kapital-erträge
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2.1 Sicherheit und VorsorgeHaushalte haben zwei Grundentscheidungen in ihren Planungen zu treffen:
1. Lösung des statischen Allokationsproblems: Aufteilung der verfügbaren Zeit auf Arbeitszeit (Arbeitsangebot), Bildung und Freizeit. Die Arbeitszeit kann sich auf Haushaltsproduktion oder auf die Beteiligung am Arbeitsmarkt beziehen. Die Lösung dieses Entscheidungsproblems erfolgt durch den Ausgleich der Grenznutzen der Haushaltsaktivitäten nach der mikroökonomischen Konsumtheorie.
2. Lösung des dynamischen Allokationsproblems: Aufteilung des periodischen Geldeinkommens des Haushaltes auf die Lebenszeit der Haushaltsmitglieder.
Deterministische Lösung des dynamischen Allokationsproblems: Transfer von Einkommensteilen auf die Kinder, die noch kein Einkommen erzielen können; Vorsorge für das Alter, in dem keine Beteiligung am Arbeitsmarkt möglich ist.
Stochastische Lösung des dynamischen Allokationsproblems: Berücksichtigung von Risiken, welche die Einkommenserzielung beeinträchtigen oder verhindern können: Krankheit, Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit, Tod des hauptsächlichen Ernährers
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Vorsorge für die Lösung des dynamischen Allokationsproblems
• Sowohl die deterministische als auch die stochastische Lösung des dynamischen Allokationsproblems sind nur durch Sparen (Konsumverzicht) des Haushaltes in der Periode der Einkommenserzielung zu lösen.
• Vorsorgeaufgaben haben eine hohe Einkommenselastizität: Je höher das Einkommen und damit der Lebensstandard, desto höhere Konsumniveaus stehen auf dem Spiel, die erhalten werden sollen. Die Bedeutung der Sozialpolitik steigt daher mit steigendem wirtschaftlichem Wohlstand einer Volkwirtschaft.
• Man beachte, dass die stochastische Lösung des dynamischen Allokationsproblems die deterministische Lösung mit einschließt. Daher betrachten wir besonders die stochastische Lösung.
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Lösung der Vorsorgeaufgaben1. Risikominderung2. Private (freiwillige) Vorsorge
Vermögensbildung Verträge mit kommerziellen Versicherungen Subsidiäre Institutionen
3. Staatliche (verbindliche) Vorsorge Pflichtversicherung Finanzierung aus dem öffentlichen Haushalt
a) Fürsorgeprinzipb) Versorgungsprinzipc) Entschädigungsprinzip
21
Risikominderung
Der Haushalt ergreift bestimmte Maßnahmen, oder akzeptiert bestimmte Kosten, um Risiken zu mindern:• Eine gesündere Lebensweise (Rauchen, Alkohol) mindert das Krankheitsrisiko und gestattet einen späteren Eintritt in den Ruhestand.• Eine bessere Ausbildung mindert das Risiko von Arbeitslosigkeit.
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Private (freiwillige) Vorsorge
• Vermögensbildung: Vorteil ist Dispositionsfreiheit über Vermögen. Nachteil ist die Gefahr des Über- bzw. Untersparens und Verluste von Vermögenswerten.
• Verträge mit kommerziellen Versicherungen. Vorteil ist Risikoausgleich, Vermeiden von Über- und Untersparen. Nachteile sind Marktunvollkommenheiten, die preissteigernd und wohlfahrtssenkend wirken:Moral Hazard: Änderung des Verhaltens der Versicherten
wegen Bestehens eines Versicherungsverhältnisses.Adverse Selektion: Die schlechten Risiken verdrängen die
guten. [George Akerlof’s “Lemons Problem”]
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Subsidiäre Institutionen
• Familie: Betreuung der heranwachsenden Generation; Pflegeversicherung versucht, für die Pflege der Alten wieder auf die Familie zurückzugreifen.
• Karitative Verbände• Betriebliche Sozialleistungen: Teil der
unternehmerischen Personalpolitik; sie sind ein Wettbewerbsinstrument um knappe Arbeitskräfte. Erlangen heute durch Riester-Rente erneut Bedeutung. Hatten durch Betriebsrentengesetz an Bedeutung eingebüßt. Vorkehrung für den Insolvenzfall nötig.
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Lösung der Vorsorgeaufgaben1. Risikominderung
2. Private (freiwillige) Vorsorge Vermögensbildung Verträge mit kommerziellen Versicherungen Subsidiäre Institutionen
3. Staatliche (verbindliche) Vorsorge Pflichtversicherung Finanzierung aus dem öffentlichen Haushalt
a) Fürsorgeprinzip
b) Versorgungsprinzip
c) Entschädigungsprinzip
Hauptsächlich werden wir uns mit der staatlichen Vorsorge auseinandersetzen.
Zuvor ist allerdings deren Rechtfertigung (Meritorisierung) zu prüfen.
25
2 Soziale Sicherheit
1. Sicherheit und Vorsorge
2. Meritorisierung der sozialen Sicherheit
3. Techniken der Sozialen Sicherung
4. Leistungen im Rahmen der sozialen Sicherung
5. Finanzierung der Sozialen Sicherung
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Soziale Sicherheit
Sicherheit und Vorsorge
statisch
dynamisch
Risikomin-derung
Private Vorsorge: 1.Vermögensbildung 2.Versicherung 3.Subsid. Institution.
Staatliche Vorsorge: 1.Pflichtversicherung 2.Öffentl. Haushalt: a) Fürsorge b) Versorgung c) Entschädigung
Meritorisierung der soz. Sich.
Kontrollversagen Informationsversagen Präferenzversagen Verteilungsversagen Kostenversagen
Techniken der sozialen Sich.
a) Soz.vers. b) Versorgung c) Entschäd. d) Fürsorge
Leistungen der soz. Sich.
1. Zentrale Risiken 2. Personenkreis 3. Leistungsarten 4. Leistungsumfang
Finanzierung
1. Beiträge 2. Steuern 3. Kapital-erträge
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2.2 Meritorisierung der sozialen Sicherheit
• Marktversagen: Moral Hazard und Adverse Selection
• Präferenzversagen (kurzsichtige individuelle Präferenzen).
• Verteilungsversagen (unzulängliche Einkommenssituation).
• Kostenversagen (kommerzielle Versicherungen verursachen evt. höhere Kosten als staatliche)
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2 Soziale Sicherheit
1. Sicherheit und Vorsorge
2. Meritorisierung der sozialen Sicherheit
3. Techniken der Sozialen Sicherung
4. Leistungen im Rahmen der sozialen Sicherung
5. Finanzierung der Sozialen Sicherung
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Soziale Sicherheit
Sicherheit und Vorsorge
statisch
dynamisch
Risikomin-derung
Private Vorsorge: 1.Vermögensbildung 2.Versicherung 3.Subsid. Institution.
Staatliche Vorsorge: 1.Pflichtversicherung 2.Öffentl. Haushalt: a) Fürsorge b) Versorgung c) Entschädigung
Meritorisierung der soz. Sich.
Kontrollversagen Informationsversagen Präferenzversagen Verteilungsversagen Kostenversagen
Techniken der sozialen Sich.
a) Soz.vers. b) Versorgung c) Entschäd. d) Fürsorge
Leistungen der soz. Sich.
1. Zentrale Risiken 2. Personenkreis 3. Leistungsarten 4. Leistungsumfang
Finanzierung
1. Beiträge 2. Steuern 3. Kapital-erträge
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2.3 Techniken der Sozialen Sicherung
Techniken der staatlichen Vorsorge:1. Sozialversicherung
2. Versorgung
3. Entschädigung
4. Fürsorge
31
Sozialversicherung• Verbindet die Versicherungskomponente mit der
Sozialkomponente. Versicherungskomponente: Rechtsanspruch auf die vorgesehenen
Leistungen, die auf Beiträgen und auf dem Äquivalenzprinzip beruhen. Es gilt das Kausalprinzip, d.h. die Leistung wird gewährt, wenn die Ansprüche vorliegen, unabhängig davon, ob Bedürftigkeit vorliegt und ob die empfangene Leistung ausreicht.
Sozialkomponente: Kalkulation genereller Beiträge, die an Einkommenshöhe und nicht an Risiken bzw. Versorgungsumfang (Familie) anknüpfen. Kein Risiko- oder Leistungsausschluss. (Begünstigt Bezieher niedriger Einkommen und schlechter Risiken). Die Sozialkomponente bedeutet eine beabsichtigte Verletzung des Äquivalenzprinzips auf individueller Grundlage. Die Sozialkomponente erfordert eine gesetzliche Zwangsmitgliedschaft mit Beitragspflicht und damit Intervention in die individuellen Präferenzen.
Eine Sozialversicherungssparte wird zwar durch den Staat eingerichtet, jedoch in Selbstverwaltung öffentlich-rechtlicher Trägerschaft organisiert.
32
Versorgung
• Anrecht auf Geld- bzw. Naturalleistungen aufgrund der Mitgliedschaft in dem entsprechenden Staatsverband.
• Finanzierung aus Staatsbudget, d.h. hohes Niveau der Besteuerung. Bei Schwanken des Steueraufkommens stehen die Vorsorgeaufwendungen in Konkurrenz mit den anderen Blöcken der Staatsaufgaben.
• Höhe der Leistung für alle gleich [Volkspension; Bürgergeld; staatlicher Gesundheitsdienst], da keine zurechenbaren Vorleistungen in Form von Beiträgen erbracht wurden.
• Keine Prüfung individueller Bedürftigkeit, sondern folgt einem allgemeinen Gleichheitspostulat aller Staatsbürger.
33
Entschädigung
• Gegenleistung für spezifische Leistungen bzw. für spezifische Risiken; z.B.:Beamtenversorgung: ist keine Versorgungsleistung,
sondern eine Art Betriebspension des Arbeitgebers [besondere Treuepflicht; kein Streikrecht; keine Teilzeit; niedrigeres Bruttogehalt].
Kriegsopferversorgung: Entschädigung für die vom Krieg verursachten Verluste an Leib und Leben [Staatshaftung]. Wird ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage des Betroffenen gewährt.
Lastenausgleich: Entschädigungsleistungen für kriegs- oder vertreibungsbedingte Vermögens-verluste. Wird üblicherweise zu Lasten der besser weggekommenen Wirtschaftssubjekte finanziert. [Diskussion einer Vermögensabgabe nach dem ersten Weltkrieg.]
34
Fürsorge• Unterste Stütze des sozialen Netzes. Sie knüpft an der Notlage
eines Wirtschaftssubjekts an, unabhängig davon, auf welche Ursachen sie zurückgeht und ob sie verschuldet oder unverschuldet eintrat.
• Am Finalprinzip orientiert: Jedermann, dessen ökonomische Lage ein definiertes Existenzminimum unterschreitet, wird zu einem entsprechenden Lebensunterhalt verholfen. Auf diese Hilfe besteht ein Rechtsanspruch, der keine Vorleistung voraussetzt.
• Individualisierung: Das Ausmaß der Leistungen richtet sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls. Die Fürsorgetechnik ist an eine individuelle Bedürftigkeitsprüfung gebunden, welche Ansprüche an Dritte und den Vermögensstatus der Betroffenen in die Bedürftigkeitsprüfung einbezieht. Dies ist mit einem Einbruch in die Privatsphäre des Betroffenen erkauft, doch billiger als das Versorgungsprinzip. Dies ermöglicht ein höheres Unterstützungsniveau im Falle echter Hilfsbedürftigkeit. Wegen des großen Informationserfordernisse sind die Wohngemeinden Träger der Fürsorge. Finanzierung über Finanzausgleich und Gemeindesteuern.
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2 Soziale Sicherheit
1. Sicherheit und Vorsorge
2. Meritorisierung der sozialen Sicherheit
3. Techniken der Sozialen Sicherung
4. Leistungen im Rahmen der sozialen Sicherung
5. Finanzierung der Sozialen Sicherung
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Soziale Sicherheit
Sicherheit und Vorsorge
statisch
dynamisch
Risikomin-derung
Private Vorsorge: 1.Vermögensbildung 2.Versicherung 3.Subsid. Institution.
Staatliche Vorsorge: 1.Pflichtversicherung 2.Öffentl. Haushalt: a) Fürsorge b) Versorgung c) Entschädigung
Meritorisierung der soz. Sich.
Kontrollversagen Informationsversagen Präferenzversagen Verteilungsversagen Kostenversagen
Techniken der sozialen Sich.
a) Soz.vers. b) Versorgung c) Entschäd. d) Fürsorge
Leistungen der soz. Sich.
1. Zentrale Risiken 2. Personenkreis 3. Leistungsarten 4. Leistungsumfang
Finanzierung
1. Beiträge 2. Steuern 3. Kapital-erträge
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2.4 Leistungen im Rahmen der sozialen Sicherung
1. Vorsorge für zentrale Risiken:a) Altersbedingte Arbeitsunfähigkeit
b) Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit
c) Tod des Ernährers einer Familie
d) Unfall und Frühinvalidität
e) Unfreiwillige Arbeitslosigkeit
f) Notlage allgemeiner Natur
g) Manchmal wird auch Familienlastenausgleich und Mutterschutz sowie der Bereich der sozialen Wohnungswirtschaft dazugezählt.
38
2. Abgrenzung des Personenkreises: a) Versorgungs- und Fürsorgeprinzip: gesamte
Wohnbevölkerung
b) Sozialversicherung: Stellung im Produktionsprozess und Einkommenshöhe, wobei Versicherungspflichtgrenzen gelten.
3. Leistungen:a) Geldleistungen
b) Sachleistungen (ärztliche Behandlung; Medikamente)
c) Erstattungsverfahren (Beamtenbeihilfe)
4. Leistungsumfang:a) Vollsicherung
b) Selbstbehalt (Minderung des Moral Hazard)
39
2 Soziale Sicherheit
1. Sicherheit und Vorsorge
2. Meritorisierung der sozialen Sicherheit
3. Techniken der Sozialen Sicherung
4. Leistungen im Rahmen der sozialen Sicherung
5. Finanzierung der Sozialen Sicherung
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Soziale Sicherheit
Sicherheit und Vorsorge
statisch
dynamisch
Risikomin-derung
Private Vorsorge: 1.Vermögensbildung 2.Versicherung 3.Subsid. Institution.
Staatliche Vorsorge: 1.Pflichtversicherung 2.Öffentl. Haushalt: a) Fürsorge b) Versorgung c) Entschädigung
Meritorisierung der soz. Sich.
Kontrollversagen Informationsversagen Präferenzversagen Verteilungsversagen Kostenversagen
Techniken der sozialen Sich.
a) Soz.vers. b) Versorgung c) Entschäd. d) Fürsorge
Leistungen der soz. Sich.
1. Zentrale Risiken 2. Personenkreis 3. Leistungsarten 4. Leistungsumfang
Finanzierung
1. Beiträge 2. Steuern 3. Kapital-erträge
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2.5 Finanzierung der Sozialen Sicherung
• Beiträge: Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge. • Steuerfinanzierung wegen mangelnden Bewusstseins einer
speziellen Entgeltlichkeit problematisch [Zusatzlast der Besteuerung]. Staatszuschüsse zur Sozialversicherung stellen ein systemfremdes Element dar. Sie belasten darüber hinaus auch Wirtschaftssubjekte, die nicht in den Genuss von Sozialversicherungsleistungen kommen.
• Kapitalerträge
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Weiterführende Literatuthinweise
– Sozialgesetzbuch I-XI– B. Frevel & B. Dietz: Sozialpolitik kompakt,
2004– H. Lampert, Lehrbuch der Sozialpolitik, 2004– M. Stolleis: Geschichte des Sozialrechts in
Deutschland, 2003
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1.Grundlagen
2.Soziale Sicherheit
3.Gleicheit und Gerechtigkeit
4.Effizienzorientierte Staatseingriffe
5.Demographische Entwicklung
6.Rentenversicherung
Gliederung
44
3 Gleichheit und Gerechtigkeit
1. Messung von Ungleichheit
2. Soziale Wohlfahrtsfunktionen
3. Einwände gegen gleichheitsorientierte Umverteilung
4. Bekämpfung von Armut als verteilungspolitisches Ziel
45
3 Gleichheit und Gerechtigkeit
1. Messung von Ungleichheit
2. Soziale Wohlfahrtsfunktionen
3. Einwände gegen gleichheitsorientierte Umverteilung
4. Bekämpfung von Armut als verteilungspolitisches Ziel
46
3.1 Die Messung von Ungleichheit
1. Äquivalenzskalen
2. Das Transferprinzip und Lorenzkurven
3. Absolute versus relative Gleichheit
4. Aggregierte Ungleichheitsmaße
47
3.1 Die Messung von Ungleichheit
1. Äquivalenzskalen
2. Das Transferprinzip und Lorenzkurven
3. Absolute versus relative Gleichheit
4. Aggregierte Ungleichheitsmaße
48
3.1.1 Äquivalenzskalen
• Armut und Einkommensungleichheit lässt sich schwer berechnen, da Einkommen von Haushalten bezogen werden, die unterschiedliche Größe und Zusammensetzung haben, also unterschiedliche Bedürfnisstruktur
• Ist Single mit 1000 EUR ärmer als vierköpfige Familie mit 2000 EUR?
• Lösung: Normierung aller Haushalte auf einen Referenzhaushalt (Single)
49
• Definition: Erreichen zwei Haushalte mit unterschiedlicher
qualitativer oder quantitativer Zusammensetzung einen identischen Lebensstandard, wird der Quotient ihrer Nettoeinkommen als Äquivalenzskala (ÄS) bezeichnet.
• Anwendung von ÄS:– Armutsmessung– Analysen der Einkommensverteilung– Festlegung von Sozialleistungen– Analysen der Steuergerechtigkeit– Soziologische Schichtungsanalysen
50
Beispiel
HH-Typ E EE EEK
y 1.000 Euro 1.500 Euro 1.800 Euro
ÄS 1,0 1,5 1,8
W WE1=1,0 WE2=0,5 WK1=0,3
Jedes E bezeichnet einen Erwachsenen. Jedes K bezeichnet ein Kind.
Grundlage: Neue OECD-Skala. Diese weist Personen im Alter von 15 Jahre und älter ein Gewicht von 0,5 (bzw. 1,0 für die erste Person über 15 Jahre) und jeder Person unter 15 Jahre ein Gewicht von 0,3 zu.
51
Probleme bei der Ermittlung von Äquivalenzskalen
• Individuelle Bedarfsunterschiede (z.B. Erwachsene versus Kinder)
• Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften:– Mengenrabatte– Existenz von öffentlichen Gütern innerhalb des
Haushaltes– Breitere Verteilung von Fixkosten– Geringere Überschußkapazitäten aufgrund von
Unteilbarkeiten– Arbeitsteilung innerhalb des Haushaltes
52
1. Gesellschaftlich-normative Ansätze
• Sozialhilfe in der BRD (bis 1990).• Beruhen auf von Experten ermittelten Warenkörben,
indem der Mindestbedarf für Nahrung, Kleidung, sonstigen persönlichen Bedarf, Haushaltsgüter und Wohnraum festgelegt wird.
• Kritik:– Festlegung des Mindestbedarfs ist willkürlich.– Mindestbedarf muß je nach Größenvorteilen und individuellen
Umständen gesondert ermittelt werden.– Kosten der Realisierung des Mindestbedarfs können divergieren.– Äquivalenzskalen beziehen sich nur auf das minimale
Versorgungsniveau.
53
2. Ausgabenanalysen
• Ausgangspunkt: haushaltsbezogene Ausgabenerhebungen
• Zwei unterschiedliche Haushalte erreichen identischen Lebensstandard, wenn sieA für bestimmte Güter denselben Ausgabenbetrag
tätigen oderB für bestimmte Güter den gleichen Anteil ihres
Gesamteinkommens ausgeben.
54
A Analyse von absoluten Ausgabenbeträgen
• Beschränkung auf Ausgaben, die sich nur auf eine bestimmte Personengruppe im Haushalt zuordnen lassen. (z. B. Alkohol und Tabak als Erwachsenengüter).
• Zwei Haushalte mit gleicher Erwachsenenzahl, aber unterschiedlicher Kinderzahl haben identischen Lebensstandard, wenn sie die gleichen Erwachsenen-ausgaben tätigen [Rothbarth (1943)].
55
• Kritik:– Probleme bei unterschiedlicher Erwachsenenzahl– Alle Haushalte müssen gleiche Präferenz für die
Erwachsenengüter aufweisen– Ermittlung des Konsums besonders schwierig
Ausgaben (A)
Einkommen (€)
H0
H1
A*
€0€1
56
B Analyse von Budgetanteilen
• Grundlage: Der Budgetanteil bestimmter Güter steigt (z.B. Luxusgüter) bzw. sinkt (z.B. Nahrungsmittel) mit steigendem Lebensstandard.
• Zwei Haushalte unterschiedlicher Zusammensetzung erreichen identischen Lebensstandard, wenn sie für eine bestimmte Gütergruppe den gleichen Anteil ihres Einkommens ausgeben [Engel (1895)].
57
• Kritik:+ Es lassen sich auch Skalen für unterschiedliche
Erwachsenenzahlen ableiten.– Unterschiedliche Größenvorteile bei unterschiedlichen
Gütergruppen.
Budgetanteil (B)
Einkommen (€)
H0
H1
B*
€0 €1
58
Schätzung von Ausgabensystemen
Notation:
p Preisvektor
V indirekte Nutzenfunktion
e Ausgabenfunktion
y Einkommen
r Referenzhaushalt
yr Referenzeinkommen
k beliebiger Haushaltstyp
59
r rV (p, y ) u
k rS (p, y ) s
r r k rV (p, y ) V (p,sy ) u
kk r r r
r
e (p,u)S (p, y ) mit e (p,u) y
e (p,u)
k r k k r kV (p,sy ) (V (p,sy )) mit 0
r r r k k r(V (p, y )) (V (p,sy ))
k r( ) ( ) k
60
Equivalence Scale Exactness (ESE)
[Blackorby & Donaldson (SCW 1993)]
Independence of Base (IB) [Lewbel (JPubE 1989)]
k rk r k
r
S (p)e (p,u)S (p, y ) S (p)
e (p,u)
k ke (p,u) S (p)e(p,u)
r
r
k k r
S (p) 1
e (p,u) e(p,u)
e (p,u) S (p)e (p,u)
61
Generelle Kritik an Ausgabenanalysen
• Ausgaben sollen Konsum widerspiegeln, aber:– Zeitliches Auseinanderfallen von Ausgaben und Konsum bei
langlebigen Konsumgütern.– Auseinanderfallen von Ausgaben und mengenmäßigem
Konsum durch Preisunterschiede.– Haushaltsproduktion bleibt als bedeutender Bestandteil des
Konsums unberücksichtigt.– Statistische Probleme bei der Erfassung der Ausgaben.
• Annahme identischer Präferenzen notwendig.• Konsumstrukturen müssen unabhängig vom
Einkommen sein.
62
3. Subjektive Ansätze
• Ausgangspunkt: Haushalte können die ihren Lebensumständen entsprechenden Einkommens-bedürfnisse selbst am besten einschätzen.
• Äquivalenzskalen werden aus den Angaben von Befragten abgeleitet.
• Income evaluation question: „What net income would you, in your own familiar circumstances, consider to be very bad, bad, sufficient, good, and very good?“
• Schätzung einer haushaltstypenabhängigen Nutzenfunktion, mit deren Hilfe schließlich Äquivalenzskalen abgeleitet werden.
Leyden School seit van Praag (EER 1971)
63
• Kritik:+ Keine Annahmen bezüglich der für die Wohlfahrt maßgeblichen
Güterkategorien notwendig.+ Die Annahme identische Präferenzen entfällt.– Skalenwerte sind sensitiv bezüglich der unterstellten funktionalen
Form der Nutzenfunktion.– Durch die Verwendung von Nutzenwerten entsteht ein
Transformationsproblem für die Befragten.– Aus diesem Transformationsproblem resultiert der zentrale
Kritikpunkt, nämlich das sogenannte Phänomen der „preference drift“: Es besteht eine signifikante Korrelation zwischen dem angegebenen Einkommen und dem tatsächlichen Einkommen des Befragten, was die Skalenwerte verzerrt.
64
Der Ansatz von Koulovatianos, Schröder und Schmidt
• Verwendung von Einkommensbeträgen sowohl als Stimuli als auch als Antwortkategorie.
• Dadurch entsteht kein Transformationsproblem.• Die Schätzung einer Nutzenfunktion wird
überflüssig, da jeder Befragte seine eigene Nutzentheorie anwendet.
(Journal of Public Economics 89 (2005), 967-996)
65
Die Fragebogenstruktur
Einpersonenhaushaltohne Kind
Referenz-einkommen
Zusammenlebendes Paarohne Kind
?
Alleinerziehende Personmit 1 Kind
? Zusammenlebendes Paarmit 1 Kind
?
Alleinerziehende Personmit 2 Kindern
? Zusammenlebendes Paarmit 2 Kindern
?
Alleinerziehende Personmit 3 Kindern
? Zusammenlebendes Paarmit 3 Kindern
?
Vorgegebene Referenzeinkommen:
1000, 2500, 4000, 5500 und 7000 DM.
66
Empirische Untersuchungen
• Deutschland 1999: 167 Teilnehmer
• Zypern 2000: 130 Teilnehmer
• Frankreich 2002: 223 Teilnehmer
• China 2004: 196 Teilnehmer
• Indien 2005: 214 Teilnehmer
• Botswana 2005: 159 Teilnehmer
• Deutschland 2006: 2023 Teilnehmer
Einkommensabhängigkeit der Äquivalenzskalen(für Deutschland)
1
1,5
2
2,5
3
3,5
1 2 3 4 5
Referenzeinkommen
Äq
uiv
alen
zska
la1
1,2
1,4
1,6
1,8
2
2,2
2,4
2,6
1 2 3 4 5
Referenzeinkommen
Äq
uiv
alen
zska
la
Äquivalenzskalen für Alleinerziehende Äquivalenzskalen für Paare
3 Kinder 2 Kinder 1 Kind keine Kinder
68
Erklärungsansätze für die Einkommensabhängigkeit
• Öffentliche Güter: Mit steigendem Einkommen nimmt der Ausgabenanteil für solche Güter zu, die innerhalb des Haushaltes den Charakter öffentlicher Güter besitzen.
• Verhalten der Eltern: Eltern beschränken die Ausgaben für ihre Kinder, um sie nicht zu „verderben“.
69
Bedeutung der Einkommensabhängigkeit
1
1,2
1,4
1,6
1,8
2
2,2
1 2 3 4 5
Referenzeinkommen
Äq
uiv
alen
zska
la
Alleinerziehende Person mit 2 Kindern
OECD
OECD-Skala macht arme Haushalte reicher und reiche ärmer
Ungleichheit der Einkommensverteilung wird unterschätzt
500 1250 2000 2750 3500
70
Anwendung auf die Sozialhilfe
Haushaltstyp Sozialhilfe Bedarfsgerechtes
Einkommen Differenz E 650,83 650,83 ---
EK 936,20 902,77 33,43 EKK 1345,15 1070,69 274,46
EKKK 1611,65 1221,03 390,62 EE 981,20 1104,39 -123,19
EEK 1271,75 1304,84 -33,09 EEKK 1538,25 1472,76 65,49
EEKKK 1801,00 1623,10 177,90 Hartz IV
E 699,83 699,83 --- EK 1000,20 918,05 82,15
EKK 1305,75 1098,61 207,14 EKKK 1587,25 1260,27 326,98
EE 1104,20 1134,84 -30,64 EEK 1409,75 1350,39 59,36
EEKK 1691,25 1530,95 160,30 EEKKK 1969,25 1692,61 276,64
71
Vergleich der Ansätze
72
3.1 Die Messung von Ungleichheit
1. Äquivalenzskalen
2. Das Transferprinzip und Lorenzkurven
3. Absolute versus relative Gleichheit
4. Aggregierte Ungleichheitsmaße
73
3.1.2 Das Transferprinzip und Lorenzkurven
• Frage, welche von zwei Verteilungen ungleicher ist, lässt sich nicht immer einfach beantworten
• Bsp.: (1,1,1,1,1,45) versus (1,4,6,8,10,21)• Modell:
– n Personen, i = 1, 2, …, n– yi: Einkommen von Person i– Einkommensprofil: Y = (y1, …, yn)– Rangordnung: y1 … yn
74
Das Transferprinzip von Dalton
• Mehr Gleichheit ergibt sich, wenn ein Einkommenstransfer in Höhe von T von einer reicheren Person j zu einer ärmeren Person k stattfindet, ohne dass sich die Rangordnung aller Einkommen ändert
• Y = (y1, …, yn) Y‘ = (y1, …, yk+T, …, yj-T, …, yn)
• yk+T yk+1 und yj-T yj-1
75
Beispiel 2: Personen
y1
y2
A
B
y1+T
y2 -T
Transferprinzip
Alle Transfers auf der Linie AB senken Ungleichheit
Lorenzkurve
1
11/2
y1/(y1+y2)
Abszisse: Anteil der ärmsten Personen an der Gesamtbevölkerung
Ordinate: Anteil am Gesamteinkommen
Winkelhalbie-rende: perfekte Gleichvertei-lung
(y1+T)/(y1+y2)
76
Lorenzkurve
• Definition:
• Lorenzdominanz: Die Verteilung Y‘ (mit Y‘ Y) dominiert die Verteilung Y (bzw. ist Lorenz-gleicher als Y), wenn LY‘(j) LY(j) für alle j = 1, …, n gilt.
j
Y ii=1
n
ii 1
1L (j/n)= y für j =0,1,...,n,
nμ
1mit = y
n
77
Lorenzdominanz
1
1
• Eigenschaften von Lorenzkurven:– Positive Steigung– Konvexität– Transferprinzip führt zu
Lorenzdominanz– Ist Y‘ Lorenz-gerechter als
Y, bedeutet dies, dass Y durch eine endliche Anzahl von Dalton-Transfers in Y‘ überführt werden kann.
LY
LY‘
dLY(j/n)/d(j/n) =
j j-1
i i ji=1 i=1
1 1 1( y y ) /(1/n) ynμ nμ
78
3.1 Die Messung von Ungleichheit
1. Äquivalenzskalen
2. Das Transferprinzip und Lorenzkurven
3. Absolute versus relative Gleichheit
4. Aggregierte Ungleichheitsmaße
79
3.1.3 Absolute versus relative Gleichheit
• Lorenzkurve bezieht sich nur auf relative Ungleichheit, da
• D.h. bei Einkommenserhöhungen müssen Reiche absolut mehr bekommen als Arme, damit Ungleichheit gleich bleibt. Dies kann als ungerecht angesehen werden.
• Anderes Extrem: Ungleichheit ändert sich nicht, wenn absolute Einkommensänderungen identisch sind. Auch dieses Prinzip kann als ungerecht angesehen werden, da (105, 100) genauso ungleich wie (5, 0).
j j
i ii=1 i=1
1 1y ky
nμ nkμ
80
y1
y2
45°
relativ
absolut
Mischung
Mischlösung: Ungleichheit ist für alle Einkommens-verteilungen gleich, die für variierendes auf der Linie (y1 - (1 - )M, y2 - (1 - )M) liegen.
Steigung der Linien: y1/y2 < (y1 + M)/(y2 + M) < 1
-M
-M
81
3.1 Die Messung von Ungleichheit
1. Äquivalenzskalen
2. Das Transferprinzip und Lorenzkurven
3. Absolute versus relative Gleichheit
4. Aggregierte Ungleichheitsmaße
82
3.1.4 Aggregierte Ungleichheitsmaße
• Lorenzdominanz ist unvollständiges Kriterium, da sich Lorenzkurven schneiden können
• Bsp.: (2, 9, 9) versus (4, 4, 12)
• Aggregiertes Ungleichheitsmaß: Erfassung aller Eigenschaften einer Verteilung in einer Zahl
• Dies ergibt Vollständigkeit
83
Der Variationskoeffizientn
2 1/ 2i
i 1
1[ (y ) ]n(Y)
•
• Varianz/Mittelwert• Genügt der Koeffizient dem Transferprinzip?
– Mittelwert bleibt unverändert– Varianz sinkt– Ungleichheit sinkt
84
• Veränderung der Varianz: (yk - )2 + (yl - )2 versus (yk + T - )2 + (yl – T - )2
• (yk + T - )2 + (yl – T - )2 = (yk - )2 + 2T(yk - ) + T2 + (yl - )2 - 2T(yl - ) + T2 = (yk - )2 + (yl - )2 - 2T(yl - yk) + 2T2
• Veränderung der Varianz = 2T2 - 2T(yl - yk) < 0, falls T < yl - yk , d.h., falls sich (wie beim Transferprinzip vorausgesetzt) Rangordnung nicht ändert.
• Varianz sinkt umso stärker, je größer der Abstand zwischen yl und yk ist.
• Bsp.: (10, 1000, 1990): Transfer von 3 zu 2 ist äquivalent zu Transfer von 2 zu 1
85
Der Gini-Koeffizient
• Gini-Koeffizient G(Y) entspricht dem Doppelten der Fläche (A) zwischen 45°-Linie und Lorenzkurve.
• G(Y) = 2A = 2(0,5 – B) = 1 – 2B
1
1
A
B
Da B zwischen 0 und 0,5 liegt, ist G zwischen 0 (Gleichverteilung) und 1 (einer hat alles alle anderen nichts)
86
87
3 Gleichheit und Gerechtigkeit
1. Messung von Ungleichheit
2. Soziale Wohlfahrtsfunktionen
3. Einwände gegen gleichheitsorientierte Umverteilung
4. Bekämpfung von Armut als verteilungspolitisches Ziel
88
3.2 Soziale Wohlfahrtsfunktionen
1. Utilitarismus
2. Ungleichheitsaversion
3. Das Atkinson-Maß
89
3.2 Soziale Wohlfahrtsfunktionen
1. Utilitarismus
2. Ungleichheitsaversion
3. Das Atkinson-Maß
90
3.2.1 Utilitarismus
• Ungleichheitsmaße habe keine unmittelbare normative Basis
• Ungleichheitsaversion lässt sich aber aus sozialen Wohlfahrtsfunktionen (H) ableiten
• Utilitarismus H(Y) = i h(yi), wobei h monoton
steigend und konkav ist.• Rechtfertigung durch ‘Schleier der Ungewissheit’
möglich• Da h konkav ist, wird das Transferprinzip erfüllt
91
3.2 Soziale Wohlfahrtsfunktionen
1. Utilitarismus
2. Ungleichheitsaversion
3. Das Atkinson-Maß
92
3.2.2 Ungleichheitsaversion
• Der Grad der Ungleichheitsaversion von H wird durch h bestimmt
• Äquivalents gleichverteiltes Einkommen eh(Y):
H(Y) = H(eh(Y), …,eh(Y))
y1
y2
90°
eh(Y)
93
• Wenn h konkav ist, ist eh(Y) kleiner als
Durchschnittseinkommen• Differenz gibt an, auf wie viel Einkommen die
Gesellschaft bereit ist zu verzichten, um absolute Gleichheit herzustellen.
• Differenz ist umso größer je konkaver h
y1
y2y1
y2
Im Extremfall gilt eh(Y) = y1,
Maximin-Regel von Rawls (1971)
94
3.2 Soziale Wohlfahrtsfunktionen
1. Utilitarismus
2. Ungleichheitsaversion
3. Das Atkinson-Maß
95
3.2.3 Das Atkinson-Maß
• Definition: Ah(Y) = 1 – eh(Y)/• Falls eh(Y) = (keine Ungleichheitsaversion),
gilt Ah(Y) = 0, falls eh(Y) = 0 (extreme Ungleichheitsaversion bei y1 = 0), gilt Ah(Y) = 1
• Ah(Y) gibt an, auf wieviel Prozent des Gesamteinkommens man bereit ist zu verzichten, um Gleichheit herzustellen.
96
3 Gleichheit und Gerechtigkeit
1. Messung von Ungleichheit
2. Soziale Wohlfahrtsfunktionen
3. Einwände gegen gleichheitsorientierte Umverteilung
4. Bekämpfung von Armut als verteilungspolitisches Ziel
97
3.3 Einwände gegen gleichheitsorientierte Umverteilung
1. Das Gleichheitsziel aus normativer Sicht
2. Der Bezugspunkt für Umverteilungsmaßnahmen
3. Grenzen der Umverteilung
98
3.3 Einwände gegen gleichheitsorientierte Umverteilung
1. Das Gleichheitsziel aus normativer Sicht
2. Der Bezugspunkt für Umverteilungsmaßnahmen
3. Grenzen der Umverteilung
99
3.3.1 Das Gleichheitsziel aus normativer Sicht
• Hayek, Nozick und andere: Gleichheit bedeutet nicht unbedingt Gerechtigkeit– Wer ein höheres Vermögen hat, weil er in früheren
Perioden fleißiger, sparsamer oder risikofreudiger war, sollte nicht durch Umverteilung dafür bestraft werden
– Ungleichheit kann aus den unterschiedlichen Präferenzen der Personen resultieren: Je mehr Risiken eingegangen werden, desto ungleicher wird Verteilung sein.
– Wenn der Marktprozess als fair angesehen wird, sollte auch das Ergebnis akzeptiert werden
100
• Diese Argumente sind jedoch kritisch zu betrachten
• Ist es z.B. gereicht, die Situation eines Verdurstenden auszunutzen und ihm ein Glas Wasser für 1 Mio. EUR zu verkaufen?
• Aber: In jedem Fall muss bei Umverteilung beachtet werden, dass die Arbeitsanreize nicht zu stark sinken
101
3.3 Einwände gegen gleichheitsorientierte Umverteilung
1. Das Gleichheitsziel aus normativer Sicht
2. Der Bezugspunkt für Umverteilungsmaßnahmen
3. 3Grenzen der Umverteilung
102
3.3.2 Der Bezugspunkt für Umverteilungsmaßnahmen
• Nutzen als Zielgröße– Nutzen gibt als einziges umfassende Auskunft über
das Wohlbefinden– Nutzen wird jedoch von vielen nicht-ökonomischen
Faktoren beeinflusst (Alter, Freunde, etc.)– Soll dies in die Umverteilung einbezogen werden?– Kaum möglich, denn dann müsste es z.B.
Liebessteuer geben– Auch ist ein interpersoneller Nutzenvergleich nicht
ohne weiteres möglich
103
• Einkommen als Zielgröße– Umverteilung des Einkommens kann
Nutzengleichheit entgegenwirken– Bsp.: Zwei Individuen, die vollkommen
identisch sind aber unterschiedliche Präferenz für Freizeit und unterschiedlichen Lohn haben.
Freizeit
Einkommen
104
3.3 Einwände gegen gleichheitsorientierte Umverteilung
1. Das Gleichheitsziel aus normativer Sicht
2. Der Bezugspunkt für Umverteilungsmaßnahmen
3. Grenzen der Umverteilung
105
3.3.3 Grenzen der Umverteilung
• Das Modell:• Ziel: Gleichverteilung des Nutzens
• 2 Typen: w2 > w1
• Identische Nutzenfunktionen: u = u(Fi, ci),
mit F = Freizeit und c = Konsum• F‘: Anfangsausstattung mit Zeit
• Budgetrestriktion: ci = wi(F’ – Fi) bzw. ci
+ wiFi = wiF’
106
Pauschaltransfers
F‘
w2F’
w2F’-T
w1F’w1F’+T
Freizeit
Konsum
c2(T)
F2(T)
c1(T)
F1(T)
107
Nutzengleichheit durch Pauschaltransfers
F‘
w2F’
w2F’-T*
w1F’w1F’+T*
Freizeit
Konsum
c2(T*)
F2(T*)
c1(T*)
F1(T*)
w2F’+T*
F2*(T*)
108
Täuschungsanreize bei unvollständiger Information
• Durchführung eines Pauschaltransfers, der zu Nutzengleichheit führt, setzt voraus, dass der Staat alle Charakteristika der Personen beobachten kann.
• Dies ist unrealistisch• Asymmetrische Information: Staat kann
Produktivitäten und damit w nicht beobachten• Produktive Person (Typ 2) hat dann evt. Anreiz,
sich als Typ 1 auszugeben, um auch in den Genuss des Transfers zu kommen statt ihn zu zahlen
109
• Damit dies glaubhaft ist, darf sie höchstens Einkommen in Höhe von c1(T*) erzielen
• Da Typ 2 aber produktiver ist, muss er weniger für dieses Einkommen arbeiten und hat daher mehr Freizeit und höheren Nutzen
• f2(T*) = F‘ – (1/w2)(c1(T*) – T*) > F‘ – (1/w1)(c1(T*) – T*) = F1(T*)
• Dies bedeutet, dass der Nutzen von Typ 2 höher als der von Typ 1 und damit höher als bei wahrheitsgemäßem Verhalten
• Umverteilung des Staates scheitert, da er produktive Personen nicht identifizieren kann
110
Umverteilungsspielraum bei asymmetrischer Information
• Täuschungsanreiz sinkt mit sinkendem T
F‘
w2F’w2F’-T‘
w1F’w1F’+T‘
Freizeit
Konsum
w2F’+T‘
c1(T‘)
Selbstselektionsbeschränkung:
Nutzen bei Lügen darf nicht größer sein als Nutzen bei
Wahrheit
111
Zusatzlasten
• Wenn nur Einkommen beobachtbar ist, kann sich Umverteilung auch nur an diesem orientieren
• Hohes Einkommen = Umverteilungssteuer, niedriges Einkommen = Transfer
• Negative Einkommenssteuer• Problem: Pauschalsteuer bzw. -transfer wäre für
die Reichen und die Armen besser als Einkommenssteuer
112
Betrachtung der Reichen
F‘
w2F’
(1-t)w2F’
Freizeit
Konsum
A
B
CD
• Zusatzlast: D - (1-t)w2F’
• Analoges Vorgehen zeigt, dass es auch Zusatzlast für die Armen gibt
113
Steuerfreiheit des Existenzminimums
• Frage: Entsteht durch Steuerfreiheit des Existenzminimums (c‘) auch Zusatzlast, selbst wenn nur Pauschalbesteuerung erfolgt?
• Annahme Pauschalsteuer für Reiche = T– Jeder, der über c‘ + T verdient, muss T zahlen– Jeder, der nicht mehr als c‘ verdient, muss
nichts zahlen– Jeder, der c‘ + A verdient (A < T), muss A
bezahlen
114
• Problem: Für die Reichen ist Nutzen in B geringer als in C
• Es wird Punkt C gewählt und Umverteilung bricht zusammen
• Ein geringeres T (so dass Nutzen in B höher als in C) erhöht Steueraufkommen und führt somit zu einer Pareto-Verbesserung
T
c‘
F
C
B
115
3 Gleichheit und Gerechtigkeit
1. Messung von Ungleichheit
2. Soziale Wohlfahrtsfunktionen
3. Einwände gegen gleichheitsorientierte Umverteilung
4. Bekämpfung von Armut als verteilungspolitisches Ziel
116
3.4 Bekämpfung von Armut als verteilungspolitisches Ziel
1. Armutskriterien
2. Numerische Armutsindikatoren
3. Empirische Befunde
117
3.4 Bekämpfung von Armut als verteilungspolitisches Ziel
1. Armutskriterien
2. Numerische Armutsindikatoren
3. Empirische Befunde
118
3.4.1 Armutskriterien
• Bei Armutsbekämpfung ist im Vergleich zum Verteilungsziel potentielle Zielgruppe der Transferempfänger kleiner
• Zunächst ist Festlegung der Armutsgrenze (A) notwendig
• Wichtige Frage: ist A absolut (z.B. 1$ pro Tag) oder relativ (z.B. weniger als 50% des Durchschnitts- bzw. Medianeinkommens)?
• Beide Konzepte haben Probleme (z.B.: Bahamas)
119
3.4 Bekämpfung von Armut als verteilungspolitisches Ziel
1. Armutskriterien
2. Numerische Armutsindikatoren
3. Empirische Befunde
120
3.4.2 Numerische Armutsindikatoren
• Kann man Ausmaß der Armut in einer Zahl ausdrücken
• Y = (y1, …, yn), Rangordnung: y1 … yn
•
• Headcount-Index: kA(Y) = #{i: yi < A}
• Headcount-Ratio: kA(Y)/n
n
ii 1
1= y
n
121
• Problem: Es wird nicht gemessen, wie arm die Armen sind
• Poverty-Gap: GA(Y) =
• G gibt an, wie viel Einkommen (relativ zu A) benötigt wird, um Armut vollständig zu beseitigen
• Kritik: Transfer an Armen senkt G in gleichem Maße, egal wie arm der Arme ist
A Ak (Y) k (Y)i i
i 1 i 1
A y y(1 )
A A
122
• Alternative: Foster-Maß F
•
• Für = 0, erhält man Headcount-Index, für = 1 G, für > 1 erhalten sehr Arme umso mehr Gewicht als weniger Arme, je höher
Ak (Y)i
A,i 1
yF (Y) (1 )
A
123
3.4 Bekämpfung von Armut als verteilungspolitisches Ziel
1. Armutskriterien
2. Numerische Armutsindikatoren
3. Empirische Befunde
124
3.4.3 Empirische Befunde
Armutsgrenze: Weniger als 60% des Medians
Gesamt: 12,7% in 2002
125
126
127
Poverty in the World
Poverty in the World (Mio. people)
Quelle: X. Sala-i-Martin, The Disturbing "Rise" of Global Income Inequality, NBER Working Paper No. 8904, 2002
128
Weiterführende Literatuthinweise
– A.B. Atkinson, On the Measurement of Inequality, Journal of Economic Theory 2 (1970), 244-263
– A.B. Atkinson, On the Measurement of Poverty, Econometrica 55, 749-764
– A.B. Atkinson, Incomes and the Welfare State, 1995 – Atkinson, A.B. und F. Bourguignon (eds): Handbook
of Income Distribution, 2000 – F.A. Cowell, Measuring Inequality, 2nd ed., 1995– C. Koulovatianos, C. Schröder & U. Schmidt, On the
Income Dependence of Equivalence Scales, Journal of Public Economics 89 (2005), 967-996
129
– W. Krämer, Statistische Probleme der Armutsmessung,
Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit, Baden Baden, 1997
– B Riedmüller, Verteilungsgerechtigkeit – Kein Thema?, Die Mitbestimmung 42 (1996), S. 34 - 36, 1996
– C. Seidl, Poverty measurement: a survey, in: Bös, D., M. Rose und C. Seidl (eds.): Welfare and Efficiency in Public Economics, Springer, Heidelberg, 1988
– A. Sen, On Economic Inequality, 1973
130
4 Effizienzorientierte Staatseingriffe
1. Marktversagen aufgrund spezieller Präferenzen der Individuen
2. Marktversagen auf Versicherungsmärkten
3. Die Versicherungsfunktion des Staates
131
1.Grundlagen
2.Soziale Sicherheit
3.Gleicheit und Gerechtigkeit
4.Effizienzorientierte Staatseingriffe
5.Demographische Entwicklung
6.Rentenversicherung
Gliederung
132
4 Effizienzorientierte Staatseingriffe
1. Marktversagen aufgrund spezieller Präferenzen der Individuen
2. Marktversagen auf Versicherungsmärkten
3. Die Versicherungsfunktion des Staates
133
4 Effizienzorientierte Staatseingriffe
1. Marktversagen aufgrund spezieller Präferenzen der Individuen
2. Marktversagen auf Versicherungsmärkten
3. Die Versicherungsfunktion des Staates
134
4.1 Marktversagen aufgrund spezieller Präferenzen der Individuen
1. Altruismus
2. Statusorientierung
135
1. Altruismus
2. Statusorientierung
4.1 Marktversagen aufgrund spezieller Präferenzen der Individuen
136
4.1.1 Altruismus
• Arme und reiche Person
• Reiche Person ist altruistisch: ur(cr, ca) mit
dur/dca > 0
A
yr
ya
cr
ca
B
yr -T
ya+T
B liegt unterhalb der 45°-Achse, wenn realistischerweise angenommen wird, dass dur(c, c)/dcr > dur(c, c)/dca
137
• Frage: Warum soll Staat hier eingreifen, wenn der Reiche freiwillig etwas abgibt?
• Problem tritt bei mehreren Gebern auf (Gefangenendilemma)
• Transfer an Arme stellt dann ein öffentliches Gut dar und ohne Eingriffe des Staates wird es zu einer zu geringen Bereitstellung kommen
138
Bsp.: Zwei Geber
• Alleine kein Anreiz zu geben: ur(A) > ur(D) • Wenn beide geben (B), sind alle besser gestellt• Diese kooperative Lösung kommt aber nicht zu Stande,
da Abweichung (Punkt C) lohnt• Wenn der andere abweicht und ich alleine gebe (D), bin
ich schlechter gestellt als in A• Beide werden nicht geben
A
yr
ya
cr
ca
B
yr -T
ya+TD
C
139
Nash-Gleichgewicht
• Da ur(C) > ur(B) > ur(A) > ur(D) ist nicht geben
(ng) dominante Strategie• Ergebnis ist nicht Pareto-optimal, da in B alle
besser gestellt sind als in A• Staatliche Umverteilungspolitik kann somit zu
einer Pareto-Verbesserung führen
g ng
g B, B D, C
ng C, D A, A
140
Optimaler kooperativer Transfer
A
yr
ya
cr
ca
B
yr -T*
ya+2T*
Steigung = -2
141
Warm Glow of Giving
• Warm glow of giving bedeutet, dass Nutzen steigt, wenn man selber gibt
• Dadurch ist es möglich, dass ur(B) > ur(C) und ur(D) > ur(A), so dass kein Gefangenendilemma entsteht, da jeder freiwillig gibt
• Denkbar ist aber auch ur(B) > ur(C) > ur(A) > ur(D): Man will nur spenden, wenn andere auch spenden
• Hier gibt es zwei Nash-GG, B und A• Es reicht evt., dass Staat Koordinierungsfunktion
übernimmt, damit B erreicht wird
142
1. Altruismus
2. Statusorientierung
4.1 Marktversagen aufgrund spezieller Präferenzen der Individuen
143
4.1.2 Statusorientierung
• Nutzen hängt nicht nur vom eigenem Einkommen sondern auch vom Abstand zu anderen ab
• Annahme: Zwei Individuen (i = 1, 2) mit Nutzenfunktion Ui = u(yi) + h(yi – yj) – ci(yi), wobei– u: Nutzen der Güter– h: Statusnutzen, h > (=, <) 0, falls yi > (=,<)yj – c: Kosten der Einkommenserzielung
144
• Wenn keine Statusorientierung existieren würde (h = 0), wäre u‘ = c‘ effizient
• Bei Statusorientierung werden beide Individuen werden versuchen, den anderen zu übertreffen, so dass u‘ > c‘
• Da beide Individuen identisch sind, werden sie am Ende aber gleiches Einkommen haben, so dass h = 0
• Damit ist Ergebnis ineffizient, da y zu hoch
• Einkommenssteuer kann hier zu Pareto-Verbesserungen führen
145
4 Effizienzorientierte Staatseingriffe
1. Marktversagen aufgrund spezieller Präferenzen der Individuen
2. Marktversagen auf Versicherungs-märkten
3. Die Versicherungsfunktion des Staates
146
4.2 Marktversagen auf Versicherungsmärkten
1. Einführung in die Versicherungsökonomie
2. Adverse Selection
3. Moral Hazard
147
4.2 Marktversagen auf Versicherungsmärkten
1. Einführung in die Versicherungsökonomie
2. Adverse Selection
3. Moral Hazard
148
4.2.1 Einführung in die Versicherungsökonomie
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
2. Das Zwei-Zustands-Diagramm
3. Optimale Risikoteilung
4. Versicherungsnachfrage
149
4.2.1 Einführung in die Versicherungsökonomie
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
2. Das Zwei-Zustands-Diagramm
3. Optimale Risikoteilung
4. Versicherungsnachfrage
150
Formen der Unsicherheit
• Risk (Risiko): Objektive Wahrscheinlichkeiten bekannt.
• Uncertainty (Unsicherheit): Subjektive Wahrscheinlichkeiten bekannt.
• Ambiguity (Ambiguität): Ordinale bzw. obere und untere Wahrscheinlichkeiten bekannt.
• Complete Ignorance
(Ungewißheit): Keine Wahrscheinlichkeiten bekannt.
Anmerkung: Diese Definitionen entsprechen der jüngeren englischsprachigen Literatur. In der deutschsprachigen Literatur sind die Begriffe z.T. anders belegt.
151
Objektive Wahrscheinlichkeiten
A Der klassische Wahrscheinlichkeitsbegriff:• Allen Elementarereignissen wird nach dem Prinzip des
unzureichenden Grundes von Laplace (1825) die gleiche Wahrscheinlichkeit zugewiesen.
• Kritik: Mit Ausnahme von Glücksspielen in der Realität kaum anwendbar.
B Der frequentistische Wahrscheinlichkeitsbegriff:• Annahme identisch wiederholbarer Vorgänge.• Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses ist dann durch die relative
Häufigkeit seines Eintretens gegeben.• Begründung durch das Gesetz der großen Zahl.• Kritik: Vorgänge sind nicht identisch wiederholbar, nur begrenzte
Anzahl von Wiederholungen durchführbar.
152
Subjektive Wahrscheinlichkeiten
• Geben die subjektive Einstellung des Entscheiders wieder
• Müssen wie objektive Wahrscheinlichkeiten die drei folgenden Axiome von Kolmogoroff (1933) erfüllen:
0 (W) 1 P, WX, (X) = 1 P und (WK) = (W) + (K) W, KX mit
WK = .
153
Grundlegende Definitionen
• S Umweltzustände, s = 1, 2, …, S s: Wahrscheinlichkeit (objektiv oder subjektiv)
des Zustandes s mit 0 s 1 und ss = 1
= (1, 2, …, s)
• ys: Einkommen im Zustand s
• Y = (y1, y2, …,ys)
• Lotterie: p = (y1, 1; y2, 2; …; ys, s)
• P: Menge aller Lotterien
154
Erwartungsnutzen
• Erwartetes Einkommen: E(y) = = ssys
• St.Petersburg-Paradoxon [Bernoulli (1738)]
• v(ys): Nutzen des Einkommens im Zustand
s (von Neumann-Morgenstern Nutzenfunktion)
• Erwartungsnutzen: E(v(y)) = = ssv(ys) v
y
155
Axiomatisierung des Erwartungsnutzens
• Ordnungsaxiom: ≽ ist vollständig und transitiv auf der Menge P.
• Stetigkeitsaxiom: Falls p ≻ q ≻ r, existiert ]0, 1[, mit p + (1 - )r ~ q
• Unabhängigkeitsaxiom: Aus p ≻ q folgt p + (1 - )r ≻ q + (1 - ) ]0, 1], r P.
156
Das Unabhängigkeitsaxiom
Rubbellos (p) Lottoschein (q)≻
Kopf
Zahl
p
r
Kopf
Zahl
q
r
≻
157
von Neumann-Morgenstern Theorem (1944)
Sei ≽ eine binäre Präferenzrelation auf der Menge P. Folgende Aussagen sind äquivalent:
(i) ≽ erfüllt das Ordnungs-, Stetigkeits- und Unabhängigkeitsaxiom.
(ii) Es existieren eine Funktion v: ys, so dass E(v(y)) = = ssv(ys)
≽ auf der Menge P repräsentiert. Die Funktion v ist dabei eindeutig bis auf positiv lineare
Transformationen, d.h. eine Funktion v* bildet die gleichen Präferenzen wie v ab, wenn >0 und existieren, so daß v*(ys) = v(ys) + ys gilt.
v
158
Risikoaversion
• Sicherheitsäquivalent (yc): v(yc) = =
ssv(ys)
• Risikoprämie: r(p) = – yc
• Risikoaversion: r > 0, Risikoneutralität r = 0, Risikofreude: r < 0
y
v
159
p = (100, 0,5; 0, 0,5)
0 y10050
1
0,5
yc
v(y)
160
Die Theoreme von Arrow (1963) und Pratt (1964)
• Theorem 1: Folgende Aussagen sind äquivalent:(i) r(p) 0 (ii) -v‘‘(y) / v‘(y) 0
• -v‘‘(y) / v‘(y) wird als Arrow-Pratt Maß der absoluten Risikoaversion bezeichnet und ist invariant gegenüber den zulässigen Transformationen der Nutzenfunktion
161
• Theorem 2: Folgende Aussagen sind äquivalent:
(i) r(p) r*(p) p P.
(ii) -v‘‘(y) / v‘(y) -v*‘‘(y) / v*‘(y) y
162
4.2.1 Einführung in die Versicherungsökonomie
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
2. Das Zwei-Zustands-Diagramm
3. Optimale Risikoteilung
4. Versicherungsnachfrage
163
4.2.1.2 Das Zwei-Zustands-Diagramm
• 2 Umweltzustände mit konstanten Wahrscheinlichkeiten 1 und 2.
• Erwartungsnutzen: = 1v(y1) + 2v(y2)
• Totales Differential: d = 1v’(y1)dy1 +
2v’(y2)dy2
• Indifferenzkurve: d =0
vv
v
164
• Steigung: dy2/dy1 = -1v’(y1)/2v’(y2) < 0
• Krümmung d(dy2/dy1)/dy1 = -1v’’(y1)/2v’(y2) > 0,
falls v’’ < 0• Indifferenzkurven haben also negative Steigung
und sind konvex.
y1
y2
165
• Erwartetes Einkommen: = 1y1 + 2y2.
• Konstantes erwartetes Einkommen: d = 1dy1 + 2dy2 = 0.
• Steigung: dy2/dy1 = -1/2, entspricht Steigung der Indifferenzkurve bei Risikoneutralität bzw. bei Risikoaversion und y1 = y2
y1
y2
yy
166
4.2.1 Einführung in die Versicherungsökonomie
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
2. Das Zwei-Zustands-Diagramm
3. Optimale Risikoteilung
4. Versicherungsnachfrage
167
4.2.1.3 Optimale Risikoteilung
• n Umweltzustände si, i = 1, 2, …, n mit Wahrscheinlichkeiten (si)
• 2 Wirtschaftssubjekte a und b• yi
a: Einkommen von Wirtschaftssubjekt a im Zustand i
• yib: Einkommen von Wirtschaftssubjekt b im
Zustand i• Gesamteinkommen im Zustand i: Xi = yi
a + yi
b
168
• Ziel: Verteilung des Gesamteinkommens in den einzelnen Zuständen, so dass der Erwartungsnutzen von a [ a = (si)va(xi
a)]
unter der Nebenbedingung maximiert wird, dass der Erwartungsnutzen von b [ b =
(si)vb(xib) = (si)vb(Xi - xi
a)] ein
vorgegebenes Mindestniveau v° erreicht. Dabei bezeichnet xi
a (xib) das Einkommen
von a (b) nach der Risikoteilung.
v
v
169
• L = (si)va(xia) + [(si)vb(Xi - xi
a) – v°]
•
• Für zwei beliebige Zustände i und j ergibt sich:
•
, a , ai a i i i iba
i
, aa i
, ai ib
L(s )v (x ) (s )v (X x ) 0 i
x
v (x )i (Borch Bedingung)
v (X x )
, a , a, a , aa j i ia i a i b
, a , a , a , ai i j j a j j jb b b
v (x ) v (X x )v (x ) v (x )
v (X x ) v (X x ) v (x ) v (X x )
170
• Dies bedeutet, dass Grenzraten der Substitution im Zwei-Zustands-Diagramm übereinstimmen
0a
0bxi
a
xja
x*
Beide Personen sind hier streng risikoavers
171
• Sind beide Personen streng risikoavers,
tragen sie beide einen Teil des Risikos
• Ist eine Person risikoneutral, trägt sie das gesamte Risiko
0a
0bxi
a
xja
x*
Person b ist risikoneutral
172
0a
0bxi
a
xja
x*
Person a ist risikoneutral
173
• Differenzieren der Borch Bedingung nach Xi ergibt:
• Wird gemäß der Borch Bedingung eingesetzt, ergibt sich:
a a,, a ,, ai ia i i ib
i i
,, aai ibi
,, a ,, ai a i i ib
dx dxv (x ) v (X x )(1 )
dX dX
v (X x )dx
dX v (x ) v (X x )
, a,, aa i
i ib, aai ibi
, ai ,, a ,, aa i
a i i ib, ai ib
v (x )v (X x )
v (X x )dx
dX v (x )v (x ) v (X x )
v (X x )
174
• Division durch –v’a(xi
a):
• Dies bedeutet, dass a das gesamte Risiko trägt (d.h. ),
wenn Aa = 0 und Ab >0. Wenn anderenfalls Aa > 0 und Ab = 0
gilt, bekommt a eine konstante Zahlung (d.h. ) und b
trägt das gesamte Risiko.
bab ii
a bi a i b i
A (x )dx
dX A (x ) A (x )
wobei A das Arrow-Pratt Maß darstellt
ai
i
dx1
dX
ai
i
dx0
dX
175
4.2.1 Einführung in die Versicherungsökonomie
1. Entscheidungstheoretische Grundlagen
2. Das Zwei-Zustands-Diagramm
3. Optimale Risikoteilung
4. Versicherungsnachfrage
176
4.2.1.4 Versicherungsnachfrage
• Zwei Umweltzustände, 1 und 2• y1 = y und y2 = y – L• L > 0 ist ein Verlust, gegen den sich das
Wirtschaftssubjekt versichern kann.• p: Prämienrate der Versicherung, 0 < p <
1.• Zahlt man Prämie in Höhe von pq, erhält
man Entschädigung von q, falls der Schaden eintritt.
177
• Mit Versicherung gilt: y1 = y – pq und y2 = y – L –pq + q = y - L + (1 – p)q
• Umformen der ersten Gleichung zu q = (y – y1)/p und einsetzen in die zweite ergibt die Budgetgerade y2 = y – L + (1 - p)(y – y1)/p.
• Steigung der Budgetgeraden: dy2/dy1 = - (1 – p)/p
• Steigung der Indifferenzkurve (siehe 4.2.1.2): dy2/dy1 = -1v’(y1)/2v’(y2) = -(1-)v’(y1)/v’(y2)
• Optimum: • Für p = folgt v’(y1) = v’(y2), d.h. y1 = y2 und
damit q = L (Vollversicherung).• Für p > folgt v’(y1) < v’(y2), d.h. y1 > y2 und
damit q < L (Unterversicherung).
178
y1
y2
y
y - L AB
179
Mathematische Ableitung
• = (1-)v(y1) + v(y2) = (1-)v(y-pq) + v(y-
L+(1-p)q)
• d /dq = -p(1-)v’(y1) + (1-p)v’(y2) = 0
• Ergibt:
v
v
1
2
v'(y )1 - p 1-π- = -
p π v'(y )
180
4.2 Marktversagen auf Versicherungsmärkten
1. Einführung in die Versicherungsökonomie
2. Adverse Selection
3. Moral Hazard
181
4.2.2 Adverse Selection
• Bisher: Schadenswahrscheinlichkeit war öffentliche Information und nicht vom Versicherten beeinflussbar.
• Moral Hazard: Versicherter kann Schadenswahrscheinlichkeit beeinflussen.
• Adverse Selection: Versicherter hat bessere Information über individuelle Schadenswahrscheinlichkeit als Versicherer
182
Annahmen• Das Angebot von Versicherungsverträgen
verursacht abgesehen von Entschädigungs-zahlungen keine weiteren Kosten.
• Versicherer sind risikoneutral.• Vollkommene Konkurrenz, insbesondere
Preisnehmerverhalten.• Im Gleichgewicht erzielen die Versicherer
erwarteten Gewinn von null.• Falls ein Versicherungsvertrag existiert, der
erwarteten Gewinn von null hat und von den Versicherten präferiert wird, werden die Versicherer diesen Vertrag anbieten [Rothschild & Stiglitz (1976)].
183
• Es existieren zwei Typen von Versicherten, gute Risiken mit Schadenswahrscheinlichkeit l und schlechte Risiken mit h, wobei h > l.
• Ansonsten sind beide Typen vollkommen identisch.
• Jeder Versicherte weiß, zu welchem Typ er gehört.
• Der Versicherer kennt v, y, L, h, l und , den Anteil der guten Risiken.
184
Symmetrische Information
• Auch Versicherer weiß bei jedem Versicherten, zu welchem Typ er gehört.
• Beiden Typen können unterschiedliche Verträge angeboten werden.
• Verträge müssen im Gleichgewicht erwarteten Gewinn von null haben, d.h. ph
= h und pl = l
• Versicherte wählen Vollversicherung
185
y1
y2
y
y - L
y-lLy-hL
186
Asymmetrische Information
• Versicherer weiß nicht, zu welchem Typ ein Versicherter gehört.
• Trennendes Gleichgewicht wie bei symmetrischer Information ist nicht möglich, da sich jeder als gutes Risiko ausgeben wird und der Vertrag dann zu Verlusten führt.
• Welches Gleichgewicht ist möglich?
187
Vereinendes Gleichgewicht
• Bei vereinendem Gleichgewicht gilt: = l + (1-)h.
• Optimales q ist für schlechte Risiken höher als für gute.• Wenn ein Versicherter hohes q nachfragt, identifiziert er
sich als schlechtes Risiko.• Schlechte Risiken führen zu Verlusten (hq > q).• Es wird nur die optimale Deckung für gute Risiken
angeboten (q‘).• Dies ist aber kein Gleichgewicht, da alternativer Vertrag
existiert, der nur von guten Risiken präferiert wird.• Fazit: Vereinendes Gleichgewicht existiert nicht.
188
y1
y2
y
y - L
y- q‘
189
Trennendes Gleichgewicht
• Bei trennendem Gleichgewicht hat jeder Versicherte Wahl zwischen (pl, ql) und (ph, qh).
• Gleichgewicht kann nur bei Selbstselektion der schlechten Risiken existieren:
h(pl, ql) h(ph, qh).
• Also: (1-h)v(y-hqh) + hv(y-L+(1-h)qh) (1-
h)v(y-lql) + hv(y-L+(1-l)ql)
• Je größer linke Seite, desto größer kann rechte sein.
vv
190
• Für qh < L steigt linke Seiten der Ungleichung in
qh und für ql < L steigt rechte Seite in ql.
• Für ql < L steigt auch der Erwartungsnutzen der
guten Risiken in ql.
• D.h. linke Seite muss maximiert werden: qh = L
• Optimales ql° ergibt sich aus v(y-hL) = (1-h)v(y-
lql°) + hv(y-L+(1-l)ql°).
• Fazit: Schlechte Risiken sind genauso gut gestellt wie bei symmetrischer Information, während gute Risiken schlechter gestellt sind.
191
y1
y2
y
y - L
y-hL
192
Ist trennendes Gleichgewicht wirklich ein Gleichgewicht?
• Die Verträge haben erwarteten Gewinn von null und es existieren keine anderen trennenden Verträge, die von den Versicherten präferiert werden.
• Aber: Evt. existiert ein vereinender Vertrag, der von beiden Typen präferiert wird und erwarteten Gewinn von mindestens null bringt.
• Erwarteter Gewinn mindestens null: p • Gute Risiken präferieren Vertrag: (1-l)v(y-pq) + lv(y-L-
pq+q) (1-l)v(y-lql°) + lv(y-L+(1-l)ql°)• Ob beide Bedingungen erfüllt werden können ist
abhängig von . Für hohe Werte von sind beide Bedingungen erfüllt, so dass gar kein Gleichgewicht existiert.
193
y1
y2
y
y - L
y-hL
Liegt die Budgetgerade für vereinende Verträge oberhalb der Indifferenzkurve der guten Risiken, existiert kein trennendes Gleichgewicht
194
Fazit
• Im trennenden Gleichgewicht werden die guten Risiken rationiert. Sie würden gerne mehr Schutz zur fairen Prämie kaufen, dieser wird jedoch nicht angeboten, da dies auch die schlechten Risiken anziehen würde.
• Die guten Risiken würden aber sogar mehr als faire Prämie für zusätzlichen Schutz zahlen.
• Ob dies mit einem vereinenden Vertrag ausgenutzt werden kann ist abhängig von .
• Nur wenn der Anteil der guten Risiken nicht zu hoch ist, existiert ein trennendes Gleichgewicht
195
Wohlfahrtsbetrachtungen
• Trennendes Gleichgewicht ist pareto-inferior zu symmetrischer Information, da gute Risiken schlechter und niemand besser gestellt ist.
• Falls kein Gleichgewicht existiert, führt Pflichtversicherung zu einer Pareto-Verbesserung.
196
y1
y2
y
y - L
y- L
BB
197
• Falls trennendes Gleichgewicht existiert, ist es nicht unbedingt Pareto-effizient. Auch hier kann Versicherungspflicht mit Teilversicherung (q*) zu einer Pareto-Verbesserung führen
y1
y2
y
y - L
y- q*
198
4.2 Marktversagen auf Versicherungsmärkten
1. Einführung in die Versicherungsökonomie
2. Adverse Selection
3. Moral Hazard
199
4.2.3 Moral Hazard
• Versicherte können die Schadenswahrscheinlichkeit durch Vorsorge (a) beeinflussen
• Zur Vereinfachung wird von nur zwei möglichen Vorsorgeniveaus ausgegangen, a = 0 und a = a1 > 0
• Aus a = 0 ergibt sich Schadenswahrschein-lichkeit 0 und aus a = a1 folgt 1 mit 0 > 1
• Zustandsabhängige Einkommen: y1 = y – a – pq und y2 = y – a – pq – L + q
200
Symmetrische Information
• Wenn der Versicherer a beobachten kann, sind Gleichgewichte möglich mit q = L und p = 0, falls a = 0, sowie p = 1, falls a = a1
• Wir nehmen an, dass der Nutzen der Versicherten bei Wahl von a = a1 größer ist als bei Wahl von a = 0.
• Dies bedeutet v(y - 1L – a1) > v(y - 0L), woraus y - 1L – a1 > y - 0L und damit (0 - 1)L > a1 folgt.
• Dies bedeutet, dass die Reduktion des erwarteten Schadens (bzw. die Reduktion der Prämie bei Vollversicherung) größer sein muss als die Kosten, damit es lohnt a1 aufzuwenden
201
y1
y2
y
y - L
B
y - a1
y – L - a1
202
Asymmetrische Information
• Versicherer kann a nicht beobachten.• Angebot eines Vertrages mit p = 1 und q = L ist
nicht mehr möglich, da die Versicherten diesen Vertrag wählen aber trotzdem nur a = 0 aufwenden würden.
• In diesem Fall würde der Versicherer Prämien in Höhe von 1L einnehmen, hätte aber Entschädigungen in Höhe von 0L zu leisten.
• Versicherer können immer einen Vertrag mit p = 0 anbieten
203
• Falls ein Vertrag mit p = 1 angeboten wird, muss sicher gestellt sein, dass der Versicherte a1 wählt. Dies ist nur bei Teilversicherung möglich.
• Je höher q, desto geringer ist der Anreiz, a1 zu wählen.
• Für a = a1 und p = 1 ist der Nutzen des Versicherten umso höher, je höher q
• Optimales q ist dort, wo Versicherter gerade indifferent zwischen a = 0 und a = a1 ist.
204
y1
y2
y
y - L
B
y - a1
y – L - a1
205
• Ob im Gleichgewicht der Vertrag mit p = 0 oder der mit p = 1 angeboten wird, hängt insbesondere – vom Grad der Risikoaversion der Versicherten und– Von der Wirksamkeit der Vorsorge ab.
• In beiden Fällen sind die Versicherten aber schlechter gestellt als bei symmetrischer Information, da sie entweder ein geringeres erwartetes Einkommen haben oder nur eine Teilversicherung.
• Wird im Gleichgewicht der Vertrag mit Teilversicherung angeboten, stellt dies kein Grund für staatliche Eingriffe dar
• Bei einer staatlichen Versicherung ist auch darauf zu achten, dass durch ausreichende Selbstbeteiligung genug Anreize zur Vorsorge bleiben
206
4 Effizienzorientierte Staatseingriffe
1. Marktversagen aufgrund spezieller Präferenzen der Individuen
2. Marktversagen auf Versicherungs-märkten
3. Die Versicherungsfunktion des Staates
207
4.3 Die Versicherungsfunktion des Staates
1. Wohlfahrtsgewinne durch Umverteilung bei Risiko
2. Die Theorie des Wohlfahrtsstaates von Sinn
208
4.3 Die Versicherungsfunktion des Staates
1. Wohlfahrtsgewinne durch Umverteilung bei Risiko
2. Die Theorie des Wohlfahrtsstaates von Sinn
209
4.3.1 Wohlfahrtsgewinne durch Umverteilung bei Risiko
• Wirtschaftlicher Erfolg von Personen hängt nicht nur von Fähigkeiten sondern auch vom Zufall ab
• Insbesondere der Wert des Humankapitals in der Zukunft ist schwer vorhersagbar
• Risikoaverse Personen würden sich ex ante gerne gegen diese Risiken versichern
• Daher werden sie ex ante einer gewissen, ex post vorgenommenen Umverteilung zustimmen
210
• Angenommen die die Risiken der einzelnen
Personen sind vollkommen unabhängig, so dass kein aggregiertes Risiko besteht (Gesamteinkommen ist in allen Zuständen identisch)
• Wenn der Staat kostenlos umverteilen könnte (faire Versicherung) würden alle risikoaversen Personen ex ante Vollversicherung wählen
• Fazit: hinter dem Schleier der Ungewissheit würden risikoaverse Personen bei einer reinen Zufallsabhängigkeit der Einkommenspositionen eine Umverteilungspolitik wählen, die ex post zu vollkommener Gleichverteilung führt, solange die Umverteilung keine Transaktionskosten verursacht
211
• Diese Ergebnis wird sowohl bei Utilitarismus als
auch bei der Theorie von Rawls (1971) erzielt• Rawls: Verteilung des Einkommens ist so
vorzunehmen, dass die Wohlfahrt der am schlechtesten gestellten Person maximiert wird.
• Problem: Was passiert, wenn Umverteilung zu Kosten führt (Transaktionskosten bzw. geringerer Einsatz aufgrund geringerer Anreize)?
• Kritik an Rawls: (10, 10, 10) besser als (9, 1 Mio, 1 Mio)
• Gegenkritik: Warum sollen die Personen mit 1 Mio nich dem ärmsten ein Euro abgeben können?
212
4.3 Die Versicherungsfunktion des Staates
1. Wohlfahrtsgewinne durch Umverteilung bei Risiko
2. Die Theorie des Wohlfahrtsstaates von Sinn
213
4.3.2 Die Theorie des Wohlfahrtsstaates von Sinn
• Annahmen– Viele Personen mit identischem
Anfangsvermögen W und Nutzenfunktion u(W)
– Investition in riskantes Projekt möglich, wobei sich Investitionsbetrag kontinuierlich variieren lässt
– Zustandsabhängige Auszahlungen und deren Wahrscheinlichkeiten sind für alle identisch
214
– Es gibt nur zwei Umweltzustände, Erfolg
(Zustand 2) und Misserfolg (Zustand 1)– Wahrscheinlichkeit des Misserfolgs: 1 = ,
Wahrscheinlichkeit des Erfolgs: 2 = 1- – Rendite bei Erfolg: r2 > 0, Rendite bei
Misserfolg: r1 < 0– Bei Investition eines Betrages von V beträgt das
Endvermögen im Zustand i: Wi = W – V + (1 + ri)V = W + riV
– Gilt V = 0, folgt W1 = W2 = W
– Gilt V = W, folgt W1 = (1 + r1)W und W2 = (1 + r2)W
– Keine Kreditaufnahme und kein Leerverkauf
215
• Algebraisch: – maxV u(W + r1V) + (1 - )u(W + r2V)
– Bed. 1. Ordnung: u’(W + r1V)r1 + (1 - )u’(W
+ r2V)r2 = 0
– Dies ergibt:
W2
W1
(1+r2)W
W
W
(1+r1)W
A
B
M
2 1
1 2
u'(W ) r(1 )
u'(W ) r
Im Punkt M wird der Anteil = AM/AB von W in das riskante Projekt investiert
216
– Liegt Optimalpunkt auf der Sicherheitslinie (V* = 0), gilt
– Dies ergibt r1 + (1 - )r2 = 0
– D.h., es wird nichts in das riskante Projekt investiert, wenn erwartete Rendite nicht positiv ist
– Aus r1 + (1 - )r2 > 0 folgt dagegen V* > 0,
was im folgenden angenommen wird
1
2
r(1 ) u'(W) (1 )
u'(W) r
217
Der Domar-Musgrave Effekt
• Wie ändert sich Investitionsentscheidung, wenn der Staat sich an Gewinnen und Verlusten beteiligt, d.h. Einkommensteuer t mit vollständigem Verlustausgleich
• Dann gilt Wi = W + (1 – t)riV• Punkt A in der Abb. bleibt identisch, Punkt B
wird zu B‘ = (W(1 + (1 – t)r2), W(1 + (1 – t)r1))• D.h. maximaler Gewinn und Verlust reduzieren
sich proportional zu t• Steigung der Budgetgerade bleibt identisch, da
(1 – t)r1/(1 – t)r2 = r1/r2
218
• Wenn B‘ rechts von M liegt (t ist nicht zu hoch), bleibt M der Optimalpunkt
• Der Punkt M entsprich jetzt jedoch einem höheren riskanten Investitionsbetrag
• Es gilt (t) = AM/AB‘ = AM/(1 – t)AB = (1/(1 – t))(0)
W2
W1
(1+(1-t)r2)W
W
W
(1+(1-t)r1)W
A
B
M
B‘
219
• Somit gilt V‘/W = V*/(1 – t)W und daher V‘ = (1/(1 – t))V* > V*
• Dieser risikoübernahmefördernde Effekt einer Einkommensteuer heißt Domar-Musgrave Effekt
• Beachte: Ohne Steuer ergibt sich bei Investition von V* ein Endvermögen im Punkt M von W + riV*
• Investiert man mit Steuern nun V‘ = (1/(1 – t))V*, ergibt sich als Endvermögen in M: W + (1 – t)riV‘ = W + (1 – t)ri(1/(1 – t))V* = W + riV*
• D.h. Investor kann der Steuerbelastung vollkommen ausweichen, indem er einfach den 1/(1 – t)-fachen Betrag investiert (z.B. den doppelten Betrag bei t = 0,5)
220
Umverteilung der Steuereinnahmen
• Wir haben gesehen, dass keine Person durch die Steuer schlechter gestellt wird und trotzdem Steuereinnahmen pro Kopf in Höhe von t(r1 + (1 - )r2)V‘ > 0
• Somit produziert die Steuer keine Zusatzlast sondern führt im Gegenteil zu einer Pareto-Verbesserung
• Da die Risiken unabhängig voneinander sind, stehen die Steuereinnahme ex ante quasi mit Sicherheit fest
221
• Die Steuereinnahmen können zur Finanzierung eines öff. Gutes verwendet oder umverteilt werden
• Annahme: sie werden bereits ex ante verteilt
• Dann gilt: Wi = T + W + (1 – t)riV, mit T =
t(r1 + (1 - )r2)V‘‘, wobei V‘‘ den optimalen
Investitionsbeitrag bei Umverteilung darstellt
222
• Neue Budgetgerade ist parallel zu ursprünglicher
• B‘‘ = ((W+T)(1 + (1 – t)r2), (W+T)(1 + (1 – t)r1)) liegt auf
Fahrstrahl durch B‘, da Ordinaten-/Abszissenwert bei B‘‘ und B‘ identisch
• Es ist realistisch, dass Personen durch zusätzliches Einkommen, weniger risikoavers werden (DARA)
W2
W1
(1+(1-t)r2)W
W
W
(1+(1-t)r1)W
A
B
M
B‘
A‘‘
B‘‘
W+T
M‘‘
223
• Dann sind sie bereit mehr riskant zu investieren, d.h. es gilt A‘‘M‘‘ > AM und damit V‘‘ > V‘ (wäre z.B. M‘‘ auf Fahrstrahl durch M, wäre riskant investierter Anteil identisch und daher V‘‘ > V‘, da Anfangsvermögen durch Umverteilung gestiegen ist)
• Damit werden riskante Investitionen durch Steuer-Transfermechanismus in zweifacher Weise stimuliert:– Domar-Musgrave Effekt– Einkommenseffekt und DARA
• Da erwartete Gewinne der Investitionen positiv sind, steigt Vermögen der Volkswirtschaft
224
Das Redistributionsparadoxon
• Es ist realistisch, dass durch Einkommenseffekt sogar der riskant investierte Anteil steigt (DRRA), d.h. V‘‘/(W + T) > V‘/W
• Dann ist M‘‘ rechts vom Fahrstrahl durch M
• Somit wird Einkommensverteilung gemäß Lorenzkriterium ungleicher
225
Weiterführende Literatuthinweise– G. A. Akerlof, The Market for "Lemons", Quarterly Journal of Economics.
84 (1970), 488-500 – K. Borch, Equilibrium in a Reinsurance Market, Econometrica 30 (1962),
424-444– B. Holmström, Moral Hazard and Observability, Bell Journal of Economics
10 (1979), 74-91 – R. Rees, The Theory of Principal and Agent: Part I and II, in J.D. Hey, P.J.
Lambert (eds.), Surveys in the Economics of Uncertainty, 1987, 46-90 – H. Schlesinger, Zur Theorie der Versicherungsnachfrage, Zeitschrift für
die gesamte Versicherungswissenschaft 83, 113-136– U. Schmidt Entwicklungstendenzen in der Entscheidungstheorie unter
Risiko, Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis 47 (1996), 663-678 – U. Schmidt & B. Theilen, Prinzipal- und Agententheorie, WiSt 25 (1995),
483-486 – S. Shavell, On Moral Hazard and Insurance, Quarterly Journal of
Economics 93, 541-562– P. Zweifel & R. Eisen, Versicherungsökonomie, 2. Auflage, 2000
226
1.Grundlagen
2.Soziale Sicherheit
3.Gleicheit und Gerechtigkeit
4.Effizienzorientierte Staatseingriffe
5.Demographische Entwicklung
6.Rentenversicherung
Gliederung
227
5 Demographische Entwicklung
228
Überblick
• Folgen der Kinderlosigkeit
• Direkte Kosten von Kindern– Konsum der Kinder
• Indirekte Kosten von Kindern– Alternativkosten der Betreuungszeit
(Gehaltsverzicht)
Ulrich Schmidt Die Kosten von Kindern 3
229
Weitere Lebenserwartung in Deutschland im Alter von 60
Ulrich Schmidt Die Kosten von Kindern 9
Quelle: DIA, 2005
230
Altersaufbau der Bevölkerung
231
Entwicklung der Erwerbsbevölkerung
• Folgen der Kinderlosigkeit
• Direkte Kosten von Kindern– Konsum der Kinder
• Indirekte Kosten von Kindern– Alternativkosten der Betreuungszeit
(Gehaltsverzicht)
Ulrich Schmidt Die Kosten von Kindern 3
232
Konsequenzen aus dem Rückgang der Erwerbstätigen
• Arbeitskräftemangel führt zu Produktionsausfall– Wirtschaftswachstum pro Kopf wird sinken
– Weniger Aktive müssen ähnliche Anzahl an Konsumenten versorgen (zumindest bis 2030)
• Massive Probleme für die umlagefinanzierte Sozialversicherung
233
Rentenversicherung
• w·b·L = r·R– w: durchschnittlicher Bruttolohn pro Monat– b: Beitragssatz der Rentenversicherung– L: Anzahl der versicherungspflichtig
Beschäftigten– r: Durchschnittliche Rente pro Monat– R: Anzahl der Rentner
• b = r·R / w·L
Ulrich Schmidt Die Kosten von Kindern 10
23411
235
Lösungsansätze
• Erhöhung der Geburtenrate• Private Rentenversicherung bzw.
Kapitaldeckung• Erhöhung des Renteneintrittsalters• Erhöhung der Anzahl der Erwerbstätigen:
– Verkürzung von Schule, Ausbildung und Studium
– Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit– Zuwanderung
Ulrich Schmidt Die Kosten von Kindern 12
236
Krankenversicherung
Die Beiträge knüpfen am Einkommen an, dieLeistungen am Auftreten von Krankheiten. Dies führt
wie folgt zu Umverteilung• Umverteilung von höheren auf geringere
Einkommen.• Umverteilung von Einzelhaushalten und
Doppelverdienerehepaaren auf Haushalte mit beitragsfrei mitversicherten Familienangehörigen.
• Umverteilung von Erwerbstätigenhaushalten auf Rentnerhaushalte.
• Umverteilung von gesunden auf kränkliche Versicherte.
237
Pro-Kopf-Ausgabenprofile der GKV ohne Verwaltungskosten 2003 in €
0
1.000
2.000
3.000
4.000
5.000
6.000
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90
Alter
JährlichePro-Kopf-
Ausgaben in €
Mann
Frau
Quelle: Institut für Gesundheitssystemforschung, 2005
238
Monatlichen Pro-Kopf-Ausgaben je Versichertem in der GKV bei einer extern bedingten Wachstumsrate der
GKV-Ausgaben von 2%
Ulrich Schmidt Die Kosten von Kindern 14
140160180200220240260280300320340360380400420440460480
2005
2010
2015
2020
2025
2030
2035
2040
2045
2050
€ / Monat
Variante 1Variante 7
Resultierender Beitragssatz im Jahr 2050:
44%
Quelle: Institut für Gesundheitssystemforschung, 2005
239
• Erhöhung der Geburtenrate• Erhöhung der Anzahl der Erwerbstätigen:
– Verkürzung von Schule, Ausbildung und Studium
– Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit– Zuwanderung
• Kapitaldeckung• Kürzungen des Leistungskatalogs bzw.
private Zuzahlungen
Ulrich Schmidt Die Kosten von Kindern 15
Lösungsansätze
240
Umfrage
Die am häufigsten genannten Gründe, die aus der Sicht von Kinderlosen gegen Kinder sprechen:
• Finanzielle Belastung wäre zu groß (47 %)• Zu jung für Kinder (47 %)• Unvereinbarkeit mit beruflichen Plänen (37 %)• Partnerschaft nicht stabil genug (28 %)• Angst vor dem Verlust von Freiräumen (27 %)
Quelle: DIA 2004, IfD-Allensbach 2004
241
– H. Birg, Auswirkung der demographischen Alterung und der Bevölkerungsschrumpfung auf Wirtschaft, Staat und Gesellschaft, 2005
– Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Bevölkerung Deutschlands bis 2050, Ergebnisse der 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung, 2003
– P. Schimany, Die Alterung der Gesellschaft – Ursachen und Folgen des demographischen Umbruchs, 2003
Weiterführende Literatuthinweise
242
1.Grundlagen
2.Soziale Sicherheit
3.Gleicheit und Gerechtigkeit
4.Effizienzorientierte Staatseingriffe
5.Demographische Entwicklung
6.Rentenversicherung
Gliederung
243
6 Rentenversicherung
1. Ausgestaltungsmöglichkeiten
2. Altersicherung in Deutschland
3. Die Wahl eines effizienten Finanzierungssystems
4. Gründe für staatlichen Zwang in der Alterssicherung
5. Rentenversicherung in der Demokratie
244
6 Rentenversicherung
1. Ausgestaltungsmöglichkeiten
2. Altersicherung in Deutschland
3. Die Wahl eines effizienten Finanzierungssystems
4. Gründe für staatlichen Zwang in der Alterssicherung
5. Rentenversicherung in der Demokratie
245
6.1 Ausgestaltungsmöglichkeiten
• staatlich vs. privat
• freiwillig vs. obligatorisch
• kapitalgedeckt vs. umlagefinanziert
246
6 Rentenversicherung
1. Ausgestaltungsmöglichkeiten
2. Altersicherung in Deutschland
3. Die Wahl eines effizienten Finanzierungssystems
4. Gründe für staatlichen Zwang in der Alterssicherung
5. Rentenversicherung in der Demokratie
247
6.2 Alterssicherung in Deutschland
• Hauptpfeiler: GRV• Körperschaft des öff. Rechts• Wesentliche Parameter werden durch
Gesetze geregelt: staatliches System• Im Wesentlichen Zwangsversicherung• Beiträge vorgegeben: fester Prozentsatz
(19,5%) bis zur Bemessungsgrenze• Beiträge werden zwischen Arbeitnehmer
und –geber aufgeteilt
248
• Finanzierung durch (nahezu) reines Umlageverfahren (nur Schwankungsreserve)
• Beiträge sind nicht ausreichend– Beitragseinnahme 2005: 168 Mrd. EUR– Bundeszuschuss: 78,8 Mrd. EUR
249
Die Rentenformel
• Monatsrente = (persönl. Entgeltpunkte) x Rentenfaktor x (aktueller Rentenwert)
• Rentenfaktor– 1 bei Altersrente– 0,55 bei Witwenrente– 0,5 bei Erwerbsminderungsrente
250
• Persönl. Entgeltpunkte = Summe der
Engeltpunkte x Rentenzugangsfaktor– Entgeltpunkte pro Jahr: eigenes Einkommen dividiert
durch Durchschnittseinkommen– Zugangsfaktor: 0,3% Abschlag (pro Monat) bei Eintritt
vor 65• Aktueller Rentenwert:
– BE: durchschnittliches beitragspflichtiges Bruttoeinkommen
– BS: Beitragssatz– AVA: Faktor, der private Vorsorgeaufwendungen
berücksichtigt (steigt bis 2010 jährlich)– []:Nachhaltigkeitsfaktor, der von Rentnerquotient RQ
und willkürlichem Parameter (z. ZT. = 0,25) abhängt
t 1 t 1 t 1 t 1t t 1
t 2 t 2 t 2 t 2
BE 100 BS AVA RQRW RW 1 1
BE 100 BS AVA RQ
251
6 Rentenversicherung
1. Ausgestaltungsmöglichkeiten
2. Altersicherung in Deutschland
3. Die Wahl eines effizienten Finanzierungssystems
4. Gründe für staatlichen Zwang in der Alterssicherung
5. Rentenversicherung in der Demokratie
252
6.3 Die Wahl eines effizientenFinanzierungssystems
1. Die beiden Grundtypen
2. Wohlfahrtsvergleiche zwischen KDV und UV
253
6.3 Die Wahl eines effizientenFinanzierungssystems
1. Die beiden Grundtypen
2. Wohlfahrtsvergleiche zwischen KDV und UV
254
6.3.1 Die beiden Grundtypen
1. Das Kapitaldeckungsverfahren (KDV)
2. Das Umlageverfahren (UV)
255
6.3.1 Die beiden Grundtypen
1. Das Kapitaldeckungsverfahren (KDV)
2. Das Umlageverfahren (UV)
256
6.3.1.1 Das KDV
• Grundidee: Beiträge werden zum Aufbau eines Kapitalstocks verwendet und Renten aus Zinserträgen sowie Auflösung des Kapitalstocks bestritten
• Bei sicherer Lebensdauer äquivalent zu privater Ersparnis
257
Darstellung im Lebenszyklusmodell
• Jede Person lebt zwei Perioden, Erwerbsphase und Ruhestandsphase
• Lohnsatz in der Erwerbsphase: wt
• Arbeitszeit exogen vorgegeben (l°)
• c1t und c2
t+1: Konsum in Erwerbs- und
Ruhestandsphase
• Nutzenfunktion: U = U(c1t, c
2t+1)
• rt+1: Zins von t nach t +1
258
Lebenszyklusmodell ohne Rentenversicherung
• Budgetrestriktionen:– Erwerbsphase: wtl° = c1
t + st
– Ruhestandsphase: (1 + rt+1)st = c2t+1
– Intertemporal: wtl° = c1t + c2
t+1/(1 + rt+1)
– dc2t+1/dc1
t = -(1 + rt+1)c2t+1
c1t
wtl°st
C
(1 + rt+1)wtl°
259
Lebenszyklusmodell mit Rentenversicherung
• bt : Beitragssatz
• btwtl° : (Pflicht-)Beitrag
• Rente: (1 + rt+1)btwtl°
• Äquivalenzprinzip : (Erwarteter) Barwert der Leistungen = Summe der Beiträge
• Budgetrestriktionen:– Erwerbsphase: wtl° - btwtl° = c1
t + st
– Ruhestandsphase: : (1 + rt+1)btwtl° + (1 + rt+1)st = c2t+1
– Intertemporal: wtl° = c1t + c2
t+1/(1 + rt+1)
260
• Rentenversicherung beeinflusst Personen in keiner Weise– Die private Ersparnis wird einfach um die Beiträge
(staatliches Zwangssparen) gesenkt– Sind Beiträge höher als optimale Ersparnis, kann
Kredit aufgenommen werden– KDV ist neutral, solange (u.a.) Kapitalmärkte perfekt
sind und keine Sozialhilfe im Alter existiert
c2t+1
c1t
wtl°st
C
(1 + rt+1)wtl°
btwtl°
(1 + rt+1)btwtl°
261
6.3.1 Die beiden Grundtypen
1. Das Kapitaldeckungsverfahren (KDV)
2. Das Umlageverfahren (UV)
262
6.3.1.2 Das UV
• Overlapping Generations (OLG) Modell: Erwerbsphase der Generation t + 1 fällt mit Ruhestandsphase der Generation t zusammen
• UV: Beitragszahlungen der Generation t +1 werden direkt als Renten an die Generation t gezahlt
263
• Nt: Anzahl der Personen in Generation t
• pt+1: Rentenzahlung, die Angehöriger der
Generation t in t + 1 erhält
• Gesamtauszahlung in t + 1: pt+1Nt
• Gesamteinnahmen in t + 1: Nt+1bt+1wt+1l°
• Gleichsetzen ergibt: pt+1 = Nt+1bt+1wt+1l°/Nt
• Interne Rendite: it+1 = (Rente – Beitrag)/Beitrag =
(Rente/Beitrag) – 1•
t 1 t 1 t 1 t 1 t t 1 t 1 t 1t 1
t t t t t t t
t 1t 1 t 1
t
t 1 t 1 t t t 1 t 1 t t
p N b w l /N N b w1 i
b w l b w l N b w
b(1 g )(1 n ),
b
wobei n (N N ) /N und g (w w ) / w
264
• Sind die Beitragssätze konstant entspricht interne Rendite der Wachstumsrate der Lohnsumme
• Sind die Beitragssätze konstant und n und g klein, gilt (1 + nt+1)(1 + gt+1) 1 + nt+1 +
gt+1 und daher it+1 = gt+1 + nt+1
• Somit ist UV für die Generation t besser als KDV, wenn rt+1 < gt+1 + nt+1
265
6.3 Die Wahl eines effizientenFinanzierungssystems
1. Die beiden Grundtypen
2. Wohlfahrtsvergleiche zwischen KDV und UV
266
6.3.2 Wohlfahrtsvergleiche zwischen KDV und UV
1. Die kleine offene Volkswirtschaft
2. Die geschlossene Volkswirtschaft
267
6.3.2 Wohlfahrtsvergleiche zwischen KDV und UV
1. Die kleine offene Volkswirtschaft
2. Die geschlossene Volkswirtschaft
268
6.3.2.1 Die kleine offene Volkswirtschaft
• Annahme: r (Weltkapitalmarkt) und w exogen
• Da KDV äquivalent zu privater Ersparnis ist und daher zu keinen Verzerrungen führt, müsste KDV gemäß 1. Hauptsatz Pareto-optimal sein
• 1. Hauptsatz gilt jedoch nur bei endlicher Anzahl von Konsumenten
269
• D.h. bei unendl. Zeithorizont kann UV Pareto-superior zu KDV sein, nämlich wenn immer i > r gilt
• Zudem gewinnt auch noch Anfangsgeneration, da sie Rente erhält ohne Beiträge zu zahlen
• Dies ist das Sozialversicherungs-Paradoxon von Aaron
• Aufgrund des Gewinnes der Gründergeneration ist (reines) KDV auch bei r > i nicht Pareto-superior zu UV
• Bei endlichem Zeithorizont ist (reines) UV niemals Pareto-superior zu KDV, da die letzte Generation beim UV Beiträge zahlt, ohne Rente zu erhalten
270
6.3.2 Wohlfahrtsvergleiche zwischen KDV und UV
1. Die kleine offene Volkswirtschaft
2. Die geschlossene Volkswirtschaft
271
6.3.2.2 Die geschlossene Volkswirtschaft
• Zins ist endogen
• Da UV private Ersparnis verdrängt, kann es zu einer zu geringen Kapitalbildung kommen
• KDV ist UV evt. überlegen, da höherer Kapitalstock höheres Wirtschaftswachstum ermöglicht
272
Das Wachstumsmodell von Diamond (1965)
• Arbeitsangebot exogen und auf 1 normiert• KDV äquivalent zu privater Ersparnis,
daher wird nur UV betrachtet• Budgetrestriktionen:
– Erwerbsphase: c1t = (1 – bt)wt - st
– Ruhestandsphase: c2t+1 = (1 + rt+1)st + (1 +
nt+1)bt+1wt+1
– Intertemporal: c1t + c2
t+1/(1 + rt+1) = (1 – bt)wt + (1 + nt+1)bt+1wt+1 /(1 + rt+1) := q
273
Nutzenmaximierung
• L = U(c1t, c
2t+1) + [c1
t + c2t+1/(1 + rt+1) – q]
• dL/dc1t = dU/dc1
t + = 0
• dL/dc2t+1 = dU/dc2
t+1 + /(1 + rt+1) = 0
• Ergebnis: (dU/dc1t)/(dU/dc2
t+1) = (1 + rt+1)
274
Produktion
• Vollkommene Abschreibung des Kapitals (Bsp. Saatgut)
• Kapitalbestand: Kt+1 = Ntst
• Kapitalbestand pro Kopf: Kt+1/Nt+1:= kt+1 = Ntst/Nt+1 = st/(1 + nt+1)
• Produktionsfunktion: Yt+1 = F(Kt+1, Nt+1)• Annahme: F ist homogen vom Grade 1• Pro-Kopf-Betrachtung: yt+1 = Yt+1/Nt+1 = F(Kt+1,
Nt+1)/Nt+1 = F(Kt+1/Nt+1, Nt+1/Nt+1) = F(kt+1, 1) = f(kt+1)
275
• Annahmen: f’ > 0 und f’’ < 0 für alle kt > 0
• Vollkommene Konkurrenz auf Faktormärkten: 1 + rt+1 = FK(Kt+1, Nt+1) =
f’(kt+1)
• Euler-Theorem: FKKt+1 + FNNt+1 = Yt+1
• Daraus folgt: wt+1 = FN(Kt+1, Nt+1) = (Yt+1 –
FKKt+1)/Nt+1 = yt+1 – f’(kt+1)kt+1
276
Modellüberblick• Exogen: n, b, Anfangswert von k
• Alle anderen Werte werden endogen durch folgende Gleichungen bestimmt(1) c1
t = (1 – bt)wt - st
(2) c2t+1 = (1 + rt+1)st + (1 + nt+1)bt+1wt+1
(3) (dU/dc1t)/(dU/dc2
t+1) = (1 + rt+1)
(4) kt+1 = st/(1 + nt+1)
(5) yt+1 = f(kt+1)
(6) 1 + rt+1 = f’(kt+1)
(7) wt+1 = yt+1 – f’(kt+1)kt+1
277
Rentensystem und Ersparnis• Partialanalyse• Annahme: Gegenwarts- und Zukunftskonsum
sind superiore Güter• Erhöhung von bt:
– Senkt das Einkommen in Erwerbsphase– Zukunftskonsum sinkt– Ersparnis sinkt
• Erhöhung von bt+1:– Steigert Einkommen in Ruhestandsphase– Gegenwartskonsum steigt– Ersparnis sinkt
• Fazit: Umlagefinanziertes Rentensystem senkt Ersparnis und damit gesamtwirtschaftliche Kapitalbildung
278
Rentensystem und Wohlfahrt
• Steady-State Betrachtung: n, c und k sind zeitlich konstant
• Wohlwollender Diktator:– Maximierung des Nutzens– Gesamtwirtschaftliche Budgetrestriktion
(Einkommen = Konsum + Investitionen)– Ntc
2 + Nt+1c1 + Nt+2k = Nt+1yt
– c2 + (1 + n)c1 + (1 + n)2k = (1 + n)y– c1+ c2/(1 + n) + (1+n)k = f(k)
279
• L = U(c1, c2) + (c1+ c2/(1 + n) + (1+n)k - y)
• dL/dc1 = dU/dc1 + = 0
• dL/dc2 = dU/dc2 + /(1 + n) = 0
• dL/dk = (1 + n) – f’(k) = 0
• Optimum : 1 + r° = f’(k°) = (1 + n) = (dU/dc1)/(dU/dc2)
• Goldene Regel der Kapitalakkumulation : r° = n
280
• Der sich im Wettbewerbsgleichgewicht (ohne
Rentenversicherung) ergebende Zins r* gleicht nur zufällig n (Bsp.: U = lnc1+ (1 - )lnc2, y = Ak)
• Gilt r* < n (überkapitalisierte Wirtschaft) lässt sich durch umlagefinanziertes Rentensystem (bzw. durch Anhebung der Beiträge) Pareto-Verbesserung erreichen
f‘(k)
k
n
k° k*
r*
281
• Gilt r* > n, ist keine Pareto-Verbesserung möglich– Durch Abbau der Rentenversicherung kann
zwar k erhöht und damit r gesenkt werden– Die Übergansgeneration muss aber sowohl
durch Beiträge zum UV die Alten versorgen also auch für die eigene Alterssicherung sparen
– Da Übergangsgeneration schlechter gestellt ist, keine Pareto-Verbesserung
282
Fazit
• Aufgrund der demographischen Entwicklung wird oft Übergang zum KDV gefordert
• Ist r > n (bzw. n + g), wäre KDV für spätere Generationen besser, ist aber mit Belastungen für die Übergangsgeneration verbunden
• Aber: hohe Rendite ist auch beim KDV nicht gesichert (Bsp. Zins und Aktien in Japan)
283
• Sinkt die Bevölkerung bedeutet dies, dass k steigt und damit r = f‘(k) sinkt. Also ist auch KDV nicht unabhängig von demographischer Entwicklung
• Aber: Weltweit steigt Bevölkerung und Kapital kann leicht ins Ausland transferiert werden
• Wanderung von Arbeitskräften (wie beim UV notwendig) führt dagegen zu Integrationskosten
284
6 Rentenversicherung
1. Ausgestaltungsmöglichkeiten
2. Altersicherung in Deutschland
3. Die Wahl eines effizienten Finanzierungssystems
4. Gründe für staatlichen Zwang in der Alterssicherung
5. Rentenversicherung in der Demokratie
285
6.4 Gründe für staatlichen Zwang in der Alterssicherung
• Aufgrund der unsicheren Lebenserwartung ist privates Sparen keine gute Alternative zur Rentenversicherung, aber Versicherung kann auch privat angeboten werden
• Gründe für staatlichen Zwang:– Kurzsichtige Präferenzen– Moral Hazard bei Rentenversicherung kaum
möglich, höchstens bei Renteneintritt
286
– Adverse Selection möglich, wenn Versicherte ihre Lebenserwartung besser kennen als der Versicherer (Evidenz: In GB haben privat Versicherte 10% höhere Lebenserwartung als Nicht-Versicherte)
– Hauptgrund ist aber mögliches Trittbrettfahrer-Verhalten: Personen sparen nicht und verlassen sich darauf, dass sie im Alter schon versorgt werden (Sozialhilfe). Bedingung, dass Sozialhilfe für Alte angeboten wird, ist Altruismus gegenüber diesen
287
6 Rentenversicherung
1. Ausgestaltungsmöglichkeiten
2. Altersicherung in Deutschland
3. Die Wahl eines effizienten Finanzierungssystems
4. Gründe für staatlichen Zwang in der Alterssicherung
5. Rentenversicherung in der Demokratie
288
6.5 Rentenversicherung in der Demokratie
• Vorher: Welche Form der Rentenversicherung ist optimal? (normativ)
• Jetzt: Welche Form der Rentenversicherung wird sich in einer Demokratie herausbilden? (positiv)
289
Modellannahmen
• Direkte Demokratie• KDV spielt keine Rolle, da man durch
Kreditaufnahme ausweichen kann (d.h. alle sind indifferent ob und in welcher Höhe KDV eingeführt wird)
• Vom UV profitiert man umso stärker, je näher man an der Ruhestandsgrenze ist
• Daher braucht man differenzierteres Modell: 3 Generationen, junge Aktive (Index 1), alte Aktive (2) und Rentner (3)
290
• Wachstumsraten beziehen sich auf den Übergang von einer Generation zur nächsten
• Steady-State Betrachtung, n, r, w und c konstant
• Nutzenfunktion ist additiv-separabel, d.h. U = u1(c
1) + u2(c2) + u3(c
3)
• Es wird einmalig über Beitragssatz b eines obligatorischen UVs abgestimmt
• Für die Rente p gilt dann p = [(1 + n) + (1 + n)2]wb
291
• Sparen ist erlaubt, jedoch keine Kreditaufnahme (da dann b = 1, wenn Rendite des UV > r)
• Budgetrestriktionen:– Erwerbsphase 1: c1 = (1 – b)w – s1
– Erwerbsphase 2: c2 = (1 – b)w – s2
– Ruhestandsphase: c3 = p + (1 + r)2s1 + (1 + r)s2 = [(1 +
n) + (1 + n)2]wb + (1 + r)2s1 + (1 + r)s2
292
Wahlverhalten
• Junge Erwerbstätige:– Aus Sicht der ersten Erwerbsphase ist es
besser ein Euro in die Rentenversicherung zu stecken statt zu sparen, wenn (1 + n)2 > (1 + r)2, d.h. n > r
– Aus Sicht der zweiten Erwerbsphase ist es besser ein Euro in die Rentenversicherung zu stecken statt zu sparen, wenn (1 + n) > (1 + r), d.h. n > r
– Somit wird junger Erwerbstätiger nur für ein b > 0 stimmen, wenn n r
293
• Alte Erwerbstätige:– Wenn die Beiträge der Rentenversicherung
um ein Euro erhöht werden, erhalten sie (1 + n)2 + (1 + n) mehr Rente
– Wenn sie statt dessen ein Euro mehr sparen, erhalten sie (1 + r) Euro mehr im Alter
– Folglich werden sie nur für ein b > 0 stimmen, wenn (1 + n)2 + (1 + n) 1 + r
– Für alte Aktive lohnt sich b > 0 schon für Werte von n, die kleiner als r sind
• Rentner werden immer für b = 100% stimmen
294
Abstimmungsergebnis
• Annahme: n < r und (1 + n)2 + (1 + n) > 1 + r
• Dann gilt 0 = b1 < b2 < b3 = 1
• Populationsanteile:
2
1 2
2 2
3 2
(1 n)
1 (1 n) (1 n)
(1 n)
1 (1 n) (1 n)
1
1 (1 n) (1 n)
295
• Fall 1: 1 > 0,5 (falls 2 + n < (1 + n)2 bzw. n > 0,618) dann b = 0
• Fall 2: 3 > 0,5 (falls 1 + n + (1 + n)2 > 1 bzw. n < -0,382) dann b = 1
• Fall 3:1 0,5 und 3 0,5 (0,618 n -0,382) dann 0 < b < 1– Bei eingipfligen Präferenzen setzt sich der
Medianwähler durch– Fazit: In der direkte Demokratie setzen sich
(abgesehen von Extremfällen) die älteren Aktiven durch. Es kommt wahrscheinlich selbst dann zu UV, wenn r > n und somit KDV für alle späteren Generationen besser wäre
296
Komparative Statik
• Wenn n sinkt, sinkt b, da optimales b für ältere Aktive umso kleiner ist, je kleiner n
• Bei feinerem Modell (z.B. Jahrgänge) bewirkt sinkendes n zusätzlich, dass Medianwähler älter wird. Da ältere höheres b bevorzugen, ist Gesamteffekt unbestimmt
297
Ergebnisse in einer Gerontokratie
• Gerontokratie: Rentner stellen mehr als 50% der Bevölkerung (in Deutschland bald der Fall, wenn sich Geburtenrate nicht ändert)
• Dann ist Modell unrealistisch, da b = 1 wohl nicht durchsetzbar ist– Ausland müsste Aktiven ständig
Konsumkredite zur Verfügung stellen– Junge Generation würde rebellieren und/oder
Ausweichreaktionen durchführen
298
Alternativmodell
• Nur 2 Generationen• Arbeitsangebot der Aktiven ist endogen• U = U(c1,c2, l) mit dU/dl < 0• Budgetrestriktionen:
– Erwerbsphase: c1 = (1 – b)lw – s– Ruhestandsphase: c2 = (1 + r)s + pe, mit pe =
erwartete Rente
• Nutzenmaximierung führt zu Reaktionsfunktionen der Aktiven: s = s(b, pe) und l = l(b, pe)
299
• Diese Reaktionsfunktion berücksichtigen Rentner, wenn sie ihr optimales b bestimmen
• Optimales b maximiert Rente, wobei p = (1 + n)bwl(b, pe)
• Bed. 1 Ordnung: l + bdl/db = 0• Bsp.: Cobb-Douglas Nutzenfunktion und Steady-
State Gleichgewicht mit vollkommener Voraussicht:– b steigt, wenn n fällt– p sinkt, wenn n sinkt– Auch Rentner müssen einen Teil der
demographischen Last tragen
300
– H.J. Aaron, The Social Insurance Paradox, Canadian
Journal of Economics and Political Science 33 1966), 371-374
– A. Börsch-Supan, Zur deutschen Diskussion eines Übergangs vom Umlage- zum Kapitaldeckungsverfahren, Finanzarchiv 55 (1998), 400-428
– A. Börsch-Supan, Was lehrt uns die Empirie in Sachen Rentenreform, Perspektiven der wirtschaftspolitik 1 (2000), 431-451
– F. Breyer, Ökonomische Theorie der Alterssicherung, 1990– F. Breyer & K. Stolte, Demographic Change, Endogenous
Labor Supply, and the Political Feasibility of Pension Reform, Journal of Population Economics 14 (2001), 409-424
Weiterführende Literatuthinweise
301
– P.A. Diamond, National Debt in a Neoclassical Growth Model, American
Economic Review 55 (1965), 1126-1150– S. Homburg, Theorie der Alterssicherung, 1988– P.A. Samuelson, Optimal Social Security in a Life-Cycle Growth Model,
International Economic Review 16 (1975), 539-544– K. Schulte & C. Schröder, Rentenformeln ab 1957, in: C. Seidl & J.
Jickeli (Hrsg.): Steuern und Soziale Sicherung in Deutschland, 2006 – H.-W. Sinn, Why a Funded Pension System is Needed and Why it is not
Needed, International Tax and Public Finance 7 (2000), 389-410 – S. Übelmesser und H.-W. Sinn, Pensions and the Path to Gerontocracy
in Germany, European Journal of Political Economy 19 (2002), 153-158