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Themenfeld 10 Ausbildungscontrolling – ein Konzept für die Praxis Themenübersicht Seite Berufsausbildung in Zeiten der Ökonomisierung 3 Bildungscontrolling – Ausbildungscontrolling – zwei Paar Schuhe 6 Ausbildungscontrolling in der Praxis 8 Grundlagen des Ausbildungscontrollings 10 Ausbildungsstrategie und Organisation 10 Entwicklung von Qualifizierungsgängen 11 Bedarfsorientierte Ausbildungsplanung und Kostenverrechnung 14 Aufbau des Ausbildungscontrollings 16 Controlling 16 Kennzahlensystem 17 Technische Systeme 19 Ausbildung lohnt sich 21 Literatur 23 Der Autor Dr. Reinhard Zedler , M.A., Berufs- und Wirtschaftspädagoge, lehrt an der Fachhochschule Koblenz Berufliche Bildung/Personalentwicklung. Anschrift: Peter-Warnecke-Weg 25, 51061 Köln, E-Mail: [email protected] PersonalAusbilden 62. Erg.-Lfg. – August 2011 Seite 1 Praxis-Know-how Ausbildungscontrolling 4 A/18

Themenfeld 10 Ausbildungscontrolling – ein Konzept für die ... · dungscontrolling ist dann ein Konzept, bei dem in der be-trieblichen Weiterbildung folgende sechs Phasen zu unter-scheiden

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Themenfeld 10Ausbildungscontrolling –ein Konzept für die Praxis

ThemenübersichtSeite

■ Berufsausbildung in Zeiten der Ökonomisierung 3

■ Bildungscontrolling – Ausbildungscontrolling – zwei Paar Schuhe 6

■ Ausbildungscontrolling in der Praxis 8

■ Grundlagen des Ausbildungscontrollings 10– Ausbildungsstrategie und Organisation 10– Entwicklung von Qualifizierungsgängen 11– Bedarfsorientierte Ausbildungsplanung und Kostenverrechnung 14

■ Aufbau des Ausbildungscontrollings 16– Controlling 16– Kennzahlensystem 17– Technische Systeme 19

■ Ausbildung lohnt sich 21

■ Literatur 23

Der Autor

Dr. Reinhard Zedler, M.A., Berufs- und Wirtschaftspädagoge, lehrt an derFachhochschule Koblenz Berufliche Bildung/Personalentwicklung.

Anschrift: Peter-Warnecke-Weg 25, 51061 Köln,E-Mail: [email protected]

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Berufsausbildung in Zeiten derÖkonomisierung

Es ist ein Zeichen der Zeit, dass wirtschaftliche und ge-sellschaftliche Veränderungen heute extremer zutage tre-ten als etwa vor 20 Jahren. Aspekte des Wandels sindneben der demografischen Entwicklung und dem Struk-turwandel der Wirtschaft der technische Wandel. In denBetrieben verändern sich ständig technische Verfahren,Produktionsprozesse und Formen der Arbeitsorganisa-tion. Sie werden immer komplexer, womit sich in der ge-samten Berufswelt die Anforderungen an die Qualifikationder Mitarbeiter wiederum verändern. Eine Aufgabe derBerufsbildung besteht deshalb darin, die Qualifizierungdiesen Entwicklungen rasch, effektiv und dynamisch an-zupassen. Aufgrund des in den letzten Jahren in deut-schen Unternehmen zunehmenden Kostendrucks und derSuche nach Wertschöpfungsträgern und/oder Einspar-potenzialen steht die betriebliche Bildungsarbeit mit ihrenMaßnahmen der Aus- und Weiterbildung oder der Perso-nalentwicklung laufend auf dem Prüfstand.

Überprüfungder betrieb-lichenFunktionen

Die betrieblichen Maßnahmen der Berufsausbildung undWeiterbildung unterliegen seit einigen Jahren einem wach-senden Druck der Ökonomisierung ([2], S. 435 ff.). Zu dennachhaltigsten Folgen der Umstrukturierung, welche diemeisten deutschen Unternehmen in den letzten Jahren voll-zogen haben, gehört die Überprüfung nahezu aller betrieb-licher Funktionen auf ihren Beitrag zur Wertschöpfung desUnternehmens. Im verschärften Wettbewerb des Unterneh-mens geht es um Kosten und um die Frage, inwieweit dieseKosten gleich, niedriger oder höher sind als bei den Wett-bewerbern.

KostenfaktorMitarbeiter

Aus Sicht von Außenstehenden führt dieser Druck der Öko-nomisierung zu dem abwegigen, verzerrten Bild, dass Mitar-beiter in Betrieben nur noch „Kostenstellen mit Ohren“ seien.Aber wie wollen Manager Mitarbeiter motivieren, die sich nurnoch als Kostenfaktoren fühlen? Auch deshalb bleibt weiter-

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führend, was der Präses der Evangelischen Kirche im Rhein-land, Nikolaus Schneider, unlängst forderte: „Die Mitarbeitermüssen für eine Firma mehr sein als Kostenstellen mit Oh-ren“.

Weiterbildungsteht unterVerände-rungsdruck

Aufgrund des in den letzten Jahren in deutschen Unter-nehmen zunehmenden Kostendrucks und der Suche nachWertschöpfungsträgern und/oder Einsparpotenzialen stehtdie betriebliche Bildungsarbeit mit ihren Maßnahmen derAus- und Weiterbildung oder der Personalentwicklung lau-fend auf dem Prüfstand. So ist die betriebliche Weiterbildungnicht mehr nur ein Instrument im Rahmen der Organisations-entwicklung, sondern steht selbst unter einem erheblichenVeränderungsdruck ([12], S. 267).

Kosten undNutzen derBerufsbildung

Bei der Berufsausbildung klagen viele Betriebe über die ho-hen Ausbildungskosten. Diesen Kosten steht aber ein vielfäl-tiger Nutzen gegenüber, wie viele Untersuchungen nachge-wiesen haben. So hat die letzte repräsentative Untersuchungdes Bundesinstituts für Berufsbildung über die Nettokostenbetrieblicher Ausbildung für 2007 folgende Daten ergeben:

* Die Bruttokosten betrugen durchschnittlich: 15.288 Euro;* die Erträge der Auszubildenden erreichten: 11.692 Euro;* dementsprechend betrugen die Nettokosten: 3.596 Euro

pro Auszubildenden und Jahr.

Allerdings ist beim Nutzen zu unterscheiden zwischen demNutzen während der Berufsausbildung, dem personalwirt-schaftlichen Nutzen und dem personalpolitischen Nutzen.Aber trotz dieser Herausstellung des Nutzens bleibt eine Dif-ferenz bestehen: Die Kosten fallen für den Betrieb im Aus-bildungsjahr an, der Nutzen erst später. Dieser Nutzen be-steht vor allem dann, wenn die Ausgebildeten anschließendbeschäftigt werden. Kann der Betrieb jedoch keine An-schlussbeschäftigung bieten wie bei manchen Unternehmen,bedeutet eigene Ausbildung betriebswirtschaftlich eine be-triebliche Fehlinvestition und erweisen sich die Ausbildungs-kosten als Bremse ([13], S. 14).

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Bedarfs-orientierung

Deshalb ist derzeit zu beobachten, dass die Bereitschaft vie-ler Unternehmen, lediglich aus gesellschaftspolitischer Ver-antwortung auszubilden, gesunken ist. Wenn es in einemBetrieb um die Frage geht, ob ausgebildet werden soll odernicht, dann treten für Bildungsleiter Bedarfsorientierung undBewertung des Nutzens betrieblicher Ausbildungsleistungenimmer stärker in den Vordergrund ([1], S. III).

BegrenzteRessourcengegenüberAusbildungs-bedarf

Angesichts begrenzter finanzieller und personeller Ressour-cen auf der einen Seite und einem hohen Ausbildungsbedarfauf der anderen Seite wird nach Möglichkeiten gesucht, dieBerufsausbildung bedarfsspezifisch auszurichten, zugleichaber auch wirtschaftlich effizient zu realisieren. Vor diesemHintergrund hat sich Ausbildungscontrolling – wie in andererWeise auch Weiterbildungscontrolling – zu einem Hand-lungsfeld entwickelt, das diesen Ansprüchen instrumentell zuentsprechen versucht. Bedingt durch die skizzierten verän-derten Rahmenbedingungen bekam das Ausbildungscon-trolling eine zunehmende Bedeutung. In diesem Sinne wirdAusbildung immer stärker als betriebliche Investition ver-standen, deren Finanzierung gemessen wird am „Return onInvest“ und nicht mehr nur an der gesellschaftspolitischenVerantwortung des Unternehmens ([1], S. 36).

Lösung:Aus-bildungs-controlling

Viele Unternehmen haben sich bisher nicht mit Frage-stellungen wie „Bedarfsorientierung und Nutzen der Aus-bildung“ beschäftigt. Daher kommen viele Bildungsleiter inArgumentationsnöte, wenn gefragt wird: „Rechnet sich Aus-bildung auf einer betriebswirtschaftlichen Grundlage?“. DieseFrage kann beantwortet werden, wenn im Betrieb ein Aus-bildungscontrolling besteht.

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Bildungscontrolling – Ausbildungs-controlling – zwei Paar Schuhe

Ausbildungscontrolling ist eine besondere Form des Bil-dungscontrollings. Seit den 90er-Jahren hat sich Bil-dungscontrolling in der betrieblichen Bildungsarbeit weitverbreitet. Allerdings haben Theorie und Praxis des Bil-dungscontrollings ihr Augenmerk weniger auf die Berufs-ausbildung als auf die betriebliche Weiterbildung gerichtet([9], S. 32). Die Herkunft des Bildungscontrollings liegt inder modernen Betriebswirtschaftslehre. In der Betriebs-wirtschaftslehre hat sich in den letzten 25 Jahren Con-trolling als Instrument zur Optimierung von Planungs- undEntwicklungsprozessen weitgehend durchgesetzt. Auchim betrieblichen Bildungsmanagement ist Bildungs-controlling im Sinne der Kontrolle von Kosten, Erträgenund Finanzierung das dominierende Thema.

Häufig wird Controlling mit Prüfen und vor allem mit Kon-trollieren übersetzt. „To control“ bedeutet jedoch im Eng-lischen „etwas zu steuern“ oder „etwas zu lenken“. Deshalbdarf Bildungscontrolling keineswegs nur als Weiter-bildungskontrolle verstanden werden ([8], S. 5).

UmfassendesBildungs-controlling

Daher sind Kosten und Möglichkeiten der Finanzierung nurein Bestandteil des Bildungscontrollings. „Ein umfassendesBildungscontrolling beginnt bei der Ermittlung des Bildungs-bedarfs, wird mit der Festlegung und Feststellung der Bil-dungskosten fortgeführt und endet bei den Möglichkeiten derFinanzierung. Vielfach wird der Begriff noch weitergehenderverstanden und umfasst auch die pädagogische Evaluationund Transferüberwachung“ ([5], S. 501). Deshalb ist Bil-dungscontrolling als ein Instrument der Unternehmens-führung zu verstehen, „das den erreichten oder erwartetenBildungsnutzen in Relation zu den vorgegebenen Bildungs-zielen und eingetretenen Ressourcen evaluiert.“ ([5], S. 502).

Ausgehend von diesem umfassenden Verständnis greift beimBildungscontrolling Planung, Messung, Bewertung und Kor-

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rektur in der betrieblichen Weiterbildung ineinander. Bil-dungscontrolling ist dann ein Konzept, bei dem in der be-trieblichen Weiterbildung folgende sechs Phasen zu unter-scheiden sind ([7], S. 2):

!1. Bedarfsanalyse, z. B. Bedarfserhebung

2. Zielsetzung und Planung: Erstellung des Budgets, Bil-dungsplanung, Auswahl der Anbieter

3. Auswahl und Gestaltung: Auswahl der Instrumente

4. Durchführung: Rahmengestaltung, z. B. Seminarort

5. Erfolgskontrolle: Zufriedenheitsanalyse der Teilnehmerund Messung der erworbenen Kompetenzen

6. Gesamtbewertung: Gespräche zum Transfer, return ofinvestment

Ein solches Ablauf- und Phasenmodell für das Managementbetrieblicher Berufsausbildung fehlt bisher. Es gibt jedoch inder Praxis zahlreiche Erfahrungen, Legitimationsversucheoder Analogien des Bildungscontrollings. Ein gelungenesKonzept hat ein Versicherungsunternehmen in Köln entwi-ckelt und vorgelegt, das hier in seinen Grundzügen skizziertwird (Grundlegend: [1]). Dabei werden Elemente und In-strumente dargestellt, die nicht nur im Dienstleistungsbe-reich, sondern auch in anderen Wirtschaftsbereichen von In-teresse sind.

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Ausbildungscontrolling in der Praxis

Bildungscontrolling ist nicht primär aus wissenschaftli-chem Interesse entstanden, sondern bei der Entwicklungstanden praktische Handlungsinteressen im Vordergrund([2], S. 436). So ist es erklärlich, dass auch Neuerungen imAusbildungscontrolling vor allem aus der Praxis kommen.

Bei dem Kölner Unternehmen wird Ausbildungscontrollingals ein Führungsinstrument zur Optimierung von Effektivi-tät und Effizienz in der Berufsausbildung definiert.

„Das Ausbildungscontrolling

* erfasst alle von den Unternehmenszielen abgeleitetenAusbildungsziele,

* ermöglicht einen laufenden Soll-Ist-Vergleich und* ist ein planungsorientiertes, integratives Evaluationsin-

strument“ ([1], S. 10).

Ausgehend von dieser Zielsetzung gehören verschiedeneElemente zum Ausbildungscontrolling des Unternehmens:

! Elemente des Ausbildungscontrollings

* Ausbildungsstrategie

* Organisation

* Ausbildungsgänge

* Kennzahlensysteme

* Bedarfsorientierte Planung der Auszubildenden

* Technische Systeme

* Benchmarks

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!Von diesen verschiedenen Kriterien bilden drei Elementedie Grundlagen für das Ausbildungscontrolling des KölnerUnternehmens:

* die Ausbildungsstrategie und Organisation

* die Entwicklung von Ausbildungsgängen

* die bedarfsorientierte Ausbildungsplanung und verur-sachungsgerechte Kostenverteilung

Bevor die anderen, aufbauenden Elemente und Instrumentedes Ausbildungscontrollings dargestellt werden, werden zu-erst dessen Grundlagen beschrieben.

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Grundlagen des Ausbildungscontrollings

Wichtig für die Entwicklung einer Ausbildungsstrategiesind ein einheitliches Rollenverständnis der Beteiligtenund ein gemeinsames Aufgabenverständnis. Ebensowichtig ist ein von der Unternehmensleitung getragenerAusbildungsauftrag. Denn Ausbildungscontrolling unddas Zielsystem der Unternehmens- und Organisations-entwicklung greifen ineinander. Diese gegenseitige Ab-hängigkeit bedeutet: Wenn die Unternehmensziele sichverändern, ist davon auch das Ausbildungscontrollingbetroffen und hat sich neu zu positionieren. Ein weitererwichtiger Aspekt ist die einheitliche Organisation. Allge-mein empfiehlt es sich, die Gesamtverantwortung für dieAusbildung in einem Unternehmen in eine Hand zu legen.Damit ist gewährleistet, dass betriebswirtschaftlicheAspekte, wie Kostenverantwortung, und fachlich-inhalt-liche Aspekte, wie Qualitätssicherung und Richtlinien-kompetenz, einheitlich betrachtet und bewertet werdenkönnen.

Ausbildungsstrategie und Organisation

Strategieerforderlich

„Wenn du nicht weißt, wohin du willst, ist jeder Weg falsch.“Diese oft zitierte Weisheit lässt sich auch auf die Berufsaus-bildung übertragen. Fehlt eine genaue Zielrichtung und/odereine den Ausbildungsmaßnahmen zugrunde liegende Strate-gie, besteht die Gefahr, an den Unternehmenszielen vorbei zuqualifizieren. Dann könnten auch die Ausbildungsaktivitätenverpuffen, da ihnen womöglich kein Bedarf gegenübersteht.

Klarheit überdie Ziele

Auch das Weiterbildungscontrolling verlangt Klarheit überdie Ziele. Sie müssen aus den strategischen, taktischenoder operativen Zielen des Unternehmens abgeleitet, zu-mindest aber daraufhin geprüft werden, inwieweit sie kom-patibel sind. Sodann müssen die Weiterbildungsziele – so-weit wie möglich – operationalisiert, das heißt in konkretzu erreichenden Ergebnissen beschrieben werden ([12],S. 268).

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Bei der Berufsausbildung beschreibt die Ausbildungsstrate-gie, wie der Ausbildungserfolg definiert ist, und mit welchenMaßnahmen und Instrumenten dieses erreicht werden soll.

Aus-bildungs-controllingund Ziel-system desUnterneh-mens

Wichtig für die Entwicklung einer Ausbildungsstrategie sindein einheitliches Rollenverständnis der Beteiligten und eingemeinsames Aufgabenverständnis. Ebenso wichtig ist einvon der Unternehmensleitung getragener Ausbildungsauf-trag. Denn Ausbildungscontrolling und das Zielsystem derUnternehmens- und Organisationsentwicklung greifen inein-ander. Diese gegenseitige Abhängigkeit bedeutet: Wenn dieUnternehmensziele sich verändern, ist davon auch das Aus-bildungscontrolling betroffen und hat sich neu zu positio-nieren.

EinheitlicheOrganisation

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die einheitliche Organisation.Allgemein empfiehlt es sich, die Gesamtverantwortung für dieAusbildung in einem Unternehmen in eine Hand zu legen.Damit ist gewährleistet, dass betriebswirtschaftliche As-pekte, wie Kostenverantwortung, und fachlich inhaltlicheAspekte, wie Qualitätssicherung und Richtlinienkompetenz,einheitlich betrachtet und bewertet werden können.

EinheitlicheQualitäts-standards

Mit einer einheitlichen Organisation sind einheitliche Quali-tätsstandards für die Ausbildung vorgegeben, und es bestehteine einheitliche Vorgehensweise in Fragen der Ausbildungs-politik. All dies verleiht dem Unternehmen eine hohe Akzep-tanz auf dem Ausbildungsmarkt und bessere Einflussmög-lichkeiten bei bildungspolitischen Institutionen.

Entwicklung von Qualifizierungsgängen

„Ausbildungs-produkt“

Bereits die Bezeichnung „Qualifizierungsgang“ oder unter-nehmensspezifisch „Ausbildungsprodukt“ statt „Ausbil-dungsberuf“ oder „Berufsbild“ verdeutlicht, dass der wert-schöpfende Nutzen bei der Betrachtung der Ausbildungs-leistung im Vordergrund steht. Ausschlaggebend sind dieAnforderungen der internen Kunden an die Berufsausbildungdes Unternehmens.

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„InterneKunden“

„Ausbildungsprodukte“ sind bei dem Kölner UnternehmenQualifizierungsgänge, deren

* rechtliche Vorgaben (Ausbildungsrahmenplan; Studien-ordnung) für die betriebliche, unternehmensspezifischePraxis optimiert sind,

* Inhalte modifiziert/ergänzt werden um besondere be-triebliche Anforderungen,

* Umsetzung und Durchführung Kosten zugeordnet wer-den, die sich in Kostenarten aufgliedern und den internenKunden verursachungsgerecht belastet werden.

Anforde-rungen desUnterneh-mens

In diesem Zusammenhang ist beispielsweise für den Leiterder Buchhaltung nicht der Abschluss Bürokaufmann wichtig,sondern die Lösung seines Problems, in etwa drei Jahren ei-nen neuen Nachwuchs-Buchhalter mit den dafür erforder-lichen Qualifikationen in seiner Abteilung zu benötigen. Einwesentlicher, nützlicher Beitrag der Ausbildungsabteilungbesteht somit darin, mit ihren „Ausbildungsprodukten“ zurProblemlösung der internen Kunden beizutragen. Deutlichwird auch an diesem Beispiel, dass nicht der formale IHK-Abschluss immer das nutzenbringende Element im betrieb-lichen Leistungsprozess ist, sondern die im Rahmen derrechtlichen Möglichkeiten am Ausbildungsberuf vorgenom-menen Modifikationen.

Diese Entwicklung von Qualifizierungsgängen für die An-forderungen des Betriebs ist ein wichtiges Element des Aus-bildungscontrollings. Allgemein können sich die Aktivitätender Bildungsabteilung hierbei nicht von den übrigen betrieb-lichen Leistungsprozessen abkoppeln, wie es in der Vergan-genheit öfters der Fall war. „Bildung, sowohl die Aus- als auchdie Weiterbildung, muss ihren Beitrag zur betrieblichen Leis-tungserstellung verdeutlichen, nur dann werden die innerbe-trieblichen Kunden sie auf Dauer abnehmen. Die Bildung imBetrieb steht hierbei nicht nur im Wettbewerb mit den exter-nen Bildungsanbietern, sondern auch mit der Rekrutierungdes Personals auf Arbeitsmärkten“ ([5], S. 519).

Diese Einsicht aus Sicht des Bildungsmanagements stelltdem Bildungsbereich des Unternehmens weitreichende Auf-

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gaben. Nur wenn es dem Ausbildungsbereich gelingt, pro-blemlösende Bildungsgänge anzubieten und somit Berufs-bilder flexibel entsprechend den Anforderungen des Unter-nehmens zu modifizieren, wird das interne „Ausbildungs-produkt“ einen tatsächlichen Wettbewerbsvorteil gegenüberder externen Einstellung von Mitarbeitern haben und ver-stärkt im Unternehmen nachgefragt werden.

Ausbildung:Orientierungan Unterneh-mensstan-dards

Ausgehend von diesem Grundsatz, dass die betriebliche Bil-dung ihren Beitrag zur betrieblichen Wertschöpfung zu leis-ten hat, haben sich seit einigen Jahren verschiedene, in-novative Bildungsgänge entwickelt. So ist die Berufsaus-bildung mit Kammerprüfung längst nicht mehr das einzigeModell betrieblicher Bildungsarbeit. Viele Unternehmen, vorallem Groß- und Mittelbetriebe, haben im Stillen „Aus-bildung“ in der Praxis neu definiert und gestaltet. So wachsenFormen betrieblicher Ausbildung, die sich an Branchen- oderUnternehmensstandards orientieren, und Berufsausbildungund Weiterbildung verzahnen.

DualeStudiengänge

Auffallend ist in diesem Zusammenhang die schnelle Ent-wicklung von dualen Studiengängen mit Bachelor-Abschluss([4], S. 389). Großunternehmen haben entdeckt, dass manmit Berufsakademien, Fachhochschulen, Universitäten oderBusiness-Schools in einem Jahr oder zwei Jahren bedarfs-gerechte Qualifizierungsmodelle entwickeln kann, die binnendrei Jahren hochmotivierte Nachwuchskräfte fördern. Diemittelständische Wirtschaft ist an dieser Entwicklung nochnicht so recht beteiligt, aber auch dieser Prozess kommt imSchlepptau der Großbetriebe in Gang. Duale Studiengängesind eine besonders innovative, attraktive und praxisnaheStudienform, die sich seit Jahren bei Betrieben und Jugend-lichen einer wachsenden Beliebtheit erfreut. Derzeit gibt esmehr als 900 duale Studiengänge, bei denen mehr als 28.000Unternehmen mit fast 800 Akademien und Hochschulen ko-operieren [3].

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Bedarfsorientierte Ausbildungsplanung undKostenverrechnung

Bedarf jeAusbildungs-gang

Ein weiteres Element des Ausbildungscontrollings ist die be-darfsgerechte Planung der Auszubildenden. Ein Mittel dazusind Gespräche der Personalplanung, die in einer Wirtschaftim Wandel und veränderter Rahmenbedingungen gleichsamdie „Königsdisziplin“ sind [11]. So muss das Entscheidungs-gremium aus Personalleiter, Ausbildungsverantwortlichemund internem Auftraggeber im Vorfeld eines jeden Jahrgangsgemeinsam nicht nur die Anforderungen des Unternehmensan einen ausgebildeten Mitarbeiter formulieren, sondernauch den Bedarf je Ausbildungsgang festlegen.

Bildungsforscher hatten hierzu in den 80er-Jahren gefordert,dass diese Planung mindestens auf fünf Jahre ausgelegt seinsollte. Aber die Realität zeigt heute, dass eine Mittel-fristplanung über einen Horizont von mehreren Jahren auf-grund der sich immer rasanter veränderten Rahmen-bedingungen derzeit eine theoretische Wunschvorstellungist. Doch diese Schwierigkeit bedeutet nicht, dass die be-triebsinterne Ausbildung eine Gleichung mit mehreren Unbe-kannten ist. „Ausbildung Pi mal Daumen, ohne exakte Pla-nung, führt zwangsläufig zu Nichtübernahmen und damit zuLeerkosten oder der Verweigerung von Unternehmen, über-haupt noch ausbilden zu wollen“ ([11], S. 306).

MittelfristigePlanung

Deshalb wird im Rahmen der jährlichen Ausbildungsplanungdie benötigte Anzahl neu einzustellender Auszubildender prointernem Kunden für die Folgejahre mittelfristig festgelegt.Diskutiert werden bei diesen Gesprächen auch:

* der Modifikationsbedarf bei vorhandenen Ausbildungs-gängen bzw. der Bedarf von neuen Entwicklungen,

* die Rahmenbedingungen der Ausbildung, wie Aus-stattung der Plätze für Auszubildende, Anzahl Ausbilderder Fachbereiche usw. und

* die Preise für die Qualifizierung und deren Verrechnung.

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Einbindungder „internenKunden“

Während früher die Anzahl der neu einzustellenden Aus-zubildenden in vielen Unternehmen einfach durch die Ent-scheidung der Geschäftsleitung vorgegeben und auf dieFachbereiche verteilt wurde, führt heute die frühe Einbindungder internen Kunden in die Planungs- und Entscheidungs-prozesse zu einer wesentlich höheren Akzeptanz für die Be-rufsausbildung und ihre Bildungsgänge wie ihre Leistungenim Unternehmen.

Analyse derKosten

Die Rolle des Auftraggebers ist es, sicherzustellen, dassPlätze und Kapazitäten für Ausbilder am Arbeitsplatz zurVerfügung stehen. Die gemeinsam festgelegten Einstel-lungszahlen bilden die Grundlage zur Ermittlung der „Plan-budgets Ausbildung“ je Auftraggeber. Die Verrechnung er-folgt dann wie folgt: Im Rahmen von Kostenarten werden fürjeden Ausbildungsgang die Gesamtkosten ermittelt und derProduktpreis monatlich errechnet. Über die interne Leis-tungsverrechnung werden die Produktpreise den internenKunden monatlich in Rechnung gestellt. Eine transparenteVerteilung der Kosten lässt sich über eine Analyse der Kostenje Bildungsgang darstellen. Insgesamt gesehen ist dieseverursachungsgerechte Verrechnung der Ausbildungskostendie minimale Voraussetzung für eine nutzen- und wertschöp-fungsorientierte Akzeptanz der Bildungsgänge beim internenKunden.

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Aufbau des Ausbildungscontrollings

Das Ausbildungscontrolling ist oft Teil des Bildungs- oderPersonalcontrollings. Aus Sicht des Kölner Unternehmensempfiehlt es sich, diese Abteilung – oder zumindest derenAufgaben – an die Geschäftsleitung anzubinden, damitsteuerungsrelevante Tatbestände und die daraus ab-zuleitenden Entscheidungen zeitnah realisiert werdenkönnen.

Controlling

Das Controlling ist ein wichtiger Partner für die AbteilungAusbildung; denn in der Regel hat der Controller Zugriff aufalle monetären und mitarbeiterbezogenen Daten und ist da-mit eine wichtige Informationsquelle, Effektivität und Effizienzin der Berufsausbildung zu optimieren.

PädagogischeQualitäts-indikatoren

Eine wesentliche Aufgabe des Ausbildungscontrollings ist es,Daten über pädagogische und betriebswirtschaftliche In-dikatoren der Qualität bereitzustellen. Dabei sind pädago-gische Qualitätsindikatoren beispielsweise:

* Prüfungsergebnisse in der Abschlussprüfung,* Zeugnisnoten in der Berufsschule,* Beurteilungen aus den Fachbereichen und im innerbe-

trieblichen Unterricht.

Betriebswirt-schaftlicheQualitäts-indikatoren

In anderer Weise sind betriebswirtschaftliche Qualitäts-indikatoren beispielsweise:

* Übernahmequote nach der Berufsausbildung,* Verweildauer der Ausgebildeten im Unternehmen,* Quote der Studienabgänger/Quote „sonstige Abgänge“,* Benchmarks.

Von diesen Indikatoren werden die pädagogischen In-dikatoren in den meisten Ausbildungsbetrieben bereits seitJahren für eine qualitative Bewertung der Ausbildungs-leistung herangezogen. Für die betriebswirtschaftlichen In-

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dikatoren gilt dies nur in sehr geringem Maße. Erst der in denletzten Jahren zunehmende Kostendruck in den Unter-nehmen hat diese Sichtweise der Ausbildungsqualität ver-stärkt. Aufgabe des Ausbildungscontrollings ist es, Datenüber Indikatoren beider Bereiche der Qualität – pädago-gische und betriebswirtschaftliche – zur Verfügung zu stellen.

Kennzahlensystem

Das Ausbildungscontrolling wird für viele besonders durchein System von Kennzahlen charakterisiert. Unter einemSystem von Kennzahlen versteht man „eine geordnete Ge-samtheit von Kennzahlen, die in einer Beziehung zueinanderstehen und als Gesamtheit über einen Sachverhalt voll-ständig informieren“ ([1], S. 62). Von dieser theoretischenGrundlage ausgehend gilt es, ein praktikables System vonKennzahlen zu entwickeln.

Voraussetzungen für ein solches System sind:

* Die Beziehungen zwischen den betrachteten Größenmüssen bekannt sein, z. B. Kosten der Ausbildung zuQualität der Ausbildung;

* die Wirkungszusammenhänge müssen quantifizierbarsein, z. B. die Fragestellung, wie sich teure Seminare aufdie Qualität der Ausbildung auswirken;

* nur Kennzahlen mit einer Beziehung zum Ausbildungszielsollten in das System aufgenommen werden, z. B. dieFragestellung, ob die Betreuungsquote für die Qualität derAusbildung wichtig ist.

Gefahr:Vielzahl vonKennzahlen

Bei der operativen Ausgestaltung von Kennzahlensystemenbesteht die Gefahr, das System durch eine Vielzahl vonKennzahlen zu überlasten. Weiterführend ist es deshalb, nurdie für die spezifische Situation des Unternehmens not-wendigen Kennzahlen zu erheben. Dabei müssen folgendeAnforderungen berücksichtigt werden:

* erkennbarer Zielbezug,* operational, standardisiert,* regelmäßige Erhebung und

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* Beschränkung auf steuerungsrelevante und beeinfluss-bare Aspekte.

Aufbau einesKennzahlen-systems

Bevor das Kennzahlensystem aufgebaut wird, sollte man sichüber die fachlichen Fragestellungen im Klaren sein und da-raus die Kennzahlen ableiten. So können typische Frage-stellungen sein: Wie viel kostet ein Auszubildender pro Zeit-einheit bei Vollkostenbetrachtung? Oder: Wie hoch ist dieInvestitionssumme für den Besteller einer Ausbildungs-leistung? Die entsprechende Kennzahl ist dann „Kosten desAuszubildenden pro Zeiteinheit“.

Aufbau eines Kennzahlensystems:Typische Fragestellungen und die daraus resultierendenKennzahlen

Fragestellung Kennzahl

Wie viel kostet ein Auszubildender proZeiteinheit?

Kosten desAuszubildenden

Bei Vollkostenbetrachtung: Wie hoch istdie Investitionssumme für einen Besteller?

Kosten desAuszubildenden

Wie hoch sind die Anteile der allgemein-bildenden unterschiedlichen Schulab-schlüsse an den Gesamteinstellungen?Wer besteht das Auswahlverfahren? Wersind die geeigneten Auszubildenden?

Vorbildungsquote

Wie viele hauptberufliche/nebenberuflicheAusbilder werden benötigt, um ein be-stimmtes Qualitätsniveau zu erreichen/zuerhalten?

Betreuungsquote

Ist eine Reorganisation notwendig (Steue-rungsfaktor)? Welche gesellschaftspoliti-sche Bedeutung hat die Ausbildung imUnternehmen? Wo steht unser Unterneh-men? Wo steht unser Unternehmen im Ver-gleich zu anderen Unternehmen (Image)?

Ausbildungsquote

Welche Marketing-Instrumente zur Rekru-tierung sind die wirkungsvollsten?

Rekrutierungsquote

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Fragestellung Kennzahl

Wie viele Ausbildungsabsolventen verliertder Betrieb an den Markt? Wie hoch istder Verlust des Investments des Betriebs?

Abgangsquote

Welche Aufgaben kann ein Auszubildenderin der Ausbildungsabteilung abdecken?

Kapazitätsbedarf fürAzubi-Aufgaben

Wie ist der Notendurchschnitt der im Be-trieb Ausgebildeten im Vergleich zum Bun-desdurchschnitt?

Quote derAbschluss-ergebnisse

Wie ist der Qualitätsstandard der Ausbil-der?

Bewertung derAusbilder durch dieAuszubildenden

GliederungderKennzahlen

Anhand der Vielzahl von möglichen Fragestellungen sind dieFragen herauszuarbeiten, die für die spezifischen Aus-bildungsziele des Unternehmens wichtig sind. Es ist sinnvoll,die Kennzahlen zu gliedern. Eine mögliche Form ist die Glie-derung nach mengenorientierten, kostenorientierten und er-folgsorientierten Kennzahlen.

Technische Systeme

Allgemein sind die beschriebenen Elemente des Ausbil-dungscontrollings nur dann einsetzbar, wenn entsprechendetechnische Systeme vorhanden sind. In Großbetrieben wirddeshalb oft mit Standardlösungen, wie SAP, gearbeitet. Vor-teil dieses Systems oder auch anderer Systeme ist es, dassintegrierte Bausteine zur Problemlösung eingesetzt werdenkönnen.

Kosten-planung

Am Beispiel von SAP werden im Rahmen der jährlichen Pla-nungsaktivitäten alle kostenbezogenen Daten über das Mo-dul „Kostenrechnung“ erfasst und ausgewertet. Dabei wer-den zuerst die Strukturen der Ausbildungsabteilung und Bil-dungsgänge mit den internen Modalitäten der Verrechnungfestgelegt. Besonders wichtig ist es, alle Daten und Infor-mationen in dem System zu erfassen, z. B. Personalkostender Auszubildenden, Personalkosten der Ausbildungsabtei-lung, Raumkosten, Overhead-Kosten usw. Damit ist die

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Grundlage dafür geschaffen, alle kostenrelevanten Kenn-zahlen zu ermitteln.

Planung derKapazitäten

Neben der Kostenplanung ist auch die Planung der Kapazitätnotwendig. Darin wird im Rahmen der bedarfsorientiertenPlanung festgelegt, wie viele Auszubildende zu welcher Zeitan welchem Ort des Betriebs benötigt werden. Das dazu ge-hörige Modul in SAP heißt „Human Capital Management(HCM)“.

„Preis desAuszubil-denden jeZeiteinheit“

Mithilfe dieser Standard-Software werden die organisatori-schen Strukturen, die Kapazitäten und die Stammdaten derAuszubildenden erfasst. Ein entsprechendes Reporting er-möglicht die Auswertungen. In Verbindung mit dem Kosten-rechnungsmodul von SAP lassen sich die Bildungsgänge– oder „Ausbildungsprodukte“ – zu einem kostendeckendenPreis bewerten und verrechnen. Dabei werden aus der Kos-tenplanung die Daten über die Mengen bereitgestellt und ausder Kostenrechnung die Informationen über die Kosten. Bei-des führt dann zu dem „Preis des Auszubildenden je Zeitein-heit“.

Diese Vorgehensweise ermöglicht eine Zuordnung der Inan-spruchnahme der Leistung Ausbildung auf die einzelnen ab-nehmenden Fachbereiche.

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Ausbildung lohnt sich

Das betriebswirtschaftlich orientierte Ausbildungscon-trolling ist, wie am Fallbeispiel des Kölner Unternehmensgezeigt wurde, eine Betrachtung von verschiedenen Pro-zessen, mit denen die Leistungen der Ausbildung für dasUnternehmen transparent werden sollen. Bei den Ak-tionsfeldern der Ausbildungsstrategie, der Entwicklungvon Qualifizierungsgängen wie aber auch der bedarfs-orientierten Ausbildungsplanung und Kostenverrechnungsowie dem Kennzahlensystem geht es im Grunde darum,die Prozesse der Ausbildung für die internen Kundentransparent zu machen und die Erfolgsfaktoren der Leis-tungserstellung zu verdeutlichen.

Strukturierungder Aus-bildungs-prozesse

In diesem Sinne ist Ausbildungscontrolling nicht nur der Ver-such, den ökonomischen Nutzen pädagogischer Maßnah-men nachzuweisen, wie gelegentlich behauptet wird ([6],S. 184). Vielmehr zeigt das fundierte Konzept des Unterneh-mens in Köln, dass es gelingen kann, mit verschiedenen Pa-rametern die Prozesse der Ausbildung zu strukturieren unddabei sowohl pädagogische wie betriebswirtschaftliche In-dikatoren zu berücksichtigen. Noch in anderer Weise ist dasgelungene Vorgehen des Kölner Unternehmens bedeutsam.

Kosten- undWirtschaft-lichkeits-controlling

Beim betriebswirtschaftlich orientierten Bildungscontrollingwerden drei Ebenen unterschieden, nämlich das Kosten-controlling, das Wirtschaftlichkeitscontrolling und dasErfolgs-/Effizienzcontrolling ([5], S. 509, [9], S. 20 ff.). Vondiesen drei Ebenen bestimmt das skizzierte Konzept desAusbildungscontrollings des Kölner Unternehmens das Kos-tencontrolling und das Wirtschaftlichkeitscontrolling. Denn indiesem Konzept werden nicht nur die Kosten der Bildungs-aktivitäten innerhalb eines Ausbildungsjahrs erfasst; es wer-den die Kostenarten betrachtet und die Kostenstrukturenanhand von betriebswirtschaftlichen Kennzahlen bewertet(Kostencontrolling). Überdies wird die Effizienz betriebswirt-schaftlicher Prozesse anhand von Kosten-Nutzen-Relationenüberprüft, wodurch Aspekte des Wirtschaftlichkeitscon-trollings auch berücksichtigt sind.

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Effizienz-controlling

Die dritte Ebene des Bildungscontrollings bezeichnet dasErfolgs-/Effizienzcontrolling. Hier wird der Deckungsbeitragdes Bildungswesens am Unternehmenserfolg beziehungs-weise der Beitrag der Ausbildung zum Unternehmenserfolgbewertet. Angesichts der Komplexität dessen, was den Er-folg eines Unternehmens ausmacht, ist das in dem Konzeptdes Unternehmens noch nicht vollständig gelungen.

Ausbildenlohnt sich

Doch die ersten Ergebnisse von angewandten Indikatorendes Ausbildungscontrollings in der Praxis zeigen insgesamt,dass es sich durchaus lohnt, auszubilden ([11], S. 311). Dennneben Faktoren, wie etwa einem vergleichsweise geringenEinstiegsgehalt der ausgebildeten Mitarbeiter, schwächt einequalitativ gute Ausbildung, orientiert an den spezifischen An-forderungen des Unternehmens, die Affinität gegenüber ex-ternen Alternativen. Diese und andere Ergebnisse geben ge-nügend Argumente, um einen nachhaltigen Beitrag der Aus-bildung zum Unternehmenserfolg offensiv zu vertreten.

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Literatur

[1] BONNIE, H.-G./U. WINTER: Ausbildungscontrolling, Esch-born 2009 (Schriftlicher Lehrgang von Manage-mentCircle, Lektion 11, 2. Aufl.)

[2] BUER, J. VAN: Bildungscontrolling, in: Rauner, F. (Hrsg.):Handbuch Berufsbildungsforschung, Bielefeld 2006,S. 435–440

[3] Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.): Ausbildung-Plus 2010 in Zahlen. Bonn 2011

[4] FALK, R./R. ZEDLER: Qualifizierung durch duale Studien-gänge, in: Schwuchow, K./J. Gutmann (Hrsg.): Jahr-buch Personalentwicklung 2008, Köln 2008, S. 389–396

[5] FALK, R.: Betriebliches Bildungsmanagement. Köln 2000

[6] GEIßLER, H.: Bildungscontrolling, in: Kaiser, F.-J./G. Pät-zold (Hrsg.): Wörterbuch Berufs- und Wirtschafts-pädagogik, Bad Heilbrunn 2006, S. 184

[7] KäPPLINGER, B.: Bildungscontrolling: Vor allem in Groß-betrieben ein Thema, in: Bundesinstitut für Berufs-bildung (Hrsg.): REPORT 13/99, Bonn 2009

[8] KREKEL, E. M./B. SEUSING (Hrsg.): Bildungscontrolling –ein Konzept zur Optimierung der betrieblichen Weiter-bildung, Bielefeld 1999, S. 5–11

[9] KüPPERS, B./D. LEUTHOLD/H. PüTZ: Handbuch BeruflicheAus- und Weiterbildung. München 2001

[10] LANDSBERG, G. VON/R. WEIß (Hrsg.): Bildungs-Controlling.Stuttgart 1995

[11 LOHMAR, G.: Ausbildungsqualität mit Steuerungs-indikatoren sichern, in: Schwuchow, K./J. Gutmann(Hrsg.): Jahrbuch Personalentwicklung 2006, München2006, S. 305–311

[12] WEIß, R.: Bildungscontrolling: Wunderwaffe oder Da-moklesschwert?, in: Schwuchow, K./J. Gutmann(Hrsg.): Jahrbuch Personalentwicklung 2006, München2006, S. 267–276

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[13] ZEDLER, R.: Kosten und Nutzen betrieblicher Berufsaus-bildung. In: Siegers, J./C. Kreklau: Handbuch der Aus-und Weiterbildung, Köln 2006 (175. Erg.-Lfg.)

[14] ZEDLER, R.: Aufgabe von Ausbildungsbetrieben und Be-rufsschulen: Qualität der Ausbildung sichern und för-dern, in: Wirtschaft und Berufserziehung, 62. Jg., 2010,Heft 10, S. 20–24

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