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L. v.Meyer Institut für Rechtsmedizin der Universität München Suchtmittelnachweis weisbarkeit. Während im Urin ein „Schuß“ mit Heroin über 2–3 Tage nachweisbar ist, erhält man im Blut schon nach ca. 2 h opiatnegative Befun- de. Ähnliches gilt für Cannabis, bei dem im Urin der Nachweis in der Regel über 1 Woche positiv sein wird; im Blut hin- gegen nur über ca. 4 h. Allgemein gilt, daß im Urin Suchtmittel über einige Ta- ge nachweisbar sind, im Blut jedoch nur für wenige Stunden. Bei besonderen Fragestellungen können alternative Probenmaterialien sinnvoll sein. Im Fall einer akuten Into- xikation ist Blut sinnvoll, um über eine quantitative Bestimmung einen Hin- weis auf die aufgenommene Menge des Stoffes und auf eventuell notwendige Entgiftungsmaßnahmen zu erhalten. Aus den Konzentrationen im Urin sind quantitative Rückschlüsse in der Regel nicht möglich, da diese u.a. vom pH- Wert, Konzentrierungsgrad des Urins und den Stoffeigenschaften abhängig sind.Wenn eine regelmäßige, aber eini- ge Zeit zurückliegende Drogenaufnah- me erfaßt werden soll, sind die Haare das empfehlenswerte Untersuchungs- material [8]. Von sehr vielen Arznei- und Suchtstoffen ist bekannt, daß sie in das Haar eingelagert werden. Der Nach- weis von Amphetaminen, Cannabis, Cocain und Morphinderivaten wird be- reits routinemäßig durchgeführt. Bei einem durchschnittlichen Wachstum des Kopfhaars von 1 cm/Monat ist ein relevanter Konsum noch nach Monaten nachweisbar. Eine einmalige Aufnahme ist in der Regel nicht erfaßbar. Als Vor- Ein Suchtmittelnachweis kann aus ver- schiedenen Gründen notwendig wer- den. Neben der ursprünglichen klini- schen Fragestellung der Gesundheits- gefährdung des Patienten (Vergiftung) spielen heute auch die Frage des Beige- brauchs während der Substitution, Dro- genfreiheitskontrollen während der Dro- gentherapie, Sicherheit am Arbeits- platz, forensische Untersuchungen wie z.B. das Fahren unter dem Einfluß von Drogen, Drogengebrauch im Gefängnis und Versicherungsfragen eine Rolle [3]. Unter Suchtmitteln werden im folgen- den die Gruppen der Amphetamine, Benzodiazepine, Cannabisderivate, Co- cainabbauprodukte, Lysergsäurediäthyl- amid (LSD) und Methadon verstanden. Auch die trizyclischen Antidepressiva wie Doxepin haben eine Bedeutung als Mißbrauchsdrogen erhalten. Barbitura- te spielen als Suchtmittel keine Rolle mehr. Probenmaterial Der Verdacht des Drogenkonsums er- fordert die toxikologische Analyse ei- nes körpereigenen Probenmaterials [4]. Üblicherweise kommen für die Un- tersuchung Blut und Urin in Frage. Das Blut hat den Vorteil der Manipulations- und Verfälschungsfreiheit. Jedoch ist der Harn das besser geeignete Untersu- chungsmaterial. Zum einen läßt sich Harn wesentlich leichter in größeren Mengen gewinnen, zudem enthält Harn weniger mit der Analytik möglicher- weise interferierende Bestandteilen wie Eiweiß und Farbstoffe. Das wichtigste Argument für den Urin ist jedoch, daß vor allem bei basischen Stoffen die Suchtstoffkonzentration im Urin we- sentlich höher ist. Dies hat entscheiden- den Einfluß auf die Dauer der Nach- Der Internist 6·99 | 601 Übersicht Internist 1999 · 40:601–604 © Springer-Verlag 1999 Zum Thema Eine ausgefeilte Analytik vom Schnelltest bis hin zur Gaschromatographie-Massenspek- trometrie macht den Drogennachweis unter Umständen noch Monate nach der Einnah- me möglich. Bei der Auswahl der Testverfah- ren sind natürlich auch ökonomische Ge- sichtspunkte und – je nach Herstellerfirma – unterschiedliche Empfindlichkeiten zu be- rücksichtigen. Im klinischen, vor allem aber im forensischen Bereich muß der Sicherheit der Ergebnisse von immunologischen Testverfahren beson- dere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Bei deren Anwendung, z.B. bei Amphetaminen, zu denen auch die Ecstasy-Verbindungen zählen, sind möglicherweise falsch-negative Befunde nicht auszuschließen. Auch die Ärztinnen und Ärzte, die mit Dro- genabhängigen nur marginalen Kontakt und wenig Erfahrungen haben, sollten informiert sein, welcher Methoden man sich zum Dro- gennachweis bedient. Darüber wird in dieser Arbeit recht verständlich referiert. Schlüsselwörter Drogen, Nachweis · Sucht, Drogennachweis Prof. Dr. rer.nat. L. v.Meyer Institut für Rechtsmedizin der Universität, Frauenlobstraße 7a, D-8000 München 2& / f n - b l o c k : & b d y :

Suchtmittelnachweis

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Page 1: Suchtmittelnachweis

L. v.MeyerInstitut für Rechtsmedizin der Universität München

Suchtmittelnachweis

weisbarkeit. Während im Urin ein„Schuß“ mit Heroin über 2–3 Tagenachweisbar ist, erhält man im Blutschon nach ca. 2 h opiatnegative Befun-de. Ähnliches gilt für Cannabis, bei demim Urin der Nachweis in der Regel über1 Woche positiv sein wird; im Blut hin-gegen nur über ca. 4 h. Allgemein gilt,daß im Urin Suchtmittel über einige Ta-ge nachweisbar sind, im Blut jedoch nurfür wenige Stunden.

Bei besonderen Fragestellungenkönnen alternative Probenmaterialiensinnvoll sein. Im Fall einer akuten Into-xikation ist Blut sinnvoll, um über einequantitative Bestimmung einen Hin-weis auf die aufgenommene Menge desStoffes und auf eventuell notwendigeEntgiftungsmaßnahmen zu erhalten.Aus den Konzentrationen im Urin sindquantitative Rückschlüsse in der Regelnicht möglich, da diese u.a. vom pH-Wert, Konzentrierungsgrad des Urinsund den Stoffeigenschaften abhängigsind. Wenn eine regelmäßige, aber eini-ge Zeit zurückliegende Drogenaufnah-me erfaßt werden soll, sind die Haaredas empfehlenswerte Untersuchungs-material [8]. Von sehr vielen Arznei-und Suchtstoffen ist bekannt, daß sie indas Haar eingelagert werden. Der Nach-weis von Amphetaminen, Cannabis,Cocain und Morphinderivaten wird be-reits routinemäßig durchgeführt. Beieinem durchschnittlichen Wachstumdes Kopfhaars von 1 cm/Monat ist einrelevanter Konsum noch nach Monatennachweisbar. Eine einmalige Aufnahmeist in der Regel nicht erfaßbar. Als Vor-

Ein Suchtmittelnachweis kann aus ver-schiedenen Gründen notwendig wer-den. Neben der ursprünglichen klini-schen Fragestellung der Gesundheits-gefährdung des Patienten (Vergiftung)spielen heute auch die Frage des Beige-brauchs während der Substitution, Dro-genfreiheitskontrollen während der Dro-gentherapie, Sicherheit am Arbeits-platz, forensische Untersuchungen wiez.B. das Fahren unter dem Einfluß vonDrogen, Drogengebrauch im Gefängnisund Versicherungsfragen eine Rolle [3].Unter Suchtmitteln werden im folgen-den die Gruppen der Amphetamine,Benzodiazepine, Cannabisderivate, Co-cainabbauprodukte, Lysergsäurediäthyl-amid (LSD) und Methadon verstanden.Auch die trizyclischen Antidepressivawie Doxepin haben eine Bedeutung alsMißbrauchsdrogen erhalten. Barbitura-te spielen als Suchtmittel keine Rollemehr.

Probenmaterial

Der Verdacht des Drogenkonsums er-fordert die toxikologische Analyse ei-nes körpereigenen Probenmaterials[4]. Üblicherweise kommen für die Un-tersuchung Blut und Urin in Frage. DasBlut hat den Vorteil der Manipulations-und Verfälschungsfreiheit. Jedoch istder Harn das besser geeignete Untersu-chungsmaterial. Zum einen läßt sichHarn wesentlich leichter in größerenMengen gewinnen, zudem enthält Harnweniger mit der Analytik möglicher-weise interferierende Bestandteilen wieEiweiß und Farbstoffe. Das wichtigsteArgument für den Urin ist jedoch, daßvor allem bei basischen Stoffen dieSuchtstoffkonzentration im Urin we-sentlich höher ist. Dies hat entscheiden-den Einfluß auf die Dauer der Nach-

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ÜbersichtInternist1999 · 40:601–604 © Springer-Verlag 1999

Zum Thema

Eine ausgefeilte Analytik vom Schnelltest bis

hin zur Gaschromatographie-Massenspek-

trometrie macht den Drogennachweis unter

Umständen noch Monate nach der Einnah-

me möglich. Bei der Auswahl der Testverfah-

ren sind natürlich auch ökonomische Ge-

sichtspunkte und – je nach Herstellerfirma –

unterschiedliche Empfindlichkeiten zu be-

rücksichtigen.

Im klinischen, vor allem aber im forensischen

Bereich muß der Sicherheit der Ergebnisse

von immunologischen Testverfahren beson-

dere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Bei

deren Anwendung, z.B. bei Amphetaminen,

zu denen auch die Ecstasy-Verbindungen

zählen, sind möglicherweise falsch-negative

Befunde nicht auszuschließen.

Auch die Ärztinnen und Ärzte, die mit Dro-

genabhängigen nur marginalen Kontakt und

wenig Erfahrungen haben, sollten informiert

sein, welcher Methoden man sich zum Dro-

gennachweis bedient. Darüber wird in dieser

Arbeit recht verständlich referiert.

Schlüsselwörter

Drogen, Nachweis · Sucht, Drogennachweis

Prof. Dr. rer.nat. L. v.MeyerInstitut für Rechtsmedizin der Universität,

Frauenlobstraße 7a, D-8000 München 2&/fn-block:&bdy:

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teil ist hervorzuheben, daß im Haar imGegensatz zum Urin [6] Monoacetyl-morphin, das erste Abbauprodukt vonHeroin, als Hauptabbauprodukt nach-weisbar ist. Somit ist eine Differen-zierung von Opiataufnahme durch„Mohnbrötchen“ und Heroinkonsummöglich. Während nach Kokainaufnah-me im Urin hauptsächlich das wasser-lösliche Abbauprodukt Benzoylecgoninauftritt, liegt im Haar überwiegend dieDroge selbst vor.

Untersuchungsmethoden

Als Verfahren für die Untersuchung aufdie üblichen Suchtstoffgruppen imUrin kommen einfache, möglichst ko-stengünstig und schnell durchzufüh-rende Methoden in Frage. Dabei habensich die immunologischen Verfahrenals die beste Lösung erwiesen. DieseVerfahren sollen es ermöglichen, mitgeringem Aufwand die echt positivenaus einer großen Anzahl von Probenherauszufinden. Allerdings werden im-mer auch falsch-positive Ergebnisseauftauchen, so daß anschließende Be-stätigungstests (siehe Sicherheit der Er-gebnisse) unerläßlich sind.

Grundlage jedes Immuntests ist ei-ne Antigen-Antikörper-Reaktion. Dieentscheidenden Komponenten sind dieAntikörper, die zwar gegen eine be-stimmte Substanz wie z.B. Morphin ge-richtet sind, zumeist jedoch ausgepräg-te Kreuzreaktivitäten zu strukturähnli-chen Substanzen aufweisen. Je nachverwendetem Antikörper und Sub-stanzkonzentration differieren dieseKreuzreaktivitäten. Dies ist ein Grund,weshalb die Ergebnisse mit den Immu-no-Assays verschiedener Herstellervoneinander abweichen können. DieSpezifität ist dagegen nicht abhängigvon dem eigentlichen Nachweisverfah-ren, das sich der Immunreaktion an-schließt und der Signalverstärkungdient. Hierbei unterscheidet man z.B.die Latexagglutination, Enzymtests unddie Fluoreszenzpolarisation. Die Art,mit der die immunchemische Reaktionnachgewiesen wird, hat allerdings ent-scheidenden Einfluß auf Stör- und Ver-fälschungsmöglichkeiten. Gleichzeitigist vom Nachweisverfahren auch diemögliche Empfindlichkeit abhängig,worauf später noch eingegangen wird.

Es ist festzuhalten, daß die immu-nologischen Verfahren stets, von wel-

unten eingegangen, ist für die Beurtei-lung der Verfahren die Reproduzierbar-keit der Ergebnisse entscheidend. Dennbei der Vortestung mit Immunoassayshandelt es sich in der Regel um eineJa/Nein Entscheidung, die nur dann si-cher zu treffen ist, wenn es sich um einreproduzierbares und gegenüber derMatrix relativ unempfindliches Verfah-ren handelt.

Störungen

Wichtige Bedeutung für den Suchtmit-telnachweis im Urin kommt der Mög-lichkeit von Fälschung und Manipula-tionen zu. Harnproben sollten nur unterAufsicht gewonnen werden. Um Mani-pulationen zu erschweren, sollten sichin dem Raum kein Wasserhahn und kei-ne Toilettenreiniger, Handwaschmitteloder ähnliches befinden. Mittel, die sicheignen sollen, um aus positiven Urinennegative zu machen, werden in Anzei-gen einschlägiger Zeitschriften angebo-ten [5].Auch im Internet finden sich vie-le Vorschläge z.B. unter dem Titel: „Howto beat drugtests“. Es hat sich gezeigt,daß die Verdünnung von Urinproben ei-ne der gängigsten und wirksamsten Me-thoden ist. Wenn eine Zugabe von Was-ser nicht ausgeschlossen werden kann,empfiehlt sich eine Temperaturprüfungdes frisch gelassenen Urins. Wir habenfestgestellt, daß Temperaturen von ca.31°C die Regel sind. In den USA gibt essogar Urinbehälter mit eingebautemTemperaturmeßstreifen.

Neben der exogenen Verdünnungist auch die endogene Verdünnungdurch Trinken großer Wassermengenmöglich. Eine Kontrolle erfolgt über dieBestimmung der spezifischen Dichte(bzw. Osmolalität) oder des Kreatinin-gehaltes. Selbstverständlich ist der Kon-zentrierungsgrad des Harns für denNachweis entscheidend. So zeigte sich,daß z.B. in der späten Ausscheidungs-phase nach Cannabis-Konsum der kon-zentrierte Morgenurin positiv war, derAbendurin dagegen negativ. Dies wie-derholte sich an mehreren Tagen.

Bei hohen Konzentrationen weite-rer Stoffe in der Probe kann es vorkom-men, daß der Antikörper nicht nur mitstrukturell nahe verwandten Substan-zen reagiert. Bei einem Opiattest wurdeein positiver Ausfall bei Vorliegen vonPhenothiazinmetaboliten beobachtet.Auch die Vergiftung mit einem freiver-

cher Firma sie auch stammen mögen,nur einen Vortest darstellen, der mit ei-nem zweiten, analytisch vollkommenandersartigen Verfahren bestätigt wer-den muß. Hierzu kommen selbstver-ständlich keine anderen immunologi-schen Verfahren in Frage. Man wird indiesen Fällen chromatographische Ver-fahren mit hoher Spezifität wie z.B. dieGaschromatographie-Massenspektro-metrie einsetzen. Mit Hilfe eines derar-tigen Verfahrens kann dann z.B. auchzwischen dem Vorliegen der Abbaupro-dukte von Heroin und dem von Codeinoder Dihydrocodein unterschiedenwerden. Damit läßt sich der Gebrauchvon Dihydrocodein, das vor der Ände-rung des Betäubungsmittelgesetzes in1998 als „Codeinsaft“ zur „grauen Sub-stitution“ verwandt wurde, ebenso ab-klären, wie auch die Einlassung, daß die(verordnete) Einnahme eines Husten-saftes (Codein) Erklärung für den posi-tiven Opiattest sei.

Wie oben erwähnt, liegen die Un-terschiede der verschiedenen Immuno-Assays zum einen im Antikörper, zumanderen bei dem verwendeten Meßver-fahren. Der früher sehr verbreitete Ra-dioimmunoassay (RIA) weist die höch-ste Empfindlichkeit auf, enzymimmu-nologische Verfahren und Agglutinati-onstests sind im Vergleich dazu deut-lich unempfindlicher. Von der Emp-findlichkeit, die unter Zugrundelegender dreifachen Standardabweichungdes Meßwertes wirkstofffreier Urineberechnet wird, ist der empfohleneSchwellenwert, von dem ab eine Probeals positiv zu betrachten ist, zu unter-scheiden. Wenn man die Angaben ver-schiedener Hersteller für diese Cut-off-Werte vergleicht, wird man auf nahezudie gleichen Zahlen treffen. Der Grundliegt darin, daß die von den Herstellernempfohlenen Schwellenwerte an denErfordernissen des nordamerikani-schen Marktes ausgerichtet sind, beidem „workplace-testing“ im Vorder-grund steht.

Je nach Fragestellung können ande-re Schwellenwerte sinnvoll sein. HoheEmpfindlichkeit, gleich einem niedrigenCut-off, ist dann sinnlos,wenn für solcheErgebnisse kein ausreichend empfindli-ches Bestätigungsverfahren zur Verfü-gung steht. Nachdem der empfohleneSchwellenwert bei den verschiedenenVerfahren weitgehend gleich ist, auf denUnterschied bei Cannabis wird weiter

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käuflichen Schlafmittel hat zu einempositiven Opiatbefund geführt.

Erfaßbarkeit einerSuchtmittelaufnahme

Für den Nachweis einer Drogenaufnah-me ist weiter entscheidend, wie nichtnur die Drogen selbst sondern auch ih-re Abbauprodukte vom Test erfaßt wer-den. Viele Stoffe werden in Form vonwasserlöslichen Konjugaten mit Glucu-ronsäure ausgeschieden. So liegen beiMorphineinnahme ca. 90% als Glu-curonid vor, bei Codein sogar ca. 95%.Für einen Test ist es günstig, wenn dieseStoffwechselprodukte miterfaßt wer-den. Die ist für die Morphinderivate inder Regel gegeben. Allerdings ist zu be-rücksichtigen, daß bei einigen Her-stellern die Stoffwechselprodukte derOpiate zu 100% erfaßt werden, bei an-deren nur zu 30–40%. Im Fall von Can-nabis und Kokain ist der Test sogar vonvornherein auf die Hauptabbauproduk-te ausgelegt, da die unveränderte Drogeim Urin kaum nachweisbar ist.

Ganz anders liegen die Verhältnissebei den Benzodiazepinen. Die Glucuro-nide der 3-Hydroxybenzodiazepine wer-den hier üblicherweise von den Immu-noassays nicht erfaßt. Damit erhält mannach Aufnahme so gängiger Wirkstoffewie Oxazepam (Adumbran®), Temaze-pam (Planum®), Lorazepam (Tavor®)und Lormetazepam (Noctamid®) nega-tive Befunde. Für die Untersuchung aufBenzodiazepine ist daher eine vorausge-hende enzymatische Spaltung der Gluc-uronide unerläßlich. Dies kann bei derinstrumentellen Analyse mit klinisch-chemischen Analysatoren durch Inte-gration der Hydrolyse in die mechani-sierte Methode geschehen.

Sicherheit der Ergebnisse

Für die Beurteilung der immunchemi-schen Testverfahren ist deren Zuverläs-sigkeit, d.h. die Rate richtig-negativerErgebnisse und die Bestätigungsratepositiver Ergebnisse entscheidend. Da-bei spielt natürlich das immunologi-sche Detektionsverfahren wie z.B. Mes-sung einer Enzymreaktion (z.B. EMIToder CEDIA), einer Trübung (KIMS)oder der Fluoreszenzpolarisation(FPIA) eine Rolle [11]. Die Empfindlich-keit gegenüber Störungen ist nach un-seren Erfahrungen bei der Fluoreszenz-

sen im unteren Konzentrationsbereichnicht bestätigt werden.Wichtig ist es da-bei zu wissen, daß die Antikörper derimmunchemischen Verfahren andereStoffwechselprodukte, wie sie insbeson-dere bei längeren Zeiträumen zwischenAufnahme und Urinprobe auftreten,miterfaßt. Die Untersuchung auf dasHauptstoffwechselprodukt des Wirk-stoffs Tetrahydrocannabinol (11-Nor-Delta-9-THC-9-carbonsäure) mittels ei-ner hochempfindlichen dünnschicht-chromatographischen Methode ist da-gegen hierfür spezifisch, so daß die Fälleals falschpositiv erscheinen [7, 10].

Wir halten als Entscheidungsgren-ze einen Wert von z.B. 25 ng/ml THC-Carbonsäure für geeignet, um eineCannabisaufnahme für länger als 2 Tagenachweisen zu können. Ein Schwellen-wert von 100 ng/ml, wie er bei ver-schiedenen Tests verwendet wird, kanneine zurückliegende Cannabisaufnah-me kaum nachweisen. Die Anzahlfalsch-negativer Befunde ist bei diesemSchwellenwert damit zu hoch. Ein Wertvon 50 ng/ml, wie er mancherorts emp-fohlen wird, um das Passivrauchennicht mitzuerfassen, ist unseres Erach-tens auch noch zu hoch. Positive Befun-de durch Passivrauchen sind nur inkleinen Räumen (z.B. PKW-Innen-raum) unter extremen Rauchbedingun-gen erzielbar. Nach unserer Auffassungist es besser, bei entsprechenden Ein-wänden sich mit der Frage des Passiv-rauchens auseinanderzusetzen, als vonvornherein positive Befunde zu ver-werfen. Der Genuß größerer Mengenvon Hanföl kann, abhängig von dem je-weiligen Gehalt an THC, positive Be-funde hervorrufen. Eine gutachterlicheStellungnahme erfordert daher genaueAngaben über die aufgenommenenMengen und die Untersuchung derfraglichen Charge des Öls.

Amphetamine

Die Untersuchung auf Amphetaminestellt bei allen immunologischen Ver-fahren einen Schwachpunkt dar. Diezu der Amphetamingruppe gehören-den Ecstasyverbindungen werden jenach Test sehr unterschiedlich erfaßt,so daß falsch-negative Befunde erhal-ten werden.

Desweiteren kann es bei der Unter-suchung auf Amphetamin zu einer Stö-rung durch körpereigene, strukturver-

polarisation am geringsten. Allerdingsfindet man eine Abhängigkeit der Pola-risation von der Probenmatrix, so daßggf. Serum und Urin unterschiedlicheEichkurven erfordern.

Die Bestätigungsrate ist vor allemvon der jeweiligen Suchtstoffgruppe ab-hängig:

Opiate

Bei immunchemisch Opiat-positivenUrinen lag die Bestätigungsrate mittelsHochleistungsflüssigkeitschromatogra-phie bzw. Gaschromatographie-Mas-senspektrometrie bei fast 100%. Aller-dings ist die Differenzierung zwischenden verschiedenen Morphinderivatenfür die Ergebnisinterpretation unerläß-lich. Ferner ist zu beachten, daß dieOpiatimmunoassays nur die Morphin-derivate im eigentlichen Sinn wie Mor-phin, Codein, Dihydrocodein erfassen[1]. Opioide wie Dextropropoxyphen,Fentanyl, Methadon, Pentazocin, Tilidinund Tramadol reagieren nicht.

Bei der Untersuchung auf Metha-don ist zu berücksichtigen, daß trotzAufnahme des Substitutionsmittelsfalsch-negative Befunde erhalten wer-den können. Methadon wird rasch zuEDDP verstoffwechselt. Dieses Haupt-abbauprodukt wird von den üblichenImmunoassays nicht erfaßt. Bei schnel-len Metabolisierern liegt u.U. nur dasAbbauprodukt EDDP in relevanterMenge im Urin vor. Darüberhinaus wei-sen die Tests eine höhere Kreuzreakti-vität gegenüber D-Methadon im Ver-gleich zu L-Methadon auf. Im hiesigenRaum erfolgt die Substitution sowohlmit dem razemischen D,L-Methadonals auch mit dem L-Enantiomer. Imletzteren Fall ist die immunchemischeErfaßbarkeit deutlich schlechter. DieBestätigungsverfahren differenzierenzwischen Methadon und EDDP, und inbesonderen Fällen ist auch die getrenn-te Erfassung des D- und L-Methadonsmit einer speziellen Technik möglich.

Kokain

Positive Befunde hinsichtlich Kokainlassen sich zumeist bestätigen.

Cannabis

Bei den Cannabinoiden konnten einigeBefunde der Vorproben mit Ergebnis-

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wandte Abbauprodukte von Aminosäu-ren wie Phenylethylamin und Tyraminkommen. Diese Gefahr besteht beson-ders bei länger gelagerten Urinproben.Nach unseren Erfahrungen können sofalsch-positive Befunde um den Schwel-lenwert herum auftreten. Die Absiche-rung mittels Gaschromatographie (GC)oder GC-Massenspektrometrie (GC/MS)ist unerläßlich. Hiermit ist dann ein si-cherer Nachweis von Amphetamin bzw.Metamphetamin und Derivaten mög-lich. Angesichts der Vielfalt der teils le-galen, teils illegalen Arznei- und Sucht-mittel in der Amphetamingruppe istinsbesondere hier ein immunchemi-scher Vortest ohne chromatographi-sche Absicherung wertlos und sträflichirreführend.

LSD

Lysergsäurediäthylamid (LSD) ist einhochwirksames, extrem niedrig dosier-tes Halluzinogen, dessen immunchemi-scher Nachweis seit kurzem auch mitnichtradioaktiven Meßverfahren mög-lich ist. Allerdings ist hier zu beachten,daß angesichts des niedrigen Konzen-trationsbereichs auch geringe Kreuzre-aktivitäten anderer Substanzgruppeneine Rolle spielen [12]. Es wurde für ei-nen Test über falschpositive Befundedurch Psychopharmaka, für einen an-deren durch ein Mucolytikum und wei-tere Arzneistoffe berichtet. Die Absi-cherung ist daher auch bei positivemLSD-Testergebnis unerläßlich.

Auswahl der Testverfahren

Unterschiede zwischen den verschiede-nen Immunotesten ergeben sich, wiebereits dargestellt, durch das Meßprin-zip und das Ausmaß an Mechanisie-rung und Temperaturkonstanz. Nichtinstrumentelle Tests wie Frontline®oder Triage® lassen nur Ja/Nein Ent-scheidungen zu und sind auf vorgege-bene Schwellenwerte eingestellt [13]. In-strumentelle Tests, die auf einem ge-schlossenen System basieren oder aufeinem offenen, an klinische Analysato-ren adaptierten Verfahren beruhen,können auch halbquantitative Abschät-zungen ermöglichen. Diese Angabensind zwar für die Ergebnisinterpretati-on wenig nützlich, sie sind aber wichtig

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für die Auswahl des geeigneten Bestäti-gungsverfahrens. Quantitative Untersu-chungsergebnisse des Urins könnenund dürfen nicht, wie oben angegeben,zur klinischen Beurteilung benutztwerden.

Bei einem hochmechanisiertenVerfahren ist zu erwarten, daß die Be-stätigungsrate höher ist als mit einemeinfachen immunchemischen Vortests.Hier spielen vor allem Bedienungs- undAblesefehler häufiger eine große Rolle.Im Prinzip eignen sich zwar alle übli-chen immunologischen Verfahren zurDrogenkontrolle, die Auswahl wirdaber entsprechend der Anzahl der zuuntersuchenden Proben, der Praktika-bilität und der Kosten zu treffen sein.

Die Rolle der chromatographi-schen Verfahren besteht in der Bestäti-gungsanalytik und im Nachweis vonimmunologisch aufgrund fehlenderTests nicht erfaßbarer Substanzen wieTilidin, Haloperidol und Ketamin.Chromatographische Verfahren eignensich auch zum Screening auf neu oderselten vorkommende Stoffe [2, 9].

Fazit für die Praxis

Der Drogennachweis erfolgt im Blut, Urinoder in Haaren. Blut ist am besten vor Ma-nipulationen gesichert. Harn hat den Vor-teil größerer Mengen und enthält wenigerSubstanzen, die mit der Analytik interfe-rieren. Außerdem lassen sich Drogen imHarn wesentlich länger als im Blut nach-weisen, z.B. Heroin im Blut gegebenenfallsnur 2 h, im Urin dagegen 2–3 Tage. Da Ab-lagerungen auch in das Haar erfolgen, istdort sogar noch nach mehreren Monatenein Nachweis möglich.

Bei den Untersuchungsmethoden do-minieren zunächst immunologische Ver-fahren. In aller Regel sind sie allerdingsVortests, denen ein analytisches Verfahrenmit hoher Spezifität wie z.B. die Gaschro-matographie-Massenspektrometrie folgt.Abgesehen von Kreuzreaktionen und Pro-blemen mit der Empfindlichkeit und Test-sicherheit immunologischer Methoden istauch die bewußt herbeigeführte Störungvon Ergebnissen durch Probenmanipulati-on zu bedenken.

Drogen werden in vielen Fällen auchdurch ihre Abbauprodukte nachgewiesen,z.B. Morphin, Codein, Cannabis und Kokainals wasserlösliche Konjugate mit Glucuron-säure.

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