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Strahlenschutz im Herzkatheterlabor Marcus Hennersdorf Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie

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Strahlenschutz im Herzkatheterlabor

Marcus Hennersdorf

Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie

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Strahlenexposition in Deutschland

w w w . t u e v - V e r l a g . d eDurchführungshilfen z. Strahlenschutz i. d. MedizinFiebich/Pfeiff/Westermann

Strahlenexposition in Deutschland

kosmische Strahlung 0,3 mSvterrestrische Strahlung 0,4 mSvinnere Bestrahlung 1,4 mSv

natürlich gesamt: ca. 2,1 mSv

Dies wird verursacht durch natürliche sowie zivilisatorisch bedingte Quellen.

Mittlere Gesamtexposition pro J ahr: 4,1 mSv

Medizin 2 mSvI ndustrie 0,01 mSvTschernobyl 0,01 mSvKernwaff entests 0,005 mSvFlugreisen 0,005 mSvBeruf 0,002 mSvfossile Energieträge 0,002 mSvKernkraf twerke 0,001 mSvI ndustrieprodukte 0,001 mSv

zivilisatorisch gesamt: ca. 2 mSvQuelle: BMU 2003

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Kollektive Dosis durch Röntgendiagnostik (Deutschland 1997)Anteile der verschiedenen Untersuchungsarten

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Bremsstrahlung

Ein energiereiches Elektron wird durch elektrische Kräfte in den Atomhüllen abgebremst.

Dabei entsteht Röntgenstrahlung (= Bremsstrahlung).

Praktische Bedeutung:• Abschirmung von

Betastrahlung• Röntgenröhre

Röntgenphoton(Bremsstrahlung)

Elektron(abgebremst)

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Funktionsprinzip einer Röntgenröhre

Strahlungsqualität bestimmt durch folgende Kenngrößen:• Röhrenspannung: je höher, desto höher die Strahlungsenergie• Röhrenstrom: je höher, desto höher die Strahlungsintensität• Anodenmaterial: bestimmt charakteristische Strahlung und

Strahlungsausbeute• Filterung: beeinflusst die Energieverteilung der Röntgenstrahlung

Röhrenspannung [kV]

Röhrenstrom [mA]

+

+

-

-

Röntgenstrahlung

Filterung

GlühkatodeAnode

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Körperdosis - Energiedosis

Bindeglied zwischen Energiedosis und Körperdosis: Strahlungs-Wichtungsfaktoren

Körperdosis ist ein Maß für Gefährdung(keine physikalische Größe)

Energiedosis beschreibt physikalische

Prozesse(Energieübertrag auf Materie)

Einheit:Sievert (Sv)(früher: rem)

Einheit:Gray (Gy)(früher: rad)

Energieübertragvon Strahlung auf Materie

1 Gy = 1 J/kg

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Risiko durch ionisierende Strahlung

Risiko tödlichen Krebses:

5 % pro Sv bzw. 0,005 % pro mSv

Risiko schwerer Erbschäden:

1 % pro Sv bzw. 0,001 % pro mSv

Statistisch gesehen:Bestrahlung von 100.000 Personen mit je 10 mSv führt zu 50 Krebstoten.

Die Dosis bestimmt das Risiko stochastischer Strahlenschäden.

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Stochastische Schäden

- Schwere des Schadens

unabhängig von der Dosis

- Wahrscheinlichkeit

für das Auftreten des Schadens

abhängig von der Dosis

- kein Schwellenwert

- Dosisrate spielt i.Allg. keine Rolle

- Beispiele:

Krebs, Leukämie, Erbschäden

Krebsrisiko in Deutschland(mit Todesfolge):ca. 20–25 %

Die effektive Dosis ist ein Maß für die Krebswahrscheinlichkeit.

effektive Dosis [mSv]

zusä

tzli

ches

dli

ches

Kre

bsr

isik

o [

%]

.

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Deterministische Schäden

0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

3,5

4

4,5

5

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Dosis [Sv]

Sch

wer

e d

es S

chad

ens

Hautrötung

Blasenbildung

Gewebezerfall

- Schwere des Schadens

abhängig von der Dosis

- Schaden tritt oberhalb eines

Schwellenwerts mit Sicherheit

auf

- Dosisrate spielt große Rolle

- Beispiele:

Veränderung des Blutbilds,

Schädigungen der Haut,

Übelkeit

Deterministische Schäden bei Teilkörperexposition der Haut

Deterministische Schäden erst bei (Teilkörper-)Dosen über 250 mSv.

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Berechnung der Dosis bei Röntgenstrahlung

Dosis ist abhängig von

• den Kenngrößen der Röntgenanlage (Strom,

Dosisleistungskonstante*))• den drei A des Strahlenschutzes:

Abstand, Aufenthaltsdauer, Abschirmung

*)Dosisleistungskonstante abhängig von Röhrenspannung, Anodenmaterial,

Filterung

Ampere [mA](Röhrenstrom)

Art und Betrieb der Röhre

(DL-Konstante)Aufenthalts-

dauer

AbschirmkoeffizientAbstand

I 1

Dosis [mSv]

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Schutz vor Röntgenstrahlung

Es gelten die drei A des Strahlenschutzes:

12

6

39

• Abstand halten

• Aufenthaltsdauer beschränken

• Abschirmungen verwenden

126

39

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Hautdosis (Abstandsquadratgesetz)

Fokus Verdopplung des Abstands von Fokus

zum Patienten Bestrahlte Fläche vervierfacht sich Dosis pro Fläche geht auf ein Viertel

zurück Verdreifachung des Abstands

Bestrahlte Fläche verneunfacht sich Dosis pro Fläche geht auf ein Neuntel

zurück

Konsequenz: Bei gleichen FFA Patient möglichst weit zum Detektor platzieren

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Strahlenschutzkleidung - Wirkungsgrad

Latzschürze: 40% KM geschützt

Rundumschürze: 83% KM geschützt

Schürze + SD: 86% KM geschützt

Bleiglasbrille

Handschuhe 94,5%, Bleigummihandschuhe 30%

Dosisreduktion bei der Hand

Dauerschutzeinrichtungen

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Gepulste Durchleuchtung

Konventionelle Durchleuchtung 100%

14 Pulse/s 54%

7,5 Pulse/s 27%

3 Pulse/s 10%

Dosis

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Dosis-Flächen-Produkt bei Herzkatheterinterventionen

61,7

87,8

118,8 119,4

168

020406080

100120140160180

CAPTCA

PCI

Ather

ekto

mie

Excim

er-L

aser

Kuon, Br J Radiol 2003

DAP [Gycm²]

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Komplexizität der Läsionen und Strahlendosis

Bernardi, Cathet Cardiovasc Intervent 2000

CI=Komplexitätindex• Art der Läsion• Lokalisation

Enge Korrelation zwischen• Durchleuchtungszeit• Flächendosisprodukt• Komplexität der Läsion

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Feldgröße

Reduktion der Feldgröße = Einblenden

Nutzstrahlung sinkt (Dosisreduktion

Patient)

Streustrahlung sinkt (Dosisreduktion

Personal)

Bildqualität steigt

Stärkere Dosisabnahme in der Tiefe

(Dosisreduktion Patient)

FOV=Field of view

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Relation des jeweiligen Abstands zur Strahlendosis

Hirshfeld, Circulation 2005

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Dosiserhöhung bei Schrägprojektion

Beispiel (30 statt 20 cm Objektdicke): Bei 80 kV ca. vierfache Eintrittsdosis

Verhältnis Eintritts- zu Austrittsdosis dann ca. 400:1

20 cm

30 cm

Kuon, Br J Radiol 2003

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Isodosis-Linien in Abhängigkeit von der Angulation

Kuon, J Am Coll Cardiol 2004

Dosisflächenprodukt (Patient)

Strahlendosis (Personal)

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Dosisvergleich zwischen optimaler und “schlechter” Untersuchung

3 Pulse/s vs. kont. Durchleuchtung 10 Schrägprojektion bis 4 Durchleuchtungszeit erfahrener

vs. unerfahrener Untersucher 2 Zu geringer Fokus-Objekt-Abstand

(nur Hautdosis) 4 Bildverstärkergröße 2 Einblendung 2 Hochkontrastdurchleuchtung 2

Gesamtunterschied (Produkt der einzelnen Faktoren) 2560

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Wong, N Engl J Med 2004

Strahlenschaden durch Ablation

10-stündige AblationArm akzidentell im StrahlenfeldStrahlendosis 500-2000cGy

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3x PTCA, jeweils 1 bis 2 Stunden lang, davon die 2. und 3. am selben Tag

Das Bild entstand 22 Monate nach der 3. PTCA

Shope, Radiographics 1996

Strahlenschaden durch PTCA

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StrahlendermatitisStarkes Kinking iliakal

Sehr schwierige RCA-Darstellungen, 2 Untersucher konnten das Gefäß nicht intubieren

3 Wochen später Versuch über die A. brachialis

Insgesamt 2 über jeweils mehrere Stunden andauernde Untersuchungen

Dehen, Heart 1999

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Ulzeröse Hautveränderungen nach Strahlenexposition

3-stündige UntersuchungIliakales KinkingGewinkelter RCA-VerlaufPTCA einer hochgradigen RCA-Stenose

Dehen, Heart 1999

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Lerneffekt

0

10

20

30

40

50

60

70

80

PTCA elektiv PTCA AMI

VorNach

Kuon, Br J Radiol 2003

[Gycm²]

225 Patienten

Vor und nach Nutzung untersuchungsabhängiger Strahlenschutzmaßnahmen

p<0.05

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Optimaler Strahlenschutz

Kuon, J Am Coll Cardiol 2004

Max. Abschirmung

Durchscnitt Literatur

10,4±7,479,5±31,8PTCA

6,2±3,456,1±28,9Koronarangiographie

Flächendosisprodukt [Gycm²]

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Strahlendosiserfassung 2005

Ärzte Pflegepersonal

Grenzwerte: <20mSv/Jahr (Körper) bzw. <500mSv/Jahr (Hand)

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Zusammenfassung

Strahlenschutz im Herzkatheterlabor beinhaltet Abstand Dauer des Aufenthaltes Abstand der Röntgenröhre Einsatz von Filtern, Blenden Vermeidung von Schrägprojektionen Einsatz von Abschirmungen

Bei korrektem Strahlenschutz ist das Risiko für Strahlenschäden im Herzkatheterlabor nicht größer als das der Normalbevölkerung