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von Elke Schenk, globalcrisis/globalchange NEWS, Mai 2017 In einer Zeit, in der Fakten, Quellencheck und Hintergrundrecherche in etablierten Medien immer weniger gefragt sind, investigative, herrschaftskritische Journalisten und Wissen- schaftler aus Redaktionen und Universitäten gedrängt werden und bestenfalls unter sehr prekären Bedingungen ihre Aufklärungsarbeit fortsetzen können, in einer Zeit, in der kritische Geister durch Querfront-Vorwürfe mundtot gemacht werden (sollen), taucht im Sommer 2014 plötzlich ein sich „CORRECT!V“ nennendes Recherchebüro auf, das a) innerhalb kürzester Zeit aufwändige Rechercheprojekte abschließt, die es b) kostenfrei den Redaktionen zur Verfügung stellt, die c) in den Mainstreammedien breit und unkritisch rezipiert werden und das d) innerhalb weniger Monate renommierte Journalistenpreise erhält. 1  Durch seinen Namen und sein Auftreten stellt sich Correctiv als alternatives, 1 Preise: Im Juli 2014 gegründet, wurde Correctiv im Dezember 2014 schon der Preis „Newcomer“ d es Jahres verliehen. „Correctiv probiert neue Journalismus-Finanzierung und entfachte eine Debatte über die Gemeinnützigkeit journalistischen Tuns. Mit ihren Themen von bundesweiter Bedeutung, die lokal heruntergebrochen werden konnten, legte das Team einen vielversprechenden Start hin.“ http://www.mediummagazin.de/aktuelles/die-journalistin-des-jahres-2014-golineh-atai-wdrard/  - 2015 erhielt Geschäftsführer Schraven einen Grimme-Online-Award für die Gesamtverantwortung über die Recherchen zum Abschuss von Flug MH17  von Correctiv. Die Jury lobte die Arbeit als "hartnäckig und mit langem Atem". Die Geschichte “MH17 – Die Suche nach der Wahrheit“ sei das "Ergebnis einer großen Rechercheleistung, perfekt aufbereitet." https://de.wikipedia.org/wiki/David_Schraven  Die Jury Seite 1 von 32 Journalistenbüro Correctiv dechiffriert – unabhängig, aufklärerisch, investigativ?       The Great Pretender!   

The Great Pretender! Elke Schenk, globalcrisis/globalchange NEWS, Mai 2017 In einer Zeit, in der Fakten, Quellencheck und Hintergrundrecherche in etablierten Medien

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von Elke Schenk, globalcrisis/globalchange NEWS, Mai 2017 

In einer Zeit, in der Fakten, Quellencheck und Hintergrundrecherche in etablierten Medien immer weniger gefragt sind, investigative, herrschaftskritische Journalisten und Wissen­schaftler aus Redaktionen und Universitäten gedrängt werden und bestenfalls unter sehr prekären Bedingungen ihre Aufklärungsarbeit fortsetzen können, in einer Zeit, in der kritische Geister durch Querfront­Vorwürfe mundtot gemacht werden (sollen), taucht im Sommer 2014 plötzlich ein sich „CORRECT!V“ nennendes Recherchebüro auf, das a) innerhalb kürzester Zeit aufwändige Rechercheprojekte abschließt, die es b) kostenfrei den Redaktionen zur Verfügung stellt, die c) in den Mainstreammedien breit und unkritischrezipiert werden und das d) innerhalb weniger Monate renommierte Journalistenpreise erhält.1 Durch seinen Namen und sein Auftreten stellt sich Correctiv als alternatives, 

1 Preise: Im Juli 2014 gegründet, wurde Correctiv im Dezember 2014 schon der Preis „Newcomer“ des Jahres verliehen. „Correctiv probiert neue Journalismus­Finanzierung und entfachte eine Debatte über die Gemeinnützigkeit journalistischen Tuns. Mit ihren Themen von bundesweiter Bedeutung, die lokal heruntergebrochen werden konnten, legte das Team einen vielversprechenden Start hin.“http://www.mediummagazin.de/aktuelles/die­journalistin­des­jahres­2014­golineh­atai­wdrard/ ­ 2015 erhielt Geschäftsführer Schraven einen Grimme­Online­Award für die Gesamtverantwortung über die Recherchen zum Abschuss von Flug MH17 von Correctiv. Die Jury lobte die Arbeit als "hartnäckig und mit langem Atem". Die Geschichte “MH17 – Die Suche nach der Wahrheit“ sei das "Ergebnis einer großen Rechercheleistung, perfekt aufbereitet." https://de.wikipedia.org/wiki/David_Schraven Die Jury 

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Journalistenbüro Correctiv dechiffriert – 

unabhängig, aufklärerisch, investigativ?       

The Great Pretender!   

investigatives Internetmedium dar und gewinnt so die Sympathien einer nach Hintergrund­wissen, Fakten und Aufklärung dürstenden Zivilgesellschaft. Correctiv wurde mit seiner multimedial aufbereiteten Darstellung zum Abschuss der malaysischen VerkehrsmaschineMH 17 über der Ukraine bekannt. In jüngster Zeit ist Correctiv mit Artikeln und Leaks zum Freihandelsabkommen TTIP aufgefallen. Unter anderem über den großen TTIP­unfair­handelbar E­Mail­Verteiler warb Correctiv dann zahlende Mitglieder für seine neue „Correctiv Community“. Zuletzt war Correctiv Gegenstand der Berichterstattung, nachdem Facebook angekündigt hat, in Deutschland Correctiv mit der Markierung von Fake­News zu beauftragen.2 Dieses an sich schon fragwürdige und von Paul Schreyer als „Privati­sierung der Zensur“ bezeichnete Vorhaben steht und fällt vollends mit der Seriosität der beauftragten Kontrollstelle.

Im Folgenden möchte ich das Selbstbild von Correctiv kritisch befragen. Dazu untersuche ich im ersten Teil unter dem Titel „Zwischen Mainstream und Machteliten“ Gründung und finanzielle Basis (1.), Selbstverständnis und Ziele von Correctiv (2.), die politische und berufliche Herkunft und Verbindungen des Personals in Redaktion, Geschäftsführung und Ethikrat (3.).Um zu einer fundierten Beurteilung von Correctiv zu gelangen, ist es zudem nötig, die Substanz der Enthüllungen zu prüfen, indem exemplarisch einige Rechercheprodukte einer argumentativ­inhaltlichen und rhetorischen Analyse unterzogen werden (vgl. Teil 2: Produkte: gemeinnützig oder gemeingefährlich? Kapitel 4 ­ 6). Dies ist meines Wissens bislang nicht in der erforderlichen Tiefe geschehen. Die Ergebnisse sollen eine Einschät­zung ermöglichen, ob Correctiv unabhängig vom traditionellen Medienbetrieb und von Machteliten ist und ob die „Recherche“ergebnisse als sachlich fundiert und aufklärerisch betrachtet werden können. Vor diesem Hintergrund wird die Rolle von Correctiv als Kontroll­Instanz für Fake­News beurteilt (Teil 3: Kampf gegen Fake­News: Correctiv als privater Verfassungsschutz). Ein Fazit zu Vorgehensweise, Agenda und Einordnung von Correctiv schließt die Studie ab (Teil 4).

scheint sich nicht die Mühe gemacht zu haben, die elementarsten Plausibilisierungen dieser Recherche vorzunehmen (s. Teil 4 dieser Analyse). Diese Preisverleihungen müssen als Form von journalistischer Inzucht betrachtet werden; das Mediennetzwerk, aus dem die Correctiv­Journalisten kommen, entschei­det über die Auszeichnung. 

2 Vgl. SCHREYER, Paul: Facebook, "Fake News" und die Privatisierung der Zensur. Telepolis 18.1.2017 https://www.heise.de/tp/features/Facebook­Fake­News­und­die­Privatisierung­der­Zensur­3599878.html?view=print 

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TEIL 1: Zwischen Mainstream und MachtelitenKapitel 1 Gründung und FinanzierungCorrectiv begann seine „operative Tätigkeit“ im Juli 2014.3 . Die Rechtsform ist eine gemeinnützige – also steuerbefreite ­ GmbH. Die Geschäftsführer sind, nach dem Aus­scheiden von Dr. Christian Humborg, David Schraven und Rainer Döllefeld. Die Redaktionist innerhalb des ersten Jahres von 5 auf ca. 20 Personen angewachsen. Als Hauptfinan­zier von Correctiv mit insgesamt 3 Millionen Euro über die ersten drei Jahre fungiert die Brost­Stiftung, eines der Gründer der Westdeutschen Allgemeine Zeitung WAZ. (http://www.broststiftung.ruhr/stiftung/erich­und­anneliese­brost/ ) Die WAZ hat sich zur internationalen Mediengruppe (heute Funke Mediengruppe) entwickelt und expandierte massiv in Osteuropa. Dabei wirkte der Geschäftsführer der Essener WAZ­Gruppe von 2002 bis 2012, der SPD­Politiker Bodo Hombach, als Hauptakteur, der seine vorange­gangene Stellung als EU­Koordinator des Stabilitätspaktes für Südosteuropa nutzen konnte.4 Seit 2011 ist Hombach im Vorstand der Stiftung von Erich und Anneliese Brost und von 2014 – 2016 war er Vorsitzender des Ethikrates von Correctiv (http://www.broststiftung.ruhr/stiftung/gremien/ ). Neben der Brost­Stiftung wird Correctiv durch weitere Stiftungen, öffentliche Einrichtungenund Unternehmen finanziert https://correctiv.org/correctiv/foerderer/ (Abruf 28.3.2017):Dazu gehören die Rudolf Augstein Stiftung mit jährlich etwa 35.000 Euro“. Für die Correctiv­Workshops „Auskunftsrechte für alle“ zahlt die Bundeszentrale für politische Bildung in zwei Jahren insgesamt 83.000 Euro. Correctiv bezeichnet die bpb als „überparteilich und wissenschaftlich ausgewogen“, was dem eigenen Image als Partner dieser Institution zugute kommt. Die Schöpflin­Stiftung bezahlt jährlich ca. 100.000 Euro für „Recherchen im Bereich Wirtschaft“. Ein Vertreter der Stiftung sitzt auch im Ethikrat von Correctiv. Als Förderer neu hinzu gekommen ist die Adessium Foundation des nieder­ländischen Süßigkeitenherstellers Van Vliet, die u. a. investigativen Journalismus weltweit fördern will, um nach eigenen Aussagen faktenbasierte, unabhängige Informationen für eine demokratische Gesellschaft zur Verfügung zu stellen (http://www.adessium.org/ )5 Von ihr erhielt Correctiv in 2016 110.000 Euro. Weitere bekannte Namen auf der Förderer­liste sind die Deutsche Bank (mit ca. 55.000 Euro in 2016), Open Society Stiftung des Multimilliardärs George Soros (ca. 27.000 Euro in 2016), aber auch die GLS Treuhand, 

3 Vgl. https://correctiv.org/correctiv/initiative­transparente­zivilgesellschaft/ (http://www.sueddeutsche.de/medien/2.220/ein­jahr­recherchebuero­correctiv­wir­koennen­das­wir­machen­das­1.2567869 )

4 Aus einem Kommentar der slowenischen Zeitung DELO, übersetzt von eurotopics 13.3.06: Slowenien: Kritik am WAZ­Engagement in Südosteuropa: Slowenien ­ Delo. Das deutsche Medienunternehmen Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) will die slowenische Tageszeitung Dnevnik kaufen. Kommen­tator Rok Kajzer ist davon nicht begeistert und weist darauf hin, dass dem WAZ­Konzern bereits in Kro­atien zehn Zeitungen und Zeitschriften gehören, darunter die einflussreiche Tageszeitung Jutarnji list. "Auch in Serbien wurden die Investitionen verstärkt, nachdem Bodo Hombach, ehemals Koordinator des Stabilitätspaktes für Südosteuropa, den Konzern übernommen hat. Die Türen der einflussreichsten poli­tischen Akteure standen Hombach offen. Zweifelsohne stärkt der WAZ­Konzern mit der Investition in Slowenien seine Stellung in der Region. Für die Besitzer und den Anzeigenmarkt ist das begrüßenswert. Die Leser haben weniger davon, denn es bedeutet weniger Qualität und weniger Pluralität." http://www.delo.si/index.php?sv_path=43,6528&id=4fdb393e1353f2a33c833ba2d794be0804&t=html&p=10 

5 Adessium unterstützt u. a. Den EU­Observer, Corporate Europe Observatory, das International Consortium of Investigative Journalists, die Open Knowledge Foundation, die sich für transparentes Regierungshandeln in der EU einsetzt, Transparency International.

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Parteistiftungen, RTL, Google Germany. (https://correctiv.org/correctiv/finanzen/ Abruf 5.4.2017) Correctiv soll darüber hinaus durch Spenden und Mitgliedsbeiträge (Correctiv Community) finanziert werden. Die Aussage „Unsere Arbeit und unsere Angebote müssen wir zu einemgroßen Teil aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanzieren“ trifft auf die jetzige Finanzausstattung nicht zu ( https://correctiv.org/correctiv/unterstuetzen/ ). Paul Schreyer schreibt irritiert:

„Immer wieder werden, trotz der bestehenden Millionenförderung durch reiche Sponsoren, für einzelne Recherchen zusätzlich Crowdfunding­Kampagnen gestartet und damit der Eindruck erweckt, es handle sich um ein bedrohtes Start­Up, einen Anwalt der 'kleinen Leute'. 'Helft uns, über ein Crowdfunding unsere Anwaltskosten zu finanzieren', heißt es etwa, ganz so, als sei das Portal auf zusätzliche Kleinspenden existenziell angewiesen.“6

Die schlichte Denkweise und das fehlende Problembewusstsein in Bezug auf die Finan­zierungsgrundlagen des Journalistenbüros offenbart Geschäftsführer David Schraven in seinen Interviews. Die Finanzierung durch Konzerne oder große Stiftungen hält er für unproblematisch, wenn das Geld zweckgebunden ist. Kritiker wie der ehemalige Chef­redakteur der Wirtschaftswoche, Roland Tichy, werden pauschal und salopp abserviert:

Tichy ist ein alter Mann. Das ist das Erste. Zweitens haben wir einen aktuellen Etat von rund 1,5 Millionen Euro im Jahr. Dazu gehört ein Comic Fellowship für Zeichneraus anderen Ländern, die zu uns kommen, um eine Investigative Reportage zu einer Graphic Novel zu machen. Dafür haben wir im letzten Jahr etwas über 26.000 Euro von der Open Society Foundation bekommen haben. (sic!) Wenn Soros uns damit gekauft haben soll … alter Schwede … ganz dünnes Brett.7

Schraven scheint die Einflüsse von mächtigen Geldgebern als einfaches Reiz­Reaktions­Schema zu begreifen. Die grundsätzliche Frage, ob ein sich als gemeinnützig und unab­hängig bezeichnendes Recherchebüro sich überhaupt von beispielsweise Multimilliardär George Soros, der mit seinen – der Steuerzahlung entzogenen ­ Stiftungsgeldern seit Jahrzehnten in politische Entwicklungen eingreift, um seinen finanziellen Interessen zu nutzen8, finanzieren lassen sollte, wird anscheinend nicht gestellt. Dass die Methoden der Herrschaftssicherung heutzutage komplexer und verdeckter sind und welche Funktion einem Journalistenbüro wie Correctiv in diesem Zusammenhang zukommt, liegt jenseits des Wahrnehmungsradars der Correctiv­Macher.

6 SCHREYER, a.a.O.7 Interview von Stefan Winterbauer mit David Schraven: Correctiv­Chef David Schraven: „Wir sind kein 

Dienstleister. Wir arbeiten nicht für, sondern auf Facebook“. Meedia 27.1.2017 http://meedia.de/2017/01/23/correctiv­chef­david­schraven­wir­sind­kein­dienstleister­wir­arbeiten­nicht­fuer­sondern­auf­facebook/ (Abruf 7.4.2017)

8 Vgl. Soros' finanzielle Beteiligung an den Regime changes in Osteuropa, Farbenrevolutionen genannt; vgl. bezogen auf Osteuropa: "Der Spiegel" im Dienst von George Soros und dessen Geschäftemacherei in Osteuropa 17.3.2016 http://spiegelkabinett­blog.blogspot.de/2016/03/der­spiegel­im­dienst­von­george­soros.html – Interne Dokumente von Soros' Stiftungen wurden gehackt. Daraus geht u. a. hervor,welchen NGOs Soros' Stiftungen Gelder zukommen ließen, in welcher Höhe und für welche Projekte, umEinfluss auf die EU­Parlamentswahlen zu nehmen. Vgl. Tyler Durden: George Soros Hacked, Over 2,500 Internal Docs Released Online. 15.8.2016 http://www.zerohedge.com/news/2016­08­14/george­soros­hacked­over­2500­internal­docs­released­online 

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Kapitel 2 Selbstverständnis und ZieleGeht man der phonetischen und semantischen Konnotation des Namens Correctiv „mit dem feinen C“ (Eckart Spoo) nach, tauchen zum einen Assoziationen an Korrektiv – eine Vorrichtung zur Korrektur von Fehlhaltungen ­ auf, zum anderen an Kollektiv. Die mit dem Namen evozierten Vorstellungen und Erwartungen changieren zwischen einer schul­meisterlichen Einrichtung und einem Bund wilder, aufrechter Kämpfer für die gerechte Sache. Das Ausrufezeichen im Firmennamen schafft Verbindungen zu Jugend, Digitalisie­rung und Moderne.Zum journalistischen Selbstverständnis sei von der Webseite der Brost­Stiftung zitiert:

CORRECT!V ist das erste gemeinnützige Recherchebüro im deutschsprachigen Raum. Der aufklärerische Non­Profit Journalismus ist eine von vielen Antworten aufdie Medienkrise. […] Das Büro unter der Leitung von David Schraven recherchiert zu den Bedrohungen und Herausforderungen unserer Gesellschaft, zu Machtmissbrauch und Korruption in Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur, zu Themen wie Umwelt, Bildung, Gesundheitund sozialer Gerechtigkeit oder Rechtsradikalismus und Islamismus. [...] Die investi­gativen Recherchen und Geschichten werden an große und kleine Zeitungen und Magazine wie auch an Radio­ und Fernsehsender weiter gereicht – lokal, regional und national. http://www.broststiftung.ruhr/themen/correctv/ (Abruf 3.9.2015) 

Correctiv benennt sein Selbstverständnis und seine Ziele deutlich weniger ambitioniert als die Brost­Stiftung und mit anderen Schwerpunkten: „Wir sind das erste gemeinnützige Recherchezentrum im deutschsprachigen Raum. Wir wollen jedem Bürger Zugang zu Informationen geben.“ 

Wir treten in drei unterschiedlichen Dimensionen als Korrektiv in Erscheinung:1. Durch unsere Recherchen wollen wir strukturelle Missstände und unethisches 

Verhalten öffentlich machen. Damit helfen wir der Gesellschaft, sich selbst zu helfen. Wir wollen den Menschen Informationen liefern, damit sie Veränderungen anstoßen und Fehlentwicklungen korrigieren können. 

2. Wir bieten Redaktionen – großen wie kleinen – durch unseren unabhängigen und gemeinnützigen Ansatz Zugang zu Geschichten, die sie selbst nur schwer realisieren könnten. Wir wollen so den investigativen Journalismus in Deutschland stärken und dabei helfen, Vielfalt und Qualität im Mediensystem zu bewahren. 

3. Wir bilden aus: wir wollen unsere Methoden an alle interessierten Bürger weitergeben und dabei helfen, Informationsrechte vor Ort durchzusetzen. Wir wollen die Bürger dabei unterstützen, die Gesellschaft transparenter zu machen, um die Teilhabe aller zu vergrößern. 

( https://correctiv.org/correctiv/, https://correctiv.org/correctiv/faq/, Abruf 6.9.2015) Correctiv definiert sich demnach als Recherchenetzwerk, das die ­ aufgrund von wirt­schaftlichen Zwängen und politischer Gleichförmigkeit ­ entstandene Lücke an gründlich recherchierten kritischen Beiträgen füllt. Es präsentiert sich als emanzipatives Journalis­tenbüro, das strukturelle Missstände aufdecken und zur Veränderung beitragen will. Zugleich positioniert es sich als Dienstleister für interessierte Bürger/innen, ihnen dabei zu helfen, ihre Informationsrechte einzufordern. Entsprechend dem dritten Ziel wird die „correctiv­community“ aufgefordert: „Holt Euch Informationen – mit unserer Hilfe“. 

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„Wir wollen Euch allen dabei helfen, Eure Auskunftsrechte zu nutzen. Wir wollen, dass Ihr die Informationen und Dokumente von Behörden bekommt, die Euch zustehen. Wir wollen mehr Transparenz. […] Jetzt würden wir Euch gerne dazu motivieren, solche Anfragen zu stellen. Das ist Euer Recht. Und wir wollen Euch individuell dabei helfen. Wir geben Anregungen, beantworten Fragen, schauen uns Eure Anträge an.“ https://correctiv.org/community/ (Abruf 8.9.2015)

Correctiv bietet sich mit dem Angebot einer „community“, einer Unterstützung für Bürger­anliegen und einem Chatroom (Konferenzraum) als verständnisvoller Gesprächspartner an und spricht genau die Bedürfnisse an, die von den Leitmedien zunehmend abgewürgt oder abgewehrt werden (Kontrollieren, Kanalisieren und Schließen der Kommentarfunk­tionen).9 

Aus den Aussagen zum Selbstverständnis und den Zielen lässt sich das für die Herr­schenden gefahrlose oder gar ertragreiche Recherchieren von Correctiv ablesen: 

• schwammige Aussagen und Allgemeinplätze (Bedrohungen und Herausforde­rungen unserer Gesellschaft, strukturelle Missstände, unethisches Verhalten, Fehlentwicklungen korrigieren), 

• Nicht Fakten, Zusammenhänge und Hintergründe stehen im Mittelpunkt, sondern „Geschichten“; dieser Begriff taucht auch in den Beiträgen regelmäßig auf und dürfte nicht zufällig gewählt worden sein, wie die Detailanalysen unten zeigen werden.

• Correctiv betrachtet seinen investigativen Journalismus als Dienstleistung für die Mainstreammedien, deren Qualität bewahrt werden soll, d. h. per definitionem nicht in Frage gestellt wird.

• Die Bürger sollen innerhalb des politischen Systems mehr Transparenz fordern. Das ist seit einiger Zeit die Formel, wie Widerspruch gegen die herrschenden Verhältnisse eingehegt und diese gegen grundsätzliche Veränderungswünsche damit abgeschottet werden. Wie auch die von der Bundeszentrale für politische Bildung finanzierten Workshops von Correctiv zeigen, geht es vor allem um Informationsfreiheit gegenüber dem Staat. 

• Als Nutzen aus der „community“ fallen für Correctiv eine Menge an Kontakten an sowie ein guter Einblick in Anliegen, Bürgerunmut, Fallbeispiele, Initiativen, die für eigene Produkte (Skandalproduktion und Enthüllungen) abgeschöpft und verwertet werden können. 

• Die kapitalistische Wirtschaft, ihre Machteliten­Zirkel, Aneignungs­ und Herrschafts­methoden bleiben unangetastet. Informations­ oder gar Kontroll­ und Mitbestim­mungsrechte gegenüber Konzernen werden nicht gefordert.

• Hier zeigt sich die enge Verzahnung zwischen Finanzierungsquellen und Tätigkeits­profil von Correctiv: Die projektgebundene Förderung bedeutet ja zugleich, dass andere, kritischere, den Machteliten zu nahe tretende Recherchen eben nicht finanziert werden und also auch nicht erfolgen.

9 Vgl. Paul Schreyer: Geschlossene Leserforen bei Spiegel Online. Telepolis 1.3.2017 https://www.heise.de/tp/features/Geschlossene­Leserforen­bei­Spiegel­Online­3640146.html?view=print 

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Kapitel 3 Einordnung von Geschäftsführung, Redaktion und Ethikrat • Von ihrer beruflichen Herkunft stammen die Redaktionsmitarbeiter/innen (s. Liste im

Anhang) fast alle aus den etablierten Medien (Spiegel, Stern, Die ZEIT, BILD, DLF, ARTE, ZDF, taz, GEO, Reuters, Die WELT). Viele Journalisten haben Verbindun­gen zur WAZ­/Funke­Mediengruppe, der ja auch die Hauptfinanzierung von Correctiv zuzuordnen ist. 

• In den Berufsbiografien auf der Correctiv­Homepage, die oft auch Privates enthal­ten, fehlt bei allen, warum sie zu Correctiv gewechselt sind. 

• Einige haben Verbindungen zum „Netzwerk Recherche“, einem Verein „um die journalistische Recherche und den Qualitätsjournalismus in Deutschland zu stärken“ https://netzwerkrecherche.org/ueber­uns/kurzportrait/ . Auch dieses Netz­werk ist im Medienmainstream verankert. Der Verein geriet 2011 in die Kritik wegenzu Unrecht erhaltener Fördergelder der Bundeszentrale für Politische Bildung. Correctiv­Geschäftsführer Schraven war laut Wikipedia­Eintrag von 2007 bis Sep­tember 2014 Vorstandsmitglied; diese berufliche Station Schravens wird auf der Correctiv­Seite nicht angeführt; Redakteur Jonathan Sachse ist Kassenprüfer, Redakteur Marcus Grill war seit 2009 Mitglied im Vorstand von "netzwerk recherche", seit 2015 im Beirat; der jetzige Vorsitzende des Ethik­Rates, Oliver Schröm, war von 2011 bis 2015 erster Vorsitzender im Netzwerk Recherche. 

• Viele Mitglieder von Correctiv verfügen über einen persönlichen oder beruflichen Hintergrund im (im weiteren Sinne) postsowjetischen Raum: Schraven ist Mitbe­gründer des „Nachrichtenbüros Zentralasien/Kirgisien“; Justus von Daniels' thema­tischer Schwerpunkt lag in Ungarn und auf dem Westbalkan; David Crawford befasst sich mit Demokratieabbau und Korruption im Russland unter Putin; Marcus Bensmann war von 1994 bis 2014 Reporter in Zentralasien und im Kaukasus; Florian Bickmeyer schrieb ein Buch mit Fluchtgeschichten aus der DDR.

• Geschäftsführer David Schraven sowie die Redakteure Marcus Bensmann, Bastian Schlange und Annika Joeres betreiben mit anderen den Blog Ruhrbarone; das wird auf der Correctiv­Seite nur für Schraven vermerkt (vgl. http://www.ruhrbarone.de/impressum Abruf 8.4.2017). Die Ruhrbarone sind in der Tendenz als wirtschaftsliberal und transatlantisch einzustufen.10 Kritik an der Politik 

10 Es wird das Loblied auf die kapitalistische, globalisierte Ökonomie gesungen, und Konzepte der Post­wachstumsökonomie werden als nationalistisch kritisiert sowie in die Nähe der nationalsozialistischen Agrarpolitik gerückt. Vgl. Stefan Laurin: Kapitalistischer werden. Jungle World, 1.12.2016 „Nicht den urbanen 'Globalisten' gehört die Zukunft, wie Ivo Bozic in seinem Text 'Bye­bye, Westen' behauptet. Werden Rückfall in autoritäre Politik aufhalten will, muss sich zum Westen bekennen. Eine Replik.  http://jungle­world.com/artikel/2016/48/55304.html ­ Vgl. Stefan Laurin: Niko­Paech: Wanderprediger mit Thesen aus dem grün­braunen Sumpf. 16.1.2017  https://www.ruhrbarone.de/niko­paech­wanderprediger­mit­thesen­aus­dem­gruen­braunen­sumpf/137911 , ­ vgl. den Gastartikel der Deut­schen Bank zur Geldanlage vom 23.12.2016 https://www.ruhrbarone.de/vermoegensaufbau­trotz­niedrigzins­bereits­mit­wenig­kapital­kann­sich­ein­investment­lohnen/136997 ­ Vgl. Artikel gegen die Energiewende, ­ Vgl. den Kommentar von Stefan Laurin zum US­Angriff auf Syrien wegen des behaup­teten Giftgasangriffs der syrischen Armee https://www.ruhrbarone.de/luftschlag­gegen­assad­eine­ueberfaellige­reaktion/141190 7.4.2017 ­ Vgl. die Diffamierung des Friedensforschers Daniele Ganser als „antiamerikanischen Verschwörungstheoretiker“, als „Verschwörungsideologe(n)“ und 9/11­Truther https://www.ruhrbarone.de/uwh­lehrt­endlich­die­wahrheit­ueber­911/115960 22.10.2015 https://www.ruhrbarone.de/daniele­ganser­offener­brief­gegen­911­truther­an­der­uni­witten­herdecke/116155 ­ Vgl. https://www.ruhrbarone.de/verschwoerungstheoretiker­am­samstag­in­dortmund/111673 7.8.2015 – vgl. Norbert Häring: Putins Querflöten: Die Liste der Top 15 deutschspra­

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der USA diffamieren sie oft als Amerikafeindlichkeit oder gar als Verschwörungs­theorie. Ein Augenmerk liegt auf der Aufdeckung von rechtspopulistischen, rechts­extremen und antisemitischen Erscheinungen, die man in der AfD, bei den Reichs­bürgern, aber auch in der Linkspartei, in der neuen Friedensbewegung oder gar in der Kritik an Oligarchen ausmacht, sofern sie jüdische Wurzeln haben.11 Der Chef­redakteur der Ruhrbarone, Stefan Laurin, ist gleichzeitig Autor von Correctiv.Ruhr, der NRW­Redaktion von Correctiv.12

• Redakteur Stefan Wehrmeyer betreibt seit 2011 das Portal FragDenStaat.de und istVorstandsmitglied der Open Knowledge Foundation Deutschland (s. http://okfn.de/)13. Das Portal „Frag den Staat“ ist ein gemeinsames Projekt von Open Knowledge Foundation und Correctiv! https://fragdenstaat.de/ Die Open Knowledge (Foundation) ist ein internationales Netzwerk zur Förderung von Trans­parenz gegenüber dem Staat. Die staatlichen Geldflüsse bspw. sollen offen gelegt werden (Where does my money go?) Dazu fordert man die Freigabe von Daten undtrainiert Bürger in der Inanspruchnahme ihres Rechtes auf Informationsfreiheit gegenüber dem Staat. 

• Bastian Schlange, der u. a. für die BILD­Zeitung schrieb, gründete zusammen mit einem ebenfalls aus Bochum­Wattenscheid stammenden Kollegen eine klamauk­haft wirkende „Wattenscheider Schule“ für Gonzo­Reportagen. Gonzo­Journalismuscharakterisiert ein Wikipedia­Eintrag folgendermaßen: „Es wird aus der subjektiven Sicht des Autors berichtet, der sich selbst in Bezie­hung zu den Ereignissen setzt. So vermischen sich reale, autobiographische und oft auch fiktive Erlebnisse. Sarkasmus, Schimpfwörter, Polemik, Humor und Zitate werden als Stilelemente verwendet. Nach journalistischen Kriterien handelt es sich beim Gonzo­Journalismus nicht um Journalismus, sondern um Literatur. Die Arbeitsweise entspricht nicht den Anforderungen an Journalisten, die zum Beispiel der deutsche Pressekodex vorgibt.“ Zu ihrem Selbstverständnis schreiben die Wattenscheider: „Ihre Storys sind eine Mischung aus Hunter S. Thompsons Gonzo­

chigen Verbreiter von Kreml­Propaganda <http://norberthaering.de/de/27­german/news/722­putins­querfloeten>

11 Vgl. Stephan Laurins Kritik an der Kritik an George Soros „George Soros – Das Hassobjekt der Autoritären Internationale“ 1.3.2017 https://www.ruhrbarone.de/george­soros­dass­hassobjekt­der­autoritaeren­internationale/139650 

12 https://correctiv.org/blog/ruhr/ 13 vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Open_Knowledge_Foundation . Partner und Förderer: „Since our 

founding in 2004, Open Knowledge (previously, the Open Knowledge Foundation) has been funded through the generosity of many different trusts, foundations, governments, international organisations and individual donors.“ Explizit erwähnt werden u. a.: Hewlett­Foundation, Knight­Foundation, National Endowment for Democracy NED. https://okfn.org/about/partners­and­funders/ . Zur Finanzierung der Open Knowledge Foundation Deutschland ein Zitat von der Webseite: „Die Open Knowledge FoundationDeutschland e.V. hat zur Zeit keine Großspender. [...] Signifikante Gelder für 2013 wurden von der Europäischen Kommission, dem Open Society Institute, Google, Microsoft, SAP sowie der OKFN­International beigesteuert. Signifikante Gelder für 2012 wurden von der Europäischen Kommission, dem Open Society Institute und der OKFN­International beigesteuert. Signifikante Gelder für 2011 (Gründungsjahr, E.S.) stammen von der Bundeszentrale für politische Bildung, Google Deutschland, der Heinrich­Böll­Stiftung und der Kreditanstalt für Wiederaufbau.“ http://okfn.de/verein/ (Abruf 3.4.2017) Was sich hinter dem Begriff „signifikante Gelder“ verbirgt, erschließt sich nicht unmittelbar. Eine Reihe von Forschungsprojekten im Zusammenhang mit Good Governance werden von der EU­Kommission gefördert, z. B. Zur Transparenz und Vergleichbarkeit öffentlicher Haushalte oder öffentlicher Ausschreibungen. https://okfn.de/files/verein/OKFDE­Taetigkeitsbericht­2015.pdf 

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Style und Charles Bukowskis stinkendem Alk­Atem ­ verfeinert mit einer Prise von Wallraffs unvergleichlicher Selbstironie. Cheers.“14 Was qualifiziert einen Gonzo­Journalisten, der Fakten und Erfindungen vermischt, für eine Mitarbeit bei investi­gativer Recherche?

• Der neue Prokurist, Rainer Döllefeld, war vorher über 30 Jahre bei der Ferrostaal AG (zwischenzeitlich zu MAN gehörend) tätig. Dort arbeitete er im Controlling von Auslandsniederlassungen. Zur Aufklärung von Korruptionsvorwürfen gegen Ferro­staal war er von September 2009 bis März 2017 „Compliance Officer“ des Kon­zerns.15 Der Name des früheren Arbeitgebers wird auf der Correctiv­Homepage nicht genannt. Anfang April veröffentlicht Correctiv eine Enthüllungsgeschichte überden ehemaligen IOC­Präsidenten Thomas Bach, der „von 2005 bis 2009 auf der Gehaltsliste des Industriekonzerns Ferrostaal“ stand, incl. Faksimile des Beraterver­trages mit Ferrostal.16 

• Der Ethikrat soll darauf achten „dass CORRECT!V den hohen ethischen Grund­sätzen aufklärerischen Journalismus als wichtigen Beitrag für die demokratische Kultur genügt“ (https://correctiv.org/correctiv/aufsichtsrat­ethikrat/ Abruf 3.4.2017). Von 2014 bis 2016 war der SPD­Politiker Bodo Hombach Vorsitzender. Hombach war Wirtschaftsminister in NRW sowie Chef des Bundeskanzleramtes und Bundes­minister für besondere Aufgaben unter Gerhard Schröder. Im Sommer 1999 wech­selte Bodo Hombach nach Brüssel, wo er nach dem Angriffskrieg der Nato gegen die Bundesrepublik Jugoslawien als Sonderkoordinator in Südosteuropa tätig war. Hier war er u. a. zuständig für die Freiheit der Medien (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Bodo_Hombach ). Von 2002 bis 2012 war er Ge­schäftsführer der WAZ­Gruppe. https://correctiv.org/correctiv/aufsichtsrat­ethikrat/ (Abruf 2015_04_17) Auf der Correctiv­Seite nicht enthalten sind seine Mitglied­schaft bei der Atlantikbrücke und sein politisches Selbstverständnis17: Er war Gegner von Finanzminister Lafontaine in der Regierung Schröder und neben Peter Mandelson Autor des Strategiepapiers „Der Weg nach vorne für Europas Sozialdemokraten“, das als Schröder­Blair­Papier bekannt wurde. Mit dem Konzept der „Neuen Mitte“ verabschiedete sich die Sozialdemokratie von den Resten ihrer antikapitalistischen Tradition.18 

14 http://wattenscheiderschule.de/ 15 Vgl. https://de.linkedin.com/in/rainer­doellefeld­82289778 (Abruf 28.3.2017) 

http://www.ferrostaal.com/uploads/tx_mfsmatrix/echo2_2006_03.pdf Bei den genannten Korruptionsvorwürfen gegen Ferrostaal ging es um Schmiergelder in hohen zweistelligen Millionenbeträgen an griechische und portugiesische Entscheidungsträger, um U­Boot­Aufträge zu akquirieren. Vgl. https://www.brandeins.de/archiv/2012/loyalitaet/das­gefangenendilemma/ (Abruf 28.3.2017)

16 „Thomas Bach verkauft alles“. https://correctiv.org/recherchen/wirtschaft/artikel/2017/04/06/thomas­bach­verkauft­alles/ 

17 Vgl. https://www.heise.de/forum/heise­online/News­Kommentare/Die­weltweite­Gefaehrdung­der­Pressefreiheit/Journalisten­Mitglieder­der­Atlantikbruecke/posting­28519977/show/ 21.4.2016 ­ vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Bodo_Hombach 

18 Wenig freundlich geht die serbische Zeitung Novosti mit WAZ­Geschäftsführer Bodo Hombach um, angesichts der drohenden Übernahme der größten serbischen Zeitung durch den WAZ­Konzern: Im Ringen um die Mehrheit bei der zweitgrößten serbischen Tageszeitung "Novosti" hat deren Chefredak­teur Manojlo Vukotic den WAZ­Geschäftsführer Bodo Hombach scharf angegriffen. Hombach sei "ein gescheiterter Politiker", der mit per Interpol gesuchten mutmaßlichen Mafiagrößen Geschäfte mache, so Vukotic in einem am Mittwoch in seiner Zeitung veröffentlichen Offenen Brief. […] "In Ihrer (gemeint ist 

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TEIL 2: Produkte: gemeinnützig oder gemeingefährlich?Im Folgenden soll an exemplarischen Produkten von Correctiv das Selbstverständnis von „Recherche“ und „investigativem Journalismus“ sowie die Ziele und die Zuverlässigkeit derRechercheergebnisse untersucht werden. Schwerpunkte sind Artikel zu den Sparkassen, den internationalen Handelsverträgen TTIP und CETA sowie Beiträge über die Vergangenheit des russischen Präsidenten Putin und den Abschuss der malaysischen Verkehrsmaschine MH17 über der Ukraine.

Kapitel 4 Der neoliberale Wolf im Schafspelz der GemeinnützigkeitZunächst sei ein gemeinsames Projekt der FAZ mit Correctiv angeführt, eines der ersten Vorhaben von Correctiv, gestartet in 2014.19 Die FAZ hat Leser aufgerufen herauszufinden, welche Sparkasse wie viele faule Kredite hat und ggfs gefährdet ist. Die Freizeit­Laien­Rechercheure werden von Correctiv angeleitet. Die Ergebnisse der Leserrecherche werden im von Correctiv bereit gestellten „crowdnewsroom“ gesammelt und ausgewertet. Der Deutsche Sparkassen­ und Giroverband beklagt die von Correctiv verbreiteten „Falschaussagen“20. An diesem Projekt ist Verschiedenes bemerkenswert: Werden Informationen über die tatsächliche oder vermeintliche Schieflage einer Bank veröffentlicht, so kann dies sofortigeAuswirkungen auf die Bonität und das Vertrauen der Kunden in die Bank haben. Für noch bedenklicher halte ich jedoch die einseitige Auswahl der 'Spionage'ziele, die mehr als ein „Gschmäckle“ hat: Transparenz wird nur für die öffentlich­rechtlichen Sparkassen und nicht für die Privatbanken gefordert. Es entsteht der Eindruck, als hätten nur die öffentlich­rechtlichen Kassen unmoralisch hohe Vorstandsgehälter und Probleme mit faulen Krediten. Dabei waren es auch Privat­banken, die in der Finanzkrise 2008f gerettet wurden. Die Deutsche Bank schließlich gilt als diejenige Bank weltweit, die am stärksten gefährdet ist.21 Die 55.000­Euro­Spende der Deutschen Bank für 2016 wirkt wie ein Danke­Schön, auch wenn sie offiziell in einen anderen Projekt­Topf fließt. Eine besonders lohnende Aufgabe für eine investigative Recherche, den Schleier um die Kosten der deutschen Bankenrettung, für die im Finanzmarktstabilisierungsgesetz 480 Milliarden Euro eingesetzt wurden, zu lüften, wird nicht angegangen. Wie hoch die Gesamtbelastungen für die öffentlichen Kassen bis heute ausfallen aus Bürgschaften und 

Hombach, E.S.) unermesslichen Angst, die Spuren Ihres schmutzigen Geldes zu verdecken, versuchen Sie hysterisch und nervös, mit nur ausgedachten und gefälschten Dokumenten möglichst viele Leute in Ihren Bann zu ziehen", heißt es in dem Brief des Chefredakteurs weiter. "Sie sind aufgebrochen, die Medienszene auf dem verarmten Balkan zu erobern und schaffen es, den Balkan noch ärmer zu machen", so Vukotic. (Spiegel online am 24. März 2010 http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,685552,00.html )

19 Vgl. https://correctiv.org/recherchen/sparkassen/ ­ vgl. "Correctiv" bedarf der Korrektur. Sparkassenzeitung 12. November 2015 https://www.sparkassenzeitung.de/correctiv­bedarf­der­korrektur/150/146/62700 ­ vgl. http://kress.de/tagesdienst/detail/beitrag/133423­sparkassenverband­greift­tageszeitung­scharf­an­betreibt­die­faz­kampagnenjournalismus.html Sparkassenverband greift Tageszeitung scharf an: Betreibt die FAZ "Kampagnenjournalismus"? ­ Ähnlich einzuordnen ist die Geschichte zu gerichtlich verhängten Strafzahlungen. https://correctiv.org/recherchen/spendengerichte/artikel/2015/04/28/pruefer­fordern­kontrolle/ 

20 Vgl. https://www.sparkassenzeitung.de/correctiv­bedarf­der­korrektur/150/146/62700 21 Die Deutsche Bank hält 10 % der globalen Derivatepositionen (75 Billionen US­Dollar), das entspricht im 

Umfang dem Welt­BIP. 

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Kapitalhilfe für insolvente Banken, Verwertungsverluste aus dem Verkauf von Schrott­papieren von Bad Banks usw. erfährt der interessierte Bürger und Steuerzahler nicht und das ist auch nicht das primäre Interesse von Correctiv.

TTIP­freie ZonenDer Beitrag über TTIP­freie Zonen vom 1.9.2015 (https://correctiv.org/recherchen/ttip/blog/2015/09/01/ttip­freie­zonen/) zeigt an ausgewählten Kommunen die Entscheidung, die kommunale Selbstverwaltung und Daseinsvorsorge gegen den Vorrang der TTIP­Bestimmungen zu verteidigen. In der Gesamtschau des Artikels fällt auf, dass 

• der Widerstand gegen TTIP durchweg verharmlost und beschwichtigend dargestelltwird: „Doch so radikal wie das klingt, sind manche Lokalpolitiker nicht gegen ein Handelsabkommen mit den USA. Sie wehren sich gegen Verschlechterungen.“„285 Gemeinden in ganz Deutschland haben mittlerweile Resolutionen gegen das Abkommen verabschiedet, [...] Als „TTIP­frei“ möchten sich die Kommunen aber doch nicht bezeichnen lassen“„Die CSU einigte sich mit den Freien Wählern auf ein Papier, das den Vertrag generell ablehnt. Keine Hintertür für TTIP. „Ganz so extrem haben wir es nicht gemeint“, sagt (CSU­Ortsvorsitzender) Ehrenhuber.“ „Viele Kommunen, die sich kritisch gegen TTIP geäußert haben, sind über diese Karte (von Attac, ES) allerdings nicht allzu glücklich. Sie sind nicht grundsätzlich gegen ein Handelsabkommen mit den USA. Ihnen würde es schon reichen, wenn sie sicher sein könnten, dass öffentliche Dienstleistungen nicht angetastet werden. Doch das ist keineswegs sicher.“„Die Stadträte und Gemeindevertreter wissen, dass sie den Welthandel nicht auf den Kopf stellen werden. […] 'Aber mit der Resolution haben wir unsere Meinung geäußert.'“

• die Argumente für eine TTIP­freie Kommune und gegen Fracking durch das angeführte Beispiel sich als individuelle Einzelinteressen erweisen:„In Gütersloh sorgte sich zum Beispiel die Fraktion der GRÜNEN um die hohe Zahl an privaten Brunnen, die sich Bürger in der Region gebaut hätten.“

• so getan wird, als habe die kommunale Resolution die Haltung der EU­Kommission zur öffentlichen Daseinsvorsorge verändert:„Das hat Wirkung gehabt. Die CSU steht mittlerweile hinter vielen kritischen Punkten und die EU bekennt sich offen zur Sicherung der Daseinsvorsorge.“ Das sei schon ein Erfolg.

• die inhaltliche Auseinandersetzung mit TTIP – selbst bezogen auf das Thema öffentliche Dienstleistungen und kommunale Selbstverwaltung ­ nur rudimentär und sogar falsch ausfällt: „welche Beschränkungen fallen sollen, damit Konzerne städtisches Eigentum kaufen und ihre Leistungen privat anbieten können.“„In Interviews betonen die Verhandlungsführer beider Seiten zwar stets, dass „öffentliche Dienstleistungen“ generell vom Abkommen ausgenommen seien. Allerdings wird allein der Begriff „öffentliche Dienstleistungen“ in den USA anders verstanden als in der EU.“ 

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Den Begriff der öffentlichen Dienstleistungen gibt es im EU­Recht nicht!• die Selbstaussagen der EU­Kommission hervorgehoben und nicht kritisch 

gegengeprüft werden:„170 Seiten KlarheitSeit Juli kann die Öffentlichkeit auf der Webseite der EU­Kommission lesen, wie das Angebot der EU zum Bereich Dienstleistungen aussieht, das sie der amerikanischen Seite übermittelt hat. Auf 170 Seiten finden sich dort Listen mit Generalausnahmen und Teilausnahmen.“ 

Die fundierten, konkreten Analysen zu den Auswirkungen des TTIP auf die kommunale Daseinsvorsorge, die seit einiger Zeit der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, werden nicht erwähnt.22 Das angesprochene Dokument der EU­Kommission wird nicht verlinkt, schon gar nicht inhaltlich ausgewertet. Es bleibt der Eindruck, die EU­Kommission sei ein glaubwürdiger Vertreter der kommunalen und Bürgeranliegen. Der Tenor ist: An TTIP gibt es Verbesserungsbedarf, aber bitte nicht grundsätzlich und bitte keine radikale Ablehnung. Die TTIP­“Recherche“ von Correctiv erweist sich als belangloseMeinungsumfrage unter einigen Kommunalpolitikern ohne Informationsgewinn. Das wäre kaum der Erwähnung wert, wenn gerade dieser Artikel nicht von Correctiv benutzt würde, um ihn als Türöffner in Anti­TTIP­Kampagnen­ und Kommunikationsnetze zu nutzen (s. ANHANG). Weitere Beiträge und Veranstaltungen von Correctiv kreisen um das Thema Transparenz, kaum um die konkreten Inhalte und Folgen des Vertrags. Ein Vertreter der EU­Kommis­sion soll befragt werden, „warum das Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU immer noch so intransparent ist.“ Correctiv präsentiert sich als herrschaftskritische Redaktion, als Vorreiter der Anti­TTIP­Kampagne, die sich dermaßen mit der EU anlegt, dass diese Informationen gegenüber den EU­Regierungen zurückhält: 

„Vor ein paar Wochen hatten wir erneut vertrauliche Dokumente über die Verhand­lungen zwischen der EU und den USA veröffentlicht – sehr zum Ärger der EU­Kommission, die unsere openTTIP­Recherche zum Skandal erklärte. Sie schickte daraufhin keine Berichte über TTIP mehr an die EU­Regierungen. Kurz darauf kündigte sie an, doch etwas mehr zu veröffentlichen.“ https://correctiv.org/veranstaltungen/kalender/2015/9/29/transparenzloch­eu­was­sollen­die­buerger­ueber­tt/ 

Correctiv präsentiert sich als beinahe alleiniger Streiter um Transparenz in Sachen TTIP­Verhandlungen und nicht als Teil einer breiten, über 200 Organisationen umfassenden Aufklärungs­ und Protestbewegung.23 Correctiv wird als derart einflussreich dargestellt, dass seine Leaks das Verhalten der EU­Kommission gegenüber den EU­Regierungen beeinflusst hätten. Auch hier keine Würdigung anderer Organisationen, die schon lange vor Correctiv geheim gehaltene Dokumente im Zusammenhang mit den Verhandlungen geleakt oder deren Veröffentlichung erklagt haben.24 

22 Als ein Beispiel sei stellvertretend die Studie von Thomas Fritz genannt: „TTIP vor Ort. Folgen der transatlantischen Handels­ und Investitionspartnerschaft für Bundesländer und Kommunen“ 2014 https://blog.campact.de/2014/09/exklusiv­studie­zeigt­ttip­abkommen­mit­usa­nimmt­kommunen­und­bundeslaender­in­wuergegriff/ 

23 Vgl. das breite Bündnis an Organisationen, die die Europäische Bürgerinitiative STOPP TTIP unterstützt haben.

24 Vor allem sei hier die Brüsseler NGO „Corporate Europe Observatory“ CEO genannt. Sie hat seit 2003(!)

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Diese Einschätzung wird durch einen Artikel von Justus von Daniels über CETA, das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada, bestätigt25: Von Daniels übernimmt die Beurteilung der CETA­Befürworter bezüglich der reformierten Schiedsgerichte oder dem Schutz vor Privatisierungen. Begründungen anhand des Vertragstextes fehlen ebenso wie die Argumente der Gegner, die die Zusicherungen für Etikettenschwindel halten. Mehr noch: Die Kritiker des CETA werden als Kompromiss­, Demokratie­ und Systemgegner diffamiert, dabei arbeitet von Daniels indirekt mit dem Querfrontvorwurf: „Abscheu gegen das politische System generell – von links wie von rechts“. Die über internationale Handelsverträge organisierte Herrschaft der Konzerne und die vorrangig ihren Interessen dienende EU zu kritisieren, erscheint als ungehörig, amerikafeindlich und antieuropäisch. 

Kapitel 5 Correctiv als Kalte Krieger 1 ­ Enthüllungen zum „System Putin“Seine Recherche zum „System Putin“ in Zusammenarbeit mit RTL (!), zu Erpressungen, Korruption, Ausschaltung der unabhängigen Justiz durch Putin bietet Correctiv in drei Versionen: a) einem Video­Interview mit Autor David Crawford, b) einem Internetartikel von RTL, c) einer ausführlichen Reportage auf der Correctiv­Webseite26. a) Die frühen Jahre von Wladimir PUTIN 

Im gut dreiminütigen Interview von Markus Grill mit David Crawford über die frühen Jahre von Wladimir Putin https://correctiv.org/studio/artikel/2015/08/01/david­crawford­ueber­die­fruehen­jahre­von­wladimir­putin/ wird auf Briefe von Putins Frau Ludmilla an ihre Freundinnen Bezug genommen. Die Finanzierung einer Krankenhausbehandlung von Ludmilla sei von der Dresdner Bank übernommen worden, Ludmilla sei in Deutschland behandelt worden und nicht wie Putin behaup­te, in einem Militärkrankenhaus in St. Petersburg. Das Ehepaar Putin sei mit dem Chef der Dresdner­Bank­Russland und seiner Frau befreundet. Über Putins Jahre als KGB­Agent in den 1980ern in Dresden sagt Crawford, dort habe er sich schon so verhalten wie später, habe Leute erpressen wollen, habe In­formationen über lautloses Töten gesammelt, er habe „einen bekannten deutschen Neonazi als Agenten geführt über seine Helferagenten“. Bisher habe es immer geheißen, er habe nicht viel gemacht, aber man sehe, „dass er in der DDR viel gemacht hat“ und dass es viele Verknüpfungen zur späteren Karriere gebe. So hätten die Informationen zur lautlosen Tötung auch radioaktive Stoffe umfasst, die auch bei der Tötung des Putin­Kritikers Litwinenko eingesetzt worden seien. Als Quellen wird auf Stasi­Akten verwiesen sowie auf Putins ehemalige Agenten, von 

kontinuierlich die Verbindung von einflussreichen Konzernen und ihren Lobbyorganisationen auf die EU­Kommission und ihre Gesetzesinitiativen dokumentiert.

25 Vgl. Justus von Daniels: Mit Zorn kommen wir bei CETA nicht weiter. 27.10.2016 https://correctiv.org/recherchen/ttip/blog/2016/10/27/mit­hass­kommen­wir­bei­ceta­nicht­weiter/  

26 Vgl. CRAWFORD / BENSMANN: Sex, Schmiergeld, Staatszerfall 24.7.2015 https://correctiv.org/recherchen/system­putin/ (Abruf 30.3.2017)­ Diese Geschichte wird von Transparency Deutschland kommentarlos verlinkt: https://www.transparency.de/Aktuelle­Nachrichten.2331.0.html?&cHash=145480f3587b560d88b53b1233665009&tx_ttnews%5Bmonth%5D=07&tx_ttnews%5Byear%5D=2015 (Abruf 30.3.2017)

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denen einer ins Correctiv­Büro gekommen sei!27 

Im Interview trifft Crawford folgende Aussagen: 1. Putins Frau Ludmilla sei nach einem Autounfall in einem deutschen und nicht russi­schen Krankenhaus behandelt worden, entgegen den Aussagen Putins in seiner Autobio­grafie. Jahresdaten werden nicht genannt. Es ist nicht nachvollziehbar, ob es sich bei der Be­handlung um den selben Krankenhausaufenthalt handelt, von dem Putin und seine Frau Ludmilla spricht. Es wird auch nicht berichtet, von wem genau das Geld stammt, vom Freund (der auch Dresdner­Bank­Chef ist) oder über schmutzige Wege von der Bank, waseiner Veruntreuung gleich käme. Nicht das Verhalten des Bank­Chefs wird kritisiert, son­dern nur das von Putin.2. Putins Helferagenten hätten einen bekannten deutschen Neonazi als V­Mann geführt.Ja, und? Ist man geneigt zu fragen. Die Aufgabe des Agenten Putin in Dresden war, von dort aus Informationen über Nato­Länder zu sammeln und dazu Informanten anzuwerben. Laut Angaben der sicher nicht Putin­freundlichen Wikipedia sei er „in nachgeordneter Funktion“ tätig gewesen. 3. Putin habe in Dresden Informationen über lautloses Töten incl. des Einsatzes von radioaktiven Stoffen gesammelt.Dies wird verknüpft mit dem Tod des früheren KGB/FSB­Agenten und späteren Geheim­dienst­ und Putin­Kritikers Litwinenko, der an Vergiftung durch Polonium 2006 in London gestorben ist. Ein Londoner Gericht beschuldigt zwei KGB­Agenten des Mordes und verlangt die Auslieferung, die Russland verweigert.Es fällt nur der Name Litwinenko, ohne weitere Informationen zu ihm zu geben. Der Zuhörer soll die richtigen Schlüsse ziehen.Ziel der Recherche ist, Putin mit Korruption, Morden, Rechtlosigkeit und Neonazis in Verbindung zu bringen und diese kriminellen Machenschaften quasi als 'Charakter­eigenschaften zu vermitteln. Belege werden keine geliefert. Prämisse ist, was Putin sagt, ist gelogen, was andere über Putin sagen, stimmt. Das Beispiel mit den Briefen soll dazu dienen, Putins Glaubwürdigkeit zu untergraben. Fragen des Zuhörers / Lesers, wie David Crawford an Ludmillas Briefe an ihre Freundinnen gelangte oder wie ein ehemaliger Putin­Agent ausgerechnet das Correctiv­Büro aufsuchte, bleiben im Raum. Auch der Name des bekannten deutschen Neonazis, der sich als Agent anwerben ließ, wird nicht genannt. 

b) „CORRECTIV und 'RTL Nachtjournal' decken auf: Schmiergeld des US­Computerkonzerns Hewlett Packard begünstigte Aufstieg von Putin“, 25.07.15 11:02

Auszug aus dem Artikel: http://www.rtl.de/cms/correctiv­und­rtl­nachtjournal­decken­auf­schmiergeld­des­us­computerkonzerns­hewlett­packard­beguenstigte­aufstieg­von­putin­2387759.html Loyalität der Moskauer Generalstaatsanwaltschaft erkauftDer russische Präsident Wladimir Putin hat im Jahr 1999 als damaliger Pre­mierminister einen Schmiergeld­Deal ermöglicht, mit dem der US­Computer­hersteller Hewlett Packard (HP) überteuerte Computertechnik nach Russland verkaufen konnte. […] 

27 Auch auf youtube abrufbar: Studio CORRECT!V: David Crawford über die frühen Jahre von Wladimir Putin https://www.youtube.com/watch?v=QBVY4DbeA20#t=216 Veröffentlicht am 01.08.2015 

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Hewlett Packard hatte demnach keineswegs das günstigste Angebot für den Auftrag abgegeben, aber dennoch den Zuschlag erhalten. Die Firma zeigte sich erkenntlich und zahlte mindestens 7,6 Millionen Euro Schmiergeld. Das Geld landete unter anderem bei russischen Staatsanwälten und Agenten des Geheim­dienstes FSB. Mit dem Deal soll sich Präsident Putin womöglich die Loyalität der Moskauer Generalstaatsanwaltschaft erkauft haben. Seit dieser Zeit hat jedenfalls nie wieder ein russischer Generalstaatsanwalt gegen einen russischen Präsidenten ermittelt. […] Im Jahr 2014 wurde Hewlett Packard bereits von einem US­Gericht zur Zahlung von 108 Millionen US­Dollar verurteilt wegen Korruption und Schmiergeldzahlungenin Russland, Polen und Mexiko, wobei das russische Geschäft besonders schwer wog. […]

Der Korruptionsskandal um HP­Geschäfte war Gegenstand der Berichterstattung seit mindestens 2010. Über den Vergleich mit der US­Börsenaufsicht wurde im Frühjahr und Herbst 2014 berichtet. 28 Insofern bietet der Artikel keine neuen Informationen. Neu ist der von Correctiv im Jahr 2015 hergestellte Zusammenhang, Putin sei in die Korruptionsaffäreverwickelt, um für loyale Gefolgsleute im Justizsystem und in den Geheimdiensten zu sor­gen und seinen Aufstieg abzusichern. Für diesen zentralen Vorwurf, auf den die gesamte „Enthüllung“ abzielt, gibt es in dem Beitrag keinerlei Beweis, nur die Unterstellung „soll sich Präsident Putin womöglich die Loyalität der Moskauer Generalstaatsanwaltschaft erkauft haben“ (Hervorh. E.S.). Sucht man im Internet nach weiteren Artikeln zu dem – sollte er stimmen – ungeheuer­lichen – Vorwurf, so fällt die große Leere in den Suchmaschinen auf. Es stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage die Diffamierung basiert? Die einzige Primärquelle, die ähnliche Anschuldigungen erhebt, ist Schachweltmeister Garri Kasparow, ausgewiesener Jelzin­Freund, Putin­Gegner, Transatlantiker und an der Seite von US­Neokonservativer wie John McCain.29 

c) „Sex, Schmiergeld, Staatszerfall Wie es Wladimir Putin gelang, die russische Staatsanwaltschaft zu kaufen – und deutsche Beamte ihm dabei halfen“ von David Crawford, Marcus Bensmann am 24.7.2015 https://correctiv.org/recherchen/system­putin/Wie beim voran gehenden Artikel ist auch hier Kern der Anschuldigungen gegen Putin ein Computerkauf von HP, für den Schmiergeld geflossen ist. Zu Putins Verwicklungen schreibt Correctiv:

Ermöglicht hat diese Korruptionsaffäre Wladimir Putin. Das Schmiergeld von HP sicherte Putin die Loyalität einer Clique von Staatsanwälten. Und trug dazu bei, ihm die russische Justiz gefügig zu machen. […] In diesem Jahr (1999, ES) inszeniert Wladimir Putin einen Sexskandal, zettelt einen Krieg an, bricht die Unabhängigkeit 

28 Vgl. https://www.heise.de/newsticker/meldung/HP­Korruptionsaffaere­USA­greifen­Hinweise­aus­Deutschland­auf­1156030.html – vgl. https://www.heise.de/newsticker/meldung/Korruptionsaffaere­HP­zahlt­108­Millionen­US­Dollar­2167257.html – vgl. http://www.n­tv.de/wirtschaft/HP­wegen­Bestechung­verurteilt­article13595766.html 

29 Vgl. http://www.kasparov.ru/material.php?id=4B5811FDB4E78 – vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Garri_Kimowitsch_Kasparow#Politisches_Engagement – Kasparows Artikel im Wall Street Journal propagieren 2002 Militäreinsätze gegen den Irak, Iran und gegen Syrien. Vgl. http://www.russland.ru/personalie/morenews.php?iditem=29 

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der russischen Staatsanwaltschaft, steigt auf zum russischen Präsidenten – und ermöglicht das Schmiergeldgeschäft mit HP. 

Mit Putin beginne die Zeitenwende in Russland. Denn bis dahin, unter Präsident Boris Jelzin 

„trägt Russland, trotz Korruption und Willkür, noch die Grundzüge eines Rechts­staates. Eine Gewaltenteilung ist vorhanden, im Parlament, der Duma, erheben unabhängige Abgeordnete ihre Stimme, Teile der Justiz arbeiten eigenständig.“ 

Diese Einschätzung der Jelzin­Präsidentschaft ist schon mehr als Geschichtsklitterung. Der dem Rechtsstaat angeblich verbundene Jelzin putschte als damaliger russischer Präsident zusammen mit den Präsidenten der Ukraine und Weißrusslands im Dezember 1991 gegen Gorbatschow, was zur Auflösung der UdSSR führte. Staat und Wirtschaft waren danach in der Hand der sog. Jelzin­Familie, einer Clique aus Familienmitgliedern, neoliberalen Politikern (Tschubais, Gajdar) und einflussreichen Oligarchen (Beresowski, Abramowitsch, Chodorkowski), die ihren Zugang zum Alkoholiker Jelzin nutzten, um sich am Verkauf von Staatsbetrieben und Ressourcen zu bereichern. Mit der durch Wahlmani­pulation durchgesetzten neuen Verfassung regierte Jelzin per Dekret am Parlament vorbeiund schanzte seinen Kumpanen die auf deren Wunsch auf die Privatisierungsliste gesetz­ten strategischen Wirtschaftssektoren zu (Medien, Banken, Rohstoffe). Interpol beklagte, dass 1998 in Russland 10.000 Verbrechergruppen operierten, die Unternehmen und Banken kontrollierten.30 Der im Titel des Correctiv­Beitrags genannte Staatszerfall war gerade ein Produkt der Jelzin­Ära, mit freundlicher Unterstützung aus den USA. 

Aus den vielen verwirrend verwobenen Namen und Handlungssträngen des Artikels schältsich folgender inhaltlicher Kern heraus:1. Generalstaatsanwalt Skuratow habe Ermittlungen gegen Jelzin aufgenommen wegen Schwarzgeldes auf ausländischen Konten. Es habe eine Schmutzkampagne gegen Sku­ratow gegeben; Skuratow habe die Vorwürfe bestritten; Putin habe als Chef des russi­schen Geheimdienstes FSB das Kompromat gegen Skuratow bezeugt, der damit beruflich erledigt gewesen sei. Der Nachfolger Ustinow habe die Ermittlungen gegen Jelzin einge­stellt. Jelzin habe Putin aus Dankbarkeit zum russischen Premier und anschließend zu seinem Nachfolger befördert.2. Putin habe als russischer Ministerpräsident einen Auslandskredit genehmigt, um neue Computer für die Justizbehörden zu beschaffen. Er wolle sich die Loyalität der General­staatsanwaltschaft und des Geheimdienstes auf diese Weise sichern, vor allem aber indem er mit der Fremdfinanzierung die Zahlung von Bestechungsgeldern in die Taschen von Generalstaatsanwaltschaft und Geheimdienst ermöglicht habe.

Woher hat Correctiv seine Informationen? Es wird immer wieder auf Ermittlungserkennt­nisse der Leipziger Staatsanwaltschaft bezüglich der HP­Korruptionsaffäre verwiesen, ohne dass jedoch Belege angegeben würden. Ein Artikel aus der Berliner Zeitung und einer von Spiegel online vom August 1999, liefern anders akzentuierte Darstellungen31: Es geht darin nicht nur um den korrupten Präsiden­

30 Vgl. Hubert Seipel: Putin. Innenansichten der Macht. Hamburg 2015, vgl. Joseph Stiglitz: Die Schatten der Globalisierung. Berlin 2002, vgl. Hannes Hofbauer: Feindbild Russland. Wien 2016, Vgl. RUSSLAND. Der Zar im Zwielicht Spiegel online 30.08.1999 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d­14443542.html http://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/14443542 

31 Vgl. RUSSLAND. Der Zar im Zwielicht Spiegel online 30.08.1999 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d­

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ten Jelzin, sondern um die gesamte Jelzin­Clique aus Familienmitgliedern und Oligarchen (v. a. Boris Beresowski), die sich mit kriminellen Methoden auf Kosten des russischen Staates bereichert, Kredite des IWF veruntreut und das Geld in Steueroasen verschoben hat. Ihnen sind Ermittler aus Russland, der Schweiz und den USA auf der Spur. Es kom­men viele Stellen in Frage, um Kompromat gegen den russischen Generalstaatsanwalt zu fabrizieren. Auch ein Artikel aus der Wirtschaftswoche von 2010 hinterlässt einen anderen Eindruck von den Geschehnissen: „Im April durchsuchten Fahnder die Moskauer HP­Niederlassung im Auftrag der russischen Generalstaatsanwaltschaft – pikanterweise jene Behörde, deren Beamte sich angeblich schmieren ließen.“32 

Wie dem auch gewesen sein mag, gibt es auch in der Langfassung von Correctiv für den zentralen Vorwurf gegen Putin, auf den die gesamte „Enthüllung“ abzielt, keinerlei Beweis,keine belegten Fakten. Für ein als seriös zu betrachtendes Recherchenetzwerk, das u. a. „unethisches Verhalten“ verfolgen will, sollte auch die Unschuldsvermutung gegenüber den untersuchten Personen gelten. 

Ich möchte aus dem 12­seitigen Beitrag noch einen kurzen Textauszug wiedergeben, der die Vorgehensweise von Correctiv begreifbar macht. Correctiv stellt ein Dokument auf Russisch ein, das eine Verordnung zum Computerkauf für die Generalstaatsanwaltschaft wiedergibt. Von dem Dokument stellt Correctiv den ersten Absatz als Übersetzung zur Verfügung. Im Folgenden dokumentiere ich die Übersetzung und den anschließenden Kommentar von Correctiv zum Vorgang:

Übersetzung:Regierung der Russischen Föderation Verordnung vom 14 November 1999 Nr. 1881­p Stadt Moskau 1. Es wird als sinnvoll erachtet, einen Kredit der Export­ und Importbank der USA über eine Summe von 30 Millionen USD zu erhalten, und zwar im Jahr 2000 10 Millionen USD, und im Jahr 2001 20 Millionen USD, um für die Generalstaatsanwaltschaft der russischen Föderation den Kauf von nicht in Russland herstellbarer Hard­ und Software zu erwerben, um für die Organe der Staatsanwaltschaft der Russischen Föderation ein Informationsnetzwerk zu schaffen, um so mit Hilfe der staatlichen Telekommunikationssysteme die Anwendung der Gesetze zu überwachen.:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: Und hier der Kommentar im Correctiv­Artikel:„Eine merkwürdige Entscheidung. Russland ist nach der Rubelkrise fast pleite. Krankenhäuser verrotten. Warum ausgerechnet jetzt ausländische Darlehen für die Generalstaatsanwaltschaft? Ein solcher Deal lädt förmlich ein zu Korruption. Das dürfte auch Putin wissen. Winkt er ihn ganz bewusst durch, damit sich die neuen 

14443542.html http://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/14443542 – vgl. http://www.berliner­zeitung.de/schwere­vorwuerfe­gegen­boris­jelzin­und­die­russische­fuehrung­­der­praesident­und­seine­toechter­sollen­schmiergelder­erhalten­­enge­vertraute­hilfsgelder­des­iwf­veruntreut­haben­­der­kreml­dementiert­­­experten­aber­erwarten­weitere­enthuellungen­­wenn­das­geld­kassiert­wurde­­ist­der­kredit­verspielt­16330698 

32 Florian Willershausen: Russlands halbherzige Korruptionsbekämpfung 07.05.2010 http://www.wiwo.de/unternehmen/russland­russlands­halbherzige­korruptionsbekaempfung­seite­2/5641554­2.html 

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Generalstaatsanwälte die Taschen füllen können ­ und er sich so ihrer Loyalität versichern kann? […]

Es wird unterstellt, es sei ein sittenwidriger Vorgang, der Generalstaatsanwaltschaft moderne Technologie zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung zu stellen und dafür einen Auslandskredit aufzunehmen.Es wird unterstellt, dass dieses Geschäft Schmiergeldzahlungen auslöste, ohne zu begründen wieso. Es wird unterstellt, dass sich die Generalstaatsanwalt im Zuge dieses Geschäftes persönlich bereichert. In der rhetorischen Frage verbirgt sich die Diffamierung, Putin habe sich die Loyalität der Generalstaatsanwälte erkauft, um sich vor gerichtlicher Verfolgung zu schützen. Unausge­sprochene Prämisse ist, dass die Generalstaatsanwaltschaft, wäre sie unabhängig gewe­sen, gegen Putin hätte vorgehen müssen. Die offenen und unterschwelligen Vorwürfe werden nicht belegt.Man könnte die Geschichte des Computerkaufs auch anders erzählen: Ohne moderne technische Infrastruktur ist es dem Staat nicht möglich, für die Anwendung der Gesetze zusorgen. Aus dem Verordnungstext lässt sich folgern, dass es auch um Überwachungs­möglichkeiten („Telekommunikationssysteme“) geht, um z. B. gegen Steuervermeidung und ­hinterziehung oder auch Korruption vorzugehen. Der Verordnungstext als solcher gibtkeinen Anlass für eine derart böswillige Auslegung. 

An den vermeintlichen Enthüllungen von Crawford und Bensmann zum „System Putin“ fallen typische Methoden aus dem Werkzeugkasten persuasiver Rhetorik auf:

1. Man findet eine unterschwellige Skandalisierung und ein Aufbauschen von Details, Banalitäten oder Selbstverständlichkeiten: ­ Über den laut Correctiv als False­flag­Anschlag inszenierten Terror in Moskau sei der Computerkauf „völlig untergegangen“; ­ Es ist nicht per se verdächtig, wenn eine Staatsanwaltschaft gegen Steuerhinter­zieher ermittelt, sondern das gehört zu ihren Kernaufgaben, auch wenn der Betrof­fene der im Westen als Opfer und Quasi­Widerstandskämpfer betrachtete Michail Chodorkowskij ist.

2. Unabhängige und teilweise viele Jahre auseinander liegende Ereignisse werden in einen Kausalzusammenhang gebracht, um Putin zu verunglimpfen:­ das angebliche Sammeln von Informationen für lautloses Töten und die Ermor­dung von Litwinenko durch einen radioaktiven Stoff; ­ Schmiergeld von HP an Mitglieder der Justizbehörden, um den Auftrag zu erhalten, und die Feststellung, dass die Staatsanwaltschaft seit 15 Jahren nicht gegen den russischen Präsidenten ermittelt hat. 

3. Belegte oder nachprüfbare Fakten werden vermischt mit Behauptungen zum Kernvorwurf gegen Putin, dabei ohne Quellen zu nennen, oder man beruft sich auf Quellen und Zeugen, die aber im Nebulösen bleiben, jedenfalls nie nachprüfbar sind. 

4. Es wird eine suggestive Sprache verwendet, die die Assoziationen des Lesers in die gewollte Richtung lenken: a) spekulative Aussagen: ­ „sein soll“, „soll … überwiesen haben“, „offenbar“, „Schwarzgeld … auf Konten in der ganzen Welt verteilt haben soll“;

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­ „Wir konnten diesen Geldfluss nicht rekonstruieren. Aber es riecht verdächtig nachGeldwäsche“.b) unklare oder unpräzise Begriffe:­ Putin „ermöglicht das Schmiergeldgeschäft mit HP“, ­ Generalstaatsanwalt Ustinow „drückt das Gesetz über die 'Konfiszierung von Eigentum' durch“, c) abwertende Charakterisierungen:­ Vize­Generalstaatsanwalt Juri Birjukow „ein kleiner stahlharter Mann mit einer unschönen Reibeisenstimme“.d) unausgesprochene Unterstellungen:­ ein Anschlag des FSB sei unter falscher Flagge erfolgt, im Auftrag von Putin, um den Tschetschenien­Krieg zu rechtfertigen;­ Generalstaatsanwalt Ustinov, durch Putins Intervention gegen den Vorgänger Skuratow ins Amt gekommen, fälle Gefälligkeitsentscheidungen im Sinne von Putin;e) rhetorische Fragen als Instrument der Diffamierung: ­ Der Kauf von Computer­Hard­ und Software auf Kredit aus dem Ausland „lädt förmlich ein zur Korruption. Das dürfte auch Putin wissen. Winkt er ihn ganz bewusst durch, damit sich die neuen Generalstaatsanwälte die Taschen füllen können ­ und er sich so ihrer Loyalität versichern kann?“ ­ Bezogen auf den Vertreter der HP­Niederlassung in Russland und ehemaligen IM der Stasi heißt es: „Oder wusste Putin, dessen Geheimdienst Zugriff hat auf zahl­lose Stasi­Akten, von Hilmar L.s einstigem Doppelleben? Erhielt HP vielleicht gerade deshalb den Zuschlag für den krummen Deal?“ 

5. Der Leser wird wie in einer Kriminalgeschichte in verschiedene parallele Hand­lungsstränge mit vielen Namen verwickelt, die nur teilweise wieder zusammen­geführt werden bzw. bei denen unklar bleibt, was sie mit dem Hauptvorwurf zu tun haben sollen.

6. Selektive Darstellung: Zu Putin werden nur die Aspekte seiner Karriere zusammen getragen, die seine Glaubwürdigkeit in Frage stellen, seine Skrupellosigkeit und sein Machtstreben belegen sollen, anderes, was entlastend wirken könnte, wird weggelassen, z. B. dass er als Chef des FSB zwei Abteilungen gegen Korruption und Steuerhinterziehung aufgebaut hat oder dass unter seiner Präsidentschaft die IWF­Kredite zurückgezahlt wurden und Russland schuldenfrei ist.

Bei dieser offensichtlichen Schmutzkampagne fragt man sich, ob das nicht eine Inter­vention des Ethik­Rates erfordert hätte, der schließlich „darauf achten (soll), dass CORRECT!V den hohen ethischen Grundsätzen aufklärerischen Journalismus als wichtigen Beitrag für die demokratische Kultur genügt“.

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Kapitel 6 Correctiv als Kalte Krieger 2: „Flug MH17 Die Suche nach der Wahrheit“Kontext33 Am 17. Juli 2014 wurde über der Ukraine in einer Höhe von über 9000 Metern das malay­sische Verkehrsflugzeug MH 17 abgeschossen mit fast 300 Toten. Da es in dem von Separatisten kontrollierten Gebiet der Ostukraine niederging, wurden die gegen das Kiewer­Putsch­Regime und für eine Föderalisierung der Ukraine kämpfenden „prorussi­schen Separatisten“ dafür verantwortlich gemacht, schon wenige Stunden nach dem Absturz. Als Waffe wurde eine Boden­Luft­Rakete (BUK) genannt. Die Separatisten ver­fügten aber nicht über ein Gerät, das eine solche Flughöhe erreichen konnte. Darüber verfügte nur die ukrainische Armee und Russland. Da die Täter schon feststanden, konn­ten es – dieser Logik folgend ­ nur eine russische BUK und russische Soldaten sein, die die Maschine von ostukrainischem Gebiet aus abgeschossen hatten. Die russische Seite warf der ukrainischen Regierung vor, die Maschine mit einem Kampfjet abgeschossen zu haben und die Schuld den Separatisten bzw. Russland in die Schuhe zu schieben.Es wurde eine Untersuchungskommission eingerichtet unter niederländischem Vorsitz, (engl. Dutch Safety Board, DSB). Mitglied waren darüber hinaus die ukrainische Regie­rung (als potentielle Täter) und Australien. Malaysia als Opfernation blieb monatelang von der Kommission ausgeschlossen und erhielt erst im Dezember 2014 Zugang nach länge­ren Protesten. Die Separatisten übergaben dem Vertreter der malaysischen Regierung dieunversehrten Flugdatenschreiber und Voice recorder. Diese wanderten zum DSB in die Niederlande und von dort nach Großbritannien zur Auswertung. Im September 2014 legte das DSB seinen Zwischenbericht vor, in dem als Absturzursache der Einschlag von „Objekten von hoher Energie“ genannt wurde. Weitere Konkretisierungen wurden nicht vorgenommen. Insbesondere klärte der Zwischenbericht nicht, ob MH 17 von einer BUK oder einem Kampfjet aus der Luft abgeschossen worden war. Die westlichen Medien und Politiker beschuldigen bis heute Russland, hinter dem Verbrechen zu stehen, ohne Beweise vorzulegen, und verschärften die Sanktionen gegen Russland. Nahe liegende Fragen blieben bis heute unbeantwortet und zum Handwerkszeug von Ermittlern gehörende Untersuchungen unterblieben bzw. deren Ergebnisse werden unter Verschluss gehalten: Dazu gehören:1. Die Analyse von Größe und Form der Einschusslöcher an der MH17­Außenhaut – v. a. im Bereich des Cockpits ­ mit den entsprechenden Werkstoffanalysen. (Trümmerteile von MH 17 werden in einem Hangar in den Niederlanden ausgestellt, sie sind auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Das entscheidende Cockpit­Teil wird jedoch verborgen).2. Die Art, Anzahl und Verteilung der Trümmerteile lassen Schlussfolgerungen auf die eingesetzte Waffe zu.3. Die blackboxes (VoiceRecorder und Flugdatenschreiber) Was darauf war, wissen wir bis heute nicht. (Erhellend ist der Vergleich mit dem Absturz der Germanwings­Maschine in den französischen Alpen, deren blackbox völlig demoliert war und trotzdem waren nach ein paar Tagen die Daten ausgelesen und veröffentlicht!)4. Der Funkverkehr vom Tower in Kiew wird von ukrainischer Seite (Geheimdienst SBU) 

33 Eine fundierte Aufarbeitung bieten Stephan BEST und Martin ZEIS in ihrem Vortrag: Malaysian Airlines Flug MH­17 ­ Beispiel eines macht­ und medienpolitischen „Ereignisses"; 29.01.2015, Vortragstext und Folien abrufbar unter: https://steven25.files.wordpress.com/2015/02/mh17­aufsatz150130.pdf https://steven25.files.wordpress.com/2015/02/mh17­aufsatz150130.docx 

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geheim gehalten. 5. Es kreiste zur Abschuss­Zeit ein US­Satellit über dem Gebiet. Welche Erkenntnisse hat er gewonnen? Eine Gruppe von US­Geheimdienst­Veteranen (VIPS) forderten Obama schon kurz nach dem Abschuss auf, die Erkenntnisse zu veröffentlichen.6. Awacs­Aufklärungsflugzeuge waren in der Grenzregion Polen/Ukraine unterwegs und könnten lt. Willy Wimmer Erkenntnisse gewonnen haben. Nichts wird mitgeteilt.7. Die Obduktionsergebnisse der Crew, insbesondere von Pilot und Co­Pilot. Sie müssen von den Geschossen durchsiebt worden sein. Jeder Tatort­Gucker weiß, was man aus geringsten Schmauchspuren und Munitionsresten ermitteln kann. Der Pilot ist ohne Obduktion oder ohne die Ergebnisse zu veröffentlichen verbrannt und beerdigt worden.

Die Beantwortung dieser Fragen hätte innerhalb weniger Wochen eindeutig den Hergang der Geschehnisse klären und die Verantwortlichen benennen können. Stattdessen liegt über ein Jahr nach dem Abschuss der Abschlussbericht noch nicht vor. Vor diesem Hintergrund erscheint am 9.1.2015 die aufwändig produzierte Reportage von Correctiv: „Flug MH17 Die Suche nach der Wahrheit“, die zugleich in mehrere Sprachen übersetzt vorliegt. Obwohl es erst wenige Monate zuvor gegründet worden war, behauptet Correctiv, definitiv den Abschuss durch eine BUK ­ „einen Flugzeugkiller sowjetischer Entwicklung“ ­ beweisen zu können, was eine internationale Untersuchungskommission mit Unterstützung der besten Geheimdienste dieser Welt nicht leisten kann: 

„Monatelang hat das Berliner Recherchebüro CORRECT!V Fakten zusammen­getragen, in der Ostukraine ermittelt – und fand am Ende Zeugen des Abschusses. Die Recherchen ergeben eine dichte Beweiskette: Es war eine BUK­Rakete, die das Passagierflugzeug vom Himmel holte […]“ (S. 1)

Die in dem Correctiv­Report angeführten „Beweise“ lauten: • Eine BUK­Batterie sei aus Russland über die ungesicherte Grenze in die Ost­

ukraine transportiert und wieder zurückgefahren worden (Videoaufnahmen vom Transport und Spuren im Gelände könnten das beweisen).„Halten wir fest: Nach dem Abschuss fuhr eine BUK, auf der eine Rakete fehlte, vonSnizhne aus in Richtung russische Grenze.“ (S. 18)

• Anonyme Aussagen von Zeugen vor Ort und Fotos einer BUK­typischen Rauchsäule: „Mit diesem Zeugen ist das Bild komplett: Es war eine Rakete des Typs BUK M1, die das Passagierflugzeug vom Himmel holte – in Stellung gebracht von Soldaten der 53. russischen Luftverteidigungsbrigade aus Kursk, die sich ohne Hoheits­zeichen in der Stadt Snizhne befanden, um russische Panzerverbände zu schützen.“ (S. 17, Hervorh. E.S.)

• Aussagen eines Separatistenkommandanten, der die Existenz einer BUK im Grenzgebiet bestätigt habe, aber den Einsatz gegen die zivile Maschine bestreite. 

• Die Aussage eines der kundigsten Experten von „Luftkampf­Waffensystemen des ehemaligen Ostblocks “, Rupert Smid, dessen Klarname aber nicht genannt werdendürfe, weil der Arbeitgeber das nicht wolle: „Für den Luftkampfexperten Rupert Smid gibt es keinen Zweifel: 'Russische Raketen werden nur auf Befehl russischer Offiziere abgeschossen', sagt er.“ (S. 19)

• Ein über einen anonymen Kontaktmann erreichter russischer Ex­Offizier der Raketenbrigade, Deckname „Sergej“, in Kursk:

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„Am 17. Juli habe er aus dem Fenster geschaut und Erstaunliches erblickt. 'Ein russisches Su­ Kampfflugzeug spielte regelrecht verrückt am Himmel. Der Pilot hat die gewagtesten Kunststücke gemacht. Das war eine Pracht.' Lange hat Sergej die Flugshow angeschaut. 'Die haben etwas zu feiern, habe ich mir gedacht', erzählt er weiter. Kurz darauf habe er im Fernsehen die Nachricht vom MH17­Abschuss gesehen. 'Da habe ich mich erschrocken. Ob es ein Zufall war? Ich kann es nicht sagen.'“ (S. 21)

Die Schlussfolgerung von Correctiv:Halten wir fest: Für den Abschuss sind allein die russischen Streitkräfte unter Wladimir Putin verantwortlich. Sie haben die Ostukraine destabilisiert, sie haben die Truppen und die Technik in das Separatistengebiet gebracht, um MH17 abzuschießen. Es spielt keinerlei Rolle, ob der Abschuss gezielt war oder aus Panik versehentlich erfolgte.34 Eine Mitverantwortung trägt die ukrainische Regierung, die für ihre Luftangriffe auf russische Panzer die Passagiere der zivilen Luftfahrt über der Ostukraine als menschlichen Schutzschild missbraucht hat. […] Die Hauptschuld aber trägt der russische Präsident Wladimir Putin. Doch bis heute vermeidet es die internationale Gemeinschaft das auszusprechen. (S. 20 f, Hervorh. E.S.)

Der Leser der Correctiv­Reportage wird entlassen mit der Aussage von „Sergej“, die perfide suggeriert, die russischen Offiziere seien nicht nur verantwortlich für den Tod von 300 Zivilisten, sondern seien so niederträchtig, dass sie das auch noch feiern. 

Die wesentlichen "Beweise" für den Transport der BUK­Raketenbatterie kommen vom „internationale(n) Investigativ­Team Bellingcat“. Zur Qualifizierung heißt es bei Correctiv: „Hinter Bellingcat steht der junge Journalist Eliot Higgins. Seine Methode: Akribisch wertet er die zahlreichen Spuren aus, die jedes Ereignis heute im Internet hinterlässt. Fotos, Videos, Einträge in den sozialen Netzwerken“ (s. dazu den Exkurs zu Bellingcat unten) 

Prüfung der Beweisketten und Quellen von Correctiv:• Mit Ausnahme des Separatistenkommandanten werden alle 'Zeugen der Anklage' –

mit verschiedenen Begründungen – anonymisiert. Ihre Aussagen können von niemandem gegengeprüft werden. 

• Diplomingenieur Michael Kobs überprüft in seiner „Recherche zur Recherche“ die Plausibilität der von Correctiv angeführten Zeugenaussagen, grafischen Lagebilder und Fotos. „Statt die Identität ihres Kronzeugen für einen Massenmord im Kriegs­gebiet zu schützen, hat CORRECTIV in ihrer Graphic­Novel die Straße bis in die Astspitzen nachgezeichnet (siehe Abb. 15). Es stellt sich also die Frage, wozu diese Verfremdung vor allem dienen sollte.“35 

• Kobs vergleicht die auf der Correctiv­Webseite stehenden Transkripte der Zeugen­

34 An dieser Stelle sei exemplarisch auf die verquere Logik der Correctiv­Argumentation hingewiesen: Die BUK werde absichtlich in Stellung gebracht, um MH 17 abzuschießen; der Abschuss könne gezielt oder aus Versehen erfolgt sein. 

35 Michael KOBS: Das CORRECTIV/SPIEGEL­Video „Todesflug­MH­17: Die Geschichte eines Kriegsverbrechens“ Eine Recherche zur Recherche Berlin, 14.03.2015 http://www.broeckers.com/Wordpress/wp­content/uploads/2015/06/150314­Kobs­Analyse­MH­17­Correctiv­Spiegel­1.pdf (Abruf 7.9.2015)

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interviews (https://mh17.correctiv.org/die­zeugen­deutsch/#fakt ) mit dem Correctiv­Report und stellt fest: „Der Zeuge hat bis hier hin also nichts gesehen, außer an­geblich den Absturz am Ende der Straße. […] Aus diesem Bekenntnis der Ahnungslosigkeit wird auf der CORRECTIV­Hauptseite, dann ein gesichertes Wissen […] Und schließlich verrät der Zeuge doch noch, woher er seine Informa­tionen hat. Man nennt es Hörensagen […] 'Ich kenne einen, der das alles gesehen hat. Nur wird der nicht mit Ihnen reden. Er hat alles gesehen. Er hat als erster die Raketen gesehen [...]'.“36 

• Die von Bellingcat­Autor Daniel Romein vorgelegte Fotobeweis­Führung für einen BUK­Einsatz wird von Charles Wood, einem Experten in forensischer Analyse von digitalen Medien und Bildmanipulation, vollkommen auseinandergenommen.37 Neben vielen grundsätzlichen Fehlern und Fehlschlüssen wirft Wood den Belling­cat­Machern vor, die Grundfrage nach der Echtheit der Fotos nicht geklärt zu haben, bevor weit reichende Schlussfolgerungen darauf aufgebaut werden. Auch Michael Kobs demaskiert akribisch das manipulative Vorgehen von Bellingcat im Umgang mit dem Beweisfoto des angeblichen Tatfahrzeugs BUK 3_2. 

• Kobs' Schlussfolgerung:„die Arbeit des Correctiv­Teams (erscheint) von einer Schlussfolgerung rückwärts zu arbeiten, indem es Fakten verschweigt und andere hinzugefügt, um die Aussagedem gewünschten Bild anzupassen. Für die angestrebte Schlussfolgerung werden Himmelsrichtungen verschwiegen, offensichtlich absurde Behauptungen als Fakten wiedergegeben, Zusammenhänge verschleiert, Fahrtrichtung und Straßennamen geändert, Spurbreiten von einem angeblichen Militärexperten als Panzerspuren identifiziert, dunkle Stellen als Ruß interpretiert usw. usf. [...]Im Kontext der aktuellen politischen Lage kann der Bericht nur als Propaganda, beabsichtigte Verschleierung und/oder Kriegstreiberei verstanden werden.“38 

• Diese Schlussfolgerung lässt sich durch weitere Zitate belegen. Die Correctiv­Autoren vermitteln nicht nur, dass 'allein Putin' verantwortlich ist für den Abschuss der MH 17, sondern suggerieren in dem Finalsatz, die BUK sei in der Ostukraine unterwegs gewesen „um russische Panzerverbände zu schützen“, dass reguläres russisches Militär ohne Hoheitszeichen in der Ostukraine kämpfe. Darüber hinaus schieben sie dem Leser zum Abschluss ihrer „Recherche“ auch noch die unbewie­sene Behauptung hinterher, Russland habe die Ostukraine destabilisiert.

36 Michael KOBS, a.a.O. (S. 20 ff)37 MH17 – Bellingcat photo ‘proof’ = spoof http://7mei.nl/2015/02/02/mh17­bellingcat­photo­proof­spoof/ 

February 2, 2015 Zusammenfassung: The basic flaws in the Romein piece are No provenance for the image files  Basic checks on authenticity not performed  Unjustified assumptions made from the checks they did do  Writing on areas completely outside their expertise – weather conditions, rocketry, satellite image 

interpretation, image forensics  Failure to use publically available data to verify the images  Failure to release image data to support their claims  Failure to have effective internal checks before publication 

Zu Bellingcats fragwürdiger Foto­ und Video­Beweisführung s. auch https://wikispooks.com/wiki/Bellingcat 

38 Kobs, a.a.O. S. 40 

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• In welchem Ausmaß die Correctiv­Produkte im US­Interesse zur Anheizung des Konflikts gegen Russland fabriziert werden, wird noch deutlicher, wenn man sich näher mit Bellingcat befasst, auf die Correctiv sich ­ über die eigenen wertlosen Zeugenaussagen hinaus – wesentlich stützt.

EXKURS: BellingcatBellingcat, „The Home of Online­Investigations“, gibt sich als nonprofit Plattform „von und für investigative Bürgerjournalisten" aus. Hinter Bellingcat steht Eliot Higgins, dessen Ge­sellschaft „Brown Moses Ltd“ die Bellingcat Webseite gehört. Sie wurde im Dezember 2013 gegründet, als die Antiregierungsproteste in Kiew begannen zu eskalieren. Laut an­deren Quellen fand die Gründung Mitte Juli 2014 statt, also zeitgleich zu Correctiv.39 Die Gründungsgeschichte lautet, der arbeitslose ehemalige kaufmännische Angestellte und nun Hausmann habe den Giftgasangriff im syrischen Goutha 2013 zum Anlass genom­men, von seinem Sofa aus durch Foto­ und Video­Analyse das Verbrechen aufzuklären. Woher hat er sein Know how?Die Ergebnisse werden auf Englisch und Russisch veröffentlicht. Anfang April 2017 werden auf der Homepage 53 Personen angeführt, die bei Bellingcat mitwirken. 

Bellingcats Spezialität ist, (Kriegs)Verbrechen und illegale Vorgänge „aufzuklären“, was Geheimdienste, Militärs und Untersuchungsbehörden nicht zustande bringen, und zwar allein durch die Analyse von Fotos und Videos, die im Netz kursieren. So behauptet er nachgewiesen zu haben, dass der Giftgasangriff 2013 in Syrien von Präsident Assad zu verantworten ist (obwohl eine UNO­Untersuchung dies nicht bestätigte). Auch zum Vorfall Anfang April 2017, einem vermeintlichen Raketenangriff mit Giftgas in der Region Idlib, kennt Bellingcat schon den Täter, während die UN­Organisation für das Verbot chemi­scher Waffen (OPCW) sich sehr zurückhaltend äußert und darauf verweist, dass die Berichte über den Angriff nur aus den sozialen Medien und youtube­Videos stammten undnoch keine eigenen Erkenntnisse vorlägen.40 Bellingcat behauptet, den Weg der russischen BUK, die MH 17 abgeschossen haben soll, rekonstruiert zu haben; er lieferte „Beweise“ für den Artilleriebeschuss der Ukraine durch russisches Militär von Russland aus und behauptete beweisen zu können, dass Satelliten­fotos, die das russische Verteidigungsministerium nach dem Abschuss von Malaysia­Airlines­Flug MH17 veröffentlicht hat, gefälscht seien. Die Aussagen und Schlussfolgerungen von Bellingcats „Recherchen“ sind von einer Fülle von Foto­ und Video­Forensikern als inhaltlich haltlos und methodisch fehlerhaft dekons­truiert worden.41 Trotzdem werden Bellingcats Behauptungen in den Mainstreammedien 

39 s. *Guardian Retracts Anti­Russian Story Based on 'Research' of Own Reporter*. http://russia­insider.com/en/politics/2015/02/25/3876 , https://wikispooks.com/wiki/Bellingcat ; s. Wikipedia­Eintrag zu Bellingcat 

40 Vgl. https://www.bellingcat.com/news/mena/2017/04/05/chemical­realities­russias­khan­sheikhoun­chemical­warehouse­attack­claims/ ­ Vgl. Thomas Pany: Giftgasangriff in Syrien: Täter sind noch unbekannt, Telepolis, 6.4.2017 https://www.heise.de/tp/features/Giftgasangriff­in­Syrien­Taeter­sind­noch­unbekannt­3676959.html 

41 Die Fülle an fachlichen Überprüfungen zu Bellingcats Produkten kann hier nur ansatzweise dokumentiertwerden. Neben den schon zitierten Quellen seien noch genannt: http://7mei.nl/2015/06/01/about­bellingcats­claim­russian­sat­pics­fake/ ; - Vgl. den Blogeintrag des deutschen Medienjournalisten Stephan Niggemeier: Falsche Wolken über der Ukraine? Die Photoshop­Arbeiten des Kreml und die Fehler der Bellingcat­Analyse  3.6.2015, http://www.stefan­niggemeier.de/blog/21225/falschen­wolken­

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bereitwillig ohne Prüfung verbreitet. Und die fachliche Kritik ist für die Jury zur Verleihung des Hanns­Joachim­Friedrich­Preises auch kein Hindernis, Elliot Higgins für seinen „Kampf um die Wahrheit“ auszuzeichnen42:

Sonderpreis an Eliot Higgins und das Team des Recherche ­Netzwerkes Bellingcat. Die Jury vergibt den Sonderpreis an Eliot Higgins und sein Team für die uner­schütterliche Zuversicht, im Kampf um die Wahrheit nicht auf verdeckte oder geheimdienstliche Informationen bauen zu müssen, sondern mit öffentlichen, jeder­mann zugänglichen, überprüfbaren Bildern und Fakten die Öffentlichkeit zu über­zeugen. Ihre Methode der weltweiten Vernetzung öffentlich zugänglicher Quellen und ihre kompetente und verantwortungsvolle Auswertung ist beste journalistische Aufklärung auf dem Schlachtfeld moderner Propaganda­ und Verunsicherungs­kriege. Sie wirkt vor allem dort, wo das Klima des Misstrauens und der Verschwö­rung Platz gegriffen hat: im Internet. Die Jury zeichnet auch die Unterstützung aus, die Higgins und sein Team vielen, auch deutschen, Journalisten bei deren Recher­chen gibt.

Zur Finanzierung dieser Plattform gibt es auf der Homepage keinerlei Aussagen und auch keinen Spendenbutton. Aus vielen Einzelhinweisen von Higgins selbst, in Veröffentlichun­gen von Bellingcat oder aus Zeitungsmeldungen lassen sich folgende Geldquellen er­mitteln43: 

• Das Startkapital für die Homepage habe ein Crowdfunding über kickstarter erbracht. Über die Höhe divergieren die Angaben zwischen 11.000 und 55.000 britische Pfund.

• Higgins erhält Honorare für die Vermittlung seiner Analysemethoden, z. B. bei Medien­Workshops von Google, der Financial Times, Economist, vom britischen Außenministerium, von Human Rights Watch, am King's College in London. 

• Die Reportage „Forensische Analyse von Satellitenbildern des russischen Verteidi­gungsministeriums“ vom Mai 2015 wurde von Slack unterstützt, einem Start­up aus San Franzisko, das Software­Tools für die Kommunikation von Teams in Unter­nehmen entwickelt.

• In einem Tweet vom 6.2.2017 nennt Higgins folgende Finanzquellen: „OSF MeedanNED Google Adessium Croudfunding”. OSF sind George Soros' Open Society 

ueber­der­ukraine­die­photoshop­arbeiten­des­kreml­und­die­fehler­der­bellingcat­analyse/ (Abruf 9.9.2015) Zitat: Der Computerwissenschaftler Neal Krawetz, dessen Methode Bellingcat anwendete, „bescheinigt den Bellcat­Leuten unmissverständlich, dass ihre Analyse mit seiner Methode fehlerhaft sei.Er twitterte, es sei ein Lehrbuchbeispiel dafür, wie man Bildanalyse nicht durchführen sollte.“ 

42 http://www.hanns­joachim­friedrichs.de/index.php/pressemitteilung­2015.html 43 Vgl. die Zusammenstellung unter: So how is Bellingcat funded? 

http://www.whathappenedtoflightmh17.com/so­how­is­bellingcat­funded/ ­ Vgl. News Impact Summit Hamburg. Organised by the European Journalism Centre in cooperation with the News Lab at Google Workshop 4 [Verification track]: Verifying Contents from the War and Conflict Zones (Advanced) An advanced look at verification and analysis technique, using Google Earth and other tools. Speaker: Eliot Higgins, Founder of Bellingcat http://newsimpact.io/sessions/workshop­4­verification­techniques­verifying­contents­from­the­war­and­conflict­zones­advanced/ ­ vgl. Financial Times, 26.2.2016 http://www.ft.com/cms/s/0/20e7dbd2­b080­11e4­92b6­00144feab7de.html#axzz3XfghuZ4c – vgl. https://www.bellingcat.com/wp­content/uploads/2015/05/Forensic_analysis_of_satellite_images_DE.pdf  https://twitter.com/adamjohnsonNYC/status/828543113740300288      … ­ vgl. https://meedan.com/en/ 

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Foundations. Adessium ist oben erwähnt als Finanzier von Correctiv. Meedan ist ein sowohl kommerzielles als auch nicht­kommerzielles Unternehmen aus den USAund Kanada zur Entwicklung von Software für online­Journalismus, Zusammenar­beit bei der Recherche und Übersetzungshilfen. Auf der Homepage werden unter der Rubrik “Supporters” sowohl Kunden als auch Kooperationspartner als auch Geldgeber ohne Zuordnung genannt. NED ist die Abkürzung für National Endow­ment for Democracy. Diese nationale Stiftung zur 'Demokratieförderung' wurde unter US­Präsident Reagan nach Ideen des CIA­Chefs Bill Casey gegründet, um verdeckte Operationen in fremden Ländern durchzuführen. Nachdem die CIA we­gen ihrer Beteiligung an vielen Putschen in die Kritik geraten war, hat man das NEDals Deckorganisation geschaffen. Im Vorstand der NED sitzen zentrale Personen der US­Neokonservativen. Die NED wird vom US­Kongress mit ca. 100 Millionen Dollar im Jahr finanziert. Sie war auch beteiligt an der Vorbereitung der Farbenrevo­lutionen in Osteuropa. Ein Hauptziel ist, nach der Angliederung der Ukraine an den Westen die Bedingungen für die endgültige Niederlage des russischen Präsidenten Putin zu schaffen.44

Bellingcat / Higgins arbeitet mit dem Organized Crime and Corruption Reporting Projekt OCCRP zusammen, einem Netzwerk für Regime changes im postsowjetischen Raum. 45 Er ist Senior Fellow beim Atlantic Council. Eliot Higgins war Autor einer vom Atlantic Council eingesetzen Arbeitsgruppe, die den Krieg Russlands in der Ukraine untersuchen sollte.46 Selbstverständnis des Atlantic Councils ist, die globale Vorherrschaft der USA im Bündnis mit den Alliierten zu gewährleisten, zum Wohle der Welt.

„Welche Agenda das Atlantic Council verfolgt, lässt dessen Mitglieder­Liste erahnen: Im Verwaltungsrat sitzen vier ehemalige CIA Direktoren, ehemals hochrangige Militärs der US­Armee und der NATO. Unter den Honorary Directors befinden sich zahlreiche US­Außenminister, wie Madeleine Albright, Colin Powell, und Condoleezza Rice, sowie die Ex­US­Verteidigungsminister Robert Gates und Leon Panetta. Abgerundet wird die illustre Riege durch ein Advisory Board mit Vertretern der Militär­ und Ölindustrie.“47

44 Vgl. Robert Parry: Why Russia Shut Down NED Fronts. 30.7.2015 https://consortiumnews.com/2015/07/30/why­russia­shut­down­ned­fronts/ Deutsche Übersetzung unter http://www.nachdenkseiten.de/?p=27040 

45 Danke an Stephan Best, der mich auf eine wichtige Spur gebracht hat. „Collaboration between Bellingcat, Hacks/Hackers London and the Organised Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) will share information on the latest open­source investigative tools and techniques“ Quelle: New Bellingcat project to investigate cross­border corruption 29.9.2014 https://www.journalism.co.uk/news/new­bellingcat­project­to­investigate­cross­border­corruption/s2/a562610/ (Abruf 9.9.2015) Finanziert wird das OCCRP u. a. von der Open Society Stiftung des US­Milliardärs George Soros sowie USAID.  https://www.occrp.org/en/resources 

46 Hiding in Plain Sight: Putin's War in Ukraine. By Maksymilian Czuperski, John Herbst, Eliot Higgins, AlinaPolyakova, and Damon Wilson 13.7.2015 http://www.atlanticcouncil.org/publications/reports/hiding­in­plain­sight­putin­s­war­in­ukraine­and­boris­nemtsov­s­putin­war – Mitautor John Herbst ist Director des Dinu Patriciu Eurasia Center des Atlantic Council und der ehemalige Botschafter der USA in der Ukraine in den Jahren 2003 bis 2006, also vor und nach der ersten Orangen Revolution dort. ­ Vgl. auch: Investigativ­Journalist mit mächtigen US­Freunden. MH17 Abschuss: Wer sind eigentlich Bellingcat und Elliot Higgins? In: Epoch Times, 3.6.2015 http://www.epochtimes.de/welt/mh17­abschuss­bilder­von­russland­gefaelscht­das­machen­bellingcat­und­elliot­higgins­a1243308.html 

47 Investigativ­Journalist mit mächtigen US­Freunden, Epoch Times, a.a.O.

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TEIL 3: Kampf gegen Fake­News ­ Correctiv als privater VerfassungsschutzDieses Journalistenbüro, das selbst über weite Strecken offensichtlich politisch einseitigenKampagnen­Journalismus betreibt, wie die Analyse oben nachgewiesen hat, hat sich Facebook angeboten, Fake­News im Netz zu markieren. Ein Journalistenbüro, das selbst ein – zurückhaltend ausgedrückt ­ kreatives Verhältnis zu Fakten hat, empfiehlt sich als Kontrollstelle und steht damit selbst per definitionem jenseits des Verdachts. Ein geschick­ter Schachzug, um sich unangreifbar zu machen. Bis geklärt ist, wie das Prozedere aus­sehen soll, will Correctiv kein Geld von Facebook, danach schon. In der Zwischenzeit springt George Soros' Open Society Foundations mit 100.000 Euro ein.48 Diese Stiftung finanziert(e) u. a. auch das Ukraine­Crisis­Media­ Center (UCMC), ein internationales PR­Netzwerk gegen 'russische Propaganda'49 und für die Verbreitung der politischen Bot­schaften der „Übergangsregierung“ nach dem Putsch gegen Präsident Janukowitsch im Februar 2014. Gilt für diese zweckgebundene Finanzierung immer noch, dass sie die Unabhängigkeit von Correctiv nicht gefährdet? 

Mit dem pauschalen Vorwurf, Fake­News oder Propaganda zu verbreiten, sehen sich ins­besondere Medien konfrontiert, die der herrschenden Meinung zur angeblichen Alternativ­losigkeit in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und den voreilig verbreiteten Deutungen (Frames) zu internationalen Konflikten mit Fragen, Alternativen und Gegenaufklärung be­gegnen. Es sind Konkurrenten von Correctiv, die unter Verdacht stehen und die vorzugs­weise überprüft werden: Auf die Frage des Interviewers50:

Würdet Ihr also auch Meldungen von etablierten Medien, wie beispielsweise Bild, SZ oder Zeit, bei Facebook als Fake­News kennzeichnen, wenn diese nach den Poynter­Regeln Falschmeldungen sind?

antwortet Geschäftsführer Schraven:Ich glaube, das muss man sehen, wenn es soweit ist. Grundsätzlich kann alles geprüft werden. Gerade bei den klassischen Pressemedien haben wir aber schon eine ziemlich gut wirkende Selbstkontrolle. Da gibt es den Presserat, in den einzelnen Häusern gibt es Ombudsmänner, Leser­Beiräte und sonstige Sachen. Jeder macht mal einen Fehler. Da würde ich grundsätzlich darauf vertrauen, dass diese erprobten Instrumente der Selbstkontrolle funktionieren. Deswegen kann mansich die Arbeit an dieser Stelle wohl sparen.[…]Und wenn man die klassischen Medien bei der Fake­News­Prüfung ausschließen würde, wäre da ja von vornherein ein blinder Fleck.Deswegen würde ich die klassischen Medien auch nicht von vornherein ausschlie­

48 Vgl. Jens Twiehaus: Stiftung von George Soros gibt Correctiv 100.000 Euro für Fake­News­Checks.  3,4,2017 http://www.turi2.de/aktuell/stiftung­von­george­soros­gibt­correctiv­100­000­euro­fuer­fake­news­checks/ 

49 L. Appelbaum: ZDF­Skandal: Berichte im Auftrag Kiews? 07.04.2014 https://www.freitag.de/autoren/lapple08m214/zdf­skandal­berichte­im­auftrag­kiews – Schon im Umfeld der ersten Orangen Revolution in der Ukraine kamen von Soros' Renaissance Foundation 750.000 Dollar für die Bildung einer US­beeinflussten Presselandschaft. Der ehemalige US­Botschafter in der Ukraine, John Herbst, verwaltete das Geld. http://spiegelkabinett­blog.blogspot.de/2015/06/couchforensiker­elliot­higgins­und.html 

50 Interview von Stefan Winterbauer mit David Schraven, a.a.O.

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ßen. Das muss man sehen, wenn es soweit ist. Wenn man zum ersten Mal vor demTor steht, muss man entscheiden, ob man das Tor öffnet oder nicht. Erstmal würde ich aber auf die Selbstregulierung der Presse vertrauen.[...]

Im Hinblick auf die Kontroll­Aufgabe offenbart Geschäftsführer Schraven eine erschrec­kende Unbedarftheit51, weil er den politischen Kontext der Fake­News­Debatte ausblendet:

Im Kern geht es aber darum, dass wir nicht nach Meinungen suchen, sondern nach nachprüfbaren Fakten. So etwas wie: Die Kirche wurde angesteckt. Das kann man nachprüfen und wenn die Kirche noch unbeschädigt da steht, war es eine Lüge.

Es geht ja nicht darum, ob die Kirche noch steht, sondern um Deutungshoheit, – um im Bild zu bleiben ­, welche Versionen zu Tathergang und Tätern im Umlauf sind. Ist die von offiziellen Stellen verbreitete Version per se wahr und glaubwürdig und sind Zweifel daran Fake­News? Man denke nur an die voreilige politisch gesteuerte Deutung der Morde an Türken in Deutschland als „Döner­Morde“ und das Ausschließen eines rechtsextremen Hintergrunds, was die Ermittler jahrelang in die Irre führte. Selbst die spätere Bezeichnungals NSU­Morde erfasst die Wahrheit nur im Ansatz, weil sie die Verstrickung der Geheim­dienste ausblendet. Und: Wie wollen die wenigen Correctiv­Journalisten die Faktenklärungleisten? Unter Rückgriff auf Beweise aus dem Hause Bellingcat, ist man verleitet zynisch zu fragen? In welche Grauzone gegen die freie Meinungsbildung und die offene politische Debatte umFehlentwicklungen das Markieren von Fake­News gerät, wird im Interview Schravens bei 3Sat deutlich. Ging es zunächst noch um offensichtliche falsche Tatsachenbehauptungen, spricht er später von „bewusst irreführenden Nachrichten, die benutzt werden, um unsere Gesellschaft zu spalten, dass man diesen kaum vom Staat beikommen kann“, sowie von „Angriffen auf unsere Demokratie“, der „unser Staat“ „und vielleicht auch ganz Europa ausgesetzt“ seien, gegen die man „mit Mitteln der Aufklärung“ vorgehen wolle.52 Hier geht es also doch um Meinungen. Correctiv empfiehlt sich als privater Verfassungsschutz, der dann dafür sorgt, dass Kritik an seinem Bild der real existierenden Demokratie sanktioniertwird! Die Spaltung der Gesellschaft ist nicht ein Resultat von Hasskommentaren und Irrefüh­rungen in den sozialen Medien, sondern ökonomisch ein Ergebnis der neoliberalen Politik und politisch eine Folge der wachsenden Distanz der Bevölkerung zu den politischen Repräsentanten und den ihnen nahe stehenden Medien. Statt die Ursachen der Spaltung zu problematisieren, wird versucht, die Meinungsäußerung dazu einzudämmen unter dem Vorwand Fake News zu bekämpfen.

Correctivs Fake­News­Kontrolle für Facebook steht im Zusammenhang mit einer Reihe ähnlicher Vorhaben53, wie z. B. dem Beschluss des EU­Parlamentes, die „Task Force für 

51 Vgl. auch: David Schraven Interview bei 3Sat Kulturzeit, 19.1.2017 https://www.youtube.com/watch?v=FtpVbxMzurY 

52 Die Formulierung 'Angriffe auf unsere Demokratie und ganz Europa' greift die von den etablierten Medien und Parteien in den letzten Monaten verbreitete Unterstellung auf, Putin und seine 'Trolle' wolltendie Wahlen in EU­Ländern und Deutschland beeinflussen und die EU destabilisieren.

53 Vgl. PM des EU­Parlamentes: Parlament warnt vor Anti­EU­Propaganda aus Russland und von Islamisten , 23­11­2016: „Feindselige Propaganda gegen die EU und ihre Mitgliedstaaten sei darauf ausgerichtet, Wahrheiten zu verzerren, Zweifel zu schüren, Mitgliedstaaten zu entzweien, eine Spaltung zwischen der Europäischen Union und ihren nordamerikanischen Partnern herbeizuführen, den 

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strategische Kommunikation“ sowie die Zusammenarbeit mit der Nato zu verstärken, dem ARD­Verifikationsteam, dem Hate­Speech­Gesetz von Justizminister Heiko Maas, Google­Algorithmen zum Erkennen von 'giftigen' Meinungsäußerungen oder Elliot Higgins Kampf gegen Fake­News. Die Eliten unternehmen immer verzweifeltere Versuche, die differen­zierte Information und Meinungsbildung, die das Internet Jedem erlaubt, zurückzudrängen in den ihnen genehmen Meinungskorridor. Paul Schreyer fasst zusammen:54 

Es geht, soviel ist klar, um Deutungshoheit. Die Etablierten wollen selbst, ohne Störungen durch andere, entscheiden, was Wahrheit ist [...] Da sie sich dazu offen­bar selbst in immer stärkerem Maße der Propaganda bedienen, schwindet ihre Glaubwürdigkeit weiter, was wiederum den Druck erhöht, die öffentliche Meinung 'unter Kontrolle' zu halten. Es entsteht ein Teufelskreis, eine wahnhafte, gespensti­sche Inszenierung, in deren derzeitigem Akt die Chefpropagandisten selbst sich zu Kämpfern für die reine Wahrheit stilisieren. Das Publikum wird für diese Aufführung kaum Beifall spenden.

TEIL 4: Gesamtfazit zu Methoden, Produkten, Agenda von Correctiv • Der Begriff der investigativen Recherche ist sehr ausufernd und damit banalisierend

gefasst. Als investigativ gilt jede Internetrecherche und Befragung, jedes Produkt, das nicht von Nachrichten­ oder PR­Agenturen stammt . (Bsp. TTIP: “Wir haben recherchiert, warum sich Kommunen gegen das Freihandelsabkommen mit den USA wehren.“) Trotz des Zieles, „strukturelle Missstände“ darstellen zu wollen, verfolgt Correctiv einen emotionalisierenden und individualisierenden Ansatz.55 

• Es werden Themen aufgegriffen, die gerade „In“ und marktgängig sind (TTIP, Gewalt von Rechts, netzpolitik.org, Putin­Bashing, Pflegenotstand, Populismus), von denen man weiß, dass sie eine breite Aufmerksamkeit in der Bevölkerung und den Medien haben. Andere Beiträge wiederum wärmen längst Bekanntes auf (Antibiotikaresistenz), was an sich kein Problem wäre, wenn Correctiv nicht mit demEnthüllungs­Habitus auftreten würde.

• Die Aspekte, die man aufgreift, sind aber nicht unbedingt neu – investigativ, son­dern dazu haben andere schon seit Jahren Qualifizierteres und Kritischeres ge­schrieben und wirklich auf investigativen Recherchen beruhende Informationen zur Verfügung gestellt (Bsp. Corporate Europe Observatory zu Lobbyismus in der EU oder zu TTIP). 56 

Entscheidungsprozess lahmzulegen, die EU­Organe und Einrichtungen zu diskreditieren sowie Angst und Unsicherheit bei den EU­Bürgern zu schüren.“ ­ Vgl­ Entschließung des Europäischen Parlaments vom 23. November 2016 zu dem Thema „Strategische Kommunikation der EU, um gegen sie gerichteter Propaganda von Dritten entgegenzuwirken“ (2016/2030(INI) – Vgl. Paul Schreyer: Geschlossene Leserforen bei Spiegel Online. Telepolis 1.3.2017 https://www.heise.de/tp/features/Geschlossene­Leserforen­bei­Spiegel­Online­3640146.html?view=print – vgl. Elliot Higgins: Fake news is spiraling out of control – and it is up to all of us to stop it. 16.12.2016  http://www.ibtimes.co.uk/fake­news­spiralling­out­control­it­all­us­stop­it­1596911 

54 Paul Schreyer: Die „Fake News“­Hysterie und der neue „vormundschaftliche Staat“. Nachdenkseiten 3011.2016

55 Vgl. Reportage über rechten Terror: „Wir folgen einem Jugendlichen, der immer tiefer in eine Welt aus Hass und Rassenwahn abtaucht“ https://correctiv.org/blog/2015/04/10/weisse­woelfe­im­schauspielhaus­dortmund/ )

56 Vgl. die TAZ­Kritik an der Reportage über multiresistente Keime: Schlechte Recherche von Journalisten 

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• Correctiv verlagert sein Geschäft zunehmend zu Feldern, die nicht zum Kernbe­reich des investigativen Journalisten gehören: Graphic Novel, Fake­News­Kontrolle,Ausbildung von Bürgerjournalisten. Es ist die Frage, ob diese Verlagerung der auslaufenden Förderung der Brost­Stiftung geschuldet ist, die Correctiv zwingt, sichneue Finanzierungsquellen in einem zukünftigen Wachstumsmarkt (Paul Schreyer) zu erschließen. 

• Immer wieder fällt auf, dass die als Enthüllung bezeichneten Kernvorwürfe nicht be­legt werden. Dies ist oben für die antirussischen Fabrikate nachgewiesen worden, dies wird Correctiv vom Sparkassenverband und für die Story über Todeszahlen in Folge wachsender Antibiotikaresistenz vorgeworfen (s. Anmerk. 57).

• Der Zuschauer / Leser wird von Anfang an in einen Aufreger­Modus versetzt, kombiniert mit einer verschachtelten, labyrinthischen Darstellung der „Recherche“­ergebnisse, die verhindern (sollen?), die konstruierten und haltlosen Beschuldigun­gen und suggestiven „Beweis“ketten nüchtern zu prüfen und zu durchschauen. Der Leser wird in einen Dschungel aus Dichtung und Wahrheit geschickt, dessen dürresBeweis­Gerippe sich erst nach genauer Analyse offenbart.

• Die Methoden, die Correctiv insbesondere in seinen antirussischen 'Geschichten' anwendet, sind vergleichbar dem Vorgehen von Geheimdiensten bei der Fabrika­tion von Agentenlegenden oder dem propagandistischen Instrumentenkasten ent­nommen: Nachprüfbare Fakten, Stationen werden geschickt verwoben mit Erfin­dungen, suggestiv kombinierten Einzelaussagen, die kausale Zusammenhänge nahelegen sollen, oder gar Unterstellungen und Lügen. Aufgrund der engen Ver­bindung mit den Mainstreammedien, die Correctiv­“Recherchen“ verbreiten, ent­steht ein Schutzwall von Seriosität und Bedeutsamkeit um Correctiv. 

• Correctiv versieht sich mit der moralischen Aura des Investigativ­Journalisten, der seine Quellen schützen muss. Dies hat zur Folge, dass Personen verunglimpft werden können, haltlose Beschuldigungen erhoben werden können, ohne irgend etwas beweisen zu müssen. Als besonders gut geschützt ist man vor Überprüfung, wenn man es mit so dunklen Mächten wie Putin und seinen Geheimdienstlern zu tun hat.

• Der Aktivierung der Zivilgesellschaft gegen korrupte und intransparente Hand­lungsweisen von staatlichen bzw. öffentlich­rechtlichen Institutionen liegt die im 'Washington Consensus' zusammengefasste neoliberale Agenda der Delegitimie­rung des Staates zugrunde. Dies wird an einem Titel der Sparkassen­Recherche deutlich: "Immer mehr Sparkassen machen Verluste – weil Lokalpolitiker in der Kreditvergabe mitmischen" (Hervorh. ES). Diese Haltung zeigt sich auch in der Fürsprache für russische Oligarchen wie Chodorkowski, deren Machenschaften im postsowjetischen Raubtierkapitalismus rhetorisch als Unternehmertum verharmlost werden, und deren juristische Verfolgung als „Beutezüge“ des Staates diffamiert werden.57 

• Es geht nicht darum zentrale Fehlentwicklungen im politischen und wirtschaftlichen 

Das Correctiv korrigiert sich Diverse Zeitungen haben die bislang größte Geschichte des Recherche­teams Correctiv übernommen. Von der bleibt bei näherem Hinsehen aber wenig übrig. http://www.taz.de/!5027824/

57 Hubert Seipel zitiert aus Chodorkowskis Buch „Der Mann mit dem Rubel“ seine Maxime: „'Unser Kompass ist der Profit' … ' unsere finanzielle Hoheit ist das Kapital'“. Seipel, Machtmensch Putin, a.a.O. S. 162

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System zu korrigieren, sondern unter der Tarnkappe des gemeinnützigen Recher­chebüros als 'Gatekeeper' die Zustimmung zu diesem System aufrecht zu erhalten und Protest einzuhegen. Dies zeigt sich an den Beiträgen zu den Freihandelsver­trägen, im Zusammenhang mit dem neuen Kalten Krieg wie auch am Selbstver­ständnis der Fake­News­Kontrolle. Insofern ist der Name Correctiv – metaphorisch zu verstehen als Korrektiv von 'Fehlhaltungen' im Sinne des Eindämmens kritischer Einstellungen in der Bevölkerung ­ sinnfällig gewählt worden. 

• Der Kognitionsforscher Prof. Rainer Mausfeld beschreibt einige eingesetzte Tech­niken, um 'Demokratie' im Sinne der Herrschenden zu garantieren. Dazu gehörten u. a. „Techniken des Meinungsmanagements“, „Techniken des Empörungsmanage­ments“, die ständige Wiederholung von Sichtweisen, die sich im (Unter)Bewusst­sein der Bürger festsetzen sollen, oder die Definition der Ränder des Meinungs­spektrums, die als verantwortlich oder legitim gelten. Jenseits dessen hausen die „Radikalen“. „'Stabilitätsgefährdende' Empörungsreaktionen der eigenen Bevölke­rung (gegen eigene oder befreundete Regierungen) […] sind aus Sicht der Eliten rasch einzudämmen oder auf geeignete Scheinziele umzulenken.“58 Dazu gehört die „Aufstandsorganisation“, d. h. „Empörungsreaktionen gegen unerwünschte Regierungen an(zu)fachen“. Seit einiger Zeit dienen ebenfalls die Kritik an Korrup­tion und Intransparenz des Staates als solche Scheinziele. Die Anti­Putin / Anti­Russland­Machwerke von Correctiv bedienen beide Strategien. Eine historisch­systemische Konfliktanalyse, Licht ins Dunkel von Firmenimperien, Steueroasen, Elitenetzwerken, Vermögensverhältnissen der Superreichen, von den offenen und verdeckten Formen der Herrschaftssicherung im Interesse der 0,1 % finden sich beiCorrectiv nicht. 

• Die doppelte Funktion von Correctiv zur Herrschaftssicherung lässt sich mit der Analyse von Michael Chossudovsky erfassen: „'Manufactoring Consent' implies manipulating and shaping public opinion. […] 'Manufactoring Consent' describes thesubmission of public opinion to the mainstream media narrative, to its lies and fabrications. […] Under comtemporary capitalism, the illusion of democracy must prevail. It is in the interest of the corporate elites to accept dissent and protest as a feature of the system inasmuch as they do not threaten the established social order.The purpose is not to repress dissent, but, on the contrary, to shape and mould the protest movement, to set the outer limits of dissent.“ 59 

• Themensetzung wie die manipulativen Inhalte lassen den Schluss zu, dass es sich bei Correctiv um Kampagnenjournalismus im politischen und wirtschaftlichen neuenKalten Krieg handelt. Es werden Feindbilder bedient und verstärkt. Die Fake­News­Kontrolle fügt sich in den laufenden Informationskrieg als Element des neuen KaltenKrieges ein. Das Correctiv­Personal, seine Mitgliedschaften, Förderer und Produktesind verbunden mit einem Myzelsystem von neoliberalen, transatlantischen und antirussisch orientierten und finanzierten Stiftungen, NGOs und Initiativen.

58 Rainer MAUSFELD: Warum schweigen die Lämmer? Demokratie, Psychologie und Techniken des Meinungs­ und Empörungsmanagements. Vortrag an der Christian­Albrechts­Universität, Kiel 22.6.2015.https://www.youtube.com/watch?v=Rx5SZrOsb6M ­ Zitate aus dem Transkript von Free21, abrufbar unter http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/150806_Mausfeld.pdf S. 8 

59 Michael CHOSSUDOVSKY: „Manufacturing Dissent“: The Anti­globalization Movement is Funded by the Corporate Elites. Global Research, 12.4.2015 

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ANHANG Correctiv­E­Mail an den TTIP­Verteiler:DOKUMENTIERT:> Von: [...]> Datum: 2. September 2015 13:11:49 MESZ> An: "[TTIP]" <ttip­unfairhandel­[email protected]>> Betreff: [Ttip­unfairhandel­bar] WG: CORRECT!V startet TTIP News> > Von: CORRECT!V [mailto:[email protected]] > Gesendet: Mittwoch, 2. September 2015 13:02> An: (von Correctiv anonymisiert, ES)> Betreff: CORRECT!V startet TTIP News> > Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Freunde,> > in Deutschland gibt es fast 300 TTIP­freie Zonen. Wir haben recherchiert, warum sich Kommunen gegen das Freihandelsabkommen mit den USA wehren. Unseren Report über die Ängste der Lokalpolitiker und die Kampagne von Attac könnt Ihr ab heute bei correctiv.org/ttip lesen.> > Wir starten hiermit auch unsere CORRECT!V TTIP­News. Wenn Ihr über TTIP auf dem Laufenden bleiben wollt, könnt Ihr ab jetzt unsere TTIP­News abonnieren. Dann schicken wir Eucheine kurze Nachricht, wenn wir eine neue Recherche zu TTIP veröffentlichen. Leaks, Lobbyrecherchen, TTIP leicht erklärt ­ wir zeigen, was wirklich zwischen den USA und der EU verhandelt wird und welche Interessen bedient werden sollen.> > Diesmal geht es in die Provinz. Wir wollten wissen, was so viele Kommunalpolitiker antreibt, sichgegen das Abkommen mit den USA zu stellen.> > Wenn Ihr über unsere neusten TTIP­Recherchen und Events informiert werden wollt, könnt Ihr hier unsere CORRECT!V TTIP­News abonnieren: https://correctiv.org/correctiv/newsletter/abo/ttip­news/ > Hier geht’s zum Report, warum Kommunen von Münsing bis nach Köln gegen TTIP sind:> https://correctiv.org/recherchen/ttip/blog/2015/09/01/ttip­freie­zonen/ > > Mit freundlichen Grüßen> > Justus von Daniels> Marta Orosz[...]Jede und jeder kann Mitglied der CORRECT!V­Community werden: h  ttp://community.correctiv.org > Unterstützt gemeinnützigen Recherche­Journalismus in Deutschland!

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