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5 Tensoren in gekrümmten Räumen Die von MAXWELL vollzogene Vereinigung von Elektrizität und Magnetis- mus hat den Sturz der absoluten Raum-Zeit-Welt NEWTONS mit ihrer Galilei-Struktur eingeleitet. Die Zeit mußte relativiert werden, übrig blieb jedoch, mit all den ungelösten Fragen, der absolute Raum, auf den sich auch die spezielle Relativitätstheorie beruft. NEWTON, und vor ihm schon GALILEI, hat die Bedeutung der Trägheit und der Beschleunigung klar erkannt. Indem er aber den Begriff der rei- nen Trägheitsbewegung von dem der beschleunigten Bewegung absonderte, scheint er doch einen grundsätzlichen Unterschied in der Natur der beiden Erscheinungsformen von Bewegung gesehen zu haben. Mit diesem Stand- punkt, der sich aber nur vertreten läßt, wenn eine Bewegung nicht relativ, z.B. gegenüber fernen Massen, sondern absolut verstanden wird, begründet NEWTON seine Lehre vom absoluten Raum. Die darin ausdrücklich gefor- derte Beziehungslosigkeit zu jedwedem äußeren Gegenstand steht allerdings nicht im Einklang mit dem aus guten Gründen zu erhebenden Prinzip, alles nicht-objektivierbare aus den Naturgesetzen und ihrem Umfeld zu entfer- nen. Schließlich kann den Punkten eines "absoluten" Raumes auch keine physikalische Wirklichkeit beigemessen werden - eine solche haben nur relative Orte im Raum und folglich auch nur relative Bewegungen. Es ist aus diesem Grund auch nicht möglich, ein im Sitz von Massen verankertes Bezugssystem in voller Strenge als Inertialsystem einzustufen. Daß auch der absolute Raum eine Fiktion ist, zu dieser Erkenntnis hat die für das Verständnis der Welt notwendige Relativierung der Zeit ent- scheidend beigetragen. Die Revision des Raumbegriffs lag mit der Abkehr vom Zeitverständnis NEWTONS bereits in der Luft. 5.1 Differenzierbare Mannigfaltigkeiten Mit dem Begriff der Mannigfaltigkeit wird ein Raum konzipiert, der weder im Ganzen noch in Teilbereichen eine euklidische bzw. eine affine Struk- tur hat, aber im Kleinen wie ein euklidischer Raum aussieht, genauso wie sich für den Menschen, der nicht über seinen Horizont auf der Erde hin- ausgreift, die unmittelbare Umgebung seines Ortes auf der Erdoberfläche als euklidische Ebene darbietet. Ein Beobachter kann immer nur eine ge- wisse Umgebung seines augenblicklichen Standortes koordinatenmäßig in H. J. Dirschmid, Tensoren und Felder © Springer-Verlag/Wien 1996

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5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Die von MAXWELL vollzogene Vereinigung von Elektrizität und Magnetis­mus hat den Sturz der absoluten Raum-Zeit-Welt NEWTONS mit ihrer Galilei-Struktur eingeleitet. Die Zeit mußte relativiert werden, übrig blieb jedoch, mit all den ungelösten Fragen, der absolute Raum, auf den sich auch die spezielle Relativitätstheorie beruft.

NEWTON, und vor ihm schon GALILEI, hat die Bedeutung der Trägheit und der Beschleunigung klar erkannt. Indem er aber den Begriff der rei­nen Trägheitsbewegung von dem der beschleunigten Bewegung absonderte, scheint er doch einen grundsätzlichen Unterschied in der Natur der beiden Erscheinungsformen von Bewegung gesehen zu haben. Mit diesem Stand­punkt, der sich aber nur vertreten läßt, wenn eine Bewegung nicht relativ, z.B. gegenüber fernen Massen, sondern absolut verstanden wird, begründet NEWTON seine Lehre vom absoluten Raum. Die darin ausdrücklich gefor­derte Beziehungslosigkeit zu jedwedem äußeren Gegenstand steht allerdings nicht im Einklang mit dem aus guten Gründen zu erhebenden Prinzip, alles nicht-objektivierbare aus den Naturgesetzen und ihrem Umfeld zu entfer­nen. Schließlich kann den Punkten eines "absoluten" Raumes auch keine physikalische Wirklichkeit beigemessen werden - eine solche haben nur relative Orte im Raum und folglich auch nur relative Bewegungen. Es ist aus diesem Grund auch nicht möglich, ein im Sitz von Massen verankertes Bezugssystem in voller Strenge als Inertialsystem einzustufen.

Daß auch der absolute Raum eine Fiktion ist, zu dieser Erkenntnis hat die für das Verständnis der Welt notwendige Relativierung der Zeit ent­scheidend beigetragen. Die Revision des Raumbegriffs lag mit der Abkehr vom Zeitverständnis NEWTONS bereits in der Luft.

5.1 Differenzierbare Mannigfaltigkeiten

Mit dem Begriff der Mannigfaltigkeit wird ein Raum konzipiert, der weder im Ganzen noch in Teilbereichen eine euklidische bzw. eine affine Struk­tur hat, aber im Kleinen wie ein euklidischer Raum aussieht, genauso wie sich für den Menschen, der nicht über seinen Horizont auf der Erde hin­ausgreift, die unmittelbare Umgebung seines Ortes auf der Erdoberfläche als euklidische Ebene darbietet. Ein Beobachter kann immer nur eine ge­wisse Umgebung seines augenblicklichen Standortes koordinatenmäßig in

H. J. Dirschmid, Tensoren und Felder© Springer-Verlag/Wien 1996

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Form einer Landkarte erfassen, seine Welt ist ihm durch eine globale Be­schreibung mittels Koordinaten unzugänglich. Ein solcher Raum ist also in keiner Weise "absolut", Koordinatensysteme werden nur lokal errichtet, sodaß ein Punkt des Raumes immer nur mit den Punkten einer gewissen Umgebung in Beziehung steht.

I. Eine Mannigfaltigkeit ist zunächst ein topologischer Raum.

Unter einem topologischen Raum'! versteht man eine nicht-leere Menge von Objekten, im folgenden "Punkte" genannt, wenn unter den Teilmengen von '! eine Familie1 ) 0 durch folgende drei Eigenschaften ausgezeichnet ist:

(i) Sowohl die leere Menge 0 als auch die Menge'! sind Elemente in 0:

o E 0 und '! E 0 ;

(ii) Der Durchschnitt zweier und damit endlich vieler Teilmengen in 0 ist Element in 0:

ih E 0 und ih E 0 :::} ih n ih E 0;

(iii) Die Vereinigung beliebig vieler Teilmengen in 0 ist wieder Element in 0, d.h. es soll gelten, wenn I eine beliebige Indexmenge ist:

Üi E 0 für i EI:::} U tii E 0 . iEl

Die der Familie 0 angehörigen Teilmengen von '! werden, um ihre Son­derstellung mit einem Beiwort hervorzuheben, offen genannt. Jeder Punkt von'! ist in wenigstens einer Menge der Familie 0 enthalten, d.h. ist PE'! ein beliebiger Punkt, so gibt es eine offene Menge ti E 0 mit P E ti, z.B. die Menge'! selbst. Eine Menge ti E 0 heißt deshalb eine offene Umgebung für jeden Punkt von '!, der in ti enthalten ist. Unter einer Umgebung eines Punktes P versteht man eine den Punkt P enthaltende Teilmenge m ~ '!, welche eine offene Umgebung von P enthält.

Die Mengenfamilie 0 heißt eine Topologie auf ,!.2)

Die Bezeichnung "offen" für eine Menge hat ihren Ursprung in gewissen Eigenschaften von Mengen reeller Zahlen. Ist U ~ IR und :1:0 EU, so heißt :1: 0 ein innerer Punkt von U, wenn mit :1:0 auch gleich eine gewisse e- Umgebung U(:l:o , e} = {:I: 11:1:-:1:0 1< e} in U enthalten ist. Eine Menge 0 ~ IR wird dann offen genannt, wenn jeder ihrer Punkte ein innerer Punkt ist. Eine solche Menge enthält keinen ihrer Randpunkte; dabei heißt ein Punkt :1:' E IR Randpunkt einer Menge U ~ IR, wenn jede e-Umgebung um :1:' sowohl Punkte aus U als auch nicht zu U gehörige Punkte enthält. Die offenen Mengen der Zahlengeraden haben nun gerade die drei Eigenschaften, die für einen topologischen Raum gefordert werden. Die leere Menge 0 muß unter die offenen Mengen aufgenommen werden,

1) Das ist eine Teilmenge der Menge I!:ller Teilmengen. 2) Griech. 10-rro<; (topos), Ort, Lage, Ortlichkeit. Eine ältere Bezeichnung für

die Topologie ist die "analysis situs", die Geometrie der Lage. Die Topologie befaßt sich mit der lokalen Struktur des Raumes.

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5.1 Differenzierbare Mannigfaltigkeiten 271

weil sonst das zweite Axiom des topologischen Raumes keine uneingeschränkte Gültigkeit hättej als Teilmenge von lR ist die leere Menge auch deshalb offen, weil die Aussage "z E 0 ::::} z ist innerer Punkt von 0" auf Grund der offensichtlich falschen Voraussetzung z E 0 richtig ist ("ex falso quodlibet").

Die einfachsten Vertreter offener Mengen auf der Zahlengeraden sind die of­fenen Intervalle Ja, b[ = {z I a < z < b}. Der Durchschnitt endlich vieler solcher Intervalle ist eine offene Menge, und die Vereinigung beliebig vieler offener In­tervalle führt auf eine offene Menge. Da sich umgekehrt jede offene Menge als Vereinigung durchschnittsfremder offener Intervalle darstellen läßt, können die offenen Intervalle als "Bausteine" der offenen Mengen angesehen werden. Darin zeigt sich jetzt auch, daß das System der offenen Mengen "abgeschlossen" ist gegenüber beliebigen Vereinigungen und endlichen Durchschnittsbildungen.

Die Bedeutung der offenen Mengen auf der Zahlengeraden lR, insbeson­dere der offenen Umgebung eines Punktes, tritt im Begriff der Stetigkeit und in der Differentialrechnung reeller Funktionen einer reellen Veränderlichen zutage. Stetigkeit und Differenzierbarkeit sind lokale Eigenschaften einer Funktion, also solche, die erst Substanz haben, wenn eine Funktion in allen Punkten einer Um­gebung des Argumentes definiert ist, z.B. in einer E-Umgebung mit hinreichend kleinem E > O. In allgemeinen Räumen steht aber das Konzept des offenen In­tervalls nicht zur Verfügung. Deshalb abstrahiert man von diesem Begriff, indem man seine charakteristischen Eigenschaften, durch welche sein Wesen erfaßt wird, in den Rang von Axiomen erhebt.

Die Menge der geordneten N -tupel x = (Zl, Z2 , ... , ZN) reeller Zahlen be­zeichnet man mit lRN . Führt man mit p( x, y} = J2:i (Zi - Yi)2 den euklidischen Abstand zweier N-tupel x und y ein, so wird die Menge lRN zu einem metrischen Raum. Sinngemäß nennt man die Teilmenge {xlp(x,xo}<t:} ~ lRN die (offene) Kugel um X o mit dem Radius Ej sie ist eine von vielen Möglichkeiten, den Be­griff der E-Umgebung auf der Zahlengeraden auf den lRN zu übertragen. Ist U ~ lRN eine beliebige Teilmenge, die den Punkt X o enthält, so heißt X o ein innerer Punkt von U, wenn U auch eine Kugel um X o von hinlänglich kleinem Radius enthält. Besteht eine Teilmenge U nur aus inneren Punkten, so ist sie offen, d.h. sie ist Mitglied einer Familie von Teilmengen des lRN , welche den ge­nannten drei Forderungen Genüge leisten. Damit wird der metrische Raum lRN

zu einem topologischen Raumj die auf diese Weise eingeführte Topologie nennt man auch die "gewöhnliche" Topologie des lR N. Diese ist stets gemeint, wenn im folgenden auf den lRN als topologischen Raum Bezug genommen wird.

Ein topologischer Raum ist von derart allgemeiner Natur, daß selbst einer Folge von Punkten ein Grenzpunkt nicht eindeutig zugeordnet werden kann. Man wird den Punkt P E 'I als Grenzpunkt einer Folge PI, P2 , ••.

von Punkten in 'I einführen, wenn jede Umgebung von P, also auch jede den Punkt P enthaltende offene Menge von 'I, fast alle Punkte der Folge enthält. Dies setzt aber voraus, daß zwei verschiedene Punkte immer durch zwei disjunkte offene Umgebungen voneinander "getrennt" werden können. Da dies durch die Grundgesetze des topologischen Raumes apriori nicht gewährleistet ist, fordert man das sogenannte Trennungsaxiom:

(iv) Zu zwei beliebigen Punkten PI E 'I und P2 E 'I existieren stets zwei disjunkte offene Mengen lh und lh, welche die beiden Punkte PI und P2 enthalten:

VPI ,P2 E'I =? :Jlh,lh E a,PI E lh,P2 E lh und UI nU2 = 0.

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272 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Wird das Trennungsaxiom (iv) in einem topologischen Raum zusätzlich als Forderung erhoben, so kann es zu einer Folge P1, P2 , ••• von Punkten aus '!' nur höchstens einen Punkt PE'!' geben, der die Voraussetzung erfüllt, daß in jeder Umgebung von P fast alle Punkte der Folge liegen.

Ein topologischer Raum, dem das Trennungsaxiom zu den drei Grund­axiomen hinzugefügt wird, heißt separiert oder ein Hausdorff-Raum.

Hat man auf einer Punktmenge auf Grund irgendwelcher gemeinsa­mer Merkmale Teilmengen ausgesondert, welche das Attribut "offen" be­kommen, so sagt man, auf der Punktmenge ist eine Topologie "eingeführt" worden, wenn diese Familie von Teilmengen den Forderungen (i) bis (iii) für einen topologischen Raum bzw. auch noch (iv) für einen Hausdorff-Raum Genüge leistet.

Immer wieder tritt der Fall ein, daß Untersuchungen von Objekten in einem topologischen Raum'!' durch gewisse Einschränkungen auf einer Teilmenge 6 durchgeführt werden müssen, welche dann die Rolle des topo­logischen Raumes'!' zu übernehmen hat. Dies erfordert, die Teilmenge 6 zu einem topologischen Raum zu machen, aber nicht willkürlich, sondern unter solchen Umständen in Verbindung mit der Topologie in '!'. Der natürliche Weg, die Teilmenge 6 mit Hilfe der Topologie in '!' zu einem topologischen Raum zu machen, besteht darin, jede Menge in 6 offen zu nennen, wenn sie als Durchschnitt einer offenen Menge in '!' und der Teilmenge 6 dargestellt werden kann,

11 ~ 6 offen in 6 {=::? :J m ~ '!' offen in '!' und 11 = m n 6 . Man hebt diesen Sachverhalt durch die Sprechweise "die Menge 11 ist offen in 6" hervor (die Menge 11 braucht nicht offen in '!' zu sein, aber sie ist es, wenn 6 offen in '!' ist). Die Topologie in 6 ist somit die Mengenfamilie

0'={11r11=mn6, mEO}, wenn darin 0 die Topologie in '!' ist. Diese Topologie nennt man die in 6 durch'!' induzierte oder die (bezüglich '!') relative Topologie; mit dieser Topologie versehen heißt 6 ein topologischer Teilraum von '!'.

Aus 6 ~ '!' folgt 6 = '!' n 6, somit ist 6 E 0' wegen'!' E 0; auf Grund von 0 E 0 und 0 = 0 n 6 ist auch 0 E 0' und daher die Bedingung (i) für die Mengenfamilie 0' erfüllt. Sind 111 und 112 zwei Mengen der Familie 0', so gibt es zwei Mengen m1 und m2 in 0 mit 111 = m1 n 6 und 112 = m2 n 6; daher ist der Durchschnitt

111 n 112 = (m1 n 6) n (m2 n 6) = (m1 n m2 ) n 6 in 0' enthalten, denn m1 n m2 gehört der Familie 0 an. Somit ist auch der Bedingung (ii) Genüge getan. Sind schließlich die Mengen 11i für i E I in 0' enthalten, also 11i = mi n 6 mit Mengen mi E 0, so folgt aus

U 11i = U(m i n 6) = (U mi ) n 6, iEI iEI iEI

daß auch die Vereinigung der Mengen 11i der Familie 0' angehört, da ja die Vereinigung der in '!' offenen Mengen mi eine offene Menge ist. Somit ist

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5.1 Differenzierbare Mannigialtigkeiten 273

auch die Forderung (iii) für die Mengen der Familie 0' erfüllt und folglich 0' eine Topologie auf 6.

Ein topologischer Teilraum 6 eines Hausdorff-Raumes '! ist gleichfalls ein Hausdorff-Raum. Sind nämlich PI und P2 zwei beliebige Punkte in 6, so gibt es zwei disjunkte offene Mengen ml und m2 in '! mit PI E ml und P2 E m2 . Dann enthalten die beiden in 6 offenen Mengen lh = ml n 6 und lh = m2 n 6 die Punkte PI bzw. P2 und sind durchschnittsfremd,

lh n lh = (mI n m2) n 6 = 0 n 6 = 0.

Einen affinen Raum 2(N kann man mit Hilfe des Kartenbegriffs und der Topologie des IR N zu einem topologischen Raum machen. Ist K, eine Karte für 2(N, so heißt die Menge 1!.1 <:;:: 2(N offen im 2(N, wenn die Menge U = K,-1(1!.1) <:;:: IRN

offen im IRN ist. Wie a.a.O. gezeigt wurde, ist diese Eigenschaft für 1!.1 unabhängig vom Koordinatensystem im 2(N, d.h. ist K,-1 (1!.1) für eine gewisse Karte offen im IR N, so ist K, -1 (1!.1) für jede Karte K, offen im IR N .

Wegen K,-1(0) = 0 und K,-l(2(N) = IRN ist die Forderung (i) jedenfalls erfüllt, denn die leere Menge 0 und der IRN selbst sind offene Mengen des IRN .

Wenn 1!.11 und 1!.12 zwei beliebige im 2(N offene Mengen sind, so ist wegen

K,-1(1!.11 n 1!.12) = K,-1(1!.1t} n K,-1(1!.12 )

der Durchschnitt zweier im 2(N offener Mengen wieder offen im 2(N, da die rechte Seite dieser Gleichung als Durchschnitt zweier offener Mengen eine offene Menge des IRN ist. Damit ist auch der Forderung (ii) Genüge getan. Die Forderung (iii) ist ebenfalls erfüllt, da die rechte Seite der Gleichung

K,-1 (U l!.1i) = U K,-l(l!.1i) iEI iEI

als Vereinigung beliebig vieler im IRN offener Mengen eine im IRN offene Menge ist. Damit ist 2(N ein topologischer Raum. Schließlich ist auch das Trennungs­axiom (iv) erfüllt, denn der mit der gewöhnlichen Topologie versehene ]RN ist ein Hausdorff-Raum. Sind nämlich P1 und P2 zwei beliebige Punkte im 2(N und ist r > 0 eine reelle Zahl, für welche 2r ~ 1K,-l(pt} - K,-1(P2 )1 gilt, so sind die beiden offenen Kugelumgebungen ICi = {x !IX-K,-l(Pi)1 < r} disjunkt, denn wäre x E IC1 n IC 2 , so würde die Dreiecksungleichung den Widerspruch

2r ~ 1K,-l(pt} - K,-1(P2 )1 ~ Ix - K,-l(Pt}1 + Ix - K,-1(P2 )1 < 2r

ergeben. Wie die - auf Grund der Injektivität der Funktion K, - für beliebige Teilmengen A, B <:;:: IR N gültige Beziehung

K,(A) n K,(B) = K,(A n B) zeigt, sind dann die offenen Umgebungen ofti = K,(ICi) der beiden Punkte Pi disjunkt,

Damit ist der affine Raum 2(N ein Hausdorff-Raum.

Ist ~ <:;:: 2( eine Teilmenge eines affinen Raumes 2(, so induziert die Topologie in 2( eine Topologie in ~, indem jede Teilmenge .u <:;:: ~ offen in ~ genannt wird, wenn sie der Durchschnitt von ~ mit einer in 2( offenen Menge 1!.1 ist: .u = 1!.1 n~. Eine "Fläche" ~ <:;:: 2(3 im dreidimensionalen affinen Raum wird auf diese Weise zu einem topologischen Raum, desgleichen eine "Kurve" I!: <:;:: 2(3.

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274 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Sind '!1 und '!2 zwei topologische Räume, so heißt eine Abbildung I : '!1 ----t '!2 stetig im Punkt P E '!1, wenn das Urbild jeder Umgebung m ~ '!2 von Q = I(P) eine Umgebung .u ~ '!1 von P enthält,

.u ~ 1-1(m).

Eine Abbildung I: '!1 ----t '!2 heißt stetig auf '!1, wenn sie in jedem Punkt von '!1 stetig ist. Hat I: '!1 ----t '!2 als Abbildung topologischer Räume mit der Topologie 0 1 bzw. O2 die Eigenschaft 1-1 (m) E 0 1 für m E O2 , so ist sie klarerweise stetig auf '!1. Da eine offene Menge m Umgebung jedes ihrer Punkte ist und für eine auf '!1 stetige Funktion I auch das Urbild 1-1(m) mit jedem ihrer Punkte auch eine Umgebung enthält, ist das Urbild offener Mengen in '!2 offen in '!1. Also ist I genau dann stetig auf '!1, wenn

\im E O2 => 1-1 (m) E 0 1 •

Die Stetigkeit einer Abbildung hängt also von der Wahl der Topologie sowohl im Definitionsbereich als auch im Bildbereich ab. Wählt man für eine reelle Funktion 1 : 1) ~ B einer reellen Veränderlichen die gewöhnliche Topologie der Zahlengeraden, so ist die topologische Konzeption der Stetigkeit mit der üblichen identisch. Sei e > 0 und U(yO, e) die e-Umgebung um den Bildpunkt Yo = I( xo) von X o unter der Abbildung I. Dann ist U(Yo, e) nB offen in Bildbereich B, wenn dieser mit der induzierten Topologie versehen wird. Die Stetigkeit von 1 im Punkt X o verlangt jetzt die Existenz einer im Definitionsbereich 1) liegenden offenen Umgebung U von X o, für welche I(U) ~ U(Yo,e) nB gilt. Diese ist dann von der Form U = V n 1), worin V eine in der Topologie der Zahlengeraden offene Menge ist. Wegen X o EU gilt dabei X o E V, weshalb es eine Zahl 8 > 0 geben muß mit der Eigenschaft U(xo , 8) ~ V, wobei

I(U(xo, 8) n 1)) ~ U(Yo,e) nB zu verlangen ist bzw. in Form von Ungleichungen

xE 1) und Ix - xol < 8 :::} I/(x) - l(xo)1 < e.

Eine Abbildung I : '!1 ----t '!2 heißt ein Homöomorphismus,3) wenn I bijektiv ist und sowohl I als auch die Umkehrfunktion 1-1 stetige Funktio­nen sind. Zwei topologische Räume '!1 und '!2 heißen homöomorph oder topologis eh äquivalent, in Zeichen '!1 ~ '!2, wenn ein Homöomorphismus I : '!1 ----t '!2 existiert. Da die identische Abbildung t : '! ----t '! klarerweise stetig ist, gilt '! ~ '!, d.h. die Relation ~ ist reflexiv. Gilt '!1 ~ '!2, so ist auch '!2 ~ '!1, denn die Umkehrung eines Homöomorphismus ist wieder ein Homöomorphismusj also ist die Relation ~ symmetrisch. Wenn schließlich '!1 ~ '!2 und '!2 ~ '!3 ist, so gilt auch '!1 ~ '!3, denn die Zusammensetzung h o /l zweier Homöomorphismen h : '!1 ----t '!2 und h : '!2 ----t '!3 ist wieder ein Homöomorphismus. Daher ist die Relation ~ auch transitiv. 4 )

3) Griech. 0[10[0<; (homoios), ähnlich, gemeinsam, beide Teile betreffend. 4) Sind A und B "Räume" mit mathematischen Strukturen, so sieht man diese

Räume als nicht wesentlich verschieden voneinander an, wenn es eine strukturer­haltende bijektive Abbildung 1 : A ~ B gibt. Handelt es sich bei A und B um lineare Vektorräume und somit um algebraische Strukturen, so sind es die Iso­morphismen, welche die algebraische Struktur erhalten. Im Falle topologischer Räume übernehmen die Homöomorphismen die Rolle jener Abbildungen, welche die topologische Struktur erhalten, denn es ist X offen in A ~ I(X) offen in B.

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5.1 Differenzierbare Mannigfaltigkeiten 275

In einem affinen Raum 2(N ist jede Karte K, ein Homöomorphismus einer offenen Menge K ~ IRN auf eine offene Menge K,(K) = ft ~ 2(N. Ist nämlich K, eine beliebige Karte, so sind wegen der Bijektivität der Funktion K, die Gleichungen K,(K) = ft und K,-l(ft) = K äquivalent. Der Raum IRN aller Zahlen-N-tupel (mit der gewöhnlichen Topologie) und ein affiner Raum 2(N (mit der Topolgie, die alle Mengen m ~ 2(N als offen erklärt, für welche K,-l(m) offen in IRN ist), sind im topologischen Sinn äquivalent, die Stetigkeit einer jeden Karte, ebenso die ihrer Umkehrfunktion, ist in der sich auf den Kartenbegriff stützenden Art der Festlegung, welche Mengen in 2(N offen sind, bereits enthalten.

Eine Teilmenge ~ eines topologischen Raumes'! heißt abgeschlossen, wenn ihr Komplement 5 ) in 0 liegt,

'!\~E 0,

also eine offene Menge ist.

Ein abgeschlossenes Intervall [a, b] = {:I: I a ~ :I: ~ b} ist in der Topologie der Zahlengeraden eine abgeschlossene Menge, denn das Intervall [a, b] ist das Komplement einer offenen Menge, nämlich der Vereinigung der beiden offenen Intervalle]- oo,a[ und ]b,oo[. Wie aus den allgemeingültigen Beziehungen

IR \ U Ui = n(IR \ Ui), IR \ n Ui = U(IR \ Ui) iEI iEI iEI iEI

hervorgeht, ist der Durchschnitt beliebig vieler und die Vereinigung endlich vieler abgeschlossener Mengen eine abgeschlossene Menge. Als Komplement von IR ist die leere Menge 0, als Komplement von 0 ist die ganze Zahlengerade abgeschlos­sen. Dieser Sachverhalt gilt unverändert in allgemeinen topologischen Räumen. Es besteht also ein gewisser Dualismus zwischen den Begriffen "offen" und "ab­geschlossen" bezüglich der Vereinigung und Durchschnittsbildung.

Eine Teilmenge eines topologischen Raumes '!, welche nicht offen ist, braucht deshalb nicht abgeschlossen zu sein, und umgekehrt muß eine Teil­menge von 'r, welche nicht abgeschlossen ist, keineswegs offen sein. Die Begriffe "offen" und "abgeschlossen" schließen einander aber auch nicht aus, es gibt sehr wohl Teilmengen in '!, welche sowohl offen als auch ab­geschlossen sind, nämlich die leere Menge 0 und die Menge'! selbst: die leere Menge 0 und der ganze Raum'! sind nach Forderung (i) einerseits offene Mengen, andererseits sind sie aber auch abgeschlossen, da die eine das Komplement der anderen ist.

Sind aber 0 und '! die einzigen Mengen in 0, die sowohl offen als auch abgeschlossen sind, so heißt'! zusammenhängend; andernfalls wird '! unzusammenhängend genannt. Ein unzusammenhängender topologischer Raum ist also daran zu erkennen, daß es zwei nicht-leere offene Mengen ih, ih c '! gibt mit den Eigenschaften U1 n U2 = 0 und U1 U U2 = '!. Es ist dann nämlich U1 das Komplement von U2 und umgekehrt, sodaß die beiden Mengen U1 und U2 auch abgeschlossen sind.

5) Das Komplement einer Menge Abezüglich einer A umfassenden Menge B ist die Menge aller nicht in A enthaltenen Elemente von 8, symbolisch 8 \ A. Es gilt dann Au (8 \ A) = 8 und An (8 \ A) = 0.

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276 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Eine nicht-leere Teilmenge 11 ~ '! eines topologischen Raumes heißt zu­sammenhängend, wenn 11 als Teilraum von'! zusammenhängend ist. Eine offene und zusammenhängende Teilmenge eines topologischen Raumes heißt em Gebiet.

Von Bedeutung ist, daß stetige Funktionen zusammenhängende Räume auf zusammenhängende Räume abbilden, d.h. ist j: '!1 - '!2 stetig auf '!1, so ist das Bild 211 = j('!l) ~ '!2 ein zusammenhängender Teilraum von '!2, wenn '!1 zusammenhängend ist. Wäre 211 nicht zusammenhängend, so gibt es zwei nicht-leere in 211 offene Mengen 111 und 112 mit der Eigenschaft

111 U 112 = 211 , 111 n 112 = 0. Auf Grund der für Abbildungen allgemein gültigen Beziehungen

j-1(A n 8) = j-1(A) n j-1(8), j-1(A U 8) = j-1(A) U j-1(8)

hat dies, da die in 211 offenen Mengen 111 und 112 der Durchchschnitt

111 = SU1 n 211 , 112 = SU2 n 211

von 211 mit zwei gewissen nicht-leeren disjunkten in '!2 offenen Mengen SUI

und SU2 sind, die Gleichung

'!1 = j-1(211) = j-1(SUI n 211) U j-1(SU2 n 211)

= [J-1(SU1) n j-1(211)] U [J-1(SU2) n j-1(211)]

= j-1(SUt) U j-1(SU2 )

zur Folge. Da die nicht-leeren Mengen j-1(SUt) und j-1(SU2 ) als Urbilder offener Mengen in '!2 offene Mengen in '!1 sind, wäre dadurch, wenn man schließlich noch

0= j-1(0) = j-1(111 n 112) = j-1(SUt} n j-1(SU2 )

beachtet, der topologische Raum '!1 als Vereinigung disjunkter nicht-leerer offener Mengen dargestellt.

Da das Bild eines zusammenhängenden topologischen Raumes unter einer stetigen Funktion zusammenhängend ist, sind zwei homöomorphe topologische Räume entweder beide zusammenhängend oder beide nicht zusammenhängend. Deshalb ist der Zusammenhang eine "topologische In­variante" .

Mit dem Begriff des Zusammenhangs wird. auf topologische Räume eine Eigenschaft übertragen, welche den zusammenhängenden Mengen der Zahlengeraden IR und des IR N im sprachlichen und anschaulichen Sinn zukommt.

Ein beschränktes oder unbeschränktes Intervall der Zahlengeraden ist als to­polagischer Teilraum zusammenhängend.

Dem Beweis dieser Aussage sei vorausgeschickt, daß eine nicht-leere wenig­stens zweipunktige Menge I ~ IR genau dann ein Intervall ist, wenn mit zwei beliebigen Punkten :1:1,:1:2 E I stets ]:1:1,:1:2 [ ~ I gilt.

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5.1 Differenzierbare Mannigfaltigkeiten 277

Sei I ein Intervall und I = 11 U 12 , 11 n 12 = 0, worin 11 und 12 zwei nicht­leere in I offene Mengen sind. Es ist dann 11 = J1 n I, 12 = J2 n I für zwei gewisse in lR offene Mengen J1 und J2 • Da die beiden Mengen 11 und 12 nicht­leer sind, gibt es zwei Punkte a:1 und a:2 in I mit a:1 E 11 , a:2 E 12 , wobei a:1 < a:2 angenommen sei. Da I ein Intervall ist, gilt [a:1, a:2] ~ I; ferner ist die in I offene Menge I' = 11 n ] - 00, a:2 [ beschränkt, nämlich mit a:2. Folglich existiert das Supremum ~ = sup I'; wegen a:1 ~ ~ ~ a:2 ist .~ EI. Die Supremumseigenschaft von ~ hat nun zur Folge, daß ~ weder in 11 noch in 12 liegen kann. Wäre ~ E 12 ,

so liegt ~ in J2 ; da diese Menge in lR offen ist, gibt es eine positive Zahl Co mit der Eigenschaft ]~ - co, ~ + Co [ ~ J2 • Ist C die kleinere der beiden positiven Zahlen Co und ~ - a:1 (die Annahme ~ E 12 bedingt ja ~ > a:1), so gilt jedenfalls ~ - c EIn J2 und somit ]~ - c,~] ~ 12 • Auf Grund der Supremumseigenschaft von ~ gibt es aber zu jedem c > 0 einen Punkt a:' E 11 , sodaß ~ - c < a:' ~ ~ gilt. Damit führt die Annahme ~ E 12 auf einen Widerspruch zur Forderung 11 n 12 = 0. Also muß ~ E 11 und insbesondere ~ < a:2 gelten. Wenn aber ~ in 11 liegt, so gilt auch ~ E J1 ; es existiert daher eine positive Zahl Co mit der Eigenschaft ]~ - co, ~ + co[ ~ J1 • Ist dann c die kleinere der beiden Zahlen Co und a:2 - ~, so ist ~ + c EIn J1 und somit [~, ~ + c[ ~ 11 im Widerspruch dazu, daß für ~ als Supremum der Menge l' insbesondere a: ~ ~ für alle a: E 11 gelten muß. Dieser neuerliche Widerspruch zeigt die Unmöglichkeit auf, ein Intervall der Zahlengeraden als Vereinigung disjunkter offener Mengen darzustellen.

Von dieser Behauptung gilt auch die Umkehrung: Ist I ~ lR eine zusam­menhängende Menge, die wenigstens zwei Punkte enthält, so ist I ein Intervall der Zahlengeraden. Wäre nämlich I kein Intervall, so gibt es zwei Punkte a:1, a:2 E I und einen dazwischen liegenden Punkt ~ E lR, der nicht zu I gehört, sodaß a:1 < ~ < a:2 gilt. Dann sind aber die Mengen 11 =]- 00, ~[nI und 12 = ]~, oo[ nI in I offen, disjunkt, und ihre Vereinigung ergibt klarerweise I. Dies steht aber im Widerspruch dazu, daß I als zusammenhängend vorausgesetzt wurde.

Es gilt also: Die zusammenhängenden Mengen reeller Zahlen, die wenigstens zwei Punkte enthalten, sind genau die Intervalle der Zahlengeraden.

Sind Xo, Xl, ... , X n verschiedene Punkte des lR N, so heißt der durch gerad­linige Verbindung dieser Punkte in der angegebenen Reihenfolge entstehende Weg ein Polygonzug. Es gilt: Eine offene Menge 0 ~ lRN ist genau dann zusam­menhängend, wenn sich je zwei Punkte stets durch einen in 0 liegenden Poly­gonzug verbinden lassen.

Sei also 0 ~ lRN eine Menge mit der Eigenschaft, daß sich je zwei Punkte von 0 stets durch einen ganz in 0 liegenden Polygonzug verbinden lassen. In indirekter Schlußweise sei angenommen, daß 0 nicht zusammenhängend ist. Dies bedeutet also, daß es zwei in 0 offene Mengen 0 1 und O2 gibt, welche disjunkt sind und vereinigt 0 ergeben. Sind nun Xl und X2 zwei Punkte in 0, Xl E 0 1

und X2 E O2 , so lassen sich diese voraussetzungsgemäß durch einen Polygonzug II COverbinden. Mißt man dessen Länge im lRN , etwa vom Punkt Xl aus, zu l, so ist die Abbildung ,: [0, l] ~ II, welche dem Argument s E [0, l] jenen Punkt auf II zuordnet, der vom Punkt Xl auf II den Abstand s hat, jedenfalls surjektiv; dabei gewährleistet die in II C 0 ~ lR N induzierte Topologie, daß I stetig ist, wenn im Definitionsintervall [0, l] C lR die induzierte Topologie genommen wird. Da das Intervall [0, l] ein zusammenhängender topologischer Raum ist, muß II als stetiges Bild zusammenh~ngend sein. Nun ist aber Xl E 0 1 nIl und X2 E O2 nIl, weshalb die beiden in II offenen Mengen 0 1 nIl und O2 nIl nicht leer sind; sie sind disjunkt,

(01 n Il) n (0 2 n Il) = (01 n ( 2 ) n II = 0 n II = 0,

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278 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

und ihre Vereinigung ist wegen II C 0 gleich

(01 n II) U (0 2 n II) = (01 U O2 ) n II = 0 n II = II .

Dies bedeutet aber, daß der Polygonzug II als Vereinigung durchschnittsfremder (in der Topologie von II) offener Mengen dargestellt ist, im Widerspruch zur eben bewiesenen Tatsache, daß der Polygonzug II zusammenhängend sein muß. Also muß die Menge 0 zusammenhängend sein. (Für die Beweisführung in dieser Richtung muß die Menge 0 nicht als offen vorausgesetzt werden).

Um die Umkehrung dieser Aussage zu beweisen, sei 0 ~ IR N eine' zusam­menhängende offene Menge und X o E 0 ein beliebiger Punkt. Dann lassen sich die Punkte einer geeigneten in 0 enthaltenen Umgebung von X o durch einen Polygonzug mit X o verbinden. Deshalb ist die Menge V ~ 0 aller Punkte in 0, welche sich mit X o durch einen in 0 liegenden Polygonzug verbinden lassen, nicht leer. Diese Teilmenge V ist offen. Ist nämlich Xl E V, so gibt es eine e-Umgebung U(xl,e) ~ 0; ist X E U(xl,e) ein beliebiger Punkt, so liegt die geradlinige Verbindungsstrecke von X mit Xl in U(xl,e), also in 0, d.h. aber, es läßt sich der Punkt X o auch mit dem Punkt X durch einen in 0 liegenden Poly­gonzug verbinden, indem man dem Polygonzug von X o nach Xl die geradlinige Verbindungsstrecke von Xl nach X hinzufügt. Somit ist also U(xl,e) ~ V und Xl ein innerer Punkt vonV. Es ist aber auch das Komplement 0 \ V offen. Ist Xl E 0 \ V, so läßt sich der Punkt Xl nicht durch einen in 0 liegenden Polygonzug mit X o verbinden. Als Punkt von 0 gibt es eine Umgebung U(Xl, e) von Xl, die in 0 enthalten ist. Klarerweise läßt sich kein Punkt in U(xl,e) mit X o durch einen Polygonzug verbinden, weshalb U(xl,e) ~ 0 \ V gilt. Wäre dann V C 0, d.h. 0 \ V -::p 0, so ist 0 die Vereinigung der offenen und disjunkten Mengen V und 0 \ V, im Widerspruch zur Annahme, daß 0 zusammenhängend ist.

Ist'! ein zusammenhängender topologischer Raum und f : '! --t IR. eine stetige nicht konstante Funktion, so ist das Bild f(,!) ~ IR eine zusam­menhänge Menge, also ein Intervall. Daraus ergibt sich der Zwischenwert­satz: Ist f : '! --t IR. eine stetige Funktion auf dem zusammenhängenden topologischer Raum '!, so nimmt f jeden Wert zwischen zwei beli,ebigen Funktionswerten wenigstens einmal an.

n. Eine dijJerenzierbare Mannigfaltigkeit ist ein HausdorjJ-Raum, der ei­nem affinen Raum "lokal" homöomorph ist.

In einem affinen Raum wird durch Wahl eines Koordinatenursprungs und einer Basis im Tangentialraum ein Koordinatensystem errichtet, welches den Raum in Form der zugehörigen Karte "parametrisiert", indem jedem Punkt in umkehrbar eindeutiger Weise Koordinaten zugeordnet werden. Diese Art der Einführung von Koordinaten für die Raumpunkte ergibt sich durch die Struktur des affinen Raumes und kann auf topologische Räume nicht übertragen werden. Soll ein topologischer Raum durch Koordinaten für seine Punkte parametrisiert werden, so muß die Möglichkeit hiefür ei­gens gefordert werden. Der Struktur eines topologischen Raumes entspricht es aber, wenn solche Parametrisierungen nur "lokal", für eine offene Umge­bung jedes Punktes, in Betracht gezogen werden. Für das Folgende sei 'I ein Hausdorff-Raum.

Sind K ~ IR. N und 11 ~ '! offene Mengen in der jeweiligen Topologie, so heißt ein Homöomorphismus /l, : K --t 11 ein (lokales) N -dimensionales

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5.1 Differenzierbare Mannigfaltigkeiten 279

Koordinatensystem in 'I oder eine (lokale) Karte; man spricht auch von ei­ner lokalen Parametrisierung durch die Karte I'i,. Die Zahlen Xl, X2, ••• , XN

nennt man die Koordinaten des Punktes /\,(x) = P E 'I in Bezug auf die Karte /\'. Eine Karte /\, : K -t 'I, die eine offene Menge K des JR N auf den ganzen Raum 'I abbildet, heißt eine globale Karte bzw. eine globale Para­metrisierung des Raumes 'I. Mit der Sprechweise" /\, : K -t ti ist eine Karte um den Punkt P E ti" soll zum Ausdruck gebracht werden, daß durch /\, ein lokales Koordinatensystem um den Punkt P E ti errichtet ist.

Seien /\'1 :K1 -t ti1 und /\'2 :K2 -t ti2 zwei Karten für einander überlap­pende offene Mengen mit dem somit nicht-leeren Durchschnitt ti = ti1 nti2 •

Die offene Menge ti wird dann durch beide Karten koordinatenmäßig er­faßt, die Karte /\'1 bildet die offene Menge /\'1 1(ti) ~ K1 , die Karte /\'2 die offene Menge /\,;-l(ti) ~ K2 homöomorph auf ti ab. Daher ist die Abbildung /\,;-1 0/\'1: /\'11(ti) -t /\,;-1 (ti) ein Homöomorphismus der beiden offenen Men­gen /\'11(ti) und /\,;-l(ti). Die beiden Karten /\'1 und /\'2 heißen verträglich,

wenn der Homöomorphismus /\, = /\,;-1 0/\'1 ein Diffeomorphismus (einer Klasse C k ) ist6}. Zwei Karten /\'1 und /\'2 für zwei einander nicht überlap­pende offene Teilmengen von 'I gelten automatisch als verträglich. Zwei einander überlappende Karten müssen die gleiche Dimension haben, was für zwei einander nicht überlappende Karten nicht zu gelten braucht. Für das Folgende seien aber nur solche topologische Räume in Betracht gezo­gen, für die zwei beliebige Karten stets dieselbe Dimension haben. Man nennt diese dann die Dimension des Raumes 'I.

Sind /\, und K, zwei Karten um P E 'I, so nennt man den Übergang von den Koordinaten Xi der Karte /\, zu den Koordinaten Xi der Karte K" der durch den Ck-Diffeomorphismus K,-1 o/\, vermittelt wird, einen Kartenwech­sel oder eine Koordinatentransformation. Beim Studium von Objekten, die sich auf Koordinaten beziehen, ist stets zu untersuchen, welchen Einfluß bzw. welche Auswirkungen Koordinatentransformationen haben.

Eine Menge A verträglicher Karten heißt ein Atlas für den N-dimen­sionalen Hausdorff-Raum 'I, wenn jeder Punkt von 'I samt einer gewissen Umgebung durch wenigstens eine Karte abgebildet wird, d.h. zu jedem Punkt P E 'I gibt es eine Karte /\, : K -t ti mit P E ti. Da jeder Punkt von 'I auf wenigstens einer Karte liegt, überdecken alle Karten eines Atlas den topologischen Raum 'I,

U /\'(K) = 'I. I<EA

Zwei Atlanten Al und A2 heißen dabei äquivalent, in Zeichen Al '" A2 ,

wenn die Vereinigung Al U A2 der Karten des Atlas Al mit denen des Atlas

6} Sind At:;; JRN,B t:;; IRN zwei offene Mengen, so heißt ein Homöomorphismus I : A ---> Bein Diffeomorphismus, wenn I und 1-1 differenzierbare Funktionen sind. Sind die partiellen Ableitungen von I und 1-1 bis einschließlich einer Ordnung k ;::: 1 vorhanden und stetige Funktionen, so spricht man von einem Diffeomorphismus der Klasse C Ic •

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280 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

A 2 wieder ein Atlas ist, oder anders ausgedrückt, wenn jede Karte des Atlas Al mit allen Karten des Atlas A2 verträglich ist. Die auf diese Weise eingeführte Relation'" zwischen den Atlanten für einen HausdorfI-Raum '! ist eine Äquivalenzrelation. Die Reflexivität und die Symmetrie sind nahezu triviale Eigenschaften, die Transitivität ergibt sich aus folgender Betrachtung. Seien Al, A2 und As drei Atlanten, wobei Al '" A2 und A 2 '" As ist. Wenn 1\;1 : K 1 --t ih und I\;s : Ks --t ih zwei beliebige Karten aus Al bzw. As bezeichnen, so sind diese automatisch verträglich, wenn ih n ih = 0 ist. Sei demnach U = U1 n Us =I 0 und P E U. Dann gibt es im Atlas A 2 eine Karte 1\;2 : K 2 --t U2 um den Punkt P E U. Daher ist U n U2 =I 0. Da die Karten der Atlanten Al und A2 , ebenso jene der beiden Atlanten A2 und As , verträglich sind, ist 1\;;-1 0 1\;1 ein Ck _

DifIeomorphismus einer gewissen Umgebung K1 r;;, K1 des Punktes 1\;1 1(P) und einer Umgebung K2 r;;, K2 des Punktes l\;;-l(p), desgleichen 1\;;-1 0 I\;s für eine gewisse Umgebung Ks r;;, Ks des Punktes l\;;-l(p) und der Umgebung K2 des Punktes l\;;-l(p). Infolgedessen ist die Zusammensetzung

( -1 )-1 (-1 ) -1 1\;2 0 I\;s 0 1\;2 0 1\;1 = I\;s 0 1\;1

ein Ck-DifIeomorphismus der Umgebungen K1 und Ks, d.h. aber, die Kar­ten 1\;1 und I\;s aus den beiden Atlanten Al und As sind verträglich. Also ist die Relation", eine Äquivalenzrelation.

Ist A ein Atlas für den HausdorfI-Raum '!, so ist A Vertreter einer Äquivalenzklasse [A]. Da die Vereinigung der Atlanten einer Äquivalenz­klasse [A] wieder ein zu A äquivalenter Atlas ist, stellt die Zusammen­fassung aller Karten der in [Al enthaltenen Atlanten zu einem Atlas eine Vervollständigung des gegebenen Atlas A dar; in diesem Sinne heißt

Ao = U Ai A;E[A]

ein voll.,tändiger Atlas, der den Atlas A enthält. Nach dieser Konstruk­tion ist ein vollständiger Atlas durch die Karten eines Atlas, die er enthält, eindeutig bestimmt. Die Bedeutung des vollständigen Atlas liegt darin, jede Willkür bei der Zulassung von sinnvollen Koordinatensystemen aus­zuschalten, um so Ergebnisse, die ihre Aussage in allen zugelassenen, d.h. einem vollständigen Atlas anhörigen Karten beibehalten, auf ein gesichertes Fundament zu stellen.

Ein N-dimensionaler HausdorfI-Raum, der durch einen vollständigen Atlas parametrisiert ist, heißt eine N-dimensionale differenzierbare Man­nigfaltigkeit.7 )

7) Genauer wäre es, von einer Mannigfaltigkeit der Klasse C k zu sprechen, wenn verlangt wird, daß jeder Kartenwechsel ein Ck-Diffeomorphismus ist. Eine Mannigfaltigkeit der Klasse CO heißt eine topologische Mannigfaltigkeit, eine sol­che der Klasse C OO wird analytisch genannt. Im folgenden soll mit dem Beiwort "differenzierbar" stets ein gewisser C k -Diffeomorphismus mit 1 ~ k ~ 00 ver­standen werden; da die Ordnung k in der Regel unerheblich ist, meint man meist eine C OO -Klasse.

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5.1 Differenzierbare Mannigfaltigkeiten 281

Die Namensgebungen für die in diesen Definitionen enthaltenen Begriffe sind natürlich nicht ohne Bewandtnis mit der Bedeutung dieser Wörter im gewöhn­lichen Sprachgebrauch. Ein Atlas ist die Zusammenfassung von Karten auf ein­zelnen Seiten, auf einer Karte bildet man zusammenhängende Bereiche der Erd­oberfläche homöomorph, also umkehrbar eindeutig unter Inkaufnahme gewisser stetiger Verzerrungen auf Teile einer Ebene ab. Die Verzerrungen sind dabei umso größer, je umfassender die Karte ist, wie aus dem Vergleich eines Stadtpla­nes mit einer Karte für den europäischen Kontinent ohne weiteres verständlich wird. Man denke dabei auch an die unterschiedlichen Formen der kartographi­schen Beschreibung der Erdoberfläche, an Karten, in denen die Linien konstanter geographischer Breite oder Länge kreisbogenförmig gekrümmt sind oder als ge­rade Linien abgebildet werden. Was die Orientierung auf Landkarten mit Hilfe von Längen- und Breitengraden, den Koordinaten der Orte, anlangt, so ist zu beachten, daß keinerlei Bezugnahme auf irgendwelche Koordinaten der betref­fenden Orte als Punkte in einem dreidimensionalen Raum, den das Weltall oder wenigstens eine gewisse Umgebung der Erde verkörpert, erforderlich ist.

Eine differenzierbarbare Mannigfaltigkeit wird durch einen Atlas voll­ständig "kartographiert", er leistet dieselben Dienste, wie ein Welt atlas zur Orientierung auf der Erdoberfläche.

Während ein affiner Raum stets durch eine" Weltkarte" - d.h. durch eine globale Karte - parametrisiert werden kann, braucht dies für eine Mannigfaltig­keit nicht zu gelten. Auch hiefür ist die Erdkugel ein anschauliches Beispiel, denn es gibt keine Weltkarte, auf der einerseits jeder Punkt gen au einmal aufscheint, andererseits immer auch eine gewisse Umgebung kartographisch erfaßtist, sodaß ein Ort stets im "Inneren" der Weltkarte aufzusuchen ist. Um dies zu erreichen, benötigt man mindestens zwei Karten, z.B. eine für die nördliche und eine für die südliche Halbkugel, die beide jeweils ein bißchen über den Äquator hinaus­reichen. Es braucht nicht eigens ausgeführt zu werden, daß derart große Karten nicht für alle Zwecke geeignet sind; bei Verkleinerung der Maßstäbe werden aber die abgebildeten Landstriche immer kleiner, die Anzahl der erforderlichen Karten wird größer. Entscheidend ist letztlich, daß jeder Punkt samt einer gewissen Um­gebung auf wenigstens einer Karte aufgefunden werden kann, also auf eine offene Teilmenge des IR2 abgebildet werden kann. Insofern ist eine Mannigfaltigkeit 9Jl einem affinen Raum 21, wie ihn eine Kartenebene darstellt, auf der aber der Kartenausschnitt selbst nur ein kleiner Bezirk, eine offene Umgebung für jeden seiner Punkte ist, nur lokal homoömorph.

Da eine Karte eine offene Umgebung jedes Punktes auf den IRN abbildet, dessen euklidische Struktur eine Längen- und Winkelmessung ermöglicht, ist man berechtigt zu sagen, daß eine Mannigfaltigkeit "lokal euklidisch" ist. Davon macht man beispielsweise zur Messung der Entfernung zwischen zwei Orten auf der Erd­oberfläche Gebrauch, sofern die Punkte hinlänglich benachbart und der Maßstab der hiefür benützten Karte nicht zu groß ist. Dies darf aber nicht dazu verlei­ten, benachbarten Punkten einer Mannigfaltigkeit auf diese Weise einen Abstand zuzuordnen. Hiefür ist die Mannigfaltigkeit mit einer geeigneten Struktur zu ver­sehen, über welche der Abstand benachbarter Punkte erst eingeführt wird. Dies wird auch ohne weiteres verständlich, wenn man daran denkt, daß zwei Orten auf der Erdoberfläche ein Abstand längs eines Weges mit Hilfe der Geometrie im dreidimensionalen euklidischen Raum zugewiesen wird, in den die Erdoberfläche "eingebettet" ist, wobei der Weg auf einem Großkreis die kürzeste Verbindung herstellt. -

Die einfachsten Vertreter differenzierbarer Mannigfaltigkeiten sind die Zah­lengerade IR und der mit der gewöhnlichen Topologie versehene Raum IR N.

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282 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Es wurde schon ausgeführt, daß eine Fläche ~ C 2{a ein Hausdorff-Raum ist, wenn die Topologie auf ~ jene durch die Topologie in 2{a induzierte ist. Sei nun eine solche Fläche implizit durch die Gleichung F(6,6,€a)=O gegeben, worin €i die Koordinaten in 2{a bezüglich einer Karte ;;, sind, und Po = ;;'( €f , €~ , €~) ein Punkt auf ~. Ist Fe3 i- 0 in Po, so gibt es in einer offenen Umgebung JC von W , €n E IR 2 eine lokale Auflösung8) 6 = /(6,6) der Gleichung F( 6 ,6,6) = 0 nach der Variablen 6, und die durch diese Auflösung in der Umgebung JC des Punktes (€f , €~) E IR 2 definierte Funktion 1\:(:1:1, :1:2) = ;;, (:1:1, :1:2, /(:1:1, :1:2)) ist eine Karte um Po. Das gleiche gilt für die Funktion ~(:l:1,:l:2) = ;;, (:1:1, g(:l:1,:l:2),:l:2), wenn darin g(6, 6) die unter der Bedingung Fez i- 0 vorhandene lokale Auflösung der Gleichung F(6, 6, €a) = 0 nach der Variablen 6 ist. Der Kartenwechsel I\: --> ~

bedeutet also den Übergang von den Koordinaten :l:i zu den Koordinaten :l:i, der durch die Funktion ~-1 0 I\: mit den Koordinaten

:1:1 = :1:1, :1:2 = /(:1:1,:1:2) vermittelt wird; die Umkehrung 1\:-1 0 ~ ist durch die Funktionen

:1:1 = :1:1, :1:2 = g(:l:1,:l:2) gegeben. Die beiden Karten sind Beispiele lokaler Parametrisierungen der Fläche ~ um einen Punkt P E ~.

Ist 2{ ein N -dimensionaler affiner Raum, bezogen auf eine Karte ;;, mit den Koordinaten €i, so wird durch n Gleichungen

Fi(6,6, ... ,€N)=O, i=l,2, ... ,n, (5.1) eine N - n = rn-dimensionale Mannigfaltigkeit !m definiert, wenn die Funktionen Fi Differenzierbarkeitseigenschaften aufweisen und die Matrix {~f:} in jedem

Punkt des (gemeinsamen) Definitionsbereiches der Funktionen Fi surjektiv ist. Diese Forderung ist zu stellen, damit eine lokale Auflösung der n Gleichungen (5.1) nach n Variablen als Funktionen der übrigen m = N - n Veränderlichen in jedem Punkt existiert, dessen Koordinaten den Gleichungen (5.1) genügen. Ist €i = /i{€n+1, . .. , €N), i = 1,2, ... , n, eine solche Auflösung um einen Punkt P E!m mit den Koordinaten €i, so ist, wenn für €n+1 = :1:1, ... , €N = :1:11). gesetzt wird,

1\:{:l:1, ... , :1:",,) = ;;'(:1:1, ... ,:1:11)., /1(:1:1, ... ,:1:",,), ... , /n(:l:1, ... , :1:11).)) eine Karte um den Punkt P E !m.

Ein affiner N-dimensionaler Raum 2{N ist eine N-dimensionale Mannigfal­tigkeit. Ist JC = {O, B} ein affines Koordinatensystem, so ist die zugehörige Karte I\: eine globale Karte und somit ein Atlas. Ein vollständiger Atlas besteht daher aus allen globalen Karten affiner Koordinatensysteme für 2{N, aber nicht nur aus diesen, sondern aus allen Karten, welche irgendeinen durch differenzierbare Funktionen hergestellten Zusammenhang mit affinen Koordinaten haben. So läßt sich der affine dreidimensionale Raum 2{a, wenn auch nicht mehr global, durch Kugelkoordinaten :1:1 = r, :1:2 = 8, :l:a = rp parametrisieren,

:1:1 = r sin 8 cos rp , :1:2 = r sin 8 sin rp , :l:a = r cos 8 ,

die ihren Namen allerdings erst in euklidischen Räumen verdienen (wenn dabei :1:1, :1:2, :l:a kartesische Koordinaten sind). Wenn man auf solche Weise an Stelle affiner Koordinaten lokal irgendwelche andere Koordinaten einführt, ist der affine Raum 2{N als differenzierbare Mannigfaltigkeit zu betrachten.

8) Man beachte hiezu, daß die Existenz solcher Auflösungen auf Grund des Satzes über implizite Funktionen nur lokal gewährleistet ist.

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5.1 Differenzierbare Mannigfaltigkeiten 283

In. Jedem Punkt einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit ist ein linearer Vektorraum, der "Tangentialraum", zugeordnet.

Man sagt, eine Kurve (im dreidimensionalen Raum wird in einem Punkt durch ihre Tangente, eine Fläche ~ durch ihre Tangentialebene "berührt". In der Sprache der Differential- und Integralrechnung drückt man damit aus, daß der Fehler bei der Approximation der Kurve bzw. der Fläche durch ihre Tangente bzw. Tangentialebene von höherer als erster Ordnung klein wird. Faßt man Kurve und Fläche als topologischen Raum, Tangente und Tangentialebene als ein- bzw. zweidimensionale affine Räume auf, so ist es gerechtfertigt zu sagen, die Kurve bzw. die Fläche wird in Form der Tangente bzw. der Tangentialebene von einem affinen Raum berührt. Das Bindeglied zwischen dem berührenden affinen Raum und der Mannigfaltig­keit, welche eine Kurve oder eine Fläche darstellt, ist der Tangentialraum des affinen Raumes, dessen Vektoren als Tangentenvektoren an die Kurve oder die Fläche anzusehen sind, wenn ihr Fußpunkt an den Berührungs­punkt gebunden wird.

Dieses Bild erfordert die Einbettung einer Mannigfaltigkeit in einen affinen Raum. Um sich davon frei zu machen, muß der Tangentialraum der Tangentenvektoren an eine Mannigfaltigkeit als eigenständiges Element der Mannigfaltigkeit in jedem Punkt eingeführt werden und insofern aus der Konzeption einer Mannigfaltigkeit selbst hervorgehen.

Sei eine Abbildung "(: [a,b] - VJt gegeben. In jedem Punkt t E [a,b] möge die Funktion 1\:-1 0"( : [a, b] _ ]RN, worin I\: eine beliebige Karte um P = "((t) ist, stetig differenzierbar9 ) sein, wobei aber die Ableitung in keinem Punkt t E [a, b] gleich der Nullmatrix ist, d.h. es sollen die Ableitungen der Koordinaten in keinem Punkt gleichzeitig verschwinden. Dann heißt "( eine glatte Kurve auf VJt. Für die Kurve als Punktmenge auf VJt stehe im folgenden ( = "( ([ a, b]); gelegentlich wird der bequemeren Sprechweise halber einfach von einer Kurve (gesprochen. In Anlehnung an die Vorstellung von einer Kurve auf einer glatten Fläche im Raum wird man durch die Ableitung der Funktion "(I< = 1\:-1 0 "(: [a, b] _ ]RN, die wie üblich mit 1'1< bezeichnet wird, zum Begriff des Tangentenvektors an die Kurve (geführt. Bezeichnet 1'k = h das N-tupel der Ableitungen im Punkt P, so wird dieses, unter Bezugnahme auf die Karte 1\:, repräsentativ für den Tangentenvektor an (, der die Kurve und damit auch die Mannigfaltigkeit "berührt" .

Sind die Ableitungen hi = 1'~(to) der Koordinaten "(~(t) der Funktion "(It = 1\:-1 0"( Repräsentanten des Tangentenvektors bezüglich des Koordi­natensystems der Karte I\: um den Punkt P = "((to), so sind e~ .bezü~lich des Koordinatensystems einer Karte K, um P die Ableitungen h' = 1'~(to) der Koordinaten "(~(t) der Funktion "(~ = K,-1 0 "(. Wegen

K,-1 0"( = (K,-1 01\:) 0 (1\:-1 0 "(),

9) In den Randpunkten des Intervalls ist entsprechende einseitige Differenzier­barkeit zu verlangen.

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284 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

worin die Funktion x = ~-I 0 K:(x) den Übergang von den Koordinaten Xi

zu den Koordinaten Xi beschreibt, besteht dabei auf Grund der Kettenregel der Zusammenhang

(5.2)

Das N-tupel h steht also ebenso für den Tangentenvektor wie das N-tupel h. Daher ist die Angabe des N-tupels h, zusammen mit dem Hinweis auf jene Karte K: um P, bezüglich der das N-tupel h durch Differentiation der Funktion K:- I 0 , hervorgeht, repräsentativ für den Tangentenvektor an die Kurve Ir im Punkt P. Mathematisch beschreibt man diesen Sach­verhalt durch ein geordnetes Paar (h, K:) mit h E ]RN und K: E Ap , wenn Ap ~ A die Gesamtheit aller Karten um den Punkt P aus dem vollständi­gen Atlas A für VJt bezeichnet. Zwei solche Paare (h,K:) E ]RN X Ap und (h,~) E ]RN X Ap stehen also für denselben Tangentenvektor und sind da­mit äquivalente Formen der Beschreibung, wenn nur die beiden N-tupel h und h den Koordinatengleichungen (5.2) genügen. Durch diese Forderung ist, wie ohne weiteres zu sehen ist, auch tatsächlich eine Äquivalenzrelation gegeben. Diese teilt die Menge aller Paare aus ]RN X Ap in Äquivalenz­klassen ein, jedes Element in ]RN X Ap ist Repräsentant eines gewissen Tangentenvektors. Ist nämlich h E ]RN ein beliebiges N-tupel und K: E Ap irgendeine Karte um den Punkt P, so beschreibt, wenn x~ , x~, ... , x'N die Koordinaten des Punktes P bezüglich der Karte K: bedeuten, die Funktion ,(t) = K:(xo+(t-to)h) ein Kurvenstück um den Punkt P, dem dabei der Parameterwert t o entspricht. Da, die Zusammensetzung der Funktion K: mit der Funktion ,*(t) = xo+(t-to)h ist, wird

'It(t) = K:- I 0 ,(t) = K:- I 0 K: 0 ,*(t) = ,*(t)

und folglich i'1t(t) = h.

Im folgenden sei für eine Äquivalenzklasse t = [(h, K:)] geschrieben, wenn das N-tupel h zusammen mit der Karte K: ein Vertreter dieser Klasse ist. Erklärt man jetzt die Summe t l +t2 zweier Äquivalenzklassen t l = [(hl , K:)] und t 2 = [(h2 ,K:)] über

[(hl,K:)] + [(h2 ,K:)] := [(hl + h2 ,K:)]

und sinngemäß das Produkt einer Äquivalenzklasse t = [(h, K:) 1 mit einer reellen Zahl>' entsprechend

so erhält die Gesamtheit aller Äquivalenzklassen die Struktur eines linearen Vektorraumes. Der Nullvektor ist dabei die Gesamtheit aller Paare (0, K:) für K: E Ap , wenn ° das nur aus Nullen bestehende N-tupel bezeichnet; hiefür ist nämlich zu beachten, daß die Transformationsmatrix {~!i} in der

1

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5.1 Differenzierbare Mannigfaltigkeiten 285

Gleichung (5.2) eine reguläre Matrix ist, sodaß h = 0 stets ii = 0 zur Folge hat und umgekehrt. Der auf diese Weise dem Punkt P der Mannigfaltigkeit wt zugeordnete lineare Vektorraum heißt der Tangentialraum an wt im. Punkt P und wird symbolisch mit Tp{wt) oder kurz mit Tp bezeichnet. Die Vektoren in Tp{wt) heißen Tangentenvektoren an wt im Punkt P. Der Dualraum des Tangentialraumes heißt der K otangentialraum und wird mit Tp{wt) bezeichnet.

Ist wt eine N-dimensionale Mannigfaltigkeit, so ist in jedem Punkt P der Tangentialraum Tp{wt) ein N-dimensionaler Vektorraum.

Zum Beweis hiefür bezeichne I', E Ap eine beliebige Karte um P, V einen N -dimensionalen Vektorraum und B = {e1' . .. ,eN} eine feste Basis für V. Dann ist die (von der Karte I', und der Basis B abhängige) Abbildung

ein Isomorphismus der beiden linearen Vektorräume. Zur Feststellung der Linearität der Abbildung (]' ist von der Vorschrift zur Bildung der Summe zweier Äquivalenzklassen auszugehen,

N

(]'()'[(h,K,)] + 1L[(k, 1',)]) = (]'[()'h + ILk,K,)] = ~)'hi+lLki)ei i=l

N N

= ). L hiei + IL L kiei = )'(]'[(h, 1',)] + IL(]' [(k, 1',)] . i=l i=l

Da die Gleichung (]' [( h, 1',) 1 = 0 E V

offensichtlich nur durch h = 0 erfüllt werden kann, ist (]' eine i~jektive Abbildung. Schließlich ist (]' auch surjektiv, denn für h = Li h'ei folgt (]'[(h,K,)] = h. Die beiden linearen Vektorräume Tp(mt) und V sind daher isomorph und folglich von gleicher Dimension.

Die N-tupel e1, e2, ... , eN mit

ei = (0, ... ,0,1,0, ... ,0),

worin die Eins die i-te Position innehat, liegen - unter Bezugnahme auf eine festgewählte Karte I', - sämtlich in verschiedenen Äquivalenzklassen ti = [(ei, 1',)] , welche linear unabhängig sind, denn aus

N N N

LAiti = L).d(ei'K,)] = [(L).iei,K,)] = [(0,1',)] i=l i=l i=l

folgt zwingend ).1 = ... = ).N = 0. Daher bilden die N Tangentenvektoren ti eine Basis des Tangentialraumes Tp(wt). Es handelt sich dabei um die

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286 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Tangentenvektoren an die "Koordinatenlinien" durch den Punkt P, welche durch die N Funktionen

(5.3)

gegeben sind und jeweils für eine gewisse Umgebung von t = xi ein Kur­venstück durch den Punkt P definieren. Es ist daher gerechtfertigt zu sagen, daß die Tangentenvektoren an die Koordinatenlinien einer Karte im gemeinsamen Schnittpunkt P jene Rolle übernehmen, welche die Vektoren der Basis ß eines Koordinatensystems K = {O, ß} für einen affinen Raum innehaben. Ist v ein Vektor aus dem Tangentialraum des Punktes P, so versteht man unter seinen Koordinaten bezüglich der Karte K, sinngemäß die Koordinaten von v bezüglich dieser Basisvektoren.

Eine Fläche ~ im dreidimensionalen affinen Raum 2{3 ist eine zweidimensio­nale Mannigfaltigkeit. Ist K, eine Karte um den Punkt P E ~ mit den Koordinaten x~, x~, so beschreiben die jeweils in einer Umgebung von t = x~ bzw. t = x~ de­finierten Funktionen 11 (t) = K,(t,xn bzw. 12 (t) = K,(x~,t) die sich im Punkt P kreuzenden Koordinatenlinien ~1 und ~2. Im Koordinatensystem der Karte K, ist das Tupel (1,0) Repräsentant des Tangentenvektors t 1 an ~1, das Tupel (0,1) Repräsentant des Tangentenvektors t 2 an ~2 im Schnittpunkt P.

Sieht man einen affinen Raum 2{N als N-dimensionale Mannigfaltigkeit an, so können die Tangentialräume in den Punkten von 2{N auf Grund der Struktur der Parallelverschiebung identifiziert und durch den Vektorraum T, über dem der affine Raum errichtet ist, repräsentiert werden. Damit erhält die zunächst nicht ganz einsichtige Bezeichnung "Tangentialraum" für den Vektorraum T ihre nachträgliche Rechtfertigung.

Ist lC = {O, B} ein affines Koordinatensystem für den affinen Raum 2{ N und K, die zugehörige Karte, so werden die Koordinatenlinien durch einen Punkt K,( x o )

in diesem Koordinatensystem durch die Funktionen li(t) = K,( x~, ... , t, ... , x~) beschrieben. Da die Koordinaten eines Punktes die Koordinaten des Ortsvektors vom Ursprung 0 zum jeweiligen Punkt sind, gilt für die Punkte P auf li(t)

~ 0 0 OP = X1e1 + ... +tei + ... + XNeN,

worin ei die Vektoren der Basis B sind. Es handelt es sich also um Geraden, deren Richtungen durch die Vektoren der Basis B angegeben werden.

Die Gesamtheit aller Tangentenvektoren an VJt,

T(VJt):= U Tp(VJt) , PEM

nennt man das Tangentialbündel an VJt. Es besitzt die natürliche Struktur einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit, deren "Punkte" die Tangentenvek­toren an VJt sind. Eine lokale Parametrisierung für T(VJt) erhält man auf folgende Weise. Die Abbildung 7r : T(VJt) ~ VJt, die dem Tangentenvektor tE T(VJt) an VJt jenen Punkt P E VJt zuordnet, in welchem er die Mannig­faltigkeit VJt berührt, wird die natürliche Projektion genannt; es ist dann 7r- 1 (P) = Tp(VJt) (den Tangentialraum Tp(VJt) bezeichnet man in diesem Zusammenhang auch als die zum Punkt P von VJt gehörige Faser des Tan­gentialbündels T(VJt)). Um zu gewährleisten, daß die Abbildung 7r stetig ist, wird T(VJt) mit der Topologie versehen, in der jede Menge 7r- 1 (11) offen

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5.1 Differenzierbare Mannigfaltigkeiten 287

ist, wenn ti in M offen ist. Stellt dann /'i,: K ~ ti eine Karte für M dar, so ist die Funktion K-:K X lRN ~ rr- 1(ti), die einem 2N-tupel (x, h) E K X lRN

jenen Tangentenvektor an M zuordnet, der M im Punkt /'i,(x) berührt und bezüglich der Karte /'i, die Koordinaten hi hat, eine Karte für T(M). Somit bestimmt jeder Atlas für M einen Atlas für T(M). Die Gesamtheit der Tangentenvektoren einer N -dimensionalen Mannigfaltigkeit wird auf diese Weise zu einer 2N -dimensionalen Mannigfaltigkeit.

IV. Der Aufbau der Differentialrechnung auf Mannigfaltigkeiten gründet sich auf den Tangentialraum.

Die Grundidee der Differentialrechnung auf Mannigfaltigkeiten besteht in der Approximation von glatten Objekten durch lineare Objekte, wofür der Tangentialraum den Zugang schafft. Unter "glatt" ist dabei eine Eigen­schaft gemeint, die in der stetigen Differenzierbarkeit ihren Ausdruck findet.

Eine reelle Funktion w : M ~ lR heißt differenzierbar auf M, wenn die Zusammensetzung w 0 /'i, von w mit jeder Karte /'i, aus dem vollständigen Atlas A für M eine differenzierbare Funktion ist. 10 ) Eine differenzierbare Funktion heißt auch ein Skalarfeld auf M. Die Skalarfelder auf einer Man­nigfaltigkeit M bilden mit den binären Operationen der Addition und Mul­tiplikation einen Ring, der fortan mit lF(M) oder kurz lF bezeichnet wird.

Ist w : M ~ lR ein Skalarfeld auf M, so heißt N

t(w) := L hi 8(wo/'i,) (5.4) i=l 8Xi

die Richtungsableitung der Funktion w im Punkt P in Richtung des Tan­gentenvektors t E Tp , der durch seine auf die Karte /'i, bezogenen Koor­dinaten h i in (5.4) eingeht. Die Richtungsableitung ist unabhängig vom verwendeten Koordinatensystem und somit eine Invariante; da der Beweis hiefür denselben Wortlaut hat wie jener für die Richtungsableitung (3.15) in affinen Räumen, kann auf eine Ausführung verzichtet werden.

Die Richtungsableitung ist eine lineare Vorschrift,

t(UIWl + U2W2) = u1t(Wl) + U2t(W2) ' (5.5) die wie in affinen Räumen der Produktregel

t(WIW2) = t(Wt}W2 + w1t(W2) (5.6) genügt, deren Beweis gleichlautend ist mit jenem für (3.17). Die Ableitun­gen eines Skalarfeldes w in Richtung der Tangentenvektoren ti an die Ko­ordinatenlinien (5.3), welche eine Basis im Tangentialraum Tp(M) bilden, bestimmen sich dabei zu

10) Genauer sollte man sagen, daß die partiellen Ableitungen bis einschließlich einer Ordnung k existieren und stetig sind, wenn 9Jt eine Mannigfaltigkeit der Klasse C k ist. Diese Bedeutung soll im folgenden der Differenzierbarkeit ohne weiteren Hinweis beigemessen werden.

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288 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Dies bedeutet, daß die Ableitung in Richtung der Basisvektoren ti des Koordinatensystems der Karte", mit der Operation

8(00"') 8Xi : w ----t ti(W)

identisch ist, was zum Anlaß dafür genommen wird, an Stelle der Symbole ti für die Tangentenvektoren an die Koordinatenlinien (5.3) der Karte '" die Symbole 8~i einzuführen/I) sodaß

N

"hi~ L...J 8x' i=l '

jener Tangentenvektor an M im Punkt P ist, der in Bezug auf das Koordi­natensystem der Karte", die Koordinaten h i hat. Mit dieser Übereinkunft schreiben sich die Transformationsgleichungen (5.2) für einen durch die Ko­ordinatentransformation '" ----t K bedingten Basiswechsel in Tp in der an die Kettenregel erinnernden Form

N

~ _ " 8x; ~ (5.7) 8i' - L...J 8i' 8x' .

t ;=1 t ]

Ist I ein Intervall der Zahlengeraden und "f : I ----t M eine Kurve auf M, so ist die Funktion "fit = ",-1 O"f : I ----t lRN mit den Koordinaten Xi(t) auf I differenzierbar, die Differentialquotienten dd~i sind die Koordinaten des Tangentenvektors

an die Kurve "f im Koordinatensystem der Karte "'.

Sind Mund 1)1 zwei Mannigfaltigkeiten der Dimension N bzw. n, so ist die Stetigkeit einer Abbildung f : M ----t 1)1 noch eine Eigenschaft von f als Abbildung topologischer Räume. Anders verhält es sich mit dem Begriff der Differenzierbarkeit, für den der Tangentialraum als Bestandteil der Struktur einer Mannigfaltigkeit benötigt wird.

Seien Mund 1)1 zwei Mannigfaltigkeiten mit den Dimensionen N bzw. n und f : M ----t 1)1 eine stetige Abbildung der beiden Mannigfaltigkeiten. Dann ist die reelle Funktion wo f:M ----t lR für jede differenzierbare Funktion W E lF(l)1) eine stetige Funktion aufM. Die Abbildung f wird nun im Punkt P E M differenzierbar genannt, wenn die Funktion wo f für jede Funktion W E lF(l)1) differenzierbar ist. Das Differential der Abbildung f : M ----t 1)1

im Punkt P ist die lineare Abbildung

(5.8)

11) Im Hinblick auf eine kürzere Schreibweise soll an Stelle von 8~. auch kurz

Bi geschrieben werden. Sinngemäß ist dann 8~i mit äi abzukürzen .•

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5.1 Differenzierbare Mannigfaltigkeiten 289

welche dem Vektor t E Tp(wt) jenen Tangentenvektor t' = dfpt E Tf (p)(I)1) zuordnet, der einem Skalarfeld w E lF(l)1) als Richtungsableitung im Punkt f(P) die Ableitung der reellen Funktion wo f in Richtung des Vektors t zuweist,

dfpt(w) =t(wof). (5.9)

Sind Xi die Koordinaten in wt, Yi die Koordinaten in 1)1 und lI:(x) bzw. ~(y) zwei Karten um P E wt bzw. Q = f(P) E 1)1, so ist die Ableitung der Funktion w 0 f in Richtung des Tangentenvektors t = Li h i 8~;

t(w 0 f) = ~ hi 8(wofoll:) = ~ hi 8(WOKOf) L.J 8x . L.J 8x . i=1 • i=1 •

_ ~ ~ hi 8(wo~) 8Yj - L.J L.J 8y· 8x"

i=1 j=1 J •

worin die Funktion f = ~ -1 0 f 0 11: mit den Koordinaten Yi = fi ( X 1 , ... , X N )

eine Umgebung des Punktes 1I:- 1(P) E IRN auf eine Umgebung des Punktes ~-1(Q) E IRn abbildet. Setzt man

(5.10)

und ist t' = Lj k j 8:; , so ist die Ableitung von w in Richtung von t' gerade

n . 8(wo~) t' (w) = L kJ 8. = t( w 0 f) ,

j=1 YJ

cl.h. es ist t' = df t. Schreibt man diese Gleichung in den Koordinaten einer Karte in W1 und lJt an, so erhält man

N n

dfp(Lhi~) = Lkj~, i=1 8Xi j=1 8Yj

(5.11)

worin der Zusammenhang zwischen den Koordinaten der Tangentenvekto­ren bezüglich der verwendeten Karten durch die Gleichungen (5.10) gegeben ist. Die Matrix der linearen Abbildung (5.8) bezüglich des Koordinatensy­stems der Karte 11: in wt und des Koordinatensystems der Karte ~ in lJt ist die Ableitung f' = {~!;} der Funktion f = ~-1 0 f 0 11:.

1

Da die Zahlengerade IR auch eine Mannigfaltigkeit ist, ordnen sich die reellen Funktionen f: wt - IR in dieses Konzept der Differenzierbarkeit ein. Verwendet man in IR die globale Karte ~(y) = y, so ist ddy ein Basisvektor

im Tangentialraum Tf(p)(IR). Infolgedessen ist auf Grund von (5.10) und (5.11)

8 8y d dfp-=-~·

8Xi 8Xi dy

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290 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Da aber 8y 8Xi 8Xi 8Xi

die Ableitung von I in Richtung des Tangentenvektors 8~i ist, folgt weiter

d dlpt = t(l) dy

für jeden Tangentenvektor t E Tp(rot). Identifiziert man kraft der Abbil­dung w ddy ~ w den Tangentialraum von IR mit IR als Mannigfaltigkeit, so ist das Differential dip einer reellen Funktion I: rot ~ IR eine Linearform, also ein Vektor des Kotangentialraumes Tp(rot). Dieser ordnet daher jedem Tangentenvektor t E Tp(rot) die Ableitung von I in der Richtung von t zu,

(dip, t) = t(l). (5.12)

Insbesondere ergibt sich für die Basisvektoren 8~i von Tp(rot) bezüglich einer Karte '"

(5.13)

Ist", eine Karte um den Punkt P mit den Koordinaten Xk, so erhält man, wenn an Stelle von I die j-te Koordinatenfunktion <Pi von ",-1 genommen wird, unter Berücksichtigung von xi = <Pi 0 ",(x) und unter Benützung der Kurzform 8i für die Symbole 8~i

8x· . (dxh 8i ) = 8 J = hI . (5.14)

Xi Diese Gleichung besagt, daß die Koordinatendifferentiale dXi eine Basis des Kotangentialraumes Tp(rot) sind, und zwar die zur Basis 8~i von Tp(rot) duale Basis. Ist a eine Linearform auf dem Tangentialraum eines Punktes P, so versteht man unter den Koordinaten Ai von a bezüglich der Karte '" sinngemäß die Koordinaten bezüglich der Koordinatendifferentiale.

Mit dieser Basis im Dualraum des Tangentialraums von rot an P wird N

dl = " 8(10"') dXi L...J 8x.

(5.15) i=l '

für jede differenzierbare reelle Funktion I auf rot. Aus dieser Gleichung geht das Transformationsgesetz für den Wechsel von der Karte", mit den Koordinaten Xi auf eine Karte N, mit den Koordinaten Xi hervor. Setzt man in (5.15) für I die j-te Koordinatenfunktion ~i von N,-1 ein, so erhält man wegen xi = ~i 0 ",(x) die Regel

(5.16)

Die Bildung des Differentials ist eine lineare Vorschrift auf dem Ring IF (als Vektorraum der reellen Funktionen auf rot), die hinsichtlich der Mul­tiplikation in IF der Produktregel genügt (vgl. (5.5) und (5.6)).

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5.1 Differenzierbare Mannigfaltigkeiten 291

Eine "glatte" Fläche im dreidimensionalen Raum hat schon mehrfach zur Veranschaulichung der Dinge als Beispiel für eine differenzierbare Man­nigfaltigkeit gedient. Es liegt es nahe, eine solche Teilmenge des dreidi­mensionalen Raumes als Teilmannigfaltigkeit desselben aufzufassen, indem auch der dreidimensionale Raum als eine Mannigfaltigkeit angesehen wird. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Topologie auf der Fläche durch die To­pologie im dreidimensionalen Raum induziert ist oder nicht; im ersten Fall nennt man die Fläche eine Teilmannigfaltigkeit, im zweiten Fall sagt man, die Fläche ist in den dreidimensionalen Raum "eingebettet".

Sind VJt und !Jt zwei Mannigfaltigkeiten, so heißt VJt eine Untermannig­faltigkeit oder Teilmannigfaltigkeit von !Jt, wenn folgende Voraussetzungen zutreffen:

(i) die Mannigfaltigkeit VJt ist als topologischer Raum ein Teilraum der Mannigfaltigkeit !Jt;

(ii) die Inklusionsabbildung J : VJt - !Jt, die jedem Punkt P E VJt den Punkt P als Punkt von !Jt zuordnet (vgl. (3.7)), ist als Abbildung von Mannigfaltigkeiten differenzierbar;

(iii) das Differential dJ : Tp(VJt) - Tp(!Jt) ist in jedem Punkt P E VJt eine injektive Abbildung.

Ist VJt eine Teilmannigfaltigkeit von !Jt, so kann der Tangentialraum Tp(VJt) an VJt im Punkt P mit dem Teilraum dJ(Tp(VJt)) von Tp(!Jt) iden­tifiziert werden, denn dJ ist als lineare injektive Abbildung von Tp(VJt) auf dJ(Tp(VJt)) ein auf natürliche Weise gegebener Isomorphismus.

Sei sn der dreidimensionale affine Raum 2[3 und !m = ~ ~ 2[3 eine "glatte" Fläche, z.B. gegeben durch eine Bedingung F( 6,6,6) = 0 für die Koordinaten €i in 2[3 bezüglich der Karte K eines affinen Koordinatensystems. Durch die Topologie im 2[3 wird die Fläche ~ zu einem topologischen Teilraum von 2[3. Sei P E ;Y ein Punkt auf der Fläche und K, : K ----> 11 eine Karte um diesen Punkt mit den Koordinaten ;c~, ;c~. Da die Inklusionsabbildung J ein Homöomorphismus von ~ auf J(~) ist, bildet die Funktion

J ° K,(;C1 , ;C2 ) die Umgebung K ~ 1R2 von K,-l(p) homöomorph auf die Menge 11 = 9J n ~ c 2[3

ab, worin 9J eine offene Umgebung von P in 2[3 ist. Mit den Bezeichnungen :F = K-1(~) C 1R3 und V = 1I:-1 (9J) C 1R3 ist wegen

K-1(9J n~) = K-\9J) n K-1(~) = V n F der Homöomorphismus J ° K, in der Form

K ° j (;Cl, ;C2 ) darstellbar, worin j : K ----> V n :F ein Homöomorphismus von K auf die in :F offene Menge U = V n :F ist. Es gilt also

Koj=J0K,.

Die Koordinaten der Funktion j liefern eine lokale Parametrisierung der Fläche ~ als Punktmenge im 2[3 unter Benützung der Koordinaten im 2[3,

6 = j1 {;Cl, ;C2) , 6 = j2 (;Cl, ;C2 ) , €3 = j3 (;Cl, ;C2) . Insofern beschreibt die Funktion j die Einschränkung der Koordinaten im 2[3 durch die Gleichung F(6, 6,6) = 0, denn es gilt F ° j = 0 auf K.

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292 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Die Differenzierbarkeit der Abbildung J muß schon mit Rücksicht auf die Existenz des Differentials dJ : Tp(~) --t T,(p)(!le) = T gefordert werden. Die Matrix der linearen Abbildung dJ bezüglich der Karte K, um den Punkt P E ~ bzw. der Karte it um P E 2(3 ist die Ableitung der Funktion j = it- 1 0 J ° K, (vgl. (5.10) und (5.11)), also die (3 X 2)-Matrix

( ae1 ae1) a"'l a"'2

.1 _ lli lli J - a"'l a"'2 .

ab ae3 a"'l a"'2

Die Injektivität des Differentials dJ ist genau dann gegeben, wenn die Matrix j' injektiv ist, also den maximalen Rang 2 hat.

Ist durch , : [a, b 1 --t ~ C 2(3 eine Kurve ~ auf ~ gegeben, so wird der Tangentenvektor t an ~ im Punkt P = ,(to) im Koordinatensystem der Karte K,

durch das Tupel (z~, zn repräsentiert, worin zi die Ableitungen der Koordinaten :l:i(t) der Funktion p(t) = K,-1 o,(t) im Punkt to sind. Die Abbildung, bestimmt aber auch eine Kurve im 2(3, welche durch die Funktion J 0, : [a, b 1 --t 2(3 gegeben ist. Sind ei(t) die Koordinaten der Funktion

A -1 • q=K, OJO,=JOP,

so ist das Tripel (t1(ta),t2(to ),t3(tO )) bezüglich der Karte it Repräsentant des Tangentenvektors t ' im Punkt P auf ~ als Kurve im 2(3. Durch Anwendung der Kettenregel findet man . ., .

q =J . p.

Diese Gleichung lehrt, daß die drei Ableitungen ti(to ) nicht alle gleichzeitig ver­schwinden können, denn einerseits sind die Ableitungen Zl (t o ), Z2 (t o ) nicht beide gleich Null, andererseits ist die Matrix j' injektiv. Deshalb wird durch die Funk­tion J ° I : [a, b 1 --t 2{3 auch wirklich eine Kurve im 2{3 beschrieben. Die beiden Tupel (1,0) und (0,1) repräsentieren die Tangentenvektoren t 1 und t 2 an die Ko­ordinatenlinien K,( t, :I:~) und K,(:I:~ , t) im Koordinatensystem der Karte K, auf ~, die Tangentenvektoren t~ und t; an die beiden Kurven J ° K,( t,:l:n und J ° K,(:I:~, t) als Linien im 2{3 werden bezüglich der Karte it durch die Ableitungen der Funktionen j( t,:l:n und j(:l:L t) repräsentiert, also durch die beiden Tripel

( 86 86 86) und ( 86 86 86) 8:1:1 ' 8:1:1 ' 8:1:1 8:1:2 ' 8:1:2 ' 8:1:2 '

welche auf Grund der Injektivität der Matrix j' linear unabhängig sind. Zu die­sen beiden TripeIn gelangt man auch, wenn man in der obigen Gleichung für p die Repräsentanten (1,0) und (0,1) der Tangentenvektoren t 1 und t 2 einsetzt, entsprechend dJ(tI) = t~ und dJ(t 2 ) = t; (vgl. (5.10)).

Vom anschaulichen Bild der Fläche im Raum ausgehend liegt es nahe, die Tangentenvektoren an die Koordinatenlinien auf der Fläche mit den Tangen­tenvektoren an diese Linien als Kurven im Raum zu identifizieren. Während die Tangentenvektoren t 1 und t 2 an ~ eine Basis des Tangentialraumes bilden, spannen die Tangentenvektoren t~ = dJ( t 1 ) und t; = dJ( t 2 ) einen Teilraum Tp = (t~, t;) C T auf. Das Differential der Inklusionsabbildung ist daher als injektive lineare Abbildung von Tp(~) auf diesen Teilraum Tp des Tangential-raumes von 2(3 ein auf natürliche Weise gegebener Isomorphismus. Diesen Sach­verhalt nimmt man zum Anlaß, den Tangentialraum an die Fläche ~ im Punkt P mit dem Teilraum Tp von T zu identifizieren. Dieser Teilraum ist aber von Punkt zu Punkt auf ~ ein anderer, es sei denn, die Fläche ~ ist ein Ebenenstück oder eine Ebene, in welchem Fall sie dann ein affiner Teilraum ist.

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5.1 Differenzierbare Mannigfaltigkeiten 293

Sind 9J1 und lJt zwei beliebige Mannigfaltigkeiten und ist rr : 9J1 -t lJt eine injektive differenzierbare Abbildung, so heißt rr eine Einbettung von 9J1 in 1Jt, wenn rr als Abbildung von 9J1 in ihr Bild rr(9J1) ~ lJt ein Homöomor­phismus (bezüglich der in rr(9J1) durch lJt induzierten Topologie) und die Ableitung drr in jedem Punkt von 9J1 eine injektive lineare Abbildung der Tangentialräume ist. Man sagt, die Mannigfaltigkeit 9J1 ist durch rr in die Mannigfaltigkeit lJt "eingebettet". Eine Teilmannigfaltigkeit 9J1 einer Man­nigfaltigkeit lJt ist daher stets in lJt eingebettet.

v. Das Summationsübereinkommen.

Bevor im weiteren die Grundzüge der Tensoranalysis auf Mannigfaltigkeiten entwickelt werden, soll eine Vereinbarung getroffen werden, die zu teilweise erheblich verminderter Schreib arbeit führt und deshalb - wenn auch nach einer kurzen Eingewöhnungsphase - die Übersichtlichkeit erhöht. Sie be­trifft die Notation im Zusammenhang mit Summenbildungen, die in der Tensoranalysis auf affinen und euklidischen Räumen einen gerade noch zu­mutbaren Aufwand verlangte, der sich allerdings auf Mannigfaltigkeiten nicht unbeträchtlich erhöht. Obwohl zur Offenlegung von Strukturen je­nem Weg der Vorzug zu geben ist, der "koordinatenfrei" sich an Abbildun­gen und anderen geeigneten Objekten orientiert und auf diese Weise das willkürliche Element des Koordinatensystems aus den Gesetzen eliminiert, lassen sich Koordinaten, die in der Regel zu umfangreichen Summenbildun­gen führen, natürlich nicht vollständig verdrängen.

In den bisherigen Untersuchungen traten die verschiedensten Summen­bildungen auf: Summen über Permutationen, meist im Zusammenhang mit Determinanten,Summen über Kombinationen im Zusammenhang mit schiefsymmetrischen Tensoren und - zum überwiegenden Teil - einfache und mehrfache Summen, bei denen mehrere Indizes unabhängig voneinan­der von 1 bis N, der Dimension des Raumes laufen. Das Charakteristische an diesen mehrfachen Summen ist, daß stets über ein Paar gleichnamiger Indizes summiert wird, von denen einer tiefgestellt, der andere hochgestellt ist. Tritt in einem Ausdruck ein Index nur einfach auf, sozusagen als freie Variable, die für eine natürliche Zahl von 1 bis N steht, so wird über ihn auch nicht summiert; mehr als zweifach tritt ein Index nur in Ausnahme­fällen auf. Dieses gemeinsame Merkmal in solchen Summenbildungen ver­anlaßt nun, das Summenzeichen in derartigen Fällen - als Symbol, samt der Angabe des Summationsbeginns und des Summationsendes, da ja ohnedies immer von 1 bis N summiert wird - einfach wegzulassen, wobei die Ver­einbarung getroffen wird, über ein Paar gleichnamiger Indizes, von denen der eine hochgestellt, der andere tiefgestellt ist, unabhängig von anderen Summationen automatisch von 1 bis N zu summieren. So schreibt man z.B. an Stelle von

i,j=l

einfach

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294 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Die einzige Ausnahme von dieser Regel bilden die Koordinaten Xi von Punkten des Raumes und die Koordinatendifferentiale dXi. Im Grunde sind Punktkoordinaten kontravarianter Natur und somit auch die Koordinaten­differentiale, die sich ja auch wie die Koordinaten eines Vektors transfor­mieren. Treten sie in einer Summenbildung auf, so ist ihr Index hochgestellt zu denken, sodaß im Zusammenhang mit einem zweiten tiefgestellten Index stets zu summieren ist. So ist anstatt

N

dBj = LA{dxi i=l

einfach

zu schreiben~ Sehr oft hat man es dabei mit Summenbildungen zu tun, in denen partielle Differentialquotienten wie

8Xi 8xj

auftreten, für die eine Kennzeichnung der Koordinatenindizes als "hoch­gestellt" und "tiefgstellt" keinen unmittelbaren Sinn hat. Wie aber das Auftreten solcher partieller Differentialquotienten im Zusammenhang mit Tensorkoordinaten zu erkennen gibt, ist das Merkmal des Index im "Zähler" dasjenige eines hochgestellten, das Merkmal des Index im "Nenner" dasje­nige eines tiefgestellten. Daraus ergibt sich schon eine einfache Merkregel, die im Zusammenhang mit partiellen Differentialquotienten zu berücksich­tigen ist. So wird also eine Beziehung

N 8-Ai =" ~Aj kurz

~8x· j=l J

geschrieben. Stehen im "Zähler" Tensorkoordinaten wie in

8Ai 8Vi 8~1 oder oder

8x· 8x· 8x· ' J J J

so behalten Indizes ihr Merkmal als tiefgestellt bzw. hochgestellt.

So einfach dies alles klingt, ein bißehen Vorsicht und Übung ist den­noch geboten, dieses Summationsübereinkommen ist nicht ohne Tücken. In einem euklidischen Raum, der auf ein kartesisches Koordinatensystem bezogen ist, kann die Unterscheidung zwischen kovarianten und kontravari­anten Koordinaten entfallen, weshalb hochgestellte Indizes heruntergesetzt werden können und somit zu vereinbaren ist, daß über ein Paar von Indizes stets automatisch zu summieren ist. So ist AiAi das Quadrat der Länge eines Vektors, was jetzt nicht dazu verleiten darf, einfach A~ zu schreiben, denn in diesem Ausdruck tritt der Index i nur einfach auf, weshalb über ihn nicht zu summieren wäre. Man kann die Gefahr zu solchen Mißverständnis­sen bannen, indem man grundsätzlich Potenzen von Koordinaten vermei­det. Am besten ist es, wenn man stets an ein beliebiges Koordinatensystem

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5.1 Differenzierbare Mannigfaltigkeiten 295

denkt, in dem eben zwischen kovarianten und kontravarianten Koordina­ten unterschieden werden muß, und die Indizes der Natur der auftretenden Größen entsprechend stellt.

In einzelnen Termen darf ein Symbol als Index höchstens zweimal auf­treten - darauf ist bei der Benennung von Indizes stets zu achten. Tritt ein Index zweifach auf, wird automatisch summiert, tritt ein Index ein­fach auf, so steht er als freie Variable. Es bedeutet dies aber nicht, daß es gelegentlich nicht dennoch zu Summenbildungen über Ausdrücke kommen kann, in denen ein Index dreifach auftritt, wie z.B. im Falle

N

2: AiAi Ai . i=1

In solchen Fällen wird das Summenzeichen nicht fortgelassen, sondern, wie bisher üblich, angeführt. Die Verwendung von Potenzen sollte man tun­liehst auch dann vermeiden, nicht zuletzt mit Rücksicht auf mögliche miß­verständliche Deutungen als Index oder als Exponent. Gleichfalls weiterhin angeschrieben wird das Summenzeichen, wenn über einen zweifach auftre­tenden Index in gleicher Stellung summiert werden soll, wie z.B. im Fall der Summe

Abgesehen davon, daß das Zustandekommen solcher Summenbildungen ein Hinweis auf mögliche Fehler sein kann, berührt dies nicht eventuelle andere Summationen im selben Term, für die das Summenzeichen weggelassen wird. In Ausdrücken schließlich, in denen ein Index hochgestellt, der andere tiefgestellt ist, über den aber nicht summiert werden soll, wie z.B. wenn Größen

11 0 0i 01] k

auftreten, welche als Matrix angeordnet eine Diagonalmatrix bilden, deren Hauptdiagonale mit den Zahlen TJk besetzt ist, wird der betreffende Index eingeklammert, d.h. an Stelle des obigen Ausdruckes wird sicherheitshalber

%] o~] geschrieben. Schließlich soll diese Summen-Konvention auch dann Gültig­keit haben, wenn ein Summationszeiger der Nummern-Index eines Vek­tors oder einer Linearform ist, wie z.B. bei der Darstellung Li Viai eines Vektors mit Hilfe von Basisvektoren, wofür einfach Viai geschrieben wer­den soll. Die Art der Numerierung von Vektoren und Linearformen unter Berücksichtigung der Ausnahmeregel für Koordinatendifferentiale ordnet sich dem Prinzip dieser Summen-Konvention unter.

Diese Vereinbarung, das Summenzeichen bei der Summation über ein Paar von Indizes, von denen der eine hochgestellt, der andere tiefgestellt ist, einfach fortzulassen, wird Einsteinsches Summationsübereinkommen genannt.

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296 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

5.2 Tensorfelder

Die Konzeption von Tensorfeldern auf differenzierbaren Mannigfaltigkeiten orientiert sich an der jeweiligen Begriffsbildung, wie sie für affine Räume eingeführt wurde. Beim Übergang von affinen Räumen auf Mannigfaltig­keiten ist lediglich zu beachten, daß auf Mannigfaltigkeiten Koordinaten­systeme lokal errichtet werden, weshalb die folgende Darstellung kurz ge­halten werden kann. Der Raum ist eine N-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit 9Jt einer Klasse Ck • Mit der Forderung der Differenzier­barkeit, die ohne weiteren Hinweis von allen Objekten verlangt wird, soll daher stets die Zugehörigkeit zu einer Klasse Ck verbunden sein. Wie in affinen Räumen soll im Koordinatensystem einer Karte /l:( x) abkürzend gzDi

für 8~:il<) geschrieben werden, wenn darin das Zeichen 0 stellvertretend für

eine orts abhängige Größe steht. Mit IF(9Jt) oder kurz IF wird der Ring der differenzierbaren reellen Funktionen w : 9Jt ----t lR bezeichnet.

Ein Skalarfeld wElF heißt ein Tensorfeld nullter Stufe. Der Funktions­wert w(P) wird ein Skalar oder eine Invariante genannt, womit wieder zum Ausdruck gebracht werden soll, daß dieser unabhängig vom lokalen Koordinatensystem ist.

Da einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit in jedem Punkt ein Tan­gentialraum zugeordnet wird, läßt sich in jedem Punkt ein Vektor aus dem zugehörigen Tangentialraum anheften. Man gelangt so auf natürliche Weise zum Konzept des Vektorfeldes auf einer Mannigfaltigkeit.

Unter einem Vektorfeld auf einer Mannigfaltigkeit 9J1 versteht man eine Abbildung, die jedem Punkt P E 9Jt einen Vektor v(P) aus dem Tangential­raum Tp(9Jt) zuordnet.

Im Koordinatensystem einer Karte /l: um den Punkt P kann ein Vek­torfeld v in der Form

(man beachte das Summationsübereinkommen!) angeschrieben werden; die Koordinaten sind die Skalarprodukte

Vi(P) = (dXi,V) = v(xd·

Sie transformieren sich bei einem Wechsel /l: ----t K, des Koordinatensystems nach der Vorschrift (5.2),

Vi(P) = 8Xi vj(P). 8xj

Der Unterschied zur Situation in einem affinen Raum zeigt sich jetzt darin, daß die Matrixelemente ~:i nicht wie dort konstante Größen sind.

1

Indem jeder Vektor aus dem Tangentialraum eines Punktes der Man­nigfaltigkeit 9Jt einem Skalarfeld auf 9Jt über die Richtungsableitung (5.4) eine Invariante zuordnet, weist ein Vektorfeld v einem Skalarfeld w E IF in

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5.2 Tensorfelder

jedem Punkt von 9Jt eine Invariante zu, sodaß

v(w)(P):= V i (p)8(w 01\:) I 8Xi ... -l(P)

297

eine reelle Funktion auf 9Jt ist. Ist diese differenzierbar, handelt es sich also um ein Skalarfeld, so heißt das Vektorfeld v differenzierbar. Ein differenzier­bares Vektorfeld ordnet daher einem Skalarfeld über die llichtungsableitung ein Skalarfeld zu, und zwar ist (vgl. (5.12))

v(w)=dw(v). (5.17)

Diese Abbildung v : 1F -t IF ist linear und genügt der Produktregel (vgl. (5.5) und (5.6)). Vektorfelder auf einer Mannigfaltigkeit 9Jt können daher auch als lineare Abbildungen von 1F(9Jt) in IF(9Jt) eingeführt werden, die bezüglich der Multiplikation im Ring 1F(9Jt) der Produktregel gehorchen.

Sei P ein Punkt mit den Koordinaten :Ci und Q ein benachbarter Punkt mit den Koordinaten :Ci + ß:Ci. In einem affinen Raum zeigt der Vektor t mit den Koordinaten ß:Ci exakt in den den Punkt Q, wenn sein Fußpunkt in P liegt. Auf einer Mannigfaltigkeit verbindet man die beiden Punkte durch die Kurve K,(x + tßx), 0 ~ t ~ 1; dann ist t = ß:Ci8i E Tp(VJ'l) der Tangentenvektor an diese Kurve im Punkt P E VJ'l. Dies veranschaulicht die Sprechweise "der Tangentenvektor mit den Koordinaten ß:Ci zeigt vom Punkt mit den Koordinaten :Ci zum Punkt mit den Koordinaten :Ci + ß:c/' .

Ist wein Skalarfeld und v ein Vektorfeld, so erhält man für die Differenz von w in benachbarten Punkten P und Q mit den Koordinaten :Ci und :Ci + 7JV i (P)

ßw = w(Q) - w(P) = wo K,(x + 7JV) - wo K,(x) = 7JVi (P) 8(;OK,) I + ... , :C, ",-l(p}

worin der durch die Punkte angedeutete Fehler von höherer als erster Ordnung mit 7J gegen Null geht. Deshalb ist das Differential von w mit 7Jv(P) Argument bzw. die Ableitung von w in Richtung von 7Jv(P), der Ausdruck

7Jv(w)(P) = 7JVi (P) 8(woK,) I ' 8:Ci ",-l(p}

eine in 7J lineare Näherung für die Differenz ßw.

Ein differenzierbares Vektorfeld auf 9Jt wird ein kontravariantes Tensor­feld erster Stufe auf 9Jt genannt.

Die Grundrechnungsarten in linearen Vektorräumen, die Addition von Vektoren und die Multiplikation mit einer Zahl aus dem Grundkörper, führen zu einer Summenbildung von Vektorfeldern und zu einem Produkt von Vektorfeldern mit Skalarfeldern. So ist die Summe zweier Vektorfelder u und v ein Vektorfeld, das in jedem Punkt durch Vektoraddition

(u + v)(P) := u(P) + v(P)

zu bilden ist, das Produkt eines Vektorfeldes v mit einem Skalarfeld w ist das Vektorfeld

(wv)(P) := w(P)v(P).

Sind u und v differenzierbare Vektorfelder, so sind auch u + v und w v diffe­renzierbar. Die differenzierbaren Vektorfelder auf einer Mannigfaltigkeit 9Jt

Page 30: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

298 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

bilden daher mit der Addition und der Multiplikation mit Skalarfeldern einen Modul über dem lling der Skalarfelder, der im folgenden mit \1(9Jt) oder kurz mit \1 bezeichnet wird.

Sind u und v zwei Vektorfelder auf9Jt, so lassen sie sich als Abbildungen von IF in IF zusammensetzen,

(u 0 v)(w) := u(v(w)) = u(dw(v)) = d(dw(v))(u).

In den Koordinaten einer Karte K, für eine offene Menge 11 auf 9Jt gilt dabei 2 j

(uov)(w)=Ui~(Vj8w)=UiVj 8w +Ui8V 8w. 8Xi 8Xj 8xi8Xj 8Xi 8xj

Vertauschen der Rollen von u und vergibt 2 .

(v 0 u)(w) = UjVi 8 w + Vi 8UJ 8w 8Xi8Xj 8Xi 8xj

und deshalb auf Grund der Gleichheit der gemischten partiellen Differential­quotienten

( .8Vj . 8Uj ) 8w (u 0 v - v 0 u)( w) = U· - - V· -. - --. 8Xi 8Xi 8xj

Die rechte Seite dieser Gleichung ist als Skalarfeld die Richtungsableitung von w nach einem gewissen Vektorfeld, und zwar nach dem Vektorfeld mit den lokalen Koordinaten

Ui8Vj V i8Uj 8Xi - 8Xi'

Damit ist eine Vorschrift gegeben, die zwei Vektorfeldern u und v ein drittes Vektorfeld zuordnet. Die für diese Abbildung gebräuchliche Symbolik

[0,0] : \1(9Jt) x \1(9Jt) ~ \1(9Jt) nennt man Lie- oder Jacobi-Klammern, das Vektorfeld

(5.18)

heißt das Lie-Produkt der beiden Vektorfelder u und v auf 9Jt. Diese Pro­duktbildung ist bilinear,

schiefsymmetrisch,

[.\u + JLV,w] = .\[u,w] + JL[v,w] , [u,.\v + JLw] = .\[u, v] + JL[u, w] ,

[u,v] = -[v,u],

und für ein Skalarfeld w gilt

[wu,v] = w[u,v]- v(w)u.

Auf ein Produkt von Skalarfeldern angewendet ist

(5.19)

(5.20)

(5.21)

[U,V](W1W2) = (u 0 V)(W1W2) - (v 0 U)(W1W2) = U(V(W1W2)) - V(U(W1W2))

= u(V(WdW2 + W1V(W2)) - V (U(WdW2 + W1U(W2)) '

Page 31: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.2 Tensorfelder 299

worin von (5.5) und (5.6) Gebrauch gemacht wurde. Nochmalige Anwen­dung dieser Eigenschaften der Richtungsableitung führt zur Produktregel

[U,V](WIW2) = ([u,V](Wd)W2 +Wl([U,V](W2))' (5.22)

Ferner gilt die sogenannte Jacobi-Identität

[u, [v,wJ] + [v, [w,uJ] + [w, [u,vJ] = O. (5.23)

Beachtet man hiefür

[u, [v,wJ] = u 0 (v 0 w - wo v) - (v 0 w - wo v) 0 u,

so erhält man durch zyklisches Vertauschen u,v,w ~ v,w,u ~ w,u,v und anschließende Addition die Gleichung (5.23). Bezüglich des Koordinaten­systems einer Karte", mit den Basisvektoren Bi erhält man

also (5.24)

Die Lieschen Klammersymbole (5.18) spielen in vielen Zusammenhängen eine wichtige Rolle.

Eine Veranschaulichung der Lie-Klammern zweier Vektorfelder in einem af­finen Raum 21 zeigt Abb. 5.1. Seien u und v zwei Vektorfelder auf 21 und 0 ein Punkt von 21, der als Ursprung eines Koordi­natensystems angenommen sei, sodaß Zi = 0 seine Koordinaten bezüglich der Karte K, die­ses Bezugssystems sind. Wenn dann Aa und Ab (ihrem Betrag nach) gegenüber 1 sehr pi kleine Zahlen bezeichnen, so weist der Vektor Aau(O) zum Nachbarpunkt P mit den Ko­ordinaten t1aUi , der dort angeheftete Vektor t1bv( P) zeigt vom Punkt P aus zum Punkt p' mit den Koordinaten

t1aUi + t1bVi(t1aUi )

. . 8Vi . = t1aU' + t1bV' + t1at1b - U' + ....

8Zi

o Abb.5.1

Dagegen zeigt der Vektor t1bv( 0) zum Punkt Q mit den Koordinaten t1bVi , der im Punkt Q angeheftete Vektor t1au( Q) weist zum Punkt Q' mit den Koordinaten

t1bVi + AaUi(t1bVi ) = AbVi + AaUi + AaAb 88Ui Vi + ... j zi

infolgedessen sind

AaAb (Ui 8Vi _ Vi 8Ui ) 8zj 8zj

die Koordinaten eines Vektors im Punkt 0, der, parallel in den Punkt Q' ver­schoben, eine in Aa und Ab lineare Näherung für den vom Punkt Q' zum Punkt pi zeigenden Vektor ist. Der Vektor [u, v 1 schließt aus dieser Sicht den Polygon­zugzug Q I ---+ Q ---+ 0 ---+ P ---+ pi.

Page 32: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

300 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Zur Übertragung dieses Bildes auf Mannigfaltigkeiten bedient man sich eines Skalarfeldes W und fragt nach einer in ..:la und ..:lb linearen Näherung für die Differenz w(P') - w(Q'). Diese setzt sich zusammen aus den vier Differenzen

w(P') - w(P), w(P) - w(O), w(O) - w(Q), w(Q) - w(Q'). Nun ergibt sich für

w(P') - w(P) = ..:lbv(w)(P) + ... , w(P) - w(O) = ..:lau(w)(O) + .. .

und analog w(Q') - w(Q) = ..:lau(w)(Q) + ... , w(Q) - w(O) = ..:lbv(w)(O) + ... ,

worin der durch die Punkte angedeutete Fehler von höherer als erster Ordnung in ..:la bzw . ..:lb gegen Null geht. Setzt man Wl = v(w), so ist

v(w)(P) - v(w)(O) = Wl(P) - Wl(O) = ..:lau(wd(O) + ... = ..:la(u 0 v)(w)(O) + ...

und mit Wl = u(w)

Somit ist

u(w)(Q) - u(w)(O) = Wl(Q) - Wl(O) = ..:lbV(Wl)(O) + ... = ..:lb(v 0 u)(w)(O) + ....

w(P') - w(Q') = ..:la..:lb[u,v]{w)(O) + ....

Unter einer Linear/orm auf einer Mannigfaltigkeit VJt versteht man eine Abbildung, die jedem Punkt P E VJt eine Linearform o:(P) aus dem Kotan­gentialraum T;'(VJt) zuordnet. Eine Linearform a wird differenzierbar auf VJt genannt, wenn die reelle Funktion P ~ (a{P),v{P)) für jedes auf VJt differenzierbare Vektorfeld v ein Skalarfeld auf VJt ist. Ist K, eine Karte um den Punkt P mit den Koordinaten Xi, so kann a in der Form

a = Ai{P) dXi

dargestellt werden. Die Koordinaten

Ai{P) = (a,8i ) = 0:{8i )

transformieren sich bei einem Wechsel K, ~ K, des Koordinatensystems we­gen (5.16) nach der Vorschrift

- 8xj Ai(P) = -8- Aj{P).

X· , Auch dieses Transformationsgesetz hat dieselbe Gestalt wie dasjenige in

affinen Räumen, nur sind die Matrixelemente ::~ nicht konstant.

Eine Linearform auf VJt ordnet jedem "Punkt" des Tangentialbündels T{VJt) - jedem Tangentenvektor an VJt - eine reelle Zahl zu. Eine dif­ferenzierbare Linearform a kann daher auch eingeführt werden als diffe­renzierbare Funktion a : T{VJt) ~ IR, die in jeder Faser Tp{VJt) des Tan­gentialbündels T{VJt) linear ist; mit dieser Forderung ist gemeint, daß die Einschränkung von a auf jede Faser Tp(VJt) eine Linearform auf Tp(VJt) ist.

Page 33: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.2 Tensorfelder 301

Eine differenzierbare Linearform auf rot wird ein kovariante8 Ten80rfeld er8ter Stufe auf rot genannt.

Die Summe zweier Linearformen 0: und ß ist die Linearform

(0: + ß)(P) := o:(P) + ß(P),

das Produkt einer Linearform 0: mit einem Skalarfeld w ist die Linearform

(wo:)(P) := w(P)o:(P).

Sind 0: und ß differenzierbar, so ist 0: + ß und wo: differenzierbar, Daher bil­den die differenzierbaren Linearformen auf einer Mannigfaltigkeit bezüglich der Addition und der Multiplikation mit Skalarfeldern einen Modul über dem lling IF der Skalarfelder, der mit u*(rot) oder kurz mit u* bezeichnet wird.

Ist n ~ 1 eine natürliche Zahl, so heißt eine multilineare Abbildung cp : un -t IF einkovariante8 Ten80rfeld oder ein kovarianter Ten80r n­ter Stufe auf rot. Die Koordinaten eines kovarianten Tensors im lokalen Koordinatensystem einer Karte '" sind die Größen

c)i1i2 ••• i,,(P) = CP(8ill 8i2 ,···, 8i..);

sie transformieren sich beim Ubergang auf eine Karte K, nach dem Gesetz (vgl. (5.7) und (3.25))

(5.25)

Ist m ~ 1 eine natürliche Zahl, so heißt eine multilineare Abbildung 'IjJ : u*m -t IF ein kontravariante8 Ten80rfeld oder ein kontravarianter Ten-80r m-ter Stufe auf rot. Die Koordinaten eines kontravarianten Tensors im lokalen Koordinatensystem einer Karte", sind die Größen

\liili2 ... i~(p) = 'IjJ(dXi 1 , dX i2,"" dXi~),

die sich beim Übergang auf eine Karte K, nach dem Gesetz (vgl. (5.16) und (3.26))

(5.26)

transformieren.

Sind n und m natürliche Zahlen, so heißt eine multilineare Abbildung X:u*m X un -t IF ein gemiJchte8 Ten80rfeld der Stufe n+m, und zwar n-fach kovariant und m-fach kontravariant. Die Koordinaten dieses gemischten Tensorfeldes bezüglich einer Karte", sind die Größen

X~: :::~: (P) = X( dXi1 , ... ,dXi~, 8it , ... ,8j ,,) .

Beim Übergang von der Karte '" zu einer Karte K, transformieren sich diese nach der Regel (vgl. (3.27))

(5.27)

Page 34: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

302 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Die Operationen mit Tensorfeldern auf einer Mannigfaltigkeit, und zwar die Summe r.p + "p zweier gleichartiger Tensorfelder , das Produkt wr.p eines beliebigen Tensorfeldes r.p mit einem Skalarfeld w sowie das Tensor­produkt r.p ® "p zweier beliebiger Tensorfelder werden durch gleichlautende Definitionen wie in affinen Räumen eingeführt. Die Tensorfelder gleicher kovarianter und kontravarianter Stufe bilden einen Modul über dem Ring der Skalarfelder, der mit t~(VJt) bzw. kurz mit t~ für n-fach kovariante und m-fach kontravariante Tensoren bezeichnet werden soll.

Das tensorielle Produkt ermöglicht wie in affinen Räumen eine Dar­stellung der Tensorfelder . So läßt sich ein kovariantes Tensorfeld r.p E tn

bezüglich der Koordinaten Xi einer Karte", in der Form

r.p = q,i1 i2 ••• iJP) dXi 1 ® dXi2 ® ... ® dXi n

darstellen, für ein kontravariantes Tensorfeld "p E tm erhält man

"p = whh ... j", (P) ßj1 ® ßj2 ® ... ® ßj", .

Ein Beispiel für ein gemischtes Tensorfeld X E q ist

X = X~k(P) ßi ® dXj ® dXk .

Sinngemäß ist die Operation der Verjüngung von Tensorfeldern zu übertragen. Sie ist nur auf gemischte Tensorfelder anwendbar und lie­fert ein Tensorfeld, dessen Stufe um zwei kleiner ist. Die Rolle, die der "konstante" Tangentialraum dabei im affinen Raum spielt, übernimmt nun der "veränderliche" Tangentialraum einer differenzierbaren Mannigfaltig­keit. Der rechnerische Vorgang ist jedoch derselbe, der verjüngte Tensor entsteht durch Identifikation eines kontravarianten Index und eines kova­rianten Index mit anschließender Summation. Ist z.B. r.p ein gemischtes einfach kontravariantes Tensorfeld vierter Stufe mit der Darstellung

r.p = q,hl ßi ® dXj ® dXk ® dXI

im Koordinatensystem einer Karte "', so ist unter Benützung des Symbols V für das Verjüngen von Tensoren

"p = Vr.p = q,;ki dXj ® dXk

ein durch Verjüngung aus r.p hervorgehendes rein kovariantes Tensorfeld zweiter Stufe.

Eine Sonderstellung nehmen wieder die kovarianten und kontravari­anten Tensorfelder mit Symmetrieeigenschaften ein. Ein kovariantes oder kontravariantes Tensorfeld heißt symmetrisch, wenn die Vertauschung der Position zweier Argumente keine Änderung des Funktionswertes bewirkt. Äußert sich eine solche in einem bloßen Wechsel des Vorzeichens, so heißt das Tensorfeld schiefsymmetrisch oder alternierend. Auf schiefsymmetri­sche Tensorfelder überträgt sich das äußere oder alternierende Produkt mit gleichem Wortlaut. Jedes schiefsymmetrische Tensorfeld läßt sich mit Hilfe des äußeren Produktes in kanonischer Form darstellen, in welche nur die unabhängigen Koordinaten eingehen.

Page 35: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.3 DifferentiaHormen 303

5.3 Differentialformen

Ein kovarianter schiefsymmetrischer Tensor n-ter Stufe auf einer N-dimen­sionalen Mannigfaltigkeit m heißt eine Differentiallorm n-ten Grades oder kurz eine n-Form auf m. Ist /'i, ein lokales Koordinatensystem für m, so stellt

cp = L lli i1 ... in d1Ji1 1\ ... 1\ d1Jin i 1 < .. ·<in

die kanonische Darstellung der n-Form cp in diesem Koordinatensystem dar. Die Skalarfelder auf m werden als Differentialformen nullten Grades einbe­zogen; die Differentialformen ersten Grades sind die Linearformen, die man in diesem Zusammenhang auch Plaffsche Formen nennt. Wie in affinen Räumen sind die algebraischen Operationen mit Differentialformen die Ad­dition und die äußere Multiplikation, wobei in letzterer die Multiplikation einer Differentialform mit einem Skalarfeld enthalten ist.

Zur Einführung der äußeren Ableitung von Differentialformen auf einer Mannigfaltigkeit muß ein anderer Weg als in affinen Räumen beschritten werden, weil sich die Differentiale der Koordinaten einer n-Form nicht wie die Koordinaten eines kovarianten Tensors transformieren,

dtf,. . - a1Jjl ... a1Jjn dlli. . d(a1J it ... a1J jn ) Ili. . 'l""n-a-· a-. J1 ... ]n+ a-. a-. J1 .. ·}n'

1J'1 1J'n 1J'1 1J'n und zwar deshalb, weil die partiellen Differentialquotienten ~;i auf Mannig-

J

faltigkeiten nicht konstant sind. Dennoch ist der in Kap. 3, §5 eingeführte Tensor (3.48) bzw. (3.50) auch auf einer Mannigfaltigkeit eine Differen­tialform (n + 1 )-ten Grades. Die Begründung hiefür stützt sich darauf, daß die Bildung des Differentials im zweiten Term auf der rechten Seite zu Ausdrücken führt, die jeweils in zwei Indizes symmetrisch sind.

Es liegt nahe, die charakteristischen Eigenschaften des äußeren Diffe­rentials, die in den Rechenregeln (3.55) bis (3.57) sowie in der Definition des Differentials einer O-Form ihren Ausdruck finden, zusammenzufassen und den Nachweis zu erbringen, daß es auf einer Mannigfaltigkeit 9Jt genau eine Operation d gibt, die jeder n-Form auf meine (n + l)-Form auf m zuordnet und dabei folgende Eigenschaften hat: die Vorschrift d ist linear,

d()'cp + JL1/;) = )'dcp + JLd1/;, (5.28) für eine O-Form w ist dw das Differential und deshalb

dw(v) =v(w), (5.29)

worin v(w) die Richtungsableitung ist, sie genügt der Produktregel

d(cp 1\ 1/;) = dcp 1\ 1/; + (-ltcp 1\ 1/;, (5.30)

wobei n der Grad des ersten Faktors cp ist, und schließlich ist die zweifache Anwendung von d auf jede n-Form gleich Null,

d2cp = O. (5.31)

Die durch diese Forderungen eindeutig bestimmte Differentialform dcp heißt die äußere Ableitung bzw. das äußere Differential von cp.

Page 36: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

304 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Eine solche Vorschrift ist durch die genannten Forderungen eindeutig bestimmt. Sei r.p eine beliebige n-Form auf 9Jt und K. ein Karte für die offene Menge 11 ~ 9Jt mit den Koordinaten Xi j dann ist auf 11

r.p = L 4fI i1 ... in dXi1 /\ ... /\ dXin . i 1 <···<in

Aus den Forderungen (5.28) und (5.30) folgt dann

d,,, = d ( " 4fI . . dx· /\ ... /\ dx· ) T L..J ~l"'''n 1.1 'Ion

i 1 <···<in

Nun erhält man aber durch wiederholte Anwendung von (5.30)

(5.32)

d(dx· /\ .. ·/\dx· ) = d2 x· /\dx· /\ .. ·/\dx· - dx· /\d(dx· /\ .. ·/\dx· ) 1.1 10ft, "1 1.2 'I.n 1.1 '1.2 'Ion

= -dx· /\d(dx· /\ .. ·/\dx· ) '1.1 1.2 10ft,

= ... = (_1)n- 1 dx· /\dx· /\ .. ·/\dx· /\d2 x· = 0 1.1 1.2 1. n -l '11.

auf Grund der Forderung (5.31), sodaß

dr.p = L d4flil ... in /\ dXi1 /\ ... /\ dXin

(5.33)

n a~ ... " "(-1)P. .O ...• I< •••• n dx· /\ ... /\ dx· L..J L..J 8x . 1.0 1. n

io< ... <in p.=O '1<

ist, worin noch (5.29) verwendet wurde. Dadurch ist jetzt erwiesen, daß es nur eine solche Vorschrift d geben kann.

Zum Nachweis der Existenz der Operation d wird zunächst dr.p auf jeder Karte K. definiert. Sei also eine n-Form r.p auf einer Karte K. für 11 ~ 9Jt durch (5.32) gegeben und dr.p auf 11 im Koordinatensystem der Karte K.

durch (5.33) definiert. Ist"p eine zweite n-Form auf 11 mit den Koordinaten Wi1 ... i n bezüglich der Karte K., so ist wegen

d()'4fI i1 ... in + JLWi1 ... iJ = )'d4flil ... in + JLdWi1 ... in

die Linearitätsforderung (5.28) erfüllt. Ebenso selbstverständlich ist die Gültigkeit von (5.29). Ist"p eine beliebige rn-Form mit den Koordinaten W it ... im im Koordinatensystem der Karte K. für 11, so ist der Ausdruck

d [L 4fI i1 ... in dXi1/\" . dXin /\ L W il ... jm dXil /\ .. ·/\dxim ] i1<···<in it<"'<im

Page 37: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.3 Differentialformen 305

auszuwerten; eine Rechnung, die ihrem Gang nach identisch mit jener ist, die zur Gleichung (3.56) geführt hat, erbringt den Nachweis für (5.30). Die Begründung für (5.31) ist schließlich dieselbe wie für (3.58), nämlich die Gleichheit der gemischten partiellen Differentialquotienten der Koordina­ten der n-Form C(). Alle diese mehr oder minder mühsamen Rechnungen zeigen, daß durch (5.32) und (5.33) im Koordinatensystem einer Karte für eine offene Menge auf 9Jt eine Zuordnung C() ---t dC() gegeben ist, welche die geforderten Eigenschaften hat. Es verbleibt somit nur mehr nachzuweisen, daß durch diese lokalen Definitionen einer n-Form C() eine (n + 1)-Form dC()

auf 9Jt zugeordnet wird. Dies läuft darauf hinaus, die Gleichheit zweier sol­cher (n+ 1 )-Formen auf dem Durchschnitt von zwei einander überlappenden offenen Mengen nachzuweisen.

Seien", und K zwei Karten für zwei offene Mengen ih und ih mit dem gemeinsamen Durchschnitt ti = ti1 n ti2 • Dann sind durch die n-Form C()

auf ti die beiden (n + 1)-Formen

1/;1 = L dIPi1 ... in A dXi1 A ... A dXin i 1 <···<in

Ln aXi1 a2Xik aXin _ _ _ _ = --... . .. -- dXIAdx· A·· ·Adx· A· ··Adx· = 0 a- a- a- a- '1 'k 'n k=l Xi1 Xl Xi k Xi n

auf Grund der Gleichheit der darin auftretenden gemischten partiellen Dif­ferentialquotienten. Also ist

und somit 1/;1 = 1/;2 auf ti.

Page 38: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

306 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Eine von Koordinaten unabhängige Darstellung des Differentials einer n-Form ep ermöglicht die Symbolik der Lie-Klammern (5.18). Es gilt

n

dep(VO,Vl' ... ,vn ) = L( -l)1"v li (ep(vo, ... ,V;, ... ,vn)) Ii=O

+ L( -l)1i+llep ([Vii' VII], Vo,···, V;, ... , V;;, ... , vn) ,

(5.34) worin für n = 0 die zweite Summe leer ist; mit dem aufgesetzten Hütchen wird dabei wieder zum Ausdruck gebracht, daß die darunterstehenden Sym­bole fortzulassen sind. Dabei bezeichnet v(ep(u, .. . )) die Ableitung des Skalarfeldes ep(u, ... ) in Richtung von v.

So ist z.B. für eine O-Form d<p{v) = v{<p) und für eine 1-Form

d<p{u,v) = u[<p{v)]- v[<p{u)]- <p([u,v]). Für das zweite Differential einer O-Form <p erhält man daraus

d2<p{u,v) = u(d<p{v)) - v (d<p{u)) - d<p([u,v])

= u(v{<p)) - v(u{<p)) - [u,v]{<p) = [u,v]{<p) - [u,v]{<p) = O.

Sei ep eine n-Form auf VJt und", eine Karte für eine Umgebung U auf VJt. Für n ~ 1 genügt es, die Darstellung (5.34) für eine n-Form

ep = CPdXl A·· ·Adxn

zu beweisen. Nun gilt (vgl. (2.23))

dep(vo, ... ,vn ) = (dcp Adxl A··· Adxn)(vo, ... , vn )

1 " . = I" L..,., sIgn( 'Ir) dcp( v.,..(O»)( dXl A· .. A dx n )( v.,..(I), ... , V.,.. ( n») n. .,..

n

= L( -l) li dcp(v li )(dxI A··· A dxn)(vo, ... , V;, ... , vn) Ii=O

n

= L( -l)1iv li ( cP )(dXI A··· A dxn)(vo, ... , V;, ... , vn). Ii=O

Die Anwendung der Produktregel auf

Vii (ep(vo, ... , V;, ... , vn)) = Vii (( cP dXl A··· A dxn)(vo, ... , V;, ... , vn ))

= v li ( cp)( dXl A· .. A dx n )( Vo, ... , V;, ... , vn )

+ CPv li ((dXI A··· A dxn)(vo, ... ,V;, ... , vn))

führt somit auf die Darstellung n

d<p{VO,Vl' ... ,Vn ) = L{-l)livli('f'{vo, ... ,V;, ... ,vn ))

Ii=O n

-L( -l)licp vii ((dXI A··· A dxn)(vo, ... , V;, ... , vn )). Ii=O

Page 39: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.3 Differentialformen 307

Formt man die zweite Summe auf der rechten Seite von (5.34) im Hinblick auf diese Gleichung um, so erhält man

n n

l: l: (_l)li+1I if' ([Vii' VII], Vo, ... ,V;, . .. ,11;, ... ,vn)

Ii=OIl=Ii+l

= l:( -l)1i+lq,(dx l/\···/\ dxn)(vo, ... , V;, ... , [Vii' VII]' ... , vn) 1i<1I

Wegen

dxa([vli,VIIJ) = [vli,vlI](x a ) = Vii (dxa(v lI )) - VII (dxa(v li ))

ist deshalb weiter

= 2)-1 )Ii + 1 q, L sign( 71") dX?r(l)( vo) ... vii (dx?r(II) (VII)) ... dX?r(n) ( vn )

+ l: ( -l)1i q, l: sign( 71") dX?r(l) (vo) ... VII (dx?r(II) (Vii)) ... dX?r(n)( vn ) . 1i<1I ?r

Vertauscht man in der letzten Summe die Rollen von JL und v, stellt man ferner die Permutationen in der inneren Summe mit Hilfe der Permutation

( 1.··I1I1+1.··Ii-l Ii 1i+1. .. n). d F d d hl" ft Tlill = 1. .. 1111+2 ... Ii 1I+11i+1. .. n ln er orm 71" = rrOTli1l ar, so urc au mit 71" auch rr alle Permutationen; mit sign( Tlill ) = (-1 )1i-1I-1 ist dann weiter

n-l

= L ( -1 )Ii + 1 q, l:sign( 71") dX?r(l) (vo) ... vii (dx?r(Ii+1) ( vli+d ... dX?r(n) (vn ))

n

n

= l:( -1 )Ii+l q, Vii (l: sign( rr) dX<T(1) ( vo) ... dX<T(n)( vn ))

Ii=O <T n

= -l:( -l)1iq, Vii ((dXl/\···/\ dxn)(vo, ... , V;, ... , vn )).

Ii=O

Eine Differentialform if' heißt geJchloJJen auf \!; ~ 9J1, wenn dif' = 0 ist auf \!;, sie heißt exakt oder integrabel auf \!; ~ 9J1, wenn auf \!; eine Differen­tialform 'IjJ mit 'um 1 verminderter Gradzahl existiert, welche die Gleichung if' = d'IjJ auf \!; erfüllt. Ob das Verschwinden des äußeren Differentials einer n-Form if' auf \!; ~ 9J1 zur Folge hat, daß if' selbst das äußere Differential einer (n - l)-Form 'IjJ ist, also das Bestehen einer Gleichung if' = d'IjJ auf \!; nach sich zieht, hängt wie in affinen Räumen von der Menge \!; ab. Die eine Eigenschaft, die einen solchen Rückschluß zuläßt, ist die Sternförmigkeit. Man nennt eine offene Menge \!; ~ 9J1 Jternförmig in Bezug auf einen Punkt

Page 40: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

308 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Po E (5, wenn eine Karte,.;, : Je - (5 existiert und Je ~ IRN sternförmig in Bezug auf den Punkt ,.;,-l(po ) ist. Eine sternförmige offene Menge (5

enthält also, wenn X o das N-tupel der Koordinaten des Punktes Po und x das N-tupel der Koordinaten eines beliebigen Punktes Q E (5 ist, alle Punkte ,.;,(x + t(x - x o )) für 0 ~ t ~ 1. Ist also (5 ~ VJt eine in diesem Sinne - in Bezug auf den Punkt mit den Koordinaten Xi = 0 bezüglich der Karte ,.;, für (5 - sternförmige offene Menge und ist die n-Form '() auf (5 geschlossen, so ist sie auf (5 integrabel, es gilt '() = d'IjJ auf (5 mit

'IjJ =. L. (f: Xk 1\n-1CPki1 ... in_1 (tx) dt) dXi 1 /\ ••• /\ dXi n _ 1

'l<···<'n-l k=l

(vgl. (3.62)). Der Beweis, der in Kap. 3, §5 für die entsprechende Aussage in affinen Räumen gegeben wurde, kann wörtlich auf Mannigfaltigkeiten übertragen werden.

Eine zweite Eigenschaft einer offenen Menge (5, durch welche gewähr­leistet ist, daß aus d'{) = 0 auf (5 stets die Existenz einer Differentialform 'IjJ mit der Eigenschaft '() = d'IjJ folgt, ist die Kontrahierbarkeit von (5 auf einen Punkt von (5. Eine offene Menge (5 ~ VJt heißt kontrahierbar auf einen Punkt Po E (5, wenn es eine stetige Abbildung J: [0,1] X (5 - (5 mit der Eigenschaft

J(O,P) = Po, J(l,P) = P

gibt. Es gilt dann das Lemma von POINCARE in der Form: Ist (5 ~ VJt stern/örmig oder kontrahierbar, so ist jede au/ (5 geschlo~sene Differen­tial/orm au/ (5 integrabei. Dabei kann an die Stelle der offenen Menge (5 die Mannigfaltigkeit VJt selbst treten, wenn diese auf einen Punkt Po kontrahierbar ist. Unter diesen Umständen hat das Lemma von POIN­CARE den globalen Charakter wie im Falle affiner Räume, wenn eine Dif­ferentialform auf dem ganzen Raum geschlossen ist. Lokal aber gilt das Lemma von POINCARE immer, und zwar in folgendem Sinn. Ist '() eine auf VJt geschlossene n-Form, P E VJt ein beliebiger Punkt und,.;, : Je - .u eine Karte für die Umgebung .u von P, so gibt es, da Je ~ IRN eine im IRN offene Menge ist, um den Punkt ,.;,-l(P) eine offene Kugelumgebung Jer = {x Ilx-,.;,-l(P)1 < r}, welche einerseits in Je enthalten ist, anderer­seits sternförmig in Bezug auf den Punkt ,.;,-l(P) ist. Deshalb ist das Bild ,.;,(Jer ) = ~ ~ .u eine sternförmige offene Menge auf VJt und folglich d'{) = 'IjJ mit einer geeigneten (n - l)-Form 'IjJ auf der Umgebung ~ des Punktes P. Ist somit eine Differentialform '() auf der Mannigfaltigkeit VJt geschlossen, so kann das Lemma von POINCARE lokal angewendet werden, d.h. es gibt um jeden Punkt PE VJt eine Umgebung, auf welcher '() integrabel ist. -

Ist eine affine Abbildung zweier affiner Räume gegeben, so läßt sich jeder Differentialform auf dem Bildraum eine Differentialform desselben Grades auf dem Urbildraum zuordnen. Diese Konstruktion (vgl. (3.65) und (3.66)) läßt sich auf Mannigfaltigkeiten übertragen.

Sind VJt und lJl zwei Mannigfaltigkeiten mit den Dimensionen M bzw. N 2:: M und ist / : VJt - 1)1 eine differenzierbare Abbildung, so bestimmt

Page 41: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.3 Differentialformen 309

jede n-Form auf l)1 eine n-Form auf M. Ist cp eine n-Form auf l)1, so sei im Falle n = 0

f*cp:=cpof

gesetzt, für n ~ 1 im Punkt P E M

f*CP(Vl, ... ,vn ) := cpU/Vl' ... ,!,Vn ) ,

(5.35)

(5.36)

worin mit Rücksicht auf bessere Lesbarkeit f' für die lineare Abbildung df: Tp(M) ---t Tf (p)(l)1) geschrieben wurde. Diese Zuordnung cp ---t f*cp ist linear,

f*(>-'cp + p,1/;) = >-'f*cp + p,f*1/;, >-',p, E lR, (5.37)

sie vertauschbar mit der äußeren Multiplikation,

f*(cp 1\ 1/;) = f*cp 1\ f*1/;, (5.38)

und mit der äußeren Differentiation,

df*cp = f*dcp. (5.39)

Die Linearität (5.37) ist evident, den Nachweis für die Gültigkeit von (5.38) und (5.39) kann der Leser nach dem Muster der Beweisführung für (3.68) und (3.69) erbringen. Sind Xi die Koordinaten einer Karte", um den Punkt P E M, Yi die Koordinaten einer Karte;;;' um den Punkt Q = f(P) E l)1,

so ordnet f* der n-Form

auf l)1 die n-Form

cp = L ipj1 ... jn dYit 1\ ... 1\ dYjn

j1 <···<jn

f*cp= ip~ . dXi 1\ ... 1\ dXi 'l ... '&n 1 n

auf M zu. Schreibt man abkürzend ip it ... jJy) = ip it ... jn 0 ;;;'(y) für die Koordinaten von cp bezüglich der Karte;;;' bzw. ipt .. i n (x) = ipt .. i n 0 ",(x) für die Koordinaten der n-Form f*cp bezüglich der Karte", und setzt man für y = f(x) = ;;;,-1 0 f 0 ",(x), so lautet der Zusammenhang zwischen den Koordinaten

ip~ . (x) = 1.1···'ln

ip. . (f(x)) Jl···3n

d.h. man erhält die n-Form f*cp, indem man für Yi = Ji(Xl' ... , XN) in die Darstellung für cp einsetzt. Speziell für n = M ::; N ist

f*cp = ip* dXl 1\ ... 1\ dXM

eine M-Form auf M, worin für die Koordinate ip* im Koordinatensystem der Karte '"

8Yit 8Yit 8"1 8"M

ip*(x) = L ipj1 ... jM (f(x)) (5.40) i1<···<iM ~ BYiM

8"1 8"M

Page 42: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

310 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

einzusetzen ist. Schließlich wird im Falle N = M der N-Form

<p = q, dYl /\ ... /\ dYN

auf 'Jt die N -Form f*<p = q,* dXl /\ ... /\ dXN

auf VR zugeordnet; ihre einzige unabhängige Koordinate ist

q,* = q, 0 f det{ ~~~ } .

Für VR = 'Jt ist dies das Transformationsgesetz für die Koordinaten der Differentialform <p, wenn f die identische Abbildung auf VR ist.

Die N-Formen auf einer N-dimensionalen Mannigfaltigkeit VR ermög­lichen den Zugang zu einer Orientierung von VR. Hiefür sei zunächst daran erinnert, daß ein affiner Raum ~N durch Ausw~hl einer der beiden Äqui­valenzklassen von Determinantenfunktionen im Tangentialraum orientiert wird (vgl. Kap. 1, §6). Dies führte im weiteren dazu, die Orientierung eines N-dimensionalen affinen Raumes durch eine N-Form festzulegen, und zwar durch eine solche, welche in jedem Raumpunkt eine Determinantenfunktion der ausgewählten Äquivalenzklasse ist. Da die triviale Determinantenfunk­tion keiner der beiden Äquivalenzklassen angehört, hat dies~. N-Form die Eigenschaft, in keinem Raumpunkt zu verschwinden. Beim Ubergang auf Mannigfaltigkeiten folgt man dieser Konzeption, nur ist hiefür zu beachten, daß die Existenz einer N-Form auf einer N-dimensionalen Mannigfaltigkeit, die in keinem Raumpunkt die triviale DeterminantenfunktIon im zugehöri­gen Tangentialraum ist, anders als in affinen Räumen keineswegs gesichert ist und deshalb eigens gefordert werden muß. Für das Folgende sei der Einfachheit halber angenommen, daß die N-dimensionale Mannigfaltigkeit als topologischer Raum zusammenhängend ist.

Eine N -dimensionale Mannigfaltigkeit VR heißt orientierbar, wenn es eine N-Form auf VR gibt, welche in keinem Punkt aus VR verschwindet. Ist VR orientierbar, so ist die Menge der auf VR nirgends verschwindenden N-Formen nicht-leer; sind 1"1 und 1"2 zwei N-Formen, die in keinem Punkt die triviale Determinantenfunktion im Tangentialraum von VR sind, so gilt

worin w E IF ein Skalarfeld ist. Wäre w(Po) = 0 in einem Punkt Po E VR, so wäre 1"1 im Tangentialraum an VR im Punkt Po die triviale Determinanten­funktion, im Widerspruch zu der über 1"1 gemachten Voraussetzung. Also ist w -::J 0 auf VR. Dann hat aber w auf VR beständig dasselbe Vorzeichen. Da nämlich einerseits das Bild eines zusammenhängenden topologischen Raumes unter einer stetigen Funktion selbst wieder zusammenhängend ist, andererseits die mehrpunktigen zusammenhängenden Mengen auf der Zah­lengeraden die Intervalle sind, müßte das Intervall w(VR) ~ IR, wenn es zwei Punkte P und Q mit w(P) > 0 und w(Q) < 0 gibt, den Ursprung der Zahlengeraden enthalten, weshalb es dann auch einen Punkt Po E VR geben müßte, für den w(Po) = 0 wäre.

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5.3 Differentialformen 311

Zwei nirgends verschwindende N-Formen auf M unterscheiden sich daher um eine reelle Funktion, welche auf M beständig dasselbe Vorzeichen hat. Infolgedessen ist

fl r-.J f2 ~ fl= Wf2, W E IF, W > 0,

eine Äquivalenzrelation, durch welche die Menge der auf M nirgends ver­schwindenden N -Formen in zwei Klassen eingeteilt wird. Jede dieser beiden Äquivalenzklassen heißt eine Orientierung auf M.

Ist eine Mannigfaltigkeit M orientierbar, so können die Basen der Tan­gentialräume orientiert werden, wobei man zwischen einer positiven und einer negativen Orientierung unterscheiden kann. Das Koordinatensystem einer Karte K, : JC --7 ti heißt dabei positiv orientiert, wenn für eine orientie­rungsgerechte N -Form f in allen Punkten von ti

f( 81 , 82 , ••. , 8N ) > 0

gilt, und negativ orientiert im Falle, daß stets das negative Vorzeichen auftritt. Sind K, : JC 1 --7 ti1 und K, : JC 2 --7 ti2 mit ti = ti1 n ti2 -I- 0 zwei Karten, so folgt aus (5.7) in allen Punkten von ti

{ 8xi } - -f( 81 , ... , 8N ) = det 8x. f( 81 , ... , 8N ) . ]

(5.41 )

Deshalb sind die beiden Karten genau dann gleichartig orientiert, wenn

{ 8x.} det 8x ~ > 0

]

(5.42)

in allen Punkten von ti gilt. Zwei solche Karten heißen - im Sinne ei­ner Orientierung von M - verträglich. Ein Atlas A für M, der nur aus verträglichen Karten besteht, wird einheitlich genannt.

Ist M orientierbar, so gibt es stets einen einheitlichen Atlas für wt. Sei f eine auf M nirgends verschwindende N-Form und A ein Atlas, dessen Karten K,:JC --7 .u von der Beschaffenheit sind, daß die Teilmenge .u ~ Mals topologischer Teilraum von M (also mit der durch M induzierten Topologie) zusammenhängend ist. Einen solchen Atlas muß es immer geben. Der Konstruktion eines einheitlichen Atlas aus den Karten von A liegt die Idee zugrunde, aus jeder Karte K, E A eine Karte K, für ti zu bilden, sodaß alle diese Karten K, untereinander verträglich sind. Hiefür bezeichne 7r eine beliebige Permutation undp1r:]RN --7]RN jene Abbildung, welche die Rolle der Koordinaten im ]RN in ihrer Reihenfolge abändert, und zwar soll die Rolle von X 1r(i) durch Xi übernommen werden, d.h. es ist Xi = X1r(i) die i-te Koordinate der Funktion x = P1r(x). Sei nun K,: JC --7 ti eine beliebige Karte des Atlas A. Dann ist W = f( 81 , ••• ,8N ) eine auf ti stetige reelle Funktion. Die Bildmenge w(ti) ist auf Grund des Zwischenwertsatzes ein Intervall der Zahlengeraden - hier geht die Voraussetzung ein, daß die in M offene Menge ti zusammenhängend ist -; dieses Intervall kann, da f auf wt und somit auch auf.u nirgends verschwindet, die Zahl 0 nicht enthalten, weil w das Vorzeichen auf ti nicht wechselt. Deshalb ist die Funktion w auf

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312 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

11 entweder überall positiv oder überall negativ. Ist nu~ j( = p;l(K) für eine beliebige Permutation 'Fr gesetzt, so ist K, = K, 0 P7r : K ~ 11 eine Karte, für welche

wegen

det { ;;~ } = sign( 'Fr)

J

gilt. Ist also w = f( 81 , ... , 8N) > 0 auf 11, so nimmt man für 'Fr eine Permu­tation mit geradem Vorzeichen, im anderen Fall eine solche mit ungeradem Vorzeichen, sodaß für jede Karte K,

f( ä1 , ... , äN ) > 0

gilt auf 11. Hat man auf diese Weise aus jeder Karte K, E A eine Karte K, = K, 0Y7r gebildet, so ist die Gesamtheit all dieser Karten ein einheitlicher Atlas A für VJ'l. Daß es sich dabei um einen_Atlas handelt, ist evident; zu zeigen ist nur, daß alle Karten des Atlas A verträglich sind. Stellen­tglter Verzicht auf das Zeichen - für Karten und Koordinaten des Atlas A - K, und K, zwei Karten für 111 und 112 mit nicht-leerem Durchschnitt 11 = 111 n 112 dar, so besteht in 11 zwischen den auf 11 positiven Funktionen f(81 , ... ,8N) und f(ß1 , ... ,ßN ) der Zusammenhang (5.41), was aber nur möglich ist, wenn die Ungleichung (5.42) Gültigkeit hat.

Da, wie ohne Beweis angeführt sei, die Existenz eines einheitlichen Atlas auch umgekehrt die Orientierbarkeit einer Mannigfaltigkeit nach sich zieht, ist eine Mannigfaltigkeit VJ'l gen au dann orientierbar, wenn es einen einheitlichen Atlas für VJ'l gibt.

Eine nirgends verschwindende orientierungsgerechte N-Form f auf VJ'l heißt ein Volumelement auf VJ'l.

Das Beispiel einer in den dreidimensionalen affinen Raum 2{3 eingebetteten Fläche ~ möge wieder zur Veranschaulichung der Dinge beitragen. Die Fläche ~ sei als Teilmannigfaltigkeit von 2{3 zusammenhängend und in einem Gebiet 15 von 2{3 enthalten: ~ C 15 C 2{3. Der affine Raum 2{3 möge auf ein affines Koordinatensystem mit der Karte K- und den Koordinaten ~i bezogen sein; T sei der Tangentialraum von 2{3. Eine nirgends verschwindende 3-Form auf 2{3 - und somit ein Volumelement für 2{3 - ist (vgl. (3.79))

E'lI = I d6 1\ d6 1\ d~3 . (5.43) Sind nämlich al , a2, a3 drei linear unabhängige Vektoren aus dem Tangentialraum T mit dem Fußpunkt Q E 2{ und den Koordinaten AL A;, A;, so ist

E'lI ( al , a2 , a3) = I det {An f: 0 .

Sei jetzt n ein Vektorfeld auf 15 mit der Eigenschaft n(F) rt Tp(~) in allen Punk­ten von ~. Mit Hilfe eines solchen Vektorfeldes gelingt die Konstruktion einer auf ';y nirgends verschwindenden 2-Form. Zunächst ist

E(U,V):= E'lI(n,u,v) , u,v E u(l5) ,

Page 45: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.3 Differentialformen

eine 2-Form auf 18. Für zwei beliebige Vektorfelder u, v E u( 18) ist

d6(n) d6(n) d~3(n) E(U,V) = ,(d~l 1\ d6 1\ d~3)(n,u,v) =, d6(u) d6(u) d~3(U)

d6(v) d6(v) d6(v)

313

= ,[d6(n) d6 1\ d6 + d6(n) d6 1\ d6 + d6(n) d6 1\ d6](u, v) und somit, wenn n i die Koordinaten des Vektors n bezüglich der Karte", sind,

E = ,(n1d6 1\ d~3 + n2 d6 1\ d6 + n3d6 1\ d6) . (5.44)

Da 'J eine Teilmannigfaltigkeit von 213 sein soll, ist die Inklusionsabbildung J: 'J -4 213 differenzierbar, das Differential dJ ist in jedem Punkt von 'J injektiv. Ist K, eine Karte um den Punkt P E 'J, so stellt die Funktion j = ",-1 0 J 0 K,

eine lokale Parametrisierung von 'J um den Punkt P in den Koordinaten des 213

dar, wobei ihre 2-spaltige Ableitungsmatrix j' mit den Elementen aa ei überall x"

den Rang 2 hat. Deshalb sind, wenn man den Tangentialraum an 'J im Punkt P mit einem Teilraum des Tangentialraumes T von 213 identifiziert, die beiden Tangentenvektoren aa ei linear unabhängig; sie spannen die Tangentialebene 'Ip

x" im Punkt P E 'J auf, die ein durch den Punkt P und den Teilraum Tp ('J) c T eindeutig bestimmter affiner Teilraum von 213 ist. Die Abbildung J ordnet jeder 2-Form auf 213 eine 2-Form auf'J zu, der 2-Form E auf 18 die 2-Form EJ = /E,

EJ(U,V) = E(dJ(u),dJ(v)) = E'1I(n,dJ(u),dJ(v)) , U,V E u('J). (5.45)

Diese 2-Form verschwindet in keinem Punkt von 'J und ist somit ein Volumelement auf 'J, welches im Sprachgebrauch der Geometrie im dreidimensionalen Raum als Flächenelement bezeichnet wird. Die Identifikation des Tangentialraumes Tp('J) mit einem Teilraum von T bedeutet, daß durch das Differential dJ jeder Vektor aus Tp ('J) auf sich selbst als Vektor in T abgebildet wird, die Ableitung der Funktion j ordnet dem Koordinatentupel eines Tangentenvektors bezüglich der Basis {81 , 82 }

das Koordinatentripel dieses Tangentenvektors bezüglich der Basis in T zu. Sind jetzt u, v zwei linear unabhängige Vektoren in Tp('J), so sind es auch die beiden Vektoren dJ(u) und dJ(v); wären die drei Vektoren n,dJ(u),dJ(v) E T linear abhängig, so müßte n E Tp('J) gelten, also n ein Vektor in der Tangentialebene '!'p sein, was der Voraussetzung n !/c Tp(~) widerspricht. Also ist die rechte Seite in (5.45) für zwei linear unabhängige Vektoren u, v E Tp('J) von Null verschieden und damit EJ auf 'J nirgends trivial.

Setzt man in (5.44) für d~i = :!~ d:C1 + :;~ d:C2 ein, so erhält man

n1 n2 n3 ael ae2 ab

d:C1 1\ d:C2 . EJ = , aXl aXl aXt fu ae2 ae3 a"'2 aX2 aX2

Eine Änderung der Orientierung des Vektorfeldes n, der Übergang von n zu -n, bewirkt einen Vorzeichenwechsel und somit den Wechsel der Orientierung von 'J.

Ist 213 = 11:3 ein euklidischer Raum, so zeichnet die euklidische Geometrie im 11:3 ein spezielles Volumelement aus (vgl. (3.81)),

Ec: = J9 d6 1\ d6 1\ d6 . Das dadurch auf'J induzierte Volumelement ist

n 1

EJ = J9 ~!~ aet a"'2

n 3

ae3 aXt d:C1 1\ d:C2 .

ae3 a"'2

(5.46)

Page 46: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

314 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Gewöhnlich nimmt man darin für n einen auf die Länge 1 normierten Vektor, wel­cher in jedem Punkt von ~ senkrecht auf die Tangentialebene steht und Flächen­normalenvektoT genannt wird. Er repräsentiert den durch die Orientierung der Tangentialräume auf der Fläche festgelegten Drehsinn in der Weise, daß sich zusammen mit einer Fortbewegung in Richtung der Normalen ein Schraubsinn ergibt, welcher der Orientierung im euklidischen Einbettungsraum ~3 entspricht. Die Orientierbarkeit einer Fläche bedeutet, daß der Drehsinn um einen Punkt der Fläche; wenn man ihn, einem beliebigen Weg auf der Fläche folgend, in einen anderen Flächenpunkt transportiert, mit dem dortigen zur Deckung kommt. Des­halb kann man auf einer orientierbaren Fläche durch die Stellung des sich stetig ändernden Normalenvektors zwei "Seiten", jeweils mit dem entgegengesetzten Drehsinn, unterscheiden.12 )

Ist der euklidische Raum ~3 auf ein kartesisches Koordinatensystem bezogen, so ist 9 = 1, die Determinanten

1

ae2 ae31 1 ae3 ae1 1 1 ae1 ae21 a"'l a"'l a"'l a"'l a"'l a"'l D1 = .!!.ll ae3 ' D2 = ae3 ae1 ' D3 = ~ ae2

a"'2 a"'2 a"'2 a"'2 a"'2 a"'2 sind die Koordinaten des äußeren Produktes der beiden linear unabhängigen Tan-gentenvektoren aaei und aa ei . Da dieser Vektor auf die Tangentialebene senkrecht

Zl :C2

steht und somit kollinear mit dem Normalenvektor n ist, folgt aus (5.46)

(5.47)

wobei die Wurzel positiv zu ziehen ist, wenn das äußere Produkt der beiden Tangentenvektoren, der Vektor D1e1 + D2e2 + D3e3, dieselbe Orientierung hat wie der auf die Länge 1 normierte Normalenvektor nj andernfalls ist das negative Vorzeichen zu nehmen. Für die Karten eines einheitlichen Atlas für die Fläche ~ tritt dabei stets dasselbe Vorzeichen auf, denn es gilt, wenn 1)i die obigen Determinanten mit Bezug auf die Karte K sind,

/ D2 + D2 + D2 = 1 ~;~ ~;~ 1 / jj2 + jj2 + jj2 V 1 2 3 a"'2 a"'2 V 1 2 3 , aX1 aX2

worin die Determinante auf der rechten Seite für miteinander verträgliche Karten K- und K positiv ist. Da gewöhnlich die Stellung des auf die Fläche senkrecht stehenden Vektors D1 e1 + D2 e2 + D3e3 die Orientierung der Fläche versinnbild­lichen soll, ist jener einheitliche Atlas Repräsentant der Orientierung von ~, für den die Wurzel in (5.47) positiv zu ziehen ist, da dann die Normale n und der Vektor D1e1 + D2e2 + D3e3 in dieselbe Richtung zeigen. Wenn speziell 6 = :r, 6 = y, 6 = f(:r, y) eine Parametrisierung der Fläche ~ um den Punkt P durch eine explizite Darstellung 6 = f(6,6) ist, so erhält das Flächenelement (5.47) die Form

(5.48)

Eine Fläche im dreidimensionalen Raum ist also orientier bar , wenn in jedem Punkt der Fläche ein Vektor angeheftet werden kann, der die Einschränkung

12) Ein berühmtes Beispiel für eine nicht orientierbare Fläche ist das sogenannte Möbius'sche Band, welches man erhält, wenn man einen Streifen an seinen Enden nicht zu einer zylindrischen Fläche zusammenklebt, sondern andersherum. Ver­folgt man einen Drehsinn, z.B. längs der Mittellinie, so kommt man nach einem Umlauf in den Ausgangspunkt zurück, wobei sich der ursprüngliche Drehsinn umgekehrt hat.

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5.4 Integration der Differentialformen 315

eines differenzierbaren Vektorfeldes um die Fläche ist und stets nach einer Seite der Fläche zeigt. Damit ist die in der Vektoranalysis übliche Orientierung einer Fläche durch die Stellung des Flächennormalenvektors in den Orientierungsbegriff einer Mannigfaltigkeit einbezogen.

Eine eindimensionale Teilmannigfaltigkeit ([ des dreidimensionalen affinen Raumes 2(3 ist eine glatte Kurve im Raum. Sie kann durch zwei Funktionen F(6,6,6) = 0 und G(6,6,6) = 0 gegeben sein, womit sie als Schnittgebilde zweier Flächen erscheint. Unter der Bedingung der Surjektivität der Matrix

( ~~ ~~ ~ra) aG aG aG ael ae2 ae3

kann man die beiden Gleichungen F(6,6,6) = 0 und G(6,6,~3) = 0 um einen Punkt Po mit den Koordinaten ~f nach zwei der Variablen ~i als Funktion der dritten auflösen, z.B. 6 = !(re), 6 = g(re), wenn für ~3 = re gesetzt wird. Dann ist I\;(re) = h(J(re),g(re),re) eine Karte um den Punkt Po E ([. Bezeichnet J : ([ -> 2(3 die Inklusionsabbildung, so ist die einspaltige Ableitung

./ _ (i::) J - d:r: de3 -;r;-

der Funktion j = h -1 0 J 0 I\; eine injektive Matrix, weshalb sie in keinem Punkt die nur aus Nullen bestehende Spalte sein kann. Da bei einem Kartenwechsell\; -> K,

( d6 )2 + (d6 )2 + (d6 )2 = dii dre dre dre dre

( d6 )2 ( d6 )2 ( d6 )2 dii + dii + dii

gilt, ist

(5.49)

eine nirgends verschwindende I-Form und somit ein Volumelement auf ([, welches man das Linienelement oder Bogenelement der Kurve ([ nennt. Die I-Form EI[

legt einen Durchlaufsinn der Kurve ([ fest insofern, als jeder Tangentenvektor, für den EI[ positiv ist, in die Durchlaufrichtung der Kurve zeigt.

Eine glatte Kurve im dreidimensionalen Raum wird also durch einen Durch­laufsinn orientiert, der durch die Richtung der Tangentenvektoren für die Karten aus einem einheitlichen Atlas repräsentiert wird.

5.4 Integration der Differentialformen

Das Integral einer Differentialform über eine Mannigfaltigkeit faßt die Kur­ven- und Flächenintegrale der gewöhnlichen Vektoranalysis, aber auch die Integrale über räumliche Bereiche, die, unter Zugrundelegung des natür­

lichen Volumelementes im IRN , als die Bereichsintegrale eingeführt werden, in einem gemeinsamen Oberbegriff zusammen. Dieses Integral ist wieder die Umkehrung der äußeren Ableitung insofern, als der Satz von STOKES den Fundamentalsatz der Differential- und Integralrechnung verallgemeinert. In der folgenden - als Einstieg gedachten - Einführung wird das Integral einer Differentialform auf die Integration in affinen Räumen zurückgeführt.

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316 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Integrale vektorwertiger Funktionen über orientierbare Kurven und Flächen im euklidischen Raum ~3 werden als Grenzwerte eingeführt. Sei ( eine glatte Kurve im Raum, parametrisiert durch eine stetig differen­zierbare Funktion I : [a, b 1 -t (, deren Ableitung in keinem Punkt auf ( verschwindet. Die Kurve ( ist dann orientierbar, wobei die Orientierung der Auswahl eines Durchlaufsinnes entspricht. Die Parametrisierung I soll diesem Durchlaufsinn Rechnung tragen, womit gemeint ist, daß der Durch· laufsinn des Parameterintervalls [a, b 1 von kleineren zu größeren Werten durch die Parametrisierung I auf ( übertragen wird.

Sei nun C{) eine I-Form, definiert auf einer offenen Menge 15 <::: ~3, welche die Kurve (enthält: (c 15. Im ersten Schritt zur Einführung des Integrals der I-Form C{) über die orientierte Kurve ( unterteilt man ( durch Auswahl von Teilungspunkten in endlich viele Teilbögen und ersetzt die Kurve ( zwischen je zwei aufeinanderfolgenden Teilungspunkten durch die geradlinige Verbindungsstrecke, welche ein I-Simplex im ~3 ist. Auf diese Weise wird die Kurve ( durch eine Kette eindimensionaler Simplizes angenähert; die Unterteilung der Kurve ( in Teilbögen sei dabei so fein gewählt, daß jedes Teilsimplex und somit auch deren Zusammensetzung zu einer Kette in der offenen Menge 15 enthalten ist. Sind also PI, P2 , ••• , Pn - 1

die n-I Teilungspunkte und setzt man Po für den Anfangspunkt, Pn für den Endpunkt, der im Falle einer geschlossenen Kurve mit Po zusammenfällt, so sind 6i = (Pi-I, Pi), i = 1,2, ... ,n, die Teilsimplizes der Zerlegung von (, ft= 6 1 + ... + 6 n ist ihre Zusammensetzung zu einer Kette, deren Orientierung sinngemäß jener der Kurve (entspricht. Das Integral der I-Form C{) über die Kette ft,

ist in diesem ersten Schritt als Näherung für das Integral der I-Form C{)

über die Kurve (anzusehen. Im zweiten Schritt verbessert man diese Näherungen durch immer feiner werdende Zerlegungen von (in Teilbögen, um schließlich durch den Grenzwert einer solchen Folge von Näherungen das Integral der I-Form C{) über die Kurve I!: zu erklären. Man bestimmt also eine Folge von Ketten ftn, welche die Kurve (immer besser annähern, was man durch die Forderung erreicht, daß der Inhalt des größten Teilsimplex der Kette ftn, den man die Feinheit der Kette ftn nennt, gegen Null strebt. Da ( eine glatte Kurve sein soll, d.h. eine solche mit sich stetig ändernder Tangente, streben die Integrale der I-Form C{) über die Ketten ftn ein und demselben Grenzwert zu, den man das Integral der I-Form C{) über die Kurve ( nennt,

J C{):= lim JC{). n--->oo

I!: J\n

Ist ;:., eine Karte für den euklidischen Raum ~3 mit den Koordinaten ~i, so streben, wenn kurz ~i( t) für die Koordinaten der Funktion p = ;:.,-1 0 I

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5.4 Integration der Differentialformen 317

geschrieben wird, die Integrale der I-Form 'P = ~l d6 + ~2d6 + ~3d6 über die Ketten ~ gegen das bestimmte Integral der stetigen Funktion

f( t) = (~l 0,) el + (~2 0,) e2 + (~3 0,) e3

über das Parameterintervall [a, b],

J 'P = 1b f( t) dt .

(

Diese Grenzwertbeziehung läßt jetzt folgende Deutung zu. Die Funktion , bildet das eindimensionale orientierte Simplex S = (a, b) des eindimen­sionalen Raumes, den die Zahlengerade darstellt, orientierungsgerecht auf die Kurve ( ab; bei dieser Abbildung wird der I-Form 'P auf ( die I-Form ,*'P = f(t) dt auf S zugeordnet, d.h. es ist

J 'P = J 'P = J ,*<p = 1b f(t) dt.

( ,,( S) S

Das Integral eines Vektorfeldes über eine Fläche im Raum ist als In­tegral einer 2-Form anzusehen. Es läßt sich folgendermaßen durch einen Grenzwert einführen. Sei II ein konvexes Polyeder in der Parameterebene IR2 , enthalten in einer offenen Menge 0 ~ IR2 , und, : 0 ---7 ~3 eine ste­tig differenzierbare Abbildung von der Art, daß die Ableitungsmatrix der Funktion p = K- 1 0, in jedem Punkt den maximalen Rang 2 hat, also injektiv ist.13 ) Die Einschränkung von, auf das Polyeder II ist die Para­meterdarstellung einer glatten Fläche ~ = ,(II), welche orientierbar sei, d.h. auf der Fläche läßt sich ein Drehsinn angeben, der in Verbindung mit der Stellung des sich stetig ändernden Flächennormalenvektors zu einem Schraubsinn führt, welcher der Orientierung des euklidischen Raumes ~3 entspricht. Weiter sei vorausgesetzt, daß der durch die Orientierung auf der Fläche ~ vorgegebene Drehsinn mit demjenigen übereinstimmt, der durch die Orientierung der Parameterebene IR2 über die Funktion, auf die Fläche ~ übertragen wird.

Sei nun \5 ~ ~3 eine offene das Bild ,(0) enthaltende Menge und 1/; = w1 d6 1\ d'3 + W2d'3 1\ d6 + w3d6 1\ d6 eine 2-Form auf \5. Der erste Schritt zur Definition des Integrals der 2-Form 1/; besteht nun wieder in der Konstruktion von Näherungswerten. Hiefür wird das Polyeder II in Teilsimplizes Si zerlegt. Die Eckpunkte jedes dieser Teilsimplizes unter der Abbildung, liegen auf der Fläche ~, die drei Seiten eines solchen Teilsim­plex werden dabei auf gewisse Verbindungskurven abgebildet, sodaß das Bild des Randes aSi des Teilsimplex Si unter, ein krummlinig berandetes

13) Um Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Existenz der partiellen Dif­ferentialquotienten am Rand des Polyeders II auszuweichen, ist als Definitionsbe­reich von, eine II umfassende offene Menge angenommen worden. Im eindimen­sionalen Fall kann man noch die Existenz der einseitigen Differentialquotienten voraussetzen.

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318 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Dreieck ll:Si auf '5 begrenzt. Durch die Zerlegung des Polyeders II wird daher die Fläche :s in endlich viele solcher krummlinig berandeter Dreiecke ll:Si zerlegt. Ersetzt man nun jedes der dreieckförmigen Flächenstücke ll:Si durch das Simplex Si seiner Eckpunkte, unter Übertragung der Orientie­rung des jeweiligen Teilsimplex der Zerlegung von II, welche sinngemäß dem Drehsinn auf der Fläche entspricht, so wird die Fläche :s durch die Kette ft = SI + ... + Sn orientierungsgerecht angenähert, entsprechend einer Zerlegung II = 51 + ... + Sn des Polyeders II. Dabei ist durch die Feinheit der Zerlegung von II Vorsorge zu treffen, daß die Kette ft in (5

enthalten ist. Dementsprechend ist jetzt das Integral der 2-Form 'IjJ über die Kette ft,

als Näherungswert für das Integral der 2-Form 'IjJ über die Fläche:S aufzufas­sen. Diese Näherungswerte werden durch eine Folge immer feiner werdender simplizialer Zerlegungen des Polyeders II verbessert. Solche Zerlegungen bestimmen eine Folge von Ketten ftn, welche die Fläche '5 immer besser annähern. Wird bei den Zerlegungen dieser Folge der Inhalt des größten Teilsimplex der Kette ftn mit wachsendem n beliebig klein, was durch ent­sprechende simpliziale Zerlegungen des konvexen Polyeders II stets erreicht werden kann, so streben die Integrale der 2-Form 'IjJ über die Ketten ftn ein und demselben Grenzwert zu, den man das Integral der 2-Form 'IjJ über die Fläche :s nennt,

J 1j; = lim J 1j; . n---+oo

In der Vektoranalysis wird gezeigt, daß die Integrale der 2-Form 'IjJ über die Ketten ftn gegen das Bereichsintegral der Funktion

86 86 86 86 8el

f(t l ,t2) = (\lIlO,) :;: :;: + (\lI2 0,) :;: :;: + (\lI30,) :;: 8t t 8t2 8t t 8t2 8t;

über das Polyeder II streben,

J 'IjJ = J f(t l ,t2 )di}dt2 •

~ rr

Dieses Integral läßt jetzt folgende Lesart zu. Die Parametrisierung ,:lI -t 'B der Fläche :s ordnet der 2-Form 'IjJ auf :s die 2-Form

,*'IjJ = f(t l , t2 ) dt l 1\ dt 2

auf II zu, und dies bedeutet

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5.4 Integration der Differentialformen 319

Diese Skizze, die den Zusammenhang der Integration von Differentialformen mit den Kurven- und Flächenintegralen der gewöhnlichen Vektoranalysis herstellen soll, gibt nun Anlaß zu folgenden Begriffsbildungen. Dabei sei VJt eine beliebige N-dimensionale Mannigfaltigkeit und c.p eine n-Form auf VJt.

Sei 5 = (to,t l , ... ,tn ) ein n-Simplex im IRn , ° eine im IRn offene das Simplex 5 enthaltende Menge und , : ° --t VJt eine differenzierbare Abbildung. 14 ) Drei derartige Objekte, das Simplex 5, die offene Menge ° und die Abbildung " als Tripel (5,0,,) geschrieben, repräsentieren ein n-dimensionalen Simplez oder kurz ein n-Simplez auf VJt, welches jetzt die Rolle des Simplex in affinen Räumen als "Baustein" für Integrationsberei­che auf Mannigfaltigkeiten übernimmt. Seien (51,01"d und (52, O2,,2) Repräsentanten für zwei Simplizes auf VJt, so handelt es sich um ein und dasselbe Simplex, wenn sowohl ,1(5d = ,2(52) als auch ,1(tD = '2(t~') gilt, wobei t~ bzw. t~' die Eckpunkte der Simplizes 51 und 52 sind, durch deren Reihenfolge diese orientiert werden. Auf diese Weise wird die Menge der Tripel (5, 0,,) in Äquivalenzklassen eingeteilt; jede solche Äquiva­lenzklasse 6 = [(5, 0, , )] heißt ein n-dimensionales Simplez auf VJt. Jedes Simplex auf VJt ist durch die Orientierung des Simplex 5 in einem Repräsen­tanten (5, 0,,) orientiert, das Simplex mit der umgekehrten Orientierung, für welches das Tripel (-5,0,,) ein Vertreter ist, wird wie üblich mit -6 bezeichnet. Ergänzend sei festgehalten, daß jedes Simplex auf VJt durch ein Tripel repräsentiert wird, in welchem das Standard-Simplex im IRn auftritt (siehe die Abb. 3.6 auf S. 160). Dies ergibt sich aus der Tatsache, daß sich jedes Simplex im IRn unter Beibehaltung der Reihenfolge der Eckpunkte umkehrbar eindeutig auf das Standard-Simplex abbilden läßt.

Ist 6 ein durch das Tripel (5, 0,,) repräsentiertes n-dimensionales Simplex auf VJt, so wird durch die Abbildung, einer n-Form c.p auf VJt die n-Form

,*c.p = f(t l , ... ,tn ) dt l 1\ ... 1\ dt n

auf ° zugeordnet (vgl. (5.40)). Das Integral der n-Form c.p über das durch das Tripel (5, 0,,) repräsentierte n-dimensionale Simplex 6 wird nun über ein Bereichsintegral

/ c.p = / c.p:= / ,*c.p = / ... / f(t l , ... ,tn )dt l ... dt n (5.50)

6 1'( S) S '---v--" S

eingeführt. Sind zwei Tripel (51,01,'1) und (52, O2,,2) Repräsentanten eines Simplex 6, so ergibt die Substitutionsformel für Bereichsintegrale

14) Exakter sollte man von einer differenzierbaren Abbildung der Teilmannig­faltigkeit CJ des ]Rn auf die Mannigfaltigkeit !m sprechen.

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320 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

d.h. das Integral über ein Simplex auf einer Mannigfaltigkeit ist unabhängig von dessen Parametrisierung. Nimmt man in (5.50) jenen Repräsentanten für 6, der mit dem Standard-Simplex gebildet ist, so erhält man

1 r.p= 1 .. ·1 f(t1, ... ,tn)dt1 ... dtn . S o<tl+ .. ·+tn<l

t;: 2:o, ... ,tn 2:O

Auf Grund der Eigenschaften (3.98) und (3.99) des Integrals in affinen Räumen gelten entsprechende Regeln für das Integral über Simplizes auf einer Mannigfaltigkeit.

Sei jetzt II ~ Rn ein n-dimensionales konvexes Polyeder, 0 :2 II eine offene Menge des Rn und, : 0 ----t Wl eine differenzierbare injektive Abbil­dung. Da sich das konvexe Polyeder II in endlich viele Simplizes Si zerlegen läßt, ist II = Li Si eine n-dimensionale Kette. Jedes Teilsimplex Si dieser Kette ist in 0 enthalten und wird durch die Funktion, auf Wl abgebildet, d.h. jedes Simplex Si bestimmt zusammen mit, ein n-dimensionales Sim­plex 6i auf Wl. Die Zusammensetzung der Simplizes 6i nennt man eine n- dimensionale Kette auf Wl,

Solche Ketten übernehmen die Rolle des Integrationsbereiches einer n-Form auf Wl. Da Teilbereiche desselben auch mehrfach "durchlaufen" werden können, gegebenenfalls auch mit geänderter Orientierung, wird man Zu­sammensetzungen der Art L ±6 zulassen; bezeichnet v die D~fferenz der positiven und der negativen Vorzeichen in dieser Summe, so schreibt man statt der Summe einfach v6, wobei die ganze Zahl v die Vielfachheit des Simplex 6 als Bestandteil des Integrationsbereiches genannt wird. Eine n­

dimensionale Kette auf Wl besteht dann aus der Zusammensetzung solcher Bereiche, die man symbolisch durch die formale Summe

(5.51)

ausdrückt. Es gibt dies Anlaß, das Integral einer n-Form r.p über die n­

dimensionale Kette (5.51) durch

(5.52)

L v·S· ... . einzuführen. Da die Zusammensetzung zweier n-dimensionaler Ketten ft1

und ft2 wieder eine n-dimensionale Kette ft = ft1 + ft2 auf Wl ergibt, ist auf Grund der Konstruktion (5.52)

(5.53)

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5.4 Integration der Differentialformen 321

Das Integral über eine Kette hängt linear von der zur Integration gelan­genden Differentialform ab, d.h. es gilt

J (>.cp + f-L"p) = >. J cP + f-L J "p (5.54)

ft ft ft

für beliebige reelle Zahlen>. und f-L, weil diese Eigenschaft für jedes Sim­plex der Kette ft gilt. Eine Änderung der Orientierung einer Kette durch Umkehrung der Orientierung sämtlicher Teilsimplizes bewirkt einen Vor­zeichenwechsel des Integrals,

Jcp=-JCP. (5.55)

-ft ft

Sei ft die Kugel €; + €; + €i 1 im dreidimensionalen Raum e, der auf ein kartesisches Koordinatensystem bezogen ist. Die in den einzelnen Ok­tanten liegenden Teile der Kugelfläche sind Simplizes, sodaß die ganze Kugel die Zusammensetzung von 8 Simplizes wird. Greift man nämlich einen sol­chen Teil heraus, z.B. jenen im ersten Oktanten, so läßt sich dieser als Bild eines 2-dimensionalen Simplex darstellen. Legt man durch die Schnittpunkte Pi, P2 , P3 der Kugel mit den positiven Koordinatenachsen eine Ebene E, so ist jener Teil dieser Ebene, der im ersten Oktanten liegt, ein Dreieck mit den

P3

Abb.5.2

Eckpunkten Pi, P2 , P3 , also ein 2-Simplex S = (Pi, P2 , P3 ). Dieses Simplex kann auf den Teil der Kugelfläche im ersten Ok-tanten abgebildet werden, und zwar auf folgende Weise. Eine durch den Koordi­natenursprung gehende Halbgerade, wel­che im ersten Oktanten verläuft oder in einer der begrenzenden Koordinatenebe­nen, durchsetzt die Ebene E und den im ersten Oktanten liegenden Teil der Kugel jeweils in genau einem Punkt P bzw. Q: diese Schnittpunkte werden einander zu­gewiesen und legen damit die Abbildung "I fest (Abb. 5.2). Legt man den Koordina­tenursprung der Ebene E in den Punkt Pi auf der 6 -Achse, die tl-Achse der Ebene E in die Schnittlinie von E mit der (6,6)­Ebene und orientiert man sie derart, daß

der Punkt P2 des Simplex S auf der positiven tl-Achse liegt, erteilt man weiter der Ebene eine Orientierung so, daß der Punkt P3 des Simplex S in den ersten Quadraten zu liegen kommt, entsprechend dem Drehsinn des Simplex S, so wird durch die Abbildung "I das Simplex so orientiert, daß die Flächennormale der Kugel in deren Äußeres zeigt.

Mit Hilfe der Formeln

d6 1\ d6 = r 2 sin2 e cos 4> de 1\ d4> + r sin e cos e cos 4> d4> 1\ dr - r sin 4> dr 1\ de , d€3 1\ d6 = r 2 sin2 e sin 4> de 1\ d4> + r sin e cos e sin 4> d4> 1\ dr + r cos 4> dr 1\ de , d6 1\ d6 = r 2 sin e cos e de 1\ d4> - r sin2 e d4> 1\ dr

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322 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

rechnet man eine in den kartesischen Koordinaten ~i gegebene 2-Form im t 3 auf Kugelkoordinaten r, 8, cf> um,

cp = iIr (r, 8, cf» d8 1\ dcf> + iIe (r, 8, cf» dcf> 1\ dr + iI q, (r, 8, cf» dr 1\ d8 .

Bezeichnet (5 das im ersten Oktanten liegende Simplex der Kugel R, so ist 1 I-t,

J cP = J dt1 J f(t 1 ,t2) dt2. (5 0 0

Durch die Substitution t 1 = ul(8,cf», t 2 = u2(8,cf», welche dem Punkt (tl,t 2) auf dem Standard-Simplex der (tl, t 2 )-Ebene die Polhöhe 8 und das Azimut cf> des Punktes Q auf der Kugel bezüglich des Koordinatensystems im euklidischen Raum t 3 zuordnet, geht dieses Integral über in

7r/2 7r/2 I at, at, I 7r/2 7r/2 J cP= J dcf> J fou(8,cf» :t: :t: d8= J dcf> J iI r (I,8,cf»d8. (5 0 0 ae aq, 0 0

Der Rand des Simplex (5 besteht aus den drei Viertelkreisen in den Koor­dinatenebenen. Die Orientierung dieser geschlossenen Kurve sei derart, daß ihr Durchlaufsinn mit der Richtung der ins Äußere der Kugel weisenden Normalen eine Rechtsschraubung ergibt, entsprechend der Orientierung des t 3 . Deshalb läuft auf dem Viertelkreis von PI nach P2 , auf dem r = I und 8 = TC /2 ist, das Azimut cf> von 0 nach TC /2; auf dem anschließenden Viertelkreis vom Punkt P2 zum Punkt P3 ist r = I und cf> = TC /2, die Polhöhe 8 fällt von TC /2 bis 0; auf dem dritten Viertelkreis vom Punkt P3 zurück zum Ausgangspunkt PI sind r = I und cf> = 0 ebenfalls konstant, nur steigt auf ihm die Polhöhe von 0 bis TC /2 an. Deshalb ist das Integral einer I-Form '1/;, deren Umrechnung auf Kugelkoordinaten

1/J = 'It r ( r, B, cf» dr + 'It 8 ( r, B, cf» dB + 'It q, ( r, B, cf» d</>

ergibt, über den Rand des Simplex (5 erstreckt gleich

7r/2 0 7r/2

J 1/J = J Wq,(I,~,cf»dcf>+ J We(I,8,~)d8+ J We(I,8,O)d8. a(5 0 7r/2 0

Diese Konstruktionen lassen sich auf jede geschlossene Fläche anwenden, die einen räumlichen Bereich der Art berandet, daß jede Halbgerade durch einen festen Punkt im Inneren, den man zum Koordinatenursprung machen kann, die Randfläche in genau einem Punkt schneidet.

Ein n-dimensionales Simplex S = (to, ... , tn) ~ IRN wird von n + 1 Simplizes Si = (-l)i(to, ... , t:, ... , tn) berandet, der Rand des Simplex S ist die Kette

n

(vgl. (3.88)). Ist jetzt (S,O,,),) Repräsentant eines n-dimensionalen Sim­plex 6, so liefert die Einschränkung ')'i der Abbildung')' auf ein Randsimplex Si von S, wenn dieses in eine offene Umgebung Oi des IRn - 1 eingebettet wird, ein (n-1)-dimensionales durch das Tripel (Si,Oi,,),;) repräsentiertes

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5.4 Integration der Differentialformen 323

Simplex 6i auf 9)1, das ein Randsimplez von 6 genannt wird; dementspre­chend heißt die (n - 1 )-dimensionale Kette

n

der Rand des n-dimensionalen Simplex 6. Man bestätigt auf Grund der Tatsache, daß der Rand des Randes eines Simplex in einem affinen Raum leer ist (vgl. (3.91)), auch für Simplizes auf einer Mannigfaltigkeit

(5.56)

Als Rand einer n-dimensionalen Kette ft = Livi6i auf 9)1 bezeichnet man jene Kette, die aus den Simplizes des Randes der Teilsimplizes unter Berück­sichtigung ihrer Vielfachheiten aufzubauen ist,

(5.57)

Eine Kette auf 9)1, deren Rand leer ist, heißt ein Zyklus auf 9)1. Den Zyklen auf einer Mannigfaltigkeit kommt jene Rolle zu, welche die geschlossenen Kurven bzw. die geschlossenen Flächen im dreidimensionalen Raum inne­haben. Wegen (5.56) ist der Rand einer Kette immer ein Zyklus. Eine Kette heißt ein Randzyklus, wenn sie der Rand einer Kette ist.

Ist ep eine (n -l)-Form auf 9)1 und 6 ein n-dimensionales Simplex auf 9)1 mit dem Vertreter (S,O,,), so erhält man über die Abbildung, die (n - l)-Form ,*ep auf O. Auf Grund des Satzes von STOKES in affinen Räumen (vgl. (3.103)) gilt dabei

J d,*ep = J ,*ep.

5 85

Wegen (5.39) ist d,*ep = ,*dep; erstreckt man also das Integral der n-Form dep über das Simplex 6, so erhält man

J dep = J ,*dep = J ,*ep. 6 S 85

Ist jetzt Si ein Randsimplex von S, so gilt, wenn wie vorhin ,i die Ein­schränkung der Abbildung, auf Si bezeichnet,

6i 1'i(Si) Si

und folglich

J ,*ep = L J ,;ep = L J ep = ~ J ep = J ep. 85 ' Si ' 1'i(Si) , 6i 86

Beachtet man noch (5.52), so ist bewiesen der

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324 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Satz von Stokes. Ist rp eine (n - 1 )-Form auf der N -dimensionalen Man­nigfaltigkeit rot und j{ eine n-dimensionale Kette auf rot, so gilt

(5.58)

Setzt man im obigen Beispiel für rp = d1j;, so erhält man aus

d. l• = (8i11", _ 8i11e) dO dA. (8i11 r _ 8i11",) dA. d (8i11 e _ 8i11 r ) d dO 0/ ~ ~ A ~+ ~ ~ ~A r+ ~ ~ rA

wegen dr = 0 die Gleichung 1</2 1</2

J d1j; = J dcfJ J (8:0'" - 88~e)dO 600

1</2 1</2

= J iII", (1, f, cfJ) dcfJ - J [ille (1, 0, f) - iIIe (1, 0, 0) 1 dO = J 1j;

o 0 86

wegen iII",(l, 0, cfJ) = O.

Ist j{ ein Zyklus, so ist 8j{ = 0, weshalb das Integral der Ableitung einer n-Form über einen Zyklus verschwindet,

J drp= J rp=O.

ft 0

Daß der Rand des Randes einer Kette leer ist, steht dabei wieder im Zu­sammenhang mit dem Verschwinden des zweiten äußeren Differentials,

J d2 rp = J drp = J rp. ft 8ft 8 2 ft

Die Integration von Differentialformen über Ketten auf Mannigfaltig­keiten, wie sie eben vorgestellt wurde, stützt sich auf die Integration in affinen Räumen und ist damit nicht der allgemeinste Gesichtspunkt der Integration. Wenngleich durch Ketten, wie das Beispiel der Einheitsku­gel zeigen sollte, doch eine größere Klasse von Integrationsbereichen erfaßt wird, als es im ersten Augenblick den Anschein haben mag, entspricht die Integration über Ketten nicht der strukturellen Konzeption einer Mannig­faltigkeit. Im Hinblick auf diese sind zwei Punkte zu beachten: einerseits der Umstand, daß eine Mannigfaltigkeit i.a. nur lokal parametrisiert werden kann, andererseits, namentlich mit Rücksicht auf den Satz von STOKES, das Konzept des Randes einer Mannigfaltigkeit, der selbst wieder als Mannig­faltigkeit anzusehen ist. Eine weitere Voraussetzung ist die Orientierbarkeit der Mannigfaltigkeit und ihres Randes, dem seine Orientierung über jene der Mannigfaltigkeit aufgeprägt wird. Unter gewissen Voraussetzungen, die u.a. die Existenz der Integrale gewährleisten, läßt sich über eine lokale Konstruktion der globale Begriff des Integrals einer Differentialform über eine Mannigfaltigkeit einführen; ist die Mannigfaltigkeit berandet, so kann dann der Satz von STOKES übertragen werden.

Page 57: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.5 Parallel verschiebung 325

5.5 Parallelverschiebung

Sosehr eine differenzierbare Mannigfaltigkeit einern affinen Raum im Klei­nen auch ähnelt, so geht eine Grundstruktur des affinen Raumes, weder lokal geschweige denn global, durch den Homöomorphismus der Karten ei­nes Atlas nicht auf Mannigfaltigkeiten über: die Parallelverschiebung. Die Konzeption einer Mannigfaltigkeit enthält nichts darüber, wie die Vekto­ren aus dem Tangentialraum eines Punktes auf eine durch ihre Struktu­ren vorgeschriebene Weise in den Tangentialraum benachbarter Punkte zu transportieren wären, was man als Parallelverschiebung zu verstehen hätte. Soll die Möglichkeit hiezu bestehen, so hat man ihr durch eine zusätzliche Struktur Rechnung zu tragen. Dabei wird man auf Grund der topologischen Eigenschaften einer Mannigfaltigkeit davon auszugehen haben, eine solche Verpflanzung der Tangentenvektoren durch eine "infinitesimale" Parallel­verschiebung einzuführen.

I. Wie verschiebt man Tangentenvektoren auf einer Fläche parallel?

Vor welcher Situation man steht, kann man sich am Beispiel einer Fläche im dreidimensionalen euklidischen Raum ~3 veranschaulichen. Es seien x, y, z kartesische Koordinaten im ~3, die Fläche ~ sei durch eine Glei­chung z = f(x,y) in einer Umgebung 11 des Flächenpunktes P mit den Koordinaten X o, Yo, Zo = f( X o, Yo) beschrieben. Die Normalenrichtung auf die Tangentialebene in einern Punkt von 11 werde durch den Einheitsvektor n angegeben, die Tangentialebene selbst wird von zwei linear unabhängi­gen Vektoren a und b aus dem Tangentialraum T von ~3 aufgespannt. Der Tangentialraum Tp an ~ im Punkt P werde im folgenden mit dem Teilraum (a, b) C T des Tangentialraumes von ~3, der linearen Hülle der Tangentenvektoren a und b identifiziert. Mit Rücksicht auf das gewählte Koordinatensystem im ~3 und auf ~ - x und y sind lokale Koordinaten auf der Fläche :& - kommt dabei den Vektoren

worin für

w = VI + f"; + f; gesetzt wurde, eine Sonderstellung zu. Da a und b die Tangentenvektoren in den Koordinatenrichtungen der lokalen Karte auf 11 sind, entspricht a

als Vektor im ~3 dem Basisvektor 8" = :" E Tp , analog b dem Basisvektor

8y = :y E Tp . Ist jetzt Q ein Nachbarpunkt von P mit den Koordinaten

xo+ßx und yo+ßy, so liegt der Vektor

PQc (~D, 1!.z ~ f(x. t 1!.x,y. t1!.y) - f(x.,y.) ,

i.a. nicht in der Tangentialebene im Punkt Pj die bestmögliche Wahl ei­nes Vektors aus Tp , dessen Endpunkt dem Flächenpunkt Q am nächsten

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326 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

kommt, ist wegen

der Vektor

(5.59)

Geht man zu infinitesimalen Orts änderungen über, so sind die Differenzen ßx und ßy durch die Koordinatendifferentiale dx und dy zu ersetzen, wobei diese jetzt nicht als die Koordinaten einer infinitesimalen Ortsänderung aufgefaßt werden sollen, sondern als I-Formen auf U. Die "vektorwertige" Differentialform ersten Grades

dP = dx a + dy b , (5.60)

deren "Koordinaten" die I-Formen dx und dy der zu {8",,8y} dualen Basis &ind, ordnet jedem Tangentenvektor aus Tp sich selbst als Vektor im Tan­gentialraum des ~3 zu, denn wegen dP(8",) = a und dP(8y) = b ist das Bild des Tangentenvektors ßx 8", + ßy 8y der zum Nachbarpunkt Q hin zeigende Vektor (5.59),

dP( ßx 8", + ßy 8y) = ßx dP( 8",) + ßy dP( 8y ) = ßx a + ßy b .

Die Basisvektoren der Tangentialebene sowie die Normale im Nachbarpunkt Q erhält man aus den jeweiligen Vektoren im Punkt P, indem man diesen geeignete Korrekturen ßa, ßb, ßn hinzufügt und so verändert parallel in den Punkt Q verschiebt. Beim Übergang zu infinitesimalen Ortszuwächsen werden aus diesen Änderungen die vektorwertigen I-Formen

( -d(f",/W))

dn = -d(fy/w) ,

d(I/w)

die dem Punkt P zuzuordnen sind und auf Tangentenvektoren im Punkt P wirken. So ordnet die I-Form da den Tangentenvektoren 8", und 8y wegen

die Vektoren

im Tangentialraum von ~3 zu, weshalb

da( ßx 8", + ßy 8y ) = ßx ( ~ ) + ßy ( ~ ) = ( ~ ) J",,,, J",y J",,,,ßx+ J",yßy

jener Vektor ist, der dem Vektor a hinzuzufügen ist, um, euklidisch parallel in den Nachbarpunkt Q verschoben, den dortigen Basisvektor a bestmöglich anzunähern.

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5.5 Parallel verschiebung 327

Die vektorwertigen I-Formen da, db und dn lassen sich mit Hilfe der linear unabhängigen Vektoren a, bund n darstellen,

da - J"dJ" a + JydJ" b + dJ" n - w 2 w 2 w'

db - J"dJy a + JydJy b + dJy n (5.61) - w 2 w 2 w'

dn = -d ( ~ ) a - d ( ~ ) b .

Der Umstand, daß die vektorwertige I-Form dn keine Komponente in Rich­tung der Flächennormalen n hat, ist nur eine Konsequenz aus der Annahme, daß die Normale nein Einsvektor ist, denn aus der Gleichung n . n = 1 folgt auf Grund der Produktregel n . dn + dn . n = 0, also n . dn = 0 und somit dn E Tp .

Sei nun v = U(x,y)a + V(x,y)b ein Vektorfeld auf ti <;;;~. Welche Änderung in Richtung des Tangentenvektors mit den Koordinaten ßx und ßy nimmt ein an die Fläche gebundener Beobachter wahr? Aus der Sicht eines Beobachters im euklidischen Raum ~3 beschreibt diese die vektorwer­tige I-Form

dv = d(U a + Vb) = d(U a) + d(Vb) = dU a + U da + dVb + V db

= (dU + UJ"dJ" +VJ"dJY)a+ (dV+U JydJ" +VJydJY)b w 2 w 2 w 2 w 2

+ (U d~" + V ~y ) n .

Sie enthält, wenn nicht dJ" = dJy = 0 ist im Punkt P, auch eine Änderung in Richtung der Flächennormalen n. Genau diese aber nimm~. der an die Fläche gebundene Beobachter nicht wahr, für ihn sind nur die Anderungen in Richtung der Basisvektoren in der Tangentialebene erkennbar. Setzt man abkürzend

(JU := dU + U J"dt" + V J"dty , w w

(JV := dV + U Jydt" + V Jyd[y , w w

(5.62)

so ist für den Beobachter auf der Fläche ~ die vektorwertige I-Form

dv := (JU 8" + (IV 8y

das Mittel zur Bestimmung der Anderung des Vektors v, die er natürlich in Bezug auf seine Basisvektoren angibt; er stellt dabei keine Änderung fest, wenn

(JU = (JV = 0 (5.63)

ist. Aus seiner Sicht ist daher verständlich, wenn er in diesem Fall von parallelen Vektoren spricht, so, als würde der Vektor v( Q) aus dem Tan­gentialraum des Punktes Q durch Parallelverschiebung des Vektors v(P) in Richtung des Tangentenvektors ßx 8" + ßy 8y hervorgehen.

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328 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Sei jetzt ( eine durch die Funktionen x(t) und y(t) parametrisierte Kurve durch den Punkt PE .11. In jedem Punkt auf ( sei ein Vektor v aus dem jeweiligen Tangentialraum angeheftet - man spricht dann von einem Vektorfeld auf (. Sind U(t) und V(t) die Koordinaten des Vektors v im Kurvenpunkt mit den Koordinaten x(t) und y(t), so ist

v = U(t)a+ V(t)b.

Das Vektorfeld v heißt parallel auf (, wenn es sich längs ( aus der Sicht eines auf der Fläche lebenden Beobachters nicht ändert, wenn also auf (

( dU(t)) ~ (f2Jdf2J dV(t) + w 2 f ydf2J

f2JdfY) . (U(t)) = (0) fydfy V(t) 0

gilt; darin sind in die partiellen Differentialquotienten von f die Funktionen x(t), y(t) einzusetzen und die Differentiale gemäß

df2J = f2J2J dx + f 2Jy dy = (f2J2J X + f2J yiJ)dt usw.

zu bilden. Die Koordinaten eines längs der Kurve ( parallelen Vektorfeldes genügen infolgedessen einem linearen System von gewöhnlichen Differential­gleichungen erster Ordnung,

(5.64)

Umgekehrt kann man über diese Differentialgleichungen auf einer Kurve ein paralleles Vektorfeld konstruieren. Löst man sie nämlich unter Vorgabe einer die Punkte P und P1 verbindenden Kurve ( C .11, welche durch die Funktion '"'f: [ta, t1l ~ .11 mit den Koordinaten x(t) und y(t) parametrisiert wird, sowie unter Vorgabe eines Vektors v(P) E Tp mit den Koordinaten U(t o ) und V(t o ), so liefert die Lösung der Anfangswertaufgabe (5.64) das Koordinatenpaar U(t), V(t) eines Tangentenvektors aus 'TyCt) , der das Er­gebnis der Parallelverschiebung des Vektors v(P) in den Punkt '"'f(t) längs des im Punkt P seinen Anfang nehmenden Weges ( ist.

Diese Art der Parallelverschiebung eines Vektors aus dem Tangential­raum eines Punktes P in den Tangentialraum eines Punktes Q längs einer diese beiden Punkte verbindenden Kurve ist aber vom Verlauf der Kurve abhängig! Verschiebt man den Vektor v(P) längs einer anderen Kurve in den Tangentialraum des Punktes Q, so ist das Resultat i.a. ein anderes. Es zeigt dies sowohl eine geometrische Überlegung als auch eine nähere Un­tersuchung des Systems (5.64). Wäre die Parallelverschiebung vom Weg unabhängig, so müßte sie insbesondere längs geschlossener Kurven zum selben Vektor zurückführen. Für solche Kurven hätte die Koeffizienten­matrix in (5.64) (bei periodischer Fortsetzung der Koordinatenfunktionen x(t) und y(t), indem die geschlossene Kurve wiederholt durchlaufen wird) periodische Elemente, und die Wegunabhängigkeit der Parallelverschiebung würde als notwendige Bedingung erfordern, daß jede Lösung von (5.64) pe­riodisch ist, und zwar mit derselben Periode, wie sie die Elemente der Koef­fizientenmatrix aufweisen. Dies aber trifft nur unter ganz besonderen Vor­aussetzungen zu. Da schon die Existenz einzelner periodischer Lösungen

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5.5 Parallel verschiebung 329

eines linearen Systems von Differentialgleichungen mit periodischer Koef­fizientenmatrix die Ausnahme und nicht die Regel ist, gilt dies erst recht mit Rücksicht auf die Forderung, daß alle Lösungen von (5.64) periodisch sind. 15 ) Mit dem Bild einer Fläche im dreidimensionalen Raum vor Augen, wird man wohl ihre Abweichung von einer Ebene, also die Krümmungs­verhältnisse der Fläche 'J für die Wegabhängigkeit der Parallelverschiebung verantwortlich zu machen haben.

Ein spezielles Vektorfeld auf einer Kurve It ist dasjenige der Tangenten­vektoren an It. Die Koordinaten des Tangentenvektors im Punkt x(t), y(t) sind x(t) und y(t); ändert sich der Tangentenvektor aus der Sicht eines auf der Fläche lebenden Beobachters nicht, so wird diesem der Tangentenvektor im jedem Kurvenpunkt Q als das Ergebnis einer Parallelverschiebung des Tangentenvektors vom Punkt P in den Punkt Q erscheinen. Solche Kurven auf'J nehmen, da dieses Merkmal in affinen bzw. euklidischen Räumen nur den Geraden zukommt, eine Sonderstellung ein. Die Gleichungen zu ihrer Bestimmung lauten

(2:) =_~ (f.,(fuX+f.,yy) jj w 2 f.,(fy.,x + fyyY)

(5.65)

Jede Kurve auf 'J, die in irgend einer Parametrisierung dieser Gleichung genügt, wird eine geodätische Linie oder kurz Geodätische auf'J genannt. Diese Kurven übernehmen auf der Fläche 'J die Rolle, welche die geraden Linien in affinen bzw. euklidischen Räumen innehaben. Wie diese sind sie auch dadurch ausgezeichnet, daß sie die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten auf der Fläche - natürlich im Sinne der Geometrie des dreidimen­sionalen euklidischen Einbettungsraumes - herstellen. So gesehen sind sie gewissermaßen die "geradesten" Linien auf der Fläche 'J.

Die Lösung des Systems (5.65) kann entweder als Anfangswertaufgabe oder als Randwertaufgabe angegangen werden. Die Lösung der Anfangs­wertaufgabe erfordert die Vorgabe der Koordinaten x(to ), y(to ) des Punktes P, durch den die Geodätische hindurchgehen soll, sowie einer Richtung in diesem Punkt P in Form von Anfangswerten x(to) und y(to) für die Ablei­tungen der Koordinatenfunktionen. Die Lösung als Randwertaufgabe dage­gen verlangt die Vorgabe der Koordinatenpaare x(to ), y(to ) und x(td, y(td zweier Flächenpunkte P und Q, welche durch eine geodätische Linie verbun­den werden sollen. Unter entsprechenden Differenzierbarkeitseigenschaften der die Fläche 'J lokal beschreibenden Funktion f geht daher durch jeden Punkt genau eine Geodätische, die entweder einen vorgegebenen Tangen­tenvektor hat oder eine Verbindung dieses Punktes mit einem bestimmten anderen Punkt der Fläche herstellt. Dies entspricht auch völlig den Bestim­mungsmerkmalen einer Geraden durch einen Punkt in einem affinen oder euklidischen Raum. Eine Gerade durch einen Punkt ist ja eindeutig festge­legt, wenn man entweder ihre Richtung vorgibt, oder wenn man verlangt, daß sie durch einen gewissen zweiten Punkt hindurchgeht.

15) Vgl. z.B. M. FARKAS, Periodic Motions, Applied Mathematical Sciences, Vol. 104, Springer-Verlag 1994.

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330 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Mit Rücksicht auf die Struktur der Gleichungen (5.62) bis (5.65) emp­fiehlt sich für eine Zusammenfassung, Koordinaten und Vektoren zu nume­rieren, also Xl, X2 an Stelle von X, y zu schreiben, al bzw. a2 für a bzw. b. Setzt man

. 1 1'} := 2 fz;dfz j ,

w

so schreiben sich die Gleichungen (5.62) in der Form

DVi = dVi + V i1'; ; entwickelt man die I-Formen (5.66) nach den Basisformen dXi,

worin für

1'; = r~kdxk ,

. 1 rh = 2 fzJZjZkdxk

W

zu setzen ist, so erhält man für (5.67)

DVi = dVi + rh Vidxk.

(5.66)

( 5.67)

(5.68)

(5.69)

(5.70)

Die Gleichungen (5.63) der Parallelverschiebung gehen dabei über in

(5.71)

beziehungsweise V· i r i . Vi = - ik xk , (5.72)

die Differentialgleichungen (5.65) für die geodätischen Linien lauten

Xi + rjkxixk = o. (5.73)

Sie sind invariant unter affinen Transformationen t --t at + ß des Kurven­parameters.

Verschiebt man die Gesamtheit aller Tangentenvektoren im Flächen­punkt P längs einer Kurve ( parallel in den Punkt Q, so geht ein Vektor v E Tp in einen wohlbestimmten Vektor v' E TQ über. Diese Abbildung ist auf Grund der Struktur der Gleichungen (5.71) linear, sie ist umkehrbar eindeutig, denn verschiebt man das Ergebnis v' der Parallelverschiebung des Vektors v von P nach Q längs ( in umgekehrter Richtung wieder zurück, so muß dies wieder zum Vektor v führen. Sind demnach die Vektoren u(P) und v(P) linear unabhängig, so sind es auch die in TQ parallel verscho­benen Vektoren u'( Q) und v'( Q), denn wäre ,\u'( Q) + /-Lv' ( Q) = 0 mit geeigneten Zahlen .A und /-L, die nicht beide gleich Null sind, so hätte dies .Au(P) + /-Lv(P) = 0 zur Folge. Diese - von der die Punkte P und Q ver­bindenden Kurve ( abhängige - Abbildung ist daher ein Isomorphismus der Vektorräume Tp und TQ . Durch diesen Isomorphismus ist insbesondere eine affine Abbildung der Tangentialebenen in den Punkten P und Q be­stimmt, wenn z.B. verlangt wird, daß dabei die Punkte P und Q einander entsprechen. Man bezeichnet diesen Sachverhalt als affinen Zusammenhang der Fläche '8, die Größen r;k in (5.68) heißen die Koeffizienten des affinen Zusammenhangs.

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5.5 Parallelverschiebung 331

Um die Struktur der Parallelverschiebung auf einer Fläche ~ besser hervortreten zu lassen, erweist sich mit Rücksicht auf eine größere Über­sichtlichkeit jetzt doch die Matrizensymbolik geeigneter als die Schreibweise mit indizierten Größen.16 ) Es bezeichne:

- dx die Zeile der Koordinatendifferentiale dXi,

- a bzw. 8 die Spalte der Basisvektoren ai bzw. 8i ,17)

- r die Matrix der I-Formen,; = ;2 f"idf..cj'

- ß die Zeile der I-Formen ~ df"i'

- , die Zeile der I-Formen d(f.,jw),

- G die (symmetrische ) Matrix mit den Elementen ai . aj

und mit Rücksicht auf die Sonderstellung des Normalenvektors n der Fläche

- (:) die Spalte, deren Elemente die Spalte a und die Normale n sind.

Dabei bestehen die Beziehungen

dG = r . G + G . r t (5.74)

und ß=,·G, (5.75)

worin mit dem hochgestellten Symbol t das Transponieren einer Matrix, also die Vertauschung der Rolle von Zeilen und Spalten angedeutet werden soll.

Die Gleichungen (5.60) und (5.61) schreiben sich mit Hilfe dieses For­malismus in der Form

dP == dx· a (5.76)

und

(5.77)

16) Unter Zeilen bzw. Spalten sind Matrizen mit einer Zeile bzw. einer Spalte zu verstehen. Für das Folgende sei dabei vereinbart, die Zeilen von Matrizen mit tief­gestellten, die Spalten mit hochgestellten Indizes zu numerierenj eine Ausnahme hievon bilden wieder die Indizes zur Numerierung der Koordinatendifferentiale, welche hochgestellt zu denken sind und solcherart Indizes zur Numerierung von Spalten sind. Sinngemäß wird an Stelle des Malpunktes . zur Produktbildung von Matrizen das Zeichen /\ verwendet, wenn die Elemente beider Faktoren Differen­tialformen sind, weshalb bei der Multiplikation solcher Matrizen streng auf die Reihenfolge der Faktoren zu achten istj handelt es sich bei einem der Faktoren um eine Matrix, deren Elemente keine Differentialformen sind, so wird weiterhin das Zeichen· der Matrizenmultiplikation verwendet. Das Summationsüberein­kommen soll jedoch im bisherigen Sinn weiter in Kraft bleiben.

17) Die Elemente dieser Spalte sind die Vektoren, nicht deren Koordinaten!

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332 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Aus der Gleichheit der gemischten zweiten partiellen Differentialquotienten der Funktion f folgt nun

und daraus sowohl

als auch

Infolgedessen ist

L j."i"'j dXi /\ dXj = 0 i,j

dx/\r=o

dx /\ ßt = o.

dx /\ da = dx /\ (r . a + ßt n) = 0

und wegen d2x = 0 auchl8 )

d2 P = d2x . a - dx /\ da = O.

(5.78)

(5.79)

(5.80)

Da die Koordinaten der vektorwertigen I-Formen dai und dn selbst Ablei­tungen von O-Formen sind, ist

und deshalb

o = (!I7 dgt). (: ) - (-=7 ~t) /\ d ( : )

= [( !~7 dgt ) - (-=7 ~t) /\ (-=7 ~t)]. (: ) . Aus dieser Gleichung ergeben sich, weil wegen der linearen Unabhängig­keit der Vektoren der Spalte a und der Flächennormalen n in der eckigen Klammer die Nullmatrix stehen muß, die folgenden Beziehungen zwischen den in (5.77) auftretenden I-Formen,

dr = r /\ r - ßt /\ 7 ,

d7 = 7/\ r, 0= 7/\ ßt .

(5.81)

Geht man - unter Beibehaltung der lokalen Koordinaten Xi - zu anderen Basisvektoren ai in den Tangentialräumen an ~ in der Umgebung 11 des Punktes P über, so bestehen zwischen den Vektoren ai und ai Bezie­hungen der Art ai = Tj aj, die sich unter Benützung der Matrizensymbolik in Form der Gleichung

a=T·a (5.82)

18) Dabei ist unter der Bildung des Differentials der vektorwertigen I-Form dP die "koordinatenweise" Anwendung von d auf die I-Formen zu verstehen, welche die Koordinaten von dP sind. Hiefür ist natürlich die Produktregel (3.56) zu berücksichtigen.

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5.5 Parallelverschiebung 333

anschreiben lassen. Die Matrix T muß auf 11 regulär sein, da sie den Über­gang von einer Basis auf eine andere beschreibt. Bei diesem Basiswechsel transformiert sich die Matrix G gemäß

G = T.G.Tt.

Aus (5.76) ergibt sich dann

dP = dx . a = dx . T-1 • a = a . a, worin a die Zeile der I-Formen dx . T-1 ist. Entsprechen den Vektoren iii die Tangentenvektoren ti E Tp , so ist

iii = dP(ti) = a(ti) . a

beziehungsweise ai(t j ) = 6;,

d.h. die Linearformen a i bilden die zur Basis der Vektoren ti duale Basis. Setzt man für

da = dT- 1 . a + T- 1 . da, dn = -, . T- 1 . a in die Gleichung (5.77) ein, so erhält man aus

da = dT- 1 . a + T- 1 . da = r . T- 1 . a + ßt . n

unter Berücksichtigung von

o = dE = d(T . T- 1) = dT . T- 1 + T . dT- 1

und der daraus folgenden Beziehung

dT- 1 = _T- 1 . dT . T- 1

die Anderungen der Vektoren iii,

da = (T . r . T- 1 + dT . T- 1) • a + T . ßt n .

(5.83)

Man gelangt so zu Gleichungen mit derselben Struktur wie (5.77), nämlich

wenn für r = T . r . T-1 + dT . T-1 ,

ß = ß· Tt,

'Y =,. T-1

(5.84)

gesetzt wird. Somit behalten die Gleichungen (5.81) auch für die transfor­mierten Größen 1', ß und 'Y ihre Gültigkeit, nur an die Stelle von (5.79) und (5.80) treten wegen

o = d2 P = da . a - a . da = (da - a 1\ 1') . a - a 1\ ßt n

die Beziehungen da-al\1'=O

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334 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

und 0: A ßt = O.

Sind die Vektoren ai bei einem Basiswechsel (5.82) als Vektoren des eu­klidischen Raumes ~3 paarweise orthogonal und auf die Länge 1 normiert, so ist G = E, dG = 0 und daher r wegen (5.74) eine antisymmetrische Matrix, d.h. es ist in diesem Fall r = -rt; wie die Beziehung (5.75) zeigt, ist unter diesen Umständen ß = 1'.

Die Parallelverschiebung bleibt von einem Basiswechsel (5.82) im Tan­gentialraum unberührt. Ist v = Viai = V . a ein beliebiger Vektor, wobei V für die Zeile seiner Koordinaten in Bezug auf die Basis der Vektoren ai steht, so erhält man mit (5.77)

dv = dV . a + V . da = dV . a + V . (r ßt) . (~ ) (5.85)

und daraus dv = (dV + V . r) . 8. (5.86)

Die Transformation (5.82) bewirkt nun

V V T -I - V- -v= ·a=· ·a= ·a,

also

da auch die Spalte 8 dem Transformationsgesetz (5.82) unterliegt, ergibt sich unter Benützung des Transformationsgesetzes für die Elemente der Matrix r, der ersten Gleichung (5.84)

dv = (dV + V . r) . a = [dV. T-I + V· dT-I + V· T-I . (T· r· T- I + dT· T-I )] . T· 8

= [dV + V . dT-I . T + V . r + V . T-I . dT] ·8

= (dV + V . r) . 8, ( 5.87)

worin wieder (5.83) verwendet wurde.

Eine analoge Wirkung hat ein Wechsel der lokalen Koordinaten auf 'B. Geht man mittels zweier Funktionen Xi = Xi(XI, X2) zu anderen Koordina­ten Xl, X2 über, so ist die oben eingeführte Transformationsmatrix T durch die Matrix der partiellen Ableitungen dieser Transformationsgleichungen gegeben; die Rolle der I-Formen o:i übernehmen dabei die Koordinatendif­ferentiale dXi, es gilt

dx = dx· T-I mit T~ = 8X i . J 8xj

Daraus geht nun auch hervor, daß die Parallelverschiebung auf einer Fläche im Raum, wie sie oben vorgestellt wurde, unabhängig vom verwendeten

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5.5 Parallelverschiebung 335

lokalen Koordinatensystem auf'B ist. Die I-Formen (5.70),

('lVi = dVi + r;k Vidxk = (~:: + r;k Vi)dxk, (5.88)

welche die Änderungen der Koordinaten eines Vektorfeldes beschreiben, transformieren sich wie die Koordinaten eines kontravarianten Vektors, denn aus der Gleichung (5.87) folgt

('I V = dV + V . r = (dV + V . r) . T -1 = ('I V . T-1

beziehungsweise

In affinen Räumen leisten dies die Koordinatendifferentiale

, avi

dV' = -a dXk. Xk

(5.89)

Ebenso wie sich die partiellen Differentialquotienten aavi in affinen Räumen "'k

wie die Koordinaten eines gemischten Tensorfeldes zweiter Stufe transfor-mieren, genügen jetzt die Größen

('lVi := avi + ri'k Vi ('Ixk aXk J

(5.90)

dem Transformationsgesetz für einen gemischten Tensor zweiter Stufe auf 'B. Sie übernehmen auf der Mannigfaltigkeit 'B jene Rolle, welche in affi-nen Räumen die partiellen Differentialquotienten aavi innehaben und sind

"'k

insofern als deren Verallgemeinerungen für Vektorfelder auf 'B anzusehen. Unter Benützung der Symbolik (5.90) schreiben sich dann die Gleichungen (5.88) in der (5.89) verallgemeinernden Form

(5.91)

Man kann sich nun die Frage stellen, ob es nicht ein Koordinatensystem gibt, in dem die Gleichungen der Parallelverschiebung in einem Punkt P der Fläche 'B einfach

lauten, mit anderen Worten, ob es nicht möglich ist, in einem geeignet gewählten Koordinatensystem Xi einer Karte K, die I-Formen ,I in einem beliebigen Punkt P sämtlich zum Verschwinden zu bringen. Dies ist bei die­ser Art der Parallelverschiebung auf der Fläche 'B auch tatsächlich möglich und soll weiter unten nachgewiesen werden. Dagegen ist es i.a. aber nicht möglich, die I-Formen ß und, in einem Punkt auf der Fläche zum Ver­schwinden zu bringen. Die Ursache für das Auftreten dieser I-Formen ist

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336 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

allein die Änderung der Normalen an die Fläche, weshalb ein Zusammen­hang mit der Krümmung der Fläche bestehen muß. Auf Grund der ersten Gleichung (5.81) sind die Elemente der Matrix p = dr - r 1\ r, die 2-Formen

(5.92)

gleichermaßen dafür verantwortlich. Entwickelt man sie nach den Basisfor­men dXi, indem man aus (5.68) einsetzt, so erhält man

i (ar~1 i h) Pj = aXk - rh1rjk dXk 1\ dXl;

geht man zur kanonischen Darstellung dieser 2-Formen über,

i ,,(ar~1 i h) ,,(ar~1 i h) Pj = ~ ax - rh1rjk dXk 1\ dXI + ~ ax - rh1rjk dXk 1\ dXl

k<1 k I<k k

,,(ar~1 ar~k i h i h) = ~ ax - & + rhkrjl - rh1rjk dXk 1\ dXI, k<1 k 1

und setzt man

i ar~1 ar~k i h i h R'k/ = -- - -- + rhkr'l - rh1r·k,

J aXk aXI J J (5.93)

so schreiben sich die Elemente der Matrix p in der Form

i 1 i " i Pj = 2" R jkl dXk 1\ dXI = ~ R jkl dXk 1\ dXI . (5.94) k<1

Die Größen (5.93) sind, wie sich später erweisen wird, die Koordinaten eines einfach kontravarianten und dreifach kovarianten Tensors, den man den Krümmungstensor des durch die I-Formen (5.66) auf'J gegebenen affinen Zusammenhangs nennt.

Auf Grund der besonderen Struktur der Koeffizienten (5.66) eines affinen Zusammenhangs läßt sich die Matrix der Krümmungsformen (5.92) ohne größeren Aufwand bestimmen. Bezeichnet 1 die Zeile der partiellen Ableitungen !Xi' so ist

r = ~ dl t . I. w

Die Zeile 1 steht auch in engem Zusammenhang mit der Größe w, und zwar gilt

wdw = td{w2) = dl· I t = I· dl t . Bildet man jetzt das Quadrat der Matrix r, so erhält man

r /\ r = ~ dl t ·1 /\ dl t . 1 = ~ dl t /\ (I' dl t ) . 1 = - dw /\ dlt . 1 w4 w4 w3

dw = --lI r

w

= ~4 dl t /\ (dl' I t ) . 1 = - ~2 a· F,

worin mit a = -~dlt /\ dl und F = I t . 1 die Matrizen mit den Elementen w

Fi; = !x.JXi' €Ti; = d(';: ) /\ d('~i )

Page 69: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.5 Parallelverschiebung 337

eingeführt wurden; die Matrix u ist schiefsymmetrisch, die Matrix F symmetrisch. Die Ableitung der Matrix r bestimmt sich zu

dr = d(~) 1\ dft . f + ~ d2ft . f - ~ dft 1\ df w2 w2 w2

dw 1 2 = -2 -1\ r + u = - u· (w E - 2F), W w 2

woraus schließlich (5.95)

folgt, letzteres wegen G = E + Fund F . F = (w2 - 1)F. So ist, um konkret auf die Fläche ~ im dreidimensionalen Raum 1E3 zurückzukommen,

_ 1 (dl ",) ( d'.f d ) _ 1 (0 -1) _ 2 (0 u- - w 2 dly 1\ ~'" 'fy - w 2 1 0 dl",l\dly -w K 1 -1) o dz 1\ dy ,

(5.96) wonn

(5.97)

gesetzt ist, und somit

2 (0 -1) -1 p = w K 1 0 . G dz 1\ dy . (5.98)

Die Größe (5.97) heißt die Gaußsche Krümmung der Fläche ~. Sie tritt auch in der Gleichung

/1 1\ /2 = d( ~ ) 1\ d( ~) = ~4 dl", 1\ dly = K dz 1\ dy

auf, was sie auf folgende Weise zu deuten erlaubt. Variiert ein Punkt auf der Fläche ~, so bewegt sich der Endpunkt des Normalenvektors n, wenn dessen Fußpunkt vom Punkt auf der Fläche in den Ursprung 0 des 1E3 verlegt wird, auf der Einheitskugel ft im 1E3 , d.h. einem Punkt P E ~ wird jener Punkt Q E ft

--> zugeordnet, für den n = OQ gilt, wenn dabei n die Normale im Flächenpunkt P ist. Auf diese Weise wird eine Umgebung il des Punktes P auf der Fläche ~ auf eine Umgebung m des Bildpunktes Q auf der Kugel ft abgebildet, die man das sphärische Bild von il t:;;: ~ nennt - sind z, y die Koordinaten eines Punktes in il, so sind ~ = - 1",lw, "I = - lylW, ( = 1/w die Koordinaten des Bildpunktes im sphärischen Bild m der Umgebung il des Flächenpunktes P. Auf Grund der Konstruktion dieser Abbildung verläuft die Tangentialebene in einem Punkt aus il parallel zur Tangentialebene des Bildpunktes im sphärischen Bild m, da der Normalenvektor in beiden Punkten derselbe ist. Nun ist (vgl. (5.48))

E;) = Ila X bll dz 1\ dy = w dz 1\ dy

das Flächenelement auf der Fläche ~. Bildet man das adäquate Flächenelement auf der Kugel .A., so hat man, da zur Parametrisierung von m auf Grund der Stellung der Tangentialebene eine explizite Darstellung ( = g( ~, "I) der selben Art wie für das Urbild il ~ ~ zugrundegelegt werden kann, wegen ge = -~ I ( und g." = -"I/( von den Vektoren

( ~ )=(~)=a (~) (~) -~/( I", ' -"I/( Iy =b

auszugehen. Deshalb ist

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338 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

das mit demselben Maß wie E~ auf:& messende Flächenelement auf der Einheits­kugel ft. Diesem Flächenelement auf ft entspricht bei der Abbildung] von 11 auf das sphärische Bild 'lJ die 2-Form

]*EK = Ila X blh1Ä'2 = KE~ auf 11. Die Gaußsche Krümmung K erscheint auf diese Weise als der Kehrwert des Verhältnisses der Flächeninhalte einer infinitesimalen Umgebung von P auf :& und deren sphärischem Bild auf der Einheitskugel ft. Da die I-Formen 11 und 12 die Änderung der Flächennormalen beschreiben, ist die Gaußsche Krümmung eine Größe, die nur von der Gestalt der Fläche im Raum abhängt.

11. Ein affiner Zusammenhang macht den Vergleich von Vektoren durch Parallelverschiebung möglich.

Die Konstruktion der Parallelverschiebung auf einer Fläche gründet sich auf die Parallelverschiebung im dreidimensionalen Raum ~3, in den sie ein­gebettet ist, und auf dessen affine Struktur. Man kann sie in Worten kurz so zusammenfassen: ein Tangentenvektor im Punkt P wird - als Vek­tor des euklidischen Raumes ~3 - zunächst parallel in den infinitesimal benachbarten Punkt Q verschoben und dort normal auf die Tangential­ebene projiziert; oder anders ausgedrückt: die in der Tangentialebene im Punkt Q liegende Komponente des nach Q parallel verschobenen Tangen­tenvektors ist das Ergebnis der Parallelverschiebung auf der Fläche. Da die Strukturgleichungen keinen direkten Hinweis auf die Raumdimension enthalten, kann man diese Konstruktion der Parallelverschiebung ohne wei­teres auf eine Mannigfaltigkeit übertragen, wenn diese durch eine Gleichung eN = f(6,···,eN-l) oder F(el, ... ,eN) = 0 zwischen den Koordinaten in einem euklidischen Raum ~N gegeben ist; man spricht dann von einer Hyperjläche im ~N. Im weiteren läßt sie sich auf jeder Mannigfaltigkeit einführen, die in einen euklidischen Raum eingebettet ist. Diese Vorschrift zur Parallelverschiebung geht auf T. LEVI-CIVITA zurück und ist sehr an­schaulich, doch nicht zwingend die einzige Art der Parallel verschiebung.

Ist auf einer Mannigfaltigkeit VJt eine Vorschrift zur Parallelverschie­bung von Tangentenvektoren längs einer zwei Punkte P und Q verbinden­den Kurve<!: gegeben, so lassen sich die Tangentenvektoren des Tangential­raumes Tp(VJt) auf die Tangentenvektoren des Tangentialraumes TQ(VJt) abbilden, indem man einem Tangentenvektor aus Tp(VJt) denjenigen Tan­gentenvektor aus TQ(VJt) zuordnet, mit dem er durch Parallelverschiebung längs der Kurve<!: zur Deckung kommt. Diese Zuordnung ist linear und umkehrbar eindeutig und daher ein - von der die Punkte P und Q verbin­denden Kurve abhängiger - Isomorphismus der Tangentialräume Tp(VJt) und Tq(VJt), der sozusagen auf "natürliche" Weise durch die Struktur der Parallelverschiebung gegeben ist. Dadurch wird es möglich, die Vektoren eines Vektorfeldes v auf VJt in zwei verschiedenen Punkten, sofern sich diese durch eine Kurve verbinden lassen, miteinander zu vergleichen, indem man den Vektor v(P) parallel in den Punkt Q verschiebt und dem dortigen Vek­tor v( Q) gegenüberstellt. Man nennt eine Mannigfaltigkeit, die mit einer solcher Struktur ausgestattet ist, affin zusammenhängend, man spricht von einem affinen Zusammenhang auf der Mannigfaltigkeit.

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5.5 Parallel verschiebung 339

Die Parallel verschiebung auf der in den euklidischen Raum ~3 einge­betteten Fläche stützt sich auf vektorwertige Differentialformen. Dabei ist die Änderung eines Vektors als Vektor der Änderungen seiner Koordina­ten zu verstehen. Der Übergang von der Parallelverschiebung im eukli­dischen Einbettungsraum zur Parallelverschiebung auf der Fläche besteht formal darin, in den diesbezüglichen Gleichungen alle Größen, die auf die Fläche im Raum Bezug nehmen, herauszustreichen, was von den Änderun­gen (5.85), die ein Beobachter im Raum wahrnimmt, zu den Änderungen (5.86) für einen Beobachter auf der Fläche führt. Für diesen nehmen des­halb von den charakteristischen Größen nur die Elemente der Matrix r, die I-Formen .. d auf die Parallelverschiebung Einfluß. Da diese I-Formen auf einer Mannigfaltigkeit durch nichts gegeben sind, wird man von ihrer konkreten Bedeutung auf der Fläche abstrahieren und sie auf einer beliebi­gen Mannigfaltigkeit über Definitionen einführen, im Hinblick darauf, der Parallelverschiebung auf einer Mannigfaltigkeit, wie schon auf der Fläche im dreidimensionalen euklidischen Raum, den Kalkül der vektorwertigen Differentialformen zugrundezulegen. Hiefür müssen die vektorwertigen Dif­ferentialformen (5.60) und (5.61) aus dem euklidischen Einbettungsraum herausgelöst und auf Mannigfaltigkeiten übertragen werden.

Unter einer vektorwertigen Differentialform n-ten Grades auf einer Mannigfaltigkeit wt versteht man eine multilineare und schiefsymmetrische Abbildung ä: lln ~ ll. Eine solche Abbildung ä ist in jedem Punkt PE wt eine multilineare schiefsymmetrische Abbildung äp : [Tp(wt)] n ~ Tp(wt). Ist K, eine Karte für die offene Menge 11 <:;;; wt, so ist der Wert einer vektor­wertigen n-Form ä auf n Vektorfeldern VI, v2, ... , V n das Vektorfeld

ä( VI , ... , v n ) = Q i ( vI, ... , V n ) 8i .

Daher sind die "Koordinaten" Qi einer vektorwertigen n-Form ä. reellwertige Differentialformen n-ten Grades. Bei einem Wechsel der Koordinaten ist dabei

weshalb sich die Koordinaten einer vektorwertigen n-Form wie

. 8Xi . Q' = -öJ

8x· ' J

(5.99)

also wie die Koordinaten eines Vektorfeldes transformieren. So wie Ska­larfelder als reellwertige Differentialformen O-ten Grades aufgefaßt werden, sind die Vektorfelder die vektorwertigen Differentialformen O-ten Grades. Jede vektorwertige Differentialform ä definiert über das Skalarprodukt

A.( rp, VI, ... ,Vn ) := (rp, ä( VI, ... ,vn ))

ein einfach kontravariantes und n-fach kovariantes Tensorfeld auf wt mit den lokalen Koordinaten

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340 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Die Darstellung einer vektorwertigen Differentialform ist aber nicht auf die Basisvektoren einer Karte für eine Umgebung 11 auf VJt beschränkt. Sind UI, U2, ... , UN linear unabhängige Vektorfelder auf VJt (damit ist gemeint, daß für jeden Punkt P E VJt die Vektoren UI(P),U2(P), ... ,UN(P) linear unabhängig sind und somit eine Basis des Tangentialraumes Tp(VJt) bilden), so bestimmt eine vektorwertige Differentialform a auf eindeutige Weise N reellwertige Differentialformen e, e, ... , e N, sodaß

gilt. Mit Hilfe linear unabhängiger Vektorfelder erreicht man eine von lo­kalen Koordinaten unabhängige Darstellung vektorwertiger Differentialfor­men. Im folgenden wird meist auf die Basisvektoren eines lokalen Koor­dinatensystems Bezug genommen; die Ausdehnung der Resultate auf die Verwendung von Vektorfeldern liegt auf der Hand.

Es liegt nahe, den Kalkül der reellwertigen Differentialformen so weit wie möglich auf die vektorwertigen zu übertragen. Die Summe zweier vek­torwertiger Differentialformen a und ß wird über

(a + ß)(VI, ... ,vn ) := a(vI' ... ,vn ) + ß(VI, ... ,vn )

eingeführt, das Produkt der n-Form a mit einer Zahl ,X E IR ist

('xa)(vI, ... ,vn ) := 'xa(vI' ... ,vn ).

Sind a i bzw. ßi die Koordinaten von a bzw. ß, so sind ai+ßi die Koordina­

ten von a + iJ und 'xa i die Koordinaten von 'xa. Das äußere Produkt einer reellwertigen Differentialform a mit dem Grad p und einer vektorwertigen

Differentialform ß mit dem Grad q wird erklärt durch

(a 1\ ß)( VI, V2, •.• , V p+q ) :

1 '" ~ = -'-I ~ sign(7r) a(vlr(l), ... ,Vlr(p»)ß(Vlr(p+I), ... ,Vlr(p+q») p.q. lr

und ist eine vektorwertige Differentialform p + q = n-ten Grades. Sind ßi

die Koordinaten der n-Form ß, so sind al\ßi die Koordinaten des Produktes

Für das Produkt einer reellwertigen Differentialform a mit einer vektor­wertigen O-Form v schreibt man einfach av an Stelle von a 1\ v, ebenso

weist die Schreibweise wß auf das Produkt einer reellen O-Form w mit einer vektorwertigen n-Form ß hin.

Die äußere Ableitung läßt sich nicht so ohne weiteres auf vektorwer­tige Differentialformen übertragen, und zwar aus folgendem Grund. Das Differential df einer reellwertigen O-Form f, also einer reellen Funktion, ist die Änderung von f in Richtung von v,

df(v)=v(f).

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5.5 Parallelverschiebung 341

Dabei gelten die Produktregeln

d(wf)(v) = fv(w) + wv(J) und df(wv) = wv(J).

Das äußere Differential vektorwertiger Differentialformen müßte daher -an die Stelle der reellen Funktion f tritt jetzt ein Vektorfeld u - eine Vorschrift \7 mit analogen Eigenschaften sein: die Anwendung auf ein Vek­torfeld u mit einem Vektorfeld v als Argument ergibt ein Vektorfeld

\7u(v) = w,

womit das äußere Differential einer vektorwertigen O-Form zu einer Abbil­dung der Art

\7:{uXu----tu (u,v) ----t \7vu:= \7(u,v)

wird, die einerseits additiv in beiden Argumenten ist,

\7 v+wu = \7 vu + \7 wu ,

\7w(u + v) = \7wu + \7wv,

andererseits für wElF den Regeln

\7 v(wu) = v(w) u + w \7 vu

und

(5.100)

(5.101 )

(5.102)

genügt. Eine solche Abbildung \7 ist als die Änderung des ersten Argu­mentes in Richtung des zweiten Argumentes in jedem Punkt der Mannig­faltigkeit anzusehen.

Eine Abbildung \7 mit den Eigenschaften (5.100) bis (5.102) heißt ein affiner Zusammenhang auf 9Jt, da über eine solche Abbildung eine Paral­lelverschiebung auf 9Jt eingeführt wird. Man nennt das Paar (9Jt, \7) eine affin zusammenhängende Mannigfaltigkeit. Es ist evident, daß ein affiner Zusammenhang durch nichts gegeben ist und eigens definiert werden muß. Ist K, ein Koordinatensystem für die offene Menge 11 c:;; 9Jt, so gilt mit gewissen Größen r~k

\7 aj Bi := r~jBk.

Man nennt sie die Koeffizienten des affinen Zusammenhangs \7,

r~j = (dXk, \7 a;8i) . Dabei gilt bei einem Wechsel des Koordinatensystems K, ----t K,

- -k-\7 8j Bi = r ij Bk .

Nun ist ßp = aa: q Bq und folglich wegen (5.100), (5.101) und (5.102) Zp

(5.103)

(5.104 )

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342 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Daraus läßt sich das Transformationsgesetz

-k 8xp 8xq 8xk / 8Xk 82 x/ r·· = ---r + --=---=--1J 8Xi 8xj 8x/ pq 8x/ 8xj8xi

(5.105)

für die Koeffizienten des affinen Zusammenhangs V ablesen. Setzt man

(5.106)

so lautet es

(5.107)

bzw. mit Hilfe von Matrizen, wenn r die Matrix der I-Formen ,} ist und

T die Matrix mit den Elementen Tj = ~~; bezeichnet,

1" = T . r . T-1 + dT . T-1 ; (5.108)

unter Zuhilfenahme der Gleichung (5.83) kann es auch in der Form

1" = T . r . T- 1 - T . dT- 1

geschrieben werden.

Ist u = Ui 8i ein beliebiges Vektorfeld, so ist auf Grund der ersten Forderung (5.100) sowie der Bedingung (5.102)

k k i V u8j = U V ak 8j = U r jk 8i ; (5.109)

ist v = V k 8k ein zweites Vektorfeld, so folgt aus (5.101) und der zweiten Forderung (5.100) mit der Setzung (5.103)

. . . (8V k . k) VOjv=Voj(V'8d=8j(V')8i+V'Vaj8i= 8x. +v'rij 8k . (5.'110)

J

Kombiniert man diese beiden Ergebnisse unter Berücksichtigung der For­derung (5.102), so erhält man

.(8Vk . k) Vuv = UJ 8x. + v'rij 8k . J

(5.111)

Dies ist die Änderung des Vektorfeldes v in der Richtung von u im Koordi­natensystem einer Karte fl, um den Punkt P E 9Jl. Man beachte hiezu, daß diese vom Verhalten des Vektorfeldes v in einer Umgebung des Punktes P, hinsichtlich des Vektorfeldes u nur von dem im Punkt Pangehefteten Vektor u(P) abhängig ist.

Ein affiner Zusammenhang V auf einer Mannigfaltigkeit 9Jl bestimmt auf jeder durch eine Karte fl, parametrisierten offenen Menge 11 eine Matrix r von I-Formen. Aus einem Tupel (fl,,11) wird durch eine solche Struk­tur ein Tripel (fl" 11, r), wobei die Matrix r bei einem Kartenwechsel dem Transformationsgesetz (5.108) genügt. Ist umgekehrt für jede Karte aus einem Atlas für 9Jl eine Matrix r gegeben, welche sich bei einem Koordi­natenwechsel nach der Regel (5.108) transformiert, so ist auf diese Weise ein affiner Zusammenhang, also eine Abbildung V : tl x tl --) tl mit den Eigenschaften (5.100) bis (5.102) auf 9Jl festgelegt.

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5.5 Parallelverschiebung 343

Ist auf einer Mannigfaltigkeit 9Jt ein affiner Zusammenhang V gegeben, so läßt sich das äußere Differential auf vektorwertige Differentialformen übertragen: Ist 9Jt eine Mannigfaltigkeit mit affinen Zusammenhang V, .50 gibt e.5 genau eine Abbildung dv , die einer vektorwertigen n-Form eine vektorwertige (n+ 1 )-Form zuordnet, und zwar mit folgenden Eigenschaften: die Vor.5Chrift d v ist linear,

dv (>.ä + ILiJ) = >'dv ä + ILdv iJ,

.5ie .5timmt für vektorwertige O-Formen u und v mit der Abbildung V über-etn,

dvu(v) = Vvu,

und .5ie genügt der Produktregel

dv (a 1\ iJ) = da 1\ iJ + ( -1 t a 1\ dv iJ,

(5.112)

(5.113)

worin n der Grad der reellwertigen Differentialform a i.5t. Die Abbildung dv ist vom affinen Zusammenhang V abhängig und durch diesen eindeutig bestimmt. Sie ist die Verallgemeinerung der äußeren Ableitung reellwerti­ger n-Formen auf vektorwertige Differentialformen.

Um die Eindeutigkeit der Abbildung dv zu zeigen, erweist sich wieder die Matrizensymbolik als bequemer. Es bezeichne

- dx die Zeile der Koordinatendifferentiale dXi,

- 8 die Spalte der Basisvektoren 8i ,

- f die Matrix der I-Formen ,} des affinen Zusammenhangs V,

- a die Zeile der Koordinaten a i einer vektorwertigen n-Form ä,

- T die Transformationsmatrix mit den Elementen Tj = ~;; bei einem Koordinatenwechsel '" -+ K..

Sei", ein Koordinatensystem für die offene Menge 11 <:;; 9Jt. Dann folgt aus (5.109) für ein beliebiges Vektorfeld u = Ui 8i wegen Ui = dXi(U)

dv 8j (u) = V u 8j = dXk(U)f}k8i

und deshalb mit (5.106) (5.114)

beziehungsweise symbolisch

Sei nun ä = a i 8i = a . 8

eine vektorwertige n-Form auf 11. Dann ergibt sich aus den Forderungen für d v

dvä = dv(a .8) = dv(a 1\ 8)

=daI\8+(-ltal\dv8= [da + (-ltal\f] 1\8,

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344 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

also dva= [da+(-lta l\fj.8

oder mit Hilfe der I-Formen ,j in (5.114)

dva = [da i + (-ltai 1\ ,n 8i .

(5.115)

(5.116)

Damit ist die Eindeutigkeit gezeigt. Zum Nachweis der Existenz ist wie in §3 dieses Kapitels bei der Einführung der äußeren Ableitung reellwertiger Differentialformen vorzugehen. Die Linearitätseigenschaft ist evident, denn sind a und iJ zwei vektorwertige n-Formen, so ist wegen

.\ [da+( -l)nal\f] +I-L [dß+( -ltßl\f] = d['\a+I-Lß] +( -lt [.\a+I-Lß] I\f die Forderung der Linearität erfüllt. Für zwei beliebige Vektorfelder u und vergibt sich aus (5.116) mit a i = Vi

dvv(u) = dVi(u)8i + Vi,l(u)8i = (~:: + Vifh)dxk(u)8i

k (8V i .. ) = U 8x k + V J fj k 8i = V' u v .

Ist weiter a eine reellwertige p-Form und iJ eine vektorwertige q-Form mit den Koordinaten ßi, so ist

dv(a 1\ iJ) = d v [(a 1\ ßi) 8i ] = [d(a 1\ ßi) + (-l)p+q(a 1\ ßi) 1\ ,J]8i

= (da 1\ ßi) 8i + (-l)P(a 1\ dßi)8i + (-l)p+q(a 1\ ßi) 1\ ,} 8i

= a 1\ ßi) 8i + (-l)Pa 1\ [dßi + (-l)qßi 1\ ,n8i

= da 1\ iJ + (-l)pa 1\ dviJ. Damit ist der Nachweis erbracht, daß die lokale Definition (5.116) den gefor­derten Eigenschaften genügt. Es verbleibt nur mehr zu zeigen, daß (5.116) aus einem Wechsel", ---t K, der Koordinaten ungeändert hervorgeht. Hiefür ist es jetzt bequemer, die Matrizensymbolik heranzuziehen.

Da sich die Matrix f nach der Regel (5.108) transformiert, das Trans­formationsgesetz für die Zeile a entsprechend (5.99) durch

a=a·T

gegeben ist und schließlich die Spalte der Basisvektoren gemäß

8=T·8

zu transformieren ist, erhält man mit Bezug auf die Koordinatensysteme zweier Karten", und K, für die offene Menge .u [da+(-ltal\f] ·8

= [d(a.T-l)+(-lta.T-ll\(T.f+dT).T-l] ·T·8

= [da+(-ltal\dT-1 .T+(-lta l\f+(-lta . T - 1 I\dT].8

= [da + ( -1 t a 1\ f] . 8,

worin wieder (5.83) verwendet wurde.

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5.5 Parallelverschiebung 345

Die koordinatenfreie Darstellung (5.34) des Differentials einer reellwer­tigen n-Form besitzt ein Analogon für vektorwertige Differentialformen. Ist a eine vektorwertige n-Form, so gilt

n

dva(vo, ... ,vn) = 2:\7v ,.(a(vo, ... ,V;, ... ,vn)) 1-'=0

+ 2:( -1t+v a([vl-"vv],vo, ... ,V; ... ,v";" ... ,vn).

(5.117) Ist a = aioi im Koordinatensystem einer Karte "', so folgt aus (5.116)

dva(vo, ... ,vn) n

= [dai(vo, ... , vn) + (-1t 2:( -1t-l-'ai (vo, ... , V;, ... , vnh;(vl-')] Oi 1-'=0

n

= 2:( -1)1-' [vl-'(ai(vo, ... ,V;, ... ,vn)) + ai(vo, ... ,V;, ... ,vnh;(VI-')]Oi 1-'=0

n

+ 2:( _1)I-'+v a i ([VI-" vv], Vo,···, V;, ... , V":, ... , Vn)Oi 1-'< v

= 2:( ~1)1-'\7 v,. (ai(vo, ... , V;, ... , Vn)Oi) 1-'=0

+ 2:(-1)I-'+va ([VI-"vv],vo, ... ,V;, ... ,V":, ... ,vn), 1-'< v

worin die entsprechende Aussage (5.34) für reellwertige n-Formen benützt und von den Eigenschaften (5.100) und (5.101) der Abbildung \7 Gebrauch gemacht wurde.

Die Regel betreffend das Verschwinden des zweiten äußeren Differenti­als läßt sich für vektorwertige Differentialformen auf Mannigfaltigkeiten mit affinem Zusammenhang nicht aufrecht erhalten. Die nähere Untersuchung wird weiter unten zutage fördern, daß affin zusammenhängenden Mannig­faltigkeiten, auf denen das zweite Differential einer vektorwertigen Differen­tialform ausnahmslos verschwindet, eine Sonderstellung einzuräumen ist, die insbesondere affinen Räumen mit ihrer apriori gegebenen Struktur der Parallelverschiebung zukommt.

Mit Rücksicht auf die Schreibarbeit soll künftig kurz d an Stelle von d v geschrieben werden, was kaum zu Mißverständnissen führen kann, da die Differentiation vektorwertiger Differentialformen stets in Verbindung mit einem bestimmten affinen Zusammenhang auf wt zu verstehen ist.

Durch einen affinen Zusammenhang \7 ist auf einer Mannigfaltigkeit die Möglichkeit zur Parallelverschiebung gegeben. Transportiert man einen Vektor v um ein infinitesimales Stück in den durch den Vektor u markierten

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346 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Nachbarpunkt, so liefert der Vergleich mit dem dortigen Vektor

V' '!LV = dv(u) = ilVi (u)8i ,

worin wieder abkürzend

ilVi ;= dVi + Vi,; = dVi + r~k Vidxk = (~~: + r~k Vi)dxk

gesetzt wurde. Daher beschreibt das Differential

(5.118)

die Änderung des Vektorfeldes V in der durch u angegebenen Richtung. Benützt man die Symbolik (5.90) für die "verallgemeinerten partiellen Dif­ferentialquotienten", so schreibt sich (5.118) in der Form

ilVi dv = -dXk8·.

ilXk J

Ein Vektorfeld v heißt konstant auf 9J1 (bezüglich des affinen Zusam­menhangs V'), wenn

dv = 0

ist auf 9J1, d.h. wenn die Änderungen der Koordinaten in jeder Richtung gleich Null sind. Die Koordinaten eines solchen Vektorfeldes genügen auf einer durch die Karte", parameterisierten Umgebung 11 den partiellen Dif­feren tialglei ch ungen

ilVi _ 8Vi r i Vi _ ---+ ·k -0. ()Xk 8Xk ]

Sinngemäß ist der Begriff des längs einer Kurve parallelen Vektorfeldes zu übertragen. Sei,; I ----+ 9J1 eine Kurve auf 9J1 und v ein Vektorfeld auf 9J1. Die Einschränkung des Vektorfeldes v auf die Kurve It = ,(1) bestimmt ein Vektorfeld längs It. Dieses heißt parallellänga It, wenn der Vektor v( Q) in einem beliebigen Kurvenpunkt Q E It durch Parallelverschiebung eines beliebigen anderen Vektors v(P) längs des die beiden Punkte P und Q verbindenden Bogens hervorgeht. Ein Vektorfeld v ist also parallel längs It, wenn in jedem Punkt auf It

V'''yv = 0

bzw. in lokalen Koordinaten

dVi(t) + rio Vi(t) dXk(t) = 0 dt Jk dt (5.119)

gilt (vgl. (5.72)); darin bezeichnet Vi(t) = Vi o,(t) die Koordinaten von v längs It bezüglich einer Karte", und Xi (t) die i-te Koordinate der Funktion ",-1 o ,(t). Die Parallelverschiebung eines Vektors längs einer Kurve hängt i.a. vorn Verlauf der Kurve ab, d.h. sie führt zu unterschiedlichen Ergeb­nissen längs zweier dieselben Punkte verbindenden Kurven. Die Aufgabe, umgekehrt ein längs It paralleles Vektorfeld zu konstruieren, indem ein Vek­tor v(Po) längs der durch den Punkt Po hindurchgehenden Kurve It parallel

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5.5 Parallel verschiebung 347

verschoben wird, führt auf das System (5.119) von Differentialgleichungen erster Ordnung, das unter Vorgabe der Anfangswerte, der Koordinaten des Vektors v(Po ), eindeutig lösbar ist.

Ein Vektorfeld besonderer Art längs einer Kurve ~ ist dasjenige der Tangentenvektoren. Sind diese parallel längs ~, so heißt die Kurve ~ eine Geodätische auf VJt. Ist durch die Funktion ,(t) für tEl eine Geodätische auf VJt gegegeben, so genügen die Koordinaten Xi(t) der Funktion 11:- 1 o,(t) für jede in Betracht kommende Karte 11: auf dem Intervall I den gewöhnli­chen Differentialgleichungen zweiter Ordnung

Xi + r~kXjXk = 0 (5.120)

(vgl. (5.73)); diese Kurven sind invariant gegenüber affinen Transformatio­nen t - at + ß des Parameters. Durch jeden Punkt P der Mannigfaltigkeit geht genau eine Geodätische mit vorgegebenem Tangentenvektor in P.

III. Der Torsionstensor und die Geometrie im Kleinen.

Geometrisches Interesse kommt jener vektorwertigen Differentialform zu, die einem Vektorfeld v im Punkt P E VJt den im Punkt Pangehefteten Vektor vp zuordnet,

dP(v) = v. (5.121)

Sie übernimmt jetzt die Rolle, welche (5.60) im (!3 innehatte. In lokalen Koordinaten ist

(5.122)

Sind U1, U2, ... , UN beliebige linear unabhängige Vektorfelder, so ist

dP = eiUi; (5.123)

darin sind die I-Formen e die zu den Vektorfeldern Ui dualen Linearformen,

ti(Uj)=sj,

denn nur diese leisten dP(v) = ei(V)Ui = v

für jedes Vektorfeld v. Die vektorwertige I-Form dP ist in jedem Punkt P E VJt die Identität auf dem Tangentialraum Tp(VJt) und somit die iden­tische Abbildung des Tangentialbündels T(VJt). Für dP ergibt (5.116)

( 2 i) i d(dP) = d Xi - dXj I\'j 8i = -dXj I\'j 8i .

Diese vektorwertige 2-Form ist jetzt aber i.a. von Null verschieden, anders als auf der Fläche 'J im (!3, wo dies auf Grund der Gleichung (5.78) eintritt, die jetzt natürlich hinfällig ist. Die 2-Formen

T j = -dXi 1\,1 = r{k dXk 1\ dXi = t(rt - r{k)dxi 1\ dXk

= I:T!k dXi 1\ dXk i<k

heißen die Torsionsformen, die Größen

T j - r j r j ik - ki - ik

(5.124)

(5.125)

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348 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

die TorsionskoeJfizienten. Mit diesen Begriffsbildungen ist

d(dP) = Ti{h;

die Zeile T der Torsionsformen Ti stellt sich als Produkt

T = -dx 1\ r dar. Der einfach kontravariante und zweifach kovariante Tensor

T(f;?,u,v):= (f;?,d(dP)(u,v))

(5.126)

(5.127)

(5.128)

wird der Torsionstensor des affinen Zusammenhangs \7 genannt. Ein affiner Zusammenhang heißt torsionsfrei/ 9 ) wenn sämtliche Torsionsformen Ti ver­schwinden; wegen (5.125) ist ein solcher affiner Zusammenhang \7 durch die Symmetrie seiner Koeffizienten in den unteren Indizes gekennzeichnet,

ri"k = r'k" " J J '

oder auch durch die Vertauschbarkeitsbeziehung

\7 aßi = \7 aßj . Man spricht deshalb auch von einem symmetrischen affinen Zusammen­hang.

Eine von Koordinaten unabhängige Darstellung des Differentials der Identität dP erhält man mit Hilfe von (5.117),

d(dP)(u,v) = \7u (dP(v)) - \7v(dP(u)) - dP([u,vJ)

= \7uv - \7vu - [u,v];

setzt man daher t(u,v):= \7u v - \7vu - [u,v] ,

so ist d(dP)(u,v) = t(u,v).

Der Torsionstensor läßt sich somit auch in der Form

T(f;?,u,v) = (f;?,t(u,v))

darstellen. Da in lokalen Koordinaten wegen (5.24)

t(8j ,8k) = \7 aj 8k - \7ak8j = (r~j - r;k)8i = Tjk8i gilt, sind seine Koordinaten

T( dx i,8j ,8k) = (dX i,t(8j ,8k)) = Tjk·

(5.129)

(5.130)

(5.131)

Auf Grund der offenkundigen Schiefsymmetrie der bilinearen Abbildung t : ll(IDt) X ll(IDt) "~ ll(IDt) ist der Torsionstensor alternierend in den beiden kontravarianten Argumenten,

T(f;?,u,v) = -T(f;?,v,u); (5.132)

an Hand der Torsionskoeffizienten äußert sich diese Antisymmetrie in den Gleichungen

T~k = r'k" " - ri"k = -Tki " J J J J •

19) Mit einem deutschen Wort wird T auch der Windungstensor genannt; ver­schwindet er, so heißt der affine Zusammenhang windungsfrei.

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5.5 Parallelverschiebung 349

Die geometrische Bedeutung der Torsion zeigt sich in folgendem. Sind u und v zwei Vektorfelder in einem affinen Raum 2t, so nähert der Vektor ßaßb[u, v] die Lücke, um die sich das von den Vektoren ßau(O), ßbv(O), ßau(P) und ßbv(Q) gebildete Polygon öffnet, mit einem Fehler an, der auch im Verhältnis zum Pro-

o

dukt ßaßb beliebig klein wird (vgl. die Abb. 5.1 auf S. 299 und Abb. 5.3, in der ßa, ßb unterdrückt ist). Betrachtet man die Ände-

p' rungen der Vektoren, so nähert die Differenz \l <laußbv - \l <lbv ßau,

da diese wegen

\l <laußbv = ßaßbdVi(u)Oi,

\l <lbvßau = ßaßbdUi(v)Oi

in affinen Räumen exakt = ßaßb[u,v]

Abb.5.3 ist, den Vektor vom Punkt Q' zum Punkt p' gleichfalls mit dieser Fehlerqualität an. Auf

einer Mannigfaltigkeit mit affinem Zusammenhang gilt dies i.a. nicht mehr, es sei denn, der affine Zusammenhang ist torsionsfrei. Ist wein Skalarfeld, so gilt

ßw = w(P')-w(Q') = (w(P')-w(O)) - (w(Q')-w(O)) = ßaßb[u, v](w)(O)+··· und man erhält mit

w(P') -w(O) = ßaßb[(\luv)(w)(O) + (O!2;XIc - ;:i fL)UiV Ic ] + ...

sowie einem analogen Ausdruck für w( Q') - w( 0) mit vertauschten Rollen von ßau und ßbv die Gleichung

OW i i i Ic ßaßb(\lu v - \lvu)(w)(O) - ßw = ßaßb OXi (fici - filc)U V + ...

= ßaßbT(dw,u,v) + ... , worin der durch die Punkte angedeutete Fehler schneller gegen Null geht als das Produkt ßaßb. Die Torsionsfreiheit hat insbesondere zur Folge, daß sich das Vektorparallelogramm infinitesimal benachbarter paralleler Geodätischer schließt (d.h. der Fehler geht dabei schneller als das Produkt ßaßb gegen Null).

Ist durch die I-Formen ,1 ein affiner Zusammenhang \l gegeben, so transformieren sich die 1-Formen

-i _ i 1 Ti d li - li + 2" ilc :E1c

gleichfalls nach (5.107) bzw. (5.108), da die Torsionskoeffizienten die Ko­ordinaten .!:.ines Tensors sind. Sie bestimmen deshalb einen affinen Zusam­menhang \l auf 9Jt, der auf Grund der Symmetrie der zugehörigen Koeffi­zienten

-ri - r i + 1 Ti - 1 (ri + r i ) - -ri ilc - ilc 2" ilc - 2" Ici ilc - Ici

torsionsfrei ist. Auf einer Mannigfaltigkeit 9Jt läßt sich also aus ledern affi­nen Zusammenhang \l ein torsionsfreier affiner Zusam~enhang \l ableiten. Obwohl die Geodätischen des affinen Zusammenhangs \l dieselben sind wie jene bezüglich \l, handelt es sich dennoch um eine andere Vorschrift zur Parallelverschiebung, nämlich

Vvu = \lvu + ~t(u,v) = H\lvu + \luv + [v,uJ).

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350 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Eine bedeutsame geometrische Konsequenz aus der Torsionsfreiheit eines affinen Zusammenhangs beinhaltet der

Satz 1. Ist rot eine Mannigfaltigkeit mit torsionsfreiem affinen Zusammen­hang, so gibt es um jeden Punkt P E rot ein Koordinatensystem, bezüglich dessen im Punkt P sämtliche Zusammenhangskoeffizienten verschwinden.

Ein solches Koordinatensystem wird geodätisch im Punkt P genannt.

Sei Po E rot ein beliebiger Punkt und", eine Karte für eine Umgebung 11 dieses Punktes. Über die Gleichungen

Xi = x~ + Xi - t a;kXjXk, (5.133)

worin für a~k =r;k(po) gesetzt ist und xi die Koordinaten des Punktes Po sind, wird eine Karte K, konstruiert, auf welcher der Punkt Po die Koor­dinaten xi = 0 hat, sodaß Po der Ursprung des Koordinatensystems der Karte K, ist. Auf Grund der Torsionsfreiheit ist a~k = a1; und folglich

ßXi >i 1 i (d - + c:k -) c:i i-J'l- = VI - "2 ajk VI Xk VI Xj = VI - alkxk . UXI

Diese Gleichung besagt wegen der Regularität der Matrix {~~: } im Punkt Po, daß sich die Gleichungen (5.133) in einer gewissen Umgebung des Punk­tes Po nach den Variablen Xi eindeutig auflösen lassen, sodaß auf diese Weise auch tatsächlich ein lokales Koordinatensystem um Po gegeben ist. Bildet man die zweiten partiellen Differentialquotienten, so erhält man

ß2 Xi i

8 Xh8x I = -alh .

Dann ergeben die Transformationsgleichungen (5.105) in der Form

8Xh r~ = ßxp 8x q rh + ß2 Xh

ßXj .k ßXi 8Xk pq ß Xi8xk

durch Einsetzen der Koordinaten des Punktes Po -h h h r ik = r ik - aik = 0 .

In einer hinreichend kleinen Umgebung des Punktes Po gelten deshalb die Ungleichungen Ir~kl < c, sodaß die Geodätischen des affinen Zusam­menhangs durch den Punkt Po in dieser Umgebung angenähert durch die Kurven ,(t) = K,(at) für Itl < 6 und a E IRN beschrieben werden; insbe­sondere gilt dies für die Koordinatenlinien Xi = const. Die infinitesimale Parallelverschiebung vom Punkt Po aus ergibt für einen beliebigen Vektor v die Änderungen

Diese Situation bleibt bei einem Koordinatenwechsel Xi ----+ Xi durch ganze lineare Funktionen Xi = a~Xj +bi als eine einfache Folgerung aus den Trans­formationsgleichungen (5.105) erhalten, da darin die zweiten partiellen Ab­leitungen verschwinden. Geodätische Koordinaten um einen Punkt Po ver­halten sich also in einer kleinen Umgebung von Po wie affine Koordinaten.

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5.5 Parallelverschiebung 351

Eine Mannigfaltigkeit mit torsionsfreiem affinen Zusammenhang sieht also lokal wie ein affiner Raum aus.

Ein affiner Raum ist als Mannigfaltigkeit mit dem affinen Zusammen­hang der apriori gegebenen Struktur der Parallelverschiebung natürlich tor­sionsfrei, denn es verschwinden in jedem affinen Koordinatensystem sämt­liche Zusammenhangskoeffizienten. Während diese aber in nicht-affinen Bezugssystemen i.a. von Null verschiedene Werte haben, verschwinden die Torsionskoeffizienten, die Koordinaten des Torsionstensors T in jedem Ko­ordinatensystem. Demnach muß eine Mannigfaltigkeit torsionsfrei sem, wenn sie lokal das Aussehen eines affinen Raumes haben soll.

Von ebenso großer Bedeutung wie Satz 1 ist der

Satz 2. Sind Ul, U2, ... , U N linear unabhängige und konstante Vektorfelder auf einer Mannigfaltigkeit wt mit torsionsfreiem affinen Zusammenhang, so gibt es um jeden Punkt von wt eine gewisse Umgebung und eine Karte für diese, sodaß die Vektorfelder Ui die Basisvektoren dieses Koordinatensy­stems sind.

Sind N linear unabhängige und konstante Vektorfelder Ul, U2, ... , UN auf wt gegeben, so bilden sie in jedem Punkt von wt eine Basis des jeweiligen Tangentialraumes; deren duale Basen bestimmen N linear unabhängige I-Formen e, e, ... , eN, d.h. es gilt ei(Uj) = 8; und dUj = 0 wegen der Konstanz der Vektorfelder Ui. Schreibt man die Identität dP in der Form (5.123) an, so verlangt die Torsionsfreiheit des affinen Zusammenhangs

d(dP) == d(eiui) = deUi - e A dUi = deiui = 0,

also, da die Vektoren Ui linear unabhängig sind,

dei = O.

Wendet man nun das Lemma von POINCARE lokal an, so präsentieren sich die I-Formen ei in einer gewissen Umgebung 11 eines Punktes Po als Diffe­rentiale reeller Funktionen fi : 11 ---7 IR,

ei = dfi.

Dadurch wird jedem Punkt P E 11 ein N-tupel reeller Zahlen Xi = fi(p) zugeordnet. Da die I-Formen ei linear unabhängig sind, läßt sich die Funk­tion r: 11 ---7 K, K = f(ti) ~ IRN , mit den Koordinaten fi in einer gewissen Umgebung des Punktes Po umkehren; diese Umkehrung K, = r- 1 ist eine Karte K, um den Punkt Po. Die Basisvektoren dieses Koordinatensystems sind

IV. Der Krümmungstensor und die Abhängigkeit der Parallelverschiebung vom Weg.

Es wurde schon darauf hingewiesen, daß sich die Regel über das Verschwin­den des zweiten äußeren Differentials auf vektorwertige Differentialformen nicht übertragen läßt. Deshalb ist der Beantwortung der Frage, unter wel­chen Gegebenheiten dies dennoch zutrifft, vom Standpunkt der Geometrie auf Mannigfaltigkeiten besonderes Interesse beizumessen.

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352 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Ist K, eine Karte für eine Umgebung .u auf VR und ä. = o:ißi eine vektorwertige Differentialform n-ten Grades, so folgt aus (5.115) auf Grund der Produktregel (5.113)

d 2 ä. = d[do: + (-l)no: /\ r] ·8+ (-lt+1 [do: + (-lto: /\ r]/\ d8

= [d2 0: + (-ltdo: /\ r + 0: /\ dr + (-lt+1do: /\ r - 0: /\ r /\ r] ·8 und somit

(5.134)

Die Elemente der Matrix

p = dr - r /\ r, (5.135)

die 2-Formen (vgl. (5.94))

1 i " i = 2" Rjkl dXk /\ dXI = L..J Rjkl dXk /\ dXI , (5.136)

k<1

heißen die Krümmungs/armen des affinen Zusammenhangs V; ihre Koeffi­zienten sind

i ßr~1 ßr~k i h i h R'kl = -- - -- + rhkr 'I - rh1r 'k'

J ßXk ßXI J J (5.137)

Das zweite Differential einer vektorwertigen Differentialform lautet dann unter Benützung der Krümmungsformen

d 2 ä. = 0: /\ p. 8 (5.138)

und gibt auf diese Weise zu erkennen, daß das zweite Differential einer vektorwertigen Differentialform - gleich welchen Grades - genau dann gleich Null ist, wenn sämtliche Krümmungsformen verschwinden.

Ist wein beliebiges Vektorfeld und wein Skalarfeld auf VR, so stellt das in seinen beiden Argumenten bilineare zweite Differential wegen

d 2(ww) = d[d(ww)] = d(dww + wdw)

= d2ww - dw /\ dw + dw /\ dw + wd2w = wd2w

eine trilineare Funktion von u3 (VR) --t u(VR) dar, weshalb

1C(<p,w,u,v):= (<p,d 2w(u,v)) (5.139)

ein einfach kontravarianter und dreifach kovarianter Tensor auf VR ist. Seine Koordinaten

1C(dxi,ßj,ßk,ß!) = (dXi,d2ßj(ßk,ßd) = (dXi,pj(ßk,ß!)ßh )

= p;(ßk, ß!) = R;kl (5.140)

sind die Koeffizienten der Krümmungsformen (5.136). Der Tensor 1C wird der Krümmungstensar des affinen Zusammenhangs auf VR genannt.

Page 85: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.5 Parallel verschiebung 353

Eine von Koordinaten unabhängige Darstellung des zweiten Differen­tials einer vektorwertigen O-Form, also eines Vektorfeldes erhält man mit Hilfe von (5.112) und (5.117),

d 2w(u,v) = Vu(dw(v)) - Vv(dw(u)) - dw([u,vJ)

= V u Vvw - VvVuw - V[u,v]w.

Führt man die Operationsvorschrift t : tl 2(VJt) X tl(VJt) -+ tl(VJt) ein,

t(u,v):= V u V v - VvVu - V[u,v] , (5.141)

so ist d 2w(u,v) = t(u,v)w. (5.142)

Der Operator t ist offenkundig schiefsymmetrisch in seinen Argumenten,

t(u,v) = -t(v,u), (5.143)

als Abbildung von tl 3 (VJt) -+ tl(VJt) ist t(u,v)w trilinear und führt zur Dar­stellung

1C(<p,w,u,v) = (<p,t(u,v)w) (5.144)

des Krümmungstensors. Dabei ist unter Berücksichtigung von (5.24)

t( 8 k , 8 1)8j = V Bk V BI 8j - V BI V Bk8j = V Bk (r~18p) - V BI (r~k8p)

- 8r~1 8 r P r q 8 8r~k 8 r P r q 8 - RP 8 - 8 X k P + jl pk q - 8xI P - jk pi q - jkl p'

Die geometrische Bedeutung des Krümmungstensor tritt in der Abhängigkeit der Parallelverschiebung vom Weg zutage; seine Abhängigkeit von den kontravari­anten Argumenten präzisiert dies als quantitative Ergänzung. Die Wegabhängig­keit bedeutet dabei, daß die Parallelverschiebung eines Vektors längs einer -auch infinitesimal kleinen - geschlossenen Kurve nicht zum selben Vektor im Ausgangspunkt zurückführt.

Um diesen Sachverhalt darzustellen, möge sich der Leser die Abb. 5.1 in Erinnerung rufen. Gegeben seien zwei Vektorfelder u und v sowie zwei infinitesi­mal kleine Zahlen Lla und Llb. Ein Vektor Wo aus dem Tangentialraum des Ur­

8w

sprungs 0 soll längs eines geschlossenen die Punkte 0--> p --> pi --> Q' --> Q --> 0 verbindenden Weges par­allel verschoben und mit dem Vektor im Ausgangs­punkt 0 verglichen werden. Am bequemsten ist es hiefür, sich eines beliebigen Vektorfeldes w zu bedie­nen, indem man in den Tangentialräumen der Punkte des Weges die Differenz

o 8w = w(S) - wo(S) verfolgt, wobei wo(S) der in den Punkt S parallel ver­schobene Vektor und w( S) der Feldvektor daselbst

Abb.5.4 ist (Abb. 5.4); von dem Vektorfeld w wird dabei vor-ausgesetzt, daß w( 0) = Wo der Vektor im Ausgangs­

punkt 0 ist. Man erhält dann am Ende des Weges, in den Ausgangspunkt 0 zurückgekehrt, die Differenz des Feldvektors und des Ergebnisses der Parallelver­schiebung nach einem einmaligen Durchlauf,

bw = w( 0) - Wl ,

Page 86: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

354 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

worin Wl das Ergebnis der Parallelverschiebung von Wo längs des geschlossenen Weges ist. Da w( 0) = Wo der Vektor im Ausgangspunkt ist, stellt

5w = Wo - Wl

jenen Vektor dar, um den sich das Ergebnis der Parallelverschiebung nach einem einmaligen Umlauf vom Vektor im Ausgangspunkt unterscheidet.

Um die Differenz 5w im Tangentialraum des Punktes P zu bekommen, bildet man im Punkt 0 die Änderungen

()Wi(Llau)oi = LlaV'u w , addiert sie im Tangentialraum To zum Vektor w( 0) hinzu und verschiebt das Ergebnis parallel in den Punkt P; das Resultat nähert den Vektor w( P) E Tp

von höherer als erster Ordnung an. Gleichzeitig transportiert man den Vektor Wo = w( 0), sodaß die Differenz 5w( P) E Tp in (bezüglich der infinitesimal kleinen Zahl Lla) linearer Näherung durch das Ergebnis der Parallelverschiebung des Vektors LlaV'uw E To in den Tangentialraum Tp approximiert wird.

Eine analoge Argumentation gibt zu erkennen, daß durch das Ergebnis der Parallelverschiebung des Vektors

w(Q) + V'-AbvW - wo(Q) E TQ

in To die Differenz w( 0) - Wl = Wo - Wl angenähert wird. Verschiebt man umgekehrt den Vektor Wl E To in den Punkt Q zurück, so wird die Differenz 5w E TQ linear in Llb durch den in TQ parallel verschobenen Vektor

Wo + LlbV' vW - Wl E To angenähert. Deshalb ist 5w E TQ näherungsweise das Ergebnis der Parallelver­schiebung des in den Punkt Q transportierten Vektors Wo + Llb V' v W - Wl E To ; das Wegstück von Q zurück nach 0 liefert somit ,,1s Beitrag -LlbV' vW + ....

Die beiden "gegenüberliegenden" Seiten P ----> pi und Q ----> 0 tragen durch die Differenz von Llb V' v W (längs P ----> pi) und Llb V' v W (längs 0 ----> Q) bei, welche gleich

V' Aau(LlbV'vw) + ... = LlaLlbV'u V'vw + ... ist., wobei der Fehler schneller gegen Null geht als das Produkt LlaLlb. Von den beiden Seiten 0 ----> P und Q' ----> Q rührt der Beitrag

-V' Abv(LlaV'"w) + ... = -LlaLlbV'v V'uw + ... mit derselben Fehlerqualität wie von den beiden anderen Seiten her; die Verbin­dung pi ----> Q' liefert schließlich als Beitrag den Vektor

-LlaLlbV'[u,vlW + ... mit einem Fehler von derselben Größenordnung, wie ihn die Fehler bei den ein­ander gegenüberliegenden Seiten haben. Summiert man über alle Wegstücke auf, so erhält man

5w = LlaLlb(V' u V' v - V' v V' v - V' [u,vl)w + ... = Ll aLl be( u, v)w + .... Sieht man im Produkt LlaLlb ein Maß für den Inhalt des vom dem geschlossenen Weg berandeten Bereiches, so erhält man in der Grenze, wenn dieser Weg auf einen Punkt zusammengezogen wird,

lim A 5~b = e( u, v)w = d 2w( U, v) . Aa--->O uau Ab--->O

Dieses Ergebnis läßt sich auf beliebige geschlossene infinitesimale Kurven aus­dehen: Die Änderung eines Vektors w bei Parallelverschiebung längs einer ge­schlossenen infinitesimalen Kurve, die in einer von zwei Vektorfeldern u und v "aufgespannten Ebene" liegt, ist in erster Annäherung proportional dem Inhalt

. . Ic / und proportional dem Vektor e( u, v)w = Rjlc/ W ' U V Oi.

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5.5 Parallel verschiebung 355

Dem Krümmungstensor einer affin zusammenhängenden Mannigfaltig­keit kommt ein besonderes Interesse zu. Die Krümmungsformen, die Ab­bildung t und das zweite Differential eines Vektorfeldes sind nur verschie­dene Möglichkeiten zur Charakterisierung dessen, was der Krümmungsten­sor zum Ausdruck bringt.

Satz 3. Ist 9Jt eine Mannigfaltigkeit mit affinem Zusammenhang V, so ist

p=O ~ d2w=0 ~ t(u,v)=O ~ 1C=0.

Zum Beweis dieser Äquivalenzen schließt man von p = 0 auf d 2w = 0 (Gleichung (5.138)), von d 2w(u,v) = 0 auf t(u,v) = 0 (Gleichung (5.142)), von t(u,v) = 0 auf 1C = 0 (Gleichung (5.144)) und von 1C = 0 auf p = 0 (Gleichung (5.140)).

Ist der affine Zusammenhang V torsionsfrei, so hat der Krümmungs­tensor 1C die Eigenschaft der zyklischen Symmetrie,

1C ( c,? , w, u, v) + 1C ( c,? , u, v, w) + 1C ( c,? , v, w, u) = 0 , ( 5.145 )

ausgedrückt in lokalen Koordinaten

R~I· + R 1k .. + R~·I = 0 , J J' J' •

Ferner ist 1C(c,?,w,u,v) = -1C(c,?,w,v,u) (5.146)

beziehungsweise R~kl = - R~lk .

Diese letzte Eigenschaft folgt unmittelbar aus (5.143).

Der zyklischen Symmetrie liegt die Jacobi-Identität zugrunde, und zwar in Form der für je drei Vektorfelder u, v, w unter der Bedingung der Torsionsfreiheit gültigen Gleichung

t(u,v)w + t(v,w)u + t(w,u)v = o. Auf Grund der Torsionsfreiheit des affinen Zusammenhangs ist nämlich

Vuv - Vvu = [u,v] (5.147)

und deshalb Vw[u,v] = VwVuv - VwVvu.

Durch zyklisches Vertauschen erhält man daraus

Vu[v,w] = Vu Vvw - Vu Vwv, Vv[w,u] = VvVwu - VvVuw

und durch Addition aller drei Gleichungen

Vu[v,w] + Vv[w,u] + Vw[u,v] = (Vv Vw - Vw Vv)u + (Vw Vu - Vu Vw)v + (Vu Vv - Vv Vu)w

= t(v,w)u + t(w,u)v + t(u,v)w + V[v,w]U + V[w,u]V + V[u,v]w.

Berücksichtigt man jetzt noch

Vu[v,w]- V[v,w]U = [u,[v,wJ] ,

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356 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

wie sich aus der Forderung (5.147) für [v,w] an Stelle von vergibt, und analoge Gleichungen durch zyklisches Vertauschen, so erhält man schließlich

t(v,w)u + t(w,u)v + t(u,v)w

= V'u[v,w] + V'v[w,u] + V'w[u,v]- V'[v,w]U - V'[w,u]V - V'[u,v]W

= [u,[v,w]] + [v, [w,u]] + [w,[u,v]] = 0

auf Grund der Jacobi-Identität (5.23).

Satz 4. Ist 9Jt eine affin zusammenhängende Mannigfaltigkeit mit ver­schwindendem Krümmungstensor 1C, so gibt es um jeden Punkt eine Um­gebung 11 und N konstante Vektorfelder U1, U2, ... , UN auf 11, die in jedem Punkt von 11 linear unabhängig sind.

Verschwindet der Krümmungstensor in einer Umgebung 11 des Punktes P, so erfüllt die Matrix r des Tripels (",,11, r) die Gleichung

dr = rAr. (5.148)

Ist A eine beliebige in jedem Punkt von 11 reguläre Matrix, so ist die Matrix B = dA . A -1 eine Lösung dieser Gleichung, denn es ist

dB = d (dA. A -1) = d2 A . A -1 - dA A dA -1 = -dA A dA -1

und B A B = dA . A -1 A dA . A -1 = -dA A dA -1 ,

worin wieder (5.83) verwendet worden ist. Den Schluß in der umgekehrten Richtung erlaubt ein Satz aus der Theorie der Differentialformen, auf dessen Beweis hier verzichtet sei: 20 ) Zu einer gegebenen M atriz r von i-Formen hat die Gleichung

dX = r·x (5.149)

genau dann eine Lösung durch eine reguläre Matriz reeller Funktionen, wenn die Matriz r die Gleichung (5.148) erfüllt. Die Lösung ist eindeutig, wenn verlangt wird, daß ihre Elemente in einem gewissen Punkt vorgegebene Werte annehmen.

Sei A eine durch das Verschwinden des Krümmungstensors garantierte Lösung der Gleichung (5.149), durch welche dann die Matrix r des Tripels (",,11, r) auf 11 in der Form r = dA· A -1 dargestellt werden kann. Zu den linear unabhängigen I-Formen ei der Zeile dx . A gehören dann N Vektor­felder U1, U2, ... , UN auf 11, deren duale Basisformen der Tangentialräume von 11 gerade die I-Formen e, e, ... , eN sind. Als Basisvektoren in den Tangentialräumen der Punkte von 11 sind diese Vektorfelder insbeson­dere linear unabhängig. Faßt man sie zu einer Spalte u zusammen, so gilt 8 = A . u. Deshalb ist

du = d(A -1 .8) = dA -1 .8+ A -1 . d8 = dA -1·8 + A -1 . r· 8

= (dA -1 + A -1 . dA . A -1) . 8 = (dA -1 - dA -1) . 8 = 0 .

20) Siehe z.B. H. FLANDERS, Differential Forms.

Page 89: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.5 Parallelverschiebung 357

Eine Mannigfaltigkeit 9Jt mit affinem Zusammenhang heißt flach, wenn sowohl der Torsionstensor T als auch der Krümmungstensor 1(, auf 9Jt ver­schwindet.

Eine flache Mannigfaltigkeit 9Jt ist somit durch die Eigenschaften

[u,v] = V'uv - V''Vu, V'[u,'V] = V'uV''V - V''VV'u

des affinen Zusammenhangs auf 9Jt gekennzeichnet. Kombiniert man die Aussage von Satz 2 über torsionsfreie Mannigfaltigkeiten mit jener von Satz 4 über Mannigfa1tigkeiten mit verschwindendem Krümmungstensor, so ist bewiesen der

Satz 5. Ist 9Jt eine Bache Mannigfaltigkeit, so gibt es um jeden Punkt p E 9Jt eine Umgebung 11 und eine Karte", für diese Umgebung, sodaß die Basisvektoren 8i dieser Karte auf 11 konstant sind.

Dies bedeutet wegen d8 = r· 8 = 0, daß in dieser Karte die Koeffizien­ten des affinen Zusammenhangs verschwinden. Flache Mannigfaltigkeiten haben deshalb eine besonders einfache Geometrie, welche, zumindest in ge­wissen Raumbezirken, der Geometrie in affinen Räumen ähnelt. Da es um jeden Punkt P E 9Jt stets eine Umgebung 11 und eine Karte '" für diese gibt, sodaß die Matrix r der I-Formen des affinen Zusammenhangs auf 11 bezüglich der Karte", gleich der Nullmatrix ist, lauten wegen "Vi = dVi die Gleichungen der Parallelverschiebung wie in affinen Räumen einfach

dVi = 0,

d.h. die Parallelverschiebung ist auf 11 wegunabhängig. Eine flache Mannig­faltigkeit hat demnach im Kleinen dieselbe Struktur wie ein affiner Raum.

Sei 9J1 eine zweidimensionale affin zusammenhängende Mannigfaltigkeit und K, : }( ---t 11 eine Karte für eine Umgebung 11 <;;; 9J1. Der affine Zusammenhang auf 9J1 sei für die Umgebung 11 in den Koordinaten :ll und :l2 der Karte K, über die Matrix

gegeben. Daher sind

die einzigen von Null verschiedenen Zusammenhangskoeffizienten. Da sie ersicht­lich symmetrisch in den unteren Indizes sind, ist der affine Zusammenhang auf 9J1 torsionsfrei. Wegen

( 0 -2) r 1\ r = - 1 :l~ d:l1 1\ d:l 2 und dr = - (~ verschwindet auch die Matrix der Krümmungsformen,

p = dr - r 1\ r = 0 . Daher ist die offene Menge 11 ein flacher Bezirk der Mannigfaltigkeit 9J1. Es gibt daher ein Koordinatensystem für 11, in welchem die Zusammenhangskoeffizienten sämtlich verschwinden. Ist K die Karte für dieses Koordinatensystem, so sind

8fi . dfi - -' d:l' - A'·d:l·

, - 8:lj J - J J

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358 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

die Koordinatendifferentiale der Funktion Je = R,-1 0 K(X). Die Matrix A mit den Elementen A;. genügt dabei der Matrizengleichung

r·A = dA, die nach Ausführung der Multiplikation durch Vergleich der Matrixelemente in die vier Gleichungen

1 1 1 aA~ aA~ ~ A2d:l:2 = dAl = -a d:l:1 + -a d:l: 2 , :1:1 :1:1:1:2

1 2 2 aA~ aA~ - A2d:l:2 = dAl = -a d:l: 1 + -a d:l: 2 , :1:1 :1:1:1:2

1 1 1 1 aA~ aA~ - A2d:l:1 - :1:1 Al d:l: 2 = dA2 = -a d:l: 1 + -a d:l: 2 , :1:1 :1:1:1:2

1 2 2 2 aA~ aA~ - A2d:l:1 - :l:1 A1 d :l:2 = dA2 = -a d:l:1 + -a d:l: 2 :1:1 :1:1:1:2

zerfällt. Aus den ersten beiden ergibt sich einerseits

aA~ = 0 aA~ = 0, a:l:1 'a:l:1

so daß

für zunächst unbekannte Funktionen fund 9 gelten muß, andererseits

~ A~ = aA~, ~ A~ = aA~ , :1:1 a:l: 2 :1:1 a:l: 2

was dann A~ = :1:1/'(:1:2), A~ = :l:1g'(:l:2)

zur Folge hat. Um die noch nicht benützten Gleichungen

~ A~ = aA~, ~ A~ = aA~, -:l:1A~ = aA~, -:l:1A~ = aA~ :1:1 a:l:1 :1:1 a:l:1 0.:1:2 a:l: 2

zu erfüllen, müssen beide Funktionen fund 9 Lösungen der Differentialgleichung

y" + y = 0 sem. Mit ihrer allgemeinen Lösung, separat für die beiden Funktionen fund g, wird

die allgemeine Lösung der Gleichung (5.148). Der konstante Matrixfaktor rechts ermöglicht die freie Vorgabe der Matrixelemente Ai in einem beliebigen Punkt und garantiert so die eindeutige Lösbarkeit der Anfangswertaufgabe. Sein Auf­treten war auch deshalb zu erwarten, weil mit A auch das Produkt A . C eine Lösung der Gleichung (5.148) ist, worin zum Ausdruck kommt, daß die Koordi­naten, in denen die Zusammenhangskoeffizienten verschwinden, bis auf eine affine Transformation bestimmt sind.

Die Wahl (Xl = ß2 = 1, (X2 = ß1 = 0 ergibt

A = ( COS:l:2

-:1:1 Sln:l:2

und führt auf die Koordinaten

Page 91: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.5 Parallelverschiebung 359

Es ist dies der Fall, daß der ebene affine zweidimensionale Raum, aufgefaßt als Mannigfaltigkeit, mit Ausnahme des Koordinatenursprungs durch Polarkoordina­ten - die ihre geometrische Bedeutung freilich erst in einem euklidischen Raum erhalten - parametrisiert wird.

Sei v ein konstantes Vektorfeld auf der durch die Karte K parametrisierten offenen Menge 11. Die Koordinaten VI und V 2 bezüglich des Koordinatensystems der Karte K müssen dann die Bedingungen

beziehungsweise

(lVI = dV 1 + v 1,i + v 2 ,i = 0,

(lV2 = dV1 + V 2,; + V 2,; = 0

2 1 oV1 oV1 :/:1 V d:/:2 = dV = ~ d:/:1 + ~ d:/:2 ,

U:/:1 U:/:2

1 2 1 1 2 oV2 oV2 - - V d:/: l - - V d:/:2 = dV = -- d:/:1 + -- d:/:2 :/:1:/:1 0:/:1 0:/:2

erfüllen. Sie bestehen aus den vier Gleichungen

oV1 = 0 oV1

=:/:1 V 2 oV2 = _ ~ V 2

0:/:1 ' 0:/:2 0:/:1:/:1 oV2 = _~ V 1 0:/:2 :/:1

von denen die ersten beiden die Setzungen

V 1 = /(:/:2), V 2 = ~ /'(:/:2) :/:1

erforderlich machen. Die beiden übrigen können nur erfüllt werden, wenn die Funktion / der Differentialgleichung

/11 + / = 0 genügt. Mit dem allgemeinen Integral dieser Gleichung wird

V 1 = Al cos :/:2 + A 2 sin:/:2, V 2 = :1 (-Al sin:/:2 + A 2 cos :/:2 )

mit zwei beliebigen Konstanten Al und A2 : Ein konstantes Vektorfeld auf 11 hat bezüglich der Karte K, notwendig diese Koordinaten. Rechnet man sie auf die Koordinaten :Cl = :/:1 COS:/:2 und :C2 = :/:1 sin:/:2 der Karte K. um, so erhält man

V1 = Al, V2 = A 2 •

Auf Grund der Torsionsfreiheit gibt es zu zwei konstanten und linear unabhängi­gen Vektorfeldern stets eine Karte, sodaß diese Vektorfelder die Basisvektoren des Koordinatensystems dieser Karte sind. Nimmt man für

V1 = COS:/:2 01 - ~ sin:/:2 0:/:2, :/:1

so sind die dualen Linearformen

V2 = sin:/:2 01 + ~ COS:/:2 0:/:2 , :/:1

0 1 = COS :/:2 d:/:1 - :/:1 sin:/:2 d:/:2 = d:C1, 0 2 = sin:/:2 d:/:1 + :/:1 COS :/:2 d:/:2 = d:C2 .

Das Koordinatensystem, in welchem die beiden Vektorfelder V1 und V2 die Basis­vektoren sind, ist also dasjenige der Karte K..

Um jetzt nicht den Eindruck enstehen zu lassen, eine flache Mannigfaltigkeit sei notwendig ein affiner Raum oder ein Bezirk desselben, sei mit folgendem Beispiel dieses Thema abgeschlossen.

Der dreidimensionale euklidische Raum e möge auf kartesische Koordinaten 6,6,6 bezogen sein. Die Gleichung F(6,6,6) = 1- e; - ei = 0 beschreibt eine kreiszylindrische Fläche 3, deren Mittellinie in der 6-Achse des kartesischen

Page 92: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

360 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Koordinatensystems im ~3 liegt. Setzt man Zl = 6 und Z2 = 6, so ist die auf 3 durch die affine Struktur des euklidischen Einbettungsraumes induzierte Parallelverschiebung durch die Matrix

r= (-tdln~1-zn ~)

gegeben. Man verifiziert ohne Schwierigkeiten

T = dz /I. r = 0 , p = dr - r /I. r = 0

wegen dr = r /I. r = O. Die zylindrische Fläche 3 ist daher eine flache Mannig­faltigkeit. Eine Lösung der Gleichung

r·A = dA

liefert die reguläre Matrix

welche auf die Koordinatentransformation

führt. In diesem Koordinatensystem verschwindet die Matrix der 1-Formen des affinen Zusammenhangs auf 3. Zum Nachweis dessen ist mit f' = 0 die Transfor­mationsgleichung (5.108) zu bestätigen: man findet mit

T = CO~il ~) als der Matrix der Transformation auch wirklich

f' = (T. r + dT) . T- 1

= [( co~ il ~)- Can i~ dil ~) + ( - sin ~l dil ~)] -( COiX1 ~) = O.

Die konstanten Vektorfelder auf der zylindrischen Fläche 3 haben - im Koordi­natensystem der Karte", - notwendig die Koordinaten

VI = Al V1 - z~, V 2 = A2

mit zwei beliebigen Konstanten Al und A2 : Diese sind auch die Koordinaten des Vektorfeldes v im Koordinatensystem der Karte K. Der Leser veranschauliche sich diese Situation auf der zylindrischen Fläche! Den Kartenwechsel '" -> K kann man sich dabei als "Abwickeln" der zylindrischen Fläche, d.h. als ihr Ausbreiten in der (6,6 )-Ebene des Koordinatensystems im euklidischen Raum ~3 vorstellen.

Aus dem Krümmungstensor 1( läßt sich durch Verjüngung ein zwel­stufiger rein kovarianter Tensor 'R. mit den Koordinaten

k arfj 8r:k k h k h Rij = R ikj = -8 - -8 + rhkrij - rhjr ik

Xk Xj (5.150)

in einem lokalen Bezugssystem ableiten. Er wird der Ricci- TenlJOr des affinen Zusammenhangs V genannt. Er ist von zentraler Bedeutung für die Theorie der Gravitation, sowohl nach NEWTON als auch nach EINSTEIN .

Page 93: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.6 Differentiation der Tensorfelder 361

Abschließend sei noch auf die Beziehungen zwischen den Torsionsfor­men und den Krümmungsformen hingewiesen, die sich durch Bildung der äußeren Ableitung ergeben. Zunächst ist

dr = -d(dx 1\ r) = -d2x 1\ r + dx 1\ dr

= dx 1\ dr = dx 1\ (p + r 1\ r) = dx 1\ P + dx 1\ r 1\ r , also unter Berücksichtigung von (5.127)

dr = dx 1\ P - r 1\ r . Bildet man die äußere Ableitung der Matrix p, so erhält man

dp = d2 r - dr 1\ r + r 1\ dr = -dr 1\ r + r 1\ dr

= -(p + r 1\ r) 1\ r + r 1\ (p + r 1\ r),

somit dp = r 1\ p - P 1\ r .

5.6 Differentiation der Tensorfelder

(5.151)

(5.152)

Die Parallelverschiebung von Vektoren in affinen Räumen ermöglicht es, Vektoren in benachbarten Punkten miteinander zu vergleichen und eine Ableitung von Vektorfeldern einzuführen, analog der Richtungsableitung von Skalarfeldern. Dieser Ableitungsbegriff ließ sich auf eindeutige Weise zu einer Tensor-Ableitung erweitern, indem drei Forderungen gestellt wurden, nämlich die Eigenschaft der Linearität, die Gültigkeit der Produktregel und die Vertauschbarkeit mit Verjüngungen. Diese Konzeption der Tensor­Differentiation läßt sich auf Mannigfaltigkeiten übertragen, wenn ein affiner Zusammenhang V' und damit die Möglichkeit zur Parallel verschiebung von Vektoren gegeben ist.

Ist auf einer Mannigfaltigkeit VJt ein affiner Zusammenhang V' gegeben, so hat es einen Sinn, von der Änderung eines Vektors zu sprechen, indem man ihn durch infinitesimale Parallelverschiebung in Richtung eines Tan­gentenvektors jenem Vektor gegenüberstellt, der dem in dieser Richtung infinitesimal benachbarten Punkt zugeordnet ist. Unter Bezugnahme auf eine Karte /'i, um den Punkt P E VJt ist

. (ßVi k·)· V'uv=ilV'(U)ßi= ßx' +V f1j U'ßi , die von P aus in der Richtung u E Tp(VJt) auftretende Änderung eines Vektorfeldes v (vgl. (5.111)); sie verallgemeinert die Änderung (3.35) ei­nes Vektorfeldes in einem affinen Raum, ist aber nicht wie dort durch eine Grundstruktur gegeben, sondern durch den affinen Zusammenhang auf der

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362 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Mannigfaltigkeit 9Jt, der eigens eingeführt werden muß. Dieser Richtungs­ableitung für Vektorfelder, ebenso der Richtungsableitung

V'uw := dw(u) = u(w)

eines Skalarfeldes, kommen alle Eigenschaften zu, die der in (3.35) ein­geführte Operator V' u in affinen Räumen besitzt. Es liegt deshalb nahe, da in affinen Räumen die Änderung eines Vektorfeldes auf eindeutige Weise zu einer Tensor-Differentiation erweitert werden kann, die Richtungsableitung eines Skalar- bzw. Vektorfeldes zu einer Differentiation von Tensorfeldern auf Mannigfaltigkeiten auszudehnen, indem man den durch den affinen Zu­sammenhang auf 9Jt gegebenen Operator V' u in eine Vorschrift "einbettet", welche einem Tensorfeld beliebiger Stufe und Art ein wohlbestimmtes Ten­sorfeld derselben Stufe und Art zuordnet.

Unter einer Tensor-Ableitung auf einer Mannigfaltigkeit 9Jt versteht man eine Familie von Abbildungen d: t~(9Jt) -t t~(9Jt) mit folgenden drei grundlegenden Eigenschaften: Die Abbildungen d sind linear, d.h. es gilt für ep, 'l/; E t~(9Jt) und für beliebige Zahlen >., Il E IR

d(>'ep + Il'l/;) = >'dep + Ild'l/;, (5.153)

sie genügen für ep E t~(9Jt), 'l/; E t~(9Jt) der Produktregel

d( ep ® 'l/;) = dep ® 'l/; + ep ® d'l/;

und sie sind mit Verjüngungen vertauschbar,

dVep = Vdep.

(5.154)

(5.155)

Die Frage, ob ein affiner Zusammenhang auf W1 eine Tensor-Ableitung festlegt, wird durch folgende Aussage positiv beantwortet:

Ist auf einer Mannigfaltigkeit 9Jt ein affiner Zusammenhang V' gegeben, so läßt sich die Richtungsableitung V' uv auf genau eine Weise zu einer Tensor-Ableitung erweitern insofern, als es zu jedem Vektorfeld u auf 9Jt eine Tensor-Ableitung V' u : t~(9Jt) -t t~(9Jt) gibt, welche für ein Skalarfeld w die Ableitung von w in der Richtung von u,

V'uw = u(w) = dw(u) , (5.156)

für ein Vektorfeld v die Ableitung von v in der Richtung von u ist,

V'uv = DVi (u)8i , (5.157)

und schließlich die Forderung

V' wuep = wV' uep (5.158)

für jedes Skalarfeld w und jedes Tensorfeld ep erfüllt (vgl. (3.36) bis (3.41)). Der Tensor dep = V' uep heißt die kovariante Ableitung von ep bezüglich des Vektorfeldes u. 21 )

21) Das Beiwort "kovariant" hat in diesem Zusammenhang nicht dessen Bedeu­tung im bisherigen Sprachgebrauch, vielmehr soll damit auf den Tensorcharakter von \l ur.p hingewiesen werden; dementsprechend versteht man unter "kovarianter Formulierung" von Gesetzmäßigkeiten eine solche mit Hilfe tensorieller Größen.

Page 95: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.6 Differentiation der Tensorfelder 363

Der Ausgangspunkt zur Konstruktion der kovarianten Ableitung eines Tensorfeldes auf einer Mannigfaltigkeit mit affinen Zusammenhang V ist derselbe ist wie bei der Ableitung von Tensorfeldern in affinen Räumen, nämlich die Richtungsableitung von Skalar- und Vektorfeldern, wobei letz­tere jetzt durch den affinen Zusammenhang gegeben ist. Da der kovarianten Differentiation, wie jeder Tensor-Ableitung, dieselben Forderungen zugrun­deliegen, führt die koordinatenfreie Darstellung der kovarianten Ableitung eines Tensorfeldes wie in affinen Räumen auf (vgl. (3.42))

(VuCf')(a1 , .•. ,vn ) = VuCf'(a1 , ... ,vn )

- Cf'(Vua1 , ... ,vn ) - ... - Cf'(a1 , ... , Vuvn ).

Ein Tensorfeld Cf' heißt kovariant konstant, wenn V uCf' = 0 für jedes Vektorfeld u gilt.

Die Vorschrift zur Bestimmung der Koordinaten des Tensors V uCf' ist nicht mehr so einfach wie in affinen Räumen. Sie hängt einerseits linear von den Koordinatendifferentialen des Tensors Cf' ab, andererseits aber auch, im Unterschied zur Situation in affinen Räumen, von den Koordinaten selbst; das Vektorfeld u geht dabei wieder nur durch seine Koordinaten ein, und zwar auf lineare Weise. Auf den vollständigen Beweis dieses Existenz- und Eindeutigkeitssatzes, dessen Grundgedanke in Kap. 3, §4 bei der Lösung derselben Aufgabe in affinen Räumen schon entwickelt wurde, kann jetzt verzichtet werden, vielmehr soll das Bildungsgesetz zur Bestimmung der Koordinaten der kovarianten Ableitung von Tensorfeldern diverser Stufe und Art in den Vordergrund rücken.

Die Ableitung eines Skalarfeldes bzw. eines kontravarianten Vektorfel­des ist durch (5.156) und (5.157) bereits gegeben. Die kovariante Ableitung einer Linearform ist

Der Nachweis, daß die rechte Seite dieser Gleichung eine Linearform dar­stellt, ist gleichlautend mit demjenigen in affinen Räumen. In lokalen Ko­ordinaten lautet die rechte Seite dieser Gleichung

8( CIi i Vi) Uk _ CIii ('lVi Uk = 8CIi i ViU k + 8Vi CIiiUk _ CIi i (8Vi Uk _ riok vj Uk) 8Xk ('IXk 8Xk 8Xk 8Xk]

= ( 8CIi i _ CIi-r~ )ViUk 8Xk J ,k ,

sodaß

( 8CIii _ r~ CIi 0) Uk 8Xk ,k J

die Koordinaten der kovarianten Ableitung V uCf' sind. Setzt man für Ko­ordinaten kovarianter Vektorfelder

('ICIi i .- 8CIii _ r j CIi °

('Ixk .- 8Xk ik J

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364 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

und . (lq,i

(lq,i := dq,i - r~kq,J· dXk = - dXk , • (lXk

so schreibt sich die kovariante Ableitung einer Linearform in Koordinaten22 )

(5.159)

(5.160)

Die Verallgemeinerungen der partiellen Differentialquotienten für die Koordinaten ko- und kontravarianter Vektorfelder genügen der gewöhn­lichen Produktregel zur Bildung partieller Ableitungen. Erklärt man für Skalarfelder

(lw 8w (lxk .- 8Xk '

so können, wenn cp = q,idxi eine Linearform und v V i8i ein Vektor­feld ist, die partiellen Differentialquotienten des Skalarfeldes cp( v) = q, i Vi über eine Produktregel der kovarianten partiellen Differentiation gebildet werden,

Die kovariante Ableitung eines kontravarianten Tensorfeldes cp der Stu­fe zwei lautet

(\7 ucp)( a, ß) = \7 ucp( a, ß) - cp(\7 ua , ß) - cp( a, \7 uß) .

Ist cp = q,ij 8i ® 8j in lokalen Koordinaten, so ergibt sich für die rechte Seite dieser Gleichung unter Berücksichtigung von cp( a, ß) = q,ij AiBj sowie der Regel (5.159) für die Ableitung einer Linearform

8( q,ij AiBj) Uk _ q,ij (lAi BjUk _ q,ij Ai (lBj Uk 8Xk (lxk (lxk

= 8(q,ijAiB j) Uk _ q,ijB.(8Ai _ A r! )Uk _ q,ijA-(8Bj _ B r l. )Uk 8 ] 8 I .k • 8 I Jk Xk Xk Xk

( 8q,ij i I· . il) k = 8Xk + rlkq, ] + rfk q, AiBjU;

22) Man beachte, daß die I-Formen il<]ii für kovariante Koordinaten einem an­deren Bildungsgesetz unterliegen als die I-Formen ilV i für kontravariante Koor­dinaten!

Page 97: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.6 Differentiation der Tensorfelder 365

somit ist

V' u (<<p ii Oi ® 0i) = (~!~ + r;k «pli + r{k «pil) Uk Oi ® 0i (5.161)

die Koordinatendarstellung der kovarianten Ableitung eines kontravarian­ten Tensors zweiter Stufe. Führt man durch

D«pii ._ O«pii r i ""li ri ""il " .- ~ + Ik'J' + Ik 'J' vXk UXk

die kovarianten partiellen Ableitungen für die Koordinaten kontravarianter zweistufiger Tensorfelder ein, so ist für t,p = v ® w, also «pii = ViWi,

D(ViWi) _ o(ViWi) r i VIWi r i ViWI " - ~ + Ik + Ik vXk UXk

= oVi Wi + Vi OWi + r i VIWi + r i ViWI &k &k ~ ~

=(OVi rivl)wi Vi(OWi riwI)=DViWj V iDWj ~ + Ik + ~ + Ik " +,,' UXk UXk vXk vXk

Die kovariante Ableitung eines gemischten Tensors t,p der Stufe zwei lautet

(V' ut,p)( 0:, v) = V' ut,p( 0:, v) - t,p(V' uo:"v) - t,p( 0:, V' uv) .

Ist in lokalen Koordinaten t,p = «P~ Oi ® dXj, so erhält man für die rechte Seite dieser Gleichung mit t,p( 0:, v) = «P~Ai vj sowie den Regeln (5.157) und (5.159)

o(<<pi. A-Vi) . DA-· . DVj J ' Uk _ «p'. _' VJUk - «p'.Ai __ Uk OXk J DXk J DXk

o(<P;AiVi) Uk _ «pi. Vi (OAi _ A r! )Uk _ «pi.A.(OVj + vlr i )Uk OXk J OXk I ,k J ' OXk Ik

( O«P; i I I i) j k = OXk + r1k«P j - rjk«P1 AiV U ,

woraus sich nun die lokale Darstellung

(5.162)

der kovarianten Ableitung eines gemischten Tensors zweiter Stufe ergibt. Führt man durch

D«P). o«P~ i I I i - .= - + r1k«P· - r 'k«P1 DXk OXk J J

die kovarianten partiellen Differentialquotienten für Koordinaten gemisch­ter Tensodelder zweiter Stufe ein, so ist für t,p = 0: ® v

D(Ai Vi) = DAj Vi + Aj DVi .

DXk DXk DXk

Page 98: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

366 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Schließlich lautet die kovariante Ableitung eines kovarianten Tensor­feldes zweiter Stufe

(V'"Cf')(v,w) = V'"Cf'(v,w) - Cf'(V'"v,w) - Cf'(v, V'"w). Ist Cf' = cJ>ii dXi ® dXi eine Darstellung von Cf' in lokalen Koordinaten, so ergibt die rechte Seite

Ö(cJ>ii ViWi ) U k _ cJ>ii (lVi WiUk _ cJ>iiVi (lWi U k ÖXk (lXk (lXk

= (~:~ - r~kcJ>lj - r;kcJ>i/)ViWiUk

(5.163)

Setzt man für die kovarianten partiellen Differentialquotienten kovarianter zweistufiger Tensoren

(lcJ>ij öcJ>ij I I -- := -13 - rikcJ>li - rikcJ>i/, (lxk Xk

so gilt, wenn Cf' das Tensorprodukt a ® ß zweier Linearformen ist,

(l(AiBi ) _ (lAi B. + A- (lBi (lxk - (lxk J • (lxk .

Eine analoge Vorgangsweise führt zu lokalen Darstellungen der Ablei­tungen von Tensoren höherer Stufe. Die bisherigen Ergebnisse aber lassen das Bildungsgesetz bereits erkennen. Sind cJ>~::::~ lokale Koordinaten für Cf', so ist zur Bestimmung der Koordinaten von V' "Cf' den gewöhnlichen par­tiellen Differentialquotienten

öcJ> i1 ... i!' Jt· .. Jq Uk

ÖXk

für jeden kontravarianten Index cJ>:::i::: ein Term

;r,. .. ·I .. · r i Uk 'i"...... Ik

hinzuzuzählen, für jeden kovarianten Index cJ>:::i::: ist ein Term

cJ>'" "TI. Uk ···1··· Jk

abzuziehen. Mit der Setzung

(lcJ>i.t ... i!, ÖcJ>i.t ... i.p p q Jt .. ·Jq._ Jt .. ·Jq + ~ ri"cJ>i.t ... L..ip _ ~ rl. cJ>i.t ... ip .

(lxk ÖXk 6 Ik Jt .. ·Jq 6 J.k Jt ... I. .. Jq ~=1 v=l

beziehungsweise

(5.164)

(lcJ>i.t ... i.p := dcJ>i.t ... i.p + (~ri" cJ>i.t ... L..ip _ ~ r l. cJ>i.t ... iP .) dXk (5.165) Jt ... Jq Jt ... Jq 6 Ik Jt .. ·Jq 6 J. k Jt ... L..Jq

~=1 v=l

Page 99: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.6 Differentiation der Tensorfelder 367

sind (I~i.l ... i!, ..

Jl···Jq Uk = (I~'.l····.P (u) (Ix k Jl···Jq

die Koordinaten des Tensors V' u!.p. Die Größen (5.165) heißen die kovari­anten Differentiale der Koordinaten des Tensors !.pj sie transformieren sich nach demselben Gesetz wie die Koordinaten von!.p. Für die gewöhnlichen und die kovarianten partiellen Ableitungen (5.164) sind auch Schreibweisen wIe

ß~ i.1 •.• i.p .. (I~ i.1 ... i!, .. .. J1 ... Jq _ ~'l···'P Jl···Jq = ~'?"".p = ~'.l···'.P

ßXk - it···jq,k' (lxk J1 ... Jqjk J1···Jqlk

gebräuchlich. Sind !.p und ~ beliebige Tensoren, so gilt die Produktregel

(5.166)

entsprechend der Produktregel zur Bildung "gewöhnlicher" partieller Diffe­rentialquotienten. Der Produktregel (5.154) der Tensor-Differentiation ent­spricht in lokalen Koordinaten eine Produktregel zur Bildung kovarianter partieller Ableitungen, welche formal mit jener der gewöhnlichen partiellen Differentiation identisch ist. Die kovarianten Differentiale bzw. die kovari­anten partiellen Ableitungen übernehmen auf einer affin zusammenhängen­den Mannigfaltigkeit jene Rolle, welche die gewöhnlichen Differentiale bzw. die gewöhnlichen partiellen Differentialquotienten in affinen Räumen inne­haben. Zu beachten ist dabei allerdings, daß dem Operator il~i je nach der Natur des Objektes, auf das er angewendet werden soll, eine individuelle Rechenvorschrift zugrunde liegt.

Wie die gewöhnliche partielle Differentiation ist die kovariante partielle Differentiation linear, d.h. vertauschbar mit der Addition und der Multi­plikation mit Zahlen, und wie diese genügt sie einer Produktregel. Ein wichtiges Merkmal geht allerdings nicht auf die kovarianten partiellen Dif­ferentialquotienten über: die Gleichheit der gemischten Ableitungen. Die­ser Umstand hängt eng mit der Torsion und der Krümmung des Raumes zusammen.

Bildet man in lokalen Koordinaten die kovariante Ableitung des Diffe­rentials eines Skalarfeldes,

. (I ßw . (l2 w V'vdw = VJ -- dXi = VJ --- dXi,

(Ix j ßXi (Ix j (lxi

so ergibt die Anwendung auf ein zweites Vektorfeld u mit (5.160)

. . (l2 w (V'vdw)(u) = U'VJ --.

(Ix j (lxi

Vertauscht man die Rollen von u und v, so erhält man durch Bildung der Differenz

Page 100: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

368 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Auf Grund der Produktregel sowie der Vertauschbarkeit mit Verjüngungen ist

und deshalb

(V'l1dw)(U) - (V'udw)(v) = V'l1dw(U) - (dw, V'l1U) - V'udw(v) + (dw, V'uv)

= v (dw(u)) -dw(V'l1U)-u(dw(v)) +dw(V'uv)

= (v 0 u)(w) - (u 0 v)(w) + dw(V'uv - V'l1U) ,

also (V'l1dw)(U) - (V'udw)(v) = dw(t(u, v)) ,

worin t die bilineare Abbildung (5.129) ist. Nun folgt mit (5.131) weiter

dw(t(u,v)) = (dw, t(u,v)) = T(dw,u,v)

und daher (V'l1dw)(U) - (V'udw)(v) = T(dw,u,v)

bzw. in lokalen Koordinaten

il2w il2w I ßw -- - -- = T.. - (5.167) ilxjilxi ilXiilXj '1 ßXI .

Infolgedessen sind schon die gemischten kovarianten partiellen Differential­quotienten eines Skalarfeldes einander i.a. nicht gleich, es sei denn, der affine Zusammenhang der Mannigfaltigkeit ID1 ist torsionsfrei.

Für das Folgende erweist es sich als zweckdienlich, die Operationsvor­schrift (5.141) auf beliebige Tensorfelder auszudehnen. Damit wird t zu einer Abbildung

t : \)2 (ID1) x t:(ID1) ~ t:(ID1) , n, m :::: 0,

die offenkundig in allen ihren Argumenten linear ist; dabei gilt für n = m = 0, also für ein Skalarfeld

t(u,v)w = V' u V' llW - V' 11 V' uW - V'[U,l1]W

= V'udw(v) - V'l1dw(U) - dw([u,vJ) = d2w(u,v) = 0 (5.168)

wegen (5.156) und der Darstellung (5.34) des Differentials einer reellwer­tigen Differentilaform. Ist cp eine beliebige Linearform, wein beliebiges Vektorfeld, so ergibt die Ableitung des Skalarfeldes cp(w) = (cp,w) bezüg­lich eines Vektorfeldes v auf Grund der Regeln (5.154) und (5.155)

V'l1(CP,W) = (V'l1CP,W) + (cp, V'l1W) ,

nochmalige Ableitung bezüglich eines zweiten Vektorfeldes u

V'u V'l1(CP,W) = (V'u V'l1CP,W) + (V'l1CP, V'uw) + (V'uCP, V'l1W) + (cp, V'u V'l1W). Durch Vertauschen der Rollen von u und v und anschließende Subtrak­tion beider Gleichungen wird daraus, wenn man vom Ergebnis noch die darüberstehende Gleichung mit [u, v] an Stelle von v abzieht,

t(u,v)(cp,w) = (t(u,v)cp,w) + (cp,t(u,v)w) ,

Page 101: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.6 Differentiation der Tensorfelder 369

also wegen (5.168) und (5.143)

(t(v,u)cp,w) = (cp,t(u,v)w). (5.169)

Somit ist auf Grund der Gleichung (5.144)

oder

(t(v,u)cp)(w) = (t(v,u)cp,w) = 1C(cp,w,u,v)

t(v,u)cp = 1C(cp,o,u,v).

Ist cp ein beliebiges Tensorfeld mit Koordinaten q,:::, so sind

VI ~q,::: ~XI

die Koordinaten des Tensors V VCP und deshalb

Ul ~ (V k ~q,:::) ~XI ~Xk

die Koordinaten von V u V vCPi ferner sind

~Vk ~q,'" Ul _-_."

~XI ~Xk

die Koordinaten von V" .. vCP. Faßt man zusammen, so erhält man mit Hilfe der Produktregel der kovarianten partiellen Differentiation die Ausdrücke

Ul ~ (Vk ~q,:::) _ U l ~Vk ~q,::: = UIV k ~2q,::: ~XI ~Xk ~XI ~Xk ~XI~Xk

für die Koordinaten des Tensorfeldes (V u V v - V"" v )cp. Vertauscht man die Rollen von u und v, so findet man für die Koordinaten des Tensorfeldes

(VuVv - VvVu - V" .. v + V"vu)cp = (t(u,v) - Vt(u,v))CP die Ausdrücke

( ~2q,::: _ ~2q,::: ) UIV k .

~XI~Xk ~Xk~XI

Dies läßt erkennen, daß die gemischten kovarianten partiellen Differential­quotienten genau dann gleich sind, wenn

t(u,v) = Vt(u,v) gilt, was nur dann zutrifft, wenn sowohl der Torsionstensor T als auch der Krümmungstensor 1C verschwindet, der Raum also flach ist.

Für eine Linearform cp mit den lokalen Koordinaten q,i ergibt die obige Formel mit einem beliebigen Vektorfeld w neben u und v

( ( )) I k . ( ~2 q, i ~2 q, i ) t(u,v) - Vt(u v) cp,w = U V w} -- - --, ~XI~Xk ~Xk~XI

= (Vt(v,u)cp,w) + (cp,t(v,u)w)

= Ti VkUIWi ~q,i + R i. q,.WiVkUI kl ~Xi}k1 , ,

Page 102: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

370 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

wegen (5.169) und t(u,v) = Tlk u/Vk 8i , sodaß

()2q,j _ (l2q,j _ Ti (lq,j R i "'. - k/ + 'k/'t', .

(lX/(lxk (lXk(lX/ (lxi J (5.170)

Ist 1/1 eine beliebige Linearform mit den Koordinaten W i und das Tensorfeld cp ein Vektorfeld w, so erhält man

( (l2Wi ()2Wi )

(1/1, (t(u,v) - V't(u,,,»)w) = Wi U /Vk -- - --()X/(lxk (lxk(lX/

= (1/1, V't(",u)w) + 1C(1/1,w,u,v)

= Tj w-U/V k (lWi + R i. W'WjU/V k

k/' (Ix' J/k' J

und somit, wenn man mit Rücksicht auf die nachfolgende Erweiterung auf beliebige Tensorfelder von der Schiefsymmetrie (5.146) des Krümmungsten­sors Gebrauch macht,

2 i 2 i i ~ _ ~ = TL (lW - Ri.k/Wj • (lX/(lXk (lXk(lX/ (lXj J

Ähnliche, jedoch kompliziertere Gleichungen erhält man zur Darstel­lung der Differenzen gemischter kovarianter partieller Differentialquotienten von Tensorfeldern höherer Stufe und allgemeiner Art. Ist cp E t:(W't) ein Tensorfeld mit Koordinaten q,:::, so ist bei der Auswertung der Differenz

(l2q,'" (l2q,'" . (lq,'" --'-" - --'-" = Tk/ -'" + ... (5.171) (lX/(lxk (lXk(lXI (lXi

für jeden kontravarianten Index q,:::i::: auf der rechten Seite ein Term Ri q, ... j .. .

jk/ ..... .

abzuziehen, für jeden kovarianten Index q,:::j::: ist ein Term

R' q, ...... jk/ .. ·i .. ·

hinzuzuzählen. -

N eben der kovarianten Differentiation von Tensorfeldern ist eine zweite Tensor-Differentiation von Bedeutung. Obwohl auch sie vom Vergleich von Vektoren in benachbarten Punkten ausgeht, unterscheidet sie sich grundle­gend von der kovarianten Differentiation, die auf der infinitesimalen Paral­lelverschiebung beruht. Sie benötigt deshalb auch nicht die Struktur eines affinen Zusammenhangs.

Sei v ein beliebiges Vektorfeld auf W't. Dann heißt die diesem Vektorfeld zugeordnete Abbildung L" : b(W't) -7 b(W't),

L"U := [v,u] , (5.172)

die Lie-Ableitung von u bezüglich des Vektorfeldes v. Für ein Skalarfeld w setzt man

L"W := v(w) = dw(v). (5.173)

Page 103: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.6 Differentiation der Tensorfelder 371

Ist auf einer Mannigfaltigkeit ~ ein Vektorfeld v gegeben, so kann man fragen, ob es eine "Strömung" auf ~ gibt, deren Geschwindigkeitsfeld gerade das Vek­torfeld v ist. Mit anderen Worten, es wird nach Kurven auf ~ gesucht, deren Tangentenvektor in jedem Punkt P E ~ der Feldvektor v(P) ist. Diese Kurven sind als die "Stromlinien" bzw. "Feldlinien" des Vektorfeldes v anzusehen und werden Integralkurven des Vektorfeldes v genannt.

Ist I : I -+ ~ eine solche Integralkurve und K ein lokales Koordinatensystem für 1L C ~, so müssen, wenn der Tangentenvektor in jedem Punkt P E ~ der Feldvektor v(P) sein soll, die Koordinaten :Ci(t) der Funktion :c = K- 1 0 I das Differentialgleichungssystem

d:Ci i dt=V(:C1., .•• ,:CN ), i=1,2, ... ,N, (5.174)

lösen. Der Existenz- und Eindeutigkeitssatz für Systeme gewöhnlicher Differential­gleichungen erster Ordnung gewährleistet nun umgekehrt, daß es zu vorgegebe­nen Anfangswerten der Systemgrößen :Ci, welche die Lösungsfunktionen für einen festen Wert to des Kurvenparameters annehmen sollen, genau ein System von Lösungsfunktionen in einem bestimmten Intervall um t o gibt, durch das diese Anfangsbedingungen und die Differentialgleichungen (5.174) erfüllt werden. Des­halb geht durch jeden Punkt der Mannigfaltigkeit ~ genau eine Integralkurve, zwei Integralkurven können sich weder berühren noch kreuzen. Da der Kurven­parameter t in den Differentialgleichungen (5.174) explizit nicht aufscheint, kann man ohne Beschränkung der Allgemeinheit für t o = 0 setzen. Es bezeichne für das Folgende :c( tj x) jene in einem gewissen Intervall ]- 6,6 [ definierte Lösung des Systems (1.158), welche die Anfangsbedingung :c(Oj x) = x erfülltj dann ist durch die Funktion K 0 :c(tj x) ein gewisses Stück der Integralkurve durch den Punkt P = K(X) gegeben, wobei die Parametrisierung so eingerichtet ist, daß dem Punkt P der Wert t = 0 des Kurvenparameters entspricht.

Sei also PEil ein beliebiger Punkt und :c(tj x) eine auf dem Intervall]- 6, 6 [ gegebene Lösung des Systems (5.174). Erteilt man dem Kurvenparameter einen festen Wert t E ]- 6,6[, so wird dem Punkt P der Punkt Q = K 0 :c(tj x) E il zugeordnetj er liegt auf der Integralkurve durch den Punkt P und hat bezüglich der Karte K angenähert die Koordinaten :Ci + tVi(x). Auf diese Weise ist für alle hinlänglich kleinen Werte des Kurvenparameters t eine Abbildung 4>t : 1L -4 1L gegeben, die man den Fluß des Vektorfeldes v nennt. Sie hat auf Grund ihrer Konstruktion die Eigenschaft 4>o(P) = Pj da ferner

:c(t1 + t2jXo ) = :c(t1 j :c(t2jXo ))

für für alle hinreichend kleinen Werte von t 1, t2 gilt, ist

4>t1 +t2 = 4>t1 0 4>t2 . Setzt man darin für t 1 = -t2 = t, so ergibt sich, wie es ja auch aus der Konstruk­tion der Abbildung 4>t her klar ist, ihre Umkehrbarkeit, und zwar erhält man, da 4>0 die identische Abbildung ist, die Umkehrung durch Ersetzen von t durch -t,

4>;1 = 4>-t . Die Abbildung 4>t ist, ebenso wie ihre Umkehrung, differenzierbar. Durch das Differential d4>t : Tp -+ 4,(P) wird jedem Vektor aus dem Tangentialraum des Punktes P ein Vektor aus dem Tangentialraum des benachbarten Punktes 4>t(P) zugeordnet, umgekehrt transferiert das Differential d4>-t : 4,(P) -+ Tp jeden Vektor aus dem Tangentialraum des Punktes 4>t(P) in den Tangentialraum des Punktes P zurück. Auf diese Weise läßt sich der Feldvektor u (4)t (P)) E T<J>,(p)

mit dem Vektor u(P) E Tp vergleichen, indem man ihn mittels der Abbildung d4>-t in den Tangentialraum des Punktes P bringt und die Differenz

d4>-t (u[4>t(P)]) - u(P) (5.175)

Page 104: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

372 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

der beiden Vektoren im Tangentialraum Tp bildet. Nach Division durch t und Grenzübergang t ---> 0 erhält man dann

,E"u = lim d4>-t(u[4>t(p)]) - u(P) . (5.176) t-->O t

Zur Berechnung dieses Grenzwertes ist zunächst die Differenz (5.175) nach Poten­zen von t zu entwickeln, wobei man sich auf die in t linearen Terme beschränken kann. Bezeichnet

iii = :l:i(t; x) = :l:i + tVi(x) + ... die Koordinaten des Punktes 4>t (P) bezüglich der Karte It, so ist zunächst

.. . 8~· U' (x) = U' (x + t V (x) + ... ) = u' (x) + t - VJ (x) + ... ,

8:1:j

worin die partiellen Ableitungen im Punkt P zu nehmen sind. Da

8iii i 8Vi -=5·+t-+ .. · 8:1:j J 8rej

die Elemente der Matrix von d4>t sind, erhält man über die Entwicklungen . 8Vi 5~-t-+ .. ·

J 8rej

die Elemente ihrer Inversen, also die Matrix von d4>-t im Koordinatensystem der Karte K. Infolgedessen beginnt die Entwicklung der i-ten Koordinate des Vektors d4>-t (u[4>t(P)]) mit

(5i _ t 8Vi + ... ) (U j + t 8Uj V k + ... ) = Ui + t (8Ui V j _ Uj 8Vi ) + .... J 8rej 8rek 8:1:j 8rej

Daher ist

t (8Ui V j _ Uj 8Vi ) + ... 8:1:; ß:I:;

die i-te Koordinate der Differenz (5.175); nach Division durch t führt der Grenz­übergang t ---> 0 in (5.176) auf den Vektor [v,u] = L"U.

Die Lie-Ableitung eines Vektorfeldes kann man sich durch folgendes Bild ver­anschaulichen. Ein Beobachter im Raum, der in Richtung einer Integralkurve von einem Punkt P aus einen infinitesimalen Schritt macht, registriert im benachbar­ten Punkt andere Werte für die Koordinaten eines Vektorfeldes und faßt diesen Sachverhalt als einen Wechsel rei ---> iii der Koordinaten auf, indem er bei diesem Schritt sozusagen sein Koordinatensystem mitgenommen hat. Er transformiert auf seine Koordinaten zurück und vergleicht das Ergebnis mit den Werten der Koordinaten in seinem mitgenommenen Bezugssystem: die Änderung, die sich für ihn dabei ergibt, ist die Lie-Ableitung des Vektorfeldes.

Verschwindet die Lie-Ableitung eines Vektorfeldes, so stellt der Beobachter keine Änderungen bei einer infinitesimalen Ortsänderung in Richtung der Inte­gralkurve durch seinen Standort fest. Man veranschauliche sich dies an Hand der Beziehungen

,E"v = [v,v] = 0 und Lai8j = [8i,8j] = O!

Die Lie-Ableitung eines Skalarfeldes ist die Änderung des Skalars bei infini­tesimalem Fortschreiten längs einer Integralkurve,

f> • w(4)t(P)) - w(P) . w(x + tV(x) + ... ) - w(x) L"W = hm = hm -'----------'-----

t-->O t t-->O t 1( 8w· ) ßw .

= lim - w(x) + t -ß VJ(x) + ... - w(x) = -8 V J = v(w) = dw(v). t-->O t ';Cj rej

Page 105: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.6 Differentiation der Tensorfelder 373

Es liegt nahe, die Lie-Ableitung für Skalar- und Vektorfelder zu einer Tensor-Ableitung zu verallgemeinern. Wie bei der kovarianten Differentia­tion reichen die Definitionen (5.172) und (5.173) hiefür aus:

Zu jedem Vektorfeld v auf einer Mannigfaltigkeit 9Jt gibt es genau eine Tensor-Ableitung Lv : t:(9Jt) ----7 t:(9Jt), welche für ein Skalarfeld w mit der Richtungsableitung (5.173) übereinstimmt und für ein Vektorfeld u das Lie-Produkt (5.172) ist. Der Tensor dr,o = Lvr,o heißt die Lie-Ableitung des Tensorfeldes r,o bezüglich des Vektorfeldes v.

Der Beweis für diesen Existenz- und Eindeutigkeitssatz verläuft nach dem Muster wie jener für die kovariante Differentiation, sodaß die folgende Darstellung kurz gehalten werden kann. Ist r,o = ipidxi eine Linearform und u = Ui 8i ein Vektorfeld, so ergibt die Anwendung von f v auf das Skalarfeld r,o(u) = (r,o,u) = V(r,o ® u)

woraus

fvr,o(u) = v (r,o(u)) = V(fvr,o ® u) + V(r,o ® fvu)

= (fvr,o)(u) + r,o(fvu) ,

(fvr,o)(u) = fvr,o(u) - r,o(fvu)

folgt. Die rechte Seite ist in lokalen Koordinaten wegen (5.172)

8(ipi Ui ) Vi _ ipi(Vi 8U i _ Ui 8V i ) = (Vi 8ipi + ipi 8Vj)U i ,

8xj 8xj 8xj 8xj 8Xi

d.h. es ist

(5.177)

Die Herleitung der Lie-Ableitung von Tensorfeldern höherer als erster Stufe erfolgt nun auf demselben Weg wie jene der kovarianten Ableitung. Ist r,o ein beliebiges Tensorfeld, so wendet man die Lie-Ableitung (5.173) auf das Skalarfeld r,o( 0:1 , ... ,un ) = V( r,o ® 0:1 ® ... ® u n ) an und erhält auf diese Weise

worin der erste Term auf der rechten Seite die Richtungsableitung der In­variante r,o( 0:1 , ••• ,un ) ist, die ja mit der Lie-Ableitung identisch ist. So ist für ein zweistufiges kovariantes Tensorfeld r,o

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374 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Schreibt man kurz L."q,::: für die lokalen Koordinaten der Lie-Ableitung eines Tensorfeldes cp mit den Koordinaten q,:::, so sind demzufolge

aq,ij k av' av' L."q,ij = -a V + q,'j -a + q,il-a Xk Xi Xj

die Koordinaten des kovarianten zweistufigen Tensors L."cp. Für em ge­mischtes Tensorfeld zweiter Stufe erhält man

(L."cp)(a,u) = L."cp(a,u) - cp(L."a,u) - cp(a, L."U)

und in analoger Kurzschreibweise

aq,i. avi av' f' ;t;.i __ 3 Vk _ ;t;.1 _ ;t;.i_ . .L.,,'J:'.- 'J:'. +'J:'I , 3 aXk 3 aXI aXj

die Koordinaten der Lie-Ableitung eines kontravarianten Tensorfeldes sind

L."q,ij = aq,ij Vk _ q,'j avi _ q,il avj . aXk aXI aXI

Diese Regeln lassen das allgemeine Bildungsgesetz bereits erkennen: Ist cp

ein beliebiges Tensorfeld mit den Koordinaten q,;~::tn' so ist dem Ausdruck

aq,i.1 ••• i.n

_ 31···3m. Vk aXk

für jeden kovarianten Index q,:::j::: ist ein Term

cp'" ... av' ···1··· ax.

3

hinzuzufügen, für jeden kontravarianten Index q,:::i::: ist ein Term

q,""'" av i

...... aXI abzuziehen, d.h. es sind

.. aq,i.1 ••• i.n m.. av' n . . avi• L."q,'.1"".n = 31···3m. V k+ ~ q,'.1""n. ___ ~ q,'.1 ... I:"'n -- (5.179)

31·· ·3m. ax k L...J 31".l.. ·3m. ax· L...J J1 . ··3m. ax 1 Jt=l 3,. 11=1

die Koordinaten des Tensors L."cp. Anders als bei der kovarianten Differen­tiation, in die das Vektorfeld v nur mit seinen Koordinaten eingeht, nimmt auf die Lie-Ableitung das Vektorfeld v in einer Umgebung des jeweiligen Punktes Einfluß.

Das Wesen der Lie-Ableitung, wie es für Skalar- Vektorfelder weiter oben vor­gestellt wurde, bleibt bei dieser Übertragung auf allgemeine Tensorfelder erhalten.

Ein Beobachter, der von seinem Standort P mit den Koordinaten Zi einen infinitesimalen Schritt in Richtung der Integralkurve des Vektorfeldes v macht, nimmt im benachbarten Punkt mit den Koordinaten ;Ci = Zi + t Vi (x) + ... andere Koordinaten cpil ... )i.n (x) des Tensorfeldes cn wahr. Indem er dies als Koordina-

]1 ... ffL T

tentransformation Zi --> ;Ci auffaßt und zurücktransformiert , bietet sich ihm der

Page 107: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.6 Differentiation der Tensorfelder 375

Vergleich mit den Koordinaten t)ij~:::~: (x) in seinem mitgenommenen Koordina­tensystem an,

8Xh 8z k k . . . . _1 ... ~ t)i 1··· n (x + tV(x) + ... ) _ t)i'l'.".n (x) = t l'~t)i'l"".n + ... 8zil 8Xk n h1···h,." 31···3,." 31···3,.,,'

worin er für

einsetzt.

Bemerkenswert ist, daß die gewöhnlichen partiellen Ableitungen in den Koordinaten (5.179) der Lie-Ableitung eines allgemeinen Tensorfeldes durch die kovarianten ersetzt werden können, wenn auf ID1 ein torsionsfreier affiner Zusammenhang gegeben ist. Bildet man nach (5.164)

aipi.1 ... i.n

]1 ... }=

aXk

(lipi.1 ... i.n

]1 ... },."

(lxk

m n

+ "rl. ipi.1 ••• i n . _" ri. ipi.1 •• .I: .. i n

~ }jA.k )1"./..'}= ~ Ik }1 ••• JT" p=l v=l

Im Rahmen der Lie-Ableitung nehmen die Differentialformen in mehr­facher Hinsicht eine Sonderstellung ein. Zunächst ist die Lie-Ableitung ei­ner Differentialform selbst wieder eine Differentialform. Aus (5.178), ebenso aus den lokalen Koordinaten

aipi1 ••• i n Vi Ln ip av i

a + i 1 ••• I. .. i n -a Xl Xi

p=l jA.

der Lie-Ableitung einer n-Form r.p erkennt man ohne Schwierigkeiten, daß es sich dabei wieder um einen schiefsymmetrischen kovarianten Tensor han­delt. Die Lie-Ableitung ist aber auch mit den Operationen für Differential­formen verträglich: sie ist vertauschbar mit der äußeren Differentiation,

(5.180)

Page 108: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

376 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

und sie genügt der Produktregel

(5.181)

Anders als die Produktregel der äußeren Differentiation ist sie formal iden­tisch mit der Produktregel (5.154) einer Tensor-Ableitung, wenn darin das Tensorprodukt ® durch das äußere Produkt A ersetzt wird.

Zum Beweis der Produktregel wendet man (5.178) auf das äußere Pro­dukt (vgl. (2.23))

(<p A 'I/J)(Ul"" 'un+m)

1 ". = -'-I ~ slgn('Ir) r,o(U"'(l) , ... ,u".(n))'I/J(U".(n+l),'" ,u".(n+m)) n.m.

".

einer n-Form r,o und einer m-Form 'I/J an,

1'..,( r,o A 'I/J)( U1,· .. 'un+m) = ~ L sign( 'Ir) [1'..,r,o( u"'(1)' ... ,u".(n)) n.m.

".

n

- L r,o(U"'(l) , ... , 1'",U"'(/1-) , ... ,U".(n))] 'I/J(U".(n+1) , ... ,U".(n+m)) /1-=1

1. [ + -'-I L slgn( 'Ir) r,o( u"'(1)' ... ,u".(n)) 1'..,-rP( U".(n+1)'· .. ,u".(n+m)) n.m.

".

n+m - L -rP(U".(n+l), ... ,1'",u"'(/l-), ... ,U1C(n+m))]

/1-=n+l

= (1'..,r,o A 'I/J)( U1, ... 'un+m) + (r,o A 1'..,-rP) ( U1,· .. 'un+m) .

Die Vertauschbarkeit der äußeren Differentiation d mit der Bildung der Lie-Ableitung L.., ergibt sich für eine O-Form aus (5.177) für r,o = dw,

_ ( j a2w aw aVj) . _ a ( j aW) ._ 1'..,dw - V a a + -a -a dx, - -a V -a dx, - d1'..,w. Xj Xi Xj Xi Xi Xj

Ist r,o eine beliebige n-Form mit n > 0 und v ein beliebiges Vektorfeld auf Vlt, so sei i.., r,o die (n - 1)-Form

die man auch das innere Produkt der n-Form r,o mit dem Vektorfeld v nennt. Im Koordinatensystem einer Karte /'i, für Vlt ist

l..,r,o =

Daher sind

Page 109: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.6 Differentiation der Tensorfelder 377

worin der Index 1 die Position des Index il' einnimmt, die Koordinaten der n-Form iv dcp und

n aiP ~ n a I L(-l)l'- l VI lil ... i" ... in L iP· . ~ a + ·l.·.I...·n a Xi Xi Fl "Fl "

die Koordinaten der n-Form divcp. Bildet man die Summe, so erhält man durch Vergleich mit (5.179)

Infolgedessen ist

Da die Lie-Ableitung einer DifIerentialform auf eine DifIerentialform desselben Grades führt, ist die Lie-Ableitung einer N-Form wieder eine N-Form. Ist die Mannigfaltigkeit M orientierbar und fein Volumelement für M, so ist Lvf eine N-Form auf M. Da sich zwei N-Formen auf einer N -dimensionalen Mannigfaltigkeit um eine Invariante unterscheiden, ist in

Lvf = Af die Größe A ein - vom Vektorfeld v abhängiges - Skalarfeld auf M. Ist

f = -ydXl /\ ... /\ dXN

eine lokale Darstellung des Volumelementes im Koordinatensystem einer Karte "', so folgt mit f( a l , ... ,aN) = -y nach (5.178)

Lvf(al , ... , aN) = vb) - f(Lval , a2 , ••• , aN) - ... - f(al , ... , aN-I, Lv aN ).

Setzt man darin für av i

Lvaj = [v,aj ] = --a ai Xj

ein, so erhält man unter Berücksichtigung dessen, daß -y i= 0 ist auf M,

( avi 1 a-y i) LvE(al , ... ,aN) = -a + --a v E(al , ... ,aN).

Xi -y Xi Die durch das Vektorfeld v bestimmte Invariante A ist der in der Klammer stehende Ausdruck, der die Divergenz des Vektorfeldes v genannt wird,

LvE=divvE. (5.182)

Als Geschwindigkeitsvektor einer Strömung auf M ist die Divergenz eines Vektorfeldes die pro Zeiteinheit gemessene relative Volumenänderung in Richtung der Strömung. Im Koordinatensystem einer Karte", ist

div v := avi + ~ a-y Vi = ~ a(-yvi ) . (5.183) aXi -y aXi -y aXi

Ergänzend sei in diesem Zusammenhang vermerkt, daß die Rotation wie in affinen Räumen für kovariante schiefsymmetrische Tensorfelder über die äußere Ableitung eingeführt wird,

rot cp := dcp . Ist wein Skalarfeld, so heißt dw der Gradient von w.

Page 110: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

378 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume

Ein affiner Raum wird durch Einführung eines inneren Produktes im Tan­gentialraum zu einem euklidischen oder pseudo-euklidischen Raum, je nach­dem, ob das innere Produkt definit oder indefinit ist. Versieht man eine Mannigfaltigkeit mit der Struktur eines inneren Produktes, indem man in den Tangentialräumen ein inneres Produkt einführt, dessen Index in jedem Punkt derselbe ist, so wird die Mannigfaltigkeit zu einem Riemannschen Raum.

I. Der Riemannsche Raum verallgemeinert den euklidischen Raum.

Sei für jeden Punkt P einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit 9Jt ein inneres Produkt

( 5.184)

im Tangentialraum Tp (9Jt) gegeben. Stimmt der Index in allen Punkten von 9Jt überein und ist für zwei beliebige Vektorfelder u und v die reelle Funktion (u, v)p auf 9Jt differenzierbar, so heißt (5.184) ein inneres Produkt auf 9Jt. Der gemeinsame Index von (5.184) in den Tangentialräumen heißt der Index des inneren Produktes (0,0) auf 9Jt.

Ein Riemannscher Raum 9l ist eine differenzierbare Mannigfaltigkeit mit innerem Produkt. Ist das innere Produkt positiv definit, so heißt 9l ein Riemannscher Raum im eigentlichen Sinn, ist es indefinit, so wird 9l ein pseudo-Riemannscher Raum genannt;23) Ist r der Index des inneren Pro­duktes, so spricht man auch von einem pseudo-Riemannschen Raum mit dem Index r. Einen pseudo-Riemannschen Raum mit dem Index 1 nennt man auch eine Lorentz-Mannigfaltigkeit. Die Dimension von 9l als Man­nigfaltigkeit wird die Dimension von 9l als Riemannscher Raum genannt; mit der Schreibweise 9lN soll wie üblich über den Exponenten N auf die Dimension des Raumes hingewiesen werden.

Das innere Produkt in einem Riemannschen Raum 9l ist ein kova­riantes zweistufiges Tensorfeld g. Die Koordinaten dieses Tensorfeldes bezüglich einer Karte K, für eine Umgebung 11 eines Punktes P E 9l sind

9ij = (8i ,8j ).

Das innere Produkt auf 9l induziert in jedem Punkt ein inneres Produkt im Kotangentialraum, und zwar ist im Punkt P E 9l

(cp,'l/Jt = (cp,~-l'l/J) = (~-lcp,~-l'l/J), worin ~:Tp(9l) ---t Tp(9l) der durch das innere Produkt in Tp(9l) bestimmte Isomorphismus von Tangentialraum und Kotangentialraum ist. Dieses in­nere Produkt ist ein kontravariantes Tensorfeld g, dessen Koordinaten im Bezugssystem einer Karte K, durch die Zahlen

g i j = (dx- dx-) 1, 1 *

23) Ein pseudo-Riemannscher Raum wird auch ein semi-Riemannscher Raum genannt.

Page 111: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 379

gegeben sind. Zwischen dem Isomorphismus L und den Vektoren der zu­einander dualen Basen {dX1, ... ,dXN} und {81 , ... ,8N } einer Karte für ~ besteht dabei der Zusammenhang (vgl. (1.53) und (1.54))

1 .. L- dXi=g'J8j,

dem wieder zu entnehmen ist, daß die Matrizen {gij} und {gi j } zueinander invers sind. Schließlich ist das Skalarprodukt der Räume Tp(~) und Tp(~) ein gemischtes Tensorfeld mit den Koordinaten

gij = (dXi' 8 j ) = 15; ;

das gleiche gilt für das Skalarprodukt der Räume Tp(~) und TP*(~),

g j - (8· dx·) - (dx· 8·) - t5 j ,- " J * - J" - i·

Diese vier Tensorfelder sind Repräsentanten eines einzigen Tensorfeldes, nämlich des kovarianten Tensors

9 = gij dXi ® dx j ,

aus dem sie hervorgehen: er heißt der Maßtensor oder der metrische Fun­damentaltensor auf~. Die Größen gij sind seine kovarianten, die Größen gij seine kontravarianten und die Größen gij = gi j = g} = t5} seine gemisch­

ten Koordinaten. Sind u = U i 8i und v = V i 8i zwei beliebige Vektorfelder, so ist ihr inneres Produkt

(u,v) = g(u,v) = gij uivj = UiVj = UiVj = gij UiVj .

Wie in euklidischen Räumen ist durch das innere Produkt ein Maß für die Länge von Vektoren sowie für den Winkel zweier von einem Raumpunkt ausgehenden Richtungen gegeben.

Zwei Vektoren u E Tp und v E Tp aus dem Tangentialraum eines Punktes P E ~ heißen orthogonal, wenn ihr inneres Produkt verschwindet,

(u,v)=O.

Sinngemäß heißt eine Basis U1, U2, ... , UN von Tp orthogonal, wenn

(Ui' U j) = 0 für i -# j .

Man spricht von orthogonalen Vektorfeldern U1, U2, ... , UN auf~, wenn diese Gleichungen für jeden Punkt gelten. Stimmen sie für die Basisvekto­ren Bi einer Karte", für eine Umgebung .u eines Punktes von ~, so nennt man das Koordinatensystem der Karte", orthogonal. Schließlich heißt eine Basis von N Vektoren Ui E Tp orthonormal, wenn

(Ui,Uj) = TJij

ist, wobei TJij die Elemente der Diagonalmatrix mit den Hauptdiagonal­elementen TJii = TJi = ±1 sind, deren Bedeutung in (1.62) vereinbart wurde.

Ist 'P ein beliebiges Tensorfeld n-ter Stufe auf ~, so bilden die ein­schließlich 'P insgesamt 2n Tensorfelder, die durch 'P nach dem Muster von Kap. 3, §6 auf ~ gegeben sind, eine Familie zueinander assoziierter

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380 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Tensorfelder auf 9l, denen wieder ein gemeinsamer Familienname gegeben wird. Der Übergang von einem Familienmitglied zu einem anderen besteht im Hinauf- und Herunterziehen einer oder mehrerer Indizes der Koordina­ten der jeweiligen Tensorfelder . Da der Leser mit dieser Technik mittler­weile bestens vertraut ist, kann jetzt auf eine Darstellung in Riemannschen Räumen verzichtet werden.

Durch das innere Produkt auf 9l wird die quadratische Form

1/;(v) = (v,v) = ViV j (8i ,8j ) = 9ij ViV j

eingeführt. Ist dabei 9l ein pseudo-Riemannscher Raum, so unterscheidet man wie in pseudo-euklidischen Räumen, wenn v E Tp (9l) nicht der Null­vektor ist, zwischen zeitartigen (1/;(v) > 0), lichtartigen (1/;(v) = 0) und raumartigen Vektoren (1/;( v) < 0). Sind Xi die Koordinaten einer Karte für 9l und deutet man die Koordinatendifferentiale dXi als Koordinaten eines infinitesimalen Ortszuwachses dx mit der Länge ds, so wird

1/;(dx) = ds2 = 9ij dXidxj. (5.185)

Man nennt ds das Bagenelement oder Linienelement auf 9l; die quadrati­sche Form (5.185) heißt metrische Fundamental/arm auf 9l.

Diese Bezeichnungsweise hat ihren Ursprung in folgendem. Ist eine Man­nigfaltigkeit Wl in einen euklidischen Raum ~ eingebettet, so wird sie durch das innere Produkt im Einbettungsraum auf natürliche Weise zu einem Riemannschen Raum. Identifiziert man in jedem Punkt P der Mannigfaltigkeit den Tangential­raum Tp(Wl) mit einem gewissen Teilraum des Tangentialraumes von ~, so ist durch diesen Teilraum und durch den jeweiligen Punkt P ein affiner Teilraum ~p des Einbettungsraumes ~ bestimmt; dieser Teilraum geht durch den Punkt P hin­durch und "berührt" - wie die Tangente eine Kurve und die Tangentialebene eine Fläche - die Mannigfaltigkeit Wl im Punkt P. Durch ein definites inneres Pro­dukt im Einbettungsraum wird jeder Teilraum ~p zu einem euklidischen Raum im eigentlichen Sinn. Die Identifikation des Tangentialraumes Tp(Wl) mit dem Tangentialraum von ~p hat dann zur Folge, daß sich das innere Produkt des Ein­bettungsraumes ~ über den berührenden euklidischen Teilraum ~p auf die Man­nigfaltigkeit überträgt. Die solcherart zu einem Riemannschen Raum gewordene Mannigfaltigkeit wird in einer Umgebung des Punktes P durch den euklidischen Raum ~p angenähert insofern, als im Koordinatensystem einer Karte K- um den Punkt P mit den Koordinaten Xi ein Tangentenvektor !:lx = !:lxiOi im Punkt P näherungsweise zum Nachbarpunkt Q mit den Koordinaten Xi + !:lXi zeigt. Deshalb ist

!:li = gij !:lxi !:lXj

als Näherung für das Quadrat des Abstandes der Punkte P und Q anzusehen. Beim Übergang zu differentiell kleinen Ortsänderungen geht dabei die quadrati­sche Form (5.185) hervor.

Ist auf einem Riemannschen Raum als Mannigfaltigkeit ein affiner Zu­sammenhang gegeben, so stellt sich naturgemäß die Frage, ob die Paral­lelverschiebung mit der Längen- und Winkelmessung insofern im Einklang ist, als Längen und Winkel, dem Verständnis der Parallelität entsprechend, bei Parallelverschiebung von Vektoren längs eines Kurvenbogens nicht ver­ändert werden. Um diesen Sachverhalt hervorzuheben, nennt man einen

Page 113: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 381

affinen Zusammenhang verträglich mit dem inneren Produkt, wenn die Längen von Vektoren sowie die Winkel, die sie miteinander einschließen, bei Parallelverschiebung erhalten bleiben, wenn also für zwei durch Paral­lelverschiebung längs eines Kurvenbogens ( hervorgehende Vektorfelder u und v

d(u,v) = 0

gilt längs (. Diese Forderung bedeutet, daß der durch die Parallelverschie­bung gegebene Isomorphismus

T( : Tp(~) ---7 TQ(~)

der Tangentialräume zweier durch eine Kurve (verbundener Punkte P und Q eine Isometrie ist (vgl. (1.81)). Es gilt nun: Ein affiner Zusammenhang V ist genau dann mit dem inneren Produkt auf ~ verträglich, wenn mit drei beliebigen Vektorfeldern u, v und w auf ~ die Produktregel

w(u,v) = (Vwu,v) + (u, Vwv) (5.186)

gilt. 24 ) Diese Bedingung ist offensichtlich hinreichend, denn sind u und v längs einer Kurve ( parallele Vektorfelder, so gilt, wenn w der Tangen­tenvektor in einem beliebigen Punkt auf ( ist, sowohl V wu = 0 als auch Vwv = 0, also wegen (5.186) auch w(u,v) = O. Das heißt aber, es ist d(u,v) = 0 längs (.

Sei umgekehrt V mit dem inneren Produkt auf ~ verträglich. Dann ist für jede zwei Punkte P und Q verbindende Kurve der durch Parallelver­schiebung längs ( gegebene Isomorphismus T( : Tp ---7 TQ eine isometrische Abbildung. Ist deshalb el, e2, ... , eN eine orthonormale Basis in Tp , so führt die Parallelverschiebung dieser Vektoren in die Tangentialräume der Punkte von (zu orthonormalen Basen. Seien nun u, v und w drei beliebige Vektorfelder, ( eine durch die Funktion ,(t) parametrisierte Kurve durch den Punkt P = ,(ta), wobei die Kurve ( so ausgewählt sein möge, daß w(P) ihr Tangentenvektor im Punkt P ist. Verschiebt man die orthonor­malen Basisvektoren ei E Tp parallel in die Tangentialräume der in einer Umgebung von P liegenden Punkte ,(t) auf (, so bilden sie in T-y(t) eine orthonormale Basis el(t), e2(t), ... , eN(t). Längs ( lassen sich dann die Vektoren u und v in der Form u(,(t)) = e(t)ei(t) bzw. v (r(t)) = ."i(t)ei(t) darstellen, ihr inneres Produkt ist

(u,v) = ei(t)."i(t) .

Nun ist im Punkt P = ,(ta) . .. . dei

V wu = V w(fei) = w(f)ei + fV wei = w(f)ei = dt ei

wegen V wei = 0, analog V wV = d;: ei, und somit

24) Mit w(u, v) ist hier - und im folgenden - die Ableitung des Skalarfeldes (u, v) in Richtung von w gemeint, an Stelle der korrekteren Schreibweise w (( u, v)) ·

Page 114: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

382 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Auf den eben bewiesenen Sachverhalt stützt sich die wichtige Aussage von

Satz 1. Auf einem Riemannschen Raum gibt es genau einen torsionsfreien mit dem inneren Produkt verträglichen affinen Zusammenhang. Sind gij die Koordinaten des Maßtensors 9 im Koordinatensystem einer Karte Ii, so lauten seine Koeffizienten in diesem lokalen Bezugssystem

r\ = ~ gil (89lj + 8glk _ 89jk ) . (5.187) ] 2 8Xk 8xj 8Xl

Dieser eindeutig bestimmte affine Zusammenhang auf einem Riemann­schen Raum 9\ wird Riemannscher Zusammenhang genannt. Er ist ohne weiteren Hinweis stets gemeint, wenn auf einem Riemannschen Raum von einem affinen Zusammenhang die Rede ist.

Zum Beweis von Satz 1 genügt es auf Grund des oben Bewiesenen, die Existenz eines torsionsfreien affinen Zusammenhanges V' nachzuweisen, für den die Produktregel (5.186) Gültigkeit hat. Sei also V' ein torsionsfreier affiner Zusammenhang auf 9\. Dann gilt auf Grund der Torsionsfreiheit

V'uv - V''Vu = [u,v]

für je zwei Vektorfelder u und v. Mit w an Stelle von u folgt aus dieser Bedingung durch Einsetzen für V' wV in (5.186)

(V'wu,v) + (u, V''Vw) = w(u,v) - (u, [w,vJ). (5.188)

Durch zyklisches Vertauschen erhält man daraus die Gleichungen

(V'uv,w) + (v, V'wu) = u(v,w) - (v, [u,wJ)

und (V''Vw,u) - (w, V'uv) = v(w,u) - (w, [v,uJ).

Addiert man die beiden letzten Gleichungen und zieht man vom Ergebnis die darüberstehende Gleichung ab, so erhält man unter Berücksichtigung der Symmetrie des inneren Produktes

2(V'uv,w) = u(v,w) + v(w,u) - w(u,v)

+ (u, [w,vJ) - (v, [u,wJ) - (w, [u,vJ). (5.189)

Dieser Gleichung muß der affine Zusammenhang V' für drei beliebige Vek­torfelder u, v und w genügen. Es bleibt zu klären, ob die Bedingung (5.189) nicht im Widerspruch zu den Eigenschaften (5.100) bis (5.102) steht, die ein affiner Zusammenhang jedenfalls erfüllen muß. Daß dies nicht der Fall ist, zeigt folgende Betrachtung - womit dann die Existenz und Eindeutig­keit eines torsionsfreien mit dem inneren Produkt in 9\ verträglichen affinen Zusammenhangs nachgewiesen ist.

Hiefür ist zunächst zu beachten, daß durch die Gleichung (5.189), da in deren rechte Seite der Operator V' nicht eingeht, eine wohlbestimmte Abbildung V' : tJ X tJ --t tJ definiert wird: dies ergibt sich aus der Tatsache,

Page 115: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 383

daß ein inneres Produkt nicht ausgeartet ist. Der Nachweis, daß es sich hei dieser Ahhildung auch wirklich um einen affinen Zusammenhang handelt, hesteht in der Verifikation der Forderungen (5.100) his (5.102). Diese etwas mühevollen Rechnungen seien hier ausgelassen und dem Leser zur Ühung empfohlen. Ist durch eine Karte", ein lokales Koordinatensystem errichtet, so führt die Gleichung (5.189) auf

2(Oi, \laJ}j) = O(Oi,Oj) + O(Oi,Ok) _ O(Oj,Ok) = Ogij + Ogik _ 09jk . OXk OXj OXi OXk OXj OXi

Setzt man für

r .. = (0' n 0') = ~(a9ij + Ogik _ 09jk) 'Jk " vak J 2 0 0 0 ' Xk Xj Xi

(5.190)

so ist (vgl. (5.104))

r~k = (dXi' \lak aj ) = (L-1dxi' \lakOj) = gil (Ol, \lak aj ) ,

also i il rjk=g r 1jk ; (5.191)

umgekehrt ergiht

(Oi' \lakOj) = (LOi' \lak Oj) = gil(dxl, \lakOj)

und deshalh (5.192)

Auf Grund der Torsionsfreiheit ist \lak Oj = \laj Ok und folglich

rijk = rikj . (5.193)

Damit folgt aus der Gleichung (5.186) mit u = Oi, v = Oj und w = Ok wegen (5.24)

agij -0 = (\lakai,aj ) + (ai, \lakaj) = r jik + r ikj ,

Xk

also wegen der Symmetrieeigenschaft (5.193)

Ogij -0 = r jik + r ijk .

Xk (5.194)

Bezeichnet 1'j r~kdxk die 1-Formen des durch die Gleichung (5.189) gegehenen affinen Zusammenhangs \l, so ist

d k k gij = gkj'Yi + gik'Yj (5.195)

eine äquivalente Fassung dieser Beziehungen; unter Benützung der Matri­zensymholik schreiht sie sich

dG = r . G + G . r t , worin G die Matrix der Koordinaten des kovarianten Maßtensors 9 und r die Matrix der 1-Formen 1'1 ist. Multipliziert man diese Gleichung von

Page 116: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

384 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

links und von rechts mit der Inversen der Matrix G und berücksichtigt man dabei die Beziehung (5.83) zwischen dem Differential einer Matrix und dem Differential ihrer Inversen, so erhält man

dG- 1 +G- 1 .r+rt ·G-1 = 0 beziehungsweise

Setzt man 'Yji = rijkdxk = gin;,

so ist die Matrix r dieser I-Formen das Produkt

und somit dG = r + rt .

(5.196)

Mit Hilfe des Transformationsgesetzes (5.107) für die I-Formen 'Yj erhält man dann das Transformationsgesetz für die I-Formen 'Yji,

_ ax h ax k ax h ( ax k ) 'Yji = a- a- 'Yhk + ghk a- d a- ,

Xj Xi Xi Xj

sodaß die Größen r ijk nach der Regel

f' .. _ aXh axp aXq r aXh a2Xk 0]1 - a- a- a- hpq + ghk a- a- a-

Xi Xj XI Xi Xj XI

zu transformieren sind.

Schreibt man das innere Produkt (u, v) als (zweifache) Verjüngung des Maßtensors 9 mit den beiden Vektorfeldern u und v,

(u,v) = g(u,v) = V(g ® u ® v),

so erhält man nach den Regeln der Tensordifferentiation für ein beliebiges Vektorfeld w

w(u,v) = V' w(u,v) = V(V' wg ®u®v) + V(g ® V' wu®v) + V(g ®u® V' wv) = (V'w9)(u,v) + (V'wu,v) + (u, V'wv).

Vergleicht man dieses Ergebnis mit der Produktregel (5.186), so folgt das Verschwinden der kovarianten Ableitung des Maßtensors:

Satz 2. Ein torsionsfreier affiner Zusammenhang auf einem Riemannschen Raum ist genau dann mit dem inneren Produkt verträglich, wenn die ko­variante Ableitung des Maßtensors verschwindet,

V'w9=0.

In lokalen Koordinaten wird dieser geometrisch einleuchtende Sachver­halt durch die Gleichungen (5.195) zum Ausdruck gebracht,

iJgij = O. iJxk

Page 117: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 385

Es verschwindet aber auch die kovariante Ableitung des kontravarianten Maßtensors, wie aus den Gleichungen (5.196) hervorgeht,

IJgij -=0. IJxk

Die kovariante Ableitung des gemischten Maßtensors verschwindet dagegen automatisch,

IJg) 80) i / / i T'i i - = - + r/ko. - r 'kO/ = L 'k - r' k = O. IJxk 8Xk J J J J

Auf Grund der Produktregel (5.166) für die kovariante partielle Differentia­tion können deshalb die Koordinaten des Maßtensors bezüglich der Bildung des kovarianten Differentials als konstant betrachtet werden. Insbesondere ist

IJCP:::i::: IJ( ijcp'" .... ) cp'" ... 9 "'J'" = gij

IJ ... j ...

IJxk IJxk IJxk

und IJCP"':" ( cp ... j ... )

IJCP :f:: ••• 1. ••• IJ gij ......

IJxk IJxk = gij

IJxk

d.h. die kovariante partielle Differentiation ist mit dem Hinauf- und Her­unterziehen von Indizes vertauschbar.

Der Maßtensor auf Riemannschen Räumen ist also wie in euklidischen Räumen konstant. Man beachte aber, daß seine Koordinaten, anders als in euklidischen Räumen, ortsabhängig sind!

Die Größen (5.190) heißen wegen der auf CHRISTOFFEL zurückgehen­den Originalschreibweise

rij/ = [~l] = [jl,i]

Christoffel-Klammern erster Art, die Größen (5.187), die ursprünglich als Klammer-Symbole

eingeführt wurden, werden Christoffel-Klammern zweiter Art genannt. Die Klammer-Symbolik, die in älterer Literatur zu finden ist, erweist sich im Zu­sammenhang mit dem Summations übereinkommen als nicht zweckmäßig, wohingegen die r -Symbole diesem vollkommen gerecht werden.

Obwohl die Christoffel-Klammern keine Tensoren sind, verhalten sie sich dennoch in mancher Hinsicht wie Tensoren dritter Stufe, die r~k einfach kontravariant und zweifach kovariant, die r ijk rein kovariant, .. was auch der Stellung der Indizes entspricht. Bemerkt sei hiezu, daß dem Ubergang von den "eckigen" zu den "geschwungenen" Klammern wie in der Gleichung (5.191) das Hinaufziehen des ersten unteren Index zu einem kontravarianten

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386 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Index entspricht, dem Übergang von den geschwungenen zu den eckigen Klammern wie in Gleichung (5.192) das Herunterziehen des kontravarianten Index zu einem kovarianten. Ferner kann man in einem Produkt

r~krihl den Index i im ersten Faktor herunterziehen, wenn er gleichzeitig im zweiten Faktor hinaufgezogen wird,

r~krihl = giprpjkrihl = rpjkr~l'

Die Christoffel-Klammern zweiter Art sind als Koeffizienten eines torsions­freien affinen Zusammenhangs symmetrisch in den beiden unteren Indizes; infolge der Beziehungen mit den Christoffel-Klammern zweiter Art sind des­halb die Christoffel-Klammern erster Art symmetrisch in den beiden letzten Indizes. Infolgedessen brauchen von den jeweils insgesamt N 3 Christoffel-

N 2 (N+1) Klammern nur 2 berechnet zu werden. In diesem Zusammenhang sei schließlich noch auf eine nützliche Formel hingewiesen, und zwar

r~. = ~ gkl 8gkl = ~ 8g = ~ In JT9T 'J 2 8Xi 2g 8Xi 8 Xi '

9 = det{gij} . (5.197)

Hiefür ist zu beachten, daß ggkl das algebraische Komplement des Elemen­tes gkl in der Matrix der Koordinaten des kovarianten Maßtensors ist. Nach der Regel zur Differentiation von Determinanten erhält man dann

dg = dgk1 (ggkl) + dgk2 (ggk2) + ... + d9kN(glN) = ggkldgkl ,

also 1 8g kl8gkl --=g 9 8X i 8X i .

Ist em Riemannscher Raum 9t als Mannigfaltigkeit orientierbar , so ist ein Volumelement vor allen anderen durch das innere Produkt auf 9t ausgezeichnet, nämlich

(5.198)

Diese N-Form, die in keinem Punkt von 9t trivial ist, da auf Grund der Forderungen, die ein inneres Produkt (5.184) erfüllen muß, stets 9 I: 0 sein muß, heißt Riemannsches Volumelement.

Eine Fläche '8, die in den dreidimensionalen euklidischen Raum (E3 eingebet­tet ist, wird durch Identifikation ihrer Tangentialräume mit gewissen Teilräumen des Tangentialraumes von (E3 zu einem Riemannschen Raum.

Bei der Herleitung der Gleichungen (5.61), welche die Änderungen der Basis­vektoren beschreiben und damit den affinen Zusammenhang auf '8, wurde zwar nicht vom einem inneren Produkt auf '8 Gebrauch gemacht, sehr wohl aber vom inneren Produkt im Einbettungsraum, und zwar in Form des Normalenvektors an '8. Der affine Zusammenhang, der sich dabei über die I-Formen

i 1 1 /; = 2 !""df,"i = 2 !"'.!"'i"'kd;J!k

W W

Page 119: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 387

ergab (vgl. (5.66)), ist gerade jener torsionsfreie mit der Metrik auf'B verträgliche affine Zusammenhang, der oben vorgestellt wurde; seine Koeffizienten sind die Größen (vgl. (5.69))

Die drei unabhängigen Koordinaten des kovarianten Maßtensors auf einer Fläche 'B heißen die Fundamentalgrößen der Flächentheorie und werden mit E, F, G bezeichnet,

Die metrische Fundamentalform lautet dann, wenn :Cl und :C2 lokale Koordinaten auf'B sind,

Bezeichnet ei kartesische Koordinaten im euklidischen Einbettungsraum (E3 und sind:C1 = 6,:C2 = 6 lokale Koordinaten auf 'B, so erhält man die Koordinaten des kovarianten Maßtensors auf der durch eine Gleichung ea = 1(6,6) gegebenen Fläche 'B aus25 )

ds2 = de: + de; + dei = d:c~ + d:c~ + (l'1 d:C1 + 1"2 d:C2?

= (1 + I;Jd:c~ + 2/"J'2 d:C1 d:C2 + (1 + 1;2 )d:c~ = g"'ß d:c",d:Cß

durch Koeffizientenvergleich

E = 1 + /;1' F = 1"1/"2, G = 1 + 1;2 . Wählt man für die Fläche 'B eine lokale Parametrisierung der Art ei = cPi(:C1, :C2), so spannen die beiden Tangentenvektoren 88 ei und 88 ei aus dem Tangentialraum

Xl :1:2

von (E3 die Tangentialebene auf, ein Tangentenvektor an 'B mit den Koordinaten V 1, V 2 bezüglich der Basis {cA, 02} hat im (E3 die Koordinaten

Oei V'" o:c", .

Die Übertragung des inneren Produktes im (E3 auf die Fläche 'B durch Identifika­tion der Tangentialräume an ~ mit bestimmten Teilräumen des Tangentialraumes von (E3 bedingt nun

Oei Oei V'" vß = g"'ß V'" vß o:c", O:Cß

und, da diese Gleichung für jeden Tangentenvektor Gültigkeit hat,

Oei Oei g"'ß = (o""Oß) = -0 -0 .

:c'" :Cß

Infolgedessen lauten die drei Fundamentalgrößen in dieser allgemeineren Art der Flächendarstellung

E _ Oei Oei - 0:C1 0:C1 '

25) Über griechische Buchstaben als Indizes soll im folgenden stets von 1 bis 2 summiert werden, über lateinische, auch wenn sie beide hoch- oder tiefgestellt sind, stets von 1 bis 3.

Page 120: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

388 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Die Änderungen der Basisvektoren als Vektoren des Einbettungsraumes be-stimmen den affinen Zusammenhang entsprechend

d( 8ei ) _ 82 ei d _ (3 8ei + i i - x.., -'01. w n , 8xo. 8x..,8xo. 8x(3

worin n i die Koordinaten der Normalen an ~ und w i gewisse I-Formen sind (über den Index i wird nicht summiert). Überschiebt man mit :;~, so erhält man

(3 _ 8ei (8ei) _ 8ei ( 8ei ) _ (3 'o.g(35 - 8X5 d 8xo. - dg0.5 - 8xo. d 8X5 - dg0.5 -'5 g(3o.

wegen ni 88 ei = 0, also "5

dg0.5 = ,~9(35 + ,: g(3o. .

Bezeichnet r die zweireihige Matrix der I-Formen ,1, G die Koordinatenmatrix des kovarianten Maßtensors, so lautet die allgemeine Lösung dieser Gleichung

r = ! dG . G -1 + w -.l G . (0 -1) 2 w2 1 0 '

worin w 2 = EG - F2 und weine zunächst beliebige I-Form ist; mit

G . (~ - ~ ) . G = w 2 (~ - ~ ) folgt daraus

r = r . G = - dG + - w ~ 1 1 (0 2 2 1 -~) .

Die Torsionsfreiheit verlangt jetzt dx 1\ f = 0, also

(dX1 dX2) 1\ ( d;! w d~G w ) = ( 0

wodurch man auf die beiden Bestimmungsgleichungen

dX1 1\ dE + dX2 1\ (dF + w) = 0 ,

dX1 1\ (dF - w) + dX2 1\ G = 0 für die I-Form w geführt wird. Mit dem Ansatz

w = 6dx1 + 6dx2 erhält man

0) ,

8E 8F ----6=0, 8X2 8X1

8F 8G ----6=0 8X2 8X1

und daraus w=(8E_8F) dX1+(8F _8G)dX2.

8X2 8X1 8X2 8X1

Die Matrix r bestimmt sich damit zu

r __ 1_ (GdE - FdF + Fw - 2w2 GdF - FdG + Gw

EdF - FdE - EW) EdG - FdF - Fw .

Parametrisiert man die Oberfläche der Kugel er + ei + e~ = r 2 durch die Polhöhe Xl = () und das Azimut X2 = if>,

6 = r cos if> sin () , 6 = r sin if> sin () , e3 = r cos () ,

so ist

Page 121: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 389

also

Der Umstand, daß F = 0 gilt, zeigt dabei, daß durch 8 und 4> orthogonale Koor­dinaten auf der Kugel eingeführt wurden. Da sich die 1-Form w zu

w = _r2 sin 28 d4> bestimmt, ist

r _ ( 0 - - sin 8 cos 8 d4>

cot8 d4» cot 8 d8 .

Von den insgesamt 8 Christoffel-Klammern zweiter Art sind folglich nur von Null verschieden

r~l = cot 8 = r~2' r;2 = - sin 8 cos 8 .

Die Gleichungen der Parallel verschiebung lauten

( Vl ) ( 0 ~ si~ 8 cos 8 ) V2 = -~ cot 8 -8 cot 8

worin 8(t),4>(t) eine Parametrisierung der Kurve (ist, längs der parallel verscho­ben wird; schließlich sind

~ si~ 8 cos 8) . (~) -8 cot 8 4>

beziehungsweise .. ·2 8=4> sin8cos8, 4>=-284>cot8

die Differentialgleichungen für die geodätischen Linien. Eliminiert man aus die­sen beiden Gleichungen das Azimut 4>, so erhält man für die Funktion 8(4)) die Differentialgleichung

11 /2 . 8 - 28 cot 8 - sm 8 cos 8 = 0 ,

deren allgemeine Lösung durch 1

8 = arctan . a cos 4> + ß sm 4>

gegeben ist. Somit ist

A sin 8 cos 4> + B sin 8 sin 4> + C cos 8 = 0

mit geeigneten Konstanten A, Bund C, d.h. die Geodätischen auf einer Kugel verlaufen in Ebenen durch den Kugelmittelpunkt, bestehen also aus Teilen von Großkreisen.

Die Fundamentalgrößen E, F, C bestimmen die Riemannsche Geometrie auf Flächen, die Längen- und Winkelmessung mit Hilfe der metrischen Fundamen­talform

di = Ed:l:~ + Fd:l: 1 d:l:2 + Cd:l:~, die Inhaltsmessung von Teilbereichen mit Hilfe des Volumelementes.

t" = y'EC - F2 d:l:1 1\ d:l:2 (vgl. (5.48)), das gewöhnlich als Flächenelement bezeichnet und in der Form

da = y'EC - F2 d:l:1 d:l:2

geschrieben wird.

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390 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

11. Ein Riemannscher Raum sieht lokal wie ein euklidischer Raum aus.

In einem euklidischen Raum läßt sich stets ein Koordinatensystem errich­ten, in dem die metrische Fundamentalform global die Gestalt

(5.199)

hat, worin die Zahlen TJij die Elemente der Diagonalmatrix mit den Haupt­diagonalelementen TJi = ±1 ist, deren Bedeutung in (1.62) vereinbart wurde. Um dies zu erreichen, braucht man im Tangentialraum, der ein euklidischer Vektorraum ist, nur ein Orthonormalsystem auszuwählen und mit einem solchen ein Koordinatensystem aufzubauen. In einem Riemannschen Raum ist dies weder lokal geschweige denn global möglich, wohl aber kann die metrische Fundamentalform in jedem Punkt auf die Gestalt (5.199) trans­formiert werden.

Sei Po E 91 ein beliebiger Punkt und", eine Karte um diesen Punkt; dabei sei angenommen, daß der Punkt Po der Ursprung dieses Bezugssy­stems ist, sodaß Xi = 0 seine Koordinaten sind. Bezeichnet Go die Ma­trix der Koordinaten von 9 im Punkt Po und ist T jene Matrix, in deren Spalten der Reihe nach die Eigenvektoren der symmetrischen Matrix Go stehen, so ist T-1 • Go . T die Diagonalmatrix, in deren Hauptdiagonale die rellen Eigenwerte Ai der Matrix Go stehen, entsprechend der Anord­nung der zugehörigen Eigenvektoren in der Matrix T. Da Go eine reguläre Matrix ist, sind alle Eigenwerte Ai 1= 0; die Anzahl der positiven Eigen­werte ist dabei gleich dem Index des inneren Produktes. Also führt die durch Xi = T! Xj vermittelte Transformation Xi ----* Xi die metrische Fun­damentalform in Li Aidxidxi über. Durch den neuerlichen Kartenwechsel

Xi ----* xi = .J"N xi erhält man dann im Punkt Po die Form (5.199). Wie die Konstruktion des Koordinatenwechsels '" ----* K, zeigt, trifft dies aber nur für den Punkt Po zu und i.a. nicht für die Punkte in einer Umgebung des Punktes Po.

Es gilt indessen aber mehr: In einem Riemannschen Raum läßt sich um jeden Punkt ein Koordinatensystem errichten, sodaß in diesem Punkt einerseits die Matrix der Koordinaten des kovarianten Maßtensors Diago­nalgestalt mit Hauptdiagonalelementen ±1 hat, andererseits alle partiellen Differentialquotienten der Koordinaten des Maßtensors 9 gleich Null sind,

8g·· ~=O. gij = TJij , 8Xk

Man braucht hiefür nur, von einem lokalen Koordinatensystem ausgehend, nach dem Muster der Transformation (5.133) geodätische Koordinaten um P einzuführen, was durch die Torsionsfreiheit des Riemannschen Zusam­menhangs möglich ist. Die anschließende Transformation auf die Gestalt (5.199) erfolgt durch eine Koordinatentransformation, die durch ganze li­neare Funktionen vermittelt wird. Bei einer solchen bleibt aber das Merk­mal geodätischer Koordinaten erhalten.

Es gibt daher um jeden Punkt P eine Karte "', sodaß die Taylor-

Page 123: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 391

Entwicklungen der Koordinaten des Maßtensors um den Punkt P mit 1 ß2 gij

gij(X) = "lij + -2 ß ß XkXI + ... (5.200) Xk XI

beginnen.

IH. In einem Riemannschen Raum tritt der Krümmungstensor als Funda­mentaltensor neben den Maßtensor.

Der Krümmungstensor des affinen Zusammenhangs (5.189) wird Riemann­Christoffel- Tensor oder Riemannscher Krümmungstensor genannt. Auf Grund der Torsionsfreiheit des Riemannschen Zusammenhangs beschreibt er allein die Abweichung von einer flachen Mannigfaltigkeit. Verschwindet der Riemannsche Krümmungstensor, so gibt es um jeden Punkt P eine Umgebung U sowie eine Karte K, für U, deren Basisvektoren auf U konstant sind. Ferner verschwinden auf U die Koeffizienten des affinen Zusammen­hangs (5.187) bezüglich dieses Koordinatensystems; da eine lineare Koordi­natentransformation daran nichts ändert, kann man die Karte K, noch dazu so wählen, daß das Koordinatensystem der Karte K, in jedem Punkt von U geodätisch ist. Wie eine flache Mannigfaltigkeit lokal affine Struktur hat, so besitzt ein flacher Riemannscher Raum lokal eine euklidische Struktur.

Jeder euklidische Raum kann als Riemannscher Raum angesehen werden, denn ein affiner Raum wird als Mannigfaltigkeit zu einem Riemannschen Raum, wenn man den "konstanten" Tangentialraum mit der Struktur eines inneren Pro­duktes versieht. In der Auffassung als affiner Raum ist sinngemäß nur auf affine Koordinatensysteme zurückzugreifen, während in der Auffassung als Mannigfal­tigkeit jede nur denkbare Parametrisierung zugelassen ist. Diesen Schritt vollzieht man, wenn man z.B. im dreidimensionalen euklidischen Raum Kugelkoordinaten, Zylinderkoordinaten u.a. einführt. Die im euklidischen Raum als Grundstruktur gegebene Parallelverschiebung überträgt sich dabei auf den Raum als Mannig­faltigkeit und bestimmt gerade jenen durch die Bedingungen der Torsionsfreiheit und der Verträglichkeit mit dem inneren Produkt ausgezeichneten affinen Zusam­menhang. Während die Koeffizienten dieses affinen Zusammenhangs sämtlich ver­schwinden, wenn ein affines Koordinatensystem eingeführt wird, nehmen sie bei Einführung "krummliniger" Koordinaten gewisse Werte an, die nicht alle gleich Null sind. Was sich aber nicht ändert, das ist die Torsion und die Krümmung des Raumes. Da die Koordinaten eines Tensors in jedem Koordinatensystem ver­schwinden, wenn dies auch nur in einem einzigen zutrifft, sind die Koordinaten des Torsions- und Krümmungstensors eines affinen oder euklidischen Raumes in jedem Koordinatensystem gleich Null, denn sie verschwinden in einem affinen Koordinatensystem, in welchem die Zusammenhangskoeffizienten identisch Null sind. Es ist deshalb gerechtfertigt, im Falle eines affinen oder euklidischen Raumes von einem "ebenen" Raum zu sprechen. Damit meint man aber den "absoluten" unendlich ausgedehnten Raum, während das Beiwort "flach" eine allgemeinere Bedeutung hat. Klarerweise ist jeder ebene Raum eine flache Mannigfaltigkeit, aber eine flache Mannigfaltigkeit muß nicht unbedingt ein ebener Raum sein, wie das Beispiel der (beschränkten oder beidseitig sich ins Unendliche erstreckenden) Zylinderfläche gezeigt hat. Ob dies zutrifft, hängt von der Topologie ab. Ver­wendet man auf einer flachen Mannigfaltigkeit ein lokales Koordinatensystem mit konstanten Koordinatenrichtungen, so führt eine affine Transformation der Koor­dinaten wieder zu einem Koordinatensystem dieser Art; in einem ebenen Raum sind die Koordinatensysteme mit konstanten Koordinatenrichtungen gerade die affinen Koordinatensysteme.

Page 124: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

392 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

In einem Riemannschen Raum ist dem Krümmungstensor (5.144) der rein kovariante Tensor

J((x,y,u,v) = (~x,t(u,v)y) = (x,t(u,v)y)

mit den lokalen Koordinaten

Rijkl = (ai,t(ak,at)aj ) = gih R 7kl·

zugeordnet. Sie lassen sich wegen

af71 afijl h agih aCjl h ( ) gih -a = -a- - f jl -a = -a- - f jl fhik + f ihk

Xk Xk Xk Xk

afijl h h p = -a- - f jlfhik - gih f pk f jl

Xk

mit Hilfe der Christoffel-Klammern erster Art darstellen,

afijl afijk h h Rijkl = -a- - -a-- + fjkfhil - fjlfhik,

Xk XI

und sind die Koordinaten der 2-Formen

(jji = 2: Rijkl dXk /\ dXI ,

k<1

deren schiefsymmetrische Matrix er der Gleichung

er=p·G

(5.201)

(5.202)

genügt, wenn darin G die Koordinatenmatrix des Maßtensors 9 ist.

Die zyklische Symmetrie

J((x,y,u,v) + J((x,u,v,y) + J((x,v,y,u) = 0 (5.203)

kommt dem kovarianten Krümmungstensor J( zu, weil sie der Krümmungs­tensor 1C auf Grund des torsionsfreien Riemannschen Zusammenhangs hat (vgl. (5.145)), desgleichen die Schiefsymmetrie

J((x,y,u,v) = -J((x,y,v,u) (5.204)

in den beiden letzten Argumenten (vgl. (5.146)). Als zusätzliche Symme­trie besitzt er die Eigenschaft der Schiefsymmetrie in den beiden ersten Argumenten,

J((x,y,u,v) = -J((y,x,u,v) ,

aus der sich die weitere Symmetrie

(5.205)

J((x,y,u,v) = J((u,v,x,y) (5.206)

ergibt. Zum Beweis von (5.205) ersetzt man in (5.186) w ---) u, U ---) X,

V ---) \l vy und erhält

(X, \lu \l vy) + (\lux, \l vy) = u(x, \l vY) j

nochmalige Anwendung von (5.186) liefert mit w ---) v, v ---) \lux, u ---) y

(\lvY, \lux) + (y, \lv \lux) = v(y, \lux).

Page 125: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 393

Subtrahiert man beide Gleichungen, so ergibt sich

(x, \7u \7vY) - (y, \7v \7ux) = u(x, \7vY) - v(y, \7ux)

und durch Rollentausch von u und v mit anschließender Subtraktion

(x,(\7u \7v - \7v\7u)Y) + (y,(\7u \7v - \7v\7u)x)

= u(x, \7vY) + u(y, \7vx) - v(y, \7ux) - v(x, \7uY)

= (u 0 v)( x, y) - (v 0 u )(x, y) = [u, v]( x, y) ,

worin die Produktregel (5.186) verwendet wurde. Beachtet man schließlich noch

(x, \7[u ,v]Y) + (y, \7[u ,v]x) = [u,v](x,y) ,

so erhält man, wenn man diese Gleichung von der obigen abzieht,

(x,t(u,v)y) + (y,t(u,v)x) = 0

und damit (5.205). Benützt man jetzt die Eigenschaft der zyklischen Sym­metrie, indem man die Gleichung (5.203) für die zyklisch vertauschten Vek­torfelder x, v, y, u viermal anschreibt, so erhält man man durch Addition unter Benützung der Symmetrien (5.204) und (5.205)

2K(x,y,u,v) - 2K(u,v,x,y) = 0

und damit die Symmetrieeigenschaft (5.206).

Während man durch Auswahl eines geeigneten Koordinatensystems die ersten partiellen Ableitungen der Koordinaten des Maßtensors in einem festen Punkt alle zum Verschwinden bringen kann, ist es nicht möglich, dies gleichzeitig auch für die zweiten partiellen Differentialquotienten zu erreichen, es sei denn, der Raum ist flach. Der Grund hiefür liegt darin, daß sich die zweiten partiellen Ableitungen in einem entsprechenden Ko­ordinatensystem auf lineare Weise allein mit Hilfe der Koordinaten des Krümmungstensors ausdrücken lassen. Dies bedeutet, daß jeder Tensor, dessen Koordinaten von den zweiten partiellen Ableitungen des Maßtensors in linearer Weise abhängen (auf die ersten partiellen Ableitungen kommt es dabei nicht an, da sie bei Wahl geeigneter Koordinaten verschwinden), in linearer Weise mit Hilfe des Maßtensors 9 und des Krümmungstensors 1C dargestellt werden kann. Nicht zuletzt auch deshalb kommt dem Riemann­Christoffel-Tensor der Rang eines Fundamentaltensors zu.

Sei durch I\, ein geodätisches Koordinatensystem um den Punkt Po errichtet, sodaß sowohl die Gamma-Symbole als auch die ersten partiellen Differentialquotienten der Koordinaten des Maßtensors in diesem Punkt verschwinden. Hat der Punkt Po bezüglich der Karte I\, die Koordinaten xi, so bestimmen die in den unteren Indizes symmetrischen Größen

i 1 (ar11 ar;1 ar;k) I a "kl = - -- + -- + --

J 3 aXj aXk aXI z;=zi

über die Gleichungen

(5.207)

Page 126: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

394 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

einen Kartenwechsel '" ~ K" bei dem der Punkt Po die Koordinaten xi = 0 zugewiesen bekommt. Da in Po

aXi = o~ ax' ],

]

(5.208)

gilt, ist durch (5.207) auch wirklich eine Koordinatentransformation gege­ben. Die Werte der ersten und zweiten partiellen Ableitungen der Funktio­nen (5.207) im Punkt Po zeigen dabei, daß auch das Koordinatensystem der Karte K, geodätisch im Punkt Po ist. Bringt man das Transformationsgesetz (5.105) der Gamma-Symbole auf die Form

r~, aXk = rk axp aXq + a 2X k '] aXh pq aXi aXj aXiaXj'

so erhält man durch Bildung der partiellen Differentialquotienten

arfj aXk -h a2Xk ar;q aXh axp aXq k a 2xp aXq --+r" =----+r -aXt aXh '] aX/aXh aXh aXt aXi aXj pq aX/aXi aXj

r k axp a 2xq a3Xk + pq a- a- a- + a- a- a-Xi X/ Xj X/ Xi Xj

Setzt man darin die Koordinaten des Punktes Po ein, so erhält man unter Berücksichtigung von (5.208) sowie der Annahme, daß die Gamma-Symbole im Punkt Po bezüglich der Karte", verschwinden,

-k k arij arij k aXt = aXt - aij/' (5.209)

Aus dieser Gleichung ergibt sich mit (5.137) wegen des Yerschwindens der Gamma-Symbole und der Symmetrie der Koeffizienten ajk/

- k arfj arfl arfj arf/ k R,/, = - - - = - - - = K/, (5.210)

'3 aXt aXj aXt aXj '3 '

d.h. der Koordinatenwechsel '" ~ K, läßt die Koordinaten des Krümmungs­tensors im Punkt Po ungeändert. Weiter folgt aus (5.209) im Punkt Po

arfj ar~j ar~i arfj ar~j ar~i k . -+-+- = - + -+ --3a,,/ =0 (5.211) aXt aXi aXj aXt aXi aXj '] ,

setzt man die sich aus (5.210) ergebenden Beziehungen

a - k - k a- k - k rij _ -k ari / r/ j _ -k ari / . -- - Ri /j + -- , -- - R/ij + -- , aXt aXj aXi aXj

in (5.211) ein, so führt dies auf die Gleichung

aus welcher

-k - k - k aril

R i /j + R/ij + 3 ax ' = 0 , ]

- - arhi / Rhilj + Rh/ij + 3 -a- = 0

x' ]

Page 127: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 395

folgt, weil die partiellen Differentialquotienten ~~j im Punkt Po verschwin-1

den. Benützt man schließlich die Gleichungen 2 - -

8 9hi 8rhil 8rihl

8i·8il = 8i' + 8i' ' J J J

so erhält man die angekündigte Darstellung

82 -

8- ~~ = -HRhilj + R hlij + R ihlj + R ilhj ) = HRijlh + Riljh) . Xj XI

Sie zeigt, daß es um jeden Punkt P eine Karte K, mit P als Ursprung gibt, sodaß die Taylor-Entwicklungen der Koordinaten des Maßtensors die Form

gij = ''fij + k Riklj(P) XkXI + ... . (5.212)

haben (vgl. (5.200)). Diese Entwicklungen haben zur Voraussetzung, daß durch die Karte K, einerseits ein geodätisches Koordinatensystem im Punkt P errichtet ist, andererseits verlangen sie die Gültigkeit der Gleichungen

8rfj 8r~j 8r~i -+-+-=0 8xI 8Xi 8xj

im Punkt P. Eine Karte K, um einen Punkt P, für welche diese Bedingungen erfüllt sind, heißt ein Riemannsches Koordinatensystem um den Punkt P.

Da über die Gleichungen (5.211) N(Ni 2) unabhängige Beziehungen

zwischen den insgesamt ( N2iN)2 unabhängigen zweiten partiellen Differen­tialquotienten der Koordinaten des Maßtensors hergestellt werden, hat der k . t K .. t (N(N+1))2 N(N+2) N 2 (N2 -l) bh'" ovanan e rummungs ensor 2 - 3 = 12 una anglge Koordinaten.

Aus den Symmetrieeigenschaften des Krümmungstensors Je ergibt sich als bedeutsame Konsequenz, daß sich aus ihm durch Verjüngung nur auf eine Weise ein nicht verschwindender Tensor zweiter Stufe ableiten läßt, nämlich der Ricci-Tensor 'R mit den lokalen Koordinaten (vgl. (5.150))

k lk 8rfj 8rfk k h k h R ij = R ikj = 9 Rlikj = -- - -- + rhkr ij - rhjr ik ·

8Xk 8xj

Ebenso wie in den Krümmungstensor gehen die zweiten partiellen Ablei­tungen linear in die insgesamt N(~+l) unabhängigen Koordinaten ein,

Rij = II ~ (82gik + 82

g lj _ 82

g ij _ 82

g lk )

2 8xj8xl 8Xk8xi 8Xk8xI 8xj8xi (5.213)

+ lh (rLrlik - r~krlij) . Der Ricci-Tensor 'R ist symmetrisch, denn aus der Symmetrie (5.205) folgt

R~kl = gij R ijk1 = _gji Rjikl = 0 und damit auf Grund der zyklischen Symmetrie (5.145)

o = R~kl + R~li + R;ik = R~li + R;ik = - Rkl + Rlk .

(5.214)

Page 128: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

396 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Die Verjüngung ... .. Ik R = Ri = 9'3 Rij = 9'39 Rlikj (5.215)

des gemischten Ricci-Tensors R; heißt die K rümmungJinvariante.

Ist ~ eine in den dreidimensionalen Raum eingebettete Fläche mit den Fun­damentalgrößen E, F, G, so erhält man aus (5.98)

R~12 = KF, R~12 = -KE, R~12 = KG, R~12 = -KF, (5.216) wobei K die Gaußsche Krümmung der Fläche ist (vgl. (5.97)). Es gilt

R'ß-Y5 = K(9~9ß5 - 959ß-Y) ,

wenn darin gß = Dß die Koordinaten des gemischten Maßtensors sind, und

Raß = R:-yß = K(g;gaß - gJga-y) = K gaß ,

womit die Krümmungsinvariante das 2-fache der Gaußschen Krümmung ist,

R = Kgaßgaß = 2K.

Ist p die Matrix der Krümmungsformen, so ist u = p' G (vgl. (5.96) und (5.98)) die Matrix der 2-Formen

Ußa = Pß9-ya = z= Raß-y5 dz-y /\ dZ5 , -y<5

d.h. die Koordinaten der 2-Formen Uaß sind die Koordinaten des kovarianten Krümmungstensors

Von dessen 42 = 16 Koordinaten sind nur 4 von Null verschieden, nämlich R1212 , R1221 , R2112 , R 2121 j eine einzige Koordinate ist unabhängig, und zwar

R1212 = -R1221 = -R2112 = R 2121 = K 9.

Daher läßt sich die Gaußsche Krümmung in der Form

K = R1212 EG-F2

mit Hilfe des Krümmungstensors darstellen. Bemerkenswert daran ist, daß die Gaußsche Krümmung K durch die drei Fundamentalgrößen E, Fund G vollkom­men bestimmt ist. Bildet man

1 Ör~2 örL 1 1 1 2 1 1 1 2 R 212 = -ö - -ö + r l1 r 22 + r 21 r 22 - r 12 r 21 - r 22 r 21

ZI :1:2

Ör~2 Önl 1 a 1 a 1 2 1 2) = -ö - -Ö + r 22 r 1a - r 21 r 2a + 2(r21 r 22 - r 22 r 12

:1:1 :1:2 und formt man den Ausdruck in der Klammer folgendermaßen um,

( 1 2 1 2) 2 ( 1 1) Ö In g22 1 Ö In g22 1 2 r 21 r 22 - r 22 r 12 = - r 21 r 222 - r22r212 = -ö-- r 21 - -ö-- r 22 ,

922 Z2 ZI so erhält man unter Berücksichtigung von (5.197)

Ön2 + ri2 (rra _ Öln g22 ) = ~ ~ (Vu ri2) ÖZI ÖZI Vu ÖZI 922

und einen analogen Ausdruck für die übrigen Terme. Beachtet man jetzt noch die dritte Gleichung (5.216), so gelangt man zur Darstellung

K = 1 [~(JEG - F2 r1 ) _ ~ ("';~EG~-~F2 r1 )] JEG - F2 ÖZI G 22 ÖZ2 G 21

Page 129: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 397

für die Gaußsche Krümmung26). Sie ist eine von vier Varianten, die man durch analoge Umformungen der von Null verschiedenen Koordinaten des Krümmungs­tensors erhält.

Die Krümmungsformen und die I-Formen des affinen Zusammenhangs auf ~ stehen zueinander in der Beziehung (5.152). Sie lautet ausführlich

d k I k I k Pi = 'Yi A PI - Pi A 'YI

= r~hdxh A L R7pq dxp A dXq - L R~pq dxp A dX q A r7hdxh p<q p<q

= L (r~hR7pq + r~pR7qh + r~qR7hp)dxh A dxp A dXq h<p<q

- L (r7hR~pq + r7pR~qh + r7qR~hp)dxh A dxp A dX q . h<p<q

Bildet man nach den Ableitungsregeln (5.164) den Tensor

(5.217)

(5.218)

- r~pR7qh + r7qR~hp - r~qR7hp , denn die übrigen sechs Terme heben sich in dieser Summe gegenseitig auf. Die rechten Seiten dieser Gleichungen sind aber gerade die Koeffizienten in ( 5.217),

k "( ßRfpq ßRfqh ßRfhp k) dPi = ~ aXh + a;;- + a;;- - Aihpq dXh A dxp A dX q .

h<p<q P q

Da aber die Summen aR~ ßR~ aR~ L ( ax,:q + a:qh + ß:hP ) dXh A dxp A dX q

h<p<q P q

die äußeren Differentiale der Krümmungsformen pf sind, folgt Afhpq = 0, d.h. es ist

lJRfpq lJRfqh lJRfhp --+--+--=0. lJx h lJxp lJxq

(5.219)

Diese Beziehungen heißen die Identitäten von BIANCHI.

26) Die Krümmungsverhältnisse einer Fläche werden durch eine zweite Grund­form auf der Fläche beschrieben. Die Koeffizienten dieser zweiten Grundform bestimmen die sogenannte mittlere Krümmung und die Gaußsehe Krümmung der Fläche. Danach hat es den Anschein, als würde die Gaußsche Krümmung nicht allein durch die ersten Fundamentalgrößen der Flächentheorie ausgedrückt werden können. Daß dies dennoch zutrifft, ist die Aussage des Theorema egregium der Flächentheorie.

Page 130: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

398 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Ein Riemannscher Raum, für den der Ricci-Tensor (5.213) ein Viel­faches des kovarianten Maßtensors ist,

'R. = >.g ,

heißt ein Einsteinseher Raum. Die Invariante>. ergibt sich dabei wegen

R = gij Rij = >.gij gij = >.15; = >.N

zu >. = ~, sodaß ein Einsteinscher Raum durch die Gleichung

'R.=~g gekennzeichnet ist. Als Einstein- Tensor bezeichnet man den symmetri­schen Tensor

g:= 'R. - ~ g (5.220)

mit den lokalen Koordinaten

Gij = Rij - ~ gij .

Der gemischte Tensor i ik i R i

G j =g Gkj = R j - 2t5j

hat die wichtige Eigenschaft, daß die Verjüngung seiner kovarianten Ablei­tung verschwindet,

(5.221)

Verjüngt man nämlich den Tensor (5.218) zu Afkkq, so folgt aus den Bianchi­Identitäten (5.219)

"l1Riq "l1Rik -----

"l1Xk "l1x q

und weiter durch Überschieben mit giq

_"l1_R _ _ _ "l1R_l = _giq_"l1R_fq_k = _giqg kl_"l1_R_,,_·q_k = giqgkl"l1_R_i_lq_k = gkl"l1Rlk "l1x k "l1x q ()X k ()X k "l1x k "l1x k

"l1R~ "l1xk '

also

(5.222)

Bildet man nun die kovarianten partiellen Differentialquotienten der Koor­dinaten des Einstein-Tensors, so wird

()Gij "l1Rij 1 "l1R "l1Rij "l1R~ -- = -- - - gij -- = -- - gij -- . ()Xk "l1xk 2 "l1xk "l1xk "l1xk

Durch Überschieben mit gih folgt daraus schließlich

()GJ "l1RJ k "l1R~ -=--15·-=0. "l1xk "l1xh ] "l1xk

Page 131: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 399

IV. Symmetrien Riemannscher Räume.

Ein euklidischer Raum ist homogen und isotrop. Dabei ist mit der Homoge­nität gemeint, daß kein Punkt einem anderen gegenüber bevorzugt ist, und unter der Isotropie versteht man die Gleichberechtigung aller Richtungen im Raum. Beide Merkmale faßt man im Oberbegriff der Symmetrie des Raumes zusammen. Man wird diese den ebenen Räumen eigenen Symme­trien intuitiv aber auch einer Kugelfläche zusprechen wollen, obgleich ein Symmetriebegriff für Riemannsche Räume in der auf ebene Räume zuge­schnittenen Weise von vornherein nicht zur Verfügung steht.

Ist in einem ebenen Raum ein homogenes Vektorfeld gegeben, so kann man diese Art der Symmetrie als "Translationsinvarianz" bezeichnen, wo­mit gemeint ist, daß Parallelverschiebungen das Bild des Vektorfeldes nicht verändern. Vor einer ähnlichen Situation steht man im Fall der Kugel­symmetrie, deren "Rotationsinvarianz" nichts anderes bedeutet, als daß Drehungen die Dinge unverändert lassen. Solche Symmetrien kann man auf beliebige Tensorfelder verallgemeinern. Dann läßt sich die Homoge­nität und die Isotropie eines ebenen Raumes auch dadurch kennzeichnen, daß die metrischen Verhältnisse translations- und rotationsinvariant sind. Will man einen Symmetriebegriff in dieser Weise auf Riemannsche Räume übertragen, so lassen sich Transformationen im "Großen" nicht verwenden, man muß sich auf Transformationen im "Kleinen" beschränken, indem man in jedem Raumpunkt ein infinitesimales Stück in einer gewissen charakteri­stischen Richtung fortschreitet. Gibt es solche ausgezeichnete Richtungen und lassen sie sich mit Hilfe von Vektorfeldern beschreiben, so hat man in diesen ein Mittel in der Hand, Riemannschen Räumen Symmetrien zu­zusprechen, wenn ihre Sonderstellung eben dadurch gegeben ist, daß sich bei infinitesimalem Voranschreiten in den durch sie in jedem Raumpunkt angezeigten Richtungen die metrischen Verhältnisse nicht ändern.

Man wird also in einem Riemannschen Raum von einer Symmetrie sprechen, wenn es ein Vektorfeld v gibt, sodaß eine infinitesimale Transfor­mation, die dem Punkt P mit den Koordinaten Xi bezüglich einer Karte "-, in welcher die metrische Fundamentalform gegeben ist, den Punkt Q mit den Koordinaten Xi = Xi + tVi(x) zuordnet (ltl ~ 1) und dabei keine Änderung der metrischen Verhältnisse eintritt. Eine solche Transformation

Xi ---t Xi = Xi + tVi(x)

kann man sich als Bewegung vorstellen, am Beispiel einer Fläche so, indem man sich 2 Exemplare der Fläche übereinandergelegt denkt und eines infi­nitesimal verschiebt, und zwar jeden Punkt in der Richtung, die durch den Vektor v angezeigt wird. Deutet man die Koordinatendifferentiale, wie es die metrische Fundamentalform (5.185) an sich beinhaltet, als infinitesimale Ortszuwächse, so ist die Fundamentalform

Page 132: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

400 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

im infinitesimal benachbarten Punkt Q mit der Fundamentalform im Punkt P zu vergleichen,

9ij(X) dXidxj - 9hk(X) dXhdxk

( a9ij k avi aVI ) = t --v + glj - + gil- dXidxj + ....

aXk aXi aXj

Die metrischen Verhältnisse ändern sich bei infinitesimalem Fortschreiten vom Punkt P aus in der Richtung von v in erster Näherung nicht, wenn der Ausdruck in der Klammer verschwindet,

agij k avi av i -a V + glj -a + 9il-a = O. (5.223)

Xk Xi Xj

Beachtet man, daß die auf der linken Seite stehenden Größen die Koordi­naten der Lie-Ableitung des Maßtensors sind (vgl. (5.178)), so kann diese Bedingung durch die sogenannte Killing- Gleichung

.tv 9 = 0 (5.224)

unabhängig von lokalen Koordinaten ausgesprochen werden. Da man in den Koordinaten der Lie-Ableitung die gewöhnlichen partiellen Differential­quotienten durch die kovarianten ersetzen kann, erhält man aus (5.223) wegen des Verschwindens der kovarianten Ableitung des Maßtensors die äquivalente Forderung

(lVi (lVi .tvgij = glj -- + gil -- = O.

(lxi (Ix j

Macht man noch davon Gebrauch, daß die kovariante Differentiation mit dem Hinauf- und Herunterziehen von Indizes vertauschbar ist, so nimmt die Killing-Gleichung (5.224) für die kovarianten Koordinaten des Vektorfeldes v die besonders einfache Form

(lVj (lVi .tvgij = - + - = 0 (5.225)

(lxi (Ix j

an. Bei diesen Gleichungen handelt es sich um ein System von N(~+l) partiellen Differentialgleichungen erster Ordnung für die N Koordinaten des Vektorfeldes v.

Lösungen der Gleichung (5.224) werden Killing- Vektorfelder genannt. Solche Vektorfelder beschreiben auf geometrisch-invariante Weise Symme­trieeigenschaften des Raumes. Schon deshalb ist ihre Existenz allein ein Frage der Geometrie, desgleichen die Anzahl der unabhängigen Lösungen. Gibt es keine Killing-Vektorfelder, so hat der Raum auch keine Symmetrien; je mehr es davon gibt, umso mehr Symmetrien sind vorhanden.

Das Auftreten der Lie-Ableitung darf in diesem Zusammenhang nicht überraschen. Die Lie-Ableitung eines Tensorfeldes gibt ja die Änderung bei einer infinitesimalen Transformation in Richtung der Integralkurven an; das Verschwinden der Lie-Ableitung bedeutet daher die Invarianz des Tensorfeldes unter einer solchen Transformation.

Page 133: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 401

Die metrische Fundamentalform einer Fläche ~ im l!:3 sei durch

di = Edr2 + r 2 de/>2

gegeben, wobei die erste Fundamentalgröße die Form E = 1 + (f' (r)) 2 haben möge. Dann ist ~ eine Drehfläche, die durch Rotation der Kurve z = f(;J;) um die z-Achse entsteht. Da die Koordinaten rund e/> orthogonal sind, vereinfachen sich die Gleichungen (5.223) zu

U dE 2E OU = 0 dr + or '

worin U, V für die beiden Koordinaten von Killing-Vektorfelder geschrieben wurde. Aus der ersten dieser drei Gleichungen folgt

U(r,e/» = ~ mit einer willkürlichen Funktion a( e/» j dann ergeben die beiden anderen

oV a'.;E oV a or oe/> r.;E·

Für a( e/» == 0 sind diese beiden Gleichungen jedenfalls lösbar, und zwar ist dann V konstant. Es gibt also auf jeden Fall einen Killing-Vektorfeld, nämlich v = 0", j es beschreibt die Invarianz der Fläche ~ unter Drehungen um die z-Achse. Wenn es noch andere unabhängige Killing-Vektorfelder geben soll, so muß a( e/» 1'- 0 sein und

gelten, also

beziehungsweise

al/+Ca=O, 1

E = C + Dr2 '

worin C und D willkürliche Konstanten sind. Aus Periodizitätsgründen muß C = 1 gelten, wegen E > 1 muß ferner D < 0 sein. Setzt man für D = -1/ (/ , so erhält man f(r) = ±~, wenn man von einer additiven Konstanten absieht, welche eine Parallelverschiebung der Fläche in Richtung der z-Achse bewirkt. Die Fläche ~ muß daher, wenn es mehr als ein Killing-Vektorfeld geben soll, die Oberfläche einer Kugel sein, die allgemeine Lösung der Killing-Gleichung (5.224) lautet in diesem Fall

U(r,e/» = ~(Acose/>+Bsine/»,

~ V (r, e/» = - ( A sin e/> - B cos e/» + C r

mit drei willkürlichen Konstanten A, Bund C. Da die Lösungsschar drei Para­meter enthält, gibt es drei Killing-Vektorfelder auf der Oberfläche einer Kugel, nämlich

Vl = ( ~ sin e/> ) Or + (~ cos e/> ) 0", ,

V2 = (~COSe/»Or - (~ sine/»o""

V3 = 0",.

Page 134: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

402 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Diese drei Killing-Vektorfelder, die unabhängig in dem Sinne sind, daß die Li­nearkombination >'1 V1 + >'2V2 + >'3V3 = 0 mit konstanten Koeffizienten >'i nur für >'1 = >'2 = >'3 = 0 bestehen kann, beschreiben die Invarianz der Kugelfläche gegenüber Drehungen, die eine dreiparametrige Schar bilden, entsprechend dem Umstand, daß eine orthogonale Matrix drei unabhängige Elemente enthält. In den kartesischen Koordinaten :l: = r cos 4>, y = r sin 4>, z = f( r} des 1E3 sind die Integralkurven dieser drei Killing-Vektorfelder die Schnittlinien der Fläche ~ mit den Ebenen :l: = const., y = const. und z = const. Darin kommt zum Ausdruck, daß eine Kugel durch beliebige Drehungen in sich übergeht.

Das Auftreten des Killing-Vektorfeldes 0", ist offenbar auch eine Konsequenz des Umstandes, daß die Fundamentalgrößen E und G keine Abhängigkeit von der Flächenkoordinate 4> aufweisen, denn im allgemeinen Fall (bei Verwendung ortho­gonaler Koordinaten, d.h. für F = O) können die Killing-Gleichungen

oE oE OU oV OU oG oG OV U or + V 04> + 2E or = 0 G or + E 04> = 0, U or + V 04> + 2G 04> = 0

die Lösung v = 0", nur im Falle ~: = ~~ = 0 haben. Dieser Sachverhalt hat auch allgemeine Gültigkeit. Ist nämlich v = op eine Lösung der Killing-Gleichungen (5.223), also VP = 1 und Vi = 0 für i -::J. p, so müssen die partiellen Ableitungen der Koordinaten des Maßtensors nach der Koordinate :l:p verschwinden,

Ogij = o. O:l:p

Man sieht, wie Symmetrien auf diese Weise durch die Unabhängigkeit der Koor­dinaten des Maßtensors von gewissen Koordinaten zum Ausdruck kommen.

Da man davon ausgehen kann, daß eine Kugel maximale Symmetrie hat, ist zu erwarten, daß die Maximalzahl unabhängiger Killing-Vektorfelder in einem 2-dimensionalen Raum gleich 3 ist. Dies trifft tatsächlich zu, wie weiter unten gleich nachgewiesen werden soll.

Gleichfalls maximale Symmetrie ist im euklidischen oder pseudo-euklidischen Raum IEN zu erwarten. Für diesen lauten die Killing-Gleichungen einfach

oVj + oV; = 0 O:l:i O:l:j

da die kovarianten Ableitungen mit den gewöhnlichen identisch sind. Sie be­sagen, daß die Matrix der partiellen Ableitungen der kovarianten Koordinaten eines Killing-Vektorfeldes schiefsymmetrisch ist. Dann lautet aber die allgemeine Lösung

v; = Cli + ßij:l:j, ßij = -ßji.

Sie enthält N + NN-;l = N(~+1) willkürliche Konstanten, weshalb es N(~+l) unabhängige Killing-Vektorfelder gibt. Im Fall N = 3 entsprechen den 6 Killing­Vektorfeldern die Parallelverschiebungen in den 3 Koordinatenrichtungen (die Homogenität des Raumes) und die dreiparametrige Schar der orthogonalen Trans­formationen (die Isotropie des Raumes).

Der folgende Fall eines pseudo-Riemannschen Raumes ist die Grundlage für die Diskussion der Symmetrieeigenschaften einer Lösung der Feldgleichungen für die vierdimensionale Raum-Zeit-Welt in der allgemeinen Relativitätstheorie.

Sei 9\ ein pseudo-Riemannscher Raum mit der metrischen Fundamentalform

di = c2f(r}de - ftr} dr2 _r2(d1?2 +sin21?d</),

Page 135: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume

in einer für r > M gültigen Karte, worin für M

I(r) = 1 - -r

403

einzusetzen ist und M, ebenso wie c, eine positive Konstante ist. Da alle Koordi­naten des metrischen Tensors von t unabhängig sind, ist ßt ein Killing-Vektorfeld, und ebenso ßcp, weil kein Abhängigkeit von der Koordinate cp besteht. Es gibt aber noch zwei weitere Killing-Vektorfelder, die von diesen beiden unabhängig sind.

Ist v = Tßt + Ußr + Vß17 + Wßcp ein Killing-Vektorfeld, Koordinaten die folgenden 10 Gleichungen (5.223) erfüllen:

so mussen die

0= I'U 21 ßT + ßt'

o = _! ßU + c2 I ßT Ißt ßr'

o = _r2 ßV + c2 I ßT ßt ßt'J '

2 • 2 ßW 2 ßT o = -r sm t'J - + c I-ßt ßcp ,

!' 2 ßU O=J2U- Jßr ,

o = _r2 ßV _! ßU ßr I ßt'J '

2 . 2 ßW 1 ßU o = -r sm t'J - - - - , ßr I ßcp

2 ßV 0= -2rU - 2r -

ßt'J ' 2 . 2 ßW 2 ßV o = -r sm t'J - - r -

ßt'J ßcp ,

0= -2r sin2 t'J U - 2r2 sin t'J cos t'J V - 2r 2 sin2 t'J ~: . Aus Gleichung (v) folgt

U = a(t,t'J,cp)vI,

aus Gleichung (vi)

ßa I dr 2 ßa ri V=-ßt'J. r 2J7[!0+ß(t,t'J,CP)=-M ßt'J v/ + ß ;

damit kann Gleichung (viii) nach Division durch -2r, nämlich

2r ß2 a ri ßß a vi - M ßt'J2 V I + r ßt'J = 0

(i)

(ii)

(iii)

(iv)

(v)

( vi)

( vii)

(viii)

(ix)

(x)

nur erfüllt werden, wenn a = 0 und ß = ß(t, cp) ist. Jedenfalls muß U = 0 sein. Aus Gleichung (x) folgt schließlich nach Division durch sin t'J

ßW ß cot t'J + ßcp = 0 ,

aus Gleichung (ix) • 2 ßW ßß

sm iJ ßt'J + ßcp = 0 ·

Page 136: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

404 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Differenziert man die vorletzte Gleichung nach iJ, die letzte nach rp und eliminiert man die gemischte Ableitung von W, so folgt einerseits

a2 ß arp2 + ß = 0,

andererseits, daß die dritte Koordinate eines Killing-Vektorfeldes die Form

aß W = cot iJ orp + ,(t,rp)

haben muß, da sie, um die Gleichung (vii) zu erfüllen, von r nicht abhängen kann. Damit sind alle Gleichungen (v) bis (x) befriedigt. Die Gleichungen (i) und (ii) erfordern wegen U = 0 für T = 5(iJ,rp), die Gleichung (iii) ist dann nur für ß = ß( rp) und 5 = 5( rp) lösbar; die letzte noch nicht befriedigte Gleichung (iv) verlangt dann die Konstanz der Funktionen, und 5. Daher ist

ß( rp) = A cos rp + B sin rp .

Dies ergibt zusammen mit den obigen Ergebnissen die allgemeine Lösung der Killing- Gleichungen

T= D, U = 0,

V = A cos rp + B sin rp ,

W = (B cos rp - A sin rp) cot iJ + C

mit vier willkürlichen Konstanten A, B, C und D. Es gibt daher 4 unabhängige Killing-Vektorfelder

Vo=Ot,

Vl = sin rp 0" + cos rp cot iJ Of(J , V2 = cos rp a" - sin rp cot iJ Of(J , V3 = of(J.

(5.226)

Das Killing-Vektorfeld Vo ist zeitartig, die drei übrigen sind raumartig. Auf die Bedeutung dieser Killing-Vektorfelder soll im §6 des Kap. 6 eingegangen werden.

Ist v ein beliebiges Vektorfeld auf dem N-dimensionalen Riemannschen Raum ~, so gilt auf Grund der Differentiationsregel (5.170)

('I (('IV! ('IVj) ('I (('lVi ('I Vi ) ('I (('IVj ('IVi)

('lXi ('IXj - ('lXI + ('IXj ('lXI - ('lXi + ()XI ()Xi - ()Xj

( ()2Vi ()2 Vi ) (()2Vj ()2 V j ) (()2 Vi ('I2Vi )

= ()Xj()XI - ()XI()Xj + ()XI()Xi - ()Xi()XI + ('IXi()Xj - ()Xj()Xi

= (R71j + Rjil + R~ji) V k = 0

infolge der zyklischen Symmetrie des Krümmungstensors. Wenn es sich speziell um ein Killing-Vektorfeld auf ~ handelt, ergibt diese Gleichung

()2 V,. ()2 V- ()2 Vi __ '_ + __ 3_ + __ 1_ = o. i)ovii)ov/ i)OV/i);ci i);cii);Cj

Nun ist aber nach (5.170) und (5.225)

()2Vj ('I2Vj h ()2Vi h -- = -- + R-ilVh = ---- + R-ilVh ()XI('Ixi ()Xi()XI 3 ()Xi()Xj 3

Page 137: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 405

und deshalb unter Verwendung der Symmetrieeigenschaften (5.146)

()2Vi h -- = RTVh (5.227) ()Xj()x/ 3'

beziehungsweise (5.205) und (5.206)

(5.228)

da das Hinauf-und Herunterziehen von Indizes mit der kovarianten Diffe­rentiation vertauschbar ist.

Die beiden äquivalenten Gleichungen (5.227) und (5.228) bringen die Koordinaten eines Killing-Vektorfeldes mit den zweiten kovarianten Ablei­tungen in Beziehung. Daraus ergibt sich insbesondere, daß die höheren partiellen Ableitungen durch die Koordinaten eines Killing-Vektorfeldes und dessen partielle Ableitungen bereits bestimmt sind. Dieser Sachver­halt läßt jetzt auch einen Rückschluß auf die Maximalzahl unabhängiger Killing-Vektorfelder zu: Da man N Koordinaten Vi und wegen (5.225) ins-

gesamt nur NN;l Ableitungen ~~i vorgeben kann, gibt es, sofern diese J

Vorgaben keinen weiteren Einschränkungen unterliegen, höchstens N + N N ;1 = N(~+l) unabhängige Killing-Vektorfelder. Deshalb können auch

die N(~+l) Gleichungen (5.225) höchstens N(~+l) unabhängige Lösungen

haben. Um feststellen zu können, wieviele es nun wirklich gibt, hat man durch fortgesetzte Differentiation die Integrabilitätsbedingungen aufzustel­len und das - u.U. aus unendlich vielen Gleichungen bestehende -lineare homogene Gleichungssystem der Koordinaten Vi und ihren Ableitungen ~~i auf Lösbarkeit bzw. im Hinblick darauf zu untersuchen, wieviele un-

J

abhängige Lösungen es gibt.

Die erste Integrabilitätsbedingung erhält man durch kovariante Diffe­rentiation von (5.227). Geht man von der allgemein gültigen Gleichung

()3 Vi ()3 Vi _ Rh () Vh Rh () Vi ---- - oOk + lOk

()Xk()Xj()XI ()Xj()Xk()X/ '3 ()XI 3 ()Xh

aus (vgl. (5.171) für <Pil = ~~) und bildet man durch Differentiation von (5.227)

()3Vi ()Rj/i h ()Vh ---- = -- Vh + Kr -()Xk()Xj()X/ ()Xk 3' ()Xk

sowie unter Benützung von (5.225)

()3Vi ()3lt! _ ()R~i/ Vi Rho ()Vh

" "" """ -" h + h/" ' VXjVXkvX/ VXjVXkVXi vXj vXj

so ergibt sich durch Addition

R~o ()Vh Rho ()Vi _ (()Rj/i ()R~i/) Vi R~ 0 ()Vh Rho ()Vh '3k " + /3k" - " +" h + 311" + h/" . vXl vXh vXk vXj vXk vXj

Page 138: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

406 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Zieht man den Index h in den Koordinaten des Krümmungstensors herun­ter und gleichzeitig in den Koordinaten des Killing-Vektorfeldes hinauf, so erhält man mit Hilfe der Identitäten (5.219) durch wiederholte Anwendung der Symmetrieeigenschaften des kovarianten Krümmungstensors

DRhjli + DRhkil _ DRi1jh + DRilhk _ DRi1kj _ DRi1jk --- --- - --- --- - - --- - --- ,

DXk DXj ()Xk DXj DXh DXh

wodurch die obige Gleichung die einfachere Form

DRiljk h DV h DV h DV h DV h -- V + Rhljk -- + Rihjk -- + Rilhk -- + Riljh -- = 0

DXh DXi DXl DXj DXk

annimmt. Da in den Koordinaten der Lie-Ableitung eines Tensorfeldes die gewöhnlichen partiellen Ableitungen durch die kovarianten ersetzt werden können, ist diese Bedingung nichts anderes als die Forderung, daß die Lie­Ableitung des kovarianten Krümmungstensors bezüglich des in Betracht genommenen Killing-Vektors v verschwindet,

LvK=O. (5.229)

Diese Integrabilitätsbedingung verlangt von einem Killing-Vektor, daß sich die Krümmungsverhältnisse bei einer Bewegung, d.h. bei einer infinitesi­malen Transformation in der durch ihn angezeigten Richtung nicht ändern. Wenn sie identisch erfüllt ist, wenn also durch sie keinerlei Einschränkungen in der freien Wahl der Koordinaten Vi und ihrer kovarianten Ableitungen ~~~ ausgesprochen werden, so gibt es im Raum die Maximalzahl unabhängi-

J

ger Killing-Vektorfelder. Dann muß aber einerseits die kovariante Ableitung des Krümmungstensors verschwinden,

DR-"kl __ 'J_ - 0 DXh - ,

andererseits muß

(6fRh1jk + 6fRihjk + 6;Rilhk + 6~Riljh) DVh = 0 Dxp

und folglich auch

( cPRh cPRh CPRh CPRh ) DVh - 0 Vi ljk + VI ikj + Vj ki/ + v k j/i ;--­

vXp

gelten. Schreibt man diese Gleichungen mit vertauschten Rollen der In­dizes hund p an und addiert man die entstehende Gleichung zur obigen hinzu, so ergibt sich unter Berücksichtigung von (5.225) hinsichtlich der Beschaffenheit des Raumes schließlich die Forderung

6f R?jk - 6: Rfjk + 6f R?kj - .5t Rfkj +.5; RZi / - .5j Rf.i/ + .5~RJ/i - .5t R;/i = o. Durch Verjüngung in den Indizes i und p erhält man als Konsequenz

N R~k - R~k + R?kj - 6? R~kj + RZj / - 6j Rkl + Rj/k + 6~ Rj/

= (N -l)R~k - 6j Rk/ + 6ZRj/ = 0,

Page 139: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 407

wie sich aus der zyklischen Symmetrie (5.145) des Krümmungstensors 1(,

zusammen mit (5.214) ergibt. Überschiebt man die Gleichung

(N - l)R?jk = oj Rkl - o~Rjl

mit gih,

und diese mit gkl, so erhält man

(N - l)Rji = (N -l)gkI Rkjli = gijR - Rji,

worin R die Krümmungsinvariante (5.215) ist. Also ist

und deshalb

R Rij = N gij

R Riljk = N(N -1) (gijgkl - gik9jl). (5.230)

Da verlangt wird, daß die kovariante Ableitung des Krümmungstensors verschwindet, muß die Krümmungsinvariante eine konstante Funktion sein. Die Form (5.230) des Krümmungstensors - mit konstanter Krümmungsin­variante - ist offenbar eine notwendige und hinreichende Bedingung dafür, um durch die Gleichung (5.229) keinerlei Einschränkungen in der Wahl sowohl der Koordinaten eines Killing-Vektors als auch deren kovarianten partiellen Ableitungen hinnehmen zu müssen.

Ein Riemannscher Raum, dessen Krümmungstensor in der einfachen Form (5.230) vom Maßtensor abhängt und dessen Krümmungsinvariante konstant ist, heißt ein Raum mit konstanter Krümmung. Ein solcher Raum hat maximale Symmetrie, er besitzt die Höchstzahl von N(~+l) unabhängi­

gen Killing-Vektoren und ist homogen und isotrop in dem Sinne, wie diese Eigenschaften einem ebenen Raum zugesprochen werden. Kein Punkt ist ei­nem anderen gegenüber ausgezeichnet und keine Richtung gegenüber einer anderen bevorzugt. Die freie Wahl der Koordinaten eines Killing-Vektors bedeutet dabei die Homogenität, die freie Wahl der unabhängigen kovari-anten Ableitungen die Isotropie, entsprechend den N(~-l) unabhängigen

Parametern a: einer Lorentz-Transformation Xi = a;xj im Ursprung eines Riemannschen Koordinatensystems.

Der Krümmungstensor einer Fläche im dreidimensionalen Raum hat stets die Gestalt (5.230). Doch erst dann, wenn die Krümmungsinvariante und damit die Gaußsche Krümmung konstant ist, handelt es sich um einen Raum mit konstanter Krümmung. Ist die Krümmung von Null verschieden, so muß die Fläche eine Kugel sein; deren Radius ist gleich dem Kehrwert der Gaußschen Krümmung. Die Eigenschaft der Homogenität und der Isotropie kommt daher einer Fläche im dreidimensionalen Raum, wenn ihre Gaußsche Krümmung ungleich Null ist, nur der Oberfläche einer Kugel zu.

Page 140: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

408 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

V. Duale Tensor/eider und das Kodifferential.

Ist ein Riemannscher Raum orientierbar, so läßt sich der *-Operator und mit ihm das Kodifferential auf schiefsymmetrische kovariante Tensorfelder übertragen. Für das Folgende sei der N -dimensionale Riemannsche Raum ~ durch die N-Form (5.198) orientiert.

Zur Einführung des dualen Tensorfeldes *cp eines kovarianten schief­symmetrischen Tensors cp ist wie in euklidischen Räumen vorzugehen. Da­bei behalten alle Rechenregeln ihre Gültigkeit, namentlich die Darstellun­gen (3.104) und (3.105). Das Kodifferential ist der Operator (vgl. (3.106))

der einer n-Form

die (n - l)-Form

ocp = -

0= (-lt* -ld* = (_l)Nn+r+l*d*,

cp = l: q, i 1 ... in dXi 1 A ... A dXi n

i 1 < .. ·<in

(Jq, '1 I jk Jl ... n-1d d 9 XI A··· A XI (JXk 1 n-l

(5.231)

zuordnet (vgl. (3.110)). Die Ableitung dieser Darstellung geht denselben Weg die jene für (3.110), nur ist dabei zu berücksichtigen, daß die Größe JI9T jetzt nicht konstant ist. Deshalb tritt zur Bestimmung der n-Form "p = *d*cp an die Stelle von (3.109) zunächst

1 8( !r::Tlgl q,kI1 .. .ln _ 1) *\(I11 ... l n - 1 = (_l)Nn-r__ V IYI .

JI9T 8X k

Nun ist einerseits

_1_ 8( JI9T q,kl1 ... ln - 1) = _1_ 8JI9T q,kI1 .. .ln _ 1 + 8q,kl1 .. .ln - 1

.Jl9T 8x k .Jl9T 8x k 8x k

8ln ljgT 8q, kh ... ln-l = V IYI q,kl1 ... ln - 1 + ___ _ 8Xk 8Xk

8q,kh .. .ln_l = r~lq,kll ... ln-l + ___ _

8Xk

worin (5.197) verwendet wurde, andererseits aber

(Jq,k/t .. .ln-l 8q,kl1 ... ln - 1 n-l (J = 8 + r~kq,hll .. .ln-l + l: r~kq,kll ... h ... ln-l.

Xk Xk v=l

Da cp schiefsymmetrisch ist, sind auch die kontravarianten Koordinaten von cp schiefsymmetrisch in allen Indizes, weshalb auf Grund der Symmetrie der

Page 141: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 409

Gamma-Symbole in den unteren Indizes jede Summe r l n.k ... h ... ln-l - r l n. k ... h · . .In _ 1 - -rl n.h ... k .. .In - 1 - -rl n.k ... h.·.In_1

hk 'i' - kh'i' - kh'i' - hk 'i'

verschwindet. Infolgedessen ist

1 8( J]9T q,kl1 ... l n - 1)

J]9T 8Xk

und deshalb ()q,kI1 .. .In - 1

*\[Ill ... ln - 1 = (_I)Nn-r ___ _ ()Xk

Da die kovariante partielle Differentiation mit dem Hinauf- und Herunter­ziehen von Indizes vertauschbar ist, ergibt sich daraus schließlich

()q,k *\[1 = (_I)Nn-r 11 ••• l n _ 1 •

11 ··.In - 1 ()Xk

Die Koordinaten der Differentialform "p = Of{) sind also wie in euklidischen Räumen zu bilden, nur sind die gewöhnlichen partiellen Ableitungen durch die kovarianten zu ersetzen.

Die das Kodifferential betreffenden Rechenregeln (3.114) bis (3.119) bleiben auch in Riemannschen Räumen gültig. Ebenso aufrecht bleibt das Lemma von POINCARE in seiner lokalen Fassung. Ergänzend sei vermerkt, daß die zweimalige Anwendung des *-Operators auch hier die Unabhängig­keit des Operators 0 von der Orientierung des Riemannschen Raumes ~ zur Folge hat; zwar fällt die Größe J]9T jetzt nicht heraus, wohl aber ihr geändertes Vorzeichen bei einem Orientierungswechsel.

Das Kodifferential einer I-Form f{) = Li q,idxi ist die Invariante

Of{) = _ ()q,i = __ 1_ 8( J]9T q,i)

()Xi Jl9T 8Xi

Vergleicht man dieses Ergebnis mit (5.183), so erhält man für I = J]9T, wenn v das der Linearform f{) assoziierte kontravariante Vektorfeld ist,

()V i div v = -Of{) = - , (5.232)

()Xi

wodurch die Bezeichnung Divergenzoperator für das Kodifferential auch in Riemannschen Räumen gerechtfertigt ist. Die Divergenz symmetrischer Tensorfelder wird wie in euklidischen Räumen eingeführt, wobei statt der gewöhnlichen partiellen Ableitungen die kovarianten zu bilden sind.

Wie in euklidischen Räumen heißt

a:= od+ do

der Laplace-Beltrami-Operator. Ist weine O-Form, so ist ow = 0 und

aw = odw = _gjk ()2 w = _gjk~ 8w = _~ (gjk 8w) ()Xk()Xj ()Xk 8xj ()Xk 8xj

_ 8 ( jk 8w ) r k jl 8w - - -- 9 -- - Ikg -, 8Xk 8xj 8xj

Page 142: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

410 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

also wegen (5.197)

1 8 ( 1'-1 jl 8w ) Aw=--- Vlglg - . Ji9I 8xI 8xj (5.233)

Um die Koordinaten von Ar.p für eine n-Form r.p mit n > 1 zu ermitteln, beachtet man am besten, daß die äußere Ableitung dr.p einer n-Form auch mit Hilfe der kovarianten Differentiale der Koordinaten dargestellt wer­den kann, d.h. man kann in (5.33) die gewöhnlichen Differentiale und die gewöhnlichen partiellen Differentialquotienten durch die kovarianten erset­zen,

Man erhält nämlich einerseits auf Grund der Differentiationsregel (5.164)

l/IP ~ 10 .•• 1" .• .ln

l/XI" n

andererseits unter Berücksichtigung der Symmetrie der Gamma-Symbole in den unteren Indizes

n l/IP ~ n 8IP ~ "(-1)iL 10 ... I" .. .ln = "(-1)1-' lo .. .l" .. .ln

~ l/xi ~ 8xI 1-'=0 "1-'=0 "

- L(-l)I-'+lIrL"IPk ... l: ... f,: .. .ln - L(-1)iL+1I- 1rf.I"IP k ... f,: ... l: .. .ln'

11<1-' 11>1-'

und somit

Bildet man auf diese Weise die äußere Ableitung von (5.231), so sind

n l/2 IP k ~

X = "(-1)1-' 11 ... I" .. .ln ll .. ·ln ~ "" vXI" VXk

die Koordinaten der n-Form X = d~r.p.

Page 143: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 411

Wendet man zuerst den Operator d und anschließend das Kodifferential 8 an, so bestimmen sich die Koordinaten von 1/J = 8dcp auf Grund des eben gewonnenen Ergebnisses zu

()2cp n ()2cpk ~ \(i - _ jk h .. .ln "(_1)1'-1 11 ••. I", ... ln

11 •.• ln - 9 "" + L...J ",,' vXkvXJ' VXkVXI

1'=1 '"

Da die gemischten kovarianten partiellen Differentialquotienten verschieden sind, fallen die Summen in 8dcp und d8cp jetzt nicht heraus, vielmehr ist zur Bildung der Summe 8dcp + d8cp die Regel (5.171) heranzuziehen,

n ()2cpk ~ ()2cpk ~ L( -1)1' ( 11 ... I", ... l n _ h ... I", ... ln)

()XI ()Xk ()Xk()XI 1'=1 '" '"

n

= L( _1)"-1 R~kl", CP~l ... f; .. .ln + L( _1)1'+11-1 R7v kl", CP~11 ... I.: ... f; ... ln

1'=1 11<1'

+ L ( -1 )1'+11 R7v kl", CP~11 ... f; ... 1.: ... In •

11>1'

Vertauscht man in der letzten Summe rechts die Rollen von v und f..L und macht man von den Symmetrieeigenschaften des kovarianten Krümmungs­tensors Gebrauch, so erhält man

n ()2cpk ~ ()2cpk ~ "(-1)"( 11 ••• I", ... ln _ 11 •• .1", ... ln)

L...J ()X I ()X k ()X k ()X I 1'=1 '" '"

n

wobei für n = 1 die zweite Summe rechts leer ist. Daher sind im Falle n = 1

.. ()2CPI h XI = _g'J __ + RlhCP (5.234)

()Xi ()X j

die Koordinaten der Linearform X = aep, für n > 1 bestimmen sie sich zu

()2 cp n X = - ij 11 ••• ln + "(_1)1'-1 R cph ~

h · . .ln 9 (). (). L...J I", h I I I x, X J 1'=1 1··· "' ... n

(5.235) +"(-1)1'+1I-1R~IICPk ~ ~ .

L...J v '" hh .. .lv ••• 1", ... In

11<1'

Anzumerken ist, daß der Laplace-Beltrami-Operator nicht nur un­abhängig von der Orientierung des Raumes 9l ist, sondern eine solche gar nicht mehr aufscheint. Der Laplace-Beltrami-Operator kann daher über (5.234) bzw. (5.235) auch in nicht-orientierbaren Riemannschen Räumen eingeführt werden.

Page 144: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

412 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Im dreidimensionalen euklidischen Raum lassen sich die Differentialoperato­ren grad, rot, div und 6. auf bequeme Weise mit Hilfe des Operators d der äußeren Differentiation und des *-Operators darstellen. Will man diese Differentialopera­toren auf allgemeine Koordinaten umrechnen, so muß der euklidische Raum als Riemannscher Raum aufgefaßt werden, da dann auch krummlinige Koordinaten zugelassen sind. Hiefür wird jetzt die Summenkonvention außer Kraft gesetzt.

Bezeichnen ~i kartesische Koordinaten einer Karte K, im dreidimensionalen euklidischen Raum~3, so bestimmen drei Gleichungen

~i = fi (;J)1 , ;J)2, ;J)3) in der Umgebung eines Punktes Po mit den Koordinaten C und ;J)i' ein lokales Koordinatensystem K. mit den Koordinaten ;J)i, wenn die Matrix {!!' } im Punkt

]

Po regulär ist; um die Verträglichkeit der beiden Karten K. und K, zu gewährleisten, ist det {!!'} > 0 zu verlangen. Die Koordinaten gij des Maßtensors in diesem

]

Koordinatensystem findet man aus 3 3 3 3

2 '" 2 '" '" 8~i 8~i '" ds = 0 d~i = 0 0 &. 8;J)k d;J)jd;J)k = 0 gjkd;J)jd;J)k i=1 i=1 j,k=l J j,k=1

durch Vergleich,

Bilden die Koordinaten ;J)i ein orthogonales Koordinatensystem, was für das Fol­gende vorausgesetzt werde, so hat die Koordinatenmatrix {gij} des kovarianten Maßtensors Diagonalgestalt, d.h. es gilt

3

gJ'k -- L 8~i 8~i -_ 0 -J-für j r k, . 8;J)j 8;J)k t::::::l

insbesondere ist gii > 0 , gii g" = 1 .

Die Basisformen d;J)i sind gleichfalls orthogonal, aber i.a. nicht orthonormal. Will man zu einem Orthonormalsystem übergehen, so ist auf die Basen

dfii = ;g:: d;J)i bzw. äi = # 8i

umzurechnen, denn es gilt

( dfii, dfii). = gii ( d;J)i , d;J)i). = gii /i = 1 und

( äi , äi ) = 9 ii (8i, 8;) = 9 ii gii = 1 .

Sei nun c.p ein (kovarianter) Vektor mit den Koordinaten cii i im Koordina­tensystem des ~3. Dann gilt

c.p = cii1d6 + cii 2d6 + cii3d6

= <]Ild;J)1 + <]I2d;J)2 + <]I3d;J)3 = 'f>tdfil + 'hdfi2 + cf> 3 dfi3,

wonn

<]Ii = (86 cii 1 + 86 cii 2 + 86 cii 3 ) 8;J)i 8;J)i 8;J)i

die Koordinaten von c.p in Bezug auf die Karte K. sind. Wegen gij = Oij sind

lJ>i = lJ>i = _1_ <]Ii = ;g:: <]I i yg::

die Koordinaten von c.p bezüglich der orthonormalen Basis der Karte K..

Page 145: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume

Der Gradient eines Skalars w ist der kovariante Vektor 3 8w 3 18w

dw = L 8 dZi = L r;;-:-: 8 dii , i=1 Zi i=1 V 9ii Zi

d.h. die drei Größen - 1 8w ~1---­- J9;; 8z1 '

- 1 8w ~2---­- vg;; 8z2 '

- 1 8w ~3=--­Jg;; 8z3

413

sind die Koordinaten des Gradienten von w bezüglich der orthonormalen Basis der Karte "'.

Die Rotation des Vektors <p ist der Vektor

*d<p = * [( 8~3 _ 8~2) dZ 2 1\ dZ3 + (8~1 _ 8~3) dZ3 1\ dZ1 8z2 8z3 8z3 8z1

+ (8~2 _ 8~1 )dZ1 1\ dZ 2] j 8z1 8z2

da die Linearformen dii orthonormal sind, ist nach (2.69) *( di 2 1\ di3) = di 1, *( di3 1\ di1) = di2, *( di1 1\ di2) = di3

und somit wegen 9= det{9ij} = 911922933

*(dZi 1\ dZj) = sign(ij k)v9;k dik.

Infolgedessen ist

*d<p = fiii(8~3 _ 8~2)di1 + fiii(8~1 _ 8~3)di2 V 9 8z2 8z3 V 9 8z3 8z1

+ fiii(8~2 _ 8~1)di3 V 9 8z1 8z2

die Rotation des Vektors <p im orthonormalen Koordinatensystem, also

fiii ( 8( Jg;; <f.a) _ 8( vg;; ~h )) , Vg 8z2 8z3

rot<p = fiii(8( J9;;i d _ 8( Jg;;i3)) , V 9 8z3 8z1

fiii(8( vg;;i2) _ 8( J9;;id) V 9 8z1 8z2

Die Divergenz des kovarianten Vektors <p ist der Skalar *d*<p. Mit

*dii = sign(ijk) dij 1\ dik = sign(ijk)V9JJ9kk dZj 1\ dZk

= sign(ijk) fI dZj 1\ dZk V 9ii

wird

*<p = * ( ~di1 + 7;-- di2 + ~ di3) V 911 V 922 V 933

= (J9 ~1) dZ 2 1\ dZ3 + (J9 ~2) dZ3 1\ dZ1 + (J9 ~3) dZ1 1\ dZ 2 911 922 933

= (J9 ~1)dz2 1\ dZ3 + (J9 ~2)dz3 1\ dZ1 + (J9 ~3)dz1 1\ dZ 2

Page 146: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

414 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

und folglich

d*1.{) = (o( v9 q;l) + o( v9 q;2) + o( v9 q;a)) d;el 1\ d;e2 1\ d;ea . o;el o;e2 o;ea

Berücksichtigt man jetzt noch (2.54), so wird

_51.{) = *d*1.{) = _1 (o( v9 q;l) + o( v9 q;2) + o( v9 q;a)) . v9 o;el o;e2 o;ea

Der Übergang auf die orthonormale Basis ergibt den Ausdruck

. 1 [ 0 ( v9 -) 0 ( v9 -) 0 ( v9 - )] dlVI.{) = - - --q;l + - --q;2 + - --q;a v9 o;e 1 yg;; o;e2..;g;; o;ea,;g;; für die Divergenz des Vektorfeldes I.{). Setzt man I.{) = dw, so erhält man daraus die Divergenz eines Gradienten, den Laplaceschen Differentialausdruck in krummli­nigen Koordinaten,

!':::,. w - _1 [~( v9 ow ) + (v9 ow ) + (v9 ow )] - v9 o;el 911 o;el 922 o;e2 9aa o;ea in Übereinstimmung mit (5.233),

!':::,.w-_aw-~(_l OW)+~(_l ow)+~(_l OW) - - lJ;el 911 o;el lJ;e2 922 o;e2 lJ;ea 9aa o;ea .

VI. Harmonische Differential/armen.

Sei 9t ein N -dimensionaler orientier barer Riemannscher Raum, welcher als Mannigfaltigkeit ein Zyklus ist, sodaß 89t = 0 ist. Dieses Merkmal trägt z.B. die Berandung jedes ganz im Endlichen liegenden räumlichen Berei­ches im dreidimensionalen Raum und die geschlossene Randkurve eines beschränkten Bereiches in der Ebene.

Für festes n mit 0 :S n :S N = dirn 9t bilden die n-Formen auf ei­nern Riemannschen Raum 9t einen linearen Vektorraum, der mit nn(9t) bezeichnet sei. Sind I.{) und "p zwei n-Formen auf 9t, so ist die N -Form (vgl. (2.68))

worin t das Riemannsche Volumelement (5.198) ist, in jedem Punkt P E 9t das innere Produkt der n-Formen I.{) und "p als Vektoren in 1\ nTp, multipli­ziert mit der die Orientierung des Tangentialraumes Tp repräsentierenden Determinantenfunktion (2.52). Auf Grund der Eigenschaften des' äußeren Produktes, des *-Operators und des Integrals ist

(I.{),,,p):= J I.{) 1\ *"p (5.236)

~

eine bilineare Funktion auf nn(9t); sie ist wegen der in jedem Punkt gültigen Gleichung (2.67) überdies eine symmetrische bilineare Funktion. Da das innere Produkt in 9t nicht-ausgeartet ist, kann auch die Bilinearform (5.236)

Page 147: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.7 Riemannsche Räume 415

nicht-ausgeartet sein; sie ist somit ein inneres Produkt auf dem Vektorraum nn(9\). Für eine (n - l)-Form cp und eine n-Form 1/; auf 9\ ist

( dcp , 1/;) = J dcp 1\ *1/;

9t

das innere Produkt der beiden n-Formen dcp und 1/;; über die Produktregel der äußeren Differentiation erhält man dann

d( cp 1\ *1/;) = dcp 1\ *1/; + ( -1 t-1 cp 1\ d*1/;

= dcp 1\ *1/; - (-ltcp 1\ **-ld*1/;

= dcp 1\ *1/; - cp 1\ *61/;

und daraus mit Hilfe des Satzes von STOKES

J d( cp 1\ *1/;) = (dcp, 1/;) - (cp, 61/;) = J cp 1\ *1/; = J cp 1\ *1/; = 0 ,

9t ~ 0

also (dcp, '!f1) = (cp, 6'!f1) . (5.237)

Damit wird nun auch die Vorzeichenkonvention bei der Einführung des Kodifferentials einer n-Form verständlich. Sind cp und '!f1 zwei n-Formen, so ist auf Grund von (5.237) mit 1/; ---7 dcp, cp --t '!f1

( 6 dcp , '!f1) = (dcp, d'!f1 )

und mit cp ---7 6cp (d6cp,'!f1) = (6cp,61/;).

Die durch Addition entstehende Gleichung

(acp,'!f1) = (dcp,d'!f1) + (6cp,6'!f1) (5.238)

zeigt, daß der Laplace-Beltrami-Operator positiv definit ist, d.h. es gilt für jede Differentialform cp E nn(9\)

(acp,cp) ~ o.

Eine Differentialform cp E nn(9\) heißt harmonisch auf 9\, wenn

acp = 0

gilt auf 9\. Auf Grund der Gleichung (5.238) verschwindet das äußere Dif­ferential und das Kodifferential einer harmonischen Differentialform auf 9\. Ist umgekehrt dcp = 0 und 6cp = 0 auf 9\, so ist auch Il.cp = 0 auf 9\. Daher ist eine n-Form cp auf 9\ genau dann harmonisch, wenn sowohl ihr äußeres Differential als auch ihr Kodifferential verschwindet,

dcp = 0, 6cp = o. Anders ausgedrückt, es verschwindet die Rotation und die Divergenz. Im dreidimensionalen euklidischen Raum ist dies gerade jene Formulierung, welche die Lösungen der Laplaceschen Differentialgleichung charakterisiert.

Page 148: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

416 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

Eine weitere Folge der Gleichung (5.237) ist

(odr.p,'IjJ) = (dr.p,d'IjJ) = (r.p,od'IjJ)

beziehungsweise (dor.p,'lj;) = (or.p,o'IjJ) = (r.p,do'lj;)

und daher auch (~r.p,'IjJ) = (r.p, ~'IjJ). (5.239)

Der auf dem Vektorraum nn(9t) lineare Laplace-Beltrami-Operator ist auf Grund dessen selbstadjungiert (vgl. (1.45)).

Eines der Hauptergebnisse der Theorie der harmonischen Differential­formen betrifft die Lösbarkeit der Gleichung

(5.240)

für eine gegebene n-Form auf 9t. Diese ist genau dann gegeben, wenn

«(,17) = 0

für jede harmonische n-Form ( E nn(9t) gilt. Daß diese Bedingung not­wendig ist, folgt aus der Gleichung (5.239): Wenn e E nn(9t) die Gleichung (5.240) löst, so ist für eine beliebige harmonische n-Form (

«(,17) = «(,~e> = (~(,e) = O.

Der Nachweis der Existenz einer Lösung stützt sich auf den folgenden Zerlegungssatz von HODGE: Ist 17 E nn(9t) eine beliebige n-Form, so gibt es Differential/ormen r.p E nn-I(9t), 'IjJ E nn+I(9t) und eine harmonische n-Form X E nn(9t), sodaß

17 = dr.p + o'IjJ + X (5.241)

gilt, wobei die drei n-Formen dr.p, o'IjJ und X durch die n-Form 17 eindeutig bestimmt sind. Ist nun (1],0 = 0 für jede harmonische n-Form (, so auch für ( = Xi deshalb ist wegen (5.237), da äußeres Differential und Kodifferential einer harmonischen Differentialform auf 9t verschwinden,

0= (dr.p + o'IjJ + X,X) = (r.p,OX) + ('IjJ,dX) + (X,X) = (X,X),

d.h. es muß X = 0 sein. Also läßt die rechte Seite in (5.240) die Darstellung 17 = dr.p + o'lj; zu. Zerlegt man entsprechend (5.241) die Differentialformen r.p und 'IjJ,

r.p = dr.pl + O'IjJ1 + Xl, 'lj; = dr.p2 + o'lj;2 + X2 ,

so wird 17 = dO'IjJ1 + Odr.p2 i zerlegt man weiter 'ljJ1 und r.p2,

r.p2 = dr.p3 + O'IjJ3 + X3, 'ljJ1 = dr.p4 + O'IjJ4 + X4 ,

so erhält man durch Einfügen von d2r.p4 = 0 und o2'IjJ3 = 0

17 = dodr.p4 + OdO'IjJ3 = dodr.p4 + oddr.p4 + OdO'IjJ3 + dOO'IjJ3 = ~dr.p4 + ~O'lj;3 = ~(dr.p4 + O'IjJ3).

Somit ist die n-Form e = dr.p4 + O'IjJ3

eine Lösung der Gleichung (5.240).

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5.8 Übungs beispiele 417

5.8 Übungsbeispiele

134. Sei 9J1 eine N-dimensionale Mannigfaltigkeit und f : 9J1 ----t 1R eine differenzierbare reelle Funktion. Man zeige: Ist df i- 0 auf 9J1, so bildet die Gesamtheit aller Punkte PE 9J1 mit f(P) = const. eine N -I-dimensionale Untermannigfaltigkeit 1)1, die man eine "Hyperfläche" nennt.

Hinweis: Ist K, eine Karte um den Punkt P E 1)1 aus einem Atlas für 9J1, so bilde man aus f 0 K,(x) = const. eine Karte um P als Punkt von 1)1.

135. Seien

Vl = z8y - y8z , V2 = x8z - z8." V3 = y8., - x8y

drei Vektorfelder im euklidischen Raum \!3, der auf kartesische Koordina­ten bezogen ist. Handelt es sich um linear unabhängige Vektorfelder (d.h. sind sie in jedem Punkt linear unabhängig)? Man rechne sie auf Kugelko­ordinaten r, B, <p um.

136. Sei 9J1 eine zweidimensionale Mannnigfaltigkeit und K,( xl, X2) eine Karte. Man man zeige, daß die Linearformen

e = Xl dXl + X2 dX2, e = Xl dX2 - X2 dXl

im Gebiet K,(9), 9 = {(Xl, X2) I X~ + X~ > O} linear unabhängig sind und rechne sie auf die Koordinaten Xl = r cos <p, X2 = r sin <p um.

137. Man rechne die 2-Form

'P = 6 d6 A d6 + 6 d6 A d6 + 6 dXl A d6

in einem euklidischen Raum \!3 durch Einführung sphärischer Koordinaten B, <p auf die Kugel e~ + e~ + e~ = r 2 um.

138. Sei 9J1 eine vierdimensionale Mannigfaltigkeit. Auf 9J1 seien 4 Vektor­felder gegeben mit der Darstellung

Vo = 80 ,

Vl = sin X3 82 + COS X3 cot X2 83 ,

V2 = COS X3 82 - sin X3 cot X2 83 ,

V3 = 83

im Koordinatensystem einer Karte K,( Xo, Xl, X2, X3)' Sind sie linear un­abhängig? Man berechne die Lie-Produkte [Vi, Vi]'

139. Sei ft die Kugelfläche x 2 +y2 + z2 = 1 in einem dreidimensionalen eukli­dischen Raum. Man verschiebe, indem man X und y als lokale Koordinaten auf der Kugel ft einführt, einen Tangentenvektor V = Uo 8., + Vo 8y E Tpo

parallel längs der Schnittkurve der Kugel ft mit einer Ebene z = Zu = const. Welchen Vektor erhält man als Ergebnis der Parallelverschiebung bei einem einmaligen Durchlauf dieses Kreises?

Hinweis: Man stelle das Differentialgleichungssystem (5.64) mit X = r sin t, y = r cos t auf und führe durch X = U sin t - V cos t, Y = U cos t + V sin t neue abhängige Veränderliche an Stelle von U und V ein.

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418 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

140. Sei 9Jt eine zweidimensionale Mannigfaltigkeit mit affinem Zusammen­hang. Im Koordinatensystem einer Karte 11:( Xl, X2) sei

r _ (XIX2(X 2dXI - Xl dx 2) x~(x2dxI - Xl dx 2) ) - XHXldx2-X2dxt} XIX2(Xldx2-X2dxt}

die Matrix der I-Formen des affinen Zusammenhangs. Man bestimme die Zusammenhangskoeffizienten r;k und die Geodätischen.

141. Sei 9Jt die zweidimensionale affin zusammenhängende Mannigfaltigkeit von Bsp. 140. Man berechne die Koordinaten des Torsionstensors und des Krümmungstensors.

Hinweis: Man bestimme die Torsionsformen und die Krümmungsformen des affinen Zusammenhangs.

142. Sei 9Jt eine zweidimensionale Mannigfaltigkeit mit affinem Zusammen­hang. Im Koordinatensystem einer Karte 11:( X, y) sei

1 (XY(Ydx - xdy) y2(ydx - Xdy )) r = (x 2 + y2)2 x2(xdy - ydx) xy(xdy - ydx)

die Matrix der I-Formen des affinen Zusammenhangs. Man verifiziere, daß es sich um eine flache Mannigfaltigkeit handelt und führe ein lokales Koor­dinatensystem ein, in dem die I-Formen des affinen Zusammenhangs ver­schwinden.

Hinweis: Man benütze hiefür, daß das allgemeine Integral der partiellen Differentialgleichung x ~~ +y ~; = 0 durch z = f(~) mit einer willkürlichen reellen Funktion f einer reellen Veränderlichen gegeben ist.

143. Sei 9Jt die zweidimensionale Mannigfaltigkeit mit dem affinen Zusam­menhang von Bsp. 140 und v = x 0", + 2yoy ein Vektorfeld. Man bestimme die kovariante Ableitung V vcp der folgenden Tensorfelder:

(i) cp = 2xdx + ydy

(ii) cp = yo", 0 dy + xOy 0 dx

(iii) cp = xy2 dx 0 dy + x2ydy 0 dx

(iv) cp = t(x2 - y2)O", 0 0", + xyo", 0 Oy + t(x2 + y2)Oy 00y

(v) cp = ß", 0 ß", 0 dy.

144. Sei 9Jt eine zweidimensionale Mannigfaltigkeit. Man bestimme die Lie-Ableitung lvcp bezüglich des Vektorfeldes v = y2ß", - 2xyßy für:

(i) cp = x2ydx + xy2 dy

(ii) cp = (x + y)(xß", + yßy) 0 dx

(iii) cp = x 2YG", ~ Gy + zy2 Gy ~ G",

(iv) cp = x2 0", 0 Oy 0 dx + y2 Oy 0 ß., 0 dy

(v) cp = (x 2y + xy2)dx 0 dx + (x 3 + y3)dx 0 dy + xy2dy 0 dx

(vi) cp = xy(x + y)dx 1\ dy.

Page 151: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

5.8 Übungs beispiele 419

145. Sei 9Jt eine Mannigfaltigkeit mit affinem Zusammenhang. Man zeige, daß für ein beliebiges Tensorfeld r.p mit Koordinaten IP::: die Gleichheit

DIP::: DIP::: DXiDXj DXjDxi

genau dann besteht, wenn die Mannigfaltigkeit 9Jt flach ist.

146. Sei V' ein affiner Zusammenhang auf einer Mannigfaltigkeit 9Jt mit den Koeffizienten r~k' Man zeige, daß dann auch

Vl1 u = t(V'l1U + V'uv + [v,u])

ein affiner Zusamme~hang ist. Man bestimme die Koeffizienten von V' und den Torsionstensor T.

147. Man zeige, daß sich die Zeile der Torsionsformen bei einem Wechsel der Koordinaten wie

transformiert.

148. Man zeige, daß sich die Matrix der Krümmungsformen bei emem Wechsel der Koordinaten wie

- T T- l p= .p. ,

transformiert.

149. Sei 9Jt eine vierdimensionale Mannigfaltigkeit mit affinem Zusammen­hang, der in einer Karte", durch die Matrix r gegeben sei. Man bestimme die Matrix f bei einem Koordinatenwechsel

Xl = f(Xl,X2)' X2 = g(Xl,X2)' X3 = X3, X4 = X4'

Welche von den I-For~en des affinen Zusammenhangs sind von diesem Wechsel der Koordinaten nicht betroffen? Wie sieht dies für die Matrix der Krümmungsformen aus?

Hinweis: Zur Bestimmung der Matrix f unterteile man die auftretenden Matrizen in Blöcke zweireihiger Matrizen!

150. Kann man von den Gleichungen der Geodätischen bezüglich des Ko­ordinatensystems einer Karte ",(x) durch Einsetzen aus x = ",-1 0 ii:(X) zu den Gleichungen der Geodätischen im Koordinatensystem der Karte ii:(x) übergehen?

151. Seien VI, V2, ... , VN linear unabhängige Vektorfelder auf einer Man­nigfaltigkeit 9Jt, in ihrer Anzahl gleich der Dimension von 9Jt. Man zeige: Notwendig und hinreichend dafür, daß es lokale Koordinaten um jeden Punkt PE 9Jt gibt, für welche Vi = 8i gilt, ist die Bedingung [Vi, Vj] = O.

Hinweis: Man bestimme die äußeren Differentiale der zu den Vektorfeldern Vi dualen Linearformen e und ziehe (5.34) heran!

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420 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

152. Sei VJt eine zweidimensionale Mannigfaltigkeit. Man überprüfe, ob im Koordinatensystem einer Karte K,: {(x,y) I x2 + y2 > O} --t VJt durch den zweistufigen kovarianten Tensor Cf! ein inneres Produkt auf VJt gegeben ist und bestimme gegebenenfalls den Index:

(i) Cf! = (x2 - xyV2 + y2)dx ® dx + (x 2 + xyV2 + y2)dy ® dy

(ii) Cf! = x2 dx ® dx + xy dx ® dy + xy dy ® dx + y2 dy ® dy

(iii) Cf! = (1 - y)dx ® dx - 2dx ® dy

(iv) Cf! = (1 - y)dx ® dx - dx ® dy - dy ® dx.

153. Welcher der folgenden Riemannschen Räume mit dem Linienelement

(i) ds 2 = (1 + x2 - xy + y2)dx2 + (1 + x2 + xy + y2)dy2

(ii) ds 2 = (1 + y2)dx2 + (1 + x2)dy2

(iii) ds 2 = (1 + y2)dx2 + 2xydxdy + (1 + x2)dy2

kann durch eine Fläche z = f(x,y) im dreidimensionalen euklidischen auf kartesische Koordinaten x, y, z bezogenen Raum veranschaulicht werden?

154. Sei 9't ein dreidimensionaler Riemannscher Raum, dessen metrische Fundamentalform in einem bestimmten Koordinatensystem r, fJ, <jJ durch

ds2 = dr2 + r2 (dfJ2 + sin 2 fJ d<jJ2)

gegeben ist. Man bestimme in diesen Koordinaten die Matrix des affinen Zusammenhangs und die Matrix der Krümmungsformen.

155. Sei 9't ein Riemannscher Raum mit der metrischen Fundamentalform

ds2 = (1 + x2)dx2 + 2xydxdy + (1 + y2)dy2 + (1 + z2)dz2 .

Man berechne die kovariante Ableitung der Tensorfelder

(i) Cf! = yzdx + xzdy + xydz

(ii) Cf! = yz8" + xz8y + xy8z

(iii) Cf! = xy8" ® dy + xz8z ® dx + yz8y ® dz

bezüglich des Vektorfeldes v = x8" + y8y + z8z •

156. Sei 9't der Riemannsche Raum von Bsp. 155. Man berechne den Ricci­Tensor 'Tl und die Krümmungsinvariante R.

157. Sei 9't ein Riemannscher Raum mit dem Maßtensor g. Man zeige, daß durch

(V' uv, w) :=H u(g(v,w)) + v(g(w, u)) - w(g(u, v))}

- Hg (u, [v, w]) - 9 (v, [w, u]) + 9 (w, [u, v])} (die Gleichung (5.189)) eine Abbildung V :b(Vl) X b(Vl) --+ b(Vl) gegeben ist, welche sämtliche Forderungen erfüllt, die für einen affinen Zusammenhang erhoben werden.

158. Man zeige: Ist 9't ein zwei- oder dreidimensionaler Riemannscher Raum, so ist 'Tl = 0 genau dann, wenn 1C = 0 gilt.

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5.8 Übungs beispiele 421

159. Seien u, v und w drei beliebige Vektorfelder auf einer Mannigfaltigkeit 9Jt. Man berechne das Vektorfeld 1'w[u,v]- 1'u[w,v].

160. Man bestimme die Killing-Vektorfelder auf der zylindrischen Fläche

x 2 + y2 = 1

im euklidischen Raum ~3.

161. Man bestimme die Killing-Vektorfelder auf der Kugeloberfläche

x2 + y2 + Z2 = 1

im euklidischen Raum ~3 •

162. Sei 'P ein Tensorfeld auf einer Mannigfaltigkeit 9Jt. Man beweise

1'u1'v'P - 1'v1'u'P = 1'[u,vj'P'

163. Sind u und v zwei Killing-Vektorfelder auf einem Riemannschen Raum 91, so ist auch [u, v] ein Killing-Vektorfeld auf 91.

164. Sei v ein Killing-Vektorfeld auf dem Riemannschen Raum 91 und t der Tangentenvektor einer Geodätischen. Dann ist g(v,t) = (v,t) = const. längs dieser Geodätischen.

165. Man zeige: Ist v ein Killing-Vektorfeld auf 91, so ist

, ()2V k U' -- = 'R.(u, v) .

()X k ()Xi

166. Man zeige: Ist v ein Killing-Vektorfeld auf 91, so ist

j k / ()2 Vz _ U X Y - K(v,u,x,y).

()Xj()Xk

167. Man zeige: Ist v ein Killing-Vektorfeld auf dem Riemannschen Raum 91, so gilt für beliebige Vektorfelder x und y

v(g(x,y)) = g(1'vx,y) + g(x, 1'vy).

168. Es sei v ein Killing-Vektorfeld und wein beliebiges Vektorfeld auf ei­nem Riemannschen Raum 91. Dann gilt für die Linearform 'Pw(u) = g(w,u)

(1'v'Pw)(u) = g(1'v w,u).

169. Sind u = Uiai und v = Viai Vektorfelder auf einer Mannigfaltigkeit mit torsionsfreiem affinen Zusammenhang, so gilt

" 2 '

l' ()U' ()(1'v U') _ R i VkU/ Uk () V' v- - - 'kl +

()X' ()X, J ()Xk()X' J J J

170. Ist v = Viai ein Vektorfeld auf einer Mannigfaltigkeit mit torsions­freiem affinen Zusammenhang, so gilt

()Rhhyh _ ()R~lh V h + (_()_2 ___ ()_2_) ()V i = LvRi'kl'

()XI ()Xk ()Xk()X/ ()X/()Xk ()Xj J

Page 154: Tensoren und Felder || Tensoren in gekrümmten Räumen

422 5 Tensoren in gekrümmten Räumen

171. Die Differentialgleichungen der Parallelverschiebung eines Vektors von einem Punkt P aus längs einer durch die Funktion ,(tl parametrisierten Kurve ( lauten im Koordinatensystem einer Karte", um den Punkt P

Vi(t) = - [r~k O,(t)~k(t)] Vj(t), (*)

worin <pi(t) die Koordinaten der Funktion ",-l o,(t) sind. Führt die Kurve ( in den Ausgangspunkt P zurück und durchläuft man sie mehrfach nach Be­lieben, so sind die Funktionen <pi(t) periodisch. Man zeige, daß die Differen­tialgleichungen (*) genau dann ausschließlich periodische Lösungen besit­zen, wenn die Matrix r der I-Formen,; = r~k:i;k die Gestalt r = dX· X- 1

hat, worin X eine um den Punkt P reguläre Matrix ist, deren Elemente Funktionen der Koordinaten Xi der Karte", sind.

Hinweis: Man benütze hiefür den Hauptsatz über Systeme linearer homo­gener Differentialgleichungen mit periodischer Koeffizientenmatrix: Jede Fundamentalmatrix des Systems x + A . x = 0 mit T -periodischer K oeJfizi­entenmatrix A(t) hat die Gestalt P(t). eRt , worin P(t) eine T-periodische und R eine konstante Matrix ist.

172. Sei (!3 ein euklidischer Raum mit dem durch die Parallelverschiebung gegebenen affinen Zusammenhang. Man stelle die metrische Fundamental­form in Zylinderkoordinaten 1', <p, z und Kugelkoordinaten 1', (J, <P auf und schreibe die Divergenz und die Rotation eines Vektorfeldes in diesen Koor­dinaten an.

173. Sei 9\ der dreidimensionale Riemannsche Raum von Bsp. 155. Man bestimme die Divergenz des Vektorfeldes v = x28" + y28y + z28z •

174. Sei ~ ein dreidimensionaler Riemannscher Raum mit der metrischen Fundamentalform

ds2 = (1 + xDdx~ + 2X1X2 dX1dx2 + (1 + xDdx~ + (1 + x~)dx~ (vgl. Bsp. 155). Ausgehend von dem (symmetrischen) kontravarianten Ten­sorfeld

f{) = X~81 ® 81 + X1 X2(81 ® 82 + 82 ® 8d + x~ 83 ® 83

mit den von Null verschiedenen Koordinaten 41 12 = 41 21 = Xl x2, 41 33 = X;

bestimme man das Vektorfeld i)q;ij i)q;21 i)q;12 i)q;33

7jJ = -8j = --81 + --82 + --83 . i)xi i)x2 i)x1 i) x 3

175. Sei 9\ der Riemannsche Raum von Bsp. 174. Man berechne

A(X1 dX1 + X2 dX2 + X3 dX3).

176. Sei ~ ein Riemannscher Raum und f{) eine beliebige Differentialform auf~. Man zeige:

(i) dAf{) = Adf{)

(ii) 6Af{) = A6f{)

(iii) *Af{) = A*f{).