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H. Brintzinger u. H. Osswald. Sulfatoverbindungen 21 Sulfatoverbindung en Von H. BRINTZINGER und H. OSSWALD Die beim Zusammenbringen von Alkali- oder Ammoniumsulfaten mit den Sulfaten zwei- und dreiwertiger Metalle entstehenden Ver- bindungen werden im allgemeinen als typische Doppelsalze gekenn- zeichnet, die in waBriger Losung praktisch quantitativ in alle drei Komponenten dissoziiert sind, und die in einem gewissen Gegensatz zu den typischen Komplexverbindungen stehen, bei denen aus zwei oder mehr Komponenten sich vollig neue - komplexe - Ionen bilden, welche neue und andere Eigenschaften haben, als die Kompo- nenten sie besitzen. Der Unterschied zwischen den beiden Arten von Verbindungen ist aber nur graduell; denn ideale Doppelsalze und ideale Komplexverbindungen stellen nur die charakteristischen Endglieder einer Ubergangsreihe zwischen beiden dar, auf der an irgendeiner Stelle alle ternairen Verbindungen stehen. Der Grad des komplexen Charakters eines Ions kommt am besten zum Ausdruck durch die Komplexkonstante - [Kornplexes Ion] KKomP1. - [Komponente 13 - [Komponente 21 * Aus dieser Formulierung geht hervor, daB man die Konzentration des komplexen Ions in einer Losung erhohen kann durch die Erhohung der Konzentration einer der Komponenten. Steigert man also im Falle der Doppelsulfate die Konzentra.tion der Sulfationen um ein Vielfaches, etwa um das gofeehe, durch Zugabe eines groBen Uberschusses von Alkali- oder Ammoniumsulfat zur Losung des Doppelsulfates, SO mu13 die Menge des komplexen Anteils sehr vie1 gro13er werden, auch wenn die Komplexkonstante der Sulfatoverbindung relativ klein ware. Nun scheint aber der komplexe Charakter der Sulfatoverbindungen gar nicht so sehr gering zu sein, wie dies meist angenommen wird. Hierauf weist u. a. die Existenz einer Disulfatoferrosaure HaFe(S04)J hin; auch die mit der Losung von Kaliumkupfersulfat durchgefuhrten uberfihrungsversuchef) erbrachten den Beweis fiir das Vorhanden- sein komplexer Sulfatocuproat-Ionen. 1) E. EIEUEB, Z. Elektrochem. 7 (1901) 863.

Sulfatoverbindungen

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H. Brintzinger u. H. Osswald. Sulfatoverbindungen 21

Sulfatoverbindung en Von H. BRINTZINGER und H. OSSWALD

Die beim Zusammenbringen von Alkali- oder Ammoniumsulfaten mit den Sulfaten zwei- und dreiwertiger Metalle entstehenden Ver- bindungen werden im allgemeinen als typische Doppelsalze gekenn- zeichnet, die in waBriger Losung praktisch quantitativ in alle drei Komponenten dissoziiert sind, und die in einem gewissen Gegensatz zu den typischen Komplexverbindungen stehen, bei denen aus zwei oder mehr Komponenten sich vollig neue - komplexe - Ionen bilden, welche neue und andere Eigenschaften haben, als die Kompo- nenten sie besitzen. Der Unterschied zwischen den beiden Arten von Verbindungen ist aber nur graduell; denn ideale Doppelsalze und ideale Komplexverbindungen stellen nur die charakteristischen Endglieder einer Ubergangsreihe zwischen beiden dar, auf der an irgendeiner Stelle alle ternairen Verbindungen stehen.

Der Grad des komplexen Charakters eines Ions kommt am besten zum Ausdruck durch die Komplexkonstante

- [Kornplexes Ion] KKomP1. - [Komponente 13 - [Komponente 21 *

Aus dieser Formulierung geht hervor, daB man die Konzentration des komplexen Ions in einer Losung erhohen kann durch die Erhohung der Konzentration einer der Komponenten. Steigert man also im Falle der Doppelsulfate die Konzentra.tion der Sulfationen um ein Vielfaches, etwa um das gofeehe, durch Zugabe eines groBen Uberschusses von Alkali- oder Ammoniumsulfat zur Losung des Doppelsulfates, SO

mu13 die Menge des komplexen Anteils sehr vie1 gro13er werden, auch wenn die Komplexkonstante der Sulfatoverbindung relativ klein ware.

Nun scheint aber der komplexe Charakter der Sulfatoverbindungen gar nicht so sehr gering zu sein, wie dies meist angenommen wird. Hierauf weist u. a. die Existenz einer Disulfatoferrosaure HaFe(S04)J hin; auch die mit der Losung von Kaliumkupfersulfat durchgefuhrten uberfihrungsversuchef) erbrachten den Beweis f i i r das Vorhanden- sein komplexer Sulfatocuproat-Ionen.

1) E. EIEUEB, Z. Elektrochem. 7 (1901) 863.

22 Zeitsohrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 221. 1934

Wir erachteten es deshalb als aussichtsreich, Natrium- bzw. Ammonium-sulfato-Metallsa,lze in stark natriumsulfat- bzw. ammo- niumsulfathalt8iger Losung auf das Vorhandensein komplexer Sulfato- anionen hin zu untersuchen und das Ionengewicht und damit auch die Zusammensetzung derart,iger Komplexionen zu bestimmen. Eine solche Untersuchung ist a'm elegantesten mit Hilfe der von uns aus- gearbeiteten Dia'lysenmethodel) auszufuhren, die nicht nur das Ionen- gewioht mit gut'er Genauigkeit zu ermitkeln gestattet', sondern die auch Aussagen uber die Einheitlichkeit oder Uneinheitlichkeit des gelosten untersuchten Stoffes zu machen erlaubt,, da ein Gang in den nach versehiedenen Zeiten erhaltenen Dialysenkoeffzienten auf die Uneinheitlichkeit des Stoffes sofort, hinweist, wghrend Konstanz der Dialysenkoeffizienten die Einheitliehkeit des untersuchten Stoffes sichers tellt,.

So bestimmten wir die Dialysenkoeffizienten der Sulfatoionen von Ammonium-ma,gnesium-sulfat , Ammonium-mangan (2)-sulfat, Ammonium-eisen (2)-sulfat8, Ammonium-kobalt (2)-sulfat, Ammonium- nickel-sulfat , Ammonium-kupfer(2)-si~lfat , Ammonium-zink-sulfat, ,4mmonium-cadmii~m-sulfat, Ammonium-eisen(3)-sulfat und Ammo- nium-chrom (3) -sulfat sowie der entsprechenden Natriumverbindungen, und errechneton hieraus die Ionengewichte nach 2,. 1/M, =A1 1%

Die Losungen wurden hergestellt durch Auflosen der Doppelsalze in Ammoniumsulfat- bzw. Natriumsulfatlosung. Alle Losungen wurden in bezug auf das zu untersuchende Sulfatosalz $0, in bezug auf Ammoniumsulfat oder Natriumsulfat doppeltnormal gehalten, auch die AuBenflussigkeit war sets 2 n-Ammoniumsulfat- oder Na- triumsulfa tlosung.

Die sonstigen Versuchsbedingungen waren : spezifische Ober- flache gleich 1, Volumen der zu dialysierenden Losungen: 35 em3, Volumen der AuBenflussigkeit : 4500 ems, Temperatur : 180 C, AuBen- und Innenfliissigkeit geruhrt, Bestimmung des Dialysenkoeffizienten eines jeden Sulfatoions mindestens 6ma1, und zwar je 2mal durch I-, 2- und 3stiindige Dialysen, Ifembran: Cellophan Qual. 300, Bezugsion : Cr0,-Ion in 2 n-(NH,),SO,- bzw. Ka2SO,-Losung2).

l) H. BRINTZINGEB u. Mitarbeiter, Z. anorg. u. allg. Chem. 168 (1927), 145, 150; 172 (1928), 426; 181 (1929), 237; 184 (1929) 97; 196 (1931), 33, 44, 50, 55, 61; 220 (1934), 172, 177; Die Natum. 18 (1930), 354; Ber. 65 (1932), 988; Z. angew. Chem. 47 (1934) 61.

2) Als Bezugsion fur das Sulfatoferroation wurde an Stelle von CrO," das in diesem besonderen Falle geeignetere S,O," angewandt.

H. Brintzinger u. H. Osswald. Sulfatoverbindungen 23

483 498

509 519 517 518 613 456 749 3000

Die Bestimmung von c, und ct - um hieraus den Dialysen-

[Mn,( S04),14- 494 [Fez( S0&j4- 496

Magnesium als Magnesiumpyrophosphat, fur Mangan titrimetrisch mit Kaliumpermanganat, fur Kobalt titrimetrisch nach L. MALA- P R A D E ~ ) , fur Nickel als Dimethylglyoximnickel, fur Kupfer elektro- analytisch bsw. jodometrisch, fur Zink jodometrisch nach LANGE~), fur Cadmium durch jodometrische Titration des mit H,S ausgefallten CdS, fur Chrom jodometrisch nach erfolgter Oxydation von Chrom (3)- Ion zu Chromat, und fur das Bezugsion CrO," durch jodometrische Ti tra tion.

Die Dialysenkoeffizienten A,, I , und 1, fur die Sulfatoionen der Zwischenschalenelemente Cr, Mn, Fe, Co, Ni, Cu, Zn und Cd wurden konstant gefunden, d. h. unter den von uns eingehaltenen Konzen- trationsbedingungen lagen diese Metalle praktisch einheitlich als komplexe Sulfatoionen in der Liisung vor. Beim Sulfatomagnesium- ion deutete dagegen ein kleiner Gang in der GroBe der Dialysen- koeffisienten - von 1, : 0,1748 bis A, : 0,1710 - an, daB hier das Magnesium nicht als vollig einheitliches Sulfatomagnesiumion vor- handen ist.

Die fur die Sulfatoionen und das Bezugsion CrO," gefundenen DialysenkoeffisientenS) sowie die aus diesen errechneten Gewichte der Sulfatoionen sind in die Tabelle eingetragen; aul3erdem wurde die hieraus sich ergebende wahrscheinlichste Formulierung der kom- plexen Sulfatoionen in die Tabelle aufgenommen.

Tabelle

)n

Sulfatometallion ___ Sulfatomanganoation 0,1601 f 0,0004 Sulfatoferroation 1 0,1537~0,0012

0,1622 Jr0,0012 0,1635 & 0,0008 0,1391 Jr 0,0008 0,1642 f 0,0003 0,1489 -J= 0,0014 0,1723& 0,0025 0,1200 & 0,0004 0,0665 & 0,0001

Sulfatocobaltoation Sulf atonickeloation Sulf atocuproation Sulf atozinkoation Sulfatocadmoation Sulfatomagnesiumatic Sulfatof erriation Sulfatochrorniation

J*CrO,"

0,3264 0,3238

0,3398 0,3458 0,2936 0,3467 0,3422 0,3418 0,3023 0,3385

(,%oa4

Ionengewicht

1) L. MALAPRADE, Bull. SOC. chim. 47 (1930), 405. 2) R.LANGE, Z. analyt. Chem. 79 (1931), 161. 3) Es ergab sich kein Unterschied zwischen den Sulfatometallionen des

Ammoniums und Natriums.

24 Zeitschrift fur anorganische und alIgemeine Chemie. Band 221. 1934

Als Resultat ergibt sich, daIj die untersuchten ternaren Ver- bindungen in Gegenwart eines grol3en Uberschusses von Ammonium- sulfat bzw. Natriumsulfat die Metalle in verhaltnismafiig sehr schweren Ionen gebunden enthalten. Diese schweren Ionen sind - hierauf lassen auch die Oberfuhrungsversuche RIEGER’S~) schliel3en - xweifel- 10s komplexe Sulfatometallionen. Wenn es aber solche sind, so weisen die gefundenen Ionengewichte auf eine Formulierung hin, wie sie in der Tabelle angegeben ist. Da13 die Metallionen als solche in der Losung durch die fur sie gebriiuchlichen analytischen Reagenzien nachgewiesen werden konnen, ist kein Beweis gegen die Annahme einer sehr weitgehsnden Bindung zu komplexen Ionen, denn die meisten Reaktionen fallen auch dann positiv aus, wenn nur ein Bruch- teil der komplexen Ionen in die Komponenten dissoziiert, ist. Ein Beispiel hierfur ist die bekannte FSillbarkeit von Cadmiumsulfid aus der Losung des komplexen Kalium-cadmium-cyanids.

An die Moglichkeit, da13 die gefundenen hohen Ionengewichte durch Metallaquoionen mit einer sehr groBen Zahl komplex gebundener Wassermolekule bedingt sein konnten, wurde naturlich auch gedacht ; die Ergebnisse von Untersuchungen, die our Zeit mit Charng Rata- narat uber Metallaquoionen ausgefuhrt werden und uber die dem- nachst berichtet werden wird, schliel3en dies aber aus.

Man wird die ternaren Sulfate also hochstens noch in sehr ver- dunnten Losungen als ideale Doppelsalze beeeichnen konnen, in konxentrierteren Losungen sind nach RIEGER schon nennenswerte Anteile komplexer Sulfatoionen gebildet, wahrend Losungen mit einem grol3eren Uberschul3 von Alkali- oder Ammoniumsulfat das Metal1 nahexu quantitativ komplex gebunden enthalten.

Auffallend ist das im Falle des Chroms gefundene sehr hohe Ionengewicht, iiber das vorerst noch nicht diskutiert werden sol1 ; interessanterweise wurde fur das Chromition ebenfalls ein extrem hoher Wert erhalten.

1) 1 . c.

Jena, Anorganiscke Abkilung des Chemischen Laboratoriums der Universitkt, 11. Oktober 1934.

Bei der Redaktion eingegangen am 19. Oktober 1934.