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Tobias Plettenbacher - Neues Geld Neue Welt

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Widmung:Fr meine Tochter Chiara und die Kinder dieser Welt, damit wir ihnen eine lebenswerte Zukunft hinterlassen.Es geht um die Kinder! Erich Kstner g eht

Tobias Plettenbacher

Neues Geld Neue WeltDie drohende Wirtschaftskrise Ursachen und Auswege

Der Druck dieser Publikation wurde finanziert durch die Grne Bildungswerkstatt O

Dieses Werk darf unter folgender Creative Commons Lizenz genutzt werden: Namensnennung - Keine kommerzielle Nutzung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 sterreich Deutsche Bibliothek CIP Einheitsaufnahme: Tobias Plettenbacher: Neues Geld Neue Welt Die drohende Wirtschaftskrise - Ursachen und Auswege 2. Auflage, 2008 ISBN: 978-3-0902555-16-8 Lektorat: Barbara Vanek Produktion: studio b, Trattenbach Umschlag, Satz, Gestaltung: cxgratzer Printed in Austria planetVERLAG ist eine Einrichtung der Grnen Bildungswerkstatt Neubaugasse 8, 1070 Wien, E-mail: [email protected], Web: www.ooe.gbw.at

InhaltTeil IGeld frisst WeltProbleme unseres Geld und Wirtschaftssystems 12

Teil IINeues Geld - Neue WeltTheoretische Lsungsanstze 46

Teil IIIDie Vergangenheit Neuen GeldesBlten und Bltezeiten 64

Teil IVNeues Geld in der PraxisRegionale Chancen in einer globalisierten Welt 76

Teil VEin komplementres GesamtmodellGemeinsam neue Wege gehen 130

Vorwort

Bedienungsanleitung

Warum schreibt ein kologe ein Buch ber Geld? Ist das vielleicht ein Tippfehler? Sollte hier konom stehen und jeder hats bersehen? Die Antwort ist etwas lnger: Als kologe beschftigt man sich jahrelang mit Umweltproblemen und sieht Zerstrung und Gefahren besonders deutlich. Denn vieles ging - v on den meisten unbemerkt - bereits unwiederbringlich verloren. Wer wei noch, dass das Tiroler Inntal bis in die 50er Jahre ein Meer blauer Irisblten war. Dass die Nordsee ein ppiger Unterwassergarten mit einer Vielfalt war, die wir heute nur aus Korallenriffen kennen. Dass unsere Kulturlandschaft um viele Blumen, Insekten und Tiere reicher und keine trostlose Monokultur war (die Innviertler Dreifelderwirtschaft ist brigens Mais, Mais und Mais ). Dass tglich ca. 100 Arten aussterben und 50.000 Hektar Regenwald gerodet werden, wo Arten verschwinden, die wir nie entdeckt haben. Dass das Ozonloch jhrlich weiter wchst. Dass das Klima nicht nur durch CO-Aussto bedroht ist, sondern durch Stickoxide und Methan (z.B. durch Dngung) oder den Flugverkehr (Kondensstreifen). Nach all den Horrorszenarien beginnt man sich zu fragen, warum wir unsere Lebensgrundlagen so kurzsichtig zerstren, in wenigen Jahren die gesamten Rohstoffreserven der Welt vergeuden und die Zukunft unserer Kinder aufs Spiel setzen. Und diese Fragen fhren unweigerlich zu unserem Wirtschaftssystem. Bei ATTAC Ried i.I. (Obersterreich) habe ich mich daher intensiver mit diesen Themen auseinandergesetzt. Doch wieder kommen Fragen auf: Warum zhlt nur mehr die kurzfristige Gewinnmaximierung? Warum werden tausende Arbeitspltze abgebaut und zugleich astronomische Gewinne gemacht? Warum soll unsere Wirtschaft stndig wachsen? Warum nimmt die Kluft zwischen Arm und Reich, 1. und 3. Welt stndig zu? Warum sind fast alle Lnder der Erde extrem verschuldet? Warum lacht uns jemand als Mann des Jahres von Hochglanzmagazinen entgegen, der mit Spekulationen zehntausende Menschen in Armut und Not gestrzt hat und indirekt fr tausendfachen Mord und Hungertod verantwortlich ist? Dass etwas nicht stimmt, sprt jeder von uns, und dass e s so nicht weitergehen kann, sagt uns unser Hausverstand. Und die Fragen fhren sehr rasch zu unserem Geldsystem, denn dieses ist die Basis unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft, die wichtigste Triebfeder fr unser Denken und Handeln. Wenn hier ein Fehler vorliegt, hat dies gravierende Auswirkungen auf alle Bereiche unseres Lebens...

Sie werden die Stirn runzeln und sich fragen: Warum bentigt ein Buch eine Bedienungsanleitung? Der Grund ist, dass Sie dieses Buch auf zwei Arten lesen knnen: Leseratten: Sie knnen dieses Buch wie gewohnt mit ins Bett nehmen, auf der linken Seite Zeile fr Zeile beginnen, umblttern und auf der nchsten weiter lesen. Das ergibt einen fortlaufenden Text, der sogar Sinn macht (was man eigentlich von den meisten Bchern erwarten sollte). Lesefaule: Sie knnen dieses Buch auch wie eine Tageszeitung durchblttern und die Stichworte und Abbildungen auf der rechten Seite berfliegen. Wenn etwas unklar ist, knnen Sie auf der linken Seite nachlesen (die zugehrigen Stichworte sind fett). Das Buch besteht aus lauter Doppelseiten, die jeweils ein Thema behandeln (mit ganz wenigen Ausnahmen): Auf der linken Seite steht der reine Text (gelber Hintergrund), rechts Abbildungen, Fotos oder eine Kurzfassung in Stichworten. Dieses Buch verfolgt keinen wissenschaftlichen Ansatz, sondern soll mglichst fr jeden lesbar sein. Viele Werke ber Geld sind nmlich so trocken, dass es Ihnen nach wenigen Seiten aus den Ohren staubt oder die Augen zu trnen beginnen. Leider scheint es im deutschsprachigen Raum (im Gegensatz zum englischsprachigen) schick zu sein, sich so kompliziert wie mglich auszudrcken, meterlange Stze zu bilden, Seiten zu schinden und mit mglichst vielen Fremdworten um sich zu werfen. Es soll offenbar niemand verstehen, was man schreibt (Wissenschaft). Zumindest werden SchlerInnen und StudentenInnen auf diese Schreibweise gedrillt. Hier wird versucht, sich auf das Wesentliche zu beschrnken. Fachausdrcke werden in Klammern ergnzt. Dadurch kann auf 150 Seiten geballtes Wissen vermittelt werden, fr das Sie sonst tausende Seiten durchforsten mssten. Natrlich wird Ihnen vertiefende Literatur empfohlen. Eine entsprechende Liste finden Sie im Anhang. Da es bisher kein Buch zum Thema Geld gibt, das auf die Situation in sterreich eingeht, wird hier versucht, mglichst viele Daten aus sterreich zu ergnzen. Wo dies nicht mglich ist, wird auf Daten aus Deutschland zurckgegriffen. Teils ist das Datenmaterial auch veraltet, da viele statistische Daten nicht mehr erhoben werden.

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Teil I: Geld frisst Welt

GeldWirtschaftssystems Probleme unseres Geld - und Wirtschaftssystems

Teil I Geld frisst WeltProbleme unseres Geldund Wirtschaftssystems

Zins - Geldvermgen - Verschuldung Die monetre Teufelsspirale berentwicklung der Geldvermgen und Zinslasten Ein Wasserkopf mit Folgen Exponentielles und natrliches Wachstum Haben Sie je Bume in den Himmel wachsen sehen? Staatsverschuldung systembedingt Eine extrem unsoziale Entwicklung Umverteilung von Vermgen Wer hat, dem wird gegeben Wie erfolgt die Umverteilung? Jeder zahlt Zinsen - auch wer keine Schulden hat Einkommensentwicklung in sterreich Verdienen durch Besitz nicht durch Arbeit sterREICH und sterARM Die Schere geht immer weiter auseinander Warum brauchen wir Wirtschaftswachstum? Volkswirtschaftliche Modellrechnung Wachstumszwang und Umweltzerstrung Geld frisst Welt - Die Geister, die wir riefen Brsenwahn und Spekulationsblasen Brsenkrach und Wirtschaftskrise Kapital zieht sich aus der Realwirtschaft zurck Das Mrchen von der freien Marktwirtschaft Globalisierung - Liberalisierung - Privatisierung Der groe Ausverkauf Industrialisierung und Arbeitsplatzvernichtung: von arbeits- zu kapitalintensiver Produktionsweise Zerstrung des Mittelstandes Der Fluch des Geldes - Der Untergang von Hochkulturen

14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44

Es sind gar nicht primr Konsum und Gewinnsucht, die den Kapitalismus rastlos vorwrts treiben, sondern die durch Zins alismus und Zinseszins lawinenartig wachsenden Geldvermgen und ein unerbittlicher Zwang, unter dem die Schuldner stehen, nmlich mit jeder Produktio n auch den Zins erwirtschaften zu mssen.Josef Hwe, dt. konom und Wirtschaftspublizist 12

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Zins - Geldvermgen - Verschuldung

Die monetre Teufelsspirale

Das Grundproblem unseres Geld- und Wirtschaftssystem lsst sich auf ein einziges Wort reduzieren: Zinseszinseffekt. Das lsst sich so erklren: Der Geldkreislauf besteht darin, dass Geldvermgen angespart und in Form von Krediten verliehen werden. Zustzlich zur Tilgung mssen aber auch Zinsen zurckgezahlt werden. Dadurch wachsen die Geldvermgen und auch der Schuldenberg automatisch immer weiter - eine monetre Teufelsspirale. Das Problem dabei ist ein mathematisches: Dieses Wachstum erfolgt nicht gleichmig (linear), sondern steigert sich durch den Zinseszinseffekt (Mitverzinsung der Zinsen) immer schneller - man spricht von exponentiellem Wachstum. Diese Art des Wachstums ist widernatrlich und fhrt auch bei geringen Wachstumsraten (Zinsstzen) in kurzer Zeit zu astronomischen Betrgen, wie wir noch sehen werden. Solche Flle bezeichnet man auch als positive Rckkopplung: Wenn Sie durch Essen nicht satt, sondern im Gegenteil immer hungriger werden wrden, wre dies ebenfalls eine positive Rckkopplung: Sie wrden Essen bis zum Platzen. Zum Glck hat die Natur nur negative Rckkopplungen vorgesehen: Sie werden satt. Zu jeder Kraft gibt es eine Gegenkraft, ein Regulativ. Das Problem unseres Geldsystems lsst sich also so umschreiben: Es wird nicht satt - es ist unersttlich. Leider wird dieses Problem fast nur von Naturwissenschaftlern und Technikern (Physikern, kologen, Ingenieuren...) erkannt. konomen haben offenbar kein Verstndnis fr reale Prozesse. Auerdem scheinen sie oft einfach nicht rechnen zu knnen oder zu wollen. Die untere Grafik zeigt, wie durch den Geldkreislauf Schulden und Vermgen im gleichen Ausma wachsen. Die Summe der Schulden von Staat, Unternehmen und Haushalten Deutschlands berstieg 2000 bereits 11 Billionen Euro. In 500 -Scheinen aufeinander gestapelt, wre dies ein ca. 2200 km hoher Turm (17% des Erddurchmessers)! Und diese Entwicklung muss systembedingt so weiter gehen. Solange die Vermgen wachsen, muss auch der Schuldenberg wachsen. Doch warum mssen Vermgen wachsen? Die Voraussetzung, dass Geldbesitzer Geld herleihen, sind positive Zinsen - sie wollen mehr zurck als sie verliehen haben. Wenn der Zinssatz unter eine magische Grenze von 2-3% fllt (in den 90ern wurde diese bei 6% angesetzt), ist niemand bereit, Geld zu verleihen (sog. Liquidittsfalle) - die Wirtschaft bricht zusammen (Deflation). Die Wirtschaftspolitik muss also immer darauf achten, den Zinssatz ber dieser Grenze zu halten. 14

Kreditvergaben

Geldvermgen

Geld- Geldverm- vermgen gen

Verschuldung

Verschuldung

Verschuldung

Tilgung plus Zinsen Helmut Creutz Nr. 046 Die monetre Teufelsspirale Eskalation der Vermgen und Schulden durch Zinsen

National konomie ist, wenn die Leute sich wundern, L eute warum sie kein Geld haben." Kurt Tucholsky

Entwicklung von Geldvermgen und Verschuldung Deutschland 1960-2000 in Mrd. Euro Gnter Hannich 15

Geldvermgen berentwicklung der Geldvermge n und Zinsla sten700

Ein Wasserkopf mit Folgen...656

Die Entwicklungen der Schulden und Vermgen hlt nicht Schritt mit der wirtschaftlichen Entwicklung - es findet eine so genannte berentwicklung statt: Die Geldvermgen sind im Vergleich zum linear wachsenden Bruttosozialprodukt um ein vielfaches gewachsen (exponentiell). Die Summe der Nettolhne und -gehlter ist seit den 80er Jahren sogar gesunken. Wie bei einem Organismus, bei dem ein Krperteil schneller wchst als alle anderen, muss e s dadurch zu massiven Problemen kommen: Stellen Sie sich ein Kind vor, dessen Kopf um ein vielfaches schneller wchst als der Rest des Krpers. Die Versorgung mit Blut wird kritisch werden und der Krper wird unter dem enormen Gewicht des Wasserkopfs leiden. Auch die Kostenentwicklung zeigt, dass die Bankzinsertrge bzw. die Zinskosten, die von Staat, Firmen und Privathaushalten getragen werden mssen, um das vielfache gestiegen sind, und die Volkswirtschaft massiv belasten. Im Vergleich dazu sind die Kosten fr Krankenversicherung und limporte nur gering gestiegen (relativ zum Sozialprodukt sogar etwas gesunken). ber die beiden letzten wird viel diskutiert und geschrieben - die Zinslasten sind hingegen ein Tabuthema. Nach Helmut Creutz belief sich das zinsbringende Gesamtkapital in Deutschland im Jahr 1996 auf ca. 13.500 Mrd. DM und damit die jhrliche Zinslast ca. 945 Mrd. DM. Der Anteil der Zinslast am Bruttosozialprodukt betrug 26% - pro Kopf und Jahr etwa 25.000 DM! Problematisch sind nicht nur Bankzinsertrge, sondern jede Form von Besitzeinkommen (Mietzinsen, Renditen etc.). Denn jedes Vermgen, das sich ohne Arbeit vermehrt, kann exponentiell wachsen. Hingegen kann niemand mehr als 24 Stunden am Tag arbeiten oder seine Produktivitt endlos steigern. Geld ist jedoch die Basis aller Vermgen.

Zuwachsraten im Vergleich Deutschland 1950-2000 Jahresmittel in Mrd. D-Mark Helmut Creutz Nr. 022

600

500

Geldvermgen Sozialpr odukt Nettolhne-/gehlter

400

300 248 200 146 100 26 020 7 38 14 27 24 13

Sozialprodukt wchst linear Geldvermgen wachsen berproportional (exponentiell) Nettolhne und -gehlter haben sogar abgenommen Sozialprodukt wchst linear Geldvermgen wachsen berproportional (exponentiell) Nettolhne und -gehlter haben sogar abgenommen

5781

97

121

Mrd. D-Mark19801990 19902000

19501960

19601970

19701980

600

500

Kostenentwicklung im Vergleich Deutschland 1970-2000 Helmut Creutz Nr. 101

Bankzinsertrge

400

Der Wucherer ist mit vollstem Recht verhasst, weil das Geld hier selbst verha sst, ss die Quelle des Erwerbs ist und nicht dazu gebraucht wird, wozu es erfunden ward. Denn das Geld ist fr den Tausch entstanden, der Zins aber macht aus Geld mehr Geld, sodass er von allen Erwerbszweig en (384Philosoph der Naturwid rigste ist. Aristotele s (384 -322 v.Chr.), grie ch. Philo soph ist. Wer Zins nimmt, lebt auf Kosten der Arbeit anderer, ohne ihnen fr diedie se Arbeit irgendein e Gegenleistung zu geben. Durch den Zins wird der Gleichwertgrundsatz in schwerster Weise verletzt. Christentum und Zins sind unverein bar. Johannes Ude, Dekan der kath. Fakultt Graz16

300

Bankzinsertrge wachsen berproportional (exponentiell) andere Kosten wachsen meist linear zum Sozialprodukt Bankzinsertrge wachsen berproportional (exponentiell) andere Kosten wachsen meist linear zum Sozialprodukt1970 75 80

200

Krankenversicherung100

limporte85 90 95 0 2000

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Exponentielles und natrliches Wachstum

sehen? Haben Sie je Bume in den H immel wachsen sehen?

Exponentielles Wachstum ist trgerisch, weil schon bei relativ gerin gen Wachstumsraten in kurzer Zeit astronomische Zahle n erreicht werden.brit. Wachstums) Dennis L. Meadows, brit. konom 1972 (D ie Grenzen des Wachstums) Wenn ein Betrag um einen gewissen Prozentsatz jhrlich zunimmt, verdoppelt er sich im Laufe der Jahre immer schneller. Dies nennt man exponentielles Wachstum. Die Geschwindigkeit der Verdopplung kann man berechnen, indem man 72 Jahre durch den Zinssatz dividiert. Bei 8% verdoppelt sich ein Betrag also alle 9 Jahre, und selbst bei nur 2% alle 36 Jahre. Durch den Zinseszinseffekt wachsen auch Vermgen und Schulden exponentiell immer rascher in den Himmel. Aber haben Sie jemals Bume in den Himmel wachsen sehen? Dies widerspricht dem nachhaltigen Wachstum der Natur, das umgekehrt verluft (logarithmisch): anfangs hoch, mit der Zeit abnehmend und schlielich Stillstand (es geht von einem quantitativen in ein qualitatives Wachstum ber). Dies kann jeder an sich selbst nachvollziehen: zuerst wachsen wir in die Hhe, spter in die Breite... Das tckische am exponentiellen Wachstum ist, dass es anfangs kaum wahrnehmbar ist, dann aber frmlich explodiert. Wie bei einem Tumor der ebenfalls exponentiell wuchert - ist es meist schon zu spt, wenn er entdeckt wird. In der Natur kommt exponentielles Wachstums nur bei extremen Ungleichgewichten oder Krankheit vor (Krebszellen, Algenblte bei Nhrstoffberschuss...). Ohne Zinseszins (wenn die hinzukommenden Zinsen nicht mitverzinst werden) wrden Geldanlagen nur linear, also nicht explosionsartig wachsen. Eine Einlage von 10.000 wrde bei einer Verzinsung von 6% in 50 Jahren durch Zins um 30.000 ansteigen. Durch den Zinseszins (Mitverzinsung des Zinses), wchst sie um weitere 144.202 . Das Gesamtvermgen wre auf 184.202 gestiegen - um 1842%. Es ist offensichtlich, dass dies selbst bei geringen Zinsstzen nur wenige Jahrzehnte funktionieren kann. Doch dieser Wachstumskurve werden wir in diesem Buch noch oft begegnen. Das Problem ist, dass Menschen exponentie lles Wachstum kaum unserem Denken. erfassen knnen - es widerspricht unsere m Denken . Dazu eine intuiti Frage, die Sie mglichst rasch und intuitiv beantworten sollten:

Wachstum einer Geld anlage durch Zinseszins (exponentie ll): anfangs gering (kaum wahrnehmbar) dann explosionsartig Natrliches Wachstum ist umgekehrt (logarithmisch): anfangs stark dann abnehmend lange stabil (qualitatives Wachstum) Helmut Creutz Nr. 070 (mod.)

200.000

bei 6% Verzinsung150.000

184.202 durch Zinseszins:

100.000

144.202

50.000 durch Zins:

Wasserlinsen vermehren sich in einem Teich tglich um 100%. Sie haben 1/2 Jahr bentig t, um den halben Teich zu berwuchern. Wie lange dauert es, bis sie den ganzen Teich bedecken?Gefhlsmi noch ein Gefhlsmig wrden fast alle antworten: n och e in weiteres 1/2 aber: Jahr. Die richtige Antwort la utet aber: nur einen ein zigen Tag. 18

Einlage

10.000

30.000 0

30 50 Jahre 10 20 40 Entwicklung einer Geld anla ge durch Zins und Zinseszins ber 50 Jahre bei 6% Verzinsung Helmut Creutz Nr. 129 (mod.)

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Staatsverschuldung systembedingt

Eine extrem unsoziale Entwicklung

Wenn das Kapitalangebot aus privaten Ersparnissen steigt, gleich zeitig gleichzeitig die Kapitaln achfrage der Unternehmen gering bleibt, muss der Staat das am Markt anstehende Kapital berangebot aufnehmen, weil andeaufneh men, ande wrde. renfalls ein e deflationre Wirtschaftsentwicklung einsetzen wrde.SachverstndigenBundesProf. Rdig er Pohl vom Sachverstndigen -Gremium der dt. Bundesregierung (5 Wirtschaftsweisen), Die Zeit 11.12.1987 Staatsverschuldung ist keine Fahrlssigkeit von Regierungen, sondern ein Systemzwang: Wenn Brger oder Firmen sparen und nicht bereit sind, sich im erforderlichen Ausma zu verschulden, muss der Staat in die Bresche springen und Kredite aufnehmen - auch wenn er sie gar nicht bentigt - nur um zu verhindern, dass die Zinsstze unter die magische Grenze fallen und eine Wirtschaftskrise auslsen. Wrde man die deutschen Staatsschulden (1521 Mrd. Euro) in 500 Scheinen aufeinander stapeln, ergbe dies einen 300 km hohen Turm! Selbst wenn der deutsche Staat all seine Gebude verkaufen wrde, wren erst 30% seiner Schulden getilgt (Prof. Rainer Roth). Auch der Schuldenberg sterreichs wchst seit den 70ern unaufhaltsam. Er ist nur 30 km hoch (pro Kopf ca. gleich hoch wie in Deutschland). Selbst der Verkauf von Staatsbetrieben und Tafelsilber hat nicht lange vorgehalten. Das Strohfeuer zgert das Problem nur kurzfristig hinaus und verschlimmert es, da knftig die Einnahmen der verkauften Betriebe (Austria Tabak etc.) im Budget fehlen. Die Staatsverschuldung lsst schon seit Jahren keine Tilgung der Kredite mehr zu. Wird ein Kredit fllig, werden neue Kredite zur Zinstilgung aufgenommen. Die gesamte Neuverschuldung fliet in die Zinstilgung, fr Investitionen bleibt nichts brig. Somit hat die ganze Schuldenaufnahme nichts gebracht - auer den Glubigern. Der Schuldendienst ist im Budget fast aller Staaten von einem der letzen zu einem der ersten Posten vorgerckt. Diese Verschuldungspolitik ist jedoch extrem unsozial: Der Staat leiht sich Geld von reichen Brgern. Die Zinsen werden aber ber Steuern von allen Brgern finanziert.

0 -20

-40 -60 Mrd. EUR

-80

-100 -120

-140 -160

0 -200 -400 -600 Mrd. EUR -800 -1.000 -1.200 -1.400 -1.600

Der Staat springt ein, um das Schuldenwachstum aufrechtzuerhalten. aufrechtzuerhalten . Auf wachsende Staatsverschuldung ist ein Wirtschaftssystem mit stnstn dig positiv en Zinsen letztlich angewiesen. Wenn sich nicht gengend angewiesen. Wenn Nachschuld ner einfinden, knnen Unternehmen ihre Produkte nicht in ausreichender Menge oder nicht zu Preisen absetzen, die auch das wirtschaftGeld fr die Schulden und Kreditzin sen hereinbringen. Die wirtschaftliche Entwicklu ng mndet in ein e Rezession. in Rezession .Josef Hwe, dt. konom und Wirtschaftspublizist 20

1968Staatsverschuldung in Deutschland 1968 -2005 in Mrd. EuroQuelle: D eutsche Bundesban k

1521 Mrd. Euro in 500 -Scheinen ergben einen 300 km hohen Turm 21

1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

Staatsverschuldung1970Staatsverschuldung in sterreich 1970 -2006 in Mrd. EuroQuelle: sterr eich isch e Nationalbank

152 Mrd. Euro in 500 -Scheinen ergben einen 30 km hohen Turm

Staatsverschuldung

Umverteilung der Vermgen

Wer hat, dem wird geTsd. Euro je Haushalt

gebenMilliardre 2000-mal so hoch

Die besondere Dynamik des kapitalistischen Wirtschaftssystems be bebesondere steht darin, dass Geld und Zins miteinander verbunden sind. Rein mada ss ma thematisch reit der Zins die Menschen auseinander: diejenigen, die an der Armut zugrunde gehen, und diejenigen, die an der Zahlungsnot des Kreditnehmers immer reicher werden. Eugen Drewermann, Theolo ge werden.Nun sind natrlich wir alle sowohl Gewinner als auch Verlierer dieser Entwicklungen, aber ungleich verteilt. Diejenigen mit den grten Vermgen sind nmlich die grten Nutznieer. Nach der Regel Wer hat, dem wird gegeben wachsen die groen Vermgen - exponentiell - viel schneller als die kleinen. Dies fhrt mit der Zeit dazu, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgeht, sich die Gesellschaft immer mehr polarisiert, und sich zunehmend Ungerechtigkeiten und Spannungen aufbauen - global wie national. Das oberste Prozent der Bevlkerung sind vorwiegend Euro-Millionre (in sterreich ca. 66.000) mit Zuwachsraten von ca. 9% (World Wealth Report) - ihr Vermgen verdoppelt sich alle 8 Jahre. Die Vermgen der Euro-Milliardre (15 in sterreich, 43 in Deutschland) sind so gro, dass der Balken im Diagramm etwa 2000-mal hher wre als die Buchseite. Die Zahl der Milliardre stieg 1996 bis 2006 weltweit von 423 auf 946. Die Zuwachsraten ihrer Vermgen liegen meist um 15% (Forbes Magazine) - eine Verdopplung alle 5 Jahre! Um in die Forbes-Liste der 400 reichsten Amerikaner aufgenommen zu werden, muss man seit 2006 Milliardr sein - 2007 waren schon 1,3 Mrd. US$ ntig... Die 2. Abbildung zeigt, dass die Zinsertrge der letzten Gruppe tatschlich viel grer sind als die Zinsbelastungen, und diese Vermgen daher die grten Wachstumsraten haben. Die Einkommen der breiten Bevlkerung sind zu gering, um grere Vermgen anzusparen und namhafte Kapitalertrge zu erwirtschaften. Die Armen erarbeiten also die Gewinne der Reichen. Alleine in Deutschland flieen tglich etwa 980 Mio. Euro Zinsen von Arm zu Reich (INWO)! Auch die Mehrwertsteuer belastet nur die Armen: Wer sein ganzes Einkommen ausgibt, ist voll belastet. Wer einen Groteil sparen kann, nur gering.

700 624 600 500 400 300 230 200 125 100 27 11 15 24 06 10 15

Vermgen Einkommen

EinkomVerteilung der Einkomund men und Vermgen 10 Gruppen nach Einkommen gestaffelt (je 2,7 Mio. Haushalte) Deutschland 1990nach Helmut Cr eutz Nr. 058

87 42 5935 23 27 50 16 19

88

Die Vermgen sammeln sich bei den obersten 10% der Bevlkerung. Das Vermgen eines Euro-Milliardrs wre etwa 1000-mal hher wie diese Buchseite.

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8 4035 30 25

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Tsd. Euro je Haushalt

ZinsZinsbelastungen und Zinsertrge ertrge der Haushalte 10 Haushaltsgruppen nach Einkommen gestaffelt Deutschland 1990 Helmut Creutz Nr. 059

Zinsbelastungen Zinsertrge

Die Tatsache, dass ein Fnftel der Menschheit immer reicher und vie r Fnftel immer rmer werden, das liegt natrlich an unserer WirtschaftsWirtschaftsdieart und ganz speziell an unserem Geldsystem. Ich glaube, dass an die sem Geldsystem etwas gendert werden muss, um zu irgendein er Art von Gleichgewicht in der Welt zu kommen. Michael Ende, dt. Autor Und ich sage euch aber: Wer da hat, dem wird gegeben werwerden; von dem aber, der nicht hat, wird auch das genommen werden, was er hat. Neues Testament, Lukas 19:26 hat.

Die Gruppen 1-8 20 sind die Verlierer (zu kleine Vermgen). 15 In Gruppe 9 gleichen sich Zinslasten und Ertrge aus. Gewinner sind die obersten 10 10% (Zinsertrge bersteigen die Lasten). 5 Tglich flieen in Deutschland etwa 980 Mio. Euro 0 Zinsen von Arm zu Reich. 1

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Wie erfolgt die Umverteilung?

Zinsen Jeder zahlt Zinse n - auch wer keine Schulden hat

Die Zinsen belasten die Letztverbraucher und die Unternehmer, die Unternehmer, sich zu ihrem Konsum- oder Investitionsbedarf das Geld hinzuborgen. KonsumDie Zinsen entzie hen also den Letztverbrauchern und Unternehmern wiederum Geld, obgleich bei ihnen schon ohnehin zu wenig war, und sie flieen hin zu dem Anleger, bei dem ohnehin schon so viel Geld war, ohnehin dass sich ein berschuss seiner Gelder ber seinen Bedarf ergeben hatte. Dieter Suhr, dt. Jurist, der den Zin s verfassungsrechtlich anfochtDa die meisten Firmen nur ber sehr wenig Eigenkapital verfgen, mssen sie fast alle Investitionen ber Kredite finanzieren. Die Zinsen fr diese Kredite (sog. Kapitalkosten"), mssen sie in den Produktpreisen an die Verbraucher weitergeben. Da sich diese Zinskosten ber alle Stufen der Produktion (alle Zwischenprodukte) aufsummieren, belaufen sie sich auf durchschnittlich 30-40% in allen Produkten - in Mieten sogar auf knapp 80%. Dazu mssen Sie noch die verlorenen 15-20% in Ihren Steuern rechnen (Tilgung der Staatsschulden). Sie zahlen daher auch Zinsen, wenn Sie keine Schulden haben: fr jeden Euro, den Sie ausgeben, 30-40 Cent. Wenn Sie den Groteil Ihres Einkommens fr die Miete ausgeben mssen (im Schnitt gibt jeder etwa 50% seines Einkommens fr Miete aus), zahlen Sie sogar 60-70% Kapitalsteuern oder arbeiten fast 2/3 ihres Lebens nicht fr sich selbst oder ihre Kinder - sondern fr jene, die es nicht ntig haben.19%

Produktpreise: enthalten Kapitalkosten der Firmen Zinsanteil: im Schnitt ca. 30-40% in allen Produkten, ca. 80% in Mieten dazu noch 15-20% der Steuern (Tilgung der Staatsschulden) Wer sein Einkommen groteils fr Miete ausgeben muss, arbeitet 2/3 seines Lebens fr den Reichtum anderer.7%

Kapitalkostenanteil an AbwassergebhrenKapitalverzinsung Abschreibung Sachkosten Personalkosten

In der groen Geldwelt ist der Taler des faulsten Reichen gewin nbrin nbringender als der des Armen und Arbeitsamen. Friedrich Nietzsche 1880 gen der samen.Hinzu kommt, dass man mit groen Vermgen (die man auch langfristig anlegen kann) wesentlich hhere Renditen erzielt als mit kleinen Betrgen. Die lukrativsten Investitionen, die besten Fonds etc. sind nur den Vermgenden zugnglich. Der kleine Sparer kann froh sein, wenn er den Wertverlust der Inflation ausgleichen kann. In sterreich werden Vermgen und Besitzeinknfte kaum versteuert. ber Fonds und Stiftungen ist es bei greren Vermgen mglich, die Kapitalertragssteuer weitgehend zu umgehen. Seit wenigen Jahren gibt es auch Privatstiftungen, in denen Reiche ihr Vermgen nahezu steuerfrei parken knnen. 2005 stieg die Zahl dieser Privatstiftungen um 7% auf 2.500, in denen - je nach Schtzung - 25 bis 60 Mrd. fast steuerfrei geparkt sind (AK O). Diese Mglichkeiten nutzen auch zahlreiche einflussreiche Menschen in sterreich wie Thomas Prinzhorn (Nationalratsprsident), Martin Bartenstein (Minister fr Wirtschaft und Arbeit), Peter Mitterbauer (Exprsident der Industriellenvereinigung), Hans Dichand (Krone-Herausgeber) u.v.m. 2411%27%

47%

Quelle: Stadt Aach en 1983 nach Helmut Cr eutz

6%

5% 1%

KaltKapitalkostenanteil an der Kaltmiete im sozialen WohnungsbauKapitalverzinsung Abschreibung Betrieb/Verwaltung Instandhaltung W agnis und Gewinn

77%

Quelle: Statistisches Bundesamt 1979

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Einkommensentwicklung in sterreich5500 5000 4500 4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0

Verdienen durch Besitz nicht durch Arbeit

Die Einkommensentwicklung 1964-1997 war durch starke Expansion der Besitzeinkommen (Zinsen, Renditen, Mieten) gekennzeichnet. Sie stiegen um mehr als das 50-fache, Lohneinkommen (Bruttoentgelte) nur um das 12-fache. Einknfte aus Land- und Forstwirtschaft sind stagniert, real also stark gesunken. Die Zunahme der Kapitaleinknfte ist Folge der Hochzinsphasen der 80er und der Kursanstiege auf den Kapitalmrkten. Seit Beginn der 90er geht der Zuwachs v.a. auf Vermietung und Verpachtung zurck (Mietzinssteigerungen). Durch das Europische System zur Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (ESVG) wird seit 1998 nicht mehr zwischen Besitzeinkommen und unternehmerischer und selbstndiger Ttigkeit unterschieden. Die Entwicklung der Besitzeinkommen kann nur mehr geschtzt werden. Ein Resultat dieser Entwicklung ist, dass die Lohnquote (der Anteil der Lhne und Gehlter am Volkseinkommen) schrumpft. Sie sank von 73% im Jahr 1978 auf 57% im Jahr 2005. Ebenso fiel die Investitionsquote von 30 auf 23%. Die Gewinnquote (Anteil der Besitzeinkommen) stieg aber von 27 auf 43%. Parallel dazu stieg die Arbeitslosenquote. Anders gesagt: Die steigenden Gewinne der Unternehmen werden nicht investiert oder an die ArbeitnehmerInnen weitergegeben, sondern zunehmend an Besitzer und Aktionre ausgeschttet - bei gleichzeitigem Stellenabbau zur weiteren Steigerung der Gewinne (AK O). Eine Studie vom WIFO Wien (2006) zeigt das Resultat des Fortschritts der letzten 10 Jahre (Steigerung des Sozialprodukts um 70%): Mehr als 90% der Einkommen sind real niedriger als 1995. Steigende Zahl von schlecht bezahlten Teilzeitjobs v.a. fr Frauen. Die Einkommensschere geht immer weiter auseinander. Die Reallhne im untersten Fnftel der Einkommenspyramide sind seit 1995 um 17% gesunken, im zweitniedrigsten Fnftel um 11%. Nur die obersten 5% der Einkommen stiegen real (inflationsbereinigt) um 1,2%, das oberste Prozent stieg um 5%. Spitzenmanager verdienen 30-mal so viel wie ihre Angestellten.

Besitzeinkommen x50

Bruttoentgelte x12Land- Forstwirtschaft64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98

1964Einknfte von 1964 -1997 in Prozent von 1964Bereinigte Lohnquote in %

Quelle: W IFO7 6 5

72 70 68 66 64 62 60 58 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02

Quelle: W IFO

Lohnquote

4 3 2 1 0

% 42

nGewin n - und InvestitionsInvestitionsquote 19601960 -2002Quelle: W IFO

Die globalisie rte Wirtschaft fhrt zwangslufig zur Forderung nach einer 'Spreizung' des Einkommensgeflles. Im Klartext: Die rmeren mssen mit ihren Ansprchen zurckstehen, damit die Reichen sich im Lande wohl fhlen und nicht ihr Kapital abziehen... Eine neue Epoche, fhlen Entwickdie ra des glo balen Kapitalismus, bricht an und sie wird die Entwicklung der Gesellschaften in den nchsten Jahrzehnten bestimmen.Ernst Ulrich von Weizscker, dt. Wissenschaftle r und Politiker1997 26

40 38 36 34 32 30 28 26 24 22 22

G ewinnquote

Investitionsquote

60 62 64 6668 70 72 74 7678 80 82 84 8688 90 92 94 96 98 00 02

Die steigenden Gewinne der Unternehmen werden: nicht investiert oder an Arbeiter und Angestellte weitergegeben sondern zunehmend an Besitzer und Aktionre ausgeschttet bei gleichzeitigem Stellenabbau zur weiteren Gewinnmaximierung 27

Arbeitslosenquote in %

ArbeitslosenArbeitslosen und bereinigte Lohnquote 19701970 -2002

74

Arbeitslosenquote

8

sterREICH und sterARM

Die Schere geht immer weiter auseinander

Die Zahl der groen Sparguthaben und Geldvermgen (ber 1 Mio. S bzw. 70.000 ) hat sich laut Nationalbank in 10 Jahren (19932003) auf rund eine Viertelmillion verdoppelt (Armuts- und Reichtumsbericht fr sterreich OGPP 2004). Whrend die 100 Reichsten auf einem steuerbegnstigten Vermgen von ber 50 Mrd. (Trend 7-8/2004) sitzen, mssen 3 Mio. ArbeitnehmerInnen ein Jahr lang arbeiten, um auf eine Bruttolohn- und -gehaltssumme dieser Hhe zu kommen (Lohnsteuerstatistik 2002). Der jhrliche Vermgenszuwachs der 15 Milliardre betrgt 1,23 Mrd. . Das ist so viel wie die Jahreseinkommen von ber 500.000 ArbeitnehmerInnen. Der Vermgenszuwachs der 66.000 Millionre bersteigt die Einkommen der gesamten restlichen Bevlkerung! Die brsennotierten ATX-Prime-Unternehmen knnen saftige Gewinnzuwchse verzeichnen. Ihre Gewinne stiegen von 2002 auf 2003 um fast 25% auf 5 Mrd. (Wirtschaftsblatt, Investor Nr. 5/2004). Das Sozialministerium weist einen stetigen Anstieg armer und armutsgefhrdeter Menschen aus: 13,4% der Bevlkerung (1.044.000 Menschen) galten 2003 als armutsgefhrdet und mssen mit weniger als 785 /Monat auskommen - 1999 waren es 11% (880.000 Menschen). 5,6% (467.000 Menschen) sind akut arm und knnen sich Heizung, Schuhe etc. nicht leisten. Die Einkommensunterschiede wachsen: 43% der Bevlkerung lebt in niedrigem oder sehr niedrigem Lebensstandard (Sozialbericht 2002). Working Poor: 8% der Erwerbsttigen gelten als arm. Fast die Hlfte der 100.000 SozialhilfebezieherInnen in sterreich hat 1 oder 2 Jobs, verdient dabei aber nicht genug, um zu berleben. Nach Angaben des Kreditschutzverbandes explodierte die Zahl der Privatkonkurse im ersten Halbjahr 2004 um 32% auf 2.730 Flle. Laut Schuldnerberatungen sind ber 100.000 Haushalte berschuldet. Die vielen Belastungspakete der letzten Jahre lassen auch fr die nchsten Jahre keinen Rckgang erwarten. heit es beim Kreditschutzverband (KSV 2004). In Deutschland ist die Situation nicht viel anders...

Die Reichsten (oberstes 1%)

34% (318 Mrd. ) 34% (326 Mrd. ) 32% (299 Mrd. )

Die Reichen (oberste 2-9%)

Groteil der Bevlkerung (unterste 90%)

Vermgensverteilung in sterreich 2002 (Computermodell): Die reichsten sterreicherInnen (1% der Bevlkerung) besitzen ein Drittel des Gesamtvermgens (ber 5 Mio. pro Kopf). Die Reichen (9% der Bev.) verfgen ber ein weiteres Drittel. Dem Rest der Bevlkerung (90%) verbleibt nur noch ein Drittel (56.000 pro Kopf).

Die Ersparnisse der Reichen werden auf Kosten der Armen gemacht. K osten(1767-1832), Jean Baptiste Say (1767 -1832), franz. konom

Reicher Mann und armer Mann standen da und sah'n sich an. sa h' Und der Arme sagte bleich: Wr ich nicht arm, wrst du nicht reich. reich.Bertolt Brecht

Hartz IV ist das Ergebnis einer Gleichung, die so schlicht ist, dass wir dass sie trotz trostloser Pisa-Ergebnisse ohne Mhe nachvollziehen knnen: trostloser Pisa Wo die Reichen immer reicher werden wollen, mssen leider immer mehr Menschen immer rmer werden. Gabriele Gillen, dt. Journalistin werden.28 29

Warum brauchen wir Wirtschaftswachstum?

Volks Volkswirtschaftliche Modellrechnung500 450 400 350 300 % 250 200 150 100 50 0 Sta rt 10%Quelle: Gnter Hannich

Jetzt endlich habe ich erkannt, dass der Zins die ein zige wahre und da ss wirkliche Ursache dafr ist, dass die Welt dem Wahnsin n des ewigen da ss Wachstums verfallen ist. Nobelpreistrger Konrad Lorenz, st. NobelpreistrgerWenn die Wirtschaft langsamer wchst als der Kapitalertrag, sinkt der Wohlstand der Bevlkerung. Dies ist der Grund dafr, dass wir stetes Wirtschaftswachstum bentigen! Der Zwang zu stndigem Wirtschaftswachstum beruht auf dem Wachstumszwang der Vermgen. Die Produktivitt und das Bruttosozialprodukt wachsen nur linear, d.h. jhrlich um denselben Betrag. Gemessen am Vorjahr sinkt die Wachstumsrate stndig - 1% Wachstum heute entspricht 12% im Jahr 1950! Was wir im Vorjahr zustzlich konsumiert haben, erhht also nicht unsere Produktivitt. Anders beim Kapital: Die wachsenden Vermgen werden mitverzinst und steigern in vollem Ausma die Gewinne. Kapital wird immer hungriger, je mehr es gegessen hat. Das Trgerische ist, dass anfangs die Steigerung der Wirtschaftsleistung grer ist als das Kapitalwachstum, und die Arbeitsertrge steigen (Wirtschaftswunder). Jedoch steigert sich die Kapitalverzinsung immer rascher, und die Arbeitsertrge sinken. Irgendwann wrde das Kapital die gesamte Wirtschaftsleistung beanspruchen. Sptestens dann muss das System zusammenbrechen. Trotzdem durchschauen die meisten Menschen bis zuletzt nicht den Wirkungsmechanismus und schwrmen von den goldenen Sechzigern (Gnter Hannich). Die Karikatur rechts verdeutlicht den Zusammenhang: Sie sitzen mit jemandem am Tisch, der von Jahr zu Jahr ein greres Stck vom Kuchen beansprucht (ohne dafr zu arbeiten). Sie mssen daher jedes Jahr einen greren Kuchen backen, damit Ihr Stck nicht kleiner wird.

Bruttosozialprodukt lineares Wachstum

Nullwachstum Kapitalverzinsung (7%) exponentielles Wachstum

Jahr 196 0 1965 19 70 1975 198 0 1985 19 90 1995 2 000 200 5 20 10 2015 2 020

Der Zinsanteil an der Volkswirtschaft steigert sich durch die exponenVolkswirtschaft exponen tielle Kapitalv erzinsung stndig, womit der Anteil, der den Produktiv krften (Arbeiter und Unternehmer) zufllt, immer kleiner wird. Der arbeitende Bevlkerungsanteil wrde ohne Wirtschaftswachstum innerinnerhalb kurzer Zeit verarmen. Gnter Hannich, dt. Finanzberater kurzer Die starre Rentabilittspflicht, infolge deren sich die Geldvermgen stur infolge mechanisch immerfort vermehren, bertrgt sich also auf die Wirtschaft und erlegt ihr ein andauerndes Wachstum auf. Es ist ein unentrin nbarer BadenZwang. BUND fr Umwelt- und Naturschutz Baden -Wrttemberg Zwang. Im Zins-System liegt ein unabdingbarer Zwang zum Wachstum. ZinsWachstum.Dieter Burgmann, Bundestagsfraktion der Grnen in Deutschland 30 Helmut Creutz Nr. 302

rot: Anteil der Wirtschaftsleistung, der vom Kapitalertrag beansprucht wird (in % von 1960) blau: Anteil der Wirtschaftsleistung, der der arbeitenden Bevlkerung bleibt (in % von 1960) 1950-1970: Arbeitsertrag wuchs stndig, Kapitalertrag (Start bei 10%) wuchs langsam. 1970-1985: Kapitalertrag wuchs stetig und vereinnahmte zunehmend den Arbeitsertrag. ab ca. 1990: Kapital wchst schneller als die Wirtschaft. Arbeitsertrag (Reallohn) sinkt. ab ca. 2000: Kapitalertrag beansprucht den Groteil der Wirtschaftsleistung. Selbst hheres Wirtschaftswachstum knnte dies nicht mehr kompensieren. 201?: Die Kapitalertragskurve wird die Wachstumskurve schneiden (Kapital die gesamte Wirtschaftsleistung beanspruchen). Sptestens dann bricht das System zusammen. Ohne Wirtschaftswachstum wrde der Arbeitsertrag stndig kleiner werden. Der Kapitalertrag htte bereits in den 90ern die Wirtschaftsleistung aufgezehrt (Gnter Hannich). 31

Wachstumszwang und Umweltzerstrung

frisst Geld frisst Welt - Die Geister, die wir riefen...

'Das Wachstum der Wirtschaft muss angekurbelt werden', so das ReWirtschaft werden ' Re zept der Manager. 2% Wachstum bedeutet Verdopplu ng in 35 Jahren. Dies heit: In 35 Jahren von allem, was wir an materiellen Gtern und Dienstle istungen haben, doppelt so vie l! Doppelt soviel Straen, doppelt soviel Autos, doppelt soviel Huser, doppelt soviel Ferienreisen... Jeder soviel nur einigermaen vernnftige Mensch sieht sofort ein, dass ein solches dass Rezept heller Wahnsinn ist. Aber die Herren wolle n ja nicht 2% WachsWachstum, sondern 6%, um ihre Probleme lsen zu knnen. knnen. nen.Hans Pestalo zzi, schweiz. konom Fr die Umwelt ist eine Politik des ewigen Wachstums fatal. In einer begrenzten Welt ist auf Dauer kein exponentielles Wachstum mglich. Die stndige Steigerung des Konsums fhrt zu einer Erschpfung der Rohstoffe und Zerstrung unserer (Um-)Welt. brigens: 6% Wachstum bedeutet Verdopplung in 12 Jahren. Das kann sich jeder ausrechnen, nur die meisten konomen offenbar nicht. konomen und Politiker mit einem Funken Verantwortung, Selbsterhaltungstrieb und mathematischem Verstndnis drften kein weiteres Wirtschaftswachstum fordern - im Gegenteil: Es ist eine drastische Einschrnkung unseres Energie- und Rohstoffverbrauchs ntig! Auch die grne Politik sollte sich dessen bewusst sein und Stellung beziehen.

Die weltweit berproportio nal wachwach senden Zinsstrme, der sich daraus ergebende Zwang zum WirtschaftsWirtschaftswachstum und die damit einhergeeinherge hende kologische Katastrophe zwinzwin gen uns - bereits aus purem EigenEigen interesse - zum Umdenken. Umdenken.Hugo Godschalk, dt. konom 1992

Jeder Tag weiter bestehenden exponentielle n Wachstums treibt das Weltsystem nher an die Grenzen des Wachstums. Wenn man sich entscheidet, nichts zu tun, entscheidet man sich in Wirklichkeit, die GeGe fahren des Zusammenbruchs zu vergrern. Dennis L. Meadows 1972 de sUmwelt- und Klimaschutz sind ohne nderung unseres Geld- und Wirtschaftssystems unmglich! Wenn wir berleben und unseren Kindern eine Zukunft geben wollen, bentigen wir ein System, das nicht auf kurzfristige Gewinnmaximierung setzt und in wenigen Jahren die gesamten Rohstoffreserven der Welt vergeudet und Luft, Wasser und Boden vergiftet (in China ist bereits 30% des Ackerlands vergiftet, 85% der Flsse leblose Kloaken, von 20 Mio. Neugeborenen pro Jahr haben 1,2 Mio. angeborene Krankheiten oder Behinderungen - FAZ). Das kapitalistische System ist fraglos das beste, um Konkurrenz zu schaffen, Effektivitt und Produktivitt zu steigern. Es hat uns bisher nie dagewesene Produktion und Wohlstand beschert (zumindest Teilen der Menschheit). Doch nun beginnt das System, uns und unsere Lebensgrundlagen zu zerstren (Geld frisst Welt). Wie der Zauberlehrling werden wir die Geister, die wir riefen, nicht mehr los. 32 33

Brsenwahn und Spekulationsblasen

Brsenkrach und Wirtschaftskrise

S pekula nten mgen unschdlich sein als Seifenblasen auf einem steten Strom der Unternehmungslust. Aber die Lage wird ernsthaft, Unternehmungslust. wird wenn die Unternehmungslust die Seifenblase auf einem Strudel der Unterneh mungslust Spekulation wird. Prof. John Maynard Keynes, konom 1936 wird.Durch die wuchernden Geldvermgen werden auch Brsenwahn und berspekulation angeheizt. Wenn nicht so viel Kapital da wre, wrden die Brsen eine nur geringe Rolle spielen. Eigentlich knnte den Unternehmen das groe Spiel an den Brsen egal sein. Sie sind an die Brse gegangen, um Kapital aufzunehmen. Der Kurs ihrer Aktien beeinflusst ihren wirtschaftlichen Erfolg in keiner Weise. Jedoch ist ihre Bonitt und damit die Mglichkeit Kredite aufzunehmen wesentlich vom Brsenkurs abhngig. Neben den Aktionren haben auch viele Manager ein persnliches Interesse daran, die Kurse in die Hhe zu treiben, da sie auch in Aktien bezahlt werden (Herwig Bchele). Die Ausrichtung der Entscheidungstrger gilt also vorrangig den kurzfristigen Aktienkursen und nicht mehr den realen Werten des Unternehmens. Nur die ArbeitnehmerInnen htten ein Interesse am langfristigen Fortbestehen des Unternehmens. Jedoch mssen die Aktiengesellschaften auf die Wnsche der Aktionre hren und ihre Gewinne maximieren, koste es was es wolle. Um die Dividendenwnsche zu befriedigen, wird sogar die Substanz angegriffen. In sterreich zahlten 2003 die 170 groen Gesellschaften ihren Eigentmern mehr Dividenden aus, als Gewinne erwirtschaftet wurden (100,8%). Zugleich wurden 3.229 ArbeitnehmerInnen entlassen (AK Wien). Die knstlich immer hher getriebenen Aktienkurse fhren regelmig zu Kursabstrzen und der Vernichtung spekulativer Vermgen, meist auf Seiten der kleinen Sparer und unerfahrenen Hobbyspekulanten. Die Geschichte lehrt, dass alle paar Jahrzehnte grere Brsenkrachs und Weltwirtschaftskrisen auftreten. Diese Gefahren sind heute so gro wie nie zuvor. Es wurden alle Hemmnisse und Regulierungen abgebaut, die nach dem Schwarzen Freitag von 1929 eingefhrt worden waren (Trennung zwischen Investment- und Geschftsbanken etc.). brigens: Die Krise der 30er wurde in Europa 1931 durch die Insolvenz der sterreichischen Creditanstalt (Bodencreditanstalt) besiegelt, die das europische Bankensystem wie ein Kartenhaus einstrzen lie. Diese Zusammenbrche der Wirtschaft erfolgen im Schnitt ca. alle 60 Jahre (sog. Kondratjew -Zyklen). Viele Rezessionen dauerten Jahrzehnte und wurden erst durch Kriege (Rstungsboom und Neuaufbau) beendet, z.B. Frankreich 1719-1789 (franz. Revolution), USA 18931914 (1. Weltkrieg), USA 1929-1941 (Eintritt 2. Weltkrieg). 34

Ursache: wuchernde Geldvermgen Probleme: berspekulation Spekulationsblasen berhhte Aktienkurse rein gewinnorientiertes, kurzsichtiges Wirtschaften Gefahren: Platzen von Brsenund Immobilienblasen Zusammenbruch von hochriskanten Fonds grter Brsenkrach aller Zeiten neue Weltwirtschaftskrise

Wachstum der Weltwirtschaft und der Aktienwerte 1975-2000 in %, inflationsbereinigt

1300 1200 1100 1000

Aktienwert

900 800 700 600 500 400 300

Grere Brsenkrachs Wirtschaftskrisen und Wirtschaftskrise n: 1634-1637 Holland 1719-1729 Frankreich-USA 1819-1820 USA 1837-1841 USA 1857-1860 NY-USA-weltweit 1873-1895 Wien-DE-USA 1893-1896 USA 1929-1933 NY-USA-weltweit viele Fast-Crash s (1987, 1992, 1994, 1997, 1998, 1975 ab 2000 fast jhrlich)

Weltwirtschaft

200 100 0

80

85

90

95

2000

Helmut Creutz Nr. 056 Quelle: D atastream, IW F, OECD

Ich glaube, dass wir in unserem Geldsystem eine Art karzinombildenda ss karzinombilden des Element haben, was unsere Wirtschaft fortwhrend krank macht... was Wirtschaft macht... funktioMein er Meinung nach kann dieses Geldsystem nur dadurch funktio nieren, dass es immer wieder zusammenbricht und dann wieder von dass vorn begonnen wird. Die se Zusammenbrche nennt man dann Kriege, Zusammenbrche Wirtschaftskrisen oder Infla tionen, je nachdem, aber das bedeutet nur, dass dieses System in sich selbst kein Regulativ hat, was zu einer da ss Ende, vernnftigen Eindmmung fhren wrde. Michael Ende, dt. Autor 1992 vernn ftigen35

Kapital zieht sich aus der Realwirtschaft zurck

Das Mrchen von der freien MarktwirtschaftMrd. US$ 3000 Tglicher Umsatz an Devisenmrkten in Mrd. Tglicher Umsatz im Welthandel in Mrd. 10003200

Wer Geld mit Geld verdient, wird risikoarm reich. reich . Wer Geld mit Arbeitspl tzen v erdient, wird risikoreich arm.CDUKlaus Bregger, Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung 1996 Da die Gewinnmglichkeiten in der Finanzwirtschaft (Spekulation) wesentlich grer sind als in der Realwirtschaft, zieht sich das Kapital zusehends in die Sphren der Spekulation zurck und fehlt dort, wo es eigentlich bentigt wrde. Viele Konzerne verdienen mittlerweile aus Geldvermgen wesentlich mehr als aus den Produktionsbetrieben. So wird Siemens in der Presse scherzhaft aber nicht unzutreffend als Bank mit angeschlossener Elektroabteilung und Daimler-Chrysler als Bank mit angeschlossener Autowerkstatt bezeichnet. Auch der weltweite Devisenhandel (Handel mit Whrungen) ist exponentiell gestiegen: 1971 betrug der Anteil am Welthandel nur 10% (90% war realer Warenhandel), 1995 bereits 95% und 2007 fast 99%. Allein in den letzten 3 Jahren explodiert der Devisenhandel um sagenhafte 71% (von 1,9 auf 3,2 Billionen US$ pro Tag - ATTAC.at).

500 100 50 1060 305

1% 8%

Heute sind die internationalen Finanzmrkte wohl die erste Weltmacht, internationa len mchtig er als selbst die USA. Erich Streissler, int. Finanzexperte 2000 Finanzexperte USA. ErichGeld ist auch Macht, und es wre naiv anzunehmen, dass diese Macht nicht auch genutzt wird. Das Kapital hat einen unvorstellbaren Einfluss auf konomie, Politik und Medien. Was frher noch den Tatbestand der Bestechung erfllte, ist heute als Lobbyarbeit salonfhig. Wie neuere konomische Forschungen belegen, gibt es keine wirklich freien Mrkte. Denn nicht der Anbieter, der die besten Produkte zum besten Preis anbietet, setzt sich durch, sondern der, der ber das grte Kapital verfgt. Denn Geld ist der Trumpf, mit dem man alle anderen ausstechen kann (z.B. die weltgrte Supermarktkette, die durch Billigstpreise alle Konkurrenten aushungert, um dann alleine die Preise zu diktieren, oder den weltgrten Softwarehersteller, der die Konkurrenz nicht durch bessere oder billigere Software ausbootet). Um nicht unterzugehen sind alle Unternehmen gezwungen, mglichst viel Kapital anzuhufen oder mit anderen zu fusionieren, um im Karpfenteich zu berleben oder am besten der grte Karpfen im Teich zu werden. So bilden sich in fast allen Mrkten Monopole oder Oligopole (wenige Anbieter) aus, die ihre Preise absprechen.

1950

1960

1970

1980

1990

2000

2010

Tagesumsatz Welthandel Tagesu msatz Devisenmrkte und Welthandel (1950in Mrd. US$ (1950 -2010)

Christian Gelleri

Der Reichtum mancher Firmen bersteigt den Reichtum mancher LnLn der. Diese Konzerne wachsen und wachsen und verschlingen andere Konzerne, und langsam konzentrie rt sich immer mehr Reichtum auf Konzerne, immer weniger Konzerne. Und wir scheinen nicht zu sehen, dass jene nicht nur Besitz, sondern auch Macht anhufen. Geld und Macht gehren zusammen." Tewold e Egziabher, Botaniker aus thiopien ber die KapitalkonzenKapitalkonzenkonzen tration bei wenigen KonKon zernen erlangen diese immer mehr die Macht ber die gesamte ProdukProduktion. Alle Entwicklu ngen, die aus den multinatio nalen Konzernen kommen, sind schon heute dafr gege dacht, die Menschen noch abhngig er zu machen. machen.Hannich, Gnter Hann ich, dt. Finanzberater 37

Alle irgendwie bedeutsamen Entscheidungen des Kabinetts A lle bedeutsamen wurden in Rcksicht auf die Reaktio n von Wall Street getroffen. Rea kti getroffen.36 USunter Cl Robert Reich, US -Arbeitsminister u nter Bill Clinton

Globalisierung - Liberalisierung - Priv atisierung

Der groe Ausverkauf Ursache: wuchernde Geldvermgen Anlageschwierigkeiten im Inland Suche nach neuen Anlagemglichkeiten Zusatzfaktoren fr Globalisierung: Fortschritt in der Kommunikation subventionierter Transport Regulierungen abgebaut Hemmnisse abgebaut Privatisierung: bisher nicht zugngliche Anlageobjekte lukrative, nachhaltige Investitionen (Monopole) Die andere Seite: berschuldung der ffentlichen Hand, Budgetlcher stopfen, wenigstens bis zum Ende der Legislaturperiode, dann sind wir eh wieder in der Opposition... Ausverkauf im 6 Punkte-Plan: Telekommunikation (erledigt) ffentlicher Verkehr (luft) Energie-/Wasserversorgung (luft) Gesundheitswesen (kommt) Schulbildung und der Rest (kommt) Wozu brauchen wir noch den Staat...

Wie kommt es, dass unsere Kommunen vor dreiig Jahren - bei nur halhalber Wirtschaftsleistung und einem Bruchteil der heutig en Geldvermgen Wirtschaftsleistung im Lande - Schulen, Schwimmbder, Kindergrten, Bibliotheken und Soziale inrichtungen schaffen konnten, diese aber heute oft nicht ein mal fast mehr unterhalten knnen? Dass die Lcher in den Kassen fast aller ffentlicher Haushalte grer werden, obwohl sie an allen Ecken und Enden sparen, Schuld en aufnehmen und sogar ihr ganzes Tafelsilb er 'verscherbeln' - als letzte Trmpfe nun auch noch die Ver- und Entsorverscherbeln ' VerEntsorgungseinrichtungen? Geht man dieser Frage systematisch nach, stt man immer wie der auf bestimmte berentwicklungen im Geldbereich." Creutz, OOWV Helmut Creutz, OOWV-Wasserforum 2000Da die Vermgen viel rascher wachsen als die Wirtschaft, hat das wuchernde Geldkapital Anlageschwierigkeiten im Inland und sucht nach neuen Anlagemglichkeiten - inzwischen global. Die Globalisierung hat durch die ausufernden Geldstrme heute eine neue Dimension erreicht. Dies wurde durch den Fortschritt in der Kommunikation und den Abbau aller Hemmnisse und Regulierungen beschleunigt. Die Investoren in aller Welt sind nun dabei, die letzten, bisher nicht zugnglichen Anlageobjekte zu finden. Dies sind fast immer kommunale oder staatliche Einrichtungen wie Energie- und Wasserversorgung etc. - lukrative Anlagen, mit denen sich sehr viel Geld verdienen lsst. Da die ffentliche Hand verzweifelt versucht, ihre Budgetlcher zu stopfen, verkauft sie ihr Tafelsilber. Das reicht meist nur fr die eigene Amtszeit oder Legislaturperiode (danach landet man ohnedies wieder in der Opposition). So ist es interessant zu beobachten, wie die wechselnden Regierungen verschiedenster Couleur die Politik ihrer Vorgnger verurteilen, um dieselbe Politik weiter zu verschrfen... Durch diese Verkufe wird das Eigentum der Brger verscherbelt, mit deren Steuern und Gebhren die ffentlichen Einrichtungen geschaffen und unterhalten wurden. Auerdem kommen die Einnahmen dieser Einrichtungen knftig nicht mehr der ffentlichkeit, sondern Minderheiten zu Gute. Diese sind aber nur an der Gewinnmaximierung interessiert. Daher fhrte Privatisierung fast immer zu Preissteigerungen, Qualittsverlusten und massivem Abbau von Arbeitspltzen (England, USA...). Nachdem die Konzerne die Substanz ausgeschlachtet oder heruntergewirtschaftet haben, darf der Staat die maroden Betriebe oft zum Vielfachen des Verkaufspreises zurckkaufen, um eine funktionierende Versorgung zu gewhrleisten (z.B. Britisches Eisenbahnnetz).

Ich gratuliere, Herr Minister, noch einige unwesentliche Korrekturen am Dynamo, dann haben wir das Optimum aus unserem Staudammprojekt herausgeholt!

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Industrialisierung und Arbeitsplatzvernichtung

arbeitsvon arbeits- zu kapitalintensiv er Produktionsweise

In unserem Zinssystem mssen mglichst viele Kredite aufgenommen und Schulden gemacht werden. Neben der Staatsverschuldung kann die Politik dies erreichen, indem sie die Unternehmen dazu treibt, sich mglichst hoch zu verschulden. Kapitalintensive Produktionsweisen (Aufnahme hoher Kredite fr teure Investitionen) sind so gesehen besser als arbeitsintensive, die nur geringe Investitionen erfordern. Mit anderen Worten: Wenn 5 kleine Tischlereien mit je 5 Angestellten und wenigen Maschinen jhrlich je 100 Sthle herstellen und in ihrer Region verkaufen, ist dazu nur sehr wenig Kapital ntig. Wenn hingegen ein Betrieb in teure Maschinen investiert, muss er sich bis ber beide Ohren verschulden. Von jedem verkauftem Stuhl flieen nun 40-80% in den Zinsendienst. Der Betrieb ist auerdem abhngig geworden: Er steht unter dem Druck, neben seinem Einkommen und dem seiner Arbeiter vorrangig die Zinsen zu erwirtschaften - sonst geht er unter. Die Bedienung des Kapitals hat immer Vorrang vor der Arbeit. Daher muss er seine Produktion enorm erhhen (z.B. 50.000 Sthle jhrlich) und diese billiger verkaufen als die Konkurrenz. Natrlich kann er diese nicht mehr regional absetzen, er muss in andere Lnder exportieren. Seine Konkurrenten mssen nun ebenfalls die Produktion technisieren und sich verschulden, oder werden Pleite machen... Industrialisierung bentigt zwei politische Rahmenbedingungen: hohe Arbeitsko sten (hohe Besteuerung der Arbeit) geringe Transportkosten (Subventionen, ausgebautes Straennetz) Nur wenn Arbeit sehr teuer (also hoch besteuert) und der Transport so billig ist, dass Massenwaren weltweit abgesetzt werden knnen, lohnt es sich trotz hoher Kapitalkosten maschinell zu produzieren. Nur dann ist der geringwertige, industriell hergestellt und ber viele Kilometer transportierte Stuhl im Handel billiger als der in der Region und in Handarbeit hergestellte (siehe auch Hermann Laistner). Die stndige Arbeitsplatzvernichtung erzwingt natrlich ebenfalls stndiges Wirtschaftswachstum, sonst wrde die Arbeitslosigkeit explodieren. Durch Abschaffung der Subventionierung des Transports und der Besteuerung von Vermgen und Ressourcenverbrauch anstatt der Arbeit knnte man also Globalisierung, Industrialisierung und Arbeitsplatzvernichtung bremsen. Doch wer soll dann das Kapitalberangebot vom Markt nehmen und sich verschulden? Der Staat?

Transport billig Arbeit hoch besteuert

Fotos: Fotalia

Handarbeit viele Arbeitspltze wenig Kapitalaufw and geringe Verschuldung geringe Stckzahlen regionaler Markt

industrielle Massenprod. wenige Arbeitspltze hoher Kapitalaufwand hohe Verschuldung sehr hohe Stckzahlen (inter-)nationaler Markt

Die gewnschten Effekte sind aber teuer erkauft: Vernichtung von Arbeitspltzen, Arbeitslosigkeit (hohe Sozialkosten) Verkehrslawine (hohe Kosten fr Straenbau/-sanierung) hoher Treibstoff- und Energieverbrauch (Maschinen) hoher Rohstoffverbrauch (Reparatur zu teuer, Wegwerfprodukte) Umweltzerstrung (Verkehr, Rohstoffverbrauch, intensive Technik) Zerstrung von Kleinbetrieben und des Mittelstandes geringe Qualitt und Lebensdauer der Produkte (Massenproduktion) raschere Produktions- und Konsumzyklen aufgrund der geringen Lebensdauer (was wieder positiv fr das Wirtschaftwachstum ist...) 41

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Zerstrung des Mittelstandes

Aus Deutschla nd wird Futschland

Der Sozialb ericht ist ein Alarmsignal, denn er zeigt sehr deutlich, dass der Mittelstand krass zu brckeln beginnt... Die Politik darf hier da ss beginnt... nicht tatenlos zusehen, wie eine neue Unterklasse entsteht. zusehen, e ineFranz Kberl, Prsident Caritas sterreich 5.2.2005 Der Mittelstand hat bei uns riesige Vermgen angesammelt. Die vllige Zerstrung der mittelstndischen Betriebe und die Umverteilung dieser Vermgen sind in vielen Lndern im Gange und in etlichen bereits erfolgt (Grobritannien oder USA). Der Mittelstand und mittelstndische Betriebe werden in jeder Hinsicht systematisch benachteiligt: Umverteilung der Vermgen ber Zinslasten, Industrialisierung, Globalisierung, Privatisierung, Steuerreformen und erschwerte Vergabe von Kleinkrediten (Basel II siehe S 128). Ferner werden durch massive Werbung viele in die Brseneuphorie getrieben, was in den letzten Jahren ebenfalls zur Vernichtung groer Vermgen des Mittelstands gefhrt hat. Denn wenn es Gewinner an den Brsen gibt, muss es auch Verlierer geben, und das sind fast immer die schlecht informierten und falsch beratenen Kleinspekulanten. Frher wurde keine Werbung fr Aktien gemacht. Nun ist es gerade recht, wenn der Mittelstand seine Vermgen und Pensionsvorsorge in instabile Aktienmrkte und eine riesenhaft aufgeblhte Brsenblase investiert. Dasselbe Spiel (massive Werbung fr Aktien und Beruhigung der Kleinspekulanten) ist bereits mehrmals erfolgt - vor den beiden groen Crashs von 1873 und 1929. Der Haupteffekt der Zerstrung des Mittelstandes ist die zunehmende Verarmung und Verschuldung breiter Bevlkerungsschichten, was den weiteren Wachstum des Reichtums weniger ermglicht. Die Karikatur bringt die Entwicklung auf den Punkt: Whrend der Mittelstand groteils verarmt und nur wenige den Sprung zur Oberschicht schaffen, erlebt diese einen nie dagewesenen Aufschwung. Leider bedeutet dies jedoch den Untergang des sprichwrtlichen Bootes, in dem wir alle sitzen, und aus Deutschland wird Futschland...

Da meist nur Grounternehmen in den Schlagzeilen stehen, vergisst man, dass 99% der Betriebe mittelstndisch sind und der Mittelstand 80% der Arbeitspltze und 90% der Ausbildungspltze bereitstellt. AusbildungspltzefeisenbankThomas Fuchs, langjhriger Raiffeisenbank-Direktor

Bernhard PohlenZ

Wenn ein e Gesellschaft den viele n, die arm sind, nicht helfen kann, kann sie auch die wenigen nicht retten, die reich sind. John F. Kennedy, US -Prsident US43

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Der Fluch des Geldes

Der Untergang von Hochkulturen

Der lteste Flu ch des Menschen ist das Geld. Sophokles Geld .Im Auftrag von Bismarck erforschte Prof. Gustav Ruhland (Uni Freiburg Schweiz) die Ursachen fr den Untergang der historischen Hochkulturen (System der politischen konomie 1908). Er entdeckte, dass immer der gleiche Zerstrungsmechanismus beim Untergang im Spiel war: Fast jede Hochkultur war auf Geld aufgebaut, das nur gegen Zins verliehen wurde. Durch den beschriebenen Zinseszinseffekt erfolgte eine Vermgenskonzentration und Verschuldung, die im extremen Reichtum einer Minderheit (Dekadenz) und Sklaverei oder Verarmung der breiten Bevlkerung endete (Brot und Spiele). Am besten ist dies im antiken Rom dokumentiert: Zuerst wurden durch die Verschuldung die Bauern vernichtet. Es kam zur Entvlkerung des Landes, und die Lndereien wurden von den Reichen aufgekauft. Durch Sklaven erfolgte auch die Vernichtung der Gewerbetreibenden. Jeder Schuldner musste sich selbst als Pfand anbieten. Wenn er die Zinsen nicht zahlen konnte, wurde er als Schuldsklave verkauft. Bald waren die meisten Sklaven Rmer und es gab in ganz Mittelitalien keine Bauern mehr. Die Lebensmittel mussten aus Provinzen importiert werden, und man war auf stndige Eroberungen angewiesen. Sehr rasch befand sich ganz Rom im Besitz von nur 2.000 Menschen. Die restliche Bevlkerung war arbeitslos und verarmt und musste durch Brot und Spiele bei Laune gehalten werden. Die kostenlosen Getreidelieferungen und Gladiatorenspiele, die immer blutiger wurden, verursachten enorme Staatsko sten und Steuerlasten. Die Geburtenraten sanken stark und die Selbstmordraten explodierten. Reichtum und Dekadenz der Oberschicht nahmen unvorstellbare Ausmae an. Die politische Fhrung kam in die Hnde der Bankiers. Nur noch der Besitz von Geld wurde geachtet (Geld gibt Geltung). Am Ende zerfiel die Gesellschaft und das Reich konnte von einigen tausend Germanen berrannt werden (Gnter Hannich). hnlich verlief die Entwicklung in Griechenland: In der Endphase war der Groteil der Bevlkerung verarmt oder versklavt. Ganz Sparta bestand nur mehr aus wenigen Grogrundbesitzern mit je tausenden Sklaven. Es galt das Sprichwort Geld macht den Mann. Ruhlands Forschungen lassen den Schluss zu, dass viele Hochkulturen, die an ihrem Hhepunkt (dekadente Palste und Tempel) pltzlich und unerklrlich untergingen, nicht irgendwelchen geheimnisvollen Naturkatastrophen, sondern demselben Schicksaal erlagen dem Fluch des Geldes. Es wre klug, aus der Geschichte zu lernen. 44

Ursache des geheimnisvollen Untergangs von Hochkulturen: Geld mit Zins und Zinseszins Vermgenskonzentration und Verschuldung Reichtum einer Minderheit Verarmung der Bevlkerung Versklavung der Bevlkerung Brot und Spiele - hohe Kosten hohe Steuerlasten - Unruhen Zerfall der Gesellschaft Zusammenbruch der Kultur Verfall des Rmischen Reiches: Zerstrung des Bauernstandes Zerstrung der Gewerbetreibenden durch Gewerbesklaven Lebensmittelimporte stndige Eroberungen Ausbeutung der Provinzen Verarmung und Arbeitslosigkeit Brot und Spiele enorme Staatsko sten, Steuern Rckgang der Geburtenraten hohe Selbstmordraten unvorstellbare Dekadenz Verfall der Sitten Verfall der Gesellschaft Eroberung durch eine Handvoll Germanen

Fotos: (cc) W ikipedia

104 v. Chr. konnte der Tribun Phillipus in ffentlicher Rede erklren, dass es in Rom nicht mehr als 2000 Personen gebe, welche ein Vermgen htten Binnen 14 Jahren war die Schuld summe auf das 66fache gewachsen, so dass die Gemein den ihre ffentlichen Gebude, fa che die Eltern ihre Kinder verkaufen mussten, um den Glubigern gerecht zu werden... Weil die Masse der Brger in Rom verarmt war, keine Beschftigung fand und nichts zu essen hatte, hat man staatliche staatliche Getreid elie ferungen zu billigsten Preisen eingefhrt. Und um die eveneven tuell gefhrlich werdende Langeweile des P role tariats zu verscheuchen, Ruhland, wurden 'ffentliche Spiele ' gewhrt. Prof. Gustav Ruhland, 1908 gewhrt.45

Teil II: Neues Geld - Neue Welt

Theoretische Lsungsanstze

Teil II Neues Geld - Neue WeltTheoretische LsungsanstzeSelbstverstndlich kommt nicht alles bel dieser Welt vom Geld, aber es spielt in allen Bereichen eine sehr groe Rolle und beeinflusst alle Probleme. Durch die Lsung des Geldproblems knnten also viele andere gelst oder gemildert werden. Daneben gibt es noch gengend andere Baustellen, aber Geld ist wohl die zentrale. Ein neues Geld bringt sicher eine neue Welt, da es auch das Denken und Zusammenleben der Menschen bestimmt. Eine Vernderung des Geldes wird grere Auswirkungen haben, als wir heute abschtzen knnen. Es gibt Lsungsvorschlge, einen seit fast 100 Jahren. Es geht nicht um revolutionre Ideologien oder eine Verteufelung der Reichen. Auch diese mssen ein Interesse an der Lsung des Problems haben, denn wir sitzen im selben Boot und werden zusammen untergehen. Die Frage von Arm und Reich ist zwar auch eine moralische, aber keine von Gut und Bse, denn Armut und Reichtum sind systembedingt. Optimal wre die Erreichung eines zins- und inflationsfreien Geldes (neutrales Geld genannt), das weder Umverteilung noch Wachstum erzeugt. Der Zins soll auch nicht abgeschafft, sondern auf ein mglichst niedriges Niveau gesenkt werden, um dort auf einem freien Markt um Null zu pendeln (oder auch mal unter Null zu sinken). Die natrliche Regulierung unseres Geldsystems besteht in regelmigen Zusammenbrchen und Neuanfngen. Dies knnte man auch durch eine Hyperinflation erreichen, die die gesamten Geldvermgen vernichten und das Kapital wieder auf das Niveau der realen Wirtschaft bringen wrde (Ferdinand Lazina - Ex-Finanzminister von sterreich). Diese Lsung ist uns heute verwehrt, da sich die Notenbanken nicht mehr unter demokratischer Kontrolle befinden.

Tobin-Steuer gegen Devisenspekulation (James Tobin) ATTAC fr eine Globalisierung mit menschlichem Antlitz Gegen die Vermgensverteilung steuern Die Mathematik der Ungleichheit Umlaufgesichertes Geld (Negativzins, Demurrage) Rostendes Geld (Silvio Gesell) Alterndes Geld (Rudolf Steiner) Natrliche Wirtschaftsordnung heute (Helmut Creutz) Weiterentwicklung der Freiwirtschaftslehre Bancor und Geldhaltekosten (John Maynard Keynes) Ungleichgewichte im Welthandel vermeiden Vollgeld (Josef Huber) Grundeinkommen und Strkung der Notenbanken Nutzung komplementrer Whrungen (Bernard Lietaer) Netzwerk regionaler Whrungen (Margrit Kennedy) Regionale Geldschpfung - Es werde Geld... Geldkologie (Richard Douthwaite) Ein vielschichtiges Gesamtkonzept

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Schwierig sind nicht die neuen Gedanken; schwierig ist nur, von den alten loszukommen.Prof. John Maynard Keynes, brit. National konom

Die Probleme, die es in der Welt gib t, sind nicht mit hat. der gleichen Denkweise zu l sen, die sie erzeugt hat.Albert Ein stein angesichts der Weltwirtschaftskrise

Die 'Befreiung der Marktwirtschaft vom Kapitalismus' ist nicht ein utopisches Ziel; die zentrale Fehlstelle in unserer Selbstorganisatio n ist lngst erkannt: die schrankenlose Macht des Geldes, dem auf Erden alles offen stehen soll, whrend es den Menschen, die es den nicht besitzen, mehr und mehr an Freiheit nimmt.(1933(Max-PlanckPeter Kafka (1933 -2000), dt. Astrophysiker (Max-Planck-Institut)

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TobinTobin -Steuer gegen Devisenspekulatio n

Globalisierung A TTAC fr eine Glo balisierung mit menschlichem Antlitz

Durch Freigabe der Wechselkurse, Abbau von Kapitalverkehrskontrollen und der Bildung riesiger Anleihe-, Aktien- und Derivatmrkte wurde die Weltwirtschaft zum globalen Casino (fast 99% aller Transaktionen sind spekulativ). Nach der durch Spekulation ausgelsten Sdostasienkri se publizierte Ignacio Ramonet, Chefredakteur der Le Monde diplomatique, 1997 einen Aufruf zur Kontrolle der Finanzmrkte: Schlieung der Steueroasen hhere Kapitalbesteuerung weltweite Einfhrung der Tobin-Steuer Der Aufruf fhrte in Frankreich 1998 zur Grndung der globalisierungskritischen Organisation ATTAC (A ssociation pour une Taxation des Transactions financires pour lAide aux Citoyens" - Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen zum Wohle der BrgerInnen). Heute ist ATTAC in 52 Lndern aktiv, hat ca. 90.000 Mitglieder und knnte zu einer der wichtigsten gesellschaftspolitischen Bewegungen werden. Es ist zu hoffen, dass ATTAC die Geldproblematik erkennt. Die Tobin-Steuer ist eine geringe Umsatzsteuer von 0,05 bis 1,0% auf grenzberschreitende Geldgeschfte. Sie wrde Kapitalspekulationen stark reduzieren (meist geringe Gewinnspannen) und hohe Einnahmen bringen (jhrlich 250 Mrd. US$ bei 0,1% und Rckgang der Spekulationen um 50%). Es kam die Idee auf, die Einnahmen zur globalen Bekmpfung der Armut und von Umweltschden zu verwenden (dazu wren laut UNO jhrlich 225 Mrd. US$ ntig - Peter Wahl 2001). Tobin hat sich jedoch von dieser Idee und auch von ATTAC distanziert. 2002 entwickelte Paul Bernd Spahn (Uni Frankfurt) die Spahn-Steuer, welche die Tobin-Steuer als Einnahmequelle der Staaten mit einer viel hheren Steuer im Fall von Whrungskrisen kombiniert (ERND Abgabe zur Normalisierung des Wechselkurses). Damit reagiert er auf das Problem, dass die geringe Tobin-Steuer starke Kursschwankungen in Whrungskrisen nicht verhindern kann (Wikipedia). Die Parlamente Frankreichs und Belgiens haben bereits die Einfhrung der Tobin-Steuer beschlossen (wenn die EU mitmacht). Dnemark, Frankreich und Deutschland befrworten eine Tobin-Steuer zugunsten der Entwicklungslnder. Wolfgang Schssel schlug 2005 vor, die EU soll die Tobin-Steuer als Einnahmequelle nutzen (Wikipedia). Die Steuer wrde grundstzlich positive Auswirkungen haben und ihre Umsetzung wre wohl mglich. Sie ist jedoch eine reine Symptombehandlung, die nicht die Ursachen der Probleme (wuchernde Geldvermgen) lst und die Spekulationsblasen in andere Bereiche drngt. 48

(1918James Tobin (1918 -2002) Ignacio Ramonet (*1943) Grundidee/Ziele der Tobin-Steuer: geringe Steuer auf internat. Geldgeschfte (0,05 - 1,0%) soll Devisenspekulation eindmmen Ergnzung: Einnahmen zur globalen Armutsbekmpfung Geschichte: 1972 Vorschlag der Devisen-Transaktions-Steuer 1997 Artikel in Le Monde diplomatique (Ignacio Ramonet) 1998 Grndung von ATTAC in Frankreich (www.attac.org) 2000 Grndung von ATTAC sterreich (www.attac.at) 2002 erweiterte Spahn-Steuer (Tobin cum circuit breaker) Beurteilung: Umsetzung politisch schwierig (Lippenbekenntnisse?) grundstzlich positive Auswirkungen lst aber nicht die Ursachen (wuchernde Geldvermgen) reine Symptombehandlung (verlagert die Probleme) Instabilitten der letzen Jahre: 1987 Brsencrash 1992 KO des Pfund (durch Spekulant George Soros) 1994 Tequila-Krise 1997 Finanzkrise in Sdostasien 1998 KO des Rubel - Russlandkrise (George Soros) 1998 Crash des LTCM Hedge-Fonds, Fast-Crash Italiens 1998 Brasilienkrise Trkei, Venezuela, Japan, Immobilienblase USA etc.

Wenn Leute wie ich ein Whrungssystem strzen knnen, stimmt Leute das System nicht. George Soros, Multimilliardr und Megaspekula nt49

steuern Gegen die Vermgensverteilung steuern

Die Mathematik der Ungleichheit

Die Pariser Physiker Jean Philippe Bouchaud und Marc Mezard haben im Computer Netzwerke von hunderten identischen Personen simuliert. Jeder erhielt zu Beginn den gleichen Geldbetrag. Das Geld kann nach zwei einfachen Regeln zirkulieren: Entweder machen zwei Personen ein Geschft miteinander und das Geld wechselt den Besitzer (Alltagstransaktionen). Oder das Geld wird investiert und kann sich von selbst vermehren oder vermindern (Spekulation). Allerdings: Wer arm ist, beteiligt sich nur an den Alltagstransaktionen. Erst wer Geld im berfluss besitzt, kann es investieren. Die erstaunten Forscher konnten beobachten, dass sich im Laufe der Zeit das Geld immer ungleichmiger verteilte - obwohl jeder Gewinn oder Verlust nur durch Zufall gesteuert wurde, alle virtuellen Personen vllig gleich waren, ihre Fhigkeiten also keine Rolle spielten. Dennoch landete am Ende der Groteil des Geldes immer in den Hnden einer kleinen Minderheit - wie es auf der ganzen Welt zu beobachten ist (ein Gesetz, das Vilfredo Pareto bereits 1897 entdeckte). Die Physiker bewiesen: Die Tendenz, dass Reiche immer reicher werden, ist bereits im Transaktions-Netzwerk zwischen den Menschen eingebaut. Nach den Ergebnissen der Simulation gibt es eine Methode, dies abzumildern (aber nicht zu verhindern): Alles, was den Geldfluss im Bereich der Alltagstransaktionen steigert, senkt die Ungleichheit. Hrt das Geld auf zu flieen, sammelt sich auf Konten und wird spekulativ investiert, steigt die Ungleichheit. Die Forscher folgerten, dass Steuern ein Mittel sind, die Ungleichheit zu mildern - vorausgesetzt, das vom Staat eingenommene Geld fliet gleichmig verteilt ins Netz zurck (Nicolai Schirawski Small World - Kleine-Welt-Phnomen). Es mssten also die Besitzeinkommen so hoch besteuert werden, dass sich langfristig kein Reichtum bei Wenigen bilden kann. In der Praxis knnte dies durch hohe Vermgens- und Kapitalertragssteuern mit hohen Freibetrgen erfolgen. Dadurch wrde das Vermgen von 90% der Bevlkerung unberhrt bleiben. Nur wer in die Sphren der Multimillionre vordringt, wrde sehr stark besteuert werden. Leider ist dies politisch kaum durchsetzbar. Die Steuerpolitik entwickelt sich praktisch umgekehrt. Die Steuern mssten so hoch sein, dass sie das Wachstum groer Vermgen verhindern (dieses betrgt 8-15% pro Jahr). Dennoch wrden die Vermgen nur gleichmiger verteilt, das exponentielle Wachstum aller Vermgen und Schulden durch positive Zinsen (und alle anderen negativen Effekte) aber nicht gebremst. 50 Jean Philippe Bouchaud Marc Mezard (Physiker) Ergebnisse moderner Netzwerkforschung (Wirtschaftsphysik): Geld sammelt sich bei einer kleinen Minderheit Ursache sind spekulative Investitionen Ungleichheiten sind im System eingebaut Grundidee/Ziele: Geld darf nur reines Tauschmittel sein spekulative Investitionen weitgehend verhindern Ungleichheiten durch hohe Steuern mildern Geld gleichmig an die Bevlkerung rckverteilen Mgliche Umsetzung: sehr hohe Vermgens-/Kapitalertragssteuer sehr hohe Freibetrge Beurteilung: Steuern mssten extrem hoch sein politisch und langfristig unmglich (Steuerpolitik entwickelt sich praktisch umgekehrt) wrde Ungleichgewicht der Vermgensverteilung mildern, aber nicht verhindern verhindert nicht das exponentielle Wachstum aller Vermgen und Schulden durch positive Zinsen

Die Idee, dass man unbegrenzt immer mehr physisches Kapital anhufen kann und dass das allen hilft, stimmt so sicher nicht mehr. der LebensFrher hat mehr Kapital vielleicht zu einer Verbesserung de r Lebensqualitt gefhrt, heute fhrt es zur Zerstrung von Lebensqualitt. Nicht fr jeden natrlich, es gib t einige wenig e Reiche, aber wenn man sich die . Konsequenzen ansieht, sind sie im Groen und Ganzen negativ .Meadows, Interview Dennis L. Meadows, brit. konom, Inte rview act Greenpeace sterreich 51

Umlaufgesichertes Geld (Negativ zins, Demurrage)

Rostendes und alterndes Geld

Silvio Gesell (1862-1930) war ein deutscher Kaufmann in Argentinien, der in seinem Hauptwerk Die natrliche Wirtschaftsordnung (1916) erstmals ein Geldsystem ohne Zins (Freigeld) und eine Marktwirtschaft ohne Kapitalismus (Freiwirtschaft) vorstellte. Angelpunkt war die berlegenheit des Geldes, das nicht verdirbt und gehortet werden kann. Der Besitzer einer Ware muss diese rasch verkaufen, sonst verdirbt sie, ebenso der Arbeiter seine Arbeitskraft, sonst verhungert er. Der Geldbesitzer kann jedoch warten, bis er investiert. Unternehmer und Arbeiter mssen ihn durch Zahlung eines Betrags (Zins) animieren, sein Kapital zu verleihen. Unterschreitet der Zins 2-3%, zieht sich das Geld aus dem Kreislauf zurck und streikt (Deflation, Rezession). Daher ist Geld eine Mangelware (Monopol), die Zins erpressen kann. Lsung: Das Geld msse auf die Stufe der Waren herabsinken und an Wert verlieren (rostendes Geld). Gesell schlug vor, monatlich Wertmarken auf die Scheine zu kleben (Strafgebhr fr die Zurckhaltung). Um dem Verlust zu entgehen, wird der Besitzer Geld zinsfrei verleihen, um es zu 100% in neuen Scheinen zurckzuerhalten. Die Gebhr kommt nicht einzelnen, sondern allen zugute. Geld wird zu einer staatlichen Dienstleistung, fr die Brger eine Nutzungsgebhr entrichten. Die Umlaufsicherung bewirkt einen schnellen, ungestrten und krisenfreien Geldumlauf. Inflation (Aufblhung des Geldvolumens durch die Notenbank aus Angst vor Geldhortung und Deflation) wre ebenfalls unntig: Geld knnte eine Whrung werden, die dauerhaft whrt. Gesell war auch der Erste, der einen Warenkorb vorschlug, um steigende oder sinkende Preise festzustellen, und eine absolute Preisstabilitt des Geldes zu erreichen. Gesell erkannte ferner, dass Golddeckung oder Edelmetallwhrung unklug ist: Die Frderkapazitten der Bergwerke knnen nicht immer mit dem Geldbedarf der Wirtschaft mithalten - Deflation wre vorprogrammiert. Gesell sagte auch voraus, dass der Kommunismus nie funktionieren kann, weil er die eigenntzige Natur des Menschen und das Geldproblem ignoriere. Gesell wird leider als Antisemit verleumdet, was aber keiner Prfung standhlt (Die Nazis missbrauchten Gesells Argumente zur Judenhetze - Brechung der Zinsherrschaft). Rudolf Steiner (1861-1925), st. Philosoph und Begrnder der Anthroposophie, verfolgte denselben Gedanken, sprach aber von alterndem Geld und sah eine abrupte Entwertung sowie Schenkgeld vor. Weiterentwicklung und Beurteilung siehe nchste Doppelseite.

(1862(1861Silvio Gesell (1862 -1930) Rudolf Steiner (1861 -1925) Grundidee: Problem: Alles auf der Welt ist vergnglich, nur nicht Geld. Wer mehr Geld hat als bentigt, kann es daher zurckhalten. Lsung: Wer Geld zurckhlt, soll eine Strafgebhr zahlen z.B. durch monatliches Aufkleben von Wertmarken. Erw artete Ausw irkungen: Umlaufsicherung verhindert Geldrckhaltung Zins pendelt sich um Null ein Abschaffung der Inflation als Mittel zur Umlaufsicherung absolute Preisstabilitt (echte "Whrung") schneller, ungestrter und krisenfreier Geldumlauf Silvio Gesell (1862-1930): Hauptwerk Natrliche Wirtschaftsordnung (1916) rostendes Geld, Freiwirtschaft (Freigeld und Freiland) Rudolf Steiner (1861-1925): Begrnder der Anthroposophie alterndes Geld (Kauf-, Leih- und Schenkgeld)

Das Geld soll wie die Eisenbahn sein , weiter nichts als eine staatliche wie Einrichtung, um den Warenaustausch zu vermitteln, wer sie benutzt, soll Fracht zahlen. Silv io Gesell, dt.-argent. Kaufmann und Sozialreformer dt.zahlen. Es gibt heute etwas hchst Unnatrliches in der sozia len Ordnung. Das besteht darin, dass Geld sich vermehrt, wenn man es blo hat. Man legt da ss es es auf ein e Bank und bekommt Zinsen. Das ist das unnatrlichste, was es geben kann... Man tut gar nichts, man legt sein Geld auf die Bank, das kann... man vie lleicht nicht erarbeitet, sondern ererbt hat, und bekommt Zinsen Steiner, dafr. Das ist ein vlliger Unsin n. Rudolf Steiner, st. Philosoph vlliger 53

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Ich glaube, dass die Zukunft mehr vom Geiste Gesells als von jenem von Marx lernen wird. Prof. John Maynard Keynes 1936

Natrliche Wirtschaftsordnung heute

Weiterentwicklung der Freiwirtschaftslehre

Helmut Creutz (geb. 1923) ist ein bekannter Wirtschaftsanalytiker und publizist, der bereits mehrfach fr den Alternativen Nobelpreis vorgeschlagen wurde. In seinem Klassiker Da s Geld-Syndrom erklrt er komplizierte Vorgnge und Zusammenhnge in unserer Wirtschaft. Er bt fundamentale Kritik an unserem Geld- und Zinssystem: Da Geld die Basis unserer Wirtschaft, und damit die Basis unserer Gesellschaft sei, wrde sich exponentielles Wachstum durch den Zinseszins langfristig zerstrerisch auf die ganze Welt auswirken. Er ist Mitbegrnder der Initiative fr Natrliche Wirtschaftsordnung (INWO). Im Gegensatz zu Gesell, der einen Negativzins von ber 12% pro Jahr vorsah, sieht Creutz 6-8% als ausreichend. Auf den Girokonten wre dies vollautomatisch umsetzbar. Damit man ohne Wertverlust (bei Freigeld sogar ohne Inflation) sparen kann, sind lngerfristige Sparkonten vom Negativzins befreit. Damit man den Negativzins nicht umgehen kann, ist eventuell zustzlich eine Transfergebhr zwischen den kurzund langfristigen Konten ntig. Beim Bargeld schlgt Creutz anstatt eines Stempel- oder Klebegeldes (hoher Verwaltungsaufwand) die regelmige Einziehung von Noten vor: Wie in einer Lotterie sollten monatlich einzelne Serien oder Notengren mit bestimmter Wahrscheinlichkeit ausgelost werden. Diese werden ungltig und mssen gegen eine Gebhr in neue umgetauscht werden. Da die ntige Geldmenge durch die hhere Umlaufgeschwindigkeit vielfach kleiner sei, hielte sich der Aufwand in Grenzen. Trotz der heftigen und ideologischen Kritik am Freigeld wurde es bei nherer Betrachtung in der Theorie noch nicht widerlegt und wrde vermutlich funktionieren. In der Praxis wurde es allerdings noch nie in grerem Rahmen getestet (nur lokal z.B. in Wrgl in Tirol). Politisch ist Freigeld unmglich durchsetzbar (auer nach einer groen Krise). Silvio Gesell hat als erster das Grundproblem und einen Lsungsweg aufgezeigt. Leider wird er von den meisten konomen totgeschwiegen.

Helmut Creutz (*1923) Initiativ e fr Natrliche Wirtschaftsordnung Grundidee: Weiterentwicklung der Freiwirtschaft von Silvio Gesell Initiative fr Natrliche Wirtschaftsordnung (www.inwo.de) regelmige Einziehung von Noten und Umtauschgebhr Negativzins auf Girokonten (6-8% pro Jahr) lngerfristige Sparkonten ohne Wertverlust Transfergebhr zwischen kurz-/langfristigen Konten Beurteilung: In der Theorie noch nicht widerlegt (vermutlich erfolgreich). In der Praxis noch nie in grerem Rahmen getestet. Politisch unmglich durchsetzbar (auer nach einer Krise).

Die Wirtschaftswissenschaft hat Silvio Gesell tiefe Einblicke in das WeWe sen des Geldes und des Zinses zu verdanken, jedoch ist er von der natio nalkonomischen Zunft immer als Sonderling betrachtet worden. Er nati war ja auch kein Professor - und das ist schon verdchtig. Entscheidend Entscheidend ist, dass die ordnungspolitischen Ideen von Silvio Gesell richtig und da ss Starbatty, 1977 vorbildhaft sin d. Prof. Joachim Starbatty, National konom 1977 Die Schaffung eines Geldes, das sich nicht horten lt, wrde zur Bildung von Eigentum in anderer wesentlicherer Form fhren. Alb ert Einstein ber Silv io Gesell 1921

Wenn die Fehlstrukturen unseres monetren Systems bestehen bleiben, kann letztlich auch ein Mehr an Steuergerechtig keit den Sozialstaat und damit den sozialen Frieden in unserem Land nicht retten. Denn die heuheu tige prekre Gesamtsituation in unserer Gesellschaft ist weniger die Folge berzogener Ansprche an den Sozia lstaat, als die der zunehmenden be rzogener Ansprche des Kapitals an das Sozialprodukt. Sozialprodukt.Helmut Creutz, Zeitschrift fr Sozia lkonomie Dezember 1997

meines Die Idee des alternden Geldes steht im Hintergrund meines Buches Momo. Gerade mit diesem Gedanken von Stein er und Gesell habe ich mich in den letzten Jahren intensiver beschftigt, da ich zu der Ansicht gelangt bin, dass unsere ganze Kulturfrage nicht gel st werden kann, ohne dass zugle ich oder vorher sogar die Geld frage gelst wird.Michael Ende, dt. Autor 1986 55

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(Carrying Costs) Bancor und Geldhaltekosten (Carrying Costs)

Ungleichgewichte Welthandel Ungleichgewichte im Welthan del vermeiden

Prof. John Maynard Keynes war einer der berhmtesten konomen des 20. Jahrhunderts. Seine Theorien erlebten im Keynesianismus jedoch intensive Suberungsaktionen (US-konom Axel Leijonhufvud). Die zentralen Anschauungen und kapitalismuskritischen Abschnitte seines Hauptwerks Allgemeine Theorie der Beschftigung, des Zinses und des Geldes (1936) wurden von den Keynesianern einfach ignoriert: die Problematisierung von Geld, Zins und den Konsequenzen. Keynes wollte wie Gesell durch Geldhaltekosten (Carrying Costs = Strafzinsen auf Guthaben) den Ertrag des Kapitals auf Null bringen, was das Ende des Kapitalismus bedeutet htte. Er glaubte auch nicht an die wunderbaren Selbstheilungskrfte des Marktes und ewiges Wirtschaftswachstum. Auch das deficit spending war nicht als Aufruf zum Schuldenmachen zum Ankurbeln der Konjunktur gedacht. Keynes ist also durch die fragwrdige Auslegung seiner Theorie durch seine Jnger in Misskredit geraten. Keynes war kein Keynesianer ist die Erkenntnis vieler konomen (Harald Scherf). Auf der Konferenz von Bretton Woods 1944, wo die Neuordnung der Weltwirtschaft nach dem Krieg geregelt wurde, machte Keynes den Vorschlag, das v irtuelle internationale Buchgeld Bancor einzufhren. Im Zentrum stand die International Clearing Union. Jedes Mitgliedsland verfgte ber ein Konto. Der Kontostand orientiert sich an der Handelsbilanz (Robert Musil). Die Whrung wre erst beim Tauschhandel entstanden, womit die ICU Geldschpfung betrieben htte und von Liquidittsproblemen befreit gewesen wre (Thomas Betz 2000). Um Ungleichgewichte zwischen den Handelsbilanzen der Lnder auszugleichen, wren sowohl hhere Schulden wie Guthaben mit Strafzinsen belastet worden (jhrliche Abgabe von 1 bzw. 2% bei berschreitung der Quote in Soll oder Haben um 25% bzw. 50%). Dies htte ein Ausufern der Bancor-Guthaben und -schulden verhindert und Zinsstze nahe Null bewirkt (Thomas Betz). Durch dieses Kreditsystem knnten Defizitlnder gnstige Kredite erhalten ohne der Weltwirtschaft Kaufkraft zu entziehen (Meyer 1999). Ferner htte der internationale Kapitalverkehr kontrolliert und Kapitalflucht unterbunden werden knnen. Devisenspekulationen und die Vormacht des US$ als Weltleitwhrung wren verhindert worden. Keynes Plan wurde in Bretton Woods von den USA abgelehnt. Josef Stiglitz (Ex-Weltbank-Chef, Nobelpreistrger) greift heute Keynes Idee wieder auf. Hans-Jrgen Klausner schlgt ein Welt-Einheits-Geld (WEG) vor, und Bernard Lietaer eine nicht-staatliche internationale Whrung namens Terra, die auch auf einem Warenkorb basiert. 56

(1883John Maynard Keynes (1883 -1946) Josef Stiglitz (*1943) Grundidee/Ziele: Bancor ist virtuelles internationales Buchgeld Geldschpfung durch gegenseitige Kreditvergabe Wert basiert auf 30 Gtern/Rohstoffen Ausgleich der Handelsbilanzen (Import/Export) Strafzins auf Guthaben (Carrying Costs - Geldhaltekosten) en gnstige Kredite (Zinsstze nahe Null) Geschichte: 1933 Vorlufer Die Europa - Geld des Friedens 1944 Bancor-Plan Keynes in Bretton Woods gescheitert 2006 neue Initiative von Josef Stiglitz (Ex-Chef der Weltbank) andere neue Vorschlge wie Welt-Einheits-Geld und Terra Beurteilung: uerste positive Auswirkungen auf internationaler Ebene nationale Ungleichgewichte wrden weiter bestehen bleiben

Ich bin berzeugt, da es nicht schwierig wre... die Grenzleistungsfhig vernnfkeit des Kapitals [sein en Ertrag] auf Null zu senken. Dies mag der vernnftigste Weg sein, um allmhlich die verschiedenen anstigen Formen des verschiede nen Kapitalismus loszuwerden. Denn ein wenig berlegung wird zeigen, was fr gewaltige gesellschaftliche Vernderungen sich aus einem allmhlichen allmhlichen Verschwin den eines Verdienstsatzes auf angehuftem Reichtum ergeben wrden... Dieser Zustand wrde den sanften Tod der sich steigernden Zustand steigernden Unterdrckungsmacht des Kapitalisten bedeuten, den Knappheitswert des Knappheitswert Kapitals auszubeuten... Ich betrachte daher die Rentnerseite des Kapitalismus als vorbergehende Phase, die verschwinden wird, wenn sie sie ihren Zweck erfllt haben wird. Und damit wird noch viele s andere einen Gezeitenwechsel erfahren. erfahren. Prof. John Maynard Keynes 193657

(Plain Money) Vollgeld (Plain Money)

Notenbank anken Grundeinkommen und Strkung der Notenbanken

Prof. Josef Huber ist Sozialwissenschaftler und konom an der Uni Halle und verffentlichte 1998 sein Vollgeld-Konzept, eine vllige Neuordnung des Bankwesens und der Finanzpolitik. Hier wirds etwas komplizierter: Heute stellen Guthaben einen Anspruch auf Bargeld bei der Bank dar, und die Bank kann jede Bargeldeinlage 10x weiter verleihen (10% Mindestrcklage), dafr Zinsen kassieren und die Geldmenge verzehnfachen (sog. Leverage oder Geldschpfung). Nur fr Bargeld* muss sie Zinsen (Leitzinsen) an die Notenbank zahlen. Laut Huber sollen die Brger alleinige Eigentmer ihrer Guthaben sein und selbst entscheiden, in welcher Form ihr Geld auf dem Kapitalmarkt wem angeboten werden soll. Den Banken wird die Mglichkeit der Geldschpfung entzogen und zu 100% an die Notenbank bergeben (daher Vollgeld"), die damit endlich eine direkte Geldmengensteuerung betreiben kann. Die Geldbesitzer (nun die Brger und nicht die Banken) mssten fr die vollen Guthaben Zinsen an die Notenbank zahlen, was einer Umlaufsicherung entspricht (die Einnahmen wrden aber der Allgemeinheit und nicht Wenigen zugute kommen). Vollgeld soll von der Notenbank direkt an die Brger in Form zinsfreier Darlehen ausgegeben werden (Grundeinkommen). Dies wrde zu einem tieferen Zins- und einem hheren Investitions- und Beschftigungsniveau fhren. Zur Deckung brauche es keine Reserven. Die einzige Sicherheit, die den Wert des Geldes deckt, komme von Arbeit und Produktionskapazitt. Die Reduktion der Geldmenge soll durch die Abfhrung von Steuern an die Notenbank erfolgen (Martin Herzog). Da die Banken den Aufwand fr den Zahlungsverkehr nicht mehr aus Zinsertrgen finanzieren knnen, mssen sie diese Kosten voll an ihre Kunden weitergeben (entweder durch hhere Kontofhrungsgebhren oder abhngig von der Hhe der Guthaben, wie es in der Schweiz bis in die 60er Jahre blich war). Die Banken knnen ihren Kunden gering verzinste Geldmarktkonten fr berschssige Geldbestnde anbieten. Damit knnen die Kunden den Kosten der Geldhaltung entgehen und die sonst entstehenden Kreditlcken weitgehend schlieen. Kritisch ist, dass die Geldmengensteuerung einerseits mit dem Grundeinkommen, andererseits mit den Steuern verknpft wird. Es erfolgt eine Vermischung sozialstaatlicher Aufgaben mit denen der Notenbank (Helmut Creutz). Ferner steigt die Macht der Notenbank erheblich. Das Konzept ist sehr komplex und in seinen Auswirkungen schwer abschtzbar. Auf jeden Fall ist es kaum umsetzbar, da es einer Entmachtung der Geschftsbanken gleichkommt. 58

Prof. Josef Huber Grundidee: Geldausgabe von Nationalbank direkt an die Brger in Form zinsfreier Darlehen (Grundeinkommen) Brger sind alleinige Eigentmer von Geld/Konten (Geschftsbanken haben keinen Einfluss). Reduktion der Geldmenge durch Abfhrung von Steuern an die Zentralbank Ziele: finanzielle Probleme des Staates lsen Geldschpfung durch Banken verhindern finanzielle Instabilitten vermeiden Senkung des Zinsniveaus Beurteilung: Vermischung sozialstaatlicher Aufgaben mit der Notenbank Auswirkungen/Erfolg schwer absehbar kaum umsetzbar (Entmac