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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Struktur und Schwingungsspektrum des Kaliumundecawolframats Kgl^WnOsg* 11 H 2 0 Structure and Vibrational Spectrum of the Potassium Undecatungstate K 6 H 4 Wn03 8 -1 1 H : 0 Thomas Lehmann und Joachim Fuchs* Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Freien Universität Berlin. Fabeckstraße 34-36, D-1000 Berlin 33 Z. Naturforsch. 43b, 89-93 (1988); eingegangen am 6. August 1987 X-Ray, Isopolytungstate, Preparation, Vibrational Spectra The title compound crystallizes in the triclinic space group P 1 with lattice parameters a = 13.129 Ä, b = 14.156 Ä, c = 14.843 Ä and a = 88.34°, ß = 74.43°, y = 70.86°. The polyanion evidently is the predominant species in pseudometatungstate phases the exact composition of which has not previously been determined. Einführung In frisch angesäuerten Wolframatlösungen laufen Umwandlungsreaktionen ab, die oft erst nach Wo- chen zum Stillstand führen. Die Reaktionen selbst lassen sich gut mit physikalischen, teils auch chemi- schen Methoden verfolgen. Ungleich schwieriger ist es, die Zusammensetzung und Struktur der Spezies zu ermitteln, die zu bestimmten Zeitpunkten in den Lö- sungen dominieren. Beim Ansäuerungsgrad p= 1,5* entstehen mindestens zwei Zwischenprodukte (Pseu- dometawolframat, Wolframat X), bevor sich das thermodynamisch stabile und strukturell lange be- kannte „echte" Metawolframation, H 2 W 12 O 40 6_ , bil- det [4], Kristalline Wolframate X konnten noch nicht erhalten werden, doch lassen UV- und 1S, W-NMR- spektroskopische Untersuchungen darauf schließen, daß ihre Anionenstruktur der des ß-Dodekawolfra- matosilikats entspricht [9, 10]. Völlige Unklarheit bestand bisher über das Pseudo(v)metawolframation Zwar lassen sich durch Zugabe von Erdalkali- oder schweren Alkaliionen zu einer Natriummetawolframatlösung leicht Fällungen erhalten [1], doch nur in amorpher Form. Ihre Zu- sammensetzung wird von verschiedenen Autoren un- terschiedlich angegeben. Meist wird ein Verhältnis K:Wvon l:2genannt (z.B. K 6 W 12 0 39 ), mitunter aber auch ein kleineres (KsHW 12 O 40 -17 H 2 0) oder ein et- was größeres (3 K 2 Q 11,2 W O r 12,9 H 2 0) [2, 3]. * Der Ansäuerungsgrad (Acidifikation) ist als Verhältnis H + /W0 4 2 " definiert. * Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. J. Fuchs. Verlag der Zeitschrift für Naturforschung, D-7400 Tübingen 0932 - 0776/88/0100 - 0089/$ 01.00/0 Eine neuerliche Untersuchung hat jetzt gezeigt, daß in einem sehr begrenzten Konzentrationsgebiet auch ein kristallines Kaliumsalz erhältlich ist (s. Ex- perimentelles). Die Struktur dieses Undecawolfra- mats, K 6 H 4 W U 0 38 -11 H 2 0, wurde röntgenogra- phisch aufgeklärt. Experimentelles Zur Darstellung des Kaliumundecawolframats geht man von einer Natriummonowolframatlösung der Konzentration 0,93 M aus. Sie wird mit 4 M HCl auf die Acidifikation p= 1,3 eingestellt und dann mit 10 ml einer 3,6 M KCl-Lösung versetzt. Schon nach einigen Stunden beginnt die Abscheidung farbloser Kristalle. Erst bilden sich am Boden des Gefäßes büschelartige Kolonien, die bei längerem Stehenlas- sen unter der Mutterlauge immer stärker miteinander vernetzen. Daneben bilden sich in der Lösung Kri- stalle von Parawolframat Z, K 10 H 2 W 12 O 42 10 H 2 0. Schon relativ geringe Änderungen der oben genann- ten Konzentrationen und Mengen können erhebliche Ausbeute- und Qualitätseinbußen mit sich bringen. Um Kristalle für Einkristallstrukturanalysen zu ge- winnen, sollte man sie möglichst bald nach Erschei- nen aus der Mutterlauge isolieren. Dies geschieht am zweckmäßigsten nach Abfiltrieren durch manuelles Aussortieren unter dem Mikroskop. Begünstigt wird das Verfahren durch die stark unterschiedlichen For- men der Undeca- und Parawolframat-Kristalle (Kri- stallblättchen bzw. quaderförmige Prismen). Die Verbindung kristallisiert in der triklinen Raumgrup- pe PI mit den Gitterkonstanten a = 13,129(2), b = 14,156(9), c = 14,843(3) Ä, « = 88,34°, ß = 74,43°, y = 70,86°. An einem STOE-Einkristalldiffraktometer wur- den mit MoK f ,-Strahlung (Graphitmonochromator)

Struktur und Schwingungsspektrum des ...zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/43/ZNB-1988-43b-0089.pdf · X-Ray, Isopolytungstate, Preparation, Vibrational Spectra The title compound crystallizes

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

Struktur und Schwingungsspektrum des Kaliumundecawolframats Kgl^WnOsg* 11 H 2 0

Structure and Vibrational Spectrum of the Potassium Undecatungstate K6H4Wn038-1 1 H : 0

Thomas Lehmann und Joachim Fuchs* Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Freien Universität Berlin. Fabeckstraße 3 4 - 3 6 , D-1000 Berlin 33

Z. Naturforsch. 43b, 8 9 - 9 3 (1988); eingegangen am 6. August 1987

X-Ray, Isopolytungstate, Preparation, Vibrational Spectra

The title compound crystallizes in the triclinic space group P 1 with lattice parameters a = 13.129 Ä, b = 14.156 Ä, c = 14.843 Ä and a = 88.34°, ß = 74.43°, y = 70.86°. The polyanion evidently is the predominant species in pseudometatungstate phases the exact composition of which has not previously been determined.

Einführung

In frisch angesäuerten Wolframatlösungen laufen Umwandlungsreaktionen ab, die oft erst nach Wo-chen zum Stillstand führen. Die Reaktionen selbst lassen sich gut mit physikalischen, teils auch chemi-schen Methoden verfolgen. Ungleich schwieriger ist es, die Zusammensetzung und Struktur der Spezies zu ermitteln, die zu bestimmten Zeitpunkten in den Lö-sungen dominieren. Beim Ansäuerungsgrad p = 1,5* entstehen mindestens zwei Zwischenprodukte (Pseu-dometawolframat, Wolframat X), bevor sich das thermodynamisch stabile und strukturell lange be-kannte „echte" Metawolframation, H2W12O40

6_, bil-det [4], Kristalline Wolframate X konnten noch nicht erhalten werden, doch lassen UV- und 1S,W-NMR-spektroskopische Untersuchungen darauf schließen, daß ihre Anionenstruktur der des ß-Dodekawolfra-matosilikats entspricht [9, 10].

Völlige Unklarheit bestand bisher über das Pseudo(v)metawolframation Zwar lassen sich durch Zugabe von Erdalkali- oder schweren Alkaliionen zu einer Natriummetawolframatlösung leicht Fällungen erhalten [1], doch nur in amorpher Form. Ihre Zu-sammensetzung wird von verschiedenen Autoren un-terschiedlich angegeben. Meist wird ein Verhältnis K:Wvon l:2genannt (z.B. K6W12039), mitunter aber auch ein kleineres (KsHW12O40-17 H 2 0 ) oder ein et-was größeres (3 K2Q • 11,2 W O r 12,9 H 2 0 ) [2, 3].

* Der Ansäuerungsgrad (Acidifikation) ist als Verhältnis H + / W 0 4

2 " definiert.

* Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. J. Fuchs. Verlag der Zeitschrift für Naturforschung, D-7400 Tübingen 0932 - 0776/88/0100 - 0089/$ 01.00/0

Eine neuerliche Untersuchung hat jetzt gezeigt, daß in einem sehr begrenzten Konzentrationsgebiet auch ein kristallines Kaliumsalz erhältlich ist (s. Ex-perimentelles). Die Struktur dieses Undecawolfra-mats, K6H4WU03 8-11 H 2 0 , wurde röntgenogra-phisch aufgeklärt.

Experimentelles Zur Darstellung des Kaliumundecawolframats

geht man von einer Natriummonowolframatlösung der Konzentration 0,93 M aus. Sie wird mit 4 M HCl auf die Acidifikation p = 1,3 eingestellt und dann mit 10 ml einer 3,6 M KCl-Lösung versetzt. Schon nach einigen Stunden beginnt die Abscheidung farbloser Kristalle. Erst bilden sich am Boden des Gefäßes büschelartige Kolonien, die bei längerem Stehenlas-sen unter der Mutterlauge immer stärker miteinander vernetzen. Daneben bilden sich in der Lösung Kri-stalle von Parawolframat Z, K10H2W12O42 • 10 H 2 0 . Schon relativ geringe Änderungen der oben genann-ten Konzentrationen und Mengen können erhebliche Ausbeute- und Qualitätseinbußen mit sich bringen. Um Kristalle für Einkristallstrukturanalysen zu ge-winnen, sollte man sie möglichst bald nach Erschei-nen aus der Mutterlauge isolieren. Dies geschieht am zweckmäßigsten nach Abfiltrieren durch manuelles Aussortieren unter dem Mikroskop. Begünstigt wird das Verfahren durch die stark unterschiedlichen For-men der Undeca- und Parawolframat-Kristalle (Kri-stallblättchen bzw. quaderförmige Prismen). Die Verbindung kristallisiert in der triklinen Raumgrup-pe P I mit den Gitterkonstanten

a = 13,129(2), b = 14,156(9), c = 14,843(3) Ä, « = 88,34°, ß = 74,43°, y = 70,86°.

An einem STOE-Einkristalldiffraktometer wur-den mit MoKf,-Strahlung (Graphitmonochromator)

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90 Th. Lehmann —J. Fuchs • Struktur und Schwingungsspektrum des Kaliumundecawolframats

im B e r e i c h 2° < 20 < 50° die In t ens i t ä t en von 10453 k r i s t a l l og raph i sch u n a b h ä n g i g e n R e f l e x e n g e m e s s e n , v o n d e n e n 9787 mi t I 0 > 2 a ( I ) als b e o b a c h t e t e in-g e s t u f t w u r d e n . In e i n e r P a t t e r s o n s y n t h e s e w u r d e n 16 S c h w e r a t o m v e k t o r e n g e f u n d e n , die p a a r w e i s e ü b e r e in g e m e i n s a m e s I n v e r s i o n s z e n t r u m v e r b u n d e n w a r e n . D i e P o s i t i o n e n d e r res t l ichen W o l f r a m a t o m e , d e r 6 K a l i u m i o n e n u n d v o n 49 S a u e r s t o f f a t o m e n w u r d e n sukzess iv D i f f e r e n z - F o u r i e r - S y n t h e s e n en t -n o m m e n . N a c h V e r f e i n e r u n g a n i s o t r o p e r T e m p e r a -t u r f a k t o r e n f ü r W o l f r a m u n d Ka l ium sowie i s o t r o p e r f ü r S a u e r s t o f f u n d n a c h G e w i c h t u n g nach d e m S c h e m a

c r ( F ) = A + D F + E F2 + G F h

( A = 83 ,879 , D = - 0 , 3 0 8 5 , E = 0 ,004, G = —0,178 • 10~5 , H = 3)

w u r d e ein a b s c h l i e ß e n d e r /? -Wer t von 6 , 5 % e rha l -t e n . D i e Z e l l e e n t h ä l t zwei F o r m e l e i n h e i t e n . D i e A t o m k o o r d i n a t e n s ind in T a b . I a u f g e f ü h r t . W e i t e r e E i n z e l h e i t e n z u r K r i s t a l l s t r u k t u r u n t e r s u c h u n g k ö n -n e n b e i m F a c h i n f o r m a t i o n s z e n t r u m E n e r g i e , Phys ik , M a t h e m a t i k , D - 7 5 1 4 E g g e n s t e i n - L e o p o l d s h a f e n 2, u n t e r A n g a b e d e r H i n t e r l e g u n g s n u m m e r C S D 52772, d e r A u t o r e n u n d d e s Ze i t s ch r i f t enz i t a t s a n g e f o r d e r t w e r d e n .

Tab. I. Fraktionelle Atomkoordinaten des Kaliumundeca-wolframats.

Atom X y z

W 1 .0580(01) -.2632(01) -.2675(01 W2 -.0442(01) -.4287(01) -.3330(01 W 3 -.0373(01) -.2124(01) -.4570(01 W 4 -.2432(01) .0463(01) -.3339(01 W 5 -.1302(01) -.0075(01) -.1559(01 W 6 -.1328(01) -.2389(01) -.0228(01 W 7 -.2533(01) -.3915(01) -.0826(01 W 8 -.2883(01) -.2888(01) -.4134(01 W 9 -.4582(01) -.0674(01) -.3176(01 W10 -.3475(01) -.1180(01) -.1445(01 W l l - .4631(01) -.2682(01) -.2037(01 K l .0849(04) -.0152(04) -.3938(03 K2 -.4972(04) .1552(03) -.0905(03 K3 -.6919(04) -.0120(04) -.0921(03 K4 .2059(05) -.3400(04) -.9764(04 K5 -.1444(06) -.2582(05) -.6648(05 K6 .3129(05) -.2761(04) -.4846(05 O l .1964(11) -.2897(10) -.2657(09 0 1 5 -.0025(10) -.1294(09) -.2446(08 0 1 2 .0814(10) -.4052(09) -.3147(09 0 1 6 -.0072(10) -.2900(09) -.1530(08 0 1 2 3 -.0937(10) -.2611(09) -.3111(08 0 1 3 .0850(09) -.2372(09) -.4068(08 0 2 .0140(11) -.5524(10) -.3773(09 0 2 3 .0103(09) -.3713(08) -.4668(08 0 2 7 -.1167(10) -.4331(09) -.2136(09

Tab . I (Fortsetzung).

Atom X y z

0 2 8 -.1804(11) -.3913(10) -.3738(09) 0 3 .0158(11) -.2040(10) -.5753(10) 0 3 4 -.1059(10) -.0843(09) -.4132(09) 0 3 8 -.1779(11) -.2298(10) -.4634(09) 0 4 5 1 0 -.2422(10) -.0645(09) -.2182(08) 0 4 -.2131(11) .1127(10) -.4327(09) 0 4 5 -.1294(10) .0506(09) -.2750(08) 0 4 ' - .3513(12) .1400(11) -.2601(10) 0 4 9 -.3346(11) -.0201(10) -.3708(09) 0 5 ' - .0296(12) .0319(11) -.1303(10) 0 5 -.2516(11) .0819(10) -.0904(10) 0 5 6 -.1343(09) -.1112(08) -.0710(08) 0 6 7 -.1361(11) -.3755(10) -.0343(09) 0 6 ' - .0280(11) -.2628(10) .0349(09) 0 6 -.2547(12) -.1905(10) .0692(10) 0 6 7 1 0 -.2479(10) -.2361(09) -.1190(09) Ol -.3646(11) -.3419(10) .0181(09) Ol' - .2259(12) -.5197(11) -.0690(10) Olli - .3445(10) -.3694(09) -.1690(08) 0 8 -.2912(11) -.3448(10) -.5143(09) 0 8 1 1 -.4060(10) -.3291(09) -.3302(08) 0 8 9 -.4036(10) -.1620(09) -.4237(09) 0 8901 -.3346(09) -.1984(08) -.2757(08) 0 9 1 1 -.5484(11) -.1486(10) -.2555(09) 0 9 -.5644(11) .0233(10) -.3470(09) 0 9 1 0 -.4649(10) -.0217(09) -.1985(08) 0 1 0 -.3869(10) -.0505(09) -.0413(09) 0 1 0 1 1 - .4684(11) -.1808(10) -.1066(09) 0 1 0 -.5757(12) -.3097(11) -.1555(10) O l - W .2573(17) .8739(15) .6857(14) 0 2 - W .1094(27) .5075(24) .8900(23) 0 3 - W .1429(15) .8737(14) .9351(13) 0 4 - W .2959(22) .5534(20) .2851(18) 0 5 - W .1865(10) .7412(09) .2497(09) 0 6 - W .2492(12) .0672(11) .5770(10) 0 7 - W .2563(17) .5622(16) .4798(15) 0 8 - W .0344(21) .6674(19) .1880(18) 0 9 - W .4351(20) .6714(18) .3224(16) O I O - W .4692(15) .8205(14) .4602(13) O l l - W .1632(19) .0918(17) .7960(16)

Beschre ibung der Struktur

D a s K a l i u m u n d e c a w o l f r a m a t en thä l t i sol ier te Po-l y a n i o n e n d e r Z u s a m m e n s e t z u n g H 2 W n 0 3 8

6 _ . O b -w o h l die P r o t o n e n nicht loka l i s ie r t w e r d e n k o n n t e n , m ü s s e n sie a u s E l e k t r o n e u t r a l i t ä t s g r ü n d e n v o r h a n -d e n se in . Pr inz ip ie l l k ö n n t e n sie auf drei un t e r sch ied -l iche A r t e n g e b u n d e n se in : als O x o n i u m i o n e n , als O H - G r u p p e n o d e r im z e n t r a l e n H o h l r a u m . G e g e n d a s A u f t r e t e n v o n O x o n i u m i o n e n s p r e c h e n die A b -s t ä n d e d e r K r i s t a l l w a s s e r m o l e k ü l e u n t e r e i n a n d e r u n d zu S a u e r s t o f f a t o m e n d e s A n i o n s . D e r kürzes te b e t r ä g t 2 , 6 8 Ä . D e r t h e r m i s c h e A b b a u , bei d e m ein

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91 Th. Lehmann —J. Fuchs • Struktur und Schwingungsspektrum des Kaliumundecawolframats

Wassermolekül besonders hartnäckig gebunden bleibt, spricht für zwei Protonen im zentralen Hohl-raum. Die beiden restlichen sollten peripher als OH-Gruppen gebunden sein, aber nicht streng auf zwei Sauerstoffatome lokalisiert, denn es sind keine be-sonders langen Abstände von Wolfram- zu termina-len Sauerstoffatomen zu beobachten.

Das Anion (Abb. 1 zeigt eine ORTEP-Zeichnung des Anions und Abb. 2 eine Polyederdarstellung) kann aus 4 Untereinheiten aufgebaut werden, die jeweils aus kantenverknüpften W0 6 -0ktaedern be-stehen, untereinander aber über gemeinsame Ecken verbunden sind. Die Dreiereinheit mit den Atomen W l , W2 und W3 ist häufigste Untereinheit in zahlrei-chen Iso- und Heteropolywolframaten. Auch die Vie-rereinheit mit den Atomen W8, W9, W10 und W11 ist Bestandteil mehrerer Polywolframate, z .B. der Hexa-, Hepta- und Dekawolframationen [6—8]. Iso-liert tritt die Gruppe W401 6

8" im Li2W04 4/7 H 2 0 auf. Vierer- und Dreiereinheit sind über zwei Diwol-framatgruppen miteinander verbunden (W4 und W5 bzw. W6 und W7). Prinzipiell könnten die Atome W2, W4 und W10 sowie 8 Sauerstoffatome auf einer Spiegelebene liegen. Sie ist jedoch kristallographisch

nicht vorhanden, vermutlich wegen der Wechselwir-kung mit den Kaliumionen. Die Kaliumionen K2, K4, K5 und K6 sind siebenfach. K l und K3 neun-fach von Sauerstoff koordiniert, wenn W—O-Ab-stände zwischen 2,7 und 3,2 Ä berücksichtigt werden.

Abb. 2. Polyederdarstellung des Undecawolframatanions.

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92 Th. Lehmann —J. Fuchs • Struktur und Schwingungsspektrum des Kaliumundecawolframats

Ungewöhnlich sind in dem Anion die sehr unter-schiedlichen Wolfram-Wolfram-Abstände. Normal sind Abstände von 3,3 bis 3,4 Ä zwischen kantenver-knüpften und 3,6 bis 3,7 zwischen eckenverknüpften W0 6 -0k taedern . Der Abstand zwischen W8 und W10 im Undecawolframation beträgt 4.48 Ä, ob-wohl beide an das Sauerstoffatom 08901 gebunden sind. Tab. II zeigt die W—W-Abstände.

Tab. II. W —W-Abstände im Undecawolframatanion.

W l - • W 2 3.3354(12) W 5 - W10 W l - W 3 3.3427(11) W 5 - W 6 W l - •W5 3.7728(08) W 6 - W10 W l - W 6 3.7696(09) W 6 - W7 W 2 - W 3 3.5409(10) W 7 - W10 W 2 - W 8 3.6569(11) W 7 - W l l W 2 - - W 7 3,9136(09) W 8 - W9 W 3 - W 4 3,9110(08) W 8 - W l l W 3 - -W8 3.6879(12) W 8 - W10 W 4 - W 9 3.6341(12) W 9 - W10 W 4 - W 5 3.3175(11) W 9 - • W l l W 4 - W10 3.8509(10) W10 - W l l

Abb. 3. IR-Spektrum des Kaliumundecawolframats.

3.6417(12) 3.7808(10) 3.6773(11) 3.3258(13) 3.8242(10) 3.6316(11) 3.2849(08) 3.2894(09) 4.4772(11) 3,2321(11) 3,2748(10) 3,2462(12)

Schwingungsspektroskopische Untersuchungen

Daß es sich bei der Substanz um ein noch nicht in seiner Struktur aufgeklärtes Isopolywolframat han-delt, wurde zuerst durch das IR-Spektrum deutlich. Bei Vergleich des Spektrums des Kaliumundecawolf-ramats mit den Spektren anderer in der Vergangen-heit dargestellter Isopolywolframate zeigte sich eine große Übereinstimmung nur mit dem Spektrum eines Piperidiniumisopolywolframats [5]. Dieses, da-mals als Piperidiniumparawolframat A 3 bezeichnete Salz, war jedoch von zu schlechter Kristallqualität für eine Röntgenstrukturanalyse.

In den Abbn. 3 und 4 sind das IR- und das Raman-spektrum des Kaliumundecawolframats wiedergege-ben. Im IR-Spektrum liegen die typischen Banden bei 826 und 786 sowie bei 353, 506 und 574 cm - 1 . Das Ramanspektrum zeigt starke Banden bei 966. 945 und 862 cm - 1 und eine typische Gruppierung zwischen 200 und 400 cm - 1 .

Diskussion

Bei der Bildung des „echten" Metawolframations in einer angesäuerten Wolframatlösung muß eine Stufe durchlaufen werden, die bisher als Pseudo-metawolframat bezeichnet wurde. Solche Umwand-lungsprozesse finden bei fast allen kristallinen Iso-

Abb. 4. Raman-Spektrum des Kaliumundecawolframats.

polywolframaten statt, die unter ihrer Mutterlauge verbleiben. Das bisher nur in röntgenamorpher Form erhaltene Pseudometawolframat stellt offen-bar eine Mischung verschiedener Isopolywolframate dar. wobei das Undecawolframat die dominierende Komponente ist. Dafür sprechen folgende Punkte: — Im Jahre 1967 erhielten Chuvaev [2] und andere

nach der Methode von Souchay [1] ein röntgen-amorphes Kaliumpseudometawolframat. das die Bruttoformel K : 0-11 ,2 W O r 12,9 LLO aufwies, die recht genau der Zusammensetzung des kristal-linen Undecawolframats entspricht. Das WL-NMR-Spektrum zeigte ein Signal zweier isolierter Protonen mit einem Abstand von 3 Ä.

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93 Th. Lehmann —J. Fuchs • Struktur und Schwingungsspektrum des Kaliumundecawolframats

— Gerade die Kationen, die schwerlösliche Pseudo-metawolframate bilden, sind auch imstande, kri-stalline Undecawolframate zu bilden (K+ , Rb+ , Cs+ , Ca : +) . Leider sind alle außer dem Kaliumsalz nicht für eine Röntgenstrukturanalyse geeignet. So konnten vom Calcium- und Rubidiumsalz nur stark fehlgeordnete Kristalle erhalten werden.

— Vorläufige pulverdiffraktometrische Untersu-chungen hochgeglühten Kaliumundecawolframats

zeigen, daß das so erhaltene Produkt auch in unter gleichen Bedingungen geglühtem Kaliumpseudo-metawolframat enthalten ist. In letzterem sind je-doch noch weitere Linien zu beobachten. Das IR-Spektrum des ^-Metawolframats deutet darauf hin, daß neben dem Undecawolframat noch Para-wolframat Z als Verunreinigung vorhanden ist, das ja auch beim kristallinen Produkt als Beimen-gung auftritt.