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Prof. Dr. med. Hartmut Link 1, Prof. Dr. med. Monika Engelhardt 2
1 Hämatologie und Onkologie, Kaiserslautern2 Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinik Freiburg, Interdisziplinäres Tumorzentrum Freiburg
Therapie von Knochenmetastasen bei soliden
Tumoren und Prävention skelettaler Morbidität
beim Multiplen Myelom
Potentielle Interessenkonflikte
Prof Dr. med. Hartmut Link:
Honorare für Berater-/Vortragstätigkeiten zu Produkt und/oder Unternehmen:
Accord Healthcare, Amgen, Hexal-Sandoz-Novartis, Mylan, Takeda, TEVA
Prof. Dr. med. Monika Engelhardt:
Honorare für Berater-/Vortragstätigkeiten zu Produkt und/oder Unternehmen:
Amgen, BMS, Janssen, Takeda
Inhalte
Knochenmetastasen: Pathophysiologie, Vorkommen, klinische Bedeutung
Diagnose, Serumuntersuchungen (Biomarker)
Therapie von Knochenmetastasen
Multiples Myelom - Prävention skelettaler Morbidität bei Knochenmanifestation
Fazit für die Praxis
Knochenmetastasen – Pathophysiologie,
Vorkommen, klinische Bedeutung
Der Teufelskreis der Knochenzerstörung bei Knochenmetastasen1-3
1. Boyle WJ et al., Nature 423:337–42, 2003. 2. Roodman GD. N Engl J Med 350(16):1655–64, 2004. 3. Weilbaecher KN, Guise TA, McCauley LK. Nat Rev Cancer 11(6):411–25, 2011.
Osteoblasten und
andere Knochenzellen
erhöhen die Expression
von RANK-Ligand.
2
Tumorzellen:
Sekretion von Faktoren,
die Osteoblasten zur
Sekretion von RANK-
Ligand anregen.
1
Knochenresorption: Freisetzung von
Wachstumsfaktoren aus der Knochen-
matrix, die die Tumoraktivität fördern.
4
Überexpression von
RANK-Ligand:
verstärkte Bildung und
Funktion sowie längeres
Überleben von Osteo-
klasten übermäßige
Knochenresorption.
3
Knochenmetastasen/-manifestationen treten am häufigsten bei Patienten mit Nierenzell-,
Bronchial-, Mamma- oder Prostatakarzinom oder Multiplem Myelom (MM) auf1-5
Von einer Knochenmetastasierung ist hauptsächlich das Achsenskelett betroffen, d.h. in
Wirbelsäule, Rippen und Becken, aber auch in Humerus und Femur können
Knochenmetastasen auftreten
Vorkommen – Knochenmetastasen
1. Suva LJ, et al. Nat Rev Endocrinol 7:208–18, 2011. 2. Riihimäki M, et al. Lung Cancer 86:78–84, 2014. 3. Kuchuk I, et al. J Bone Oncol 2:137–44, 2013. 4. Parker C, et al. N Engl J Med
369:213–23, 2013. 5. Raje N, et al. The Lancet 19: 3 370–81, 2018.
Vorkommen – SREs1-3
1. Lipton A, et al., Cancer 88(5):1082–90, 2000. 2. Saad F, et al., J Natl Cancer Inst 94(19):1458–68, 2011. 3. Rosen LS, et al., Cancer 100(12):2613–21, 2004.
Knochenmetastasen treten vor allem im fortgeschrittenen Krankheitsstadium auf
und führen oft zu Knochenkomplikationen (SREs, skeletal related events).
Als SREs definiert sind: operative Eingriffe
Hyperkalzämie
pathologische Fraktur
Bestrahlung
Rückenmarkkompression
Diagnose, Serumuntersuchungen (Biomarker)
Diagnostik
Konventionelle Röntgenaufnahme
Knochenszintigraphie
Computertomographie (CT)
Kernspintomographie (MRT)
Positronenemissionstomographie (PET)
1. Link H. Therapie von Knochenmetastasen. Der Onkologe 2014; 20: 766-771. doi:10.1007/s00761-014-2671-9. 2. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft,
Deutsche Krebshilfe, AWMF): Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen-Langversion 1.1, 2017, AWMF Registernummer: 032/054OL, http://leitlinienprogramm-
onkologie.de/Supportive-Therapie.95.0.html (Zugriff am 05.12.2018).
Verlaufskontrolle1
Die Beurteilung ist nicht einfach, da weniger die Größenänderung der Läsion als
vielmehr Zerstörung und Reparatur beurteilt werden müssen.
Bei Knochenmetastasen gelten eigene Beurteilungskriterien für das Ansprechen.
Von einer Tumorregression ist auszugehen, wenn eine Sklerosierung der bekannten
lytischen Metastasen festzustellen ist und es keinen radiologischen Hinweis auf neue
Läsionen gibt.
Diagnostik
1. Costelloe CM, Chuang HH, Madewell JE, Ueno NT. J Cancer 1:80–92, 2010.
Ein erhöhter Knochenmetabolismus wird durch verschiedene Biomarker in Blut und Urin
angezeigt, wie etwa die „cross-linked collagen peptides“ als osteolytische
Kollagenabbauprodukte
Serum-Biomarker werden in klinischen Studien weiter evaluiert, sind aber bisher nicht in
die klinische Praxis oder Routine eingezogen
Biomarker ermöglichen keine Aussagen zu individuellen Knochenläsionen, zudem sind
Änderungen ihrer Konzentration nicht krankheitsspezifisch
Die größte Bedeutung von Biomarkern könnte in der Identifizierung von Patienten mit
hohem Risiko für Knochenmetastasen oder Progression von Knochenläsionen liegen.
Diese Aspekte werden derzeit in Studien evaluiert
Bei Patienten mit kastrationsresistentem Prostatakarzinom und Knochenmetastasen hat
sich gezeigt, dass erhöhte Serumwerte für verschiedene Knochenumsatzmarker mit
einem schlechteren Gesamtüberleben assoziiert sind und bei der Identifizierung
prognostischer Subgruppen helfen könnten3
Serumuntersuchungen (Biomarker)1-3
1. Link H. Therapie von Knochenmetastasen. Der Onkologe 2014; 20: 766-771. doi:10.1007/s00761-014-2671-9. 2. Stewart AF. N Engl J Med 352(4):373–9, 2005.
3. Lara Jr PN, et al. Cancer Treat. Res. Commun.16:18-23, 2018.
Therapie von Knochenmetastasen
Therapie von Knochenmetastasen1,2
Therapieoptionen
Strahlentherapie
Einzeldosisbestrahlung
oder fraktionierte Bestrahlung
Therapie mit Radionukliden
Antiresorptive Therapie Bisphosphonate
RANKL-AntikörperOperative Intervention
Andere systemische Therapien (u.a.
Zytostatika, immunmodulierende
Therapie)
Patienten mit
Knochenmetastasen werden
meist palliativ behandelt.
Um die bestmögliche
Versorgung zu gewährleisten,
sollte eine multidisziplinäre
Zusammenarbeit erfolgen.
1. Coleman R, Hadji P, Body JJ et al. Bone Health in Cancer: Esmo Clinical Practice Guidelines. Ann Oncol 2020. doi:10.1016/j.annonc.2020.07.019.
2. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen-Langversion 1.1, 2017, AWMF
Registernummer: 032/054OL, http://leitlinienprogramm-onkologie.de/Supportive-Therapie.95.0.html (Zugriff am 05.12.2018).
1. Lutz S, Chow E. J Bone Oncol 1(1):18–23, 2012. 2. Coleman R, Hadji P, Body JJ et al. Bone Health in Cancer: Esmo Clinical Practice Guidelines. Ann Oncol 2020.
doi:10.1016/j.annonc.2020.07.019.
Therapie von Knochenmetastasen – Strahlentherapie1,2
Lokale Strahlentherapie
Sehr effektiv bei Knochenschmerzen (85% Ansprechrate, 50% vollständige Schmerzfreiheit)
Zur Schmerzminderung bei ossären Metastasen ist die Einzeldosisbestrahlung einer fraktionierten
Strahlentherapie grundsätzlich vorzuziehen, zumal beide Verfahren ähnlich gut wirksam sind.1,2
Indikationen
Bei wenigen lokalisierten Metastasen
Lokalisierter Tumorschmerz
(drohende) pathologische Fraktur
(drohendes) Querschnittssyndrom
Nach operativer Versorgung einer Knochenläsion
Wirkmechanismus
Abtötung und Inaktivierung proliferationsfähiger Tumorzellen
Hemmung des Entzündungsprozesses durch Verminderung der Leukozytenzahl und Beeinflussung
schmerzinduzierender Mediatorsubstanzen
Spinalkompression (SCC): Medizinischer Notfall
Dringende MRT zur Bestätigung der Diagnose
Sofort 16-24 mg Dexamethason (Dexa) pro Tag
Wenn möglich: Dexa über 2 Wochen kontinuierlich reduzieren
Bei gutem Performance Status (PS), limitierter Erkrankung und einem einzigen Kompressionsbereich:
sollte chirurgische Beurteilung erfolgen, um Eignung für chirurgischen Eingriff mit anschließender
Nachbestrahlung (RT) zu klären
Patienten ohne Eignung für chirurgischen Eingriff:
Indikation zur RT allein
Einzeldosis 8-Gy-Fraktion für Patienten mit schlechter Prognose ausreichend
Längeres Fraktionierungsschema für Patienten, die für lokale Tumorkontrolle in Betracht kommen
Coleman R, Hadji P, Body JJ et al. Bone Health in Cancer: Esmo Clinical Practice Guidelines. Ann Oncol 2020. doi:10.1016/j.annonc.2020.07.019
1. Parker C, Nilsson S, Heinrich D et al., N Engl J Med 369(3):213–23, 2013. 2. Saylor PJ, Rumble RB, Tagawa S et al. Bone Health and Bone-Targeted Therapies for Prostate Cancer:
ASCO Endorsement of a Cancer Care Ontario Guideline. Journal of Clinical Oncology 2020; 38: 1736-1743. doi:10.1200/jco.19.03148. 3. Coleman R, Hadji P, Body JJ et al. Bone Health
in Cancer: Esmo Clinical Practice Guidelines. Ann Oncol 2020. doi:10.1016/j.annonc.2020.07.019
Therapie von Knochenmetastasen – Strahlentherapie
Radionuklidtherapie
Verwendete Radionuklide bei multiplen Knochenmetastasen:
Strontium-89
Samarium-153-EDTMP
Radium-223 (Ra-223)
Die Radionuklide bzw. die daran gekoppelten Bisphosphonate lagern sich an den Hydroxylapatit
des metastatisch aktivierten Knochens an und wirken lokal durch β- oder α-Strahlung.
Bei Patienten mit Prostatakarzinom und ausschließlich ossären Metastasen zeigte der
knochenspezifische α-Strahler 223Radium-Dichlorid (Ra-223) signifikanten Überlebensvorteil.1
Es gibt Hinweise auf einen Nachteil in Form eines erhöhten Frakturrisikos durch die Kombination
von Ra-223 bei gleichzeitiger Verabreichung von Abirateron und der Einleitung von Prednison;
diese Kombination sollte deshalb vermieden werden.2,3
Es gibt keine ausreichenden Belege für die gleichzeitige Anwendung von Ra-223 mit anderen
Sekundärtherapien, von denen bekannt ist, dass sie das Überleben beim metastasierten
kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) verlängern.2,3
1. https://de.wikipedia.org/wiki/Biphosphonate. 2. Papapoulos SE. Best Pract Res Clin Endocrinol Metab 22(5):831–47, 2008. 3. Rachner, T.D., Jakob, F. & Hofbauer, L.C.
Knochenmetastasen. Internist 57, 666–674 (2016). https://doi.org/10.1007/s00108-016-0076-0
Therapie von Knochenmetastasen - antiresorptive Therapie
Bisphosphonate sind Pyrophosphate mit einem zentralen Kohlenstoffatom. Die Seitenketten am zentralen
Kohlenstoffatom bestimmen die Affinität zu Hydroxylapatit und damit die relative Wirkstärke der
verschiedenen Bisphosphonate
Sie bilden demnach vier Gruppen1:
Bisphosphonat ohne Stickstoff: Etidronat, Clodronat, Tiludronat
Aminobisphosphonate: Pamidronat, Alendronat
Am Stickstoff substituierte Aminobisphosphonate: Ibandronat
Bisphosphonate mit einem basischen Heterocyclus: Risedronat, Zoledronsäure
Bisphosphonate hemmen Osteoklasten direkt, dadurch wird die Knochenresorption vermindert und die
Mineralisation verstärkt1,2,3
Stickstoffhaltige Bisphosphonate hemmen die Osteoklasten stärker und werden daher in der
antiresorptiven und osteoprotektiven Therapie bevorzugt
Bisphosphonate erreichen aufgrund ihrer strengen Affinität zu Hydroxylapatit und aktivem Knochenumbau
nicht alle Knochenbereiche
Bisphosphonate
1. Whyte MP. N Engl J Med 354(8):860–3, 2006. 2. Brown JE, Coleman RE. Nat Rev Clin Oncol 9(2):110–8, 2012. 3. Fizazi K, et al., J Clin Oncol 27:1564–71, 2009. 4. Coleman R, Hadji P, Body
JJ et al. Bone Health in Cancer: Esmo Clinical Practice Guidelines. Ann Oncol 2020. doi:10.1016/j.annonc.2020.07.019. 5. Rachner, T.D., Jakob, F. & Hofbauer, L.C.
Knochenmetastasen. Internist 57, 666–674 (2016). https://doi.org/10.1007/s00108-016-0076-0
Therapie von Knochenmetastasen - antiresorptive Therapie
RANKL-Antikörper – Denosumab
Denosumab ist ein voll humaner monoklonaler Antikörper mit hoher Affinität und Spezifität für den
humanen RANK-Liganden (RANKL)
Denosumab inhibiert ähnlich wie Osteoprotegerin die Interaktion von RANKL mit RANK auf den
Osteoklasten1,2
Denosumab wird als therapeutischer Antikörper gleichmäßig im Skelett verteilt
Denosumab zeigt auch nach ineffektiver Bisphosphonattherapie gute Wirksamkeit bei
Skelettmetastasen3
Denosumab ist wirksamer als Zoledronsäure bei der Prävention von Knochenkomplikationen aufgrund
von Knochenmetastasen solider Tumoren4,5
Therapie von Knochenmetastasen - antiresorptive Therapie1-5
1. Boyle WJ et al., Nature 423:337–42, 2003. 2. Roodman GD. N Engl J Med 350(16):1655–64, 2004. 3. Green JR. Oncologist 9(Suppl 4):3–13, 2004.
4. Mundy GR. Nat Rev Cancer ;2:584–93; 2002. 5. McClung MR, et al. N Engl J Med;354:821–31; 2006.
RANK-Ligand
Osteoblast
Tumorzelle
Osteoklast
Bisphosphonate
Osteoblasten und
andere Knochenzellen
erhöhen die Expression
von RANK-Ligand
2
Tumorzellen:
Sekretion von Faktoren,
die Osteoblasten zur
Sekretion von RANK-
Ligand anregen
1
Überexpression von
RANK-Ligand:
verstärkte Bildung und
Funktion sowie längeres
Überleben von Osteo-
klasten übermäßige
Knochenresorption
3
Knochenresorption: Freisetzung von
Wachstumsfaktoren aus der Knochen-
matrix, die die Tumoraktivität fördern
4
Denosumab fängt freien RANK-
Ligand ab und hemmt dadurch
Bildung, Funktion und Überleben
der Osteoklasten.
Bisphosphonate werden bei der Knochenresorption
von den Osteoklasten aufgenommen und wirken erst
dort. Sie hemmen Enzymwege und induzieren eine
Inaktivierung oder Apoptose der Osteoklasten.
Multiples Myelom
Prävention skelettaler Morbidität bei
Knochenmetastasen
Prävention skelettaler Morbidität bei Knochenmetastasen
1. Coleman R, Hadji P, Body JJ et al. Bone Health in Cancer: Esmo Clinical Practice Guidelines. Ann Oncol 2020. doi:10.1016/j.annonc.2020.07.019. 2. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche
Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen-Langversion 1.1, 2017, AWMF Registernummer: 032/054OL, http://leitlinienprogramm-
onkologie.de/Supportive-Therapie.95.0.html (Zugriff am 05.12.2018). 3. Zoledronsäure: EPAR – Product Information. European Medicines Agency [08.08.2018],
https://www.ema.europa.eu/documents/product-information/zometa-epar-product-information_de.pdf [cited 05.12.2018]. 4. Denosumab : EPAR - Product Information - European
MedicinesAgency [24.05.2018], https://www.ema.europa.eu/documents/product-information/xgeva-epar-product-information_de.pdf [cited 05.12.2018].
Bisphosphonate und Denosumab haben sich auf Basis vieler randomisierter
Vergleichsstudien als effektive Medikamente etabliert, um skelettale Komplikationen bei
Knochenmetastasen signifikant zu verzögern oder zu verringern1,2
Dies gilt sowohl für das erste Auftreten als auch für die gesamte Anzahl skelettaler
Ereignisse1
Beide sind zugelassen zur Prävention von skelettbezogenen Komplikationen bei
Erwachsenen mit Knochenmetastasen aufgrund von soliden bzw. auf das Skelett
ausgedehnten Tumorerkrankungen3,4
In Bezug auf die Wirksamkeit ist Zoledronsäure tumorübergreifend das wirksamste
Bisphosphonat
Der RANKL-Antikörper Denosumab ist der Zoledronsäure überlegen1
Prävention skelettaler Morbidität bei Knochenmetastasen –
ESMO Leitlinien 2020
Zoledronsäure oder Denosumab werden bei Patienten mit fortgeschrittenem Lungen-,
Nierenkrebs und anderen soliden Tumoren mit klinisch signifikanten
Knochenmetastasen und einer Lebenserwartung von ≥3 Monaten empfohlen
Zoledronsäure oder Denosumab werden bei Patienten mit kastrationsresistentem
Prostatakarzinom und Knochenmetastasen empfohlen, unabhängig davon, ob sie
symptomatisch sind oder nicht
Das Multiple Myelom (MM) ist oft gekennzeichnet durch einen
Wechsel von Remissionen und Rezidiven
Myeloma. International Myeloma Foundation; 2011/2012 edition; Kumar. Mayo Clin Proc. 2004; 79: 867.
Das Multiple Myelom hat weitreichende
klinische Konsequenzen
International Myeloma Foundation. 2011/2012 edition. http://myeloma.org/pdfs/Concise%20Review.pdf [aufgerufen März 2015]; Multiple Myeloma Research Foundation.
http://www.themmrf.org/assets/mmrf-disease-overview.pdf [aufgerufen März 2015]; Snowden JA, et al. Br J Haematol 2011;154:76–103.
Multiples Myelom und Knochenkomplikationen
Das Multiple Myelom (MM) ist ein durch Knochenläsionen gekennzeichnetes
Plasmazellmalignom. Bei Diagnose weisen 80% der Patienten osteolytische Läsionen
auf
Die myelombedingten Knochenläsionen beruhen auf einem durch Osteoklasten
vermittelten Abbau der Knochensubstanz und können durch sezernierte MM-
Zellfaktoren, wie den RANK-Liganden (RANKL), direkt gefördert werden1
Der RANK-Ligand (RANKL) ist ein Schlüsselfaktor der osteoklastenvermittelten
Osteolyse. Er erhöht das Risiko für das Auftreten von Skelettkomplikationen (SRE:
skeletal-related events) sowie von Morbidität und Mortalität und wirkt sich negativ auf
die Lebensqualität aus2
Der mit hoher Spezifität und Affinität an RANKL bindende, humane monoklonale
Antikörper Denosumab könnte das RANKL-vermittelte Myelomwachstum und die
Reaktivierung von Myelomzellen auf direktem Wege hemmen3
1. Spanoudakis et al., Overexpression of RANKL by invariant NKT cells enriched in the bone marrow of patients with multiple myeloma, Blood Cancer J, 2016. 2. Weinfurt et al.,
The significance of SREs for the HRQOL of patients with metastatic prostate cancer, Ann Oncol., 2005. 3. Lawson et al., Osteoclasts control reactivation of dormant myeloma cells
by remodeling the endosteal niche, Nat Commun., 2015.
Zoledronsäure ist Clodronsäure beim Multiplen Myelom (MM) mit signifikant
weniger Skelettereignissen (SRE) überlegen (SRE: 27% vs. 35%)1
Prävention skelettaler Morbidität bei Knochenmanifestationen: MM
1. Morgan GJ, et al., Lancet Oncol 12(8):743–52, 2011.
Prävention skelettaler Morbidität bei Knochenmanifestationen: MM
Wenn Zoledronsäure zur Standarderstlinientherapie gegeben wurde:1
Signifikante Risiko-Reduktion der Todesrate (OS) um 16% (p=0,0118)
Verlängerung der medianen Überlebenszeit von 44,5 auf 50 Monate und des
medianen progressionsfreien Überlebens (PFS) von 17,5 auf 19,5 Monate
(Risikoreduktion 12%; p=0.0179)
1. Morgan GJ, et al., Lancet 376(9757):1989–99, 2010.
Randomisierte, doppelblinde Studie bei Patienten mit neu
diagnostiziertem MM: Vergleich Zoledronsäure vs. Denosumab
Raje N, Terpos E, Willenbacher W et al. Denosumab versus zoledronic acid in bone disease treatment of newly diagnosed multiple myeloma: an international, double-blind, double-dummy,
randomised, controlled, phase 3 study. Lancet Oncol 2018; 19: 370-381. doi:10.1016/S1470-2045(18)30072-X; *Coleman R, Hadji P, Body JJ et al. Bone Health in Cancer: Esmo Clinical Practice
Guidelines. Ann Oncol 2020. doi:10.1016/j.annonc.2020.07.019; ** Das progressionsfreie Überleben war ein explorativer Endpunkt in der Studie
ESMO Statement*
Denosumab wurde bei neu diagnostizierten MM-Patienten mit Zoledronsäure verglichen.
Denosumab war gegenüber Zoledronsäure in der Verzögerungszeit bis zum ersten SRE statistisch nicht unterlegen und verlängerte das mediane progressionsfreie Überleben** um 10,7 Monate, ein Vorteil im Gesamtüberleben bestand nicht.
Denosumab hat ein besseres renales Sicherheitsprofil, weil es nicht renal geklärt wird, insbesondere bei Patienten mit Kreatinin-Clearance von 30-60 ml/min.
Risikofaktoren einer Nierenfunktionsstörung bei Krebspatienten
Ursache Beispiele
Alter4,5 Höheres Alter ist mit einem höheren CKD Risiko assoziiert
Begleiterkrankung5 Diabetes mellitus, CKD, Hypertonie, Herzinsuffizienz,
Autoimmunerkrankungen
Begleitmedikation5,6 Bisphosphonate, NSAIDs, Antibiotika
eGFR, estimated glomerular filtration rate (geschätzte glomeruläre Filtrationsrate). CKD, chronic kidney disease (chronische Nierenerkrankung). NSAIDs, non-steroidal anti-inflammatory drugs
(nicht-steroidales antiinflammatorisches Arzneimittel).
1. KDIGO. Kidney Int Suppl 2013;3:1–150. 2. Launay-Vacher V, et al. Crit Rev Oncol Hematol 2009;70:124–33. 3. Launay-Vacher V, et al. Cancer 2007;110:1376–84. 4. Stevens LA, et al.
Adv Chronic Kidney Dis 2010;17:293–301. 5. Aapro M, Launay-Vacher V. Cancer Treat Rev 2012;38:235–40. 6. Perazella MA, Markowitz GS. Kidney Int 2008;74:1385–93.
Nierenfunktionsstörungen (eGFR < 60 ml/min/1,73 m2)1 sind bei Krebspatienten weit
verbreitet2
Arzneimitteltoxizitäten könnten sowohl bei Initiierung als auch Progression der
Nierenfunktionsstörung involviert sein3
Erhöhtes Risiko bei Nierenfunktion < 60 ml/min/1,73 m2
Krebspatienten mit Nierenfunktionsstörung könnten eine zusätzliche Überwachung,
Dosisreduzierung und/oder Einstellung der Behandlung benötigen, falls sie
nephrotoxische Arzneimittel erhalten, oder solche, die über die Nieren ausgeschieden
werden2
Relevante Faktoren für Patienten mit Multiplem Myelom:
Knochenkomplikationen und Nierenfunktionsstörung –
komplexe Interaktion beim Multiplen Myelom
Kanellias et al. Expert Rev Hematol. 2018; 11(11): 881-888.1. Alexanian et al. Arch. Intern Med. 1990; 150(8): 1693-1695. 2. Blade et al. Arch Intern Med. 1998; 158(17): 1889-1893. 3. Kyle et al. Mayo Clin Proc. 2003; 78(1): 21-33. 4. Eleutherakis-Papaiakovou et al. Leuk Lymphoma. 2007; 48(2): 337-341. 5. Christoulas et al. Expert Rev Hematol. 2009; 2(4):385-398.
Beeinträchtigung der Niere als schwere Komplikation beim MM
Inzidenz bei Diagnose: 20-40%1-4
Häufigste Form: myelominduzierte Nephropathie
Knochenkomplikationen als weiterer Aspekt des MM
70-80% der Patienten haben bei Diagnose bereits osteolytische Knochenläsionen und/oder Osteoporose5
Verschiedene osteoprotektive Medikamente werden vom
Körper unterschiedlich abgebaut
†Wahrscheinlicher Abbauvorgang von monoklonalen Antikörpern.
1. Lipton A, et al. Eur J Cancer 2012;48:308292. 2. European Medicines Agency, Human medicines European Public Assessment Report (EPAR): denosumab.
3. Lewiecki EM. Biologics 2008;2:64553. 4. Novartis. Zoledronsäure, Fachinformation. Kapitel 5.2 (Stand März 2017).
Denosumab
Retikuloendotheliales
System†2,3Niere4
Zoledronsäure
Denosumab wird nicht über die Niere ausgeschieden1
Verträglichkeitsdaten: Denosumab-Zulassungsstudie
beim Multiplen Myelom
Denosumab (n=850) Zoledronsäure (n=852)
Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse (UE) 46 % 47 %
Hypokalzämie 17 % 12 %
Schwerwiegend 1 % <1 %
Positiver Befund einer Kieferosteonekrose 4 % 3 %
Grad 1-2 3 % 2 %
Grad 3 1 % 1 %
Potenziell mit renaler Toxizität assoziierte UE (Gesamt) 10 % 17 %
Bei Patienten mit CrCl ≤60 ml/min zu Studienbeginn 13 % 26 %
Potenziell mit Akute-Phase-Reaktionen assoziierte UE 5 % 9 %
Raje NS, Terpos E, Willenbacher W, et al. IMW 2017: Abstract OP-046 and oral presentation. Raje NS, Terpos E, Willenbacher W, et al. The Lancet Oncology. 2018. 19: 370–81
Im Denosumab-Arm traten weniger potenziell mit renaler Toxizität in Zusammenhangstehende UE auf als im Zoledronsäure-Arm (10% vs. 17%).
[Allerdings hatten auch weniger DEN- als ZOL-Patienten zu Studienbeginn eine eingeschränkte Nierenfunktion (CrCl<60ml/min)]
CrCl, Kreatinin-Clearance; DEN, Denosumab; UE, Unerwünschte Ereignisse; ZOL, Zoledronsäure
Therapeutische Indikation und Leitlinien bei Patienten mit
Nierenfunktionsstörung beim Multiplen Myelom
Hohe Dosis und Infusionsgeschwindigkeit bei Bisphosphonaten (BPs) erhöhen das
Risiko einer Nierenfunktionsstörung1
BPs mit langer Halbwertszeit (z.B. Zoledronsäure) können im Nierengewebe
akkumulieren2
Limitierte Datenlage zur Sicherheit von Zoledronsäure bei Patienten mit CrCl <30ml/min1
CrCl, Kreatinin-Clearance
1. Kanellias et al Expert Rev Hematol. 2018; 11(11): 881-888. 2. Pfister et al. Toxicology. 2004; 196: 169-170. 3. Terpos et al. J Clin Oncol. 2013; 31(8): 2347-2357.
Internationale Leitlinie:
Überwachung des Serumkreatininspiegels, Albumin (Urin) und
Elektrolyte (Serum) vor jeder Dosis Zoledronsäure3
Prävention skelettaler Morbidität bei Knochenmanifestation:
Multiples Myelom (MM)
1. Terpos E, et al., J Clin Oncol 31(18):2347–57, 2013. 2. Morgan GJ, et al., Lancet 376(9757):1989–99, 2010. 3. Coleman R, Hadji P, Body JJ et al. Bone Health in Cancer: Esmo
Clinical Practice Guidelines. Ann Oncol 2020. doi:10.1016/j.annonc.2020.07.019.
Die Leitlinien der International Myeloma Working Group (2013) empfehlen bei
Patienten mit neu diagnostiziertem MM die prophylaktische Therapie mit Pamidronat
oder Zoledronsäure in Ergänzung zur systemischen MM-Therapie, um skelettale
Ereignisse zu vermeiden1
Generell sollten Bisphosphonate bei Patienten mit ausgeprägter Osteopenie oder
Osteoporose gegeben werden
Zoledronsäure sollte gegenüber Clodronsäure wegen seines möglichen Anti-
Myelomeffekts und Vorteilen für das Überleben von MM-Patienten bevorzugt werden.1
Die Verlängerung des Überlebens ist unabhängig vom Auftreten skelettaler
Ereignisse2
ESMO Empfehlung3
• Zoledronsäure, Pamidronat oder Denosumab sollten bei der Diagnose des MM
begonnen werden
• Denosumab ist das Mittel der Wahl bei MM-Patienten mit Niereninsuffizienz
(Kreatinin-Clearance <60ml/min)
Algorithmus für den Einsatz von knochenspezifischer Therapie
bei Knochenmetastasen und MM-Knochenerkrankung
Coleman R, Hadji P, Body JJ et al. Bone Health in Cancer: Esmo Clinical Practice Guidelines. Ann Oncol 2020. doi:10.1016/j.annonc.2020.07.019
BTA, knochenspezifischer Wirkstoff; CR, komplette Remission; MM, Multiples Myelom; PR, partielle Remission; asiehe Empfehlungen zum Absetzen von Denosumab in der angegebenen Quelle
Fazit für die Praxis
Fazit für die Praxis
Patienten mit Knochenmetastasen sollten interdisziplinär behandelt werden. Die Therapiesollte systemische, radiologische, orthopädische und neurochirurgische sowie supportiveund palliative Verfahren integrieren.
Bei lokalisiertem Schmerz ist eine Strahlentherapie die Therapie der Wahl, dabei ist eineEinzeldosistherapie genauso effektiv wie fraktionierte Bestrahlungen.
Bisphosphonate und Denosumab sind Inhibitoren der Osteoklastenaktivität und wichtigeWirkstoffe bei der Behandlung von Knochenmetastasen, da sie Knochenkomplikationenverzögern, Schmerzen lindern und die Lebensqualität verbessern.
Eine osteoprotektive Therapie sollte bereits bei Diagnose der ersten Knochenmetastasebegonnen werden sowie unbegrenzt und über die gesamte Dauer der Erkrankung erfolgen.
Nierenfunktionsstörungen und Knochenkomplikationen sind zwei Hauptaspekte beimMultiplen Myelom, Nierenfunktionsstörungen können Behandlungsoptionen bzgl. SRE-Vorbeugung limitieren.
Zoledronsäure und Pamidronat werden nicht für Patienten mit schlechter Nierenfunktionempfohlen, hier gilt Denosumab als bessere Option - unabhängig vom Nierenstatus zuTherapiebeginn.
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