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(Aus dem Pathologisehen Institut des Staatl. Krankenstiftes Zwickau.) 1Uber beginnenden Pagetkrebs der Mamma. Von Dr. P. tIeilmann. (Eingegangen am 10. Juni 1926.) Die groBe Seltenheit der Beobachtung friiher Stadien yon Paget- scher Erkrankung der Brustwarze und des Warzenhofes berechtigt wohi zur Besehreibung und Beurteilung eines jeden solchen Falles, dessen man habhaft werden kann, zumal da die Frage des Ausganges der krebsigen Entartung, ob vom Deckepithel oder vom Epithel der Milch- giinge oder vonder Driise selbst, noch nicht restlos gekliirt ist. Unna 1~) bcsehrieb die Pagetsehe Krankheit folgendermaBen: In der Staebel- zellenschieht treten groge, stark tingible Zellen auf, die sieh durch Abwesenheit der Stachelung und durch andere KSrmmg des Protoplasmas auszeichncn. Er sieh~ den ~ichtigsten Befund in einer eigentiimlichen Ver~inderung der Staehel- zellen degenerativer Natur, die man als cine besondere Art 0dem bezeichnen kann. Dem Papillark6rper unmittelbar auf sitzt eine Reihe yon wenig veri~nderten, nur abgeplatteten und viel Nitosen zeigenden Ei)ithelien; dann fo]gt eine 2. und 3. Reihe mit 6demat6sen Zellen. Zum Teil linden sieh grol3e Lfieken, i~hnliche Bilder wie bei dcr sog. rcticuliercnden Degeneration, aber zum Unterschied yon ihr eben ein Sch~md der Epithe]fasern und des Stachelpanzers. Soweit das Pagetsehe Ekzem reicht, ist das Epithel unverhornt. Mit eigentlichem Ekzem oder mit Psoriasis finder man weder makroskopiseh, besonders aber aueh mikro- skopisch keine Ahnliehkeit. Es besteht, wie Unna immer wieder hervorhebt, gewissermaBen eine Metaplasie des Epithels; denn die Zellen wandeln sich in faserlose, bewegliehe Epithelien urn. Es tritt, wie man heute sagen wiirde, eine gewisse Entdifferenzierung, eine Anaplasie ein. Man kann im AnschluB an diese /~ltere Darstellung glcich auf die modernsten Auffassungen eingehen. Wir wissen heute, dab die Stacheln im Rete Malpighi oder die Intercellular- briicken ein Fasersystem darstellen, das auch, wie sich mit Unnas Epithelfaser- f~rbung darstellen 1/il~t, dureh die Zellen gewisserma$en hindurchzieht und yon der Basahnembran gcnanntcn und aus feinen verfilzten Fasern bestehenden Grundlage der Epidermis durch die ganze Epithelschicht hindurch bis in dic obersten Lagen vordringt. Wir haben hier, ganz entspreehend yon Huecks 6) Auf- fassung iiber das Mesenehym, zwei sich netz- oder schwammartig durchflcchtendc Systeme vor uns. Ein Syncytium aus Epithelkernen mit umgebendem Protoplasma in einem syncytialen Fasernetz oder ein Epithelfasersystem als mesenchymalen Anteil und eine dieses ausfiiilende Plasmamasse mit Kcrnen als ektodermalen Anteil [vgl. bei Frieboe.sa)].

Über beginnenden Pagetkrebs der Mamma

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Page 1: Über beginnenden Pagetkrebs der Mamma

(Aus dem Pathologisehen Institut des Staatl. Krankenstiftes Zwickau.)

1Uber beginnenden Pagetkrebs der Mamma. Von

Dr. P. t I e i lmann .

(Eingegangen am 10. Juni 1926.)

Die groBe Sel tenhei t der Beobachtung friiher Stadien yon Paget- scher E r k r a n k u n g der Brustwarze und des Warzenhofes berechtigt wohi zur Besehreibung u n d Beur te i lung eines jeden solchen Falles, dessen m a n habhaf t werden kann , zumal da die Frage des Ausganges der krebsigen E n t a r t u n g , ob vom Deckepithel oder vom Epi the l der Milch- giinge oder v o n d e r Driise selbst, noch n icht restlos gekliirt ist.

Unna 1~) bcsehrieb die Pagetsehe Krankheit folgendermaBen: In der Staebel- zellenschieht treten groge, stark tingible Zellen auf, die sieh durch Abwesenheit der Stachelung und durch andere KSrmmg des Protoplasmas auszeichncn. Er sieh~ den ~ichtigsten Befund in einer eigentiimlichen Ver~inderung der Staehel- zellen degenerativer Natur, die man als cine besondere Art 0dem bezeichnen kann. Dem Papillark6rper unmittelbar auf sitzt eine Reihe yon wenig veri~nderten, nur abgeplatteten und viel Nitosen zeigenden Ei)ithelien; dann fo]gt eine 2. und 3. Reihe mit 6demat6sen Zellen. Zum Teil linden sieh grol3e Lfieken, i~hnliche Bilder wie bei dcr sog. rcticuliercnden Degeneration, aber zum Unterschied yon ihr eben ein Sch~md der Epithe]fasern und des Stachelpanzers. Soweit das Pagetsehe Ekzem reicht, ist das Epithel unverhornt. Mit eigentlichem Ekzem oder mit Psoriasis finder man weder makroskopiseh, besonders aber aueh mikro- skopisch keine Ahnliehkeit. Es besteht, wie Unna immer wieder hervorhebt, gewissermaBen eine Metaplasie des Epithels; denn die Zellen wandeln sich in faserlose, bewegliehe Epithelien urn. Es tritt, wie man heute sagen wiirde, eine gewisse Entdifferenzierung, eine Anaplasie ein. Man kann im AnschluB an diese /~ltere Darstellung glcich auf die modernsten Auffassungen eingehen.

Wir wissen heute, dab die Stacheln im Rete Malpighi oder die Intercellular- briicken ein Fasersystem darstellen, das auch, wie sich mit Unnas Epithelfaser- f~rbung darstellen 1/il~t, dureh die Zellen gewisserma$en hindurchzieht und yon der Basahnembran gcnanntcn und aus feinen verfilzten Fasern bestehenden Grundlage der Epidermis durch die ganze Epithelschicht hindurch bis in dic obersten Lagen vordringt. Wir haben hier, ganz entspreehend yon Huecks 6) Auf- fassung iiber das Mesenehym, zwei sich netz- oder schwammartig durchflcchtendc Systeme vor uns. Ein Syncytium aus Epithelkernen mit umgebendem Protoplasma in einem syncytialen Fasernetz oder ein Epithelfasersystem als mesenchymalen Anteil und eine dieses ausfiiilende Plasmamasse mit Kcrnen als ektodermalen Anteil [vgl. bei Frieboe.sa)].

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Wenn man nun annimmt, dab das Stfitzgewebe, also bei de m Organ Haut das Epithelfasernetz, die in der Basalschicht entstehenden Epithel- zellen in seine netzartigen FKcher aufnimmt, sie in den Verband ein- ordnet und ihr Wachstum, gewissermaBen auch sehon ihre Vermehrung, reguliert, so wird man sagen kSnnen: beide Anteile des Organes befinden sieh im Gleiehgewieht. Dieses statisehe Gleichgewicht kann nun infolge yon irgendwelchen fiber das i~hysiologische MaB hinausgehenden Reizen gestSrt werden. Es ist vorstellbar, dab Epithelzellen so zur Wucherung angeregt werden, dab sie das Fasernetz meehanisch oder ehemisch durchbrechen, oder dab das Fasernetz die an und ffir sieh gesunden Epithelzellen nicht mehr in Schranken haRen kann, well es dutch Sch/idigungen ,,degenerativ" ver/indert, geschw/ieht wurde. Die Epi- thelzelle t r i t t aus dem syneytialen Verband heraus. Thiersch 14) ffihrte ja z. B. alas Wuchern der Epithelien bei Carcinom auf prim/ire senile Ver~nderungen des Bindegewebes zurfick, wodureh der Grenzstreit zwischen Epithel und Bindegewebe aufgehoben werde und zum ~ber- wiegen des Epithels fiihre. Gegen diese Thierschsche Geschwulsttheorie haben sich ja viele Stimmen erhoben; so wurde besonders darauf hin- gewiesen, dab das Bindegewebe im Alter eher derber werde als nach- giebig. Wenn wir aber die Thiersehsche Theorie modifizieren und sagen, dab unabh/~ngig vom Alter (denn Careinome treten auch in der ffugend auf) aus irgendwelehen uns zun/~chst nicht bekannten Griinden das Bindegewebe geschw/~cht wird und naehgiebt, und das Epithel vielleicht gleichzeitig durch dieselbe Sch/idigung gereizt wird, so w/ire sie eher annehmbar; wenigstens fiir die bier zu erSrternden intraepithelialen Verh/iltnisse mit ihrem zarten Faserger~ist. Wenn man yon den iibrigen Gesehwulsttheorien absieht, wiirde gerade diese letzte fiir die Ent- stehtmg des Pagetkrebses, wenigstens fiir die rein epidermale Art seiner Entstehung, wenn ieh so sagen daft, auf die ieh n~her eingehen will, als mSglieh in Betracht kommen; besonders wenn man beriicksichtigt, dab in solehen F/illen das Carcinom sieh doeh vielleicht erst aus einem Reizzustand der Haut entwickeln kann, eine gewisse Neigung zur Ge. schwulstbildung natfirlieh immer vorausgesetzt. Ieh meine hier ein rein intraepidermoidal entstehendes Carcinom, bei dem eben, well es yon tier sogenannten Staehelzellensehicht ausgeht, der Verlust der Stacheln, die ,,Entdifferenzierung", besonders ins Auge f/~llt.

~ber den Oft der Entstehung des Pageteareinoms sind ja die Mei. nungen geteil t . So neigt Dietrich 3) dazu, auf Grund seiner Beobaehtungen einen Ausgang yon den Milchg~ngen anzunehmen. Er deutet die bei Pagetkrebs in der Epidermis auftretenden eigenartigen Bilder als sekund/ire Krebsausbreitung, ebenso wie das RibberP~), Hirschel~), .M.B. SchmidP3), Jetcob~ius~) u. a. tun, die die Pagetzellen als degenerierte Krebszellen auffassen, die in die Epidermis eingedrungen sind. Auch

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Dietrich sprictib yore Fehlen der Riffelung und Verhornung der Paget- zellen, d i e bis in die obersten Epithellagen vordringen. Frfiher ha t te bereits/)epage den Beginn der Erkrankung unter die Brustwarze verlegt. Yon da aus verbreitet sie sich yon den Milehg~ngen sowohl in der H a u t als auch in der I)gise. Leider war mir diese Arbeit nicht zug~nglieh, sie ist im Lehrbueh von Kau[mann erws Zieler 16) nimmt an, dab die Erkrankung vielleieht yon der Mfindting der Milehg~nge begonnen und sich yon bier sowohl in den Milehg~ngen als aueh in der Epidermis verbreitet hat. F~lle mit Einziehung der Warze lassen natfirlieh ver- tauten, dab ein Carcinom yon innen auf die Warze fibergegriffen hat. l~ach seiner Ansieht kann ein Pagetkrebs ein Drfiseneareinom sein, muB es aber nieht sein, muB es besonders aueh deswegen nieht sein, weil auch in der Mundsehleimhaut und am Rfieken Gesehwfilste yore Bau des Pagetkrebses beobachtet wurden, die nieht in Beziehung zu den Anhangsgebilden der H a u t standen. Die Pagetsche Erkrankung ist nichts anderes als der klinische und anatomische Ausdruek des intra- epidermoidalen Waehstums eines Carcinoms von Anfang an, zuns ohne Riieksieht darauf, yon w o e s ausgeht. Zieler besehreibt ein intra- epidermal waehsendes Melanocareinom mit dem klinisehen und anato- mischen Charakter des Pagetkrebses, das na~firlich kein Drfisencarcinom sein kann. Auch naeh Unna 15) kommen versehiedene l~ormen und Ausgangspunkte des Pagetkrebses in Betraeht. Bald soll er vom Deck- epithel, bald yon den Milehg~ingen ausgehen k6nnen. Er kann einen eigenen Fall mi t Ausgang vom Deckepithel naehweisen. In l~l len yon Paget selbst konnte er einmal die Entstehung aus den Milchg~ngen, e inmal vom Deekepithel und zweimal als unsieher annehmen. Die Pagetsche Erkrankung bereitet nach seiner Ansicht erst den Boden ff i r das Careinom vor, sie ffihrt nieht mit Notwendigkeit zum Krebs, abet dieser t r i t t meist naeh Jahren auf. Der Verlust der Epithelfaserung, die ,,Metaplasie", soU eine wesentliche l~olle dabei spielen. In der Curls sollen sich reichlich Plasmazellen linden, so da6 Unna sogar yon ,,Plas- morn" sprieht, ein Befund, der wohl ira Shine einer ehronisehen Ent- ziindung zu verwenden w~re. Ich will hier gleieh einfiigen, dal~ andere Autoren nur wenig oder keine Plasmazellen fanden. Folgt man den Gedankengangen Unnas, so kSnnten wohl bei solehen ,,careinomvorbe- reitenden Zust~nden" schon Pagetzellen vorhanden sein. Es fehlt ihnen ~ber zuns noeh die B6sartigkeit, die vielleieht erst dureh ein L~nger- dauern des Reizes erzielb wird; denn bei der Darierschen Krankhei t haben wir, wie wir gleich sehen werden, &hnliche Zellen, die aber nieht als b6sartig wuchernd angesehen werden. So weist schon Unna 15) auf die J~hnlichkeit des Pagetkrebses mit Dariers Krankhei t him Darier 2) beschrieb eine fiber den KSrper verbre i te te Hautkrankhei t , wo sich knorpe!zellen~hnliehe Gebilde in vergrO~erten Retezellen, deren Kern

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sic verdr~ngt haben, finden. Er deutcte sie als dem Epithel fremde K6rper und nannte diese Erkrankung, die er fiir para~i~r hiel~, Psoro. spermose follieulaire v~g~tante. Es treten Epithelwucherungen, yore Follikel ausgehende Epitheliome auf, in denen sich massenhaft die angeblichen Psorospermien finden. Darier selbst h~lt ffir Analoga dieser Hauterkrankung das h[olluscum eontagiosum und besonders die Paget- sche Erkrankung. In 6 Fallen dieser letzten land er eine andere, gr6Bere Pserospermienart im Epithel, die sp~teren Pagetzellen. Virchow be. zeiehnete solche Gebilde als Physaliden, wohl um ihren blasigen Bau anzudeuten. Kulturen und ~bertragungen durch diese Psorospermien gelangen nie. Heute wissen wit, dab die Dariersche Krankheit keine parasit~re Erkrankung ist, dab sie ffir eine chronische ttauterkrankung mit Bildung yon muRiplen Hyperkeratosen gehalten wird, und da~ man sie im allgemeinen nicht als Careinom anerkennt, obgleich es bei ihr oft zu mehr oder weniger atypisehen Wueherungen komm~. -Die Pagetsche Erkrankung wird allgemein als Carcinom aufgefal~t, wenig- stens in den Stadien, in denen sie zur histologischen Untersuehung kommt. Vielleicht besteht zwischen Darierscher und Pagetscher Krank- heir nur eia qualitativer und quantitativer Unterschied, was die Ent- stehungsursache anlangt. Karg 8) h~lt den Pagetkrebs weder fiir ein chronisches Ekzem noch fiberhaupt fiir eine besondere Krankheit, sondern ffir die flachste Form des Carcinoms, bei der es zur Produktion regellos gestellter Epithelien mit dunklem Kern und hellem Proto- plasma kommt und die lange als solche besteht, ehe sie ins Bindegewebe einbricht. Er ist also ffir einen Ausgang der Pagebkr~nkheit vom Epithel. Im Lehrbueh yon Orth H) yon 1893 steht noch, dab sich zuerst eine Verdickung des Epithels der Warze bildet, dann eine von Gesehwiirs- bildung gefolgte entzfindliche Infiltration des subepithelialen Gewebes, der regelm~Big fiber kurz oder lang'eine Krebsbildung der Driise folgt. Borst 1) beschreibt einen' Hautkrebs an der Unterlippe mit intraepi- dermaler Verbreitung und weist auf die ~bereinstimmung seines Be. fundes mlt dem yon Karg hin. Es ist nach seiner Ansicht mSglieb, da~ ein Epidermiscarcinom yon dem einmal gebildeten prim~ren Herde aus fl~chenhaft in die normale Epidermis und ihre Anhangsgebilde hineinw~iehst. Borst ist geneigt, die Ver~nderung der Epidermis in diesem Falle im Sinne eines sekund~ren intraepidermalen Careinom- wachstums zu deuten. Er zieht aber in Erw~igung, dab es sieh auch um eine prim~re krebsige Umwandlung der Epidermiszellen handeln kSnnte, woffir besonders spr~ehe, dal3 die krebsige Ver~nderupg ziemlich ~entfernt vom eigentliehen Krebsgesehwfir aufgetreten ist. Es wfirde also bier, auf die Pagetsehe Krankheit angewandt, aueh das Gegenteil yon dem mSglich sein, was viele annehmen" der Krebs geht nicht yon den ~ilchg~ngen aus und bef~llt sekund~r die Epidermis, sondern er

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g e h t auch e inmal yon dieser aus und beft~llt sekund/~r flare Anhangs- geb i lde bzw. hier die Milchg/~nge. I ch habe i ibr igens vor e in igen J a h r e n e inen ganz / ihnlichen T u m o r wie Dietrich un te r such t u n d mSehte bei d i e s e m aueh den Ausgang yon den Milehg/~ngen annehmen , zumal g le ich von A n fang an die Brus twarze eingezogen war. Der Ausgangs- .punkt k a n n eben, wie es scheint , verschieden sein. Auch Krogius 1~ :lt~Bt die M6gl ichkei t e iner E n t s t e h u n g der Ep i the !wucherung be im :Pagetearc inom v o n d e r t t a u t aus e l l en und glaub~, dab durch le~zteres eine a typ i sche Wuche rung in den Schwei6- und Milchdrfisen angereg t ~ d . Nach Kreibichs 9) Ansehauungen s ind die fiir P a g e t k r a n k h e i t e h a r a k t e r i s t i s e h e n geb lah ten Zellen anaplas t i sche Melanoplas ten , bei denen die L ipo id funk t ion noch zum groBen Teil e rha l t en ist, die Pig- men tb i ldung aber bis auf geringe Ans/~tze er losehen is~. Die E r k r a n k u n g wi i rde d a n n m i t dem Melano- oder Naevusca rc inom in Beziehung zu br ingen sein und v o n d e r Ep ide rmis selbst ausgehen.

Ich m6ehte nun auf ein Krankheitsbfld eingehen, dam ieh kiirzlieh zu unter- suchen Gelegenheit hatte. Das Pr/s das ich KulenkampH verdanke, stammt yon einer 58 Jahre alten Patientin, die seit einem halben Jahre ein kreisf6rmiges oder besser kranzf6rmiges, leieht sehuppendes, krust6ses und unter den Sehuppen rot g~nzendes Ekzem yon etwa markstiickgrol]er Ausdehnung und derber Konsistenz um die nicht eingezogene Brustwarze hatte. Der Chirurg hatt~ die erkrankte Stelle weit im Gesunden entfernt und gleich den Verdaeht auf beginnendes Paget- earcinom ausgesproehen. Es wurden dureh dam ganze Stiiek Serienschnitte gelegt (Gefriersehnitte, meist aber Paraffineinbettung) und folgende Befunde erhoben:

Im Bereiehe des Ekzems, also aul~erhalb der eigentlichen Warze, Mind die intcrpapill~ren Zapfen des Epithels verl/ingert und aueh etwas verbreiter~ und weisen nur wenig in ihrer basalen Sehieht, reiehlieh aber in den Lagen fiber ihr, und mehr oder weniger dicht angeordnet, groSe Zellen mit hellem Pro~oplasma und dunklen, oft klumpigen, groflen runden oder nlerenfSrmigen oder mehr un- regelm~lligen Kernen auf. Die Papillen selbst sind ziemlieh stark mit Rundzellen infiltriert, unter denen sieh nieht allzu .reiehlieh Plasmazellen finden. Besonders dicht ist die Infiltration an den vereinzelten Punkten, we die Basalzellen dutch die groBen hellen Zellen verdr&ngt sind. Oft sind die Infiltrate perivascul/~r an- geordnet, so aueh im subpapfllaren Gewebe noeh. Die Verl~ngerung und Ver- breiterung der interpapill~ren Epithe~apfen findet sieh nur an der Stelle, we die Pagetzcllen auftreten, sonst Mind die Papillen ganz flach. Die Infiltration setzt sich aber zu belden Seiten der Epithelerkrankung noch unter der Epidermis ein Stiiek fort. An einigen kleinen Stellen mit Absehuppung ist die Epidermis ge- quollen mit Leukoeyten und grollen geblahten, web1 zugrunde gehenden Paget- zellen durehsetzt. Diese Zellen haben fiberall, we sie zu sehen Mind, keinen Staehel- panzer. Es sind also Elemente, die sich aus dem Epithelfasernetz ge15st haben. Die eigentliche Warze und die Milchgange Mind vollkommen frei yon irgendwelchen krankhaften Erscheinungen. Sie enthalten weder in ihrem Epithel noeh in ilrrem Inneren Pagetzellen. Ihr Stroma ist ziemlieh zellarm. Es ist, abgesehen yon den kleinen ekzematSsen Stellen, das Epithel noeh kaum ladiert, und es sind in- folgedessen sehr sbhSne Bilder zu sehen, wie die Pagetzellen die Epidermis durch- setzen. Dall es Mich um ein beginnendes Carcinom handelt, daran mfehte ich bei tier vSlligen Atypie der Zellen und der Kerne und bei der ganzen Regel- losigkeit in der Anordnung der Zellen nicht zweifeln, welm auch ein eigentlicher

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Einbruch in anderes Gewebe noch nicht stattgefunden hat. Die Lymphspalten sind, soweit zu fibersehen, frei yon gewueherten Epithelien, yell yon Rand: zellen. Im Bereiche der Neubildung konnte ich keine pigmentfiihrenden Zellen feststellen; auBerhalb der Wucherung finder sich ein ganz regelmi~Big angcord- netes feink0rniges Pigment in der basalen Schieht, das eben dem Warzenhof angehSrt.

Es ist nicht gelungen, auBer in der Epidermis selbs~, irgendwo krebsige Wuche: rungen nachzuweisen. Das einzige, was fiir eine bloBe Verbreitung des Carcinoms; nicht Ifir die Entstehuhg innerhalb einer sonst normalen Epidermis, sprieht, ist das iiberwiegende Intaktsein der basalen Schieht. Man kSnnte sich des Eindruekes nieht erwehren, als ob ein Careinom innerhalb der Epidermis gewissermal~en fortkrSche. Man sieht aber nirgends eine Stelle, we ein anderes Carcinom in di6 Epidermi s eindringt.

Betrachten wit nun das histologische Bild yon dem Gesichtspunkt aus, wie ~ r ihn oben erSrtert haben, n~mlich, dab eine Entdifferenzierung der Stachel- zellen dutch irgendwelehe St6rungen im Gleiehgewicht zwischen mesenchymale m und epithelialem Syncytium, eine Anaplasie, auftritt, so wird der Vorgang eines intraepidermal entstehenden Careinoms verst~ndlieh. Warum werden gerade die Staehelzellen befallen? Sind sie besonders empfindlich und neigen sie infolge ihrer Jugendlichkeit leichter zur Entdifferenzierung ? Sollte es nicht deeh m6g- lich sein, wie ~ltere Autoren annehmen, da{~ ein vorbereitendes Ekzem durch seinen Reizzustand erst den Boden ffir das Carcinom schafft? Die Reiztheorie ~'ird doeh aueh sonst, eine Geschwulstdisposition in Betraeht gezogen, zugegeben.

DaB die Basalzellen selbst im wesen~lichen yon der Krebsbildung frei bleiben, braucht uns nieht irrezumaehen, da sic ja racist mit itmem unteren Protoplasma- saum in Gestalt yon kleinen Z/~ekehen und Zapfen lest in der Basalmembran verankert s ing Eehlt eine eigentliehe Basalmembran, so treten Protoplasma- fasern der Basalzellen direkt mi~ den Fasern des papill~ren Bindegewebes in Ver- bindung. Weiter linden sioh innerhalb der Basalzellenreihe plasmaarme verzweigte Zellen, die Erieboes 4) Iiir die Mutterzellen des ganzen Epithelfasersystems hiilt. Alles das sind Umstande, die fiir eine besondere Stabili~/tt der basalen Zellen ins Gewicht fallen. Sic werden dadurch weniger beweglieh sein wie die fiber ihnen liegenden, aueh noch jugendlichen Staehelzellen. Nach Zielerlr der j a , wie sehon erwi~hnt, selbst primi~r intraepidermale Careinome yon klinisehem und anatomischem Charakter der Pagetkrankheit beobaehtet hat und solehe Beob- achtungen anderer Autoren in seiner Arbeit erwEhnt, miissen beim Entstehen solcher Krebse besondere anatomische Bedlngungen eine Rolle spielen, anatomisehe Bedingungen, deren Erkenntnis wit durch die moderne Auffassung veto Bau der Epidermis und der voraufgegangenen 8chflderung vielleieht naherkommen k6nnen.

Zusammenfassung Und einige Wor te zur Bezeichnung: Pagetsche Krankhei~ ist zun/ichs$ eine klinische Bezeiehnung. Sie ist eharakteri- s iert durch eine flache Erosion der Hau t , die yon der Brustwarze oder vom Warzenhof ausgeht u n d sieh allm~hlich immer weiter ausdehnen kann . Dahin te r s teckt ein in der Epidermis fortsehreitendes Carcinom ~ D a m i t ist noch n ieh t gesagt, ob das Careinom 1. v o n d e r Epidermis oder 2. yon ihren Anhangsgebi lden, denen also bier die MilehgEnge entspreehen wiirden, oder 3. yon t ieferen Teilen der Driise ausgeht. Es sind wohl alle 3 F~lle mSglich, sicher jedenfalls der erste u n d zweite. Charakter is t iseh ist weiter das For tschre i ten des Carcinoms in der Epidermis .

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Das Care inom bes t eh t his tologisch aus Pagetze l len . Aueh d a m i t i s t noch n i ch t gesagt , dab der K r e b s wirkl ieh e inhei t l icher N a t u r is~; d e n n nach Ans ich t vieler A u t o r e n kSnnen Page tze l len auch yon u n t e n e ingedrungene degenei*ierte Krebsze l len (Zyl inderzel len ?) sein, oder sie kSnnen du tch den Reiz eines yon un ten vord r ingenden Carc inoms aus ZeUen der Ep ide rmi s en t s t anden sein, u n d es k a n n sieh endl ieh auch, wie der beschr iebene Fa l l lehr t , u m einen p r i m e r y o n der E p i d e r m i s ausgehenden K r e b s handeln .

Es g ib t aber auch a n anderen Stel len der H a u t des KSrper s Bi lder wie be im Pagetze l lenkrebs , we nur die Ep ide rmi s selbst als Ausgangs- p u n k t in B e t r a c h t k o m m t , und diese werden a m bes ten als ( p r i m i r ) in t r aep ide rmoida le Carc inome bezeichnet . Die Pagetsche K r a n k h e i t k a n n also ana tomisch , nu r wenn Fa l l 1 zutr i ff t , als p r i m e r in t raep ider - moida le r K r e b s beze iehnet werden. K o m m t es y o n e inem Drf i sen tumor aus erst s e k u n d i r zur Verbre i tung in der H a u t , so ha nde l t es sieh ana to - miseh u m einen Dr i i senkrebs m i t Metas tas ie rung in de r H a u t , m i t F o r t - schre i ten in de r H a u t u n d u m A u f t r e t e n einer bes~immten Zel lar t , de r Pagetze l len , die wlr aUerdings sonsb be im E inbreehen i rgendweleher Careinome, wenigs tens in der fiir P a g e t t yp i s ehen Anordnung , n i ch t zu sehen bekommen .

Oder : E in in t raep ide rmales Carc inom k a n n f iberal l a m K 6 r p e r (wenn auch selten) vo rkommen . Die Page t sche K r a n k h e i t k o m m t nu r ~n der Brus~warze oder dem Warzenhof vor, geh6r t ana tomisch en t - weder zu den echten p r im~r - in t r aep ide rma len C~reinomen oder (wohl 6fter) zu den sekund~r i n t r aep ide rma l fo r t schre i t enden Care inomen.

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