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SVP ritzt an der 30-Prozent-Marke. CVP, SP und Grüne verlieren, GLP legt nochmals zu. Studie im Auftrag von SRG SSR, Sperrfrist: 28. Januar 2011, 17:00 Projektteam Claude Longchamp Politikwissenschafter, Lehrbeauftragter der Universitäten St. Gallen und Zürich Martina Imfeld Politikwissenschafterin Lukas Golder Politikwissenschafter Stephan Tschöpe Politikwissenschafter Jonas Ph. Kocher Politikwissenschafter Silvia Ratelband-Pally Administratorin Medienbericht zum Wahlbarometer 2011, 2. Welle, Januar 2011

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SVP ritzt an der 30-Prozent-Marke.

CVP, SP und Grüne verlieren, GLPlegt nochmals zu.

Studie im Auftrag von SRG SSR,Sperrfrist: 28. Januar 2011, 17:00

Projektteam

Claude Longchamp Politikwissenschafter,Lehrbeauftragter der Universitäten St. Gallen und Zürich

Martina Imfeld Politikwissenschafterin

Lukas Golder Politikwissenschafter

Stephan Tschöpe Politikwissenschafter

Jonas Ph. Kocher Politikwissenschafter

Silvia Ratelband-Pally Administratorin

Medienbericht zum Wahlbarometer 2011,2. Welle, Januar 2011

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Bern, den 26. Januar 2011Copyright by gfs.bernSperrfrist: 28. Januar 2011, 17.00 Uhr

Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG...................................................................................... 6

1.1. ZIELSETZUNG UND FRAGESTELLUNGEN .................................................... 6

1.2. ZENTRALE WAHLTRENDS BEI DEN NATIONALRATSWAHLEN 2007 UND

DANACH................................................................................................ 7

1.3. DATENBASIS 2010/2011...................................................................... 10

1.4. MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN VON WAHLBEFRAGUNGEN...................... 10

1.5. DIE BERICHTERSTATTUNG..................................................................... 11

2. BEFUNDE......................................................................................... 12

2.1. ENTSCHEIDUNGSABSICHTEN ................................................................. 12

2.1.1. Aktueller Stand der Wahlabsichten ......................................... 12

2.1.2. Vergleich zu 2007: Veränderung der Parteistärken ................. 12

2.1.2. Ursachen: Mobilisierungsgewinne und Parteiwechsel-absichten.................................................................................. 15

2.2. THEMEN UND PARTEIENKOMPETENZ...................................................... 16

2.2.1. Die Themenorientierung der Wählerschaft ............................. 16

2.2.2. Die Themenorientierung nach Parteiwählerschaften.............. 18

2.2.3. Parteienkompetenz zur Problemlösung................................... 23

2.3. PERSONEN UND WAHLKAMPF ............................................................... 26

2.3.1. Glaubwürdigkeit von Parteiexponenten .................................. 26

2.3.2. Bester Wahlkampf................................................................... 27

2.3.3. Schwerpunktthema: Die Situation des SchweizerMittelstandes ........................................................................... 29

2.4. POSITIONIERUNG DER WÄHLERSCHAFTEN.............................................. 32

2.4.1. Links-Rechts-Achse ................................................................. 32

2.4.2. Werthaltungen......................................................................... 34

2.5. SOZIOLOGISCHE KONFLIKTLINIEN IN DER PARTEIENLANDSCHAFT .............. 36

2.6. GEWICHTUNG DER ERKLÄRUNGSFAKTOREN FÜR DIE

AKTUELLEN WAHLABSICHTEN................................................................ 42

3. SYNTHESE ...................................................................................... 45

4. ANHANG ......................................................................................... 49

4.1. GFS.BERN-TEAM .................................................................................. 49

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Das Wichtigste in Kürze zum "SRGSSR Wahlbarometer 2011, 2. Welle"Wäre bereits am 14. Januar 2011 der neue Nationalrat gewählt worden, wärendie SVP, die GLP und die BDP Wahlgewinnerinnen gewesen. Die SVP hätte29.8 Prozent der Stimmen erreicht (+0.9% gegenüber Wahlergebnis 2007),einen historischen Höchstwert seit Einführung des Proporzwahlrechtes. Nochklarer zugelegt hätte die GLP, die auf 5.2 Prozent der Stimmen (+3.8%)gekommen wäre. Die neue BDP hätte mit 2.6 Prozent genau die Hälfte davongemacht. Gehalten hätten sich die fusionierten FDP und Liberalen, die mit 17.7Prozent just jenen Anteil erhalten hätten, den sie 2007 aufaddiert hatten.Verliererinnen der Wahl wären die CVP (neu 12.9 %) und die SP (neu 18.0%)mit 1.6 respektive 1.5 Prozent Minus gewesen. Einen Rückgang von einemProzentpunkt hätte auch die GPS (neu 8.8%) verzeichnet. Beteiligt hätten sichim Januar 2011 52 Prozent der Wahlberechtigten (+4 Prozent gegenüberHerbst 2010).

Grafik 1:

Aktuelle Parteistärken"Wenn am nächsten Sonntag schon Nationalratswahlen wären, welcher Partei würden Sie heute Ihre Stimme hauptsächlichgeben?"

in % Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollen und eine Parteipräferenz haben

CVP12.9%

BDP2.6%

GLP5.2%

eindeutig andere Partei1.4%

SVP29.8%

SP18.0%

FDP17.7%

GPS8.8%

EVP2.2%

EDU1.5%

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 855)

Gegenüber dem ersten Wahlbarometer im Herbst 2010 hat sich ein markanterRechtsruck ergeben. Zugelegt hat die SVP um 3.7 Prozentpunkte. Die GLPkonnte sich um 1.4 Prozentpunkte verbessern. Demoskopisch verloren habendie SP (–2.1%), die CVP (–1.2%) und die BDP (–1.0%). Die damalige Erhebungstand ganz im Zeichen der eben erst erfolgten Bundesratswahlen, was der SPgeholfen hatte. Die jetzige Messung ist stark von den Abstimmungen vom 28.November 2010 bestimmt, welche der SVP einen Sieg bei ihrer Ausschaf-fungsinitiative für kriminelle AusländerInnen brachte, derweil sich namentlichdie SP seit der Präsentation ihres neuen, akzentuiert linken Parteiprogramms inder öffentlichen Dauerkritik befindet.

Zentrales Thema, das die Wählerschaften bewegt, ist die Migrationsfrage, ge-folgt von Problemen mit dem Gesundheitswesen, der Arbeitslosigkeit, der sozi-alen Sicherheit, der EU und der Umweltfragen. Das Profil der Wählerschaften

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unterscheidet sich dabei. Bei der SVP überlagert die Migrationsfrage alles an-dere. Bei der FDP sind Migrations- und EU-Fragen ähnlich weit vorne. Bei derCVP stehen die Probleme mit dem Gesundheitswesen knapp vor den Migrati-ons- und Sozialversicherungsfragen. Die SP-Wählerschaft ist vor allem mitMigrationsfragen, aber auch mit sozialen Themen befasst. Bei den Grünen wieauch der GLP ist die Umweltfrage zuoberst, bei der Wählerschaft der BDP dieGesundheitsthematik.

Über diese sechs Top-Themenbereiche hat die SP das beste Themenprofil. Sieliegt bei der Sozialen Sicherheit, der Arbeitslosigkeit und den Gesundheitsfra-gen an erster Stelle. Hier kann sie auch ausserhalb der eigenen Wählerschaftpunkten, jedoch eindeutig nicht in der EU-Frage, bei Migrations- und Umwelt-themen. Zudem wird die positive Gesamtbilanz betreffend ihrerThemenkompetenz über verschiedene Themenfelder hinweg, durch denUmstand, dass sie ausgerechnet beim dringlichsten Problem ihrerWählerschaft (Migration) verglichen mit den anderen prioritären Themen amschlechtesten abschneidet, etwas getrübt. Die Ausländerthematik wird, wiekeine andere Frage von einer Partei besetzt – der SVP. Sie liegt bei denThemenwählerInnen insgesamt an zweiter Stelle. An dritter folgt die FDP miterkennbarem Profil bei den Bilateralen und in Sozialversicherungsfragen,während die GPS, als vierte Partei, nur von der Umweltfrage profitieren kann.CVP, GLP und BDP und damit die gesamte Mitte sind kaum Themenparteien.

Das Profil der Parteipräsidenten unterscheidet sich weniger stark. Die höchsteGlaubwürdigkeit hat neu Fulvio Pelli (FDP), gefolgt von Christophe Darbellay(CVP) und Christian Levrat (SP), die alle etwas vor Toni Brunner (SVP) aufschei-nen. Dieser liegt an letzter Stelle der vier Parteipräsidenten, weil er am meistenpolarisiert. Innerhalb der eigenen Partei sind alle Parteipräsidenten gut akzep-tiert. Hier liegt Pelli vor Brunner.

Dafür führt die SVP den bisher am wählerseitig am besten beurteiltenWahlkampf. Nur bei FDP, SP und GPS ist man der Meinung, der eigeneWahlkampf sei gleich gut wie der der SVP. Bei den anderen Parteien schautman neidvoll auf die bisherigen Erfolge der SVP.

Die Mittelstandsfrage als eines der bisherigen Wahlkampf-Themen ist zwarpopulär, unterscheidet die Parteien aber nur beschränkt. Das hat damit zu tun,dass sich 87 Prozent der SchweizerInnen dem "Mittelstand" zugehörig fühlenund sich diese weder partei- noch einkommensmässig wirklich unterscheiden.

Real sind die Verhältnisse sowohl soziologisch wie auch ideologisch unter-schiedlicher. Neben der Links/Rechts-Einteilung unterscheidet auch die Werte-polarität zwischen Öffnung und Isolation die SchweizerInnen. Auf derLinks/Rechts-Achse erscheinen die SP und Grünen mit ihrer linken Positionisoliert, weil sich die gemässigten WählerInnen links der Mitte der GLP an-schliessen wollen. Deren Wählerschaft positioniert sich, ähnlich wie jene derCVP, BDP und FDP nahe beim Zentrum. Sie unterscheiden sich recht klar vonder rechten Position der SVP-Wählerschaft. Recht klar von allen grösserenWählerschaften grenzt sich die Basis der SVP ab, wenn es um Fragen derÖffnung geht. Das ist links der Mitte von SP über GPS und GLP sehr wichtig,wird aber auch an der Basis von FDP und CVP befürwortet. Eindeutig kritischist die Antwort bei der SVP, beschränkt auch bei der BDP-Basis.

Die Wählerschaften von SVP, BDP und CVP werden durch die stärker vertrete-nen LandbewohnerInnen gekennzeichnet. Am klarsten urban gekennzeichnetist die Basis von SP und GPS, während die Unterschiede zwischen grossen undkleinen Zentren bei der FDP wie auch bei der GLP weniger wichtig sind. Diesebeiden Parteien sind in den oberen Einkommensschichten stark, während dietiefsten sozialen Schichten überwiegend zu SVP, aber auch CVP und be-schränkt auch BDP tendieren. SP, SVP und GLP haben bei den jüngeren Wähle-rInnen Wahlwerte über ihrem Mittel, derweil dies bei der FDP am klarsten imRentnersegment der Fall ist. FDP und SVP haben einen Männerüberhang, wäh-rend bei CVP und SP das Gegenteil der Fall ist.

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Tabelle 1:

Technischer Kurzbericht Wahlbarometer Welle 2Auftraggeber SRG SSRDurchführendes Institut Forschungsinstitut gfs.bernGrundgesamtheit Wahlberechtigte mit Wohnsitz in der SchweizStichprobengrösse Total N = 2011, Teilnehmende n = 1229Erhebungsart CATIAuswahlverfahren at random für Telefonnummern und Haushaltszusam-

mensetzungBefragungsdauer 10. bis 22. Januar 2011Mittlerer Befragungstag 14. Januar 2011Theoretischer Stichpro-benfehler

±2.2 Prozent bei 50/50 und 95-prozentiger Wahrschein-lichkeit

© SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011

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1. Einleitung

1.1. Zielsetzung und Fragestellungen

Ziel des Wahlbarometer 2011 ist es, den Prozess der Meinungsbildung zu denNationalratswahlen aufgrund repräsentativer Befragungen von Wahlberechtig-ten zuverlässig zu analysieren.

Getragen wird das Projekt von der SRG SSR – realisiert wird es vom For-schungsinstitut gfs.bern. Verbreitet wird es von den SRG-SSR-Medien und voninsgesamt fünf Regionalzeitungen.

Die generellen Fragestellungen des Projektes lauten:

Wie entwickeln sich die Teilnahme- und Wahlabsichten im Vorfeld derNationalratswahlen gesamtschweizerisch?

Welche Absichten zum Wechsel gegenüber den Entscheidungen 2007können nachgewiesen werden?

Wo positionieren sich die Wählerschaften der grösseren Parteien auf derLinks/Rechts-Achse und hinsichtlich ausgewählter relevanter Wertepola-ritäten?

Welches soziologische Profil haben die Wählerschaften der grösserenParteien?

Wie wichtig sind Themen für die Wahl einer Partei?

Wie relevant sind Spitzenrepräsentanten einer Partei für die Wahlent-scheidung?

Wie bedeutsam ist eine gute Kampagne für die Wahl einer Partei?

Wie wirken sich Gewinner- oder Verlierer-Images der Parteien auf derenWahl aus?

Hinzu kommt im Wahljahr jeweils ein variables Schwerpunktsthema, das sichaus der Situation ergibt und Einfluss auf die Wahlen haben kann. Aktuell gehtes um den "Mittelstand" als Thema des Vorwahlkampfes.

Damit ist auch gesagt, was das Wahlbarometer nicht leisten will: Es wird keinekantonalen Analysen liefern und es kann deshalb auch nicht verwendet wer-den, um die Ständeratswahlen zu untersuchen beziehungsweise die Sitzvertei-lung bei den Nationalratswahlen nach Kantonen (und damit insgesamt) zubestimmen.

Bei der Bearbeitung dieser Fragen stützt sich das Forschungsinstitut gfs.berneinerseits auf die Erkenntnisse der sozialwissenschaftlichen Wahlforschung,anderseits auf die eigene Erfahrung mit Analysen eidgenössischer Wahlen ausüber 20 Jahren. Hierzu haben wir nachstehendes Modell der denkbaren Zu-sammenhänge entwickelt, die in der Folge überprüft werden.

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Grafik 2:

Neues Wahlmodell gfs.bern

© gfs.bern

Sozial-psycho-logischeModelle

Partei-Identifikation

Werthaltungen

Makro-soziologische

Modelle

Gruppen-bindung

Gruppen-bindung

Mikro-soziologische

Modelle

sozial-strukturelleFaktoren

sozial-strukturelleFaktoren

sozial-strukturelleFaktoren

RationalChoice

Modelle

Kandidaten-orientierung

Taktik,Machtüberlegungen

Themen-orientierung

Kampagne

Wahlkampf,Ereignisse, Image

Wahl-verhalten

Dieses Schema verdeutlicht, wie wir die ermittelten Befunde im Zusammen-hang analysieren wollen. Theoretisch geht uns darum, die Wahlentscheidunghinsichtlich Sachfragen, Personenprofil, taktischen Überlegungen und Me-dienimages zu analysieren und diese auf dahinterliegende Parteibindungen mitweltanschaulichen Komponenten zu untersuchen. Empirisch ist unsere Studie,weil wir das nicht abstrakt beantworten, sondern aufgrund beobachtbarer Zu-sammenhänge bei einem repräsentativen Querschnitt von Befragten Wahlbe-rechtigten.

1.2. Zentrale Wahltrends bei den National-ratswahlen 2007 und danach

Die Wahlen 2007 zeigten ein neues Muster. Dominierte seit 1995 die(Bi-)Polarisierung des schweizerischen Parteiensystems als zentrale Erklärungder Veränderung von Wahl zu Wahl, gab es vor vier Jahren drei unterschiedli-che Akzentsetzungen:

Die Sammlung am rechten Rand des politischen Spektrums unter Füh-rung der SVP setzte sich fort. Die SVP profitierte dabei von der hohenMobilisierung durch ihren Wahlkampf.

Die Grünen waren die zweiten Sieger, während die SP verlor. Das linkeLager wurde insgesamt schwächer.

Die CVP als Mitte-Partei legte leicht zu, ebenso die neu entstandenenGrünliberalen.

In der Folge gab es weitere Neuerungen in der schweizerischen Parteienland-schaft. Die Wahl von Eveline Widmer-Schlumpf anstatt Christoph Blocher inden Bundesrat führte zur Abspaltung eines Teils der SVP, die seit 2008 als BDP

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auftritt und namentlich in Bern, Glarus und Graubünden auf kantonaler EbeneWahlerfolge feierte.

Auf der Beteiligungsebene haben die Polarisierung der Parteienlandschaft unddie Aufladung von Kampagnen zu einer höheren Mobilisierung geführt. Sie be-trug 2007 annähernd 50 Prozent. Dies führt dazu, dass nicht nur das Partei-wechselverhalten den Ausgang von Wahlen bestimmt, sondern auch die Betei-ligungshöhe die Chancen von Parteien determiniert. Insgesamt ist damit dieBedeutung der WählerInnen an den Polen auf den zentralen Konfliktlinien ge-stiegen.

Überblickt man alle kantonalen Wahlen seit den letzten nationalen Wahlen undextrapoliert man die Ergebnisse aus den Kantonen mit Proporzwahlrecht, kannman die nachstehenden Trends festhalten:

Insgesamt zugelegt haben in dieser Legislaturperiode die BDP, die GLPund die SVP.

Verloren haben die FDP.Die Liberalen und die SP, beschränkt auch dieCVP.

Praktisch stabil sind EDU, GPS und EVP.

Man kann zudem klar festhalten, dass es zwischen den Parteistärken auf natio-naler und auf aggregierter kantonale Ebene nur bedingte Übereinstimmungengibt.

Das hat zunächst damit zu tun, dass die Wahlkreisgrössen anders sind, was dieParteienzahl beeinflusst, dass die Kandidaturen different sind, andere MedienEinfluss nehmen, die Themen variieren und damit auch die Mobilisierungsmög-lichkeiten anders ausfallen. Alles in allem kann man feststellen, dass es zu ei-ner Nationalisierung der Wahlkämpfe und der Parteiensysteme kommt, selbstwenn die Ermittlung der Wahlresultate unverändert auf der kantonalen Ebeneerfolgt.

Die Trends, die sich so aus realen Wahlergebnissen ableiten lassen, aber auchin Wahlbefragungen aufschimmern, können hinsichtlich vier verschiedenerWahlkonstellationen typisiert werden. Konkret unterscheiden wir als Möglich-keiten die konfliktfreie Wahl mit der Demobilisierung, das WählerInnen-Zirkula-tionsmodell, die Polarisierungssituation und die Folge des Auftritts neuer Ange-bote auf Seiten der Parteien.

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Grafik 3:

L

H1: kein Konflikt H2: Wähler-Zirkulation

H4: NeueAngebote

H3: Polarisierung

L L

L

L

R

R

R R

R

Mitte

L

H1: kein Konflikt H2: Wähler-Zirkulation

H4: NeueAngebote

H3: Polarisierung

L L

L

L

R

R

R R

R

Mitte

Analyse von Wählerbewegungen

Der erste Typ von Wahlkonstellationen geht von der weitgehenden Abwesen-heit von Konflikten im Wahlgeschehen aus. Wahlkämpfe erlahmen, die Demo-bilisierung steigt und sie trifft alle Parteien. Stabilität der Parteienlandschaft istdie wichtigste Erwartung hinsichtlich des Wahlausgangs. So wichtig dieser Typbis weit in die 80er Jahren war, so wenig wahrscheinlich erscheint er mit Blickauf 2011.

Auch der zweite Typ geht von kollektiver Stabilität aus, allerdings bei erhebli-chem individuellem Wechsel. Angenommen wird, dass die Beteiligung stabilbleibt, NeuwählerInnen vor allem der Linken zu gute kommen, diese aberWählende an die Rechte verliert, während diese Verluste durch die demografi-sche Struktur hinnehmen muss. Das Modell ist zwar nie ganz auszuschliessen,für den Wandel der schweizerischen Parteienlandschaft der letzten 20 Jahreaber unzureichend.

Von 1995 bis 2003 konnten die Wahlen weitgehend entlang den Annahmendes dritten Typs untersucht werden. Polarisierung war das wichtigste Stich-wort. Die Wahlbeteiligung nimmt seit 1999 wieder zu; es profitierten vor allemdie Parteien an den politischen Rändern, die sich genügend von den anderenabgrenzten. Sie waren sowohl für Neuwählende wie auch für Wechselwäh-lende attraktiv. 2007 trafen diese Annahmen nur noch bedingt ein. Rechtswurde sie mit der Konzentration bei der SVP weiter erfüllt, während links nurdie Grünen davon profitieren konnten, nicht mehr aber die SP, die an die neuauftretenden Grünliberalen verloren.

Seit den Wahlen 2007 ist es auch denkbar, die Trends in der Wählerschaft vorallem nach dem vierten Typ von Wahlkonstellationen zu untersuchen. Diesegeht davon aus, dass neu auftretende Parteien für unzufriedene WählerInnender bisherigen Partei genauso wie für Neuwählende attraktiv sind und die rele-vanten Wählerströme strukturieren. Dabei haben vor allem neue Parteien in derMitte Chancen, lagerübergreifend Stimmen zu machen und damit auch das

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wichtige Verhältnis zwischen linkem und rechtem Block zu verschieben, oderauch ein neues Zentrumslager mitzubegründen.

1.3. Datenbasis 2010/2011

Das Wahlbarometer 2011 wird in sieben Wellen realisiert werden, die verteiltauf die zwölf Monate vor der Parlamentswahl durchgeführt werden. Dabeiwerden die Abstände anfangs grösser, gegen das Ende kleiner sein.

Jede Befragungswelle wird mindestens 2000 repräsentativ ausgewählte Be-fragte umfassen. Grundgesamtheit sind stets die Wahlberechtigten in derSchweiz mit einem Telefonanschluss. Diese werden nach einem systemati-schen Zufallsverfahren jeweils neu ausgewählt und kontaktiert. Sofern es sichdabei um Personen handelt, die zum Zeitpunkt der Befragung wahlberechtigtsind, wird das Interview realisiert. Wenn unter einer Telefonnummer mehrereWahlberechtigte registriert sind, werden die Daten der Personen erhoben, dieals letztes im Kalenderjahr Geburtstag hat.

Tabelle 2:

Technischer Kurzbericht Wahlbarometer Welle 2Auftraggeber SRG SSRDurchführendes Institut Forschungsinstitut gfs.bernGrundgesamtheit Wahlberechtigte mit Wohnsitz in der SchweizStichprobengrösse Total N = 2011, Teilnehmende n = 1229Erhebungsart CATIAuswahlverfahren at random für Telefonnummern und Haushaltszusam-

mensetzungBefragungsdauer 10. bis 22. Januar 2011Mittlerer Befragungstag 14. Januar 2011Theoretischer Stichpro-benfehler

±2.2 Prozent bei 50/50 und 95-prozentiger Wahrschein-lichkeit

© SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011

Die Leistungen, die wir mit unserem Stichprobenverfahren und unserer Daten-analyse bisher erbracht haben, liegen auf jeden Fall innerhalb der theoretischbestimmbaren Fehlergrenzen, obwohl es in der Schweiz nicht erlaubt ist, biszum Wahltag selber Umfragen zu machen und zu veröffentlichen. 2007 wichunserer letzte Befragung mit Interviews von rund 20 Tagen vor dem Wahltagbei der Beteiligung um 1.5 Prozent vom effektiven Wert ab, bei den Parteienresultierte eine mittlere Differenz von einem Prozentpunkt. Alle fünf Aussagenzur den Trends bei den Parteien und bei der Beteiligung stimmten qualitativ.Damit erwies sich das Wahlbarometer als genaustes Messinstrument vor denletzten Nationalratswahlen.

Die Ergebnisse erscheinen gebündelt via SRG-Medien; gleichzeitig wird derSchlussbericht auf Internet publiziert, und es erscheint eine aufdatierte elek-tronische Datenbank für zusätzlichen Auswertungen.

1.4. Möglichkeiten und Grenzen von Wahlbe-fragungen

So erstellte Bestandesaufnahmen sind an sich keine Wahlprognose. Sie sindeine Bestandesaufnahme zum jeweiligen Zeitpunkt der Erhebung. Die serien-mässige Durchführung erlaubt es darüber hinaus, wesentliche Trends in derMeinungsbildung zu erfassen. Das selbst ist auch noch keine Vorhersage, dennÄnderungen sind immer möglich, insbesondere durch die Mobilisierung, dieerst in den letzten drei Wochen vor der Wahl effektiv wirksam werden kann.

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Deshalb bleiben Vorbehalte zur Prognosefähigkeit bis zum Schluss. Immerhinhalten sich die Unsicherheiten in der Regel in engen Grenzen und kein anderesInstrument hat sich als zuverlässiger erwiesen als Wahlbefragungen.

Es gibt verschiedene Ursachen der Erfassungsschwierigkeiten. Die Basis vonWahlbefragungen in der Schweiz können nie ganz identisch sein mit den Wahl-berechtigten: Vor allem stellt die Befragung der AuslandschweizerInnen einpraktisch nicht lösbares Problem dar. Nur unter der Annahme, dass sie gleichwählen (wollen) wie die Schweizerinnen und Schweizer im Inland, ergibt sichdaraus jedoch keine Verzerrung. Doch das ist eine wenig bewiesene Annahme,nicht zuletzt weil sich Ausland- und Inlandschweizerinnen und -schweizer so-ziologisch unterscheiden, in verschiedenen kulturellen Kontexten leben und diepolitische Öffentlichkeit different ist.

Das zweite Problem ergibt sich aus dem Panaschieren. In Wahlkreisen mitmehreren zu vergebenden Sitzen gehen die Linien mit parteifremden Kandida-tInnen der ausgesuchten Liste verlustig. Das ist den Wählenden nicht automa-tisch geläufig; es kann deshalb mit Befragungen nicht eindeutig erfasst wer-den.

Schliesslich müssen Wahlbefragungen in der Schweiz spätestens zehn Tagevor dem Wahltag veröffentlicht sein. Ihr mittlerer Erhebungstag liegt damit amEntscheidungstag schon zwei bis drei Wochen zurück. Nur unter der Annahme,dass in dieser Frist nichts Relevantes mehr passieren würde, könnte die letzteBestandesaufnahme direkt als Prognose verwendet werden.

1.5. Die Berichterstattung

Der Bericht gliedert sich nach der Einleitung in den Befunde- und den Synthe-seteil. Der Befundeteil referiert die Ergebnisse zu den Wahlabsichten, den Mo-bilisierungsbereitschaften, der Positionierung der Parteiwählerschaften, ihrersozialstrukturellen Zusammensetzung, den Images der Parteien Themen-Personen- und Kampagnenfragen sowie dem Schwerpunktsthema.

Über das Projektteam, das die Berichterstattung vornimmt, orientiert der An-hang des Berichtes. Geleitet wurde es von Claude Longchamp, Institutsleitergfs.bern, Lehrbeauftragter an den Universitäten St. Gallen und Zürich. Verfasstwurde der Bericht gemeinsam von ihm und Martina Imfeld, Projektleiterin amForschungsinstitut gfs.bern.

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2. Befunde

2.1. Entscheidungsabsichten

2.1.1. Aktueller Stand der Wahlabsichten

Wäre am 14. Januar 2011 der Nationalrat gewählt worden, hätten die Wahlbe-rechtigten, die sich an der Wahl bestimmt beteiligt hätten, ihre Stimmen wiefolgt auf die Parteien verteilt:

Grafik 4:

Aktuelle Parteistärken"Wenn am nächsten Sonntag schon Nationalratswahlen wären, welcher Partei würden Sie heute Ihre Stimme hauptsächlichgeben?"

in % Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollen und eine Parteipräferenz haben

CVP12.9%

BDP2.6%

GLP5.2%

eindeutig andere Partei1.4%

SVP29.8%

SP18.0%

FDP17.7%

GPS8.8%

EVP2.2%

EDU1.5%

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 855)

Die grösste Partei wäre die SVP mit rund 30 Prozent Wähleranteil gewesen,gefolgt von der SP und FDP mit gerundeten 18 und der CVP mit etwa 13 Pro-zent. Danach weist das Barometer die Grünen mit rund 9 Prozent der Stimmenaus, während die GLP auf zirka 5, die BDP auf 3 Prozent gekommen wären. DieEVP und EDU lägen bei je 2 Prozent. Alle anderen Parteien hätten 1 oder weni-ger Prozent gehabt.

Die Wahlbeteiligung wäre bei 52 Prozent gewesen.

2.1.2. Vergleich zu 2007: Veränderung der Parteistärken

Die Reihenfolge unter den Parteien erscheint aktuell gleich wie die bei denWahlen 2007. Einzig bei der BDP ist dieser Bezug nicht möglich. Diese Parteiwürde sich gemäss Wahlbarometer jedoch nicht an der 5., sondern an der 6.stelle platzieren.

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Grafik 5:Aktuelle Parteistärken im Vergleich zu NRW 07"Wenn am nächsten Sonntag schon Nationalratswahlen wären, welcher Partei würden Sie heute Ihre Stimme hauptsächlichgeben?"

in % Wahlberechtigter, die bestimmt teilgenommen haben resp. bestimmt teilnehmen wollen undeine Parteipräferenz haben

28.9

19.517.7

14.5

9.8

29.8

18 17.7

12.9

8.8

SVP SP FDP.Die Liberalen CVP Grüne

NRW 07 14.01.2011

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 855)

Aktuelle Parteistärken im Vergleich zu NRW 07"Wenn am nächsten Sonntag schon Nationalratswahlen wären, welcher Partei würden Sie heute Ihre Stimme hauptsächlichgeben?"

n % Wahlberechtigter, die bestimmt teilgenommen haben resp. bestimmt teilnehmen wollen undeine Parteipräferenz haben

1.4

2.4

1.3

5.2

2.62.2

1.5

GLP BDP EVP EDU

NRW 07 14.01.2011

SRG/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 855)

Die Abstände untereinander wären durch die aktuellen Verschiebungen indes-sen anders gewesen. Das Parteiensystem der Schweiz würde demnach einegrosse Partei haben, drei mittlere, zwei kleinere und drei kleine Parteien. 9 Par-teien hätten mehr als ein Prozent.

Die SVP käme mit 29.8 Prozent auf einen Rekordwert. Es wäre nicht nur derhöchste je befragte WählerInnen-Anteil für eine Partei – er würde auch dashistorische Wahlergebnis der Partei übertreffen, das die SVP 2007 erzielte unddas beste aller Parteien seit Einführung des Proporzsystems 1919 war.

Zweite Siegerin wäre die GLP, die gegenüber der letzten Wahl um 3.8 Prozent-punkte zulegen und damit auf 5.2 Prozent WählerInnen-Anteil kommen könnte.Dritte Gewinnerin wäre die BDP, die erstmals zu Nationalratswahlen antritt undauf 2.6 Prozent käme. Bemerkt sei, dass wir bei beiden Parteien die Wahlab-sichten national ermittelt haben, obwohl sie nicht in allen Wahlkreisen antretenwerden. Das dürfte ihren effektiven Anteil leicht geringer ausfallen lassen.

Verluste gegenüber 2007 würde es für die CVP, die SP und beschränkt auch fürdie Grünen absetzen, während sich die fusionierten FDP und Liberalen genauhalten könnten.

Gegenüber den letzten Parlamentswahlen wäre auch die Beteiligung höher.Aktuell würde sie bei 52 Prozent liegen, was für die neueste Wahlgeschichteder Schweiz ebenfalls ein Rekordwert wäre. 2007 nahmen 48 Prozent an denWahlen teil.

Demoskopische Veränderungen sind auch gegenüber dem Herbst 2010 festzu-halten. Namhaft sind sie bei der SVP, die einen Sprung von 3.7 Prozentpunktenmachen würde. Beschränkt zugelegt hat in unserer Umfragenserie auch dieGLP (+1,4%). Verloren hat seit Oktober 2010 insbesondere die SP, die um zweiProzentpunkte zurückging. Etwas an Boden eingebüsst hat auch die BDP miteinem Prozent WählerInnen-Anteil weniger. Alle anderen Veränderungen sindgeringer als ein Prozentpunkt und sollten nicht interpretiert werden.

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14

Grafik 6:

Teilnahmeabsicht an nächsten Nationalratswahlenim Vergleich zu Teilnahme NRW 2007"Man weiss ja nie, was die Zukunft bringt. Wenn Sie aber an die nächsten Nationalratswahlen denken, werden Sie dann daranbestimmt teilnehmen, eher teilnehmen, eher nicht teilnehmen oder sicher nicht teilnehmen?"

in % Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollen (2011), resp. teilgenommen haben

48

4347

52

NRW 2007 15.08.2009 06.10.2010 14.01.2011

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011(N = jeweils ca. 2000)

Die Beteiligungsbereitschaft ist seit Herbst 2010 um fünf Prozentpunkte gestie-gen.

Die strukturellen Determinanten der Wahlabsicht veränderten sich damit jedochnicht. Wie die ganze politische Partizipation hängt auch die Wahlbeteiligung inerster Linie vom sozio-ökonomischen Status, insbesondere von der Schulbil-dung ab. Das trifft auch diesmal zu, sind doch höhere Bildungsschichten etwasmehr gewillt, sich zu beteiligen als tiefe. In der Schweiz kommen erheblicheEinflüsse aus dem Alter, beschränkte auch aus dem Geschlecht hinzu. Älterewollen sich bei den kommenden Nationalratswahlen mehr als Jüngere äussern,und bei Männern ist dies gegenüber Frauen in ebenfalls erhöhtem Masse derFall.

Insbesondere die Differenzen zwischen zwei Wahlbarometer-Befragungen sindunüblich. Sie bedürfen einer Erklärung aus den Gegebenheiten der letzten Mo-nate. Dabei können wir als Arbeitshypothesen auf drei Ereignisse verweisen:

Erstens auf die Volksabstimmungen vom 28. November 2010, die maxi-mal polarisierten, namentlich der SVP einen Abstimmungssieg mit derAusschaffungsinitiative brachten, während die SP mit ihrer Steuerge-rechtigkeitsinitiative nicht reüssierte.

Zweitens der Programmparteitag der SP, an dem sich die Parteilinke inzahlreichen Fragen durchsetzte, was in der medialen und politischen Öf-fentlichkeit zu einer Dauerkritik führte, verbunden mit dem Hinweis, diePartei verliere ihre Bindungsfähigkeit in die politische Mitte.

Drittens seien die Auftakte zu den Wahlkämpfen erwähnt, von denenjener der SVP am prominentesten war und die Wahlziele, 30 ProzentWähler-Anteil bei den Nationalratswahlen zu erreichen und die Vorherr-schaft der CVP im Ständerat zu knacken, eindeutig ausgedrückt wurden.

Wenig Einfluss auf die Befragung schreiben wir hingegen der Kontroverse zu,die im unmittelbaren Nachgang zur "Albisgütli-Tagung" wegen der gewalttätigen

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15

Attacke auf SVP-Wahlkampf-Leiter Hans Fehr ausbrach. Sie erfolgte im We-sentlichen nach unserer Erhebung, die am Samstag abgeschlossen wurde.

2.1.2. Ursachen: Mobilisierungsgewinne und Parteiwechselabsichten

Von der vermehrten Teilnahmebereitschaft profitieren zuallererst die neuenParteien. Bei der BDP ist das fast selbstredend, denn sie trat 2007 noch garnicht zu den Parlamentswahlen an. Doch auch die GLP ist für NeuwählerInneneine besonders attraktive Partei. Relevante Anteile Neuwählender kennt dar-über hinaus die SP und dies ist im überdurchschnittlichen Masse auch bei derSVP und der FDP der Fall. Demgegenüber finden sich entsprechende Effektebei der CVP und der GPS kaum. Sie leiden an einer gewissen Mobilisierungs-schwäche, die namentlich im Parteienvergleich zum Ausdruck kommt.

Im Vergleich zum letzten Wahlbarometer ist vor allem die Mobilisierung auf derrechten Seite gestiegen. SVP und FDP sprechen mit ihren national- respektiveliberalkonservativen Positionen, die sich im Zusammenhang mit der jüngstenAusländerdebatte herausstrichen, Neuwählende an.

Die Wechselwählenden sind etwas weniger häufig. Doch auch hier überwiegtder Trend nach rechts. Die SVP ist seit neuestem wieder für ehemalige Wäh-lende von FDP und CVP interessant. Sie verliert aber etwa an die BDP. Die GLPprofitiert von Unzufriedenen bei SP, GPS, CVP und FDP. Bei der BDP findensich nebst Ex-WählerInnen von SVP auch solche der anderen Regierungspar-teien FDP, CVP und sogar SP. Auch die CVP, sonst nicht sehr attraktiv fürWechselwählende zieht etwas enttäuschte SP-Wählende an.

Die hier ermittelten Ergebnisse sprechen vor allem bei der GLP für eine be-wusste Suche nach neuen WählerInnen jenseits der sonst so klaren Lagergren-zen hinweg. Mit dem ökoliberalen Mix kann sie erfolgreich die bürgerlichenZentrumsparteien wie auch die linken politischen Gruppierungen kon-kurrenzieren. Bei der BDP dominiert stärker das überparteilich-bürgerliche Pro-fil, wie es auch durch die Namensgebung angekündigt wurde; trotzdem ge-winnt sie minimal zulasten der SP.

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16

Grafik 7:

Wählerstromanalyse aufgrund der aktuellen Parteistärken und derPositionierung auf der Links-Rechts-AchseIn % Wahlberechtigte, die bestimmt teilnehmen wollen und eine Parteipräferenz haben

0.0

5.0

10.0

15.0

20.0

25.0

30.0

Par

teis

tärk

e

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 23. Januar 2011 (n = 855)

SP

CVP

FDP

SVP

GPS

Links

Nicht-Wählende

Rechts

BDPGLP

2.2. Themen und Parteienkompetenz

2.2.1. Die Themenorientierung der Wählerschaft

Auf den Spitzenrängen der dringendsten Probleme finden sich bekannte The-men; neu sind allerdings das Gewicht einzelner Probleme und deren Rangie-rung. Somit hat sich der Problemhaushalt der Bürgerinnen und Bürger seit denletzten Wahlen zwar quantitativ etwas verändert, inhaltlich steht die SchweizerPolitik aber nach wie vor denselben Herausforderungen gegenüber. So findensich unter den aktuellen Top-5-Problemen genau wie bereits vor vier Jahren dieMigrationsthematik, Probleme rund um das Gesundheitswesen, die Arbeitslo-sigkeit sowie Sorgen um sozialversicherungstechnische Belange. Neu in denTop 5 rangieren auf dem fünften Platz Probleme mit und rund um die EU undEuropa. Mit Ausnahme der Arbeitslosigkeit ist somit der wirtschaftliche Prob-lemdruck, der mit der Wirtschaftskrise allgemein spürbar war, abgeflaut.Bedenken rund um die Wirtschaftsentwicklung, Löhne und auch Steuern undFinanzen sind tendenziell auf den hinteren Rängen vorzufinden. Als Nach-wirkung der Wirtschaftskrise könnte man jedoch die hohe Rangierung derProbleme mit Sozialversicherungen gewertet werden, wobei hier auch die de-mographische Entwicklung des Landes eine nicht unbeträchtliche Rolle spielendürfte. Nach wie vor rangiert auch die Umwelt als Sorge relativ hoch. Reformenbeim Bund waren in frühren Jahren nie derart wichtig, wie sie es aktuell zu seinscheinen. Auf den hinteren Rängen finden sich Probleme im Zusammenhangmit Steuern und Finanzen, Schule und Bildung, Sicherheit und Kriminalitätsowie Familie.

Führt man sich die dringendsten Probleme vor Augen, welche die SchweizerWahlberechtigten gerne von der Politik bereinigt hätten, ist auch der realpoliti-sche Hintergrund der letzten Zeit zu erkennen: Migrationsverwandte Themen

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17

dominierten die jüngste politische Agenda des Landes mit den Abstimmungenrespektive Kampagnen zum Minarettsverbot und zur Ausschaffungsinitiative.Auch über Sozialversicherungen hatte das Stimmvolk in den Abstimmungenzum BVG-Mindestumwandlungssatz und zur Arbeitslosenversicherung im ver-gangen Jahr zu befinden. Neu, aber auch wenig überraschend ist der wahrge-nommene Problemdruck rund um Europa und die EU. Einerseits war dasSchengener Abkommen häufig im Gespräch, wenn es um Migrationsfragenging, andererseits klafften mit der Wirtschafts- und Währungskrise schmerzli-che Schwachstellen der EU auf, was den Diskurs zum Umgang mit dieserpolitischen Institution in der Schweiz neu aufflammen liess. Es ist durchausdenkbar, dass die Nennhäufigkeiten dieser Probleme mit einer Fokusverschie-bung hin zu anderen tagespolitischen Themen im Verlauf des Wahljahres auchwieder rückläufig werden.

Grafik 8:

Dringendstes Problem"Welches ist Ihrer Meinung nach das dringendste Problem, das die schweizerische Politik heute lösen soll?"

in % Wahlberechtigter

10

2

2

3

3

3

3

6

6

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7

8

9

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16

2

3

4

4

4

5

3

6

5

9

8

10

12

weiss nicht/keine Antwort

Löhne, Lohnunterschiede

Familie

Wirtschaftsentwicklung, Konjunktur, Rezession, Inflation

(Un)Sicherheit, Gewalt, Kriminalität

Schulen, Bildung, Forschung

Steuern und Finanzen

Reformen Bund

Umwelt (Klima)

EU und Europa

AHV, soziale Sicherheit, Rentenalter, BVG, neue Armut

Arbeitslosigkeit

Krankenkassen und Gesundheitswesen

Migration, Ausländer, Integration, Asyl und Flüchtlinge

1. Nennung

2. Nennung

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (N = 2011)

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18

2.2.2. Die Themenorientierung nach Parteiwählerschaften

Nachfolgende Grafiken zeigen den Problemdruck nach Parteien aufgeschlüs-selt, wobei die violette Linie jeweils die Amplitude der nationalen Nennungenzum Vergleich wiedergibt.

Betrachtet man ausschliesslich die potenzielle Wählerschaft der SVP, fällt ins-besondere der wahrgenommene Problemdruck rund um migrationspolitischeFragen auf. Diese Frage überlagert alle andern Probleme und zwar in einerDeutlichkeit, wie sie bei keiner anderen Partei zu finden ist. Im Vergleich zu denWerten der gesamten Wählerschaft sind bei der SVP-Wählerschaft auch Nen-nungen der EU und Europas als Problem überdurchschnittlich präsent. Häufigerals in der restlichen Bevölkerung wünschen sich SVP-WählerInnen Reformenbeim Bund, was im Zusammenhang mit der Bundesratsfrage zu interpretierenist. Klar unterdurchschnittlich beurteilen sie hingegen den Problemdruck von Ar-beitslosigkeit, Umweltproblemen und Bildungsfragen.

Grafik 9:

Dringendstes Problem nach Parteien: SVP"Welches ist Ihrer Meinung nach das dringendste Problem, das die schweizerische Politik heute lösen soll?"

in % Wahlberechtigter, welche SVP wählen wollen

8

1

2

4

7

4

9

6

5

5

40

17

3

3

5

4

2

5

3

4

5

8

5

11

14

8 11

weiss nicht/keine Antwort

Anderes

Löhne, Lohnunterschiede

Familie

Wirtschaftsentwicklung, Konjunktur, Rezession, Inflation

(Un)Sicherheit, Gewalt, Kriminalität

Schulen, Bildung, Forschung

Steuern und Finanzen

Reformen Bund

Umwelt (Klima)

EU und Europa

AHV, soziale Sicherheit, Rentenalter, BVG, neue Armut

Arbeitslosigkeit

Krankenkassen und Gesundheitswesen

Migration, Ausländer, Integration, Asyl und Flüchtlinge

1. Nennung

2. Nennung

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 484)

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19

Am zweithöchsten, jedoch unter dem Wert der gesamtschweizerischen Wäh-lerschaft, ist der Problemdruck von Migrationsfragen bei potenziellen WählerIn-nen der FDP. Im Umfeld dieser Personengruppe drückt der Schuh besonders inBezug auf die Wirtschaftsentwicklung und wohl vor eben diesem Hintergrundauch in Bezug auf die Europäische Union. Eher unterdurchschnittlich erachtetdie FDP-Wählerschaft hingegen Umweltprobleme, die Sozialversicherungen,Reformen beim Bund oder Löhne und Lohnunterschiede als dringliche Prob-leme der Schweizerischen Politik. Die Anliegen dieser Wählergruppe drehensich also eher um die gesamtwirtschaftliche Situation der Schweiz und desnahen Auslandes.

Grafik 10:

Dringendstes Problem nach Parteien: FDP"Welches ist Ihrer Meinung nach das dringendste Problem, das die schweizerische Politik heute lösen soll?"

in % Wahlberechtigter, welche FDP wählen wollen

1

1

14

5

9

10

14

16

1

3

4

4

4

5

4

6

4

7

6

9

15

2

7

12

4

17

4

12

weiss nicht/keine Antwort

Anderes

Löhne, Lohnunterschiede

Familie

Wirtschaftsentwicklung, Konjunktur, Rezession, Inflation

(Un)Sicherheit, Gewalt, Kriminalität

Schulen, Bildung, Forschung

Steuern und Finanzen

Reformen Bund

Umwelt (Klima)

EU und Europa

AHV, soziale Sicherheit, Rentenalter, BVG, neue Armut

Arbeitslosigkeit

Krankenkassen und Gesundheitswesen

Migration, Ausländer, Integration, Asyl und Flüchtlinge

1. Nennung

2. Nennung

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 278)

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20

Bei der CVP-Wählerschaft führen Probleme mit dem Gesundheitswesen dieListe an. Im Vergleich zur gesamten Schweizer Wählerschaft zeigt sich dieCVP-Wählerschaft in Bezug auf Schule und Bildung, Sicherheit und Gewalt, dieWirtschaftsentwicklung, EU und Europa, die Sozialversicherungen sowie dasGesundheitswesen überdurchschnittlich besorgt. Deutlich unter dem Durch-schnitt liegen in diesem Wählersegment hingegen Probleme rund um die Mig-ration, was jedoch nicht bedeutet, dass diese unwichtig sind, kommen sie dochknapp hinter den Bedenken zum Gesundheitswesen auf den zweiten Rang zuliegen. Ebenfalls unterdurchschnittlich dringlich erachtet man hier Reformenbeim Bund als notwendig.

Grafik 11:

Dringendstes Problem nach Parteien: CVP"Welches ist Ihrer Meinung nach das dringendste Problem, das die schweizerische Politik heute lösen soll?"

in % Wahlberechtigter, welche CVP wählen wollen

3

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9

6

11

13

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2

5

6

11

2

4

4

9

11

10

6

5

4

8

5

4

6

4

4

3

8

weiss nicht/keine Antwort

Anderes

Löhne, Lohnunterschiede

Familie

Wirtschaftsentwicklung, Konjunktur, Rezession, Inflation

(Un)Sicherheit, Gewalt, Kriminalität

Schulen, Bildung, Forschung

Steuern und Finanzen

Reformen Bund

Umwelt (Klima)

EU und Europa

AHV, soziale Sicherheit, Rentenalter, BVG, neue Armut

Arbeitslosigkeit

Krankenkassen und Gesundheitswesen

Migration, Ausländer, Integration, Asyl und Flüchtlinge

1. Nennung

2. Nennung

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 183)

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Wenig überraschend und klar überdurchschnittlich sorgen sich die potenziellenGLP-WählerInnen in erster Linie um die Umwelt und das Klima. Somit gelanges der GLP sich als zweite Umweltpartei zu etablieren, wobei der Vergleich mitder Problemlage der GPS-Wählerschaft aufzeigen wird, wo die Unterschiededer beiden Parteien in der Wahrnehmung der WählerInnen liegen. Die zweit-grösste Herausforderung ist bei den GLP-WählerInnen die EU - und zwar miteiner Deutlichkeit, wie bei keiner anderen untersuchten Partei. Ebenfalls überden Werten der Gesamtwählerschaft kommen Probleme rund um Bildung undReformen beim Bund zu liegen. Klar weniger Probleme sieht man in der GLP-Wählerschaft in Bezug auf wirtschaftliche Grössen: Arbeitslosigkeit, Steuernund Finanzen, die Wirtschaftsentwicklung und auch Lohnfragen kommen hierklar unter dem Durchschnitt zu liegen. Probleme rund um Migration werdenvon dieser Wählergruppe am wenigsten genannt.

Grafik 12:

Dringendstes Problem nach Parteien: GGLLPP"Welches ist Ihrer Meinung nach das dringendste Problem, das die schweizerische Politik heute lösen soll?"

in % Wahlberechtigter, welche GLP wählen wollen

27

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1

3

8

8

2

12

5

1

1

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weiss nicht/keine Antwort

Anderes

Löhne, Lohnunterschiede

Familie

Wirtschaftsentwicklung, Konjunktur, Rezession, Inflation

(Un)Sicherheit, Gewalt, Kriminalität

Schulen, Bildung, Forschung

Steuern und Finanzen

Reformen Bund

Umwelt (Klima)

EU und Europa

AHV, soziale Sicherheit, Rentenalter, BVG, neue Armut

Arbeitslosigkeit

Krankenkassen und Gesundheitswesen

Migration, Ausländer, Integration, Asyl und Flüchtlinge

1. Nennung

2. Nennung

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 54)

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Das Themenprofil der GPS-Wählerschaft wird auch klar von Problemen rundum die Umwelt angeführt und zwar noch deutlicher als jenes der GLP-Wählerschaft. Ganz im Unterschied zu dieser sorgen sich WählerInnen der GPSjedoch an zweiter Stelle und klar überdurchschnittlich auch um Arbeitslosigkeitund die Sozialversicherungen. Die Aufschlüsselung der sozioökonomischenProfile der Wählerschaften der beiden Öko-Parteien, wird aufzeigen, dass hierUnterschiede bestehen, die diesen Sachverhalt zu erklären vermögen. Klarunterdurchschnittlich sorgen sich aber auch die Grünen um Migrationsfragen,die innerhalb dieser Partei jedoch nichtsdestotrotz auf dem dritten Rang derProbleme zu liegen kommen. Weiter sorgt man sich weniger als in dergesamten Wählerschaft um die EU, das Gesundheitswesen, Reformen beimBund, Steuern und Finanzen sowie Sicherheit und Gewalt.

Grafik 13:

Dringendstes Problem nach Parteien: GPS"Welches ist Ihrer Meinung nach das dringendste Problem, das die schweizerische Politik heute lösen soll?"

in % Wahlberechtigter, welche GPS wählen wollen

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weiss nicht/keine Antwort

Anderes

Löhne, Lohnunterschiede

Familie

Wirtschaftsentwicklung, Konjunktur, Rezession, Inflation

(Un)Sicherheit, Gewalt, Kriminalität

Schulen, Bildung, Forschung

Steuern und Finanzen

Reformen Bund

Umwelt (Klima)

EU und Europa

AHV, soziale Sicherheit, Rentenalter, BVG, neue Armut

Arbeitslosigkeit

Krankenkassen und Gesundheitswesen

Migration, Ausländer, Integration, Asyl und Flüchtlinge

1. Nennung

2. Nennung

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 133)

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Das Muster der Problemen bei SP-WählerInnen kommt jenem derGesamtwählerschaft klar am nächsten. So ist die SP-Wählerschaft von allenlinken Wählerschaften die einzige Gruppe, die Probleme im Zusammenhangmit Migration am häufigsten nennt. Die Werte entsprechen dabei fast jenen derGesamtwählerschaft. Leicht überdurchschnittlich Probleme bereiten in diesemMilieu mit der Arbeitslosigkeit, den Sozialversicherungen, der EU, den Steuernund Finanzen, der Bildung, der Familie und den Löhnen klassisch sozialeThemen. Unterdurchschnittlich sorgt man sich um das Gesundheitswesen,Reformen beim Bund, Sicherheit und Gewalt.

Grafik 14:

Dringendstes Problem nach Parteien: SP"Welches ist Ihrer Meinung nach das dringendste Problem, das die schweizerische Politik heute lösen soll?"

in % Wahlberechtigter, welche SP wählen wollen

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weiss nicht/keine Antwort

Anderes

Löhne, Lohnunterschiede

Familie

Wirtschaftsentwicklung, Konjunktur, Rezession, Inflation

(Un)Sicherheit, Gewalt, Kriminalität

Schulen, Bildung, Forschung

Steuern und Finanzen

Reformen Bund

Umwelt (Klima)

EU und Europa

AHV, soziale Sicherheit, Rentenalter, BVG, neue Armut

Arbeitslosigkeit

Krankenkassen und Gesundheitswesen

Migration, Ausländer, Integration, Asyl und Flüchtlinge

1. Nennung

2. Nennung

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 265)

2.2.3. Parteienkompetenz zur Problemlösung

Die Frage nach den dringendsten Problemen der Wählerschaft wurde mit derFrage nach der Kompetenz der Parteien, diese zu lösen, abgerundet. Als priori-tär werden dabei die ersten sechs von der Gesamtwählerschaft genanntenProbleme erachtet. Diese Betrachtungsweise erlaubt eine weitere Zuspitzungdes Themenprofils der Parteien und zeigt als Erstes auf, dass sowohl bei derGPS als auch bei der SVP ein Thema dominiert, während das Themenprofil derübrigen Parteien weniger deutlich gefärbt ist. So schreiben 63 Prozent derWahlberechtigten mit bestimmter Teilnahmeabsicht der SVP zu, dass sie ammeisten zur Lösung der Probleme im Zusammenhang mit Migrationsfragenbeiträgt. Am Rande wird von zehn Prozent der Wahlberechtigten auch der SPund der FPD (6%) eine Problemlösungskompetenz auf diesem Gebiet zuge-schrieben. Daneben fallen die GPS, die GLP, die CVP und die BDP mit je nurgerade einem Prozent deutlich ab.

In Bezug auf Probleme im Gesundheitswesen wird mit 31 Prozent am ehestender SP zugeschrieben, dass sie etwas zur Lösung des Problems beitragenkann. Eine relative Mehrheit von 43 Prozent der teilnahmewilligen Wählerschaftglaubt jedoch, dass alle Parteien gleich zur Lösung der Probleme im Gesund-heitswesen beitragen. Zu je zehn Prozent werden auch der FDP und der CVP

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Kompetenzen in diesem Bereich zugeschrieben, am Rande auch der GPS (3%),der BDP und der SVP (je 1%).

Ein ähnliches Bild zeigt sich im Zusammenhang mit der Arbeitslosigkeit: Einerelative Mehrheit der Teilnehmenden (39%) sehen bei allen Parteien gleicher-massen eine Kompetenz zur Problemlösung, 31 Prozent am ehesten bei derSP, 11 Prozent bei der SVP, 10 Prozent bei der FDP und 7 Prozent bei der CVP.Den beiden jüngsten Mitte-Parteien (GLP und BDP) wird in diesem Bereichkeine Kompetenz zugeschrieben.

Mit Fragen der sozialen Sicherheit und der Sozialwerke betrauen die Wahlbe-rechtigten in einer relativen Mehrheit am ehesten die SP (35%). Die FDPgeniesst mit 14 Prozent noch eine mittlere Zuschreibung vonProblemlösungskompetenz in Bezug auf die Sozialwerke, genau wie die SVPmit 12 Prozent. Nur gering fällt der Anteil der CVP mit sechs Prozent aus.

In Problemen rund um die EU und Europa vertraut man, wohl aus ganz unter-schiedlichen Gründen, am ehesten der SVP (30%) und der FDP (26%) oderallen Parteien gleichermassen (20%). Mittlere Problemlösungskompetenz wirdin Europa-Fragen der SP zugeschrieben (14%) und nur geringe der CVP (6%)sowie der BDP (3%).

Die Umweltfrage schliesslich verleiht die Wählerschaft eindeutig der GPS diehöchste Themenkompetenz (58%). Nicht zu verachten sind auch die 12 Prozentder GLP, die sich somit hier als erster Konkurrent neben der SP (11%) in dieserFrage behaupten kann. Nur klar minderheitlich werden der SVP und der FDP (je3%) sowie der CVP (2%) Lösungen auf diesem Gebiet zugetraut.

Grafik 15:

Filter Kompetenz der Parteien in prioritären Themen"Reden wir jetzt vom Problem, das für Sie das Dringendste ist, also das Sie zuerst genannt haben. Welche Partei trägt IhrerMeinung nach am meisten zur Lösung des Problems bei?"

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 1229)

in % Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen und für die das Thema prioritär ist

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Umwelt (Klima)

EU und Europa

AHV, soziale Sicherheit,Rentenalter, BVG, neue Armut

Arbeitslosigkeit

Krankenkassen undGesundheitswesen

Migration, Ausländer, Integration,Asyle&Flüchtlinge

SP GPS GLP Andere Parteien keine Partei / alle gleich CVP BDP FDP SVP

Diese Art der Betrachtung der Problemlösungskompetenz der einzelnen Par-teien nach Themen lässt eine weitere spannende Interpretation zu: Gemessenan ihren aktuellen Wähleranteilen vermögen, mit Ausnahme der CVP und derBDP, alle Parteien in Sachfragen mehr als ihre Stammwählerschaft zu überzeu-

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gen. Der SVP gelingt dies in Migrations- und Europafragen, der SP in Bezug aufsoziale Sicherheit, Arbeitslosigkeit sowie Gesundheitsfragen. Den Grünen undder GLP reicht es nur in Umweltfragen, dafür aber mit deutlichem Abstand. Diequantitative Verdichtung dieser Aussagen bildet nachfolgende Grafik 16, wel-che die durchschnittliche Themenkompetenz der Parteien in den sechs prioritä-ren Themen aufzeigt. Da die SP gleich in drei Sachfragen hohe Werte erzielt, istsie die Partei mit der aktuell höchsten Themenkompetenz (22%), dicht gefolgtvon der SVP mit durchschnittlich 20 Prozent. Die FDP erreicht insbesondereDank der zugeschriebenen Kompetenz in EU-Fragen 11.5 Prozent, die CVP we-gen geringer zugeschriebener Themenkompetenz in den ausgewählten The-men gerade durchschnittlich 5.3 Prozent. Die GPS kann sich dank der hohenzugeschriebenen Themenkompetenz in Umweltfragen mit durchschnittlich 10.3Prozent im Mittelfeld einreihen, GLP (2.5%) und BDP (0.3%) finden sich aufden Schlussrängen betreffend der untersuchten Themen.

Die gute Bilanz der SP betreffend ihrer Themenkompetenz über verschiedeneThemenfelder hinweg, wird durch den Umstand, dass sie ausgerechnet beimdringlichsten Problem ihrer Wählerschaft (Migration) verglichen mit denanderen prioritären Themen am schlechtesten abschneidet, etwas getrübt.

Grafik 16:

Filter durchschnittliche Kompetenz der Parteien in prioritärenThemen"Reden wir jetzt vom Problem, das für Sie das Dringendste ist, also das Sie zuerst genannt haben. Welche Partei trägt IhrerMeinung nach am meisten zur Lösung des Problems bei?"

in % Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollen (gemittelte Werte)

CVP5.3

BDP0.3

GLP2.5

SVP20.0

SP22.0

FDP11.5

GPS10.3

keine Partei/alle gleich26.6

Andere Parteien1.5

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 1229)

Wahlentscheidungen sind komplexe Prozesse, bei denen Sachfragen undThemen kurzfristig wichtige Pfeiler sein können; aber sie sind nicht alleinent-scheidend. Auch Personen, die im folgenden Kapitel behandelt werden sollen,können Wahlentscheidungen kurzfristig massgeblich beeinflussen.

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2.3. Personen und Wahlkampf

2.3.1. Glaubwürdigkeit der Parteipräsidenten

Das Glaubwürdigkeits-Rating wird angeführt vom Parteipräsidenten der FDP,Fulvio Pelli. Dieser wird von 55 Prozent der Wählerschaft mit bestimmterTeilnahmeabsicht als glaubwürdig eingestuft, während ihn minderheitliche 15Prozent als unglaubwürdig taxieren und 16 Prozent keine gefestigte Meinungbetreffend seine Person haben. Bei dieser hohen Glaubwürdigkeit ist FulvioPelli gleichzeitig die Person, die am wenigsten bekannt ist: Neun Prozent derteilnehmenden Wählerschaft kennen ihn nicht. Auf dem zweiten Rang folgt mitChristophe Darbellay, CVP-Parteipräsident, ein weiterer Exponent der politi-schen Mitte. Mit Glaubwürdigkeitsvoten von 51 Prozent wird auch er mehrheit-lich positiv eingeschätzt. Lediglich eine relative Mehrheit von 49 Prozent hältden SP-Parteipräsidenten Christian Levrat für glaubwürdig. Das Schlusslichtbildet schliesslich Toni Brunner, wobei der SVP-Parteipräsident von immerhineinem Drittel der bestimmt teilnehmenden Wahlberechtigten als unglaubwür-dig eingestuft wird. Nichtsdestotrotz wird auch er von einer relativen Mehrheitvon 44 Prozent als glaubwürdig eingeschätzt. Somit sind die beiden Expo-nenten der Pol-Parteien (Brunner und Levrat) zwar leicht bekannter als jene derMitte Parteien (Darbellay und Pelli), jedoch werden die Exponenten der Mitte-Parteien CVP und FDP als glaubwürdiger eingestuft.

Grafik 17:

Filter Glaubwürdigkeit Parteipräsidenten"Ich nenne Ihnen jetzt einige Namen von PolitikerInnen in der Schweiz. Sagen Sie mir bitte jedes Mal, wie glaubwürdig dieserPolitiker oder diese Politikerin für Sie ist. -5 bedeutet dabei, dass die Person für Sie gar nicht glaubwürdig ist, und +5, dass siesehr glaubwürdig ist. Mit den Zahlen dazwischen können Sie Ihre Meinung abstufen. Wenn Sie die Personen nicht kennen,sagen Sie das ruhig."

in % Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollen

44

49

51

55

13

16

19

16

33

23

19

7

8

7

915

3

4

4

5

Toni Brunner

Christian Levrat

Christophe Darbellay

Fulvio Pelli

glaubwürdig weder noch nicht glaubwürdig kenne Person nicht weiss nicht/keine Antwort

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 1229)

Die Einschätzung der Glaubwürdigkeit der Parteipräsidenten innerhalb der ei-genen Parteiwählerschaft zeigt ein etwas anderes Bild. Toni Brunner und FulvioPelli sind in ihren eigenen Reihen punkto Glaubwürdigkeit quasi gleichauf;beide erhalten von 79 Prozent der teilnehmenden SVP- respektive FDP-Wähler-schaft positive Einschätzungen zu ihrer Glaubwürdigkeit. Auch Christian Levratund Christophe Darbellay erhalten zu je 70 Prozent mehrheitlich positive Voten.

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Grafik 18:

Filter Glaubwürdigkeit Parteipräsidenten bei eigenerParteiwählerschaft"Ich nenne Ihnen jetzt einige Namen von PolitikerInnen in der Schweiz. Sagen Sie mir bitte jedes Mal, wie glaubwürdig dieserPolitiker oder diese Politikerin für Sie ist. ? 5 bedeutet dabei, dass die Person für Sie gar nicht glaubwürdig ist, und +5, dasssie sehr glaubwürdig ist. Mit den Zahlen dazwischen können Sie Ihre Meinung abstufen. Wenn Sie die Personen nichtkennen, sagen Sie das ruhig."

in % Wahlberechtigter, welche die jeweilige Partei wählen wollen

70

70

79

79

13

12

8

9

4

3

4

9

8

4

33

4

7

5

6

Christophe Darbellay

Christian Levrat

Toni Brunner

Fulvio Pelli

glaubwürdig weder noch nicht glaubwürdig kenne Person nicht weiss nicht/keine Antwort

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 1229)

2.3.2. Bester Wahlkampf

Nach Meinung der bestimmt teilnehmenden Wahlberechtigten der Schweiz,die überhaupt eine Einschätzung abgeben können (39% weiss nicht/keineAngabe), ist es die SVP, die aktuell und mit Abstand den besten Wahlkampfführt (35%). Gefolgt wird sie von der FDP, der fünf Prozent der Teilnahmewilli-gen den besten Wahlkampf zuschreiben. Vier Prozent finden den Wahlkampfder SP am besten, drei Prozent jenen der CVP. Je ein Prozent der teilnehmen-den Wählerschaft attestieren den Grünen, den Grünliberalen und der CVP denbesten Wahlkampf und zehn Prozent keiner Partei.

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Grafik 19:

Bester Wahlkampf"Wer macht Ihrer Meinung nach den besten Wahlkampf 2011?"

in % Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollen

CVP3

BDP1

keine Partei10

mehrere Parteien gleich2

weiss nicht/keine Angabe39

GLP1

SVP35

SP4

FDP5GPS

1

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 1229)

Dieser Vorsprung der SVP in Bezug auf die Wahlkampfführung bestätigt sichüber alle Parteiwählerschaften hinweg, wie die folgende differenzierte Betrach-tungsweise aufzeigt: Bei den Wählerschaften sämtlicher Parteien schätzenrelative Mehrheiten den SVP-Wahlkampf als den besten ein. Der parteieigeneWahlkampf wird einzig von den Wählerschaften der SP, der GPS und der FDPals annähernd gleich gut wie jener der SVP eingeschätzt. Die Wählerschaftender übrigen Parteien sind sich der Schwächen des Wahlkampfs der eigenenPartei gegenüber der SVP scheinbar bewusst.

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Grafik 20:

Bester Wahlkampf nach Parteibindung"Wer macht Ihrer Meinung nach den besten Wahlkampf 2011?"

in % Wahlberechtigter mit jeweiliger Parteipräferenz, die bestimmt teilnehmen wollen

19 17

3728

37

24

69

14

214 165

12

912

15

6

15

9

4

19

4

47 50

32

45

2838

22

591

3

2

2

219

2

2

1

2

1

1

2

2

16

10

1

2

12

1

24 2

SP GPS GLP CVP BDP FDP.DieLiberalen

SVP keinePartei

weiss nicht/keineAngabemehrere Parteien gleich

keine Partei

BDP

GLP

GPS

CVP

FDP.Die Liberalen

SP

SVP

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n=855)

2.3.3. Schwerpunktthema: Die Situation des Schweizer Mittelstandes

Für den Januar 2011 wurde das Schwerpunktthema "Schweizer Mittelstand" insZentrum gerückt, da dieses Thema im Vorwahlkampf und allgemeiner in derpolitischen Agenda als wahrer Dauerbrenner präsent ist. Konkret wurden vierAussagen zur Situation des Schweizer Mittelstands den Befragten zur Ein-schätzung vorgetragen.

Interessant ist dabei besonders der Umstand, dass sich durchschlagende 87Prozent der Schweizer Wahlberechtigten selbst dem Mittelstand zugehörigfühlen. Dies verweist auf eine gewisse Schwammigkeit des Begriffes an undfür sich, die auch öffentlichen Statistiken zu dieser Gesellschaftsgruppe zuschaffen macht. Einerseits ist nicht klar definiert, ob sich Mittelständigkeit überdas Einkommen von Individuen oder Haushalten, die ausgeübte Berufstätigkeitoder soziale Herkunft definiert. Andererseits ist dieser Begriff stark subjektivgeprägt und hat über die Zeit einen neuen Inhalt erhalten. So gibt es denn auchtatsächlich keine offizielle Definition des Begriffs "Mittelstand" und auch Zahlendazu sind nicht einfach zu finden. Dies erklärt die hohe Zustimmung der Wahl-berechtigten zur Zugehörigkeit zum Mittelstand in der Schweiz. Eine gängigeDefinition geschieht über das Äquivalenzeinkommen1, wobei der Mittelstandals die mittleren 60 Prozent der Bevölkerung anhand dieses Äquivalenzein-kommens definiert wird. Somit besteht der Mittelstand per Definition immeraus 60 Prozent der Bevölkerung. Diese Definition soll lediglich der Unterstrei-chung des ausserordentlich hohen gemessenen Wertes von 87 dienen.

Mit der Aussage, dass der Schweizer Mittelstand verarme, sind 69 Prozent derBefragten sehr oder eher einverstanden, 26 Prozent sind gegenteiliger Mei-

1 Das Äquivalenzeinkommen wird berechnet anhand des verfügbarenHaushaltseinkommens (Gesamteinkommen des Haushalts abzüglich Steuern,Sozialversicherungsbeiträge, Krankenkassenprämien für Grundversicherungund andere Zwangsabgaben).

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nung. Weiter glauben mehrheitliche 62 Prozent der Schweizer Wahlberechtig-ten, dass ein breiter Mittelstand politische Extreme verhindere. 14 Prozent sindin dieser Frage unsicher, 24 Prozent sind gegenteiliger Meinung. Schliesslichunterstützen 62 Prozent der Befragten die Aussage, dass die Politik den Mit-telstand vernachlässige.

Grafik 21:

Aussagen zur Situation des Schweizer Mittelstandes"Wir haben einige Aussagen gesammelt, die man über die Situation des Mittelstandes in der Schweiz immer wieder hörenkann. Sagen Sie mir bitte, ob Sie damit jeweils sehr einverstanden, eher einverstanden, eher nicht einverstanden oderüberhaupt nicht einverstanden sind."

Zugehörigkeit Mittelstand "Ich gehöre zum Mittelstand."Mittelstand verarmt "Der Schweizer Mittelstand verarmt."Breiter Mittelstand verhindert Extreme "Eine breite gesellschaftliche Mitte verhindert politische Extreme."Politik vernachlässigt Mittelstand "Die Politik vernachlässigt den Mittelstand."

in % Wahlberechtigter

26

27

34

50

36

35

35

37

7

14

5

1

22

15

20

9

9

9

6

3

Politik vernachlässigtMittelstand

Breiter Mittelstandverhindert Extreme

Mittelstand verarmt

Zugehörigkeit Mittelstand

sehr einverstanden eher einverstanden weiss nicht/keine Antwort

eher nicht einverstanden überhaupt nicht einverstanden

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (N = 2011)

Besonders interessant in Bezug auf den gewählten Themenfokus dieser Welledes Wahlbarometers ist der Umstand, dass die Zugehörigkeit zum Mittelstandweder nach Einkommen noch nach Parteizugehörigkeit divergiert: So zählensich 84 Prozent der Wählerschaft mit einem Einkommen unter CHF 3'000ebenso zum Mittelstand, wie es 83 Prozent mit einem Einkommen von überCHF 11'000 tun. Die grössten Zugehörigkeitswerte finden sich aber mit 93 und87 Prozent tatsächlich in den mittleren beiden Einkommensklassen (CHF 5'000bis 9'000). Die Aussage, der Mittelstand verarme, wird am deutlichsten vonden untersten beiden Einkommensgruppen unterstützt (bis CHF 3'000: 74%Zustimmung, CHF 3'000 bis 5'000: 73%). Am wenigsten deutlich (57%) vonder höchsten Einkommensklasse. Die Meinungen gehen aber auch hier nurminim auseinander. Gerade umgekehrt verhält es sich in Bezug auf die Aus-sage, dass ein breiter Mittelstand politische Extreme verhindere: Bei der Wäh-lerschaft mit den tiefsten Einkommen findet diese Aussage keine mehrheitlicheUnterstützung (47%), während jene mit den höchsten Einkommen diese Aus-sage zu 74 Prozent stützen. Dass die Politik den Mittelstand vernachlässige,bekräftigen wiederum alle Einkommensgruppen mehrheitlich und geschlossen;die unteren drei Einkommensklassen sind dabei minim dezidierter mit dieserAussage einverstanden (63%, 65%, 64%) als die oberen drei (60%, 61%,60%). Mit Ausnahme der letzten Aussage (Politik vernachlässigt Mittelstand)sind alle festgestellten Zusammenhänge zwischen den Aussagen zum Mit-telstand und dem Einkommen signifikant, wenn auch nicht stark divergierend.

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Grafik 22:

Aussagen zur Situation des Schweizer Mittelstandesnach Einkommen"Wir haben einige Aussagen gesammelt, die man über die Situation des Mittelstandes in der Schweiz immer wieder hörenkann. Sagen Sie mir bitte, ob Sie damit jeweils sehr einverstanden, eher einverstanden, eher nicht einverstanden oderüberhaupt nicht einverstanden sind."

Zugehörigkeit Mittelstand "Ich gehöre zum Mittelstand."Mittelstand verarmt "Der Schweizer Mittelstand verarmt."Breiter Mittelstand verhindert Extreme "Eine breite gesellschaftliche Mitte verhindert politische Extreme."Politik vernachlässigt Mittelstand "Die Politik vernachlässigt den Mittelstand."

in % Wahlberechtigter, die sehr oder eher einverstanden sind

60

74

57

83

61

60

72

87

60

67

70

89

64

65

70

93

65

60

73

81

63

47

74

84

Politik vernachlässigtMittelstand

Breiter Mittelstandverhindert Extreme

Mittelstand verarmt

Zugehörigkeit Mittelstand bis CHF 3'000

CHF 3-5'000

CHF 5-7'000

CHF 7-9'000

CHF 9-11'000

über CHF11'000

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (N = 2011)

Die parteipolitische Analyse der Aussagen zeigt ein sehr ähnliches Muster: DerZusammenhang zwischen den einzelnen Aussagen und der Parteibindung istfür alle Aussagen signifikant, die Einschätzungen differieren aber nur in Aus-nahmefällen wirklich stark.

Die Zugehörigkeit zum Mittelstand attestieren sich CVP- und FDP-WählerInnen(CVP: 93%, FDP: 89%) am deutlichsten, GPS- und BDP-WählerInnen am we-nigsten (GPS: 78%, BDP: 83%). Die Ansicht, dass der Mittelstand verarmt,wird über alle Parteien hinweg mehrheitlich geteilt; am klarsten von der SVP-Wählerschaft (71%), am schwächsten von der FDP-Wählerschaft (65%). Eben-falls von allen Parteianhängerschaften mehrheitlich unterstützt wird die Aus-sage, dass ein breiter Mittelstand politische Extreme verhindere; am schwächs-ten, aber auch mehrheitlich, sind SVP-AnhängerInnen mit dieser Aussage ein-verstanden (58%). Die deutlich grösste Unterstützung erfährt sie im Umfeld derBDP (83%). Eine Vernachlässigung des Mittelstandes durch die Politik seheninsbesondere WählerInnen der BDP (66%) und der SVP (64%) als gegeben,etwas weniger ausdrücklich jene der SP (57%) und FDP (59%).

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Grafik 23:

Aussagen zur Situation des Schweizer Mittelstandes nach Parteien"Wir haben einige Aussagen gesammelt, die man über die Situation des Mittelstandes in der Schweiz immer wieder hörenkann. Sagen Sie mir bitte, ob Sie damit jeweils sehr einverstanden, eher einverstanden, eher nicht einverstanden oderüberhaupt nicht einverstanden sind."

Zugehörigkeit Mittelstand "Ich gehöre zum Mittelstand."Mittelstand verarmt "Der Schweizer Mittelstand verarmt."Breiter Mittelstand verhindert Extreme "Eine breite gesellschaftliche Mitte verhindert politische Extreme."Politik vernachlässigt Mittelstand "Die Politik vernachlässigt den Mittelstand."

in % Wahlberechtigter mit jeweiliger Parteipräferenz, die sehr oder eher einverstanden sind

62

69

70

78

57

66

68

85

63

68

69

93

66

83

70

83

59

66

65

89

64

58

71

88

Politik vernachlässigtMittelstand

Breiter Mittelstandverhindert Extreme

Mittelstand verarmt

Zugehörigkeit Mittelstand

SVP

FDP.Die Liberalen

BDP

CVP

SP

GPS

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (N = 2011)

In der Verdichtung weisen diese geschlossenen Einschätzungen über alle Aus-sagen hinweg darauf hin, dass es schwierig ist, den Mittelstand für die Politikgreifbar zu machen oder parteipolitisch motiviert zu mobilisieren. Weder dasEinkommen noch die Parteizugehörigkeit führen zu wirklich unterschiedlichenEinschätzungen in Bezug auf den fast schon ominösen Mittelstandsbegriff.Rechts und links sowie in der Mitte zählt man sich zum Mittelstand, nicht nurparteipolitisch betrachtet, auch auf der Links/Rechts-Achse, was einmal mehrverdeutlicht, dass die klassischen Stammwählerschaften der Parteien sich neuverteilt und verändert haben.

2.4. Positionierung Wählerschaften

2.4.1. Links-Rechts-Achse

Die Links-Rechts-Achse kennzeichnet unverändert die wichtigste politischeKonfliktlinie der Schweizer Politik.

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Grafik 24:Links/Rechts-Position der Wahlberechtigten"Links, Mitte, Rechts sind drei Begriffe, die häufig gebraucht werden, um politische Ansichten zu charakterisieren. Können Siemir sagen, wo Sie sich selber auf einer Skala sehen, bei der „0“ ganz links, „5“ die Mitte und „10“ ganz rechts bedeutet?"

in % Wahlberechtigter keine Angabe4

keine Bedeutung12

Rechts30

Mitte31

Links23

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (N = 2011 )

Links/Rechts-Position der Wahlberechtigten mit Teilnahmeabsicht"Links, Mitte, Rechts sind drei Begriffe, die häufig gebraucht werden, um politische Ansichten zu charakterisieren. Können Siemir sagen, wo Sie sich selber auf einer Skala sehen, bei der „0“ ganz links, „5“ die Mitte und „10“ ganz rechts bedeutet?"

in % Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollen

Links27

Rechts35

keine Bedeutung7

keine Angabe2

Mitte29

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 1229)

Gegen 9 von 10 Wahlberechtigte können sich auf ihr positionieren. Unter denTeilnahmewilligen bei Wahlen sind es sogar 91 Prozent. Bezieht man sich aufalle Wahlberechtigten gibt es eine Tendenz zur Mitte. Die heute Beteiligungs-willigen haben eine klarere Position rechts und links davon, wenn auch ehereine moderate. Die ganz klar Positionierten sind nicht oder nicht stark mobi-lisiert.

Grafik 25:

Filter Parteiwählerschaften auf der Links/Rechts-Achse"Links, Mitte, Rechts sind drei Begriffe, die häufig gebraucht werden, um politische Ansichten zu charakterisieren. Können Siemir sagen, wo Sie sich selber auf einer Skala sehen, bei der „0“ ganz links, „5“ die Mitte und „10“ ganz rechts bedeutet?"

in % Wahlberechtigter mit jeweiliger Parteipräferenz, die bestimmt teilnehmen wollen

2

12

47

23

14 1

7

10

8

24

8

3

41

21

26

5

58

19

3

Links Mitte Rechts

SP

GPS

GLP

CVP

BDP

FDP.Die Liberalen

SVP

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 855), sig.

Die gegenwärtige Wählerschaft der SVP ist am klarsten rechts angesiedelt.Mitte-rechts halten sich die Wählenden der FDP; ähnlich verteilen sich jene derBDP. Zentriert ist die die CVP-Wählerschaft, während die GLP unter den Wahl-berechtigten mit Beteiligungsabsicht ein Mitte-Links-Profil hat.

Mit Abstrichen deuten sich drei Lager ab: Die klar positionierte rechte SVP, dieebenso deutlich platzierten Linksparteien SP und GPS, die alle etwas isoliertwirken, und die Mitte mit FDP, CVP, GLP und BDP.

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Die Veränderungen gegenüber dem letzten Wahlbarometer sind gering, abersymptomatisch. Rechts zugelegt hat namentlich die SVP. Links sind GPS undGLP etwas gewachsen, während sich in der Mitte kaum etwas bewegt hat.

Grafik 26:

Links/Rechts-Position der Parteiwählerschaften 2007/2011 imVergleich"Links, Mitte, Rechts sind drei Begriffe, die häufig gebraucht werden, um politische Ansichten zu charakterisieren. Können Siemir sagen, wo Sie sich selber auf einer Skala sehen, bei der „0“ ganz links, „5“ die Mitte und „10“ ganz rechts bedeutet?"

in Mittelwerten Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollen und eine Parteipräferenz haben

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 855)

SP CVP FDP SVP

GPS

Links

Mitte

Rechts

BDP

GLP

2011

2007SP

GPS CVP

FDP

SVP

GLP

Im Zeitvergleich zu 2007 ist das Spektrum Mitte-Rechts durch das Auftretender BDP etwas umkämpfter. Mitte-links hat sich die GLP etabliert. Die SP istetwa gleich klar positioniert, während GPS auf der linken und SVP auf der rech-ten Seite ein wenig ins Zentrum gerückt sind. Das kann sich aber auch noch än-dern, noch zuletzt deshalb, weil die Mobilisierung der am klarsten positioniertenWählerInnen erfahrungsgemäss erst gegen den Schluss erfolgt.

Alles in allem spricht diese Auswertung dafür, dass sich das linke Wählerspekt-rum vermehrt differenziert. SP und GPS sind die zentralen Akteure, doch sindsie anders als 2003 nicht mehr wachsend. Die wesentliche Ursache findet sichbei der GLP, die politisch mehr mit der Mitte kämpft, dem rotgrünen Lager abergemässigt linke WählerInnen entzieht. Das hat aber auch zur Folge, dass dasZentrum zwar elektoral etwas stärker, organisatorisch aber vielfältiger gewor-den ist, während die Rechte nun unwesentlich verändert von der SVP dominiertwird.

2.4.2. Werthaltungen

So klar die Links/Rechts-Achse die zentrale Dimension des politischen Konfliktsist, so klar ist auch, dass sie seit Jahren nicht mehr die einzig möglich darstellt.Neue Themen – insbesondere die Ökologie, die Migration, aber auch die Indivi-dualisierung – sind hinzugekommen und haben die Wertepolaritäten imschweizerischen Parteiensystem jenseits von Interessenfragen im Staat erwei-tert.

Die klarste Polarität zwischen einer einzelnen Partei und den restlichen grösse-ren Parteien ergibt sich seit längerem bei der Werthaltung "Öff-nen/Verschliessen".

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35

Diese Polarität wird vorerst gleich aufgespannt wie die Links/Rechts-Achse,denn auch hier sind die SVP einerseits, die SP anderseits die Polparteien. DieFDP neigt etwas verstärkt zur Öffnung der Schweiz als die Mitte und decktdamit das rechte Potenzial in dieser Hinsicht am besten ab. Die GPS und dieGLP befinden sich zwischen FDP und SP, während die CVP und die BDP dasFeld zwischen FDP und SVP füllen. Das Mittel der Wahlberechtigten liegt nahebei der durchschnittlichen CVP-Wählerschaft.

Wertepolaritäten, die von dieser Analyse geprägt sind, sind in erster Linie beiallen Fragen des Verhältnisses zum Ausland und zu AusländerInnen zu erwar-ten.

Grafik 27:

Zweidimensionale Positionierung der Wählerschaft: "Links/Rechts"und "Öffnen/Verschliessen""Bitte sagen Sie mir, was Sie sich für die Schweiz wünschen. Wenn Sie mit dem ersten Teil der Vorgabe übereinstimmen,wählen Sie die Zahl „1“ oder nahe bei „1“. Wenn Sie mit dem zweiten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl„6“ oder eine Zahl nahe bei „6“.

"Möchten Sie eine Schweiz, die sich vermehrt nach Aussen öffnet, oder eine Schweiz, die sich vermehrt verschliesst?"

in Mittelwerten Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollenund eine Parteipräferenz haben

Grüne FDP.Die Liberalen

BDPSVP

SP

CVP

GLP

CH total

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011(SP n = 154; GPS n = 75; GLP n = 44; CVP n = 110; BDP n = 22;FDP.Die Liberalen n = 151; SVP n = 255)

Links Rechts

Verschliessen

Öffnen

Etwas geringer sind die Differenzierungen entlang der beiden anderen Werte-polaritäten, jener zwischen Eigen- und Kollektivverantwortung und jener zwi-schen Umweltschutz und Wachstum. Die Reihung der Parteien, die wir in die-sen beiden Themen aufgrund der Präferenzen ihrer WählerInnen skizzierenkönnen, entspricht im Übrigen praktisch jenen auf der Links/Rechts-Achse.

Das alles heisst aber nicht, dass die Werthaltungen, die so angesprochen wer-den, bei Wahlen unerheblich sind. Sie sind eher geeignet auszudrücken, wasman unter links oder rechts verstehen kann. Das würde dann dafür sprechen,dass man sich rechts durch eine klare anti-etatistische oder anti-ökologischePosition profilieren kann, während links ökologische oder auch staatsnaheWertmuster von Vorteil sein können. Das gilt insbesondere dort, wo es umAbgrenzungen im eigenen Lager geht und man die Rolle der Polpartei innehatoder sich genau von dieser unterscheiden muss.

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Grafik 28:Zweidimensionale Positionierung der Wählerschaft: "Links/Rechts"und "Umweltschutz/Wohlstand""Bitte sagen Sie mir, was Sie sich für die Schweiz wünschen. Wenn Sie mit dem ersten Teil der Vorgabe übereinstimmen,wählen Sie die Zahl „1“ oder nahe bei „1“. Wenn Sie mit dem zweiten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl„6“ oder eine Zahl nahe bei „6“.

"Möchten Sie eine Schweiz, wo der Umweltschutz wichtiger ist als der wirtschaftliche Wohlstand, oder eine Schweiz, wo derwirtschaftliche Wohlstand wichtiger ist als der Umweltschutz?"

in Mittelwerten Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollenund eine Parteipräferenz haben

GrüneSP

SVP

CVP

FDP.Die LiberalenBDP

GLP

CH total

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011(SP n = 154; GPS n = 75; GLP n = 44; CVP n = 110; BDP n = 22;FDP.Die Liberalen n = 151; SVP n = 255)

Links Rechts

Umweltschutzwichtiger

Wohlstandwichtiger

Zweidimensionale Positionierung der Wählerschaft: "Links/Rechts"und "Einzelne(r)/Staat verantwortlich""Bitte sagen Sie mir, was Sie sich für die Schweiz wünschen. Wenn Sie mit dem ersten Teil der Vorgabe übereinstimmen,wählen Sie die Zahl „1“ oder nahe bei „1“. Wenn Sie mit dem zweiten Teil der Vorgabe übereinstimmen, wählen Sie die Zahl„6“ oder eine Zahl nahe bei „6“.

"Möchten Sie eine Schweiz, wo vor allem der/die Einzelne für sich Verantwortung trägt, oder eine Schweiz, wo vor allem der Staat füralle Verantwortung übernimmt?"

in MIttelwerten Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollenund eine Parteipräferenz haben

Grüne BDPSVP

SP

CVP

FDP.Die LiberalenGLP

CH total

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011(SP n = 154; GPS n = 75; GLP n = 44; CVP n = 110; BDP n = 22;FDP.Die Liberalen n = 151; SVP n = 255)

Links Rechts

Einzelne(r)verantwortlich

Staatverantwortlich

Vorerst kann man festhalten, dass man die Politik nicht nur auf eine Achsereduzieren kann. Relevant sind die Interessenlagen auf der Links/Rechts-Dimension und die Wertepolarität zwischen einer integrierten und einerselbständigen Schweiz. Dabei ist nicht einmal ganz sicher, ob es sich wirklichum zwei unabhängige Dimensionen des politischen Raums handelt, gibt esdoch die Kombination "links" und "isolationistisch" parteipolitisch kaum, währenddas Pendant "rechts" und "offen" namentlich durch die FDP vertreten wird. Mankann auch die Interpretation vertreten, dass die Öffnungsthematik in derSchweiz das rechte politische Lager spaltet und die WählerInnen zu der einenoder anderen Parteien dieses Spektrums treibt, während das Gleiche linksweniger vorkommt.

2.5. Soziologische Konfliktlinien in derParteienlandschaft

In der schweizerischen Parteienlandschaft lassen sich zahlreiche, soziologischstrukturierte Differenzierungen ausmachen. Erwähnt seien die Schicht, dieRegion, die Konfession sowie das Alter und das Geschlecht.

Genau genommen müsste diese Frage kantonal behandelt werden, denn auchdas Wahlsystem hat einen Einfluss auf die Eigenschaften der Parteienland-schaft. So beeinflusst die Grösse des Wahlkreises die Zahl der relevanten Par-teien und damit auch Wahlmöglichkeiten. Doch können wir das mit dem vorlie-genden Untersuchungsdesign nicht leisten, weshalb wir entsprechende Aus-führungen hier weglassen.

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37

Grafik 29:

Aktuelle Parteistärken nach Siedlungsart"Wenn am nächsten Sonntag schon Nationalratswahlen wären, welcher Partei würden Sie heute Ihre Stimme hauptsächlichgeben?"

in % Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollen und eine Parteipräferenz haben

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gros

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atio

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27

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Land

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7

SP GPS GLP CVP BDP FDP.DieLiberalen

SVP

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 855), sig.

Klar polarisiert sind die Parteien entlang der Siedlungsart: Die SVP, die BDP unddie CVP sind in den ländlichen Gebieten übervertreten, die SP, die FDP, dieGPS und die GLP in den städtischen.

In den grossen Agglomerationen kommt die SP knapp vor die SVP zu liegen. 25Prozent würden hier die linke, 24 Prozent die rechte Polpartei wählen. An dritterStelle folgt die FDP mit 20 Prozent, vor der GPS mit 12, der CVP mit 8 und derGLP mit 6 Prozent. Schon in den mittleren und kleineren Agglomerationen istdie SVP mit geschätzten 27 Prozent die grösste Partei. FDP und SP sind hiermit je 19 Prozent gleich auf und nur recht knapp vor der CVP (16%). Es folgendie kleiner Parteien in der bekannten Reihenfolge, sodass man die mittlerenund kleineren Agglomerationen insgesamt praktisch mit den gesamtschweize-rischen Verhältnissen gleichsetzen kann. Auf dem Land dominiert die SVP ein-deutig. Sie erreicht hier einen Anteil von 37 Prozent. Nächstgrössere Parteiensind die CVP und FDP mit 16 respektive 14 Prozent. Hier kennt die SP ihre ei-gentliche Schwäche, würde es doch aktuell gerade auf elf Prozent schaffen.Wiederum folgen die Kleinparteien in der bekannten Reihenfolge.

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38

Grafik 30:

Aktuelle Parteistärken nach Konfession"Wenn am nächsten Sonntag schon Nationalratswahlen wären, welcher Partei würden Sie heute Ihre Stimme hauptsächlichgeben?"

in % Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollen und eine Parteipräferenz haben

kath

olis

ch; 1

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kath

olis

ch; 6

kath

olis

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SP GPS GLP CVP BDP FDP.DieLiberalen

SVP

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 855), sig.

Kulturell gesehen verbleiben einige bedeutende parteipolitische Unterschiedezwischen den Konfessionsgruppen. Insgesamt ist die Bedeutung diesesMerkmals aber rückläufig. Das zeigt sich vor allem daran, dass die SVP zwi-schenzeitlich bei allen die wählerstärkste Partei ist. Traditionellerweise war dasbei den Reformierten der Fall. Heute würden aber auch 30 Prozent der Katholi-kInnen und 24 Prozent der Konfessionslosen für diese Partei stimmen. Ein ähn-liches Profil kennt die FDP, während die CVP hier am klarsten abgegrenzt wer-den kann. Ihr Dilemma ist, dass sie von KatholikInnen immer weniger gewähltwird, jedoch beträchtliche Mühe hat, Wählende mit reformierter oder keinerKonfession anzusprechen. Das Gegenteil hierzu bilden die linken Parteien. Siesind unter den Konfessionslosen über- und bei den KatholikInnen untervertre-ten.

Page 39: SVP ritzt an der 30-Prozent-Marke. CVP, SP und Grüne verlieren, … · 2015-11-05 · SVP ritzt an der 30-Prozent-Marke. CVP, SP und Grüne verlieren, GLP legt nochmals zu. Studie

39

Grafik 31:

Aktuelle Parteistärken nach Bildungsschichten"Wenn am nächsten Sonntag schon Nationalratswahlen wären, welcher Partei würden Sie heute Ihre Stimme hauptsächlichgeben?"

in % Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollen und eine Parteipräferenz haben

tief;

27

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2

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0

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23

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1

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31

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0

hoch

; 18

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; 12

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hoch

; 20

SP GPS GLP CVP BDP FDP.DieLiberalen

SVP

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 855), sig.

Auch die Einflüsse hinsichtlich der Schicht auf die Parteientscheidungen sindbeträchtlich. So würden Wählende mit einer Berufsausbildung zu 40 Prozent fürdie SVP stimmen; alle anderen Parteien kommen bei ihnen nur im Schnitt oderdarunter vor. Die unteren Bildungsschichten sind im Wesentlichen auf dreiParteien verteilt. 31 Prozent würden für die SVP votieren, 27 Prozent für die SP.In der Mitte kann sich hier die CVP mit 23 Prozent Anteil halten, nicht aber dieFDP; sie käme in dieser Gruppe auf nur 15 Prozent. Die Kleinparteien kommengar nicht vor. In den oberen Bildungsschichten sind sowohl die Polarisierungwie auch die Fragmentierung am grössten. Neu sind FDP und SVP vorne prak-tisch gleich auf (21 resp. 20 %), gefolgt von den rotgrünen Parteien. Dabei zeigtsich, dass die SP (18%) nur noch knapp vor der GPS (15%) ist, namentlich we-gen den Verlusten an die GLP (8%). Nur unterdurchschnittlich vertreten sindhier Mitte-Parteien wie die CVP (12%) und die BDP (2%).

Page 40: SVP ritzt an der 30-Prozent-Marke. CVP, SP und Grüne verlieren, … · 2015-11-05 · SVP ritzt an der 30-Prozent-Marke. CVP, SP und Grüne verlieren, GLP legt nochmals zu. Studie

40

Grafik 32:

Aktuelle Parteistärken nach Haushaltseinkommen"Wenn am nächsten Sonntag schon Nationalratswahlen wären, welcher Partei würden Sie heute Ihre Stimme hauptsächlichgeben?"

in % Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollen und eine Parteipräferenz haben

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CH

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000;

6 bis

CH

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000;

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CH

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CH

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CH

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000;

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CH

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37

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CH

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CH

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CH

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CH

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CH

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CH

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CH

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CH

F 11

'000

; 26

über

CH

F 11

'000

; 24

SP GPS GLP CVP BDP FDP.DieLiberalen

SVP

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 855), sig.

Die Polarisierung der rechten Parteien zwischen offener und geschlossenerSchweiz findet sich in den Einkommensverhältnissen der Haushalte wieder,aus denen Stimmen für die SVP und FDP resultieren. Vereinfacht gilt: Je tieferdas Haushaltseinkommen ist, desto eher gibt es Stimmen für die SVP und um-gekehrt. So würden aktuell 37 Prozent der beiden tieferen Einkommensgrup-pen für die SVP votieren, während die FDP bei der obersten ausgewiesenenEinkommensklasse auf 26 Prozent kommen würde. BDP und CVP kennen hin-sichtlich dieses Merkmals weniger klare Unterscheidungen. Tendenziell giltjedoch, dass sie eine höhere Repräsentanz in Haushalten mit weniger Ein-kommen als das Mittel haben. Das ist bei der GLP eindeutig umgekehrt derFall. Ihr Profil ist hier dem der FDP ähnlicher. Recht ausgeglichen vertreten sinddie SP und die GPS hinsichtlich der Einkommensverhältnisse. Einzig bei dentiefsten Einkommen sind die Grünen über- und die Roten untervertreten. Dashat namentlich damit zu tun, dass Studierende hier über dem Mittel registriertwurden und sie eine höhere Affinität an die GPS als an die SP haben.

Page 41: SVP ritzt an der 30-Prozent-Marke. CVP, SP und Grüne verlieren, … · 2015-11-05 · SVP ritzt an der 30-Prozent-Marke. CVP, SP und Grüne verlieren, GLP legt nochmals zu. Studie

41

Grafik 33:

Aktuelle Parteistärken nach Altersgruppen"Wenn am nächsten Sonntag schon Nationalratswahlen wären, welcher Partei würden Sie heute Ihre Stimme hauptsächlichgeben?"

in % Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollen und eine Parteipräferenz haben

18-3

9-Jä

hrig

e; 2

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18-3

9-Jä

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5

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3

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26

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33

SP GPS GLP CVP BDP FDP.DieLiberalen

SVP

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 855), sig.

Auch hinsichtlich des Alters sind die Unterschiede geringer als auch schon. Dashat damit zu tun, dass die SVP in allen Bevölkerungsgruppen die stärkste Parteigeworden ist. Die FDP wird vermehrt in den älteren Alterssegmenten unter-stützt, die linken Parteien in den jüngeren. Bei den Mitte-Parteien resultiert keinauffällig altersspezifisches Profil.

Grafik 34:

Aktuelle Parteistärken nach Geschlecht"Wenn am nächsten Sonntag schon Nationalratswahlen wären, welcher Partei würden Sie heute Ihre Stimme hauptsächlichgeben?"

in % Wahlberechtigter, die bestimmt teilnehmen wollen und eine Parteipräferenz haben

Man

n; 1

6

Man

n; 9

Man

n; 5

Man

n; 1

0

Man

n; 3

Man

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1

Man

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; 20

Frau

; 9

Frau

; 5

Frau

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Frau

; 2

Frau

; 14

Frau

; 29

SP GPS GLP CVP BDP FDP.DieLiberalen

SVP

SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n = 855), sig.

Page 42: SVP ritzt an der 30-Prozent-Marke. CVP, SP und Grüne verlieren, … · 2015-11-05 · SVP ritzt an der 30-Prozent-Marke. CVP, SP und Grüne verlieren, GLP legt nochmals zu. Studie

42

Verwiesen sei schliesslich noch auf die Vertretung der Parteien bei den Wäh-lern und den Wählerinnen. SVP und FDP werden vermehrt von Männern unter-stützt, während CVP und SP einen Frauenüberhang kennen. Insgesamt sind dieUnterschiede aber gering.

Typisierung der Parteistärken nach Merkmalsgrup-pen

Reihenfolge Parteien

Merkmal 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Total SVP SP FDP CVP GPS GLP BDP

Landgemeinden SVP CVP FDP SP GPS GLP BDP

katholisch SVP CVP FDP SP GPS GLP BDP

Haushaltseinkommen: hoch SVP FDP SP CVP GPS GLP BDP

Männer SVP FDP SP CVP GPS GLP BDP

alt SVP FDP SP CVP GLP GPS BDP

Haushaltseinkommen: tief SVP CVP SP GPS FDP BDP GLP

reformiert SVP FDP SP GPS CVP GLP BDP

Bildung: hoch FDP SVP SP GPS CVP GLP BDP

Haushaltseinkommen: mittel SVP SP FDP CVP GPS BDP GLP

Bildung: tief SVP SP CVP FDP GPS BDP GLP

mittlere/kleiner Agglomerationen SVP SP FDP CVP GPS GLP BDP

Bildung: mittel SVP SP FDP CVP GPS GLP BDP

jung SVP SP FDP CVP GPS GLP BDP

mittleres Alter SVP SP FDP CVP GPS GLP BDP

Frauen SVP SP CVP FDP GPS GLP BDP

konfessionslos SVP SP GPS FDP GLP CVP BDP

grosse Agglomerationen SP SVP FDP GPS CVP GLP BDP

© SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011(n = 855)

Überblickt man die Parteiensysteme nach Merkmalsgruppen, kann man folgen-des festhalten: Die stärksten Unterschiede zwischen starken rechten undstarken linken Parteien gibt es zwischen Land und Stadt. Das rechte Musterfindet sich darüber hinaus bei in katholischen Gebieten, bei hohen Einkommen,Männern und RentnerInnen. Das urbane Muster zeigt sich auch bei Konfessi-onslosen und Frauen. Die anderen Gruppen sind nahe dem Mittel.

2.6. Gewichtung der Erklärungsfaktoren fürdie aktuellen Wahlabsichten

In der Einleitung zu diesem Bericht haben wir unsere Analysemodell zur Erklä-rung von Parteistärken vorgestellt. Es geht davon aus, dass das Image der ei-genen Kampagne den Wahlerfolg mitbestimmt. Dieser wird auch durch denAuftritt der Personen, welche die Parteien repräsentieren, beeinflusst. Inhaltli-che und taktische Überlegungen, konkret die Themen- und Machtfragen kom-men hinzu. Das alles sind die kurzfristigen Bestimmungsgründe. Mittel- undlängerfristig stabilisierend wirken Grundhaltungen wie die Parteibindung, dieWerteorientierung und das Regierungsver- oder -misstrauen.

Hier versuchen wir nun, aufgrund der Resultate im aktuellen Wahlbarometerdie Wahldeterminanten empirisch zu bestimmen. Hierfür steht die nachste-hende Tabelle. Sie basiert auf einer logistischen Regressionsanalyse zwischenWahlabsichten und Erklärungsmerkmalen.

Page 43: SVP ritzt an der 30-Prozent-Marke. CVP, SP und Grüne verlieren, … · 2015-11-05 · SVP ritzt an der 30-Prozent-Marke. CVP, SP und Grüne verlieren, GLP legt nochmals zu. Studie

43

Grafik 35:

Regressionen Parteiwahl nach Indikatoren

.639.253.148.182.380.449Gesamterklärung (R2)

////

-

////

n.s.

////

n.s.

////n.s.

n.s.

GLP

////////////////////Bester Wahlkampf

-

////

\\\\

////

n.s.

n.s.////

n.s.

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////

-

n.s.

n.s.

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n.s.n.s.

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////

-

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////////

n.s.

SP

////

-

n.s.

\\\\

////

////\\\\

n.s.

FDP

////Glaubwürdigkeit Parteipräsident

-Umwelt/Klima als prio. Problem (nachPartei)

////Migration, Ausländer, Integration, Asyl &Flüchtlinge als prio. Problem (generell)

n.s.Wert: Postmaterialismus vs.Materialismus

////Wert: Verantwortung Einzelner vs.Verantwortung Staat

n.s.Wert: offen vs. Verschlossen\\\\Links-Rechts-Einschätzung

\\\\Regierungsvertrauen

SVPIndikatoren

.639.253.148.182.380.449Gesamterklärung (R2)

////

-

////

n.s.

////

n.s.

////n.s.

n.s.

GLP

////////////////////Bester Wahlkampf

-

////

\\\\

////

n.s.

n.s.////

n.s.

GPS

////

-

n.s.

n.s.

n.s.

n.s.n.s.

////

CVP

////

-

n.s.

n.s.

\\\\

////////

n.s.

SP

////

-

n.s.

\\\\

////

////\\\\

n.s.

FDP

////Glaubwürdigkeit Parteipräsident

-Umwelt/Klima als prio. Problem (nachPartei)

////Migration, Ausländer, Integration, Asyl &Flüchtlinge als prio. Problem (generell)

n.s.Wert: Postmaterialismus vs.Materialismus

////Wert: Verantwortung Einzelner vs.Verantwortung Staat

n.s.Wert: offen vs. Verschlossen\\\\Links-Rechts-Einschätzung

\\\\Regierungsvertrauen

SVPIndikatoren

© SRG SSR/gfs.bern, Wahlbarometer 2011, 2. Welle, 10. – 22. Januar 2011 (n=855)

//// bedeutet "positiver Zusammenhang", \\\\ bedeutet "negativer Zusammenhang"

Lesebeispiel: Mit dieser Tabelle werden die Ergebnisse der Analysen dokumentiert, die wir unternommen haben, um die Wahrscheinlichkeiten zuschätzen, dass Befragte, die bei den Indikatoren in der linken Spalte eine bestimmte Aussage gemacht haben, eine ganz bestimmte Partei wählen.Verwendet wurde hier die logistische Regressionsanalyse. Die Zusammenhänge wurden auf drei Qualitäten reduziert: Erstens, es besteht einsignifikanter Zusammenhang (positiver oder negativer Art), das heisst der Indikator trägt gesichert etwas zur Erklärung der Wahlabsichten bei (////oder \\\\), zweitens, es besteht kein gesicherter Zusammenhang, das heisst entsprechende Schlüsse sind nicht verifiziert (n.s. für nicht signifikant),und drittens, die Zusammenhänge können nicht geprüft werden (z.B. bei den Parteipräsidenten, weil nicht alle befragt wurden). Die letzte Zeilegibt die Güte der Modelle wieder. 1 würde bedeuten, dass wir mit den Indikatoren jede einzelne Wahlentscheidung erklären könnten, 0, dass dasin jedem Fall misslingt. Koeffizienten über 0.3 gelten als gut.

Generell können wir festhalten, dass eigentlich alle theoretisch bestimmtenDeterminanten einen nachweislichen Einfluss haben. Dieser variiert aber vonPartei zu Partei und der Gesamtbeitrag zur Erklärung ist für die Parteien an denPolen höher als für jene in der Mitte. Die Wahrscheinlichkeit, dass man …

… SVP wählt, ist erhöht, wenn bei einer wahrberechtigten Person

das Misstrauen in den Bundesrat vorherrscht,

eine rechte Selbsteinschätzung vorhanden ist,

es eine Präferenz für anti-etatistische Lösungen gibt,

die Migrationsfrage oben auf der Problemagenda steht,

Toni Brunner als glaubwürdiger Parteipräsident erscheint und

der Wahlkampf der SVP als bester erscheint.

… FDP wählt, ist erhöht, wenn bei einer wahlberechtigten Person

eine rechte Selbsteinschätzung vorhanden ist,

es eine Präferenz für anti-etatistische Lösungen gibt,

es eine Präferenz für eine offene Schweiz gibt,

es eine Präferenz für materialistische Politik gibt,

Fulvio Pelli als glaubwürdiger Parteipräsident erscheint und

Page 44: SVP ritzt an der 30-Prozent-Marke. CVP, SP und Grüne verlieren, … · 2015-11-05 · SVP ritzt an der 30-Prozent-Marke. CVP, SP und Grüne verlieren, GLP legt nochmals zu. Studie

44

der Wahlkampf der FDP als bester erscheint.

… CVP wählt, ist erhöht, wenn bei einer wahlberechtigten Person

das Vertrauen in den Bundesrat vorherrscht,

die Migrationsfrage oben auf der Problemagenda steht und

der Wahlkampf der CVP als bester erscheint.

… GLP wählt, ist erhöht, wenn bei einer wahlberechtigten Person

es eine Präferenz für eine offene Schweiz gibt,

es eine Präferenz für ökologische Werte gibt,

Umwelt/Klima oben auf der Problemagenda steht und

der Wahlkampf der GLP als bester erscheint.

… GPS wählt, ist erhöht, wenn bei einer wahlberechtigten Person

eine linke Selbsteinschätzung vorhanden ist,

es eine Präferenz für ökologische Werte gibt,

Umwelt/Klima oben auf der Problemagenda steht,

die Migrationsfrage nicht oben auf der Problemagenda steht und

der Wahlkampf der GPS als bester erscheint.

… SP wählt, ist erhöht, wenn bei einer wahlberechtigten Person

eine linke Selbsteinschätzung vorhanden ist,

es eine Präferenz für eine offene Schweiz gibt,

es eine Präferenz für etatistische Lösungen gibt,

Christian Levrat als glaubwürdiger Parteipräsident erscheint und

der Wahlkampf der SP als bester erscheint.

Mit anderen Worten: Das Image des Wahlkampfes, den eine Partei führt, ist fürdie Wahl der Partei generell wichtig. Soweit überprüfbar, gilt das auch für dasBild, das man von den wichtigen Personen hat. An den Polen der Parteienland-schaft sind klar identifizierbare Positionen von Belang, in der Mitte das Ver-trauen in die Arbeit des Bundesrates. Werte sind bei allen Parteien wichtig, esvariieren aber die Auswahl und die dabei vertretene Position. Von den Themenspielen gegenwärtig die Migrations- und die Umweltfrage eine Rolle, wenn esum Wahlabsichten geht. Die theoretischen Annahmen werden damit bestätigt,wenn sie auch noch vertieft werden müssen.

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3. Synthese

Wir sind nicht immer gut, aber immer für eine Überraschung gut. So könnteman die Grundbefindlichkeit in der Schweiz nach der Fussballweltmeisterschaft2010 umschreiben. Die Schweizer Nationalmannschaft schlug den späterenTurniersieger Spanien, schied dann aber schnell aus dem Wettbewerb aus.Analoges kann man in der Wirtschaft beobachten. Die Schweiz hat die Folgender globalen Finanzmarktkrise relativ gut gemeistert, jedenfalls besser als vieleandere Staaten. Gelitten hat aber die internationale Anerkennung der Schweiz,sodass immer mehr Entscheidung ohne sie getroffen werden. Entstanden istso eine hohe Zuversicht in die Fähigkeit der Schweiz, sich selbst zu behaupten,gerade auch in Abgrenzung zu den Höhen und Tiefen in der internationalenStaatengemeinschaft.

Der nationale Reflex, der so entstanden ist, prägt das politische Klima in derVorwahlkampfphase zu den eidgenössischen Wahlen deutlich. Klar zumAusdruck kam er in den Ergebnissen zu den Volksabstimmungen vom 28.November 2010. Erstmals reüssierte eine ausländerkritische Volksinitiative;verworfen wurde dagegen eine Neubestimmung von Steuerlasten; nicht zuletztaus Angst, dass Steuerzahler aus der Schweiz abwandern könnten.

Profitiert hat von dem allen namentlich die SVP. Sie hat ihren Wahlkampf 2011früh und prominent lanciert. Sie hat die Ausländerfrage, von der sie sich ammeisten Bevölkerungssukkurs versprechen kann, gut sichtbar auf die politischeAgenda gesetzt. Und sie legte im Wahlbarometer gegenüber der letztenErhebung im Umfeld der Bundesratswahlen wie keine andere Partei zu. Die SPhingegen, deren Wählerschaft Migrationsfragen ebenfalls als dringlich erachtet,schneidet in Bezug auf die Themenkompetenz in diesem Bereich schlecht ab.

Wäre schon Mitte Januar 2011 der neue Nationalrat gewählt worden, hätte dieSVP die Wahlen gewonnen. Zugelegt hätten auch zwei junge Parteien, die GLPund die BDP. Die SVP hätte die 30-Prozent-Marke beim Wähleranteil geritzt unddamit neue Massstäbe in der schweizerischen Politlandschaft gestellt. Voneiner Bi-Polarisierung, die man zwischen 1995 und 2003 bei schweizerischenWahlen regelmässig beobachten konnte, kann nicht mehr die Rede sein, denndie Parteienlandschaft rückt eindeutig nach rechts. Das zeigt sich daran, dassder linke Pol schrumpft und im bürgerlichen Lager die Mitte geschwächt unddie Rechte gestärkt wird. Gehalten hätte sich in einer aktuellen Wahl dieerneuerte FDP.Die Liberalen, während die CVP, die SP und GrünenWählerInnen-Anteil verloren hätten.

Ideologisch wird die Schweiz zusehends durch Identitätsfragen scharfpolarisiert, bei denen sich nationalkonservative, beschränkt auch nationalliberaleVorstellungen durchsetzen. Internationale Kooperationsvorstellungen haben esdemgegenüber schwerer als auch schon. Auf der darunter liegendenLinks/Rechts-Achse verharren die Parteiwählerschaften eher dreigeteilt: DieSVP einerseits, die SP und die Grünen anderseits sehen sich einer elektoralerstarkten Mitte gegenüber, die absendermässig jedoch fragmentierter ist alsje zuvor.

Heftig polarisiert wird die Parteienlandschaft neuerdings durch den Land/Stadt-Gegensatz. Zudem zeigen sich kulturelle, schichtmässige und demografischeEinflüsse. Das konservative Element ist nicht mehr auf die ruralen Gebiete, dieRentner und die katholische Bevölkerung beschränkt. Es zeigt sich immer klarerauch bei Männern, oberen Einkommens- und sogar bei höherenBildungsschichten. Davon erfasst werden auch die Reformierten. Der Gegenpolhierzu findet sich noch in den grossen Städten und ihren Agglomerationen. Erzeigt sich auch bei Konfessionslosen unverändert, beispielsweise nicht mehraber bei den obersten Bildungsschichten. Durchschnittlich parteipolitisch

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polarisiert sind mittlere Einkommensklassen, Personen im mittleren Alter undsolche mit mittlerer Bildung.

An Relevanz gewonnen hat in dieser Situation die Bedeutung desMittelstandes. Seit den Wahlen in der Stadt Zürich sind entsprechendeDebatten in fast jedem Wahl- und Abstimmungskampf zu finden, letztmalstypisch bei der Steuergerechtigkeitsinitiative. Unsere Erhebung hierzu zeigt,dass der Begriff in der Schweizer Öffentlichkeit nicht nur unscharf verwendetwird, er wird auch schwammig interpretiert. So zählt hierzulande dieüberwiegende Zahl der BürgerInnen über alle Einkommensklassen zumMittelstand und sieht diesen in der aktuellen Wirtschaftssituation tendenziellbedroht, ohne dass daraus eine eindeutige politische Folgerung entstehenwürde. Zwar wächst namentlich der SVP-Anteil bei Menschen mit einerBerufslehre unter Entfremdungsängsten an, doch bleibt auch dieserKerngruppe der Mittelschicht parteipolitisch gespalten, wenn es um die richtigeAntwort für die Besitzstandwahrung geht.

Verallgemeinert werden können solche Beobachtungen aufgrund des aktuellenWahlbarometers, das nach langer Zeit nicht mehr die Arbeitslosigkeit an derSpitze der Bevölkerungsprobleme steht, sondern die politische mobilisierteBürgerschaft die Migrationsproblematik zuoberst rangiert. Dahinter bleiben dieklassischen sozialen und ökologischen Problematiken, doch ist dieUmweltfrage nur bei den verschiedenen Grünen ganz top und dieWählerschaften von CVP und BDP kümmern die Entwicklung imGesundheitswesen am meisten. Wahlkampfmässig davon profitieren kanneigentlich nur die SVP, welche die Thematik langfristig besetzt und beförderthat. Das prägt denn auch das Gefühl vom bisherigen Wahlkampf zu denWahlen 2011, der praktisch alleine von der SVP bestimmt wird. Sie begannnicht nur als erste, sie führt ihn bisher auch strategisch und landesweit.

Bleibt die Frage, welche der Wahlkonstellationen, die in der Einleitungbeschrieben worden ist, hilft, die jetzigen Befragungsergebnisse zu typisieren.Die Antwort darauf ist nicht eindeutig. Sicher ist, dass aus den Ergebnisseneiniges für den 4. Typ spricht. In der Schweizerischen Parteienlandschaftdürften sich 2011 zwei Parteien etablieren, welche bisherige Nischenparteienwie die EDU oder die EVP, die mit hoher Konstanz ihren Platz besetzt haben,überrunden. Die Geburt neuer Parteien, die zunächst für WechselwählerInnenattraktiv sind, dann aber auch zur Neumobilisierung beitragen, gehörtuntrügerisch zur vierten von uns unterschiedenen Wahltypologie.

Der sich hier abzeichnende Rechtsruck in der schweizerischenParteienlandschaft will zu keiner der drei anderen Konstellationen so richtigpassen. Mit Sicherheit nicht erfasst wird er von der ersten Konstellation, dafürist die aktuelle Konflikthaftigkeit viel zu hoch. Er lässt sich letztlich aber auchnicht auf den Polarisierungstyp zurückführen, denn dann dürfte nicht nur dieSVP zulegen; es müsste auf jeden Fall auch die SP gewinnen. Nicht ganzausschliessen können wir den zweiten Typ. Er geht davon aus, dass esaufgrund der Alterung der Wählenden von Wahl zu Wahl einen Trend von linkenzu rechten Parteien gibt. Gegen dieses Modell, das von einem kontinuierlichenWählertransfer ausgeht, spricht vor allem die kurzfristige Heftigkeit derfestgestellten Veränderungen. Entweder sind sie nicht anhaltend, womit sichihre Verortung letztlich erübrigt, oder aber sie werden die Wahlen 2011 prägen,womit sich die Frage nach den Ursachen stellt. Letztlich gibt es zweikonkurrierende Interpretationen: Die erste insistiert darauf, dass es sich umeine themenbedingte Verschiebung handelt, die durch die jüngste Abstimmungausgelöst wurde und der SVP als Themenpartei in Ausländerfragen denzusätzlichen Schub bringt. Die zweite geht davon aus, dass es sich auch umeine wertemässige Verschiebung hin zu nationalkonservativen odernationalliberalen Werten handelt, was einen neuen, fünften Typ begründenwürde.

Aufgrund der aktuellen Ergebnisse kann diese Frage nicht eindeutigbeantwortet worden. Die Zusammenfassung spricht eher für Ersteres. Die SVP

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wird nicht wegen ihres Wertemusters gewählt, sondern wegen derMigrationsfrage und ihrer Themenkompetenz, die sie sich in diesem Bereicherarbeitet hat. Die FDP hält sich nicht wegen einer ideologischen Anpassung andie SVP, sondern wegen eines erneuerten Gesamtauftritts. Ihre Wählerschaftbleibt eigenverantwortlich, wachstumsorientiert und aussengerichtetgekennzeichnet. Zweiteres kann aber nicht ausgeschlossen werden, weil esauch denkbar ist, dass der Durchbruch der SVP in neue Wählerschichten inerster Linie thematisch begründet ist, durch die Themenverlagerung aber auchein generelles, national(istisch geprägtes) Klima entsteht, das nationale undkonservative Weltanschauungen in neuen Gesellschaftsgruppen salonfähigmacht.

Die Wahlen 2011 sind damit nicht gelaufen, wie man meinen könnte, sondernlanciert. Ein erstes Mal verdichten kann sich die hier geschilderte Ausgangslagebei den kantonalen Wahlen, die ihm Frühling kaskadenhaft zu Testwahlenwerden dürften. Dabei gilt es die elektoral sehr unterschiedlichenVoraussetzung in Appenzell Ausserrhoden, Basellandschaft, Zürich, Luzern undTessin stets mit zu berücksichtigen, denn diese fünf Kantone unterscheidensich gerade auf der Stadt/Land-Achse. Anders als in anderen Wahljahrenwerden Volksabstimmungen nach dem 13. Februar keine klimaprägendeWirkung mehr haben, denn es werden danach nur noch kantonale undkommunale Abstimmungen vor dem 23. Oktober 2011 stattfinden. Daseröffnet der Interaktionen aus Parteien, Medien und WählerInnen einenbreiteren Spielraum als sonst, um die Dynamik des Wahlkampfes zubeeinflussen.

Hauptbefund

Die Schweiz rückt nach rechts. Die SVP ist mit möglichen 30 Prozent dieeindeutig stärkste Partei. Die FDP kann sich halten, die CVP nicht. Die BDP istvor allem im bürgerlichen Lager eine beschränkte Alternative. Die GLP etabliertsich als neue Kraft zwischen den Blöcken. Sie nimmt dem bürgerlichenZentrum und dem rotgrünen Lager Platz weg.

These 1

Der festgehaltene Wandel in den Parteistärken ist zunächst Ausdruck derStimmungslage, wie sie durch die Volksabstimmungen vom 28. November2011 entstanden ist. Erstmals wurde dabei eine von der SVP vertreteneausländerkritische Initiative mehrheitlich angenommen. Das hat diePolarisierung der Parteienlandschaft unter Führung der SVP verstärkt.

These 2

Anders als in frühren Jahren kann die SP mit ihrem klar linken Programmkontern; sie ist zwar wieder eine anerkannte Themenpartei in sozialen undwirtschaftlichen Fragen, umschifft aber das auch für die Wählerschaftvordringliche Problem der Migration. Zudem differenziert sich das rotgrüneLager immer deutlicher in mehrere Parteien, von denen sich die GLP neu aufder Links/Rechts-Achse positioniert.

These 3

Klimatisch wird die Schweiz vor allem durch den Wertegegensatz zwischennationaler Eigenständigkeit und Integration nach aussen zweigeteilt. Das trifftvor allem die CVP. Auf der so überlagerten Links/Rechts-Achse gibt es jedochunverändert eher eine Dreiteilung zwischen rechten und linken Parteienrespektive bürgerlicher Mitte.

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These 4

Soziologisch gesehen wächst der konservative Pol über die Kerngruppen aufdem Land, in der katholischen Bevölkerung und unter RentnerInnen hinaus.Erfasst werden immer deutlicher Männer, hohe Einkommens- undBildungsschichten und Reformierte. Der moderne Pol verringert sich immermehr auf die grossen urbanen Gebiete und die Konfessionslosen. Der Schnittmit dem Trend zu konservativen Werten lässt sich am besten anhand derEntwicklungen in mittleren und kleineren Agglomerationen, bei mittlerem Alterund mittlerer Bildung beobachten.

These 5

Der Mittelstand behält seine hohe Vorbildfunktion für die schweizerischeGesellschaft. Faktisch rechnen sich alle Einkommensklassen mehrheitlich dazu.Das verringert die Möglichkeit der parteipolitischen Mobilisierung derunscharfen Vorstellung für die Parteien.

These 6

Der Wahlkampf 2011 ist über die Migrationsfrage lanciert worden. Sie nützteigentlich nur der hier am klarsten positionierten SVP. Nur die Grünen könnendurch Absetzung hiervon etwas profitieren. Die Polarität prägt auch diebisherige Wahrnehmung der Wahlkampagnen. Faktisch wird hier nur jene derSVP wahrgenommen. Bei SP, FDP und CVP glaubt man, dem mit der eigenenKampagnen präsenzmässig entgegensetzen zu können.

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4. Anhang

4.1. gfs.bern-Team

CLAUDE LONGCHAMP

Verwaltungsratspräsident und Vorsitzender der Geschäftsleitung gfs.bern, Ver-waltungsrat gfs-bd, Politikwissenschafter und Historiker, Lehrbeauftragter derUniversitäten Zürich und St. Gallen und an der Zürcher Hochschule Winterthur

Schwerpunkte:Abstimmungen, Wahlen, Parteien, politische Kultur, politische Kommunikation,Lobbying, öffentliche Meinung, Rassismus, Gesundheits- und Finanzpolitik

Zahlreiche Publikationen in Buchform, in Sammelbänden, wissenschaftlichenZeitschriften

MARTINA IMFELD

Projektleiterin, Politikwissenschafterin

Schwerpunkte:Analyse politischer Themen und Issues, nationale Abstimmungen und Wahlen,Wahlbarometer, VOX-Analysen, Kommunikations-Controlling, Medieninhalts-analysen, Ad-hoc-Studien, Qualitativmethoden

LUKAS GOLDER

Senior-Projektleiter, Mitglied der Geschäftsleitung, Politik- und Medienwissen-schafter

Schwerpunkte:Integrierte Kommunikations- und Kampagnenanalysen, Medienwirkungsanaly-sen, Abstimmungen, Wahlen. Modernisierung des Staates. Publikationen inSammelbänden, Fachmagazinen, Tagespresse und auf Internet

STEPHAN TSCHÖPE

Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Politikwissenschafter

Schwerpunkte:Komplexe Datenanalytik, EDV- und Befragungs-Programmierungen, Hochrech-nungen, Parteienbarometer, Visualisierung

JONAS PHILIPPE KOCHER

Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Politikwissenschafter

Schwerpunkte:Statistische Datenanalyse, EDV- und Befragungs-Programmierungen, Hoch-rechnungen, Medienanalysen, Visualisierung

SILVIA-MARIA RATELBAND-PALLY

Administration

Schwerpunkte:Desktop-Publishing, Visualisierungen, Projektadministration, Vortragsadministra-tion

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gfs.bernHirschengraben 5Postfach 6323CH – 3001 BernTelefon +41 31 311 08 06Telefax + 41 31 311 08 [email protected]