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TT: 20 Jahre TagesSatz

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EDITORIAL

* Der TagesSatz wird von Menschen in sozialen

Schwierigkeiten auf der Stra-ße verkauft. Vom Verkaufs-preis der Zeitung (2,00 Euro) behalten die VerkäuferInnen 1,00 Euro. Sie können damit ihre finanzielle Situation ver-bessern und sind nicht mehr auf Almosen angewiesen.

* Die Mitarbeit in Redak-tion und Vertrieb des

TagesSatz bietet arbeits- und wohnungslosen Menschen eine Aufgabe und die Mög-lichkeit, neue soziale Kontak-te zu knüpfen und ermöglicht langfristig gesehen den Wie-dereinstieg ins Berufsleben.

* Der TagesSatz finan-ziert sich ausschließlich

durch Verkaufserlöse, Anzei-gen und Spenden. Das Straßen-magazin erhält keine regelmä-ßigen Fördermittel.

* Wenn Sie den Tages-Satz über den Kauf hin-

aus unterstützen wollen, kön-nen Sie auf folgendes Konto eine Spende überweisen:

TagesSatz e.V.Kassler SparkasseKto.: 1183379Blz.: 52050353

TagesSatz e.V.Sparkasse GöttingenKto.: 50581511Blz.: 26050001

Bitte geben Sie Ihre Adresse im Feld Verwendungszweck an, damit wir Ihnen eine Spen-denbescheinigung zusenden können.

Der TagesSatz ist Mitglied von:

*TagesSatz.Hilft sofort.

Liebe Leserinnen und Leser,mit dem Editorial für die vorliegende Ausgabe (wir feiern 20-jähri-ges Bestehen!) möchte ich an die Worte der Kollegin Ute Kahle an-knüpfen, die das Editorial der Verkäufer-Ausgabe August verfasst hat.

Für die meisten von uns steht ein sicherer Arbeitsplatz sowie, damit verbunden, finanzielle Sicherheit im Vordergrund unserer Zukunfts-

wünsche. Das eigene Wohlbefinden sowie das der Familie sind aber genauso wichtig. Beides hängt oft eng zusammen.

In den letzten zwanzig Jahren, von denen ich nun auch schon dreizehn dabei bin, ha-ben wir es immerhin geschafft, seit der Gründung unseres Vereins und des zugehö-rigen Magazins im Jahre 1994 Jahr für Jahr unseren Verkäufern ein gewisses, wenn auch bescheidenes Einkommen zu ermöglichen. Das ist in heutigen prekären Zeiten, in denen nicht nur große Tageszeitungen zum Beispiel unter Anzeigen-Einbußen zu leiden haben, sondern auch Straßen-Magazine wie wir, nicht immer leicht.

Unserem Leitbild „Hilfe zur Selbsthilfe – für Menschen in sozialer Not“ gemäß, leis-ten wir seit zwanzig Jahren Basisarbeit. Neben dem Zuverdienst ist die nicht-materi-elle Unterstützung genauso wichtig. Und die zeigt sich dann im geduldigen Zuhören, wenn der Eine oder Andere im Büro seine Sorgen und Nöte schildert. Denn oft hilft es Betroffenen schon, wenn ihnen einfach mal eine/r „ein Ohr leiht“. Vielfach kön-nen wir auch bei Behörden-Angelegenheiten weiterhelfen oder zumindest vermitteln.

Doch auch wir stoßen hier und da an unsere Grenzen. Das ist in einigen Fällen bei un-seren rumänischen Verkäuferinnen und Verkäufern der Fall. Sie haben in ihrer Heimat leider oft nur eine unzureichende Schulbildung erfahren und waren dort in vielfälti-ger Weise Repressalien von Seiten des Staates und der Behörden ausgesetzt. Deshalb würden nicht wenige von ihnen gern hier arbeiten und sich ihren Lebensmittelpunkt einrichten. Doch das scheitert gleich an zwei Voraussetzungen: Kaum ein Arbeitge-ber ist gewillt, Sinti oder Roma einzustellen und genauso haben sie große Probleme, eine Wohnung zu bekommen. Da ist die Sprachbarriere fast noch das kleinste Übel.

So können wir zwar einerseits stolz darauf sein, dass es den Verein und das zugehörige Magazin nun schon zwanzig Jahre gibt. Doch am schönsten wäre es, wenn wir uns ei-nes Tages selbst überflüssig machen würden, weil sich die gesellschaftlichen Bedingun-gen zum Positiven hin verändert haben. Meiner Einschätzung nach wird es uns aber wohl noch weiterhin geben. Immer hoffnungsvoll, aber nie ganz zufrieden…

Herzlichst, Harald Wörner (Redaktionsleitung Kassel)

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TAGESSATZ INTERNATIONAL

* TSUKU YOMI VOR ORT IN PARIS

Tsuk

u Yo

mi

Europa ... Grenzenlos, anspruchslos?!

Nennt mich bitte einfach Clau-di, den Nachnamen kann so-wieso hier niemand ausspre-

chen und er ist auch mir nicht wich-tig. Hier ist das egal, hier ist jeder ein niemand. Hier unten sitzen die unter den Brücken, die die europäische Uni-on ausgespuckt hat, die Verlierersei-te. Zum Millenium bin ich hier her-gekommen. Ich hatte fertig studiert und meine Traumstelle in einem Pari-ser Modesalon gefunden. Nur ein be-fristeter Vertrag für 6 Monate, aber Ziel meiner Träume. Der Traum platz-te ein wenig schon bei der Wohnungs-suche, denn soo teuer hatte ich es mir in Paris nicht vorgestellt und so lan-dete ich erst einmal als Untermieterin in einer Model-WG, fand nach 3 Mo-naten dann auch glücklicherweise eine Mini-Einzimmerwohnung in den äu-ßeren Randbezirken und reiste jeden Morgen stundenlang mit der Metro zur Arbeit. Ich war fast eine Pariserin geworden. Der Job machte Spaß, doch nach sechs Monaten war er einfach zu Ende, ohne Vorwarnung, ohne Mit-teilung, einfach so. Das kannte ich so aus Deutschland nicht, doch ich hatte mich zum Glück rechtzeitig bei eini-gen Firmen beworben und so konnte ich die paar freien Tage bis zum neu-en Job genießen. Das ging acht Jahre so weiter, keine Sicherheit, immer auf der Suche nach neuen Jobs und immer noch in meiner Minieinzimmerwoh-nung. Als ich dreißig war, konnte ich mir auch noch den Satz anhören: „Sie sind zu alt, die Nächste bitte!“

Da ist was zerbrochen in mir, ich war tagelang am Weinen und so habe ich da auch einiges schleifen lassen, bin erst dann zum Arbeitsamt gegangen als ich fast kein Geld mehr hatte und Angst bekam aus meiner Wohnung zu fliegen. Doch da war es eigentlich schon zu spät, ich brauchte Papiere, übersetzt und beglaubigt und das kos-tete mein letztes Geld. Die Dame vom Amt stellte dann eine Zahlung in ei-nigen Monaten in Aussicht und sagte mir ich solle nach Deutschland zurück gehen, da würde man sowas wie mich durchfüttern. Ich erklärte ihr noch in einen letzten Anflug von Stolz das ich das bisher auch ganz gut alleine ge-schafft hätte.

Dann gab ich alles, stellte mich auf je-den noch so kleinen Job vor, doch ohne Erfolg, ein paar Stunden hier, ein paar Stunden da, aber nicht genug, es kam unerwartet schnell zu der Räumung der Wohnung, ich stand mitten im Winter vor dem Nichts. Es war Janu-ar und ein sehr netter Mitarbeiter der Räumungsfirma sagte mir nur: „Ge-hen sie zurück in ihre Heimat, solange sie können.“ Doch ich hatte nun kei-ne Heimat mehr. Deutschland war mir fremd geworden. Die wenigen Freun-de die ich hier hatte, nahmen mich im-mer mal wieder auf , ein paar Tage des Mitleids. Es war Winter, doch es war mir unangenehm, ich schämte mich, ich war zur Last geworden.

Und so zog ich im Frühjahr in den Park an der französischen National-Bibliothek, erst tagsüber, dann blieb ich immer länger, und schließlich blieb ich ganz. Es hat sich so ausge-schlichen…..genau wie die Hilfe hier. Die kam dann als Brief vom Amt, ir-gendwann im März/April, zu meiner einzigen Freundin, da durfte ich mich anmelden, so hatte ich wenigstens noch eine Adresse. Ein Ablehnungs-bescheid. Sie wollten mich hier nicht mehr, ich hatte verstanden.

Meine Tage haben heute nur noch ein Ziel: Wo kann ich heute Nacht schla-fen und was esse ich? So gehe ich ab und zum Second Hand Shop, suche mir neue Kleidung aus, gehe jeden Tag bei der lokalen Hilfsorganisation du-schen und wasche dort auch immer meine Sachen, von Hand. Das ist lei-der heute alles was ich zu tun habe. Wenn ich gut drauf bin verkaufe ich die Straßenzeitung Macadam und habe auch viele nette Kunden. Doch das reicht nur für das Nötigste und ich würde viel lieber arbeiten, eine feste Wohnung haben, nicht nur einen Kar-ton im Park oder bei Regen unter der Brücke an der Seine. Doch mir gibt hier kaum einer eine Chance. Ich bin nur die Deutsche, hängengeblieben und aussortiert. *

Unter den Brücken der Stadt, so könnte man den Wohnort der jungen Deutschen Claudia beschrei-ben. Dem TagesSatz hat sie ihre Geschichte erzählt.

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Hiermit ermächtige ich den TagesSatz e.V. meinen Jahresbeitrag / meine jährl. Abokosten bis auf Widerruf von folgendem Konto abzubuchen:

Name, Vorname:

Straße, Hausnr.:

PLZ, Ort:

Kontonummer:

BLZ: Geldinstitut:

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Bitte ausschneiden und zurücksenden an:TagesSatz e.V., Westring 69, 34127 Kassel

Grundsätzlich möchten wir Sie darum bitten, die Zeitung auf der Straße zu kaufen. Für diejenigen, die dazu keine Möglichkeit haben, bieten wir ein Abo für 50 € / Jahr an. Damit wird Ihnen der TagesSatz ein Jahr lang (12 Ausgaben) zugestellt. Selbstverständlich können Sie das Abo auch verschenken. Wer den TagesSatz darüber hinaus unterstützen möchte, der kann Fördermitglied werden. Eine Spendenquittung wird Ihnen am Jahresende automatisch zugesandt.

Fördermitglied oder ABO?

Ja, ich möchte dem TagesSatz e.V. als förderndes Mitglied beitreten.

Den Jahresbeitrag ( Mindestbeitrag von 75,- € ) in Höhe von

_____ € lasse ich jeweils vom angegebenem Konto abbuchen.

Der TagesSatz soll mir monatlich zugesandt werden.

Ja, ich möchte das Straßenmagazin TagesSatzfür mindestens ein Jahr abonnieren.

Die Kosten von 50,- € (incl. Versand) lasse ich jeweilsvom angegebenem Konto abbuchen.

INHALT

* 20 JAHRE9 Vielfalt durch Tiefgang REDAKTION KASSEL

11 Kasseler Rückschau: Wer ist treu und was ist neu? NORA MEY

12 Eine Schublade ist kein Ort zum Leben ANTONIA STOLL UND ZOÉ DUBOIS

13 Der TagesSatz als Sprungbrett JÖRG SANDERS

15 Der TagesSatz: Spielraum, Mini-Volontariat, Freiheit ANDREA TIEDEMANN

16 Stimmen aus der Fußgängerzone GEREON MEWES UND ROBIN MAAG

tagesklatsch mit kaffeesatz

6 mit MICK RODGERS und ROBERT HART UTE KAHLE

GÖTTINGEN18 Ein Blick hinter die Kulissen der Stadt UTE KAHLE

19 Der Armut altes Gesicht NIKI WILDBERG

20 Niemand soll hungern – Mittagstisch St. Michael UTE KAHLE

KASSEL22 Herzensangelegenheit Stadt-Imkerei HARALD WÖRNER

24 Sintflut und Sündenfall CHARLIZE MÄRZ UND KATHARINA SCHWARZ

25 Träumereien LYRIK VON SABINE PARSUNKA

RUBRIKEN3 Editorial

4 TagesSatz International

17 Paragraphenreiter

21 Der Comic

26 Kultur-Empfehlungen

28 Straßengeflüster

* Gedanken eines

TagesSatz-Verkäufers

29 Die Kochnische

30 Hinter den Kulissen

31 Zwischen den Zeilen

32 Was es sonst noch gibt

33 Der Ticker

Nächstes Mal

Impressum

34 Wohin, wenn

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DAS GESPRÄCH

tagesklatsch mit kaffeesatz

* UTE KAHLE IM GESPRÄCH MIT MICK RODGERS UND ROBERT HARTÜBERSETZUNG UTE KAHLE

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Unsere Straßenzeitung wird diesen September 20 Jah-re alt. In England gibt es

genau wie hier auch Straßenzei-tungen. Robert, Mick kennt ihr Straßenzeitungen?

Mick: Herzlichen Glückwunsch zu 20 Jahren. Big Issue kaufe ich regelmä-ßig. Ich habe sogar eine Stammver-käuferin, da hole ich sie mir immer, eine sehr freundliche Lady.

Robert: Ich unterstütze Straßenzeitun-gen und ihre Verkäufer auch schon ganz lange. Es ist ja wie ein kleines Geschäft. Und die Verkäufer sind ja im Prinzip kleine Unternehmer. Sie müssen die Zeitung einkaufen und

Über Jubiläen, Veränderungen in der Musikszene und über ganz persönliche Erinnerungen haben vor Ihrem Auftritt beim 25. Kaiser-Wilhelm-Park-Festival Mick Rodgers und Robert Hart von Manfred Man´s Earth Band bei einen Kaffeeklatsch mit dem Tagessatz philosophiert.

„Wir sind noch kein bisschen leise“

dann können sie die Zeitung für das doppelte verkaufen und behalten den Gewinn. Ist das in Deutschland auch so geregelt?

Ja, bei uns ist das genauso geregelt, das ist das Prinzip der Straßenzeitun-gen weltweit.

Robert: Meine Lebensgefährtin kauft sie auch immer, wir waren auch schon in der Stadt und sind mit mehr als ei-ner nach Hause gekommen, einfach weil wir mehreren Verkäufern helfen wollten und uns nicht nur auf eine Per-son beschränken wollten.

Mick: Sie stehen bei uns auch immer bei Wind und Wetter draußen vor

dem Waitrose (Anm.der Red.: Super-markt). Da greife ich eigentlich im-mer gerne zu.

Robert: Oft sehe ich die Verkäufer bei uns in London auch in der Kir-che und dann anschließend beim Verkaufen der Straßenzeitung, wie könnten wir da nicht wenigstens eine Zeitung kaufen? Wir sind schließlich privilegiert, können uns was leisten und jetzt ist es auch mal an der Zeit das wir etwas zurückgeben. Daher auch exklusiv das Interview für den TagesSatz.

Mick, sie haben ja vor vier Jahren hier schon mal gespielt. Haben sie da noch schöne Erinnerungen dran?

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DAS GESPRÄCH

Mick: Ja sicher, an den Wald erinnert man sich gerne. Du wirst sehen, Ro-bert, das ist eine total schöne Stim-mung dort. Da kann nix schief ge-hen, außer dem Wetter. Aber schlim-mer als bei unserer Tournee damals zusammen mit Toto kann es gar nicht werden. Da hatten wir immer top Wetter und sobald Toto auf die Büh-ne kam, wusch, da kam es in Strö-men von oben. Und bei einer Show mit Doro Pesch hatten wir das auch mal. Sie tat mir richtig Leid, sie muss-te ja vor uns raus und hat alles ab-bekommen.

Robert: Es gab ja eine Unwetterwar-nung; Hoffentlich ist das Konzert nicht in Gefahr heute Abend. Wir wollen den Menschen hier doch Freu-de machen.

Mick: Nein, das wird schon, wir sind halt echte Glückskinder.

Es geht ja auch das Gerücht um, dass ihr in Las Vegas genau den Umkleideraum hattet, in dem vorher Elvis Presley war. Machte das damals Eindruck auf Euch?

Mick: Das ist wahr, aber der Eindruck war ein anderer. Elvis hieß auch im-mer Trouble… er war ja auch kein ein-facher Mensch. Er rief mich dauernd an und ich verstand ihn damals nicht. Er war ja ein schmucker junger Mann in Uniform, ein Traum für alle Mäd-chen in Deutschland. Dann hat er sei-ne Priscilla kennengelernt und gehei-ratet. Wenn er das nur mit den Dro-gen gelassen hätte. Aber ich träumte auch immer von Frauen in Uniform in Deutschland… Leider Verkehrs-polizistinnen.

Oh je, das hört sich ja an als ob ihr eine Begegnung der dritten Art gehabt hättet. Was ist passiert?

Robert: Du träumst von Uniform- trägerinnen?

Mick: Ja, aber es war eher ein Alb-traum, denn ich fuhr zu schnell auf einer Autobahn. Aber Frauen in Uni-form mag ich trotzdem. So wie die

Feuerwehrfrauen.

Sie werden ja mit den Rolling Stones verglichen: Man will kein Konzert verpassen, aus Angst dass es das Letz-te sein könnte. Heute hat sich das Konzertpublikum auch verändert und die Fans wollen ihren Kindern zeigen, wozu sie, als sie jung waren, gerockt haben. Merken Sie das und macht Sie das stolz?

Robert: Ja und wir können unsere Fans trösten, wir haben schon Kon-zerte für 2015 zugesagt. Wir versu-chen ja auch, mit der Zeit zu gehen.

Facebook, Twitter: Neue Medien die ihr in der Entstehung miterlebt habt. Benutzt ihr sie gerne, fühlt ihr euch da zu Hause?

Robert: Nein, Twitter benutze ich nicht.

Mick: Ich auch nicht. Mein Leben ist auch so schon gefährlich genug. Aber ich mag Facebook. Es ist ganz toll für mich um mit meinen Kin-dern in Australien Kontakt zu hal-ten und zu sehen was sie gerade ma-chen. Aber die Leute verbringen lei-der zu viel Zeit damit.

Robert, womit wirst du uns in Zu-kunft musikalisch überraschen?

Robert: Ich habe ja jetzt erst mit mei-ner Band Diesel eine Platte rausge-bracht und dann steht im nächsten Jahr ja auch ein Soloprojekt an.

Mick, wird es weitere Soloprojekte ala „Sharabang“ geben? Das fährt ja sozusagen wie ein Omnibus den Rock´n´´Roll-Highway lang. Ist das eine Rückkehr zu altem Stil?

Mick: Ich liebe den Rockabilly-Sound und mein nächstes Album wird noch mehr Rockabilly haben. Eine Musik,

die nie weg war. Und jetzt hört man sie sich auf YouTube an. Das ist fan-tastisch.

Robert: Nur hier funktioniert das mit YouTube nicht, das habe ich schon ge-merkt. Immer nur ein trauriger Smi-ley. Aber man hat es uns erklärt, dass das daran liegt, dass die Künstler über eine Agentur bezahlt werden müssen. Und das ist auch nett.

Also, da keiner von euch Mitglied im „Club 27“ geworden ist, ist ja auch an Ruhestand nicht zu denken. Für wen schwärmen Sie heute?

Mick: Nun ich mag viele gute Schau-spieler, zum Beispiel Drew und ihren Vater Michael Barrymore.

Robert: Leute wie Amy Whinehouse haben mich als weiße Soulmusiker sehr beeindruckt. Das war ziemlich traurig, sie so gehen zu sehen.

Habt ihr euch deshalb auch mu-sikalisch so unterschiedlich wei-terentwickelt?

Mick: Manfred Mann hat in den sechziger Jahren Bob Dylan-Songs wie „Mighty Quinn“ bearbeitet und war sehr erfolgreich damit. Es war schon eine Art Tradition, dass er die Lieder geadelt hat.

Robert: Das passierte ja später auch mit den Liedern von Bruce Springs-teens „Blinded by the Light“: Da hat Manfred mehr von verkauft, als Springsteen selbst. Das sagt ja Eini-ges. Aber wir sind aktuell auch da-bei, für unser neues Album mit Man-fred Man´s Earth Band neue, eigene Lieder zu schreiben.

Mick: Und solange wir den Unter-schied zwischen 45 und 78 kennen und unsere Fans uns mögen, so lange werden sich die Vinylscheiben auch bei uns auf den Plattentellern drehen. Manfred sagte immer: „Die Musik, bei der du deinen ersten Sex hattest, vergisst du nie.“

Dankeschön für das Gespräch. *

„Ich träumte auch vonFrauen in Uniform“

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20 JAHRE

Warum schreibe ich für den Tagessatz?Es ist eine Herausforderung. Wir sit-zen in der Redaktion beisammen, ha-ben vorgegebene Titelthemen und Sei-ten zu füllen und sammeln Ideen. Er-scheint mir etwas wichtig oder interes-sant, melde ich mich und beginne Ma-terial zu sammeln, Leute zu befragen, natürlich auch das Internet zu Rate zu ziehen. Bald habe ich einen Wust von Informationen. Und dann beginnt die Arbeit, die mir Spaß macht, nämlich das Thema so zu strukturieren, dass es eine klare Linie bekommt, das Wichti-ge vom Unwichtigen getrennt, es flüs-sig lesbar wird, die Übergänge stimmen. Zum Schluss kommt das Kürzen wegen vorgegebener Zeichenzahl. Gut gefällt mir auch, wenn sich Fragen auftun, wenn ich plötzlich außer einer ober-flächlichen Meinung mir eine quasi un-terfütterte Kenntnis von Dingen, The-men, Problemen erarbeite. (Nora Mey)

Finde immer etwas InteressantesKaren Traudt kauft den TagesSatz schon über fünf Jahre regelmäßig, weil viele interessante Artikel drin stehen. Es wird über Dinge berichtet, mit de-nen man sonst nicht so in Berührung kommt. Sie hat sich daher auch meh-rere TagesSätze aufgehoben. In einem lag der Fokus auf der Grundsicherung. In einer anderen Ausgabe war für sie der Schwerpunkt der Beerdigungs-Kos-ten besonders interessant. Für sie ist wichtig, dass die Verkäufer auch ein bisschen dazuverdienen können. Sie wünscht sich, dass der Tagessatz wie bisher erscheint und verkauft werden kann. Sie möchte mehr Informationen darüber erhalten, wie es dazu kommt, dass so viele rumänische Verkäufer die Zeitung verkaufen und warum sie vie-le der ihr bekannten deutschen Verkäu-fer nicht mehr sieht.

Hier kann ich meine Kreativität auslebenBevor ich angefangen habe, für den Ta-gessatz zu schreiben, habe ich ihn nur in Form der Verkäufer wahrgenom-men. Ich habe ihn, ehrlich gesagt, nie gelesen und wusste auch gar nicht ge-nau, was es damit auf sich hat. Aller-dings habe ich noch bis heute die Stim-

Vielfalt und TiefgangDie Gründe dafür, dass sich Passanten unser Magazin auf der Straße kaufen, sind so mannigfaltig wie die Motivationen der Redaktions-Mitglieder, sich jeden Monat auf ein Neues Ge-danken zu Themen zu machen, die sie für interessant erachten.

me und Betonung des Verkäufers im Kopf, der in der Nähe der Sport-Are-na stand und immer wieder laut „Ta-gesSatz!“ rief. Auf einer Webseite wur-de ich darauf aufmerksam, dass Schrei-ber gesucht werden und seitdem bin ich Teil des TagesSatz. In meinem Fall be-deutet das, über Themen, Ausstellun-gen und Theaterstücke, die mich ins-pirieren, zu schreiben und auch mei-ne eigenen Werke zu veröffentlichen. Der TagesSatz ist für mich kein Mann auf der Straße mehr, sondern ein Pro-jekt, hinter dem ich stehe und in dem ich meine kreativen Energien ausleben kann. (Katharina Schwarz)

Tagesaktualität und Verkäufer-ArtikelIch bin eine mehr oder weniger regel-mäßige Leserin des TagesSatzes. Weni-ger regelmäßig, wenn ich keine/n der VerkäuferInnen treffe. Mich interes-sieren besonders aktuelle Themen, die sich mit Stadtentwicklung oder Initia-tiven beschäftigen, die etwas zur Ent-wicklung des Gemeinwesens Stadt bei-tragen. Aufmerksam habe ich auch den TagesSatz gelesen, in dem VerkäuferIn-nen selbst über ihre Lebenssituation ge-schrieben haben. Ich freue mich auch besonders über Artikel zum Thema Ökologie und Gärten in der Stadt. Und dazu bewundere immer wieder das En-gagement derer, die Monat für Monat den Tagessatz zum Blühen und Erschei-nen bringen. (Heidrun Hubenthal)

Der Zufall war GeburtshelferDass ich mit dem Straßenmagazin in Kontakt kam, war zwei Zufällen ge-schuldet. Vor einigen Jahren ging es mir in verschiedenerlei Hinsicht nicht besonders gut. Das betraf meine Ge-sundheit, meine damalige Wohnsituati-on und, daraus resultierend, auch mei-ne sozialen Kontakte. Ich zog mich im-mer mehr zurück und das tat mir gar nicht gut. Durch das langjährige Igno-

rieren dieser für mich wichtigen Aspek-te kam ich irgendwann an den Punkt, an dem ich mich dem ganzen Schla-massel stellen musste, anstatt immer davor wegzulaufen. Glücklicherweise erhielt ich damals professionelle Hilfe. Die Helfer fragten nicht groß nach, sie begleiteten mich mit Rat und Tat und halfen mir so wieder auf die Füße. Ge-boren bin ich in Baden-Württemberg. Den Schwaben sagt man ja nach, sie seien geizig. Richtig. Genauso richtig ist aber auch, dass wir ungern jeman-dem etwas schuldig bleiben. Von mei-nen Eltern bin ich so erzogen worden, dass das Zusammenleben ein ständi-ges Geben und Nehmen ist und dass man auch dankbar dafür sein sollte, wenn einem ohne großes Fragen Hilfe gewährt wird. Die Beschäftigung beim und mit dem TagesSatz (Redaktion und früher auch Vorstand) war für mich in-sofern auch wichtig, weil ich dadurch nicht nur im „eigenen Saft schmorte.“ Damals wie heute galt: Trotz aller per-sönlichen Widrigkeiten, die jeden von uns treffen können, will ich den Blick für meine Mitmenschen nicht verlie-ren, denen es genauso bescheiden oder gar noch schlimmer als mir geht. Inso-fern nährt sich mein Engagement beim „TagesSatz“ einerseits aus der Dank-barkeit gegenüber denjenigen, die mir damals in schweren Zeiten beigestan-den sind. Zum anderen ist es auch ein Stück weit gelebte Solidarität: Als ich Hilfe brauchte, habe ich sie bekom-men. Nun, da ich sie nicht mehr be-nötige, kann ich selber mit dazu bei-tragen, dass Menschen, die auch nicht „auf der Sonnenseite des Lebens“ ste-hen, beim „TagesSatz“ die Möglich-keit haben, sich in bescheidenem Rah-men etwas zu ihrem Lebensunterhalt dazuzuverdienen; oder redaktionell mitzuarbeiten und die Leser und Kun-den unseres Magazins an ihren Le-benserfahrungen teilhaben zu lassen. (Harald Wörner) *

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Kasseler TagesSatz-Team

Harald WörnerTrudi KindlNora Mey

Katharina SchwarzHans-Peter Pung

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20 JAHRE

* NORA MEY

Ein Blick auf die Mitarbeiter von damals zeigt, dass das Team so-wohl in Kassel als auch in Göt-

tingen fast komplett ausgetauscht ist bis auf wenige, die allerdings tolle und wichtige Leute sind und den TagesSatz am Leben gehalten haben.

Ich fange mal mit Harald Wörner, unserem Redaktionsleiter in Kassel, an. Ohne ihn würde unsere Redak-tion nicht laufen. Nicht nur leitet er die wöchentlichen Redaktionssitzun-gen, er ist auch im Büro viel präsent, springt ein und herum, wenn die Ver-triebsleute mal fehlen oder neue an-gelernt werden müssen, hält die Kon-takte zu den Göttingern und ist auch immer dafür gut, noch im letzten Mo-ment einen Artikel von einem Freund einzuwerben oder selbst zu schreiben. An Kritik muss er so einiges einste-cken, sei es, weil ein Artikel dann viel-leicht nicht so die Qualität hat oder weil die Endredaktion in Göttingen ir-gendwelche Probleme mit uns Kasse-lern hat oder unser Layouter an den Vorlagen etwas auszusetzen findet.

Kasseler Rückschau: WER IST TREU UND WAS IST NEU?

Golden glänzte mit einer schwarzen Zehn die Ausgabe zum 10jährigen Jubiläum des TagesSatz. Nicht gerade einfallsreich, denke ich und vergleiche mit unserem aktuellen TagesSatz. Der ist jetzt bunt und freundlich außen wie innen und – wie ich meine – auch spritziger in Text und Gestaltung.

Unser gewichtiger Vorstandsvorsit-zender, Hans-Peter Pung, ist ein weite-res Mitglied, ohne dass der TagesSatz nicht existieren würde. Ernst nimmt er seine Arbeit, sorgt für eine äußerst verlässliche und korrekte Geschäfts-führung und schreibt damals wie heu-te seine Kolumnen über Kochrezepte einerseits, Informationen zur Sozial-gesetzgebung andererseits.

Ansonsten ist aus unserer Redaktion noch Trudi Kindl schon vor zehn Jah-ren dabei gewesen. Trudi ist Exper-tin, wenn es um Infos zur Behinder-tenproblematik oder aber um Kontak-te zum Freien Radio oder zur Musik-Szene geht.

Wie erwähnt, ist das Zusammenspiel der beiden Redaktionen in Kassel und Göttingen nicht immer einfach. Beide sind von häufigem personellem Wech-sel geplagt. Während die Göttinger meistens ein überwiegend studentisch geprägtes Team haben und von Zeit zu Zeit richtige journalistische Talente in ihren Reihen schreiben, verschwin-den diese dann allerdings auch nach einer Weile wieder – eben, weil sie gut sind und einen „richtigen“ Job finden.

Bei uns in Kassel gibt es mit unserem Redaktionsleiter zwar einerseits eine Kontinuität, aber andererseits fegt es nicht nur seltener journalistische Ta-lente ins Haus. Sie sind auch noch schneller wieder weg zum Praktikum in Frankreich, zur wichtigen Prüfungs-vorbereitung oder zum guten Job, der ihnen keine Zeit mehr lässt.

Und gerade weil das Haltbarkeitsda-tum unserer RedakteurInnen häufig so schnell abläuft, möchte ich mit ei-nem Loblied auf Katha, also Katha-rina Schwarz, schließen. Immerhin ist sie seit zwei bis drei Jahren dabei, studierte vorher und studierte neben-her, machte Prüfungen und documen-ta-Führungen, schreibt für uns Rezen-sionen, Texte zu komplexen Themen, Unterhaltsames über ihre Katzen oder Gedichte. Selbstverständlich macht sie auch Fotos und Collagen am PC, ge-staltet ein Cover oder repariert unse-ren Computer.

Irgendwie hatten wir also immer Glück, die Ausgaben zu füllen. Manchmal sind wir sogar ziemlich stolz auf das Ergebnis. Zum Bei-spiel, wenn wir einen zukunftswei-senden Trend im sozialen oder öko-nomischen Bereich frühzeitig vorge-stellt haben. *

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* ANTONIA STOLL UND ZOÉ DUBOIS

In letzter Zeit kam es einige Male zu Kritik an unseren rumänischen Verkäufern. Sie seien generell auf-

dringlich, könnten kaum deutsch und die ursprünglichen Verkäufer würden von den rumänischen Neuzugängen „untergebuttert“ und verdrängt, heißt es meist. Auch die eine oder andere re-gionale Zeitung ist sich nicht zu scha-de für solche verallgemeinernden Be-hauptungen – natürlich nur aus Sor-ge um den TagesSatz. Unter solch ei-ner Maske der Besorgnis werden dann Menschen in rassistische Kategorien eingeteilt, die nur zu gut in den mo-mentanen Mainstream der Ausländer-feindlichkeit gegen Menschen rumä-nischer Herkunft passen.

Während also mit angeblich guter Ab-sicht Sorge um das Straßenmagazin geäußert wird, wird im gleichen Ar-tikel den Werten des TagesSatzes wi-dersprochen: Denn weder wollen wir Menschen in deutsche und rumänische, noch sonstige Kategorien einteilen. Wir sind nämlich der Meinung, dass kein Mensch in eine Schublade passt.

Den TagesSatz können deshalb alle ver-kaufen, die in Not sind und die sich an die Verkaufsregeln halten: Es darf nur an den verabredeten Standplätzen ver-kauft und nicht gebettelt werden. Zu-dem ist der Konsum von Alkohol wäh-rend des Verkaufs nicht gestattet und natürlich ist es nicht erlaubt, Kunden zu bedrängen oder bedrohen. Wenn sich jemand an diese Regeln nicht hält, dann wird ihr oder ihm der Verkauf verboten. Es gibt keine feste Grenze, ab wann jemand „arm genug“ ist um Verkäufer zu werden, denn wir wollen Menschen nicht sortieren und sind da-von überzeugt, dass sich niemand ein-fach so zum Spaß stundenlang auf die Straße stellt, um Zeitungen zu verkau-

Eine Schublade ist kein Ort zum Leben

Was ist der TagesSatz? Ein Magazin, klar. Aber auch die Verkäufer, die Redaktion und der Verein sind der TagesSatz. Dass vielen Menschen nicht wirklich klar ist, wer wir sind und wofür wir stehen, fällt uns besonders momentan auf.

fen – zumal die Verkaufsdauer ten-denziell steigt. Denn eine Stadt ver-trägt nur eine gewisse Anzahl an ver-kaufenden Menschen, irgendwann ist der „Markt“ übersättigt. Sobald die-se Schwelle überschritten ist, kann der einzelne Verkäufer weniger Zeitungen loswerden.

Selbst wenn die zufällig aus Rumäni-en stammenden Verkäufer den Tages-Satz belasteten, würde das nichts än-dern. Wir stehen nämlich hinter allen Verkäufern, die sich an die Regeln hal-ten und wir sind auch kein Boot, das irgendwann voll sein könnte, so gut das auch in das Weltbild einiger Men-schen passen würde.

Wer den TagesSatz verkaufen will, aber kein Deutsch spricht, wird an ei-nen Sprachkurs vermittelt. Leider kön-nen einige der Verkäufer aber nicht Le-sen und Schreiben, sodass sie erst ei-nen Alphabetisierungskurs benötigen. Der Vorstand widmet sich gerade der Aufgabe, einen solchen zu organisie-ren, was jedoch keine leichte Aufgabe ist, da Alphabetisierungskurse nicht nur kostspielig, sondern auch zeitauf-wändig sind, schließlich handelt es sich bei unseren Verkäufern um Menschen, die genug damit zu tun haben, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Natür-lich ist es eine wichtige Voraussetzung für das Leben in einem Land, die dor-tige Sprache zu beherrschen. Eine noch wichtigere Voraussetzung zum Leben generell ist aber ein Einkommen, so-dass Essen und Unterkunft bezahlt werden können. Im Übrigen reichen zum Verkauf einer Zeitung vorüberge-hend auch einige wenige Worte.

Was aber, wenn die Verkäufer auf der Straße angefeindet werden? Während Yogi auf ein „Geh doch arbeiten!“

einfach selbstsicher kontert: „Mach ich doch!“, ist die Sprachbarriere für einige Verkäufer noch zu hoch, um sich verbal zu verteidigen – ganz ab-gesehen davon, dass es sehr einschüch-ternd ist, auf der Straße zu stehen und solchen Pöbeleien ausgesetzt zu sein, egal ob man die Worte versteht oder nicht.

Wie beinahe jedes soziale Projekt ar-beitet der TagesSatz an den Baustel-len, an denen öffentliche Stellen nichts oder zu wenig machen und als nicht kommerzieller Verein liegt sein Zweck in der Selbstabschaffung. Erst, wenn kein Mensch mehr den TagesSatz ver-kaufen will oder muss, war das Pro-jekt vollkommen erfolgreich. Daher sind Erfolgsbeispiele wie das von Ste-fan Marx so wichtig.

„Ich habe eine zufriedenstellende Tä-tigkeit gefunden, hier werde ich gefor-dert und ich habe mich dafür entschie-den, hier zu bleiben. Den TagesSatz zu verkaufen macht mir jedoch nach wie vor Spaß, das ist eine ganz neue Art, Leute zu öffnen. Es ist eine schöne Sa-che, sich mit den Kunden zu unterhal-ten, Stammkunden und nette Kollegen zu haben. Der TagesSatz hat mir sehr viel Struktur gegeben.“, sagt er.

Das zweite wichtige Ziel, das wohl je-des Straßenmagazin verfolgt, ist, den Verkäufern ihre Würde spürbar zu machen. Sie sollen „erhobenen Haup-tes ihren Kunden gegenüber treten“ können und nicht aufs Betteln oder ausschließlich staatliche Gelder an-gewiesen sein.

Uns geht es um Hilfe zur Selbsthil-fe fern von Stigmatisierung, weil kein Mensch in eine Schublade passt. Da ist es einfach zu eng. *

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20 JAHRE

Lange habe ich gebraucht, um meinen Berufswunsch und mei-ne Berufung zu finden. Mein

Studium der Kulturanthropologie in Göttingen war dabei wenig hilfreich. Das führte unter anderem dazu, dass ich nach meinem Abschluss keinen Mangel an Freizeit hatte. Also emp-fahl mir eine Bekannte, für den Tages-satz zu schreiben.

Warum nicht, dachte ich mir. Ich ging zu den Redaktionstreffen, schrieb ers-te Artikel und unterstützte zugleich ehrenamtlich ein soziales Magazin. Super Sache! Das zumeist recht kre-ative Team, überwiegend bestehend aus Studierenden und Verkäufern, war auch super – was will man mehr? Geld, denn das fehlte.

Da mir das journalistische Arbeiten gefiel, besserte ich mein Einkommen ein wenig nach Praktika als freier Mitarbeiter beim StadtRadio sowie der HNA in Göttingen auf. Dennoch konzentrierte ich mich auf den Ta-gesSatz, denn dort haben die Schrei-berlinge viele Freiheiten. Es dauer-te nicht allzu lange, da hatte ich mit Malte Schiller die Redaktionsleitung in Göttingen inne und war plötz-lich Mitglied des Vereinsvorstands. Ich führte die „TagesKlatsch mit KaffeeSatz“-Rubrik ein und machte erste Interviewerfahrungen - etwa mit Jürgen Trittin, Thomas Oppermann, Olli Dietrich und Christian Springer. Auch super!

Längst war klar: Ich wollte professio-neller Journalist werden. Als Kultur-anthropologe war meine Berufswahl ohnehin stark eingeschränkt. Nach ungezählten Bewerbungen und eini-gen Vorstellungsgesprächen bekam ich irgendwann die Zusage aus Osna-

* JÖRG SANDERS

Der TagesSatz als Sprungbrett

Von Göttingen nach Osnabrück – ein ehemaliger Redaktions-leiter erzählt von seinem Weg seiner journalistischen Karriere.

brück für ein Volontariat: ein großes Glück, denn Stellen sind rar und Be-werber viele! Heute bin dort fest an-gestellter Lokal- und Digitalredakteur und schreibe für Print, iPad, Smart-phone und das Internet.

Ich gratuliere dem TagesSatz in Göt-tingen und Kassel zu seinem 20-jäh-rigen Bestehen. Ohne ihn wäre ich wohl heute nicht dort, wo ich jetzt stehe. Ich hoffe aller-dings, dass er keine wei-teren 20 Jahre beste-hen wird - bestehen muss. Denn es ist be-dauerlich, dass eini-ge Menschen auf die-ses Zubrot angewie-sen sind.

Ach ja: Mein Einkom-men verbesserte sich in Osnabrück zwar erheb-lich, doch die viele Frei-zeit fehlt mir schon ein wenig ... *

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20 JAHRE

Göttinger TagesSatz-Team

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20 JAHRE

* ANDREA TIEDEMANN

Was für eine Freiheit! Schrei-ben, worüber man Lust hat! Ohne den Druck, ta-

gesaktuell zu sein. Das ist das Erste, was mir einfällt, wenn ich an mei-ne Zeit beim TagesSatz zurückdenke. Sich in Ruhe ein Thema vorzuneh-men, es von verschiedenen Seiten zu beleuchten – was für ein Luxus.

Heute, als „richtige“ Redakteurin bei der Tageszeitung, geben natürlich meist andere Maßstäbe den Takt vor – Nachrichten müssen schnell raus, Pflichtthemen abgearbeitet werden. Das Schreiben macht aber noch ge-nauso viel Spaß wie bei meinen ers-ten Zeilen für den TagesSatz.

Wenn jetzt einmal soziale Themen auf der Agenda stehen, schauen in der Re-daktionskonferenz die Köpfe meist zu mir herüber. Den Gang ins „Problem-viertel“? Macht Andrea bestimmt ger-ne. Macht sie. Den Bericht über die Drogenberatungsstelle? Die Obdach-

Der TagesSatz: SPIELRAUM, MINI-VOLONTARIAT, FREIHEIT

Eine ehemalige TagesSatz-Redakteurin berichtet, wie sie die Zeit beim TagesSatz empfand und was sie nun als professionelle Journalistin erlebt.

losenunterkunft? Macht sie. Ein In-teresse, das mich überhaupt erst zum TagesSatz gebracht hat, das aber auch jetzt noch meinen beruflichen Alltag beeinflusst.

Wenn ich an den ersten Text im Ta-gesSatz zurückdenke, muss ich zuge-ben, dass ich ganz schön aufgeregt war. Den eigenen Namen in der Au-torenzeile zu sehen, habe ich als gro-ßes Privileg empfunden. Der TagesSatz war für mich eine Art Spielraum, um mich auszuprobieren. Und nicht nur mit sozialen Themen. Ob Juristisch-Kurioses, Theater-Rezensionen oder das Portrait über einen spannenden Menschen – der TagesSatz bedeute-te für mich eine Art „Mini-Volonta-riat“, in dem ich meine Stärken und Schwächen ausloten konnte. Je mehr ich schrieb, desto klarer wurde mir, dass ich noch mehr schreiben möch-te – und dies zu meinem Beruf ma-chen sollte.

Mit ganz unterschiedlichen Menschen ein gemeinsames Produkt entstehen zu lassen, hat mich von Anfang an faszi-niert, schon beim TagesSatz. Und im Prinzip ist eine professionell arbeiten-de Redaktion ähnlich – jeder bringt ganz unterschiedliche Sichtweisen ein, es wird immer wieder diskutiert, was gut, was richtig, was sinnvoll ist.

Ganz so basisdemokratisch wie beim TagesSatz geht es natürlich nicht zu, auch der Zeitdruck ist viel höher – die Abläufe sind aber zum Teil ähnlich. Wie wichtig gute Planung, wie wich-tig das Einhalten von Zusagen und Fristen bei einer Veröffentlichung ist, auch all das bekam ich schon beim Ta-gesSatz zu spüren. Für alle diese Er-fahrungen bin ich sehr dankbar, denn sie haben meine berufliche Laufbahn stark geprägt. Und ich bin dankbar, die Menschen kennengelernt zu ha-ben, die hinter dem TagesSatz stehen.

Happy Birthday, TagesSatz! *

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20 JAHRE

Stimmen aus der Fußgängerzone

* GEREON MEWES UND ROBIN MAAG

Für Alexander ist der TagesSatz eine Zeitung, die sich sozial enga-giert und er kauft ihn, weil er So-zialwissenschaften studiert und die Themen interessant findet.

Für Christian ist der TagesSatz die so-ziale Zeitung schlichtweg. Er kauft ihn wegen des sozialen Aspekts und weil er nette Leute kennt, die mal für den TagesSatz geschrieben haben.

Konrad arbeitet für die Bahnhofsmis-sion und findet das System des Tages-Satz super, das es den Verkäufern er-möglicht, wieder im Leben Fuß zu fassen und ihnen eine verpflichtende Aufgabe im Alltag gibt.

Für Sina ist der TagesSatz der Mut armer Menschen, wieder aktiv am gesellschaftli-chen Leben teilnehmen zu wollen. Durch den TagesSatz haben sie einen Beruf und somit auch wieder ein Selbstwertgefühl.

Simon und Jenny sehen in dem TagesSatz das täglich Brot für Obdachlose und kaufen ihn, um den Menschen zu helfen.

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IM NAMEN DES VOLKES

* HANS PETER PUNG

Neues vom AmtMietobergrenzeBezieher von Sozialleistungen haben Anspruch auf die Erstattung angemes-sener Unterkunfts-Kosten. Die Mieto-bergrenze muss dabei sorgfältig ermit-telt werden. Neben der Durchschnitts-miete muss dabei auch der Standard der Wohnung (einfach, mittel, geho-ben) berücksichtigt werden. Die Rich-ter am Landessozialgericht (LSG) Nie-dersachsen - Bremen bemängelten da-bei die Vorgehensweise des Jobcen-ters des Landkreises Göttingen. Hier hatte man die Mietobergrenze fest-gesetzt, ohne den Standard der Woh-nung zu berücksichtigen. Geklagt hat-te eine dreiköpfige Familie aus dem Landkreis Göttingen. Das Jobcenter muss nun die Differenz zur tatsäch-lichen Miete in Höhe von 50 Euro nachzahlen.

LSG Niedersachsen - Bremen AZ: L 7 19 330/13

Mehr SozialhilfeDie Sozialhilfe für volljährige behin-derte Menschen, die bei ihren Eltern oder in Wohn-Gemeinschaften leben, bemisst sich nach der Regelsatzstufe 1 (100%). Hinweis: Betroffene sollten einen Überprüfungsantrag (§ 44 SGB X) stellen. In der Regel müssen die Sozial-ämter den Differenz-Betrag nachzah-len. Näheres regelt § 116a SGB XII.

LangzeitarbeitsloseDie Anzahl der öffentlich geförder-ten Beschäftigungsverhältnisse hat sich seit 2010 um mehr als die Hälf-te verringert. Dies hat eine Anfrage der Grünen im Bundestag ergeben. Demnach ist die Anzahl der Förder-stellen von mehr als 350.000 auf ak-tuell 136.000 verringert worden. Der Geschäftsführer des Deutschen Pari-

Welche Änderungen wird die Reform der Sozialgesetzgebung mit sich bringen? Eine Frage, auf deren Antwort derzeit mit Spannung gewartet wird. Klar scheint zu sein, dass es bei der Antragsstellung zu Vereinfachungen kommen soll. Experten erwarten auf der an-deren Seite aber auch erhebliche Einschränkungen für Betroffene. Wir werden die Entwicklung beobachten.

tätischen Wohlfahrtsverbandes, Ul-rich Schneider, meint dazu: „Die Po-litik müsse eingestehen, dass einige hunderttausend Menschen bei den Jobcentern ohne öffentlich geförder-te Beschäftigung nicht mehr in Ar-beit zu bringen sind. Es sei an der Zeit, jetzt auch was für die Langzeit-arbeitslosen zu tun.“ Währenddessen plant die Bundesregierung ab 2015 ein neues Programm für Langzeitarbeits-lose. Geplant ist, für 30.000 dauer-haft Erwerbslose Arbeitsmöglichkei-ten zu finden und den Arbeitgebern einen Lohnkostenzuschuss (bis zu 75 Prozent) zu zahlen. Zurzeit sind etwa 1.000.000 Menschen langzeitarbeits-

los. Gesucht werden einfache Tätig-keiten, wie etwa Helfer in der Indus-trie oder der Gastronomie. Das Pro-gramm richtet sich an Langzeitarbeits-lose, die älter als 35 Jahre alt sind, keine Berufsausbildung haben, län-ger als 5 Jahre Arbeitslosigkeit hin-ter sich haben und als schwer vermit-telbar gelten. Das Jobcenter Zwickau zum Beispiel will seine Arbeitslosen zu Benimm-Kursen schicken und da-durch die Chance, eine neuen Job zu finden, erhöhen.

Liebes Jobcenter Zwickau, was soll das? Besser wäre Qualifikation statt Stigmatisierung. *

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GÖTTINGEN

Oft sind es nicht die Hochglanzbroschü-ren, die Informationen versprechen, sondern das Wort von Mund zu Mund:

„Du, wenn Du Hunger hast, ich kann Dir sagen wo Du etwas zu Essen bekommst“. So wurde die Idee einer Stadtführung mit Fokus auf sozi-alen Einrichtungen geboren.

Im November 2009 zeigten erstmals die Mitar-beiter der Göttinger Bahnhofsmission und das Team des Straßenmagazins Tagessatz den Bür-gern ihre Stadt von einer anderen Seite. Heute sind die sozialen Stadtführungen eine feste Ins-titution. Es sind nicht die bekannten Sehenswür-digkeiten, sondern die dringend benötigten An-gebote, Hilfe zu erhalten, die bei diesen Stadt-führungen in das Visier der Öffentlichkeit ge-rückt werden. Die Stadtführer_innen vermitteln ihr Wissen über die sozialen Einrichtungen ihrer Stadt und deren Weiterentwicklung.

Die Anlaufstellen, nicht nur für Hilfesuchen-de, sondern oft auch für Angehörige und inter-essierte Bürger, werden vorgestellt und ihre Ar-beit erläutert.

Die aktuellen Themen sind vielfältig und im-mer wieder neu. Der Umzug der Tafel, der Um-bau des Männerwohnheims der Heilsarmee in ein Wohnheim für Frauen und Männer, ... Ge-schuldet der aktuellen Unterbringungsnot und der Knappheit sozialen Wohnraums in Göttin-gen, sind aktuell immer mehr Bedürftige und Obdachlose zu verzeichnen.

Stationen der Stadtführung sind zum Beispiel die Bahnhofsmission, die Göttinger Tafel, das Projekt Blechtrommel der Jugendhilfe Göttin-gen, das Wohnheim der Heilsarmee, der Ver-ein Kore, das Migrationszentrum für Stadt und Landkreis, die sozialpsychiatrische Beratungs-stelle Shelter, das Drogenberatungszentrum für illegale Drogen des Diakonieverbandes, der Mit-tagstisch für Obdachlose und Arme der katholi-schen St.-Michael-Gemeinde, die Arbeiterwohl-fahrt mit ihrer Schuldnerberatung, der Jobclub 50+, das Jobcenter Jugend, die Ambulante Hil-fe (ehemals Wohnungsnothilfe), die Straßenso-zialarbeit des Diakonieverbandes Göttingen, die therapeutische Jugendhilfeeinrichtungen und die Redaktionsräume des Tagessatzes.

Wer möchte, kann sich auch eine individuel-le Stadtführung ganz nach seinen Bedürfnissen zusammenstellen lassen.

Ein Blick hinter die Kulissen der Stadt

„Wohin, wenn…“, so titelt die Hilfeseite des Ta-gesSatzes seit Jahren, doch die Einrichtungen zu sehen, auch wenn es jemandem gerade gut geht, ist das Ziel der sozialen Stadtführung in Göttingen.

* UTE KAHLE

* MEHR ZUM THEMA:Stadtführung offen für jeden Interessierten:Samstag 27.09.2014, 11.00 Uhr Treffpunkt: Eingang Hauptbahnhof

Bitte melden Sie sich vorab telefonisch beim TagesSatz. Wir bitten um eine Spende von 5 Euro pro Teilnehmer.

Bahnhofsmission Tel.: 0551 / 56190TagesSatz Tel.: 0551 / 5311462

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GÖTTINGEN

* NIKI WILDBERG

Der Armut altes Gesicht ist in Göttingen auch nicht selten ihr neues. Das ist der Grund-

tenor von Jürgen Schallmanns Dok-torarbeit, die er (zusammen mit Dok-torvater Dr. Peter Aufgebauer) am 09.07. im Göttinger Stadtarchiv der Öffentlichkeit vorstellte. Diejenigen, die sich ernsthaft mit einem solchen Thema auseinandersetzen, kann das kaum in Erstaunen versetzen. Und von solchen Leuten befanden sich manche in Schallmanns Publikum. Wie Ilona Ostner (Professorin für vergleichen-de Sozialpolitik an der Universität), gaben sich einige im Verlauf der Ver-anstaltung auch mit gezielten Fragen zu erkennen.

Doch zunächst ein Überblick über die von Schallmann verfasste Arbeit: „Arme und Armut in Göttingen 1860-1914“. Im Gegensatz zum Mittelalter, als die Menschen sich vom Staat nichts erhoffen konnten, war die Armut hier vor 100 Jahren kein ständig vernach-lässigtes Kind mehr. So konnten sich die davon betroffenen Personen etwa mit Hilfe der Einrichtung einer städ-

Der Armut altes GesichtNormalerweise schlagen wissenschaftliche Arbeiten zur Er-langung des Doktortitels in der Öffentlichkeit keine Wellen. Es sei denn, der Prüfling hat dabei kräftig geschummelt. Um so bemerkenswerter also, dass sich zur abendlichen Buch-vorstellung des Geschichtsstudenten Jürgen Schallmann im Göttinger Stadtarchiv über 20 Besucher einfanden. Das The-ma hatte es allerdings auch in sich: Ging es doch um Armut in dieser Stadt – und wie man vor 100 Jahren damit umging.

tischen Armenkasse über Wasser hal-ten. Da die Basis dieser Kasse jedoch eher schmal war, lief die Verpflegung darüber mehr schlecht als recht. Die Armen mussten sich folglich umtun, um über andere Instrumente ihr wirt-schaftliches Überleben zu sichern. Ge-eignet dazu waren u.a. die (immer noch existierende) Armenfürsorge der Kirchen sowie Kredite, die den sozial Schwachen gleichfalls von der Stadt angeboten wurden – wenngleich auch damals schon Stimmen laut wurden, die vor einem „Missbrauch durch die gleichzeitige Nutzung verschiedener Hilfsangebote“ warnten.

Ähnlich wie heute hatte die Fürsorge der Kommune für die Beteiligten aber ohnehin mindestens einen Wermuts-tropfen bereit: mit Hilfe ehrenamt-licher Armenpfleger musste erst fest-gestellt werden, wer als arm zu gel-ten hatte. Das Ganze hatte also „ei-nen subjektiven Touch“ (Schallmann). Denn schließlich hing es sehr vom Ur-teil einer nicht einmal dafür ausgebil-deten Person ab, ob man Armenfür-sorge bezog oder nicht. Außerdem

gab es um 1900 in Göttingen mehre-re Armenarbeitshäuser, deren Ziel da-rin bestand, die Betroffenen zum Fleiß und zur Ordnung zu erziehen. In der Praxis sah das so aus, dass die Men-schen dort Holz zerkleinern und Mat-ten flechten mussten, also Zwangsar-beit zu verrichten hatten. Mit Bezug der Fürsorge waren sie nämlich auch ihrer Bürgerrechte verlustig gegangen. Das hat einen ähnlichen Stallgeruch wie die aktuellen Sanktionen, mit de-nen Arbeits- oder Sozialämter jeman-den überziehen können, der auf sie an-gewiesen ist und nicht „spurt“. Auch heutzutage haben Bezieher staatlicher Hilfe nicht mehr dieselben Rechte wie andere Bürger, ohne Anmeldung dür-fen sie beispielsweise den Wohnort nicht mehr verlassen.

Im Gegensatz zu Ostner und Schall-mann kann es sich nicht jeder leisten, Armut durch die Brille der Forschung zu betrachten, weil er sozial oder be-ruflich davon betroffen ist. Und da es auch sonst gerne hitzig wird, wenn Gegenwart und Geschichte aufeinan-der treffen, entspann sich an diesem Abend bald eine lebendige Diskussi-on. Einige der Zuhörer warfen Schall-mann vor, er habe in seinem Vortrag die mit der damaligen Armut verbun-denen Probleme verharmlost bzw. sachlich zu distanziert betrachtet. An-dere wiederum reagierten darauf mit Ablehnung, indem sie den Kritikern vorwarfen, diese redeten aus sozialro-mantischer oder politischer Motivati-on über Armut – anstatt etwas dage-gen zu unternehmen. Herrn Ruprecht Senior hingegen fehlte eine Beschäfti-gung mit den verarmten Witwen der Universitätsangestellten. Als Mode-rator hatte Dr. Aufgebauer alle Hän-de voll zu tun. Er wies die Teilnehmer gegen Ende der Veranstaltung darauf-hin, dass angesichts der knapp bemes-senen Zeit eine grundlegende Diskus-sion nicht zu bewerkstelligen sei.

* MEHR ZUM THEMA:Dr. Jürgen Schallmann: Arme und Armut in Göttingen 1860-1914 (Studien Zur Geschichte der Stadt Göttingen, Bd. 25) Vandenhoeck & Ruprecht Auflage: 1 (18. Juni 2014)

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GÖTTINGEN

* UTE KAHLE

Niemand soll hungernMITTAGSTISCH ST. MICHAEL

Pfarrhäuser in Innenstädten sind Adressen, bei denen Hilfe-suchende sich melden - oft bitten sie um Geld für Essen. Im September 1990 richtete die katholische Kirchengemeinde St. Michael in Göttingen den Mittagstisch St. Michael ein.

Als einfache Antwort auf den geschlossenen Imbiss der Nachbarschaft gedacht, wur-

de der Mittagstisch schnell zu einen wichtigen Teil der sozialen Infrastruk-tur der Stadt.

Jeden Tag, pünktlich um 12 Uhr, öff-net sich die Tür für die Gäste. An Wo-chenenden und Feiertagen nehmen oft über 60 Menschen das Angebot wahr, für 60 Cent ein Tellergericht, welches von ehrenamtlichen Helfern gekocht wird, zu essen. An den übri-gen Tagen wird für 25 Cent ein Ein-topf angeboten, der von verschiede-nen Großküchen der Region zuberei-tet und von der Göttinger Tafel gelie-fert wird. Werktags schwankt die Gäs-tezahl im Jahresverlauf zwischen 25 und 50 - im Sommer weniger und im Winter mehr. Nicht alle essen täglich den Eintopf, viele machen sich nur ein Schmalz- oder Marmeladenbrot und trinken etwas.

Regelmäßig gibt der Mittagstisch Künstlern die Möglichkeit, ihre Bil-der auszustellen, und veranstaltet Aus-stellungen und Vernissagen in seinen Räumen. *Street Doves Göttinger Gospel und Soul Strassentäubchen: Wenn ein Name Programm ist, dann bei der Göttinger Band Street Doves. Das sind: Charles Ollivierre alias Ringo (Gesang), An-dreas Winzen alias Methusalem (Gi-tarre und Gesang), Juliane Meyer ali-as Marie‘s voice (Gesang) und Peter Winzen am Keyboard. Sie sind die Hausband des Mittagstisches St. Mi-chael, rockten schon den Nörgelbuff und bereichern Gottesdienste und Vernissagen mit stimmungsvollem Gospel und Soul. In der derzeitigen Besetzung spielen sie seit zwei Jah-ren. Der Name „Street Doves“ ent-stammt ihrem ersten gemeinsamen Lied. Durch langjährige Erfahrung mit Gospel und Soul hat das Quar-tett sein Können Schritt für Schritt verfeinert, sie präsentieren ihren Fans feinen Südstaaten-Gospel, Blues und immer wieder auch eigene Songs.

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le 20 Jahre TagesSatzZweimal im Jahr geben die Verkäufer eine Verkäuferausgabe mit selbst-gezeichneten Bildern, Artikeln und Gedichten heraus. Sein 20jähriges Ju-biläum nimmt der TagesSatz zum Anlass, die Bilder seiner Verkäufer und Illustratoren im Mittagstisch St. Michael auszustellen.

Eröffnet wird die Ausstellung am 26.09.2014 um 18.00 Uhr mit einer Vernissage im Mittagstisch St.Michael, Turmstraße 5, 37073 Göttingen.

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DER COMIC

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KASSEL

Herzensangelegenheit Stadt-Imkerei

Für manche Leser mag es verwunderlich klingen, aber direkt im Kasseler Stadtge-biet gibt es einen Imker, dessen Bienen sehr schmackhaften Honig erzeugen. Einer seiner Bienenstände steht in der Nähe des Hauptfriedhofes in der Kasseler Nordstadt.

* HARALD WÖRNER

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KASSEL

Als Bienenzüchter (Bienenvater) sollte man in gewissem Maße höhenfest sein. Denn je nach

Standort können die Bienenstöcke auch einmal auf einem normalerweise ungesicherten Flachdach eines Mehrfa-milien-Hauses oder auf dem sonst un-zugänglichen Opernvordach des Kas-seler Staatstheaters stehen. Daran hat sich Victor Hernández (37) mittlerwei-le gewöhnt. Von Haus aus ist er ja ei-gentlich Journalist, hat an der Uni Kas-sel Politikwissenschaft und Hispanistik studiert: „Ich betreibe ein Büro für Un-ternehmenskommunikation. Da küm-mere ich mich für meine Kunden dar-um, wie sie ihr Unternehmen nach au-ßen präsentieren. Das kann über Kun-denzeitschriften, Broschüren oder Pres-semitteilungen geschehen.“

„Zu meiner Leidenschaft, der Stadt-Imkerei, kam ich mehr oder weni-ger durch Zufall. Mich interessierte schon im-mer: Was ist wo drin? Ich wollte mehr über die Hintergründe von Le-bensmitteln erfahren. Damals erzähl-te mir eine Freundin, sie habe in Prag Honig von „Stadt-Bienen“ gegessen. Sie war es dann auch, die mir vor-schlug, so etwas auch einmal in Kas-sel zu versuchen.“ Zwar war für ihn das Thema zu Anfang völlig neu, doch „als Journalist war es für mich nicht sonderlich schwer, an die entsprechen-den Informationen zu gelangen.“

Hernández hatte sich dem Thema zu-nächst in der Annahme genähert, die Imkerei käme für ihn eigentlich nicht in Frage. Doch je tiefer er in die Ma-terie einstieg, umso näher kam er den Bienen: „Das lag zunächst daran, dass ich selbst über keinen eigenen Garten verfüge und mir, ehrlich gesagt, die Imkerei wie „ein Buch mit sieben Sie-geln“ erschien.“ Doch er tauchte tiefer und tiefer in diese Wissenschaft ein, die Honigbienen wurden ihm schnell vertraut und „plötzlich standen die ersten zwei Völker auf dem Dach des Mehrfamilien-Hauses in der Nord-stadt, in dem ich selbst lebe.“

Was den Kasseler Stadthonig, im Ge-gensatz zu den Honigen vom Land, un-

terscheidet, ist die breite Blütenvielfalt im urbanen Raum: „Kassel ist eine der grünsten Städte in Deutschland. Wäh-rend sich hier von Frühling bis Herbst die unterschiedlichsten Pflanzen in ih-ren Blühphasen abwechseln, fallen die Bienen auf dem Land in die sogenannte „Trachtlücke“. Normalerweise sollten Honigbienen von Frühjahr bis in den Herbst hinein ein „lückenloses“ Blü-tenangebot vorfinden. Lücken können in letzter Konsequenz zum Verhungern des ganzen Volkes führen.

Dies ist letztendlich die Folge davon, dass der ländliche Raum von Mono-kulturen dominiert wird. Es leuchtet wohl jedem ein, dass die Bienen hier nur ein stark eingeschränktes Ange-bot vorfinden können. Das betrifft zum Einen die Artenvielfalt und zum Anderen die Zeiträume, in denen sie Blüten anfliegen können. Und das hat

Folgen. „Honig aus Monokulturen ist eine geschmackliche Einbahnstraße, Stadt-Honig schmeckt hier einfach fa-cettenreicher als der Honig vom Land. Und im Gegensatz zur Landwirtschaft werden für öffentliche Flächen oder Privatgärten nur selten Pestizide ein-gesetzt“, berichtet Hernández.

Dass sein Honig frei von Schadstof-fen und chemischen Zusätzen ist, hat er seit Herbst vorletzten Jahres auch amtlich: Der Hessische Imker-bund prämierte das Naturprodukt mit einem 1. Preis und dem Prädikat Gold.

„Eigentlich gilt ja das Verdikt, der städtische Raum sei der größte Feind der Natur. Am Beispiel der Bienen-haltung lässt sich aber zeigen, dass durch eine Steigerung der Biodiversi-tät (Artenvielfalt) der Mensch der Na-tur auch etwas zurückgegeben kann. Davon profitieren dann auch die Men-schen in der Urbanität “, so der Imker. Es zeige sich, dass in einer vermeint-lich grauen Stadt gerade der Blick ins Kleine sich lohne, allein schon aus dem Grund, um zu erfahren, was hier alles blüht und umherfliegt.

Laut Victor Hernández hat die Bienen-haltung in den letzten fünfzig Jahren deutlich an Komplexität hinzugewon-nen. Der Hauptfeind der Honigbiene ist heute die Varroa-Milbe. Sie zu be-kämpfen, ist die Hauptaufgabe des Im-kers: „Es hat sich gezeigt, dass es ge-gen diesen Parasiten keine Maximal-keule gibt. Die Bienenhaltung ist da-her heutzutage zu einer Herkulesauf-gabe geworden. Das gilt vor allem für das Imkern auf den Dächern. Denn die Schlepperei der Stöcke auf die Dä-cher hinauf bedeutet einen deutlich er-höhten Aufwand“, so der Stadt-Imker.

Und der kann nicht durch den Honig-Verkauf finanziert werden. „Die Im-kerei mit ungefähr dreißig Völkern, so wie ich sie betreibe, ist mehr eine „Herzens-Angelegenheit“. Es macht keinen Sinn, jede Stunde Arbeitszeit oder ausgegebene Euros zu betrau-

ern. Mich freut es am meis-ten, wenn meine Bienen ge-sund sind und sich gut ent-wickeln.“

Deswegen habe er auch das Label „Honig-Manufaktur aus Leiden-schaft“ gewählt: „Ich muss halt schau-en, wo ist die Grenze bei meinem per-sönlichen Budget, was natürlich auch das Zeitbudget einschließt. Mein An-liegen ist, dass ich den überschüssigen Honig, den ich mit meinen Bienen er-zeuge, auch anderen Honigliebhabern zugänglich machen möchte. Das un-terscheidet mich von kommerziellen Händlern, die auch fremden Honig ankaufen, um ihn dann unter ihre ei-gene Produktion zu mischen.“

Monokultur-Honig als geschmackliche Einbahnstraße

* MEHR ZUM THEMA:Kasseler Stadthonig-ImkereiVictor Herná[email protected].: 0561/40701177www.kassel-stadthonig.com

Der Kasseler Stadthonig ist u.a. er-hältlich in der Victoria-Apotheke (Holländische Straße 74), im Café Flora (Holländische Straße 77), bei El Torito (Holländische Straße 19 – Hinterhof), im Edeka-Markt Fied-ler (Eisenschmiede) oder, nach Ter-minvereinbarung, beim Imker Victor Hernández selbst.

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TagesSatz * 09/1424

KASSEL

* CHARLIZE MÄRZ UND KATHARINA SCHWARZ

Die Bibel erwähnt circa 100 Tierarten, die im Gebiet des heutigen Ägyptens und in

Vorderasien vorkamen. Der Schau-platz ist der sogenannte „fruchtbare Halbmond“. Hier treffen drei Konti-nente aufeinander, ein Umstand, der einen Artenreichtum von unterschied-lichsten Tieren hervorgebracht hat.

Die jeweiligen Textstellen voller Sym-bolik geben uns Einblicke über den Umgang des Menschen mit den Tie-ren. Das „Arche-Noah-Prinzip“ ist heutzutage ein fester Begriff. Und hier, in der Arche Noah, beginnt die Aus-stellung. Die begehbare Arche vermit-telt eine unglaubliche Lebensvielfalt – es lohnt sich, hier zu verweilen. Mit dem Begriff „sintflutartige Regenfäl-le“, vor denen die Wettervorhersage hin und wieder warnt, kann jeder et-was anfangen. Die biblische Sintflut war wahrscheinlich weit mehr, als nur ein Wetterphänomen.

Gleichgültig, ob die Sintflut sinnbild-lich oder als Naturereignis bewertet wird - sicher ist, dass es um den Um-gang mit der Natur und den Tieren geht. Sie werden gerettet, aber nach Verlassen der „Arche“ von Gott mit Furcht vor den Menschen erfüllt.

Die nächste szenische Darstellung, der „Garten Eden“ lässt die Frage offen, ob dieser ein fester Ort oder eher eine imaginäre Heimat gewesen sein könnte.

Das „Goldene Kalb“ erzählt die Ge-schichte vom Auszug aus Ägypten. Weiter geht es zu „Daniel in der Lö-wengrube“. Der Löwe gilt seit jeher als Machtsymbol und königlicher

Sintflut und Sündenfall

Die Tierwelt in der Bi-bel ist zentrales Thema dieser Ausstellung. In anschaulichen Szenari-en wird die enge Ver-flechtung der Menschen im Nahen Osten mit der Natur vor über 2000 Jahren verdeutlicht.

Würde. Löwen zu bezwingen galt nicht nur zu biblischen Zeiten als Be-weis eigener Stärke.

Eindrücklich auch die Szene „Bileam und die Eselin“. Hier besonders: Die Eselin ist – im Gegensatz zu ihrem Herrn – in der Lage, Gefahr zu erken-nen und handelt entsprechend. Da-für wird sie von Bileam verprügelt. Es dauert eine Weile, bis er merkt, dass sein Tier ihm das Leben gerettet hat.

Die „Zehn Plagen in Ägypten“ schla-gen eine Brücke in unsere Zeit und stellen Fragen nach heutigen Bürden, die inzwischen weit mehr als die bi-blischen „Zehn“ umfassen dürften.

Tierschutz in der Bibel: Anscheinend war es bereits zu jenen Zeiten nötig, Tiere vor übermäßiger Ausbeutung durch Menschen zu schützen. Bibli-sche Speisegebote und Regeln für den Umgang mit Tieren legten genau fest, was, wie viel und warum gegessen, gekocht oder geschützt werden sollte.

Die Mensch-Tier-Beziehung unserer Tage wird in der szenischen Darstel-lung „Mieze auf Sofa“ durchleuchtet. Im Gegensatz zu sogenannten „Nutz-tieren“, die in Einzelteile zerlegt auf unseren Tellern landen, scheinen un-sere Haustiere auf den ersten Blick ein fast „paradiesisches“ Dasein zu genie-ßen. Die Szene lädt ein, sich über res-pektvolles Verhalten und Handeln Ge-danken zu machen.

„Sintflut und Sündenfall“ ist eine lehr-reiche, kurzweilige und sehr interes-sante Ausstellung, die sowohl für Kin-der wie auch für Erwachsene viel zu bieten hat. Sehr empfehlenswert!

* MEHR ZUM THEMA:Sintflut & Sündenfall: Die Tierwelt in der Bibelnoch bis 25.01.2015 Öffnungszeiten: Di, Do, Fr & Sa 10.00-17.00 Uhr, Mi 10.00-20.00 Uhr, So & Mo geschlossen!

Naturkunde-MuseumSteinweg 2, 34117 KasselTel: 0561 / 787-4066 (Anmeldung)www.naturkundemuseum-kassel.de

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KASSEL

Exotik

Sie würden gern Antilopen halten

gleich hinterm Haus.

Noch besser als Eier von Hühnern

schmecken jene vom Strauß.

Die Reptilien des Dschungels sind

in ihren Zimmern zu sehen.

In ihren Gärten müssen

die Pflanzen der Wüsten stehen.

Wär´s möglich, sie trügen Ketten

aus Federn vom Kakadu.

Und deckten ihre Fliesen

mit Tigerfellen zu.

In heimlichen Träumen bekommen sie

Elefanten-Kutschen geschenkt.

Die werden zur Sonntags-Ausfahrt

von ostasiatischen Mädchen gelenkt.

*

Träumereien

Wer von uns kennt das nicht: Wenn der Alltag gar zu öde

und grau ist, hilft es manchmal, sich – in Gedanken – für einige

Zeit an einen ganz anderen Ort zu begeben...

* SABINE PARSUNKA

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TagesSatz * 09/1426

KULTURTIPPS

Die Empfehlung GÖTTINGEN * UTE KAHLE

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Mikro frei!NDR 2 Soundcheck Neue Musik Festival 2014

Göttingen wird erneut zur „Sound-check City“. Zum dritten Mal stel-len sich junge Künstler dem kri-tischen Göttinger Publikum. 10 Konzerte und ein großes Finale in der Lokhalle mit Andreas Bourani , Jupiter Jones, Sido und Glasper-lenspiel. Auf die Citystage auf dem Albaniplatz werden alle Konzerte live übertragen und die bekannten

Radiomoderatoren treffen sich auf der berühmten Roten Couch zum Interview mit den Künstlern und mancher gibt nach seinem Konzert noch einige Zugaben, unplugged, live und gratis.

* MEHR ZUR EMPFEHLUNG:NDR 2 Soundcheck Neue Musik Festival 2014Do 11. bis Sa 13.09.Stadthalle, Junges Theater, Deut-sches Theater und Lokhalle, Ci-tystage auf dem AlbaniplatzEinzeltickets für die Konzerte in der Stadthalle, im Jungen Theater und im Deutschen Theater kosten 15 Euro. Die Tickets für das gro-ße Finale in der Lokhalle gibt es für 25 Euro.Auf der Citystage, dem Albani-platz, gegenüber der Stadthalle, ist der Eintritt frei!www.ndr.de

bis 09.11.Caricatura (KUBA), Ks

Auch das noch - Komische Kunst von Gerhard Glück, Di-Fr 14.00-20.00 Uhr, Sa, So und Feiertag 12.00-20.00 Uhr, Eintritt 4 Euro, erm. 3 Euro

bis 25.01.2015Naturkunde-Museum (Steinweg), Ks

Sintflut & Sündenfall: Die Tierwelt in der Bibel, Di, Do, Fr & Sa 10.00-17.00 Uhr, Mi 10.00-20.00 Uhr, So& Mo geschlossen! Eintritt 3,50 Euro, erm. 2,50 Euro (siehe hierzu auch den Artikel im Kasseler Kulturteil!)

Mi 03.09. / 10.00-12.00 UhrTreffpunkt Eichwaldstraße (Spielplatz); Ks

Märchenwanderung im Eichwald mit der Kasseler Märchenerzählerin Kirs-ten Stein, Teilnahme kostenlos

Do 04.09. / 19.00 UhrLiterarisches Zentrum, Gö

Alain Mabanckou, Eins, zwei, viele: African Modernities.Eintritt VVK 7 / 9; AK 8 / 10 Euro

Do 04.09. / 20.30 UhrKulturzentrum Schlachthof, Ks

Jam-Session: offene Bühne, Eintritt frei!

Fr 05.09. / 20.15 UhrTheater im OP, Gö

Mr. Marmelade; Ein heiterer, erns-ter Abend.PremiereEintritt 9 Euro; erm. 6 Euro

Sa 06.09. / 18.00 Uhr (auch 20.00 & 22.00 Uhr)Caricatura (KUBA), Ks

Museumsnacht: Bernd Gieseking ver-anstaltet 3 Kurzlesungen aus „Das ku-riose Finnland-Buch – was Reisefüh-rer verschweigen“, Eintritt 4 Euro, erm. 3 Euro

Sa 06.09. / 19.00 UhrDeutsches Theater, Gö

Die Vögel von Alfred HitchcockEine musikalische Lesung.Gastspiel

Sa 06.09. / 21.00 UhrDeutsches Theater, Gö

Leben, um davon zu singenSascha Merlin singt Brel, Piaf, Knef, Alexandra, Fado und eigene Lieder.Gastspiel

So 07.09. / 15.00 UhrKulturzentrum Schlachthof, Ks

Kaffee, Kuchen, Kunsthandwerk: Markt für regionale Produkte, Ein-tritt frei

So 07.09. / 20.00 UhrJunges Theater, Gö

Schmetterling im Tigerkäfig Tanz-theater.Gastspiel

Di 09.09. / 20.30 UhrKulturzentrum Schlachthof, Ks

Psychopunch: Join The Swakk Val-ley Train Tour 2014 (Punk), VVK 13 Euro, AK 16 Euro

Do 11.09. / 21.00 UhrBlue Note!, Gö

Offene Bühne Nr. 105Eintritt frei

Fr 12.09. / 19.00 UhrCafé Buchoase, Ks

Salz, Zimt und Jasmin: Carolina Ste-fani und Diego Jascalevich in Concert, Eintritt 12 Euro, erm. 10 Euro

Sa 13. 09. / 20.15 UhrApex, Gö

Maria Vollmer, Sünde, Sekt und Sah-neschnittchen. Maria Vollmer erzählt von den komischen Momenten des Alltags einer Frau zwischen Glamour-beruf und Reihenhaussiedlung. Eintritt 15 Euro; erm. 10 Euro

Mo 15.09./ 20.00 Uhr Theaterstübchen am Nil, Ks

Paul Reddick: Virtuose an der Blues-Harp, VVK15 Euro, AK 17 Euro

Mi 17.09. / 20.30 UhrKulturzentrum Schlachthof, Ks

Blues-Session: offene Bühne, Ein-tritt frei!

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TagesSatz * 09/14 27

KULTURTIPPS

Die Empfehlung KASSEL * HARALD WÖRNER

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Feinkost für die SeeleChristina Lux im Theaterstübchen

Eine Gitarre und ihre Stimme, mehr braucht Lux nicht, um den Raum erklingen zu lassen. Das schafft sie nur mit ihrer starken Bühnenpräsenz, ohne dabei jedoch aufdringlich zu wirken. Sie lächelt, strahlt und genießt es, wenn sie auf der Bühne singt und dazu Gitarre spielt. Nicht blendend-grell. Nein, ganz im Gegenteil: Lux schafft ein ganz anderes, viel wärmeres

Licht und hüllt den Raum mit ih-rer Musik in gelbe, orangene und rote Töne. Glitzerpop ist ihre Sache nicht, denn „La Lux“ erstrahlt an-ders: ihre Musik hat eine Intensität, die das Publikum berührt. Minima-listisch und direkt. Worte und Me-lodien rütteln an gewohnten Wegen und eingeschlafenen Träumen. Ihre Stimme erzählt, schmeichelt sanft oder bricht unbändig aus. Beglei-tet wird sie von Stephan Emig (Per-cussion) und Andreas Hillesheim (Keys), die die Musik von Christi-na Lux noch mehr erstrahlen lassen

* MEHR ZUR EMPFEHLUNG:Christina LuxDo 18.09. / 20.00UhrTheaterstübchen am NilJordanstraße 11, 34117 KSVVK 15 Euro, AK 17 Eurowww.theaterstuebchen.de

Do 18.09. / 16.30 UhrGDA Wohnstift, Charlottenburger Str. 19, Gö

Astrid Lindgren – ganz persönlich. Eine Audiovisionsschau von Peter von Sassen. Eintritt: 5 Euro

Do 18.09. / 20.00 UhrTheaterstübchen am Nil, Ks

Christina Lux Trio: SoulFolkPhilo-sophies, VVK 15 Euro, AK 17 Euro

Fr 19.09. 18.00 UhrSalzmann im Panoptikum (Kupferhammer), Ks

Free-Flow-Festival: mit Strom, dem Duo Gunter Hampel / Danilo Cardo-so & Hang 2 Halo, Eintritt 10 Euro, erm. 6 Euro Fr 19.09. / 20.00 UhrJunges Theater, Gö

Im Westen nichts Neues. Romanbear-beitung nach Erich Maria RemarquePremiere

Sa 20.09. / ab 15.00 UhrMusa, Leineauen in musa-Nähe bei der Hagenbrücke

18. WeststadtfestWeststadtkonferenz und Musa bieten zwischen 15.00 und 22.00 Uhr ein durchgängiges Open-Air-Bühnenpro-gramm und bis 19.00 Uhr Kinder-At-traktionen. Eintritt frei

Sa 20.09. / 20.00 UhrJunges Theater, Gö

Aktionstag - Das begehbare Haus, dazu werden alle Türen des Jungen Theaters geöffnet, ein einmaliger Blick hinter die Kulissen. Eintritt frei

Mi 24.09. / 19.00 UhrPaulinerkirche, Gö

Dan Diner, Ein Arsenal der Erkennt-nis. DiskussionsveranstaltungEintritt VVK 7 / 9; AK 8 / 10 Euro

Mi 24.09. / 20.30 UhrKulturzentrum Schlachthof, Ks

Germein-Sisters: Pop-Perlen aus Down Under, VVK 5 Euro, AK 7 Euro

Mi 24.09. / 21.00 UhrAula am Wilhelmsplatz, Gö

Arne Dahl, Schwedenkrimi: Der elf-te Gast.Eintritt VVK(Literarisches Zentrum) 9 / 11; AK 10 / 12 Euro

Fr 26.09. / 21.00 UhrSalzmann im Panoptikum (Kupfer-hammer), Ks

27. Slamrock-Poetry-Slam mit Felix Römer, Eintritt 8 Euro, erm. 6 Euro

So 28.09. / 20.00 UhrJunges Theater, Gö

Poetry Slam

Di 30.09. / 20.00 UhrKulturzentrum Schlachthof, Ks

2. Soli-Konzert für Salzmann: Nadi-ne Fingerhut, Pàvel Chèchovic, movi-anto und Groove T. Eintritt 10 Euro, erm. 6 Euro, 3 Euro

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TagesSatz * 09/1428

AM STADTRAND

Straßengeflüster * ZOÉ DUBOIS

Jörg

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Mül

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Mein Leben als TagesSatz-Verkäufer

* JÖRG „YOGI“ MÜLLER Der regelmäßige Verkauf an festen Stand-plätzen hat mein Leben in den letzten sechs Jahren als TagesSatz-Verkäufer

verändert. Dank meines Verkaufs des TageSat-zes kann ich selbstbewusst auftreten und weit-gehend selbstbestimmt leben.

Unübersehbar stehen wir dort, wo viele Menschen vorbeiströmen, an Kreuzungen, vor Supermärk-ten, auf Marktplätzen, ein Magazin hochhaltend, das durch seine rot-schwarzen Titelschrift „Ta-gesSatz-Das StraßenMagazin“ aus der normalen Blätterwelt heraussticht. Wir als Verkäufer gehö-ren längst zum vertrauten Stadtbild. Ganz oben auf dem Titelblatt ist auch das Motto des Tages-Satz zu lesen: „Selbsthilfe Für Menschen In Sozi-aler Not“. Als Verkäufer fühle ich mich auch als Visitenkarte dieser Stadt. Ich gebe fast jeden Tag Auskünfte darüber, wo bestimmte Geschäfte sind und wo und wie man am schnellsten zu einer be-stimmten Straße kommt. Auch als eine Art Seel-sorger werde ich gebraucht. Mit meiner ruhigen, freundlichen Ausstrahlung habe ich schon vielen Menschen, die zu mir gekommen sind, mit meiner weltgewandten Lebenserfahrung gute Tipps zur Lebenshilfe geben können. Auch helfe ich regel-

mäßig so zweimal im Monat einer älte-ren Dame für ihre geliebte Katze Streu und Katzenfutter zu kaufen.

Der TagesSatz hat seit 20 Jahren dazu beigetragen, das Bild von Obdach-losen und Arbeitslosen zu wandeln und viele Berührungsängste abzubau-en. Dies zeigt sich auch daran, dass der TagesSatz in Verbindung mit der Bahnhofsmission Stadtführungen an-bietet, eine andere Seite dieser Stadt zeigt, die Anlaufstellen für Menschen in Not. Als Experte der Straße zeige ich Ihnen meine Stadt.

Auch glaube ich, dass meine Kunden auf dem Wochenmarkt und am Nabel in Göttingen meine zurückhaltende, unaufdringliche Art zu schätzen wis-sen. Ich möchte, dass die Menschen freiwillig den TagesSatz kaufen, weil sie die Zeitung hochinteressant fin-den und es in jeglicher Hinsicht vom Layout bis zum sozialen Konzept ein hervorragendes Printprodukt ist! *

Als „Helden“ werden sie bezeichnet, sie sind auf Plakaten in der Stadt zu sehen, das Fernsehen berichtet über sie. Sie, die die Schattenseite verlassen haben: drei Verkäufer des Straßen-magazins BISS aus München.

Die Kampagne „Mit Biss die Schattenseite verlassen“ soll an-deren Menschen Mut machen und zeigen, dass es immer mög-lich ist, sich Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu bewahren.

So erzählt ein kurzer Text auf den Plakaten die jeweilige Le-bensgeschichte der Männer, deren Verlauf sehr unterschiedlich ist. Doch eine Gemeinsamkeit haben sie alle: Durch den Ver-kauf des Magazins Biss veränderte sich ihr Leben zum Positiven.

Ob dies nun der Weg aus der Obdachlosigkeit ist oder der Wie-deraufbau eines normalen Lebens nach einer Flucht vor dem Krieg – um zu zeigen, welche Schatten sie verlassen haben, ma-

chen sie auch die düsteren Seiten ihrer Biografie öffentlich, was laut Biss-Ge-schäftsführerin Karin Lohr die Cou-rage der drei verdeutlicht.

Doch noch etwas anderes wird durch die Kampagne klar: Es ist leichter, aus der Gesellschaft zu fallen, als wieder hereinzukommen. Und: Schicksals-schläge, wie die Verkäufer sie erleb-ten, können beinahe jedem passieren. Umso schöner zu sehen, dass sich das Blatt wieder wenden kann.

* MEHR ZUM THEMA:www.biss-magazin.de

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TagesSatz * 09/14 29

DIE KOCHNISCHE

Kochen mit dem TagesSatzLECKERE GERICHTE FÜR SIE ENTDECKT

Immer wieder beliebt sind Eintöp-fe, weil sie einfach in der Her-stellung sind und man sie zudem

preiswert und schnell kochen kann. Als Grundbasis dient uns diesmal Hackfleisch. Wer es lieber vegeta-risch mag, kann das Hack auch weg lassen. Wir wünschen viel Spaß beim Nachkochen.

Hack-Kartoffel-Topf (4 Portionen / ca. 1,50 Euro pro Portion)

300g Hackfleisch gemischt, 2 Zwie-beln, 600g Möhren, 600g Kartoffeln, Salz, Pfeffer, Muskat, 1 Bund Peter-silie, 750 ml Brühe (nach Wahl), ÖlZwiebeln schälen, würfeln. Möhren schälen, in Würfel schneiden. Kar-toffeln, schälen, waschen, in Würfel schneiden.

Öl in einem Topf erhitzen, Hackfleisch darin kräftig anbraten. Zwiebeln zu-fügen, glasig dünsten. Möhren zuge-ben, anschwitzen. Kartoffeln zufügen, glasig schwitzen. Mit Salz und Pfef-fer sowie etwas Muskat würzen. Brü-he zugießen und ca. 20 Minuten kö-cheln lassen. Nochmals mit den Ge-würzen abschmecken. Petersilie wa-schen, trocknen, hacken und in den Eintopf geben, heiß servieren.

Tipp: Wer will, kann noch einen Be-cher Saure Sahne unterheben. Dazu reichen Sie frisches Brot.

Hack-Nudel-Topf (4 Portionen / ca. 1,50 Euro pro Portion)

500g Nudeln (nach Wahl), 60g durch-wachsenen Speck, 400g Hackfleisch gemischt, 2 Zwiebeln, 1 Stange Por-ree, 500g Tomaten passiert, Paprika-pulver, Salz, Pfeffer, 500ml Gemüse-brühe, Öl

Nudeln nach Vorschrift bissfest garen, abgießen, warm stellen. Speck von der Schwarte befreien, in Würfel schnei-den. Zwiebeln schälen, würfeln. Por-ree gründlich waschen, in feine Ringe schneiden. Öl in einem Topf erhitzen. Speck darin knusprig anbraten. Hack-fleisch zugeben und krümelig braten. Zwiebeln und Porree zufügen, glasig dünsten. Tomaten zugeben, Flüssig-keit um die Hälfte reduzieren. Mit den Gewürzen abschmecken. Brühe zugie-ßen und ca. 15 Minuten köcheln las-sen. Nochmals abschmecken. Nudeln unterheben und servieren.

Tipp: Auch hierzu können Sie Brot reichen. Wer möchte, kann auch noch Kräuter zufügen. Besonders eignen sich hier italienische Gewürze.

Hack-Reis-Topf (4 Portionen / ca. 2,00 Euro pro Portion)

500g Hackfleisch gemischt, 400g To-maten, 500g Paprikaschoten (bunt), 1gr. Dose Tomaten geschält, 2 Tas-sen Reis, 4 Zwiebeln, 2 Knoblauch-zehen, Salz, Pfeffer, Paprikapulver edel süß und rosenscharf, 0,5 l Ge-müsebrühe, Öl

Paprikaschoten, halbieren, entkernen, in Streifen schneiden. Tomaten häu-ten, halbieren, entkernen, würfeln. Zwiebeln schälen, würfeln. Knob-lauch schälen, fein würfeln. Öl in ei-nem Topf erhitzen. Hackfleisch zufü-gen, kräftig anbraten. Zwiebeln und Knoblauch zugeben, glasig dünsten. Paprikaschoten zufügen, glasig düns-ten. Mit den Gewürzen herzhaft wür-zen. Geschälte Tomaten in den Topf geben, aufkochen lassen. Reis unter-heben. Brühe angießen. Etwa 20 Mi-nuten köcheln lassen. Sollte der Ein-topf zu trocken werden, noch etwas Brühe zufügen. Wenn der Reis gar ist, den Eintopf nochmals abschmecken. Tomatenwürfel zufügen und aufko-chen lassen, heiß servieren.

Tipp: Diesen Eintopf können Sie mit einem Becher Saure Sahne und etwas Basilikum verfeinern. Auch hierzu können Sie Brot reichen. *

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* HANS PETER PUNG & TEAM

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TagesSatz * 09/1430

HINTER DEN KULISSEN

* UTE KAHLE

„Local-Heroes-Bandcontest“, so lautet das Zauberwort für „Catch a Bear“. Zuerst gewan-

nen sie den Contest und dann durften sie mit gefälliger Mischung aus Funk und Rock den Freitag eröffnen.

Im Göttinger Jubiläumspotpourri, zu-sammengestellt von Christiane Eiben, zeigten Göttinger Künstler die Band-breite ihrer Heimatstadt. Von den Feisten, Sarah Schuster, Maria Koch, der Männerwirtschaft, Seven up bis hin zu Sascha Münich und seiner Blues Brothers Performance. Das Publikum war begeistert, der Zeitplan dank Zu-gaben weit überzogen und der Wald bebte, und so war der Boden für Jan Josef Liefers und seine Band mit ihrem neuen Programm Radio Doria berei-tet. Dieses war jedoch eher auf ruhige nachdenkliche Redetexte und Kunst-genuss abgestellt.

Das Publikum musste nun durchhal-ten bis zum Höhepunkt des Abends: Die Happy mit der Leadsängerin Marta Jandova. Marta, eine unheim-lich sympathische Sängerin, die sich vor ihrem Auftritt einfach unter die

Retrospektive volle Kraft voraus25 JAHRE OPEN AIR IM KWP

Der Wettergott wollte die Nerven der Veranstalter des Bandcontests testen, doch zum Glück wurden nicht nur die Aufschüttungen vor der Bühne höher, sondern es blieb auch bis auf einen kurzen, umso heftigeren Schauer am Samstag trocken. Im Wald des Kaiser-Wilhelm-Parks gab es auch dieses Jahr wieder einen bunten Strauß Musik.

Leute gemischt hat und sich die an-deren Künstler angehört hat. Die je-dem, der sie erkannte, geduldig Au-togramme gab und sehr freudig fest-stellte: „die Deutschen sind ganz treue Fans, sollten wir doch schon gestern Abend Auftreten und nun fangen wir erst nach Mitternacht an und alle sind noch da. Das ist klasse, und wir feiern jetzt eine Riesenparty!“

Und sie hatte nicht zu viel verspro-chen, wer geblieben war, wurde mit ei-ner Extraportion Drive und einer enor-men Bühnenpräsenz der Band und ih-rer stimmgewaltigen Sängerin belohnt. Back to Basics, handgemachte Musik, eine tolle Stimme und ein Publikum, das mit der Band eins wurde und eine musikalische Waldparty feierte.

Der Samstag wurde dann von der Punkband Pfandpiraten eröffnet, nach dem Motto Punk´s not dead, und so war das Publikum schnell in der pas-senden Stimmung und konnte sich bei der gefälligen Popmusik den jungen Dänin Ida Gard ein wenig erholen, bevor Mark Gillespie und seine Band zum Mitsummen einluden.

Der langersehnte Auftritt von Man-fred Mann´s Earth Band sorgte dann für den Höhepunkt des Abends. Es blieb kein Auge trocken, alle Wünsche wurden erfüllt, ob „Blinded By The Light“, „For you“ oder „Davy’s on the road again“ Wer sah, wie der 73jähri-ge Manfred Mann hinter und mit sei-nen Keyboards umhersprang und ih-nen seinen unglaublichen Sound ent-lockte, der wünschte sich im Stillen, in dem Alter noch ebenso fit zu sein und mit so viel Spaß die Musik zu genießen.

Im Gegensatz dazu stand die Jugend der FLOOOT, Gewinner des Local Heroes 2012 und Sieger im Nieder-sachsenentscheid, damals noch als What The Funk. Mit Posaunen und Trompeten vertrieben sie auch die letz-ten ruhigen Geister aus dem Wald und alle Gäste und Mitwirkenden machten sich zufrieden auf den Heimweg und freuen sich schon auf das KWP 2015.

Und an dieser Stelle auch einen speziel-len Dank an die an die Fahrer der Shut-tlebusse, die es ermöglichten das alle Besucher nicht nur zum KWP sondern auch wieder gut nach Hause kamen. *

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ZWISCHEN DEN ZEILEN

* DANIELE PALU

Jenseits des Cups

MenschlichDie Weltöffentlichkeit blickt gebannt nach China. Und übersieht dabei den steilen Aufstieg eines neuen Gigan-ten: Brasilien. Der fünftgrößte Staat der Erde, multikulturell, reich an Bo-denschätzen, jung und dynamisch, ist dabei, seine lähmende Vergangenheit hinter sich zu lassen. Der Aufbruch ist gewaltig, die inneren Spannungen sind es allerdings auch. Der Journa-list Adrian Geiges berichtete jahrelang aus China und Russland. Nun ist er nach Brasilien gezogen, mitten in ein Armenviertel von Rio de Janeiro. Er will dieses aufregende Land im Auf-bruch von innen kennenlernen, haut-nah recherchieren. Bei seinen Recher-chen begegnet er früheren Drogen-gangstern, mutigen Entwicklungshel-fern. Überall gegenwärtig: Drogen-banden, Inflation, Korruption. Dies ist die eine Seite Brasiliens. Die ande-re: Der Widerstand dagegen, die un-bändige Lebensfreude und das wach-sende Selbstbewusstsein der jungen Generation. Selten ist man als Leser einem Land und seinen Menschen so nahe gekommen. Adrian Geiges gibt Brasilien ein menschliches Gesicht. Ein echter Glücksfall für uns Leser.

Adrian Geiges: Brasilien brennt. Reportagen aus einem Land im Aufbruch. Quadriga, 19,99 Euro. Gebunden, 288 Seiten

Die zwanzigste Fußball-Weltmeisterschaft ist Geschichte. Am Ende gewann Deutschland den Titel. Das war‘s. War‘s das? Wir wagen diesen Monat einen Blick zurück und stellen Bücher vor, die das Gastgeber-land Brasilien von einem Blickwinkel fernab des Fußballs beleuchten.

DifferenziertDer Aufbruch ist überall sichtbar. In den Städten schießen Wohn- und Ge-schäftstürme in den Himmel, Reihen-haussiedlungen breiten sich aus und gewaltige Shoppincenter öffnen ihre Tore. In Rio de Janeiro werden Fave-las mittels Lifte und Seilbahnen bes-ser zugänglich gemacht. Doch der Blick hinter die Kulissen zeigt den hohen Preis, den das Land für die-sen Boom zu zahlen bereit ist. Vie-lerorts müssen Menschen den neuen Bauten weichen. Die großflächige Ex-portlandwirtschaft schädigt den im-mens wichtigen Lebensraum Regen-wald massiv, die gesteigerte Energie-produktion gefährdet viele Lebensräu-me. Lateinamerika-Expertin Verena Meier wagt einen intensiven und dif-ferenzierten Blick auf das fünftgrößte Land der Erde. Wir erfahren nicht zu-letzt, wie sehr Korruption und Lobby-ismus die Politik des Landes noch im-mer prägen, aber auch, was gute Poli-tik tatsächlich verändern kann, etwa wenn eine Favela dank besser geschul-ter Polizisten nicht länger von Drogen-banden terrorisiert wird und es selte-ner zu Schusswechseln kommt. Infor-mativ und ansprechend geschrieben ist Meiers Buch nicht nur als Rück-schau auf die Fußball-WM ein Le-sespaß, sondern auch als vorberei-tende Lektüre auf die Olympischen Sommerspiele in zwei Jahren in Rio den Janeiro gewissermaßen Pflicht.

Verena Meier: Brasilien – Land der Gegenwart. Rotpunktverlag, 29,90 Euro. Broschiert, 256 Seiten inkl. 16 S. farbiger Bildteil

SachlichJetzt haben wir einen Monat lang mehrere Stunden am Tag Bilder aus Brasilien in unsere Wohnzimmer gelie-fert bekommen, aber mal ehrlich: Was wissen wir eigentlich wirklich über das Land, seinen politischen Weg, sei-ne soziale und gesellschaftliche Struk-tur und seine Hypothek der kolonia-len Vergangenheit? Renommierte Wis-senschaftler aus unterschiedlichen Be-reichen haben Wissenswertes zu Ge-sellschaft, Wirtschaft, Politik und Kul-tur zusammengetragen, um genau jene Wissenslücken zu schließen. In 14 sachlich gehaltenen Aufsätzen er-hält der Leser einen grundlegenden, aktuellen und kompakten Überblick.

Siegfried Frech, Wolf Grabendorff (Hrsg.): Das politische Brasilien. Wochen-schauverlag, 19,80 Euro. Taschenbuch, 304 Seiten

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WAS ES SONST NOCH GIBT

* KATHARINA SCHWARZ

Der mit Abstand größte Teil des Mülls in unseren Meeren be-steht aus Plastik. Jedes Jahr

landen mehrere Millionen Tonnen Plastikmüll in den Meeren und bil-den teilweise gigantische Müllstrudel im Wasser. Die Menge des treibenden Mülls an der Wasseroberfläche ist so groß, dass dieser vom Weltraum aus zu erkennen ist. Bis sich ein solcher Müllteppich zersetzt hat, können 400 Jahre vergehen.

Wie gelangt er dorthin?

Viele Menschen werfen ihren Müll einfach achtlos ins Meer und in Flüs-se, doch dies macht nicht einmal den Großteil des Mülls aus, der im Meer schwimmt. Schiffe verlieren Ladung oder versenken absichtlich ihren Müll. Die Fischwirtschaft entsorgt Netze und Fanggeräte auf hoher See. For-schungs-, Gas- und Ölplattformen lei-ten ihren Müll einfach direkt ins Meer. Und dann gibt es noch das Abwas-ser. In Kosmetikprodukten wie Zahn-creme und Peelings befinden sich feine Plastikkügelchen und werden so täg-lich über das Wachbecken abgeleitet. Auch in unsere Kleidung ist Plastik.

Der alte Müll und das MeerIm Nordpazifik treibt ein Müllstrudel, der so groß wie Zentraleuropa ist und bereits einen eigenen Namen hat: Great Pacific Garbage Patch (Großer Pazifischer Müllfleck). Strände von unbewohnten Inseln versinken nahezu im Müll. Aber auch wenn man an einem vermeintlich sauberen Strand spa-zieren geht, hat man neben den Sandkörnern meist auch viele feine Plastikteilchen unter den Füßen.

Bei jedem Waschgang gelangen win-zige Partikel davon ins Wasser.

Was hat das für Auswirkungen?

Im Meer sind gerade diese kleinen Partikel, die auch im Laufe des Zer-setzungsprozesses entstehen, ein gro-ßes Problem. Teilweise sind sie klei-ner als ein Millimeter und werden da-durch von Meerestieren mit Plankton verwechselt und gefressen. Aber auch größere Teile können verschluckt wer-den. So findet man immer häufiger Ka-daver von Seevögeln mit Plastik im Magen. Die Tiere ersticken, erkran-ken an tödlicher Verstopfungen oder verhungern bei vollem Bauch.

Über den Verzehr gelangen diese Par-tikel auch in den menschlichen Kör-per. Welche Auswirkungen das haben kann, ist noch nicht ansatzweise er-forscht. Plastik enthält nicht nur selbst Giftstoffe, sondern bindet beim Trei-ben durchs Meer andere Umweltgifte an sich. Fische, Garnelen und ande-re Meerestiere nehmen diese auf und lagern sie in ihren Körpern an. Letzt-endlich landen diese Gifte schließlich auch auf unseren Tellern.

Der Müll in den Meeren ist ein globa-les Problem, das ohne entsprechende globale Maßnahmen nicht gelöst wer-den kann. Unsere Lebensmittelindust-rie muss lernen, neue Verpackungsma-terialien zu verwenden, beziehungswei-se sparsamer mit Verpackungen umzu-gehen. Aber auch Gegenmaßnahmen müssen getroffen werden, wie inter-nationale Initiativen zur Bergung von Meeresmüll. Eine Möglichkeit sind „Fishing for Litter“-Initiativen, die die Fischindustrie in das Säubern der Mee-re einbeziehen. Fischer sollen eine Be-lohnung dafür erhalten, Meeresmüll an Land zu bringen. Eine andere Initi-ative ist das Projekt „The Ocean Clea-nup“, bei dem schwimmende Barrieren den Müll, der von der Strömung in ihre Richtung getrieben wird, passiv einfan-gen sollen. Bei Initiativen, wie dem „In-ternational Coastal Cleanup Day“ tref-fen sich auf der ganzen Welt Freiwilli-ge, um die Küsten zu säubern.

Neben Wirtschaft und Politik muss aber auch jeder Einzelne auf sein Ver-halten achten. Zum Beispiel durch Vermeidung von Plastiktüten, Um-verpackungen und Kosmetikproduk-ten mit Plastikpartikeln. *

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DAS LETZTE

Impressum *DER TiCKER NACHRICHTEN AUF DEN LETZTEN DRÜCKER

TagesSatz, das StraßenmagazinHerausgeber: TagesSatz e.V.1. Vorsitzender: Hans Peter PungAdresse der Redaktion Kassel:Westring 69, 34127 KasselTelefon: 0561 / 861 58 43Fax: 0561 / 861 58 61E-Mail: [email protected] & Di: 12-14 Uhr, Do: 14-16 UhrMi & Fr: geschlossenAdresse der Redaktion Göttingen:Obere Karspüle 18, 37073 GöttingenTelefon: 0551 / 531 14 62E-Mail: [email protected], Di, Do: 9-11 Uhr / Do: 16-18 UhrMi & Fr geschlossenHomepage: www.tagessatz.deBankverbindung:Kasseler SparkasseKto.: 11 833 79Blz.: 520 503 53Sparkasse GöttingenKto.: 505 815 11Blz.: 260 500 01Redaktionsleitung:Zoé Dubois (zd), Antonia Stoll (as) (GÖ), Harald Wörner (hw) (KS)Pressearbeit: Carolin SchäufeleVertriebsleitung:Kassel: Udo Drescher, Mike SchäferTel.: 0561 / 861 58 18Göttingen: Ute Kahle, Andreas PramannTel./Fax: 0551 / 531 14 62Anzeigenleitung:Tel./Fax: 0551 / 531 14 62E-Mail: [email protected] Kassel: Charlize März, Nora Mey, Sabine Parsunka, Hans Peter Pung, Katharina Schwarz, Ha-rald WörnerRedaktion Göttingen: Zoé Dubois, Ute Kahle, Daniele Palu, Robin Maag, Gereon Mewes, Jörg Sanders, Antonia Stoll, Andrea Tiedemann, Niki Wildberg, Tsuku YomiNews GÖ: Niki Wildberg (nw)Illustration: Pilar GarciaFotografie: Detlef „Rocky“ Bernhard, Victor Hernández Joshua Kahle, Ute Kahle, Nora Mey, Jörg „Yogi“ Müller, Sarah Raymaekers, Katharina Schwarz, Tsuku YomiUmschlag: Dirk MedererLayout: Dirk MedererPLAZEBO im NetzwerkMediapool Göttingenwww.mediapool-goettingen.deDruck: COLOR-Druck GmbHViSdP: Harald Wörner

Der TagesSatz erscheint zwölfmal im Jahr im Straßenverkauf in Kassel und Göttingen.

Auflage dieser Ausgabe: 5.000

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Version zu veröffentlichen. Nachdruck, auch aus-zugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion.

Verkaufspreis: 2,00 EUR, davon geht 1,00 EUR direkt an den Verkäufer.

Nächstes Mal OKTOBER-AUSGABE 2014Meins, deins, unser? Es geht um Pri-vatisierung und ihre Folgen. *

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Bürgerarbeit begrenzt wirksamBERLIN – Das Förderprogramm zur „Bürgerarbeit“ für Langzeitarbeits-lose läuft zum Jahresende aus. Nach Einschätzung der Opposition ist es sowieso von zweifelhafter Wirkung. Was Bundesarbeitsministerin And-rea Nahles jetzt als Ersatz plant, geht nach Auffassung der Grünen-Arbeits-markt-Expertin Brigitte Pothmer je-doch genauso an den Problemen vieler Langzeitarbeitsloser vorbei. Vorgän-gerin Ursula von der Leyen hatte noch große Hoffnungen damit verbunden. Mitte des Jahres 2010 startete die da-malige Arbeitsministerin der CDU das auch mit Mitteln aus dem Europä-ischen Sozialfonds (ESF) geförderte Projekt Bürgerarbeit, um Langzeitar-beitslose für den ersten Arbeitsmarkt fit zu machen. Kostenpunkt: 1,3 Mil-liarden Euro. Es war von Anbeginn an auf vier Jahre angelegt und läuft jetzt aus. Dabei geht es um Jobs wie zum Beispiel Vorleser in Altenheimen, Straßenfeger oder Gärtner. Diese Be-schäftigungen sollten mit einem mo-natlichen Bruttolohn von 900 Euro vergütet werden. Die Bürgerarbeit sei quasi die „konsequenteste Form des Forderns und Förderns“ hatte von der Leyen derzeit noch geschwärmt. Ak-tuellen Angaben des Arbeitsministe-riums zufolge nahmen bisher immer-hin 49.000 Langzeit-Arbeitslose da-ran teil. Doch die erwünschte Wir-kung hält sich anscheinend in Gren-zen. Nach einer Zwischenauswertung Ende letzten Jahres waren von seiner-zeit 45.000 Bürgerarbeitern rund vier-zig Prozent von ihnen nach Ablauf der Maßnahme wieder in der Arbeitslo-sigkeit gelandet. Nur jeder Vierte ver-fügte nach Ausscheiden aus der Bür-gerarbeit über eine sozialversiche-rungspflichtige Beschäftigung. Nun werkelt das Bundesarbeitsministe-rium an neuen Förderhilfen, die im Frühherbst offiziell vorgestellt werden

sollen. Damit wird aber die Lebenswirklich-keit vieler Langzeitarbeitsloser nach Ansicht von Brigitte Pothmer weiter ignoriert: „Wir müssen rauskommen aus diesem Programm-Hopping, zumal diese Maßnahmen allesamt gescheitert sind“, so die Expertin zur HNA Kassel. Notwendig sei ein „sozialer Arbeits-markt“, also ein dauerhafter öffentlich geför-derter Beschäftigungs-Sektor. [hw]

Windräder-Entscheidung vertagtGÖTTINGEN – Im Norden der Gemein-de Jühnde sollen 40 Hektar Fläche mit fünf Windrädern bebaut werden. Eine Stellung-nahme bei der Samtgemeinde Dransfeld zum Flächennutzungsplan wurde durch eine Rats-sitzung am Montagabend vertagt. In der Sit-zung, zu der auch Bewohner aus umliegenden Dörfern hinzukamen, gab es widersprüchli-che Aussagen zu diesem Vorhaben. So soll die Fläche nun 80 Hektar umfassen und die Höhe der Windräder nicht mehr wie im Vorfeld an-gekündigt 135 Meter betragen, sondern 200. Der Betreiber Lenpower versicherte jedoch, dass die Narbenhöhe von 135 Metern beibe-halten und auch die Anzahl der vereinbarten Anlagen nicht überschritten werde. Das Vo-tum der Jühnder wurde so an diesem Abend nicht abgegeben. Eine Montage des neuen Nutzungsplans soll nun Klarheit bringen. Generell sind die Jühnder für die Windräder. Der bisherige Plan war auf Zuspruch gesto-ßen. Immerhin ist Jühnde das erste Bioener-giedorf Deutschlands. Ein Energie-Mix aus erneuerbaren Stromquellen ist wünschens-wert. Die Stadt Dransfeld und die Gemeinde Niemtal hatten bereits Fristverlängerungen für ihre Stellungnahmen zum Nutzungsplan beantragt. Bis zum 25. August können Bür-gerinnen und Bürger schriftliche Einwände gegen den derzeitigen Plan einreichen. Dann soll erneut über das Vorhaben abgestimmt und erneut öffentlich zu Diskussion ausge-legt werden. Notwendig seien darüber hin-aus noch weitere Gutachten zu Lärmbelästi-gung, Schattenwurf und Beeinträchtigung an-sässiger Tierarten. Des Weiteren regt sich Wi-derstand aus anderen Ortschaften, die vom derzeitigen Nutzungsplan betroffen sind. So lehnt Bühren den Bau von Windrädern ab, da der Internetempfang gestört werde. Ob bei so viel Einwänden und Interessengemeinschaf-ten gegen das Bauvorhaben in den Dörfern ein zufriedenstellender Plan erarbeitet wer-den kann, ist fraglich. [nw] *

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TagesSatz * 09/1434

ALLGEMEINE HILFEN

Göttingen

Caritasverband GöttingenAllgemeine Lebens- undSozialberatungsstelleGodehardstr. 18, 37081 Göttingen0551/999590

Opferhilfebüro GöttingenMaschmühlenweg 11(Landger.)37073 Göttingen0551/5213883

Weißer Ring e.V.Hilfen für Opfer von Straftaten0551/6338876

Sozialdienst für Migranten, RABaZ-Beratungs- & Vermittlungs-stelle für ausländische JugendlicheKarspüle 16 , 37073 Göttingen0551/57739

BONUS FreiwilligenzentrumGodehardstr. 18, 37081 Göttingen0551/9995917

Neue Arbeit – BrockensammlungLevinstr.1, 37079 Göttingen0551/5067320

Pro FamiliaRote Str.19, 37073 Göttingen0551/58627

Selbsthilfe KörperbehinderteNeustadt 7, 37073 Göttingen0551/54733-0

Selbsthilfegruppe für Mobbing-geschädigte – Rainer Beutler05602/1860

BürgerInnenberatung Stadt GöttingenHiroshimaplatz 2, 37083 Göttingen

Zukunfts-WerkstattHilfe für Migranten & JedermannHaus der Kulturen – Hagenweg 2e37081 Göttingen

BahnhofsmissionBahnhof, Gleis 4-5, 37073 Göttingen0551/56190

Diakonieverband GöttingenAllgemeine Lebens- und SozialberatungsstelleSchillerstraße 2137083 Göttingen0551/517810

Kassel

Kasseler HilfeOpfer- und Zeugenhilfe e.V.Wilhelmshöher Allee 10134121 Kassel0561/282070

Weißer Ring e.V.Hilfen für Opfer von Straftaten0561/6029458

pro familia BeratungsstelleBreitscheidstraße 734119 KasselTel. 0561 7661925-0Fax. 0561 7661925-99

Zentrum für Sucht- & SozialtherapieDiakonisches Werk KasselFrankfurter Str. 78a, 34121 Kassel0561/93895-0

ARBEITSLOSENHILFE

Göttingen

ArbeiterwohlfahrtHospitalstr. 10, 37073 Göttingen0551/50091-0

Mensch & Arbeit - Beratungsstelle für Arbeitnehmer und ArbeitsloseKurze Str. 13a, 37073 Göttingen0551/43373

Arbeit und Leben (A&L) Lange Geismarstr. 72-73 37073 Göttingen 0551/495070 oder 4950741Di und Do von 9.30-13.30 Uhr

LEBLändliche ErwachsenbildungGroner Landstr. 27 37081 Göttingen 0551/8207917Mo, Di und Fr 14.30-18 Uhr

BBA e.V. TU WAS Geismarlandstr. 6, 37083 Göttingen 0551/485200Di, Do 10-12 & 14-16 Uhr

Kassel

Beratungsstelle für Arbeitslose des DGB Kreis KasselSpohrstraße 6-8, 34117 Kassel0561/7209536

ESSENSAUSGABEN

Göttingen

Die Göttinger TafelJakobikirchhof 1 , 37073 GöttingenTel. 0551–51030

Mittagstisch St. MichaelTurmstr. 5, 37073 Göttingen0551/5479540

StraßensozialarbeitRosdorfer Weg 17, 37073 Göttingen0551/517980

Kassel

Kasseler TafelHolländische Straße 14134127 Kassel0561/23003

Suppentopf der Heilsarmeejeden Donnerstag von 14-15 UhrMartinsplatz

Gesegnete MahlzeitDiakonisches Werk KasselHermannstraße 6, 34117 Kasselweitere Stellen: Neue Brüderkirche, Johanneskirche, Auferstehungskirche

FRAUEN IN NOT

Göttingen

KORE e.V. (Beratung für Frauen)Berliner Str. 1, 37073 Göttingen0551/57453Mo 14-18 Uhr, Do 8.30-12.30 Uhr

Frauen-Notruf e.V.Postfach 18 25, 37008 Göttingen0551/44684

Frauenhaus e.V. GöttingenPostfach 1911, 37009 Göttingen0551/5211800

Therapeutische Frauenberatung e.V. Groner Straße 32/3337073 Göttingen 0551/45615

Kassel

Übergangseinrichtung für wohnungslose FrauenAm Donarbrunnen 3234132 Kassel0561/43113

FRANKA e.V.Verein zum Schutz von Frauen, die Op-fer von Menschenhandel geworden sindFrankfurter Straße 78a34121 Kassel0561/70165824

Autonomes Frauenhaus0561/898889

Frauen in Not0561/9892929

Notruf für vergewaltigte FrauenFrauen gegen Vergewaltigung e.V.0561/772244

Frauen informieren Frauen e.V.Beratung bei häuslicher GewaltWestring 67, 34127 Kassel0561/ 89 31 36

GESUNDHEIT

Göttingen

GesundheitsamtSozialpsychiatrischer Dienst Am Reinsgraben 1, 37085 Göttingen0551/4004862

Frauengesundheitszentrum Göttingen e.V.Groner Straße 32/3337073 Göttingen0551/484530

GesundheitszentrumAlbanikirchhof 4-537073 Göttingen0551/486766

Kassel

Fahrende ÄrzteDr. Giesler/Dr. MoogMo 14-15.30 Uhr auf dem MartinsplatzDo 20-24 Uhr in der Gießbergstraße

Kabera e.V.Beratung bei EssstörungenKurt - Schumacher Straße 234117 Kassel0561/780505

Gesundheitsamt Region KasselWilhelmshöher Allee 19-2134117 Kassel0561/10031920

HAFTENTLASSENE

Göttingen

Anlaufstelle – Kontakt in Krisen e.V.Rosmarinweg 24, 37081 Göttingen0551/632977

Kassel

Beratungsstelle für HaftentlasseneKölnische Straße 35, 34117 Kassel0561/787-5061 oder0561/70738-00

HILFE & SELBSTHILFE BEI AIDS

Göttingen

Göttinger AIDS-HilfeObere Karspüle 14, 37073 Göttingen0551/43735 werktags: 10-13 UhrBeratung: 0551/19411

AIDS-Beratungsstelle Theaterplatz 4, 37073 Göttingen0551/4004831

Kassel

Aids-Hilfe KasselMotzstraße 1, 34117 Kassel0561/97975910

Stadt Kassel – GesundheitsamtAIDS-BeratungsstelleObere Königsstraße 334117 Kassel0561/787–5380

KINDER & JUGENDLICHE IN NOT

Göttingen

Deutscher KinderschutzbundNikolaistraße 11, 37073 Göttingen0551/7709844

Omnibus - Beratungsstelle für Jugendliche & junge ErwachseneGoßlarstr. 23, 37073 Göttingen0551/392690

Kassel

Deutscher KinderschutzbundSiemensstraße 1, 34127 Kassel0561/899852

Verein zur Förderung der Erziehungshilfen in Nordhessen e.V.Wilhelmshöher Allee 32a0561/78449-0

Stadt KasselSozialer Dienst des JugendamtesFriedrich-Ebert-Straße 134117 Kassel0561/787–5301

KLEIDERKAMMERN

Göttingen

Ev.-ref. Gemeinde – KleiderkammerUntere Karspüle 11, 37073 GöttingenKleiderladen 0551/5473717Ausgabe: Do 9-12 Uhr

Deutsches Rotes KreuzZollstock 17, 37081 Göttingen0551/5096322Ausgabe: Mo & Do 8.30-11 Uhrjeden 3. Mi im Monat 16-18 Uhr

Kassel

Diakonisches Werk KasselSprungbrett & Sprungbrett spezialSteinweg 5, 34117 Kassel0561/572090

Deutsches Rotes KreuzKönigstor 24, 34117 Kassel0561/7290441

LEBENSKRISEN

Telefonseelsorge für Jugendliche0800/1110333

Göttingen

Telefonseelsorge0800/1110111 & 0800/1110222

Kassel

Telefonseelsorge 0800/1110111

PSKB Stadt & Landkreis Kassel0561/1003-0 & 0561/787-5361

NOTSCHLAFSTELLEN

Göttingen

HeilsarmeeUntere Maschstr. 13b37073 Göttingen0551/42484

Kassel

Soziale Hilfe e.V. / Panama(für alleinstehende Wohnungslose)Kölnische Straße 35, 34117 Kassel0561/70738-00

Café Nautilus (für Drogenabhängige)Erzberger Straße 45, 34117 Kassel0561/12115

RECHTSBERATUNG & HILFE

Kassel

Schuldnerberatung Gottschalkstraße 51, 34127 Kassel0561/893099

Verbraucherzentrale Hessen e.V.Bahnhofsplatz 1, 34117 Kassel0561/772934

Göttingen

AWO Schulden- & Insolvenzbera-tung, Kreisverband Göttingen e.V.Hospitalstraße 10, 37073 Göttingen0551/50091-0

Kostenlose RechtsberatungGöttinger Tafel e.V.Jacobikirchhof 1, 37073 Göttingen0551 – 5 10 30

Unabhängige Patientenberatung GöttingenAlbanikirchhof 4-5, 37073 Göttingen 0551/488778-0

Verbraucherzentrale NiedersachenPapendiek 24, 37073 Göttingen0551/57094

SUCHTBERATUNG: ALKOHOL

Kassel

Anonyme Alkoholiker0561/5108806

Blaues Kreuz KasselLandgraf-Karl-Straße 2234131 Kassel0561/93545-0

WOHIN, WENN

Wenn Ihre Einrichtung hier nicht enthalten, oder wir eine Korrektur durchführen sollen, schicken Sie bitte eine E-Mail mit den Daten an goettingen@ tagessatz.de!

Suchtberatung Diakonisches Werk KasselSucht- und Sozialtherapeut. ZentrumFrankfurter Str. 78A, 34121 Kassel0561/93895-0

SUCHTBERATUNG: DROGEN

Göttingen

DROBZ (Drogenberatungszentrum)Mauerstr.2, 37073 Göttingen 0551/45033

Beratungsstelle für Suchtkranke – DiakonieverbandSchillerstr 21, 37083 Göttingen 0551/72051

Kassel

Drogenhilfe Nordhessen e.V.Schillerstraße 2, 34117 Kassel0561/103641

Kontaktladen „Nautilus“Erzberger Straße 45, 34117 Kassel0561/12115

SAM – SubstitutionsfachambulanzWilhelmshöher Allee 12434119 Kassel0561/711813Schillerstraße 2, 34117 Kassel0561/103878

WOHNUNGSLOSENHILFE

Göttingen

Ambulante Hilfe für alleinstehende WohnungsloseWiesenstr. 7, 37073 Göttingen0551/42300

Diakonische Heime in Kästorf e.V. – Außenstelle GöttingenWienstraße 4f, 37079 Göttingen0551/5053302

Straßensozialarbeit (Kleiderkammer) Rosdorfer Weg 17, 37073 Göttingen0551/517980

Wohn-/Übernachtungsheim für Frauen und MännerUntere Maschstr. 13b37073 Göttingen0551/42484

Kassel

Die Heilsarmee / Sozial Center KsEisenacher Straße 18, 34123 Kassel0561/570359-0

Beratungsstelle für NichtsesshafteSozialamt der Stadt KasselKölnische Straße 35, 34117 Kassel0561/787-5061

Beratungsstelle für alleinstehende Wohnungslose – Soziale Hilfe e.V.Kölnische Straße 35, 34117 Kassel0561/70738–00

Betreutes WohnenDiakonisches Werk KasselFrankfurter Str. 78a, 34121 Kassel0561/93895-10

WOHNUNGSPROBLEME

Kassel

Zentrale Fachstelle WohnenWohnungsamt (Rathaus)Obere Königsstraße 8 34112 Kassel0561/787-6252 oder -6255

Deutscher MieterbundMieterverein Kassel u. U. e.V.Königsplatz 59, 34117 Kassel0561/103861

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TagesSatz * 09/14 35

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Mit dem Einwurf Ihres Pfandbelegs in den BonBons-Behälter unterstützen Sie direkt bedürfti-ge Menschen in Ihrer Region. Ihre Spende kommt zu gleichen Anteilen dem Straßenmagazin TagesSatz, sowie in Göttingen der Göttinger Tafel, in Kassel der »Gesegneten Mahlzeit« und dem »Suppentopf« zu Gute. Informationen zum Projekt und zu den Supermärkten mit Bon-Bons-Boxen erhalten Sie auf unserer Webseite: www.pfandbonbons.de

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