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M 194 Der Radiologe 12 ·99 Berufspolitik Die Entwicklung der Telemedizin seit den 60er Jahren war zunächst auf die Bewältigung von Notfallsituationen ausgerichtet, in denen der Aspekt der Arzt-Patienten-Beziehung nur eine un- tergeordnete Rolle spielt. In gering be- siedelten Regionen wurde durch Tele- medizin oft erst eine schnelle ärztliche Konsultation und Versorgung ermög- licht. Heute, da die Telemedizin beginnt, sich in andere Bereiche der Patienten- versorgung auszudehnen, stellt sich die Frage, ob und inwieweit ein wesentli- ches Kernstück der Medizin, nämlich ein gutes, vertrauensvolles, offenes Arzt - Patienten - Verhältnis durch Verände- rungen in der Kommunikation und in den Arbeitsabläufen gefährdet wird. Diejenigen Ärzte, die zumindest noch zehn Jahre Berufstätigkeit vor sich lie- gen haben, werden kaum der durch die Informationstechnologie und gesund- heitspolitischen Pläne ausgelösten Um- strukturierung entgehen. Verantwor- tungsvolle Ärzte werden sich auch über- legen, wie diese Zukunft gleichzeitig nach ihren persönlichen Vorstellungen und zum Vorteil der Gesellschaft, dabei spe- ziell der Kranken, gestaltet werden kann. Sicht des Patienten Ausschlaggebend für die Beurteilung der Qualität einer Arzt-Patienten-Beziehung ist die Einschätzung des Patienten. Aus seiner Sicht wäre der allwissende, alles könnende und immer erreichbare ärzt- liche Ansprechpartner die ideale Person. Aus dem früheren Leibarzt hat sich der heutige Hausarzt entwickelt, der auf Spe- zialisten zurückgreifen muß, aber die verfügbaren Informationen koordiniert und Vertrauensperson, Übersetzer und Begleiter des Patienten ist. Dem Patien- ten ist eigentlich gleich, ob er mit einem Arzt der einen oder der anderen Fach- richtung spricht, solange er gut betreut wird. Das Vertrauens kann durch das Heranziehen nicht kompetenter Ärzte,z. B. im Rahmen einer Telebefundung, oder durch das Gefühl der Entpersonalisie- rung von wichtigen, dem Patienten aber nicht bekannten Entscheidungsträgern gefährdet werden.Auch muß für den Pa- tienten immer klar erkennbar sein, wer die Verantwortung für die medizinischen Entscheidungen trägt. In den heutigen Strukturen des Gesundheitssystems wird dies durch das Konzept einer möglichst direkten, auch vertraglich fixierten Arzt- Patient-Beziehung im Regelwerk der pri- vatärztlichen Versorgung und durch den Grundsatz der persönlichen Leistungs- erbringung – mit gewissen Ausnahmen in der Pathologie und Labormedizin - gewährleistet.In einem zukünftigen Tele- medizinumfeld kann durch Aufklärung des Patienten über die Abläufe und die beteiligten Ärzte, dessen explizites Ein- verständnis zur telemedizinischen Kon- sultation eine Vertrauensminderung ver- mieden werden. Darüberhinaus kann diese Informationsweitergabe als eine gewisse Form der Patientenkontrolle den Anreiz zur Auswahl der „Besten“ für die Telekonsultation und damit unter Nut- zung der Fremdreputation das eigene Image des Arztes erhöhen. Sicht des Arztes Der Blickwinkel des Arztes ist ein etwas anderer. Über den eigentlichen Patien- tenkontakt hinaus mißt er als Grundlage einer guten Patientenbetreuung der Qua- lität der ärztlichen Diagnostik und The- rapie sowie der interkollegialen Zusam- menarbeit einen höheren Wert bei. Dar- überhinaus spielt das Selbstverständnis der Fachrichtung eine große Rolle. Ge- rade die Radiologen legen als eine stark technisch ausgerichtete Disziplin Wert auf ihre Beteiligung an der klinischen Tätigkeit, die aufgrund des Zieles der dia- gnostischen oder therapeutischen Pati- entenbetreuung ernsthaft nicht in Frage gestellt werden kann. In Spezialgebieten wie z. B. der Mammadiagnostik erfüllt der Radiologe häufig die Funktion eines primär betreuenden Arztes. Anderer- seits ist in der Realität bei manchen ra- diologischen Untersuchungsverfahren der Patientenkontakt auf ein Minimum beschränkt, ohne daß bei korrekter Fra- gestellung und der Zusammenfassung von Anamnese und Untersuchung die Qualität der Befunde eingeschränkt sein muß. Wir finden also schon bisher eine sehr unterschiedliche Ausprägung des Patientenkontaktes in der Radiologie. Entpersonalisierung des Arztes ? In welchen Fällen kann das Arzt - Pati- enten - Verhältnis durch die Telemedi- zin bedroht werden? - Notfallversorgung Wie bereits angesprochen spielt in der Notfallversorgung das Arzt-Patienten- verhältnis eine untergeordnete Rolle; hier geht es um Lebenserhaltung; der Zeit- faktor sowie die richtige Auswahl der Diagnostik und Therapie sind vorherr- schend. Der Radiologe muß sich hierbei auf die Informationen seiner Kollegen verlassen können. Der Patient selbst ist häufig nicht oder nur eingeschränkt an- sprechbar, bedarf der kontinuierlichen Betreuung durch das medizinische Per- sonal und profitiert darüberhinaus kaum von einem persönlichen Kontakt mit dem Radiologen unter dem Gesichts- punkt des menschlichen Ansprechpart- M.Walz, Mannheim Teleradiologie - auf dem Weg zur Auflösung der Arzt - Patienten - Beziehung?

Teleradiologie – auf dem Weg zur Auflösung der Arzt-Patienten-Beziehung?

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Page 1: Teleradiologie – auf dem Weg zur Auflösung der Arzt-Patienten-Beziehung?

M 194 Der Radiologe 12 ·99

Berufspolitik

Die Entwicklung der Telemedizin seitden 60er Jahren war zunächst auf dieBewältigung von Notfallsituationenausgerichtet, in denen der Aspekt derArzt-Patienten-Beziehung nur eine un-tergeordnete Rolle spielt. In gering be-siedelten Regionen wurde durch Tele-medizin oft erst eine schnelle ärztlicheKonsultation und Versorgung ermög-licht. Heute, da die Telemedizin beginnt,sich in andere Bereiche der Patienten-versorgung auszudehnen, stellt sich dieFrage, ob und inwieweit ein wesentli-ches Kernstück der Medizin, nämlich eingutes, vertrauensvolles, offenes Arzt -Patienten - Verhältnis durch Verände-rungen in der Kommunikation und inden Arbeitsabläufen gefährdet wird.

Diejenigen Ärzte, die zumindest nochzehn Jahre Berufstätigkeit vor sich lie-gen haben, werden kaum der durch dieInformationstechnologie und gesund-heitspolitischen Pläne ausgelösten Um-strukturierung entgehen. Verantwor-tungsvolle Ärzte werden sich auch über-legen,wie diese Zukunft gleichzeitig nachihren persönlichen Vorstellungen undzum Vorteil der Gesellschaft, dabei spe-ziell der Kranken, gestaltet werden kann.

Sicht des Patienten

Ausschlaggebend für die Beurteilung derQualität einer Arzt-Patienten-Beziehungist die Einschätzung des Patienten. Ausseiner Sicht wäre der allwissende, alleskönnende und immer erreichbare ärzt-liche Ansprechpartner die ideale Person.Aus dem früheren Leibarzt hat sich derheutige Hausarzt entwickelt,der auf Spe-zialisten zurückgreifen muß, aber dieverfügbaren Informationen koordiniertund Vertrauensperson, Übersetzer undBegleiter des Patienten ist. Dem Patien-

ten ist eigentlich gleich, ob er mit einemArzt der einen oder der anderen Fach-richtung spricht, solange er gut betreutwird. Das Vertrauens kann durch dasHeranziehen nicht kompetenter Ärzte, z.B. im Rahmen einer Telebefundung,oderdurch das Gefühl der Entpersonalisie-rung von wichtigen, dem Patienten abernicht bekannten Entscheidungsträgerngefährdet werden.Auch muß für den Pa-tienten immer klar erkennbar sein, werdie Verantwortung für die medizinischenEntscheidungen trägt. In den heutigenStrukturen des Gesundheitssystems wirddies durch das Konzept einer möglichstdirekten,auch vertraglich fixierten Arzt-Patient-Beziehung im Regelwerk der pri-vatärztlichen Versorgung und durch denGrundsatz der persönlichen Leistungs-erbringung – mit gewissen Ausnahmenin der Pathologie und Labormedizin -gewährleistet. In einem zukünftigen Tele-medizinumfeld kann durch Aufklärungdes Patienten über die Abläufe und diebeteiligten Ärzte, dessen explizites Ein-verständnis zur telemedizinischen Kon-sultation eine Vertrauensminderung ver-mieden werden. Darüberhinaus kanndiese Informationsweitergabe als einegewisse Form der Patientenkontrolle denAnreiz zur Auswahl der „Besten“ für dieTelekonsultation und damit unter Nut-zung der Fremdreputation das eigeneImage des Arztes erhöhen.

Sicht des Arztes

Der Blickwinkel des Arztes ist ein etwasanderer. Über den eigentlichen Patien-tenkontakt hinaus mißt er als Grundlageeiner guten Patientenbetreuung der Qua-lität der ärztlichen Diagnostik und The-rapie sowie der interkollegialen Zusam-menarbeit einen höheren Wert bei. Dar-überhinaus spielt das Selbstverständnis

der Fachrichtung eine große Rolle. Ge-rade die Radiologen legen als eine starktechnisch ausgerichtete Disziplin Wertauf ihre Beteiligung an der klinischenTätigkeit,die aufgrund des Zieles der dia-gnostischen oder therapeutischen Pati-entenbetreuung ernsthaft nicht in Fragegestellt werden kann. In Spezialgebietenwie z. B. der Mammadiagnostik erfülltder Radiologe häufig die Funktion einesprimär betreuenden Arztes. Anderer-seits ist in der Realität bei manchen ra-diologischen Untersuchungsverfahrender Patientenkontakt auf ein Minimumbeschränkt, ohne daß bei korrekter Fra-gestellung und der Zusammenfassungvon Anamnese und Untersuchung dieQualität der Befunde eingeschränkt seinmuß. Wir finden also schon bisher einesehr unterschiedliche Ausprägung desPatientenkontaktes in der Radiologie.

Entpersonalisierung des Arztes ?In welchen Fällen kann das Arzt - Pati-enten - Verhältnis durch die Telemedi-zin bedroht werden?

- NotfallversorgungWie bereits angesprochen spielt in derNotfallversorgung das Arzt-Patienten-verhältnis eine untergeordnete Rolle; hiergeht es um Lebenserhaltung; der Zeit-faktor sowie die richtige Auswahl derDiagnostik und Therapie sind vorherr-schend. Der Radiologe muß sich hierbeiauf die Informationen seiner Kollegenverlassen können. Der Patient selbst isthäufig nicht oder nur eingeschränkt an-sprechbar, bedarf der kontinuierlichenBetreuung durch das medizinische Per-sonal und profitiert darüberhinaus kaumvon einem persönlichen Kontakt mitdem Radiologen unter dem Gesichts-punkt des menschlichen Ansprechpart-

M.Walz, Mannheim

Teleradiologie - auf demWeg zur Auflösung der Arzt -Patienten - Beziehung?

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- ExpertenkonsultationAuch in der radiologiebezogenen Ex-perten-Telekonsultation (von einem Arztzum anderen) wird der Arzt-Patienten-kontakt nicht wesentlich gegenüber derbisherigen Praxis per Post eingeschränkt.Wenn die Zusendung von Bildern undText- oder Sprachinformationen aus-reicht, wird die Telemedizin die Konsul-tation erleichtern. Ist dagegen die per-sönliche Vorstellung des Patienten sinn-voll, wird sie auch zukünftig erfolgen.Langfristig wird allerdings aufgrund derentpersonalisierten Konsultation der Ein-satz von computergestützten Bildaus-werte- und evtl. auch Diagnosesystemenerleichtert.Dies ist eine Entwicklung,dieebenso unvermeidbar ist - weil sie letzt-endlich zur Unterstützung der mensch-lichen Befundung und wegen Zeiter-sparniseffekten (z.B.durch Verknüpfungmit vorbereiteten Befundbausteinen)und entsprechender Kostenreduktionsinnvoll ist - wie sie andererseits in ih-rer Ausprägung, Einführung und kon-kreten Anwendung aus ärztlicher Sichtstrategisch geplant werden sollte. Unab-hängig vom aktuellen Thema des Arzt-

Patienten-Verhält-nisses sind die Ver-g ütungsaspekteund die Frage derVerfüg- und Er-reichbarkeit vonExperten bei wahr-scheinlich zuneh-mender Zahl an

Konsultationen immer noch ungeklärt.

Die freie Arztwahl ist ein weiterer zen-traler Bestandteil unseres Gesundheits-systems, deren Einschränkung zu einerVerschlechterung des Arzt-/Patienten-Verhältnisses führen kann, ähnlich derbekannten Schwierigkeiten bei der Re-duzierung des Medikamenten- und Hilfs-mittelgebrauchs.

- TelekonsilWährend es bei einer Konsultation einesKollegen ohne Identifizierung des Pati-enten wahrscheinlich keiner explizitenZustimmung des Patienten bedarf undder Experte durch den Arzt evtl. ohneWissen des Patienten ausgewählt wird,muß bei einem Telekonsil das Recht desPatienten auf Arztwahl zumindest durchseine Zustimmung gewahrt werden.Auch wenn nach Darstellung in der Ro-land-Berger-Studie „Telematik im Ge-sundheitswesen“ bei einer reinen Bera-tung der Konsiliarius als Erfüllungsge-hilfe des behandelnden Arztes (nach §278BGB) anzusehen ist und deshalb wederein Vertrag zwischen Konsiliarius undPatient zustande kommt, noch die ärzt-liche Schweigepflicht beeinträchtigt wird,

ist zumindest bei Nennung personenbe-zogener Informationen die Rücksprachemit dem Patienten,gerade unter dem Ge-sichtspunkt einer vertrauensvollen Arzt-Patient-Beziehung, vor der Konsultationzu empfehlen. Durch die Bereitstellungder medizinischen Informationen perTelekonsultation wird zukünftig auch einvollkommeneres Bild des Patienten bzw.seiner Erkrankung entstehen, als es bis-her bei einer telefonischen oder postali-schen Konsultation möglich war, so daßinformationelle Selbstbestimmung undärztliche Schweigepflicht (auch unterKollegen) leichter verletzt werden kön-nen. Andererseits bietet eine elekroni-sche Kommunikation viel mehr Mög-lichkeiten der Sicherheit und Kontrolle- wenn sie genutzt werden!

Telekommunikation zwischenArzt und Patient

In der Kommunikation zwischen demprimär betreuenden Arzt und dem Pati-enten von heute werden sich nach undnach deutliche Veränderungen ergeben.Gegenüber einem Telefongespräch kön-nen in einer Telekonferenz von morgenwesentlich mehr Informationen ausge-tauscht werden, so daß auf längere Sichtauch mancher Arztbesuch eingespartwerden kann. Überwiegend wird aberauch hier die elektronische Kommuni-kation nur ein Zusatzmittel darstellen,um die Informationsübermittlung zuvereinfachen, Organisationsverbesse-rungen herbeizuführen und den Kontakt

Patienten bewerten die Konsultation zusätzlicher Experten im Wege der

Teleradiologie immer dann als positiv,wenn sie vorab darüber informiert

werden und der Kontakt zum primär behandelnden Arzt vertrauensvoll ist

und erhalten bleibt.Fotos: stockmarket

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Berufspolitik

zwischen Patient und Arzt, z. B. bei im-mobilen Personen,zu intensivieren.Auchder Aspekt einer vom Patienten ge-wünschten anonymen Kontaktaufnahmemuß in Betracht gezogen werden. DieZeit, daß eine anspruchsvolle medizini-sche Untersuchung allein durch techni-sche Hilfsmittel über Telesteuerung odermit Robotern durchgeführt wird, liegtim außermilitärischen Bereich noch inweiter Zukunft.Allerdings sollte man dielaufenden Projekte eines Telemonitoringin verschiedenen Varianten, z. B. Diabe-tes- oder Blutdruckkontrolle, nicht un-beachtet lassen.

Wie bei fast allen technischen Neuerun-gen,sei es die Erfindung des Buchdrucks,des Autos oder der Entdeckung der Rönt-genstrahlung, findet sich auch in der In-formationstechnologie eine Ambivalenz,einerseits im Blick auf die vielen Chan-cen,andererseits im Bewußtsein der unü-bersehbaren Gefahren. Vor einigen Jah-ren wurde die Frage nach einer Beein-trächtigung des Arzt-Patienten-Verhält-nisses bei der Einführung der PCs in denPraxen gestellt. Inzwischen sieht manhierin kein Problem mehr.Selbst Studienund Publikationen zu dieser Frage ha-ben abgenommen, weil der Computerzwischenzeitlich zum üblichen Bild un-serer Gesellschaft gehört. Da die Infor-mationstechnologie sich derzeit schnel-ler in der Gesamtbevölkerung als in derMedizin ausbreitet, besteht eine eher ge-ringe Gefahr, daß sich Patienten durchihren Einsatz in der Medizin irritiertfühlen werden. Eher ist zu erwarten, daßdie Patienten ihren verstärkten Einsatzfordern werden.

Teleradiologische Kooperationund Leistungssplitting

Auch in vielen anderen teleradiologi-schen Anwendungen außerhalb der Kon-sultation wird das Arzt-Patienten-Ver-hältnis nicht beeinträchtigt, da es sichum zwischenärztliche Kommunikationhandelt, seien es Ferndemonstrationen,Befund- und Bildübermittlung an Über-weiser oder Patienten, Live-Konsultatio-nen oder elektronische Weiter- und Fort-bildung.

Kritisch bzgl. der Arzt - Patienten - Be-ziehung und ihrer Qualität sind dagegenEinsatzbereiche, in denen kein fachkun-

diger Arzt bei der Untersuchung anwe-send ist oder die radiologische Leistungvon Ärzten der gleichen oder auch un-terschiedlicher Fachrichtung erbrachtwird. Beispiele wären die reine Telebe-fundung, wie sie in den USA praktiziertwird, bei denen der befunderstellendeRadiologe mit dem eigentlichen Unter-suchungsvorgang nichts mehr zu tun hat,oder der zentrale radiologische Telebe-reitschaftsdienst,bei dem der Ra-diologe allerdingstypischerweisefür den Ge-samtablauf ver-antwortlich, nureben nicht kör-perlich vor Ortanwesend ist.Auch kooperativeModelle zwischen Radiologen oder mitTeilradiologen gehören hierzu, wenn imambulanten vertragsärztlichen Bereichnach der Vorschrift des § 15 (3) BMV-Ä(Leistungserbringungsgemeinschaft)der eine Radiologe die Indikations-über-prüfung,Aufklärung und Untersuchungund der andere die Befundung und dasPatientengespräch durchführt (bei der-zeit nicht erlaubtem Leistungssplittingunter Durchbrechung der gleichzeitiggültigen Forderung nach persönlicherLeistungserbringung).Andere Beispielesind die Erbringung der technischen Lei-stung durch den Radiologen mit Befun-dung und Arzt - Patienten - Gesprächdurch den gesamtbetreuenden Teilra-diologen sowie der umgekehrte Fall, daßdie Röntgenleistung beim Teilradiolo-gen, die Befundung beim Radiologenund das Gespräch wiederum beim Teil-radiologen stattfindet.

Wo im Untersuchungsablauf von Indi-kationsstellung, Aufklärung und radio-logischer Untersuchung bis Befundungund Patientengespräch kann bei An-wendung der Teleradiologie eine Ge-fährdung des Arzt - Patienten-Verhält-nisses auftreten? Die Indikation zur ra-diologischen Untersuchung sowie diePrüfung des Ob und Wie nach der RöVsind zwar gedankliche Prozesse des Arz-tes, allerdings erfordern sie in der Regeleine Anamnese und Untersuchung desPatienten als Aufgaben des primär be-handelnden Arztes. Ob der fachkundigeArzt sich alleine auf die Informationendes überweisenden Kollegen verlassen

kann und darf, ist für die Qualität derUntersuchung und den Strahlenschutzsehr relevant, allerdings kaum für dieFrage des Arzt - Patienten - Verhältnisses.Dem Patienten ist es egal, welcher Arztdie Befragung und wer die Untersuchungdurchführt, solange sie seinen An-sprüchen an eine gute medizinische Ver-sorgung genügen. Gleiches gilt auch fürdie Aufklärung, die möglichst früh ge-

schehen sollte, umdem Patienten Ge-legenheit zu einerabgewogenen Ent-scheidung zu las-sen.

Bei den meistenver fahrenstech-nisch einfacherenradiologischen Un-

tersuchungen erwartet der Patient keinespeziell ärztliche,sondern „nur“ eine gutemedizinische Betreuung, die in vielenFällen durch die MTA erbracht werdenkann.Welcher fachkundige Arzt die Un-tersuchung - entsprechend den An-sprüchen an den Facharztstandard -überwacht und gegebenenfalls eingreift,ist für den Patienten nicht entscheidend,solange die Qualität stimmt. In manchenFachgebieten - wie aus Studien in derChirurgie, einem zentralen klinischenFach, ersichtlich - scheint die zwi-schenmenschliche Beziehung zum Pfle-gepersonal für den Gesamteindruck ent-scheidender zu sein als die ärztliche Be-treuung.Im nächsten Schritt des Ablaufs,der Befundung, findet typischerweisekein Patientenkontakt statt, sondern erstnachfolgend im Patientengespräch.Aberauch dieses kann bei guter Informati-onsübermittlung des Radiologen an denÜberweiser durch den primär behan-delnden Arzt oder Teilradiologen erfol-gen. Entscheidend ist der interkollegialeInformationsfluß, der für eine interdis-ziplinäre Zusammenarbeit so wichtig istund durch die Telemedizin gefördertwerden kann.

Bei einigen Teleradiologiekonstellatio-nen reduziert sich der Arzt-Patienten-kontakt durchaus. Die Befürchtung umein Absinken der Gesamtqualität des Un-tersuchungsablaufes und der Patienten-versorgung einschließlich des Strahlen-schutzes ist damit sicher nicht unbe-rechtigt. Bei Anwendung der Teleradio-logie in Notfällen kann aber in vielen

Durch die Telemedizin ist dasArzt-Patienten-Verhältnis in

den meisten Fällen keineswegsgefährdet, sondern wird eher

noch verbessert .

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Fällen eine Qualitätsverbesserung er-reicht werden. Auch in ärztlich unter-versorgten Regionen scheint der Telera-diologieeinsatz recht gut begründet, al-lerdings in Deutschland mit der Frage,wie und wo sich eine Unterversorgung(oder schlechte Versorgung) definierenund mit Hilfe der innerärztlichen Qua-litätskontrollen feststellen läßt. Ebensowird die elektronische Informationsü-bermittlung in ihrer Bedeutung für dieZukunft kaum angezweifelt werden. Beider elektiven Anwendung der Teleradio-logie in kooperativen Modellen, die ins-besondere auf Arbeits-, Geräteteilungund andere organisatorische oder fi-nanzielle Vorteile ausgerichtet sind,wirddagegen die Qualität der Leistung, bezo-gen auf den Gesamtprozeß, kritisch ge-prüft werden müssen. Hier sind Regelnzu schaffen, die eine Qualitätssicherungoder -verbesserung garantieren. Aller-dings läßt sich eine langfristige Strate-gie zur Telemedizin und Teleradiologiewegen der vielen widerstreitenden ge-sundheitspolitischen und innermedizi-nischen Einflüssen und der Unklarheitüber das zukünftige Erscheinungsbildder Radiologie schwer festlegen.Der Wegwird wahrscheinlich in kleinen Etappenund mit einigen Korrekturschleifen er-folgen.

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Pkw-Praxiskosten:Fahrtenbuch vereinfacht

Künftig ist es erlaubt, im Fahrtenbuchnur den Vermerk „Patientenbesuch“ ein-zutragen. Namen und Anschrift der auf-gesuchten Patienten müssen allerdingsvom Arzt in einem getrennten Verzeich-nis festgehalten werden. Dieses Ver-zeichnis soll laut Finanzministerium nurdann herangezogen werden, wenn Zwei-fel an der Richtigkeit der Eintragungenim Fahrtenbuch auftauchen.

Auf diesen Kompromiß haben sichder Bundesbeauftragte für den Daten-schutz, Dr. Joachim Jacobs, und das Bun-desfinanzministerium geeinigt. Jacobshatte vor mehr als einem Jahr beanstan-det,daß das Finanzministerium für steu-erliche Fahrtenbücher bei Hausbesuchenvon Ärzten verlange,Name und Anschriftdes Patienten einzutragen.