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26.01.2017 Seite 126.01.2017 Seite 1
Sylvia Sänger
„Gesundheitsinformationen –
(Wann) erreichen sie die
Bürgerinnen und Bürger?“
26.01.2017 Seite 226.01.2017 Seite 2 Sylvia SängerSeite 2
Wissen
Gesundheit
Quelle Beispiel: http://www.arriba-hausarzt.de/beispiele/herr_suess9.html
26.01.2017 Seite 326.01.2017 Seite 3 Sylvia SängerSeite 3
26.01.2017 Seite 426.01.2017 Seite 4 Sylvia SängerSeite 4
Wie muss
26.01.2017 Seite 526.01.2017 Seite 5 Sylvia SängerSeite 5
http://www.gesundheit-nds.e/CMS/images/stories/PDFs/LVG-Newsletter-Nr74-Web.pdf
26.01.2017 Seite 626.01.2017 Seite 6 Sylvia SängerSeite 6
Bedarf an Informationen
• Was erwarten wir von den BürgerInnen?
• Was wollen die BürgerInnen?
• Was brauchen die BürgerInnen?
Informationsarten
• Gesunderhaltung / Prävention
• Strukturinformationen
• Entscheidungen in Krankheitsfall
Thesen zur Diskussion
• Verfügbarkeit von Informationen
• Health Literacy der Bevölkerung
• Einstellung und Kommunikationskultur
26.01.2017 Seite 726.01.2017 Seite 7 Sylvia SängerSeite 7
Was erwarten wir von den Bürgern?
Sozialgesetzbuch, 5. Buch§ 1 Solidarität und Eigenverantwortung
…Die Versicherten sind für ihre Gesundheitmitverantwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbewusste Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmensowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden….
26.01.2017 Seite 826.01.2017 Seite 8 Sylvia SängerSeite 8
Was erwarten wir von den Bürgern?
• Eigenverantwortung
• Selbstwirksamkeit
• Health Literacy
• Selbstvertrauen
• Handlungskompetenz
Mündigkeit!
26.01.2017 Seite 926.01.2017 Seite 9 Sylvia SängerSeite 9
Patienten wollen:
verstehen, was nicht in Ordnung ist
eine realistische Vorstellung der Prognose erhalten
das Arztgespräch bestmöglich nutzen
die Abläufe von Untersuchungen und Behandlung verstehen
die wahrscheinlichen Ergebnisse von Untersuchungen und Behandlungen verstehen
Unterstützung erhalten und Hilfe bei der Bewältigung
darin unterstützt werden, selber etwas zu tun
ihr Hilfsbedürfnis und ihre Besorgnis rechtfertigen
andere darin unterstützen, sie zu verstehen
lernen, weitere Krankheit zu verhindern (selbst handeln)
wissen, wer die besten Ärzte sind
Coulter A, Entwistle V, Gilbert D. Sharing decisions with patients: is the information good enough? BMJ 1999;318(7179):318-22
Was wollen die Bürger?
26.01.2017 Seite 1026.01.2017 Seite 10 Sylvia SängerSeite 10
Was brauchen die Bürger?
https://www.bundesregierung.de/Content/Infomaterial/BMG/_45.html
Rechte bei der medizinischen
Behandlung (Behandlungsvertrag,
Information und Aufklärung, Einwilligung,
besondere Lebenssituation, Einsichtsrecht
in die Patientenakte, IGeL)
Rechte als
Krankenversicherter(Beiträge, Kassenwahl, Widerspruch
gegen Entscheidungen)
Rechte bei
Behandlungsfehlern(Fehler erkennen, Schadens- und Streitfall)
26.01.2017 Seite 1126.01.2017 Seite 11 Sylvia SängerSeite 11
Was brauchen die Bürger?
Empowerment!!
....ist ein mehrdimensionaler Prozess, der es
Menschen ermöglicht die Kontrolle über
ihr eigenes Leben zu erhalten und ihre
Handlungskompetenz zu Dingen, die sie
selbst als wichtig einschätzen, erhöht.
EPF Background Brief: Patient Empowerment, 2015http://www.eu-patient.eu/globalassets/campaign-patient-empowerment/epf-briefing-paper--patient-empowerment.pdf
26.01.2017 Seite 1226.01.2017 Seite 12 Sylvia SängerSeite 12
Bedarf an Informationen
• Was erwarten wir von den BürgerInnen?
• Was wollen die BürgerInnen?
• Was brauchen die BürgerInnen?
Informationsarten
• Gesunderhaltung / Prävention
• Strukturinformationen
• Entscheidungen in Krankheitsfall
Thesen zur Diskussion
• Verfügbarkeit von Informationen
• Health Literacy der Bevölkerung
• Einstellung und Kommunikationskultur
26.01.2017 Seite 1326.01.2017 Seite 13 Sylvia SängerSeite 13
26.01.2017 Seite 1426.01.2017 Seite 14 Sylvia SängerSeite 14
Gesundherhaltung / Prävention
26.01.2017 Seite 1526.01.2017 Seite 15 Sylvia SängerSeite 15
Gesundherhaltung / Prävention
Vorteil:
Verständlich
Nachteil:
Kein Abwägen und damit
keine „echte“
Entscheidungsfindung
möglich
26.01.2017 Seite 1626.01.2017 Seite 16 Sylvia SängerSeite 16
Juni 2010
200 Frauen
über 20 Jahre
140
kein Befund
60
verdächtiger Befund
40
Entwarnung
20
Biopsie
10
Entwarnung
10
Brustkrebs190 mal Entwarnung
aber:
davon 3 Brustkrebs
Quelle:
http://www.g-ba.de/downloads/34-215-347/22-2010-07-15-Neues%20Merkblatt%20Mammographie.pdf
Gesundherhaltung / Prävention Vorteil:
Entscheidung
Nachteil:
verständlich?
26.01.2017 Seite 1726.01.2017 Seite 17 Sylvia SängerSeite 17
https://www.iqwig.de/de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen/frauen-verstandlich-uber-nutzen-
und-schaden-des-mammografie-screenings-informieren.6654.html
Gesundherhaltung / Prävention
26.01.2017 Seite 1826.01.2017 Seite 18 Sylvia SängerSeite 18
Oktober 2015
Quelle:
https://www.g-ba.de/downloads/17-98-2232/2015-11-13_Merkblatt-Mammographie_bf.pdf?
Gesundherhaltung / Prävention
26.01.2017 Seite 1926.01.2017 Seite 19 Sylvia SängerSeite 19
Gesundherhaltung / Prävention
https://www.youtube.com/watch?v=FqQ-JuRDkl8
http://www.sylvia-saenger.de/wp-content/uploads/2013/06/choosing_wisely_sylvia.pdf
http://www.ebm-netzwerk.de/was-wir-tun/themenportale/gemeinsam-klug-entscheiden/ziel-inhalt
26.01.2017 Seite 2026.01.2017 Seite 20 Sylvia SängerSeite 20
Strukturinformationen
• Was bedeutet Qualität medizinischer Einrichtungen?
Pflege-TÜV
Zertifizierungen (Organzentren, ISO 9000ff, KTQ, EFQM, QEP .....)
Qualitätsberichte finden und verstehen
• Wie vertrauenswürdig sind Bewertungsportale?
• Arzt- und Kliniksuche
26.01.2017 Seite 2126.01.2017 Seite 21 Sylvia SängerSeite 21
Entscheidungen im Krankheitsfall
Evidenzbasierte Gesundheitsinformationen
ermöglichen es, das Wissen über Gesundheit und
Krankheit zu verbessern und eigenständig oder
gemeinsam mit anderen, Entscheidungen zu
Gesundheitsfragen zu treffen. Diese
Entscheidungen sollen den Präferenzen,
Wertvorstellungen und Lebenssituationen der
jeweiligen Person so weit wie möglich
entsprechen.
Gute Praxis Gesundheitsinformation
2. Auflage 2015, Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V.
http://www.ebm-netzwerk.de/pdf/publikationen/gpgi2.pdf
26.01.2017 Seite 2226.01.2017 Seite 22 Sylvia SängerSeite 22
Grundsätze evidenzbasierter
Gesundheitsinformationen Systematische Recherche entsprechend der Ziele und
Fragestellungen
Begründete Auswahl der für die Fragestellung geeigneten Evidenz
Unverzerrte Darstellung der für Patientinnen und Patienten relevanten
Ergebnisse, wie zum Beispiel Sterblichkeit (Mortalität), Beschwerden und
Komplikationen (Morbidität) und gesundheitsbezogene Lebensqualität
Angemessene inhaltliche und sprachliche Darstellung von
Unsicherheiten
Entweder Verzicht auf direktive Empfehlungen oder klare Trennung
zwischen der Darstellung von Ergebnissen und der Ableitung von
Empfehlungen
Berücksichtigung der aktuellen Evidenz zur Kommunikation von
Zahlen, Risikoangaben und Wahrscheinlichkeiten
Transparente Darstellung der Angaben über den bzw. die Ersteller der
Gesundheitsinformation und dessen Finanzierung
Gute Praxis Gesundheitsinformation
2. Auflage 2015, Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V.
26.01.2017 Seite 2326.01.2017 Seite 23 Sylvia SängerSeite 23
26.01.2017 Seite 2426.01.2017 Seite 24 Sylvia SängerSeite 24
Bedarf an Informationen
• Was erwarten wir von den BürgerInnen?
• Was wollen die BürgerInnen?
• Was brauchen die BürgerInnen?
Informationsarten
• Gesunderhaltung / Prävention
• Strukturinformationen
• Entscheidungen in Krankheitsfall
Thesen zur Diskussion
• Verfügbarkeit von Informationen
• Health Literacy der Bevölkerung
• Einstellung und Kommunikationskultur
26.01.2017 Seite 2526.01.2017 Seite 25 Sylvia SängerSeite 25
These 1(Verfügbarkeit von Informationen):
Quellen evidenzbasierter, verlässlicher Informationen sind den
meisten Bürgern nicht bekannt:
• IQWiG Gesundheitsinformationen
• Patientenleitlinen
• Faktenboxen / Entscheidungshilfen
• IGeL-Monitor
• Gute Pillen – Schlechte Pillen
• ...
Diskussionsvorschlag:
Für Thüringen eine Zusammenstellung dieser Informationen
verfügbar machen.
Beispiel: http://www.sylvia-saenger.de/healthlinks/
26.01.2017 Seite 2626.01.2017 Seite 26 Sylvia SängerSeite 26
These 2(Verfügbarkeit von Informationen):
Das Gesundheitssystem ist für viele Bürgerinnen und Bürger
intransparent und undurchschaubar.
• gesetzliche Regelungen (Patientenrechtegesetz,
Änderung der Pflegereform, ... etc.)
• Qualität und Qualitätsbewertung von medizinischen
Versorgungseinrichtungen
Diskussionsvorschlag:
• Wird das zukünftig vom IQTiG abgesichert?
• Thüringen-Lösung?
https://www.tk.de/tk/pressemitteilungen/bundesweite-pressemitteilungen/924828
26.01.2017 Seite 2726.01.2017 Seite 27 Sylvia SängerSeite 27
These 3(health literacy):
Die Handlungsrelevanz evidenzbasierter
Entscheidungsgrundlagen ist nicht für jedermann
umsetzbar fehlende oder schlechte health literacy.
health literacy umfasst Wissen, Motivation und Kompetenz:
• Informationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und
anzuwenden;
• mit kritischem Urteilsvermögen täglich Entscheidungen zu
treffen bezogen auf die Gesundheitsversorgung, die
Gesundheitsförderung und Prävention;
• die eigene Lebensqualität zu erhalten bzw. zu verbessern.
Nach Sørensen et al., 2012
26.01.2017 Seite 2826.01.2017 Seite 28 Sylvia SängerSeite 28
http://media.wix.com/ugd/76600e_81f8001e7ddc4df198e023c8473ac9f9.pdf
26.01.2017 Seite 2926.01.2017 Seite 29 Sylvia SängerSeite 29
Health Literacy in Deutschland
Doris Schaeffer et al. 2016
Prozentuale Verteilung des health literacy Niveaus in den Bereichen
Krankheitsbewältigung (n=1971), Prävention (n=1914) und
Gesundheitsförderung (n=1914)
26.01.2017 Seite 3026.01.2017 Seite 30 Sylvia SängerSeite 30
Gesundheitswesen 2015; 77(11): 848-853
DOI: 10.1055/s-0034-1387715
„Sozial benachteiligte Personen haben hinsichtlich der
Risikoprävalenz vermutlich einen besonders großen Bedarf
an gesundheitsbezogenen Informationen und Prävention,
aber diese Zielgruppe wird nur sehr schlecht erreicht…..
Ein bloßes sprachliches Vereinfachen der Inhalte greift
jedoch zu kurz. Vielmehr bedarf es einer stärkeren
Berücksichtigung der Lebenswelt der Zielgruppe und einer
alltagspraktischen Wissensvermittlung.“
26.01.2017 Seite 3126.01.2017 Seite 31 Sylvia Sänger
Arzt: „Wissen Sie, dass Diabetes der Hauptgrund dafür ist, dass für so viele Patienten eine Dialyse nötig ist?"
Was meint der Arzt mit "Dialyse„?
"Weiß nicht.“
"Dass man jeden Tag etwas untersuchen muss.“
"Hängt das mit den Zehen zusammen?“
"Dass man sich körperlich mehr bewegen muss, wenn man Diabetes hat.“
nach: Dr. Gabriele Seidel, Patientenuni Hannover, Schulungsunterlagen zur UPD-Schulung 2010
26.01.2017 Seite 3226.01.2017 Seite 32 Sylvia SängerSeite 32
These 3(health literacy):
Die Handlungsrelevanz evidenzbasierter
Entscheidungsgrundlagen ist nicht für jedermann
umsetzbar fehlende oder schlechte health literacy.
Diskussionsvorschlag:
•Gesundheitskompetenz in die Schulen bringen
•Patientenuniversitäten Übersicht über Angebote!
26.01.2017 Seite 3326.01.2017 Seite 33 Sylvia SängerSeite 33
These 4(Einstellung der Health Professionals):
Aktive, informierte Patienten werden nicht als „Ressource“
gesehen, sondern eher als Belastung empfunden.
http://www.aerzteblatt.de/pdf/104/37/a2489.pdf
„....Vielmehr findet man sehr heterogene Charakterisierungen, die
von Idealbildern eigenverantwortlicher und aktiver Patienten bis hin
zu bedrohlicheren Szenarien reichen, in denen anspruchsvolle,
sich selbst überschätzende Patienten ihre Ärzte potenziell
infrage stellen...“
26.01.2017 Seite 3426.01.2017 Seite 34 Sylvia SängerSeite 34
These 4(Einstellung der Health Professionals):
Aktive, informierte Patienten werden nicht als „Ressource“
gesehen, sondern eher als Belastung empfunden.
Diskussionsvorschlag:
• Bessere Verankerung des Themas
in der Ausbildung sämtlicher health
professionals
• Veranstaltungen für Angehörige
verschiedener Gesundheitsberufe
• ???
26.01.2017 Seite 3526.01.2017 Seite 35 Sylvia SängerSeite 35
These 5(Öffentliche Kommunikationskultur):
In der Gesundheitskommunikation müssen wir Patienten/Bürger
als eigenverantwortliche Person adressieren.
2008/2009
Verunsicherung
2010/2011
Testimonials
2012/2015
„Liebesbeweis“
26.01.2017 Seite 3626.01.2017 Seite 36 Sylvia Sänger
Argumente:
Was ist mit Nutzen
und Schaden?
26.01.2017 Seite 3726.01.2017 Seite 37 Sylvia SängerSeite 37
These 5(Öffentliche Kommunikationskultur):
In der Gesundheitskommunikation müssen wir Patienten/Bürger
als eigenverantwortliche Person adressieren.
Diskussionsvorschläge:
• Informationen von offiziellen Stellen bitte ohne
benevolenten Paternalismus!
• Nutzen und Risiken als Entscheidungsgrundlage
ehrlich benennen
• Aufklärungsmaterialien an gängigen Standards
orientieren (GPGI, IPDAS)
• Auf fehlendes Wissen hinweisen
26.01.2017 Seite 3826.01.2017 Seite 38 Sylvia SängerSeite 38
These 6(Öffentliche Kommunikationskultur):
In der Gesundheitsaufklärung muss ein engerer
Schulterschluss mit der Wissenschaft stattfinden.
Keine ad hoc Public Health-Maßnahmen, weil ein Problem
identifiziert wurde! In den Gesamtkontext einordnen!
Vorsicht bei Scheinkorrelationen!
Beispiel: Unter Kaffeetrinkern wurde ein erhöhtes Risiko für
Herzinfarkt festgestellt.
Nicht der Kaffee ist das Problem
26.01.2017 Seite 3926.01.2017 Seite 39 Sylvia SängerSeite 39
http://tylervigen.com/spurious-correlationsMit Dank für den Hinweis auf diese Quelle an Prof. Vollmar, Jena
26.01.2017 Seite 4026.01.2017 Seite 40 Sylvia Sänger
„Ich bin nun zweifellos mundig und
auch bisweilen Patient; aber dass dies
beides hinreiche, um mich einen
mundigen Patienten zu nennen, daran
zweifle ich aufrichtig...“Thomas Buchheim, Philosoph