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209 Ueber die Chloride des Schwefels und deren Derivate ; von L. Cari’us. Vor einiger Zeit *) habe ich die Ansicht aufgestellt, der sogenannte Einfach- Chlorschwefel sei nicht , wie bisher an- genommen wurde, eine chemische Verbindung, sondern ein Gemenge, und zwar entweder ein Gemenge von Halbchlor- schwefel und der noch unbekannten, dcr schwefligen Saure correspondirenden Chlorverbindung CleS””), oder eine durch Absorption von Chlorgas in Halbchlorschwefel entstanden zu denkende, freies Chlor haltende Flussigkeit. Ich entschied mich fur die Annahme, der braune Chlor- schwefel sei ein Gemenge von Halbchlorschwefel und Zweifach- Chlorschwefel, da bei der Einwirkung desselben auf Salze, Siiurehydrate und Aethylalkohol immer zunachst unter Ab- scheidung von Halbchlorschwefel die Producte gebildet wer- den, welche voraussichtlich durch Einwirkung von Zweifach- Chlorschwefel allein entstehen wiirden, ohne dak Producte der Reaction von freiem Chlor aufgefunden werden konnten. Die spater von Herrn E. Fries und mir ausgefuhrten Untersuchungen **”) uber die Einwirkung der beiden Chlor- schwefel auf Amylalkohol bestatigten dieselbe Ansicht. - Ich babe nun auch die Einwirkung des brannen Chlorschwefels nuf Methylalkohol untersucht. *) Diese Anrialen CXI, 291. **) IIier und im Folgenden ist S = 32, 0 = 16 iind C = 12 an- geiiommen. **a) Dieso Annalen CIX, 1. Anna1 d Chcm. 11. PllArtti. CX ,311. 2. Hett. 14

Ueber die Chloride des Schwefels und deren Derivate

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Page 1: Ueber die Chloride des Schwefels und deren Derivate

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Ueber die Chloride des Schwefels und deren Derivate ;

von L. Cari’us.

Vor einiger Zeit *) habe ich die Ansicht aufgestellt, der sogenannte Einfach- Chlorschwefel sei nicht , wie bisher an- genommen wurde, eine chemische Verbindung, sondern ein Gemenge, und zwar entweder ein Gemenge von Halbchlor- schwefel und d e r noch unbekannten, dcr schwefligen Saure correspondirenden Chlorverbindung CleS””), oder eine durch Absorption von Chlorgas in Halbchlorschwefel entstanden zu denkende, freies Chlor haltende Flussigkeit.

Ich entschied mich fur die Annahme, der braune Chlor- schwefel sei ein Gemenge von Halbchlorschwefel und Zweifach- Chlorschwefel, da bei der Einwirkung desselben auf Salze, Siiurehydrate und Aethylalkohol immer zunachst unter Ab- scheidung von Halbchlorschwefel die Producte gebildet wer- den , welche voraussichtlich durch Einwirkung von Zweifach- Chlorschwefel allein entstehen wiirden, ohne d a k Producte der Reaction von freiem Chlor aufgefunden werden konnten.

Die spater von Herrn E. F r i e s und mir ausgefuhrten Untersuchungen **”) uber die Einwirkung der beiden Chlor- schwefel auf Amylalkohol bestatigten dieselbe Ansicht. - Ich babe nun auch die Einwirkung des brannen Chlorschwefels nuf Methylalkohol untersucht.

*) Diese Anrialen CXI, 291.

**) IIier und im Folgenden ist S = 3 2 , 0 = 16 iind C = 12 an- geiiommen.

**a) Dieso Annalen C I X , 1.

Anna1 d Chcm. 11. PllArtti. CX ,311. 2. Hett. 14

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210 Car i u s , Cber die Chloride des Schwefels

Die Versuche wurden in ganz ahnlicher Weise angestellt, wie die mit Aethylallcohol, und erfordern dieselben Vorsichts- mafsregeln , da die Einwirliung des Methylalkohols wenigstens eben so heftig ist. Die Analyse ergab fur den zu den Ver- suchen benutzten Chlorschwefel, der in bekannter Weise dargestellt w a r , 31,39 pC. Schwefel, wonach ihm nahezu die rohe Forrnel ClzS zukommt; ich betrachtete ihn daher als ein Gemenge von gleichviel Mol. Halb- und Zweifacti-Chlor- schwefel und verwandte auf jedes Mol. dcs letzteren nicht ganz 2 Mol. Methylalkohol. Der zu diesent Zweck benutzte Methylallcohol war aus benzoesaurem Methyl ") rlargestellt.

*) Die Metliode voii W o h l e r , Methylalkohol aus oxalsanrem Me- thyl darzustellen, scheint bei einem so nnreinen kauflichen Holz- geist, wie der in Deutschland vorlionimende ist, nicht sehr ail-

wendbar zu sein, da die Ansbeute an reinem oxalsaurem Methyl eine Lul'serst geringe ist. Da der Gruiid hiervon besonders in der groQen Liislichkeit nnd leichten Zersetzharkeit des genannten Aethers liegt , so suchte ich einen Methyliither zu finden, der wo moglich noch leichter nnd hinreichend wohlfeil darzustellen und in TVasser moglichst schwer Ib'slich sei, dnmit er ohne erheblichen Verlust durch Waschen mit Wasser und l)estillation vollkommen rein erhalten werden konnte, und uberzeugte mich bald, d a k bei dem niedrigen Preise der HenzoesLure der Aether derselben den Vorzug verdiene. Das henaogsaure Methyl er8eugt sich in der That so leicht imd ist so schwerloslich in Wasser, d d s durch SBttigen einer Liisiing von Eeneo5saure in iihcrsch~ssi,yein Metbyl- alkohol rnit Chlorwasscrstoffgas, 2 - bis 3stundige Digestion im Wasserhade, Destillation und Waschen der iiber 100" C. iiber- destillirten Flussigkeit mit kaltem Wnsser, eine voii der theoretisch eu erwartenden wvenig abweicbende Menge von dem reinen Aether erhalten wird. Jiat man daher eincn rohen Methylalkohol VOII

nobekanntem Gehalt , so liht mail eine ,jodenfalls ausreichende Menge Benzoesiure darin, stellt den Aether i l l der genannten Weisc dar, mid fiiidet aus dessen Menge aiinahernd den Gehalt des roheii llolzgeistes an Methylalkohol. Den reinen Aether zer- legt man, iridem man ihn in einem langhalsigen Kolben nlit auf-. steigendem Kiihlrohr rnit einer Lijsnng von wenig uberschussigem Nutroiihydrat in 3 Lis 4 Theilell Wasser 2 his 3 Stu~idt-n in1

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und deren Derivate. 21 1

Ich liefs den Alkohol tropfenweise zu dem anfangs ab- gekiihlten Chlorschwefel treten, wahrend aie sich entwickeln- den Dampfe und Gase zunachst durch ein langes aufsteigen- des Kuhlrohr, darauf durch zwei in Kiiltemischungen stehende Cylinder und von da in ein Gasometer geleitet wurden. - Nachdem aller Alkohol mit dem Chlorschwefel geinischt war, wurde ein Thermometer in den Hals des Kolbens eingesetzt, und noch so lange erhitzt, bis die Temperatur der austre- tenden Dampfe 80° C. betrug. Der Ruckstand im Kolben der Destillation unterworfen , erwies sich als reiner Halbchlor- schwefel, wllirend in der Retorte nu r eine kleine Menge Schwefel zuruckblieb.

In dem ersten als Vorlage dienenden Cylinder hatte sich cine kleine Menge einer dunnen, schwach gelb gefarbten Flussigkrit gesammelt , die sich beim Schutteln mit Wasser, worin sie zuerst untersank, in schweflige Saure, Chlorwasser- stoff, Schwefel und Spuren von unterschwefliger Saure zer- setzte; ein Chlorsubstitutionsproduct des Chlormethyls konnte nicht nachgewiesen werden. - Das in dern Gasometer uher Wasser gesatnmelte Gas wurde zur Entfernung von Chlor- wasserstoff und schwefliger Saure mit Natronlauge geschuttelt ;

Wasserbade digerirt, dann den Alkohol abdestillirt, und iiber Kalk rectifirirt ; durch nochrnaliges Rectificiren iiber Kalk nnd mehrtagiges Zusammenstellen rnit entwassertem Blutlaugensalz er- halt man vollkonimen reinen hlethylalkohol.

Das erhaltene henzoesaure Natron verwandelt man sofort wie- der in den Aether, indem man es rnit nur wenig verdunnter Schwefelsaure serlegt, und die Masse nach Zusats von uherschds- sigem roliem Holzgeist und Entferiiung des ausgeschiedeiien schwe- felsanren Natrons in der gcnannten Weise mit Salzsauregas be- hao delt.

Ich habe so unter ursprunglicher An\vendung von 500 Grm. RenzoCsiure in drei Tagen 1560 Grm. reinen Methylalkotiol dar- gestellt, und endlich noch mehr als 300 Grm. reiiie Benzoeslure wieder gewonnen.

14 *

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212 Car ius , iiber die Chloride des Schwefels

so gereinigt zeigte es den Geruch des Chlormethyls, brannte mit grungesauniter Flamme, iind gab bei niederer Temperatur mit wenig reinern Wasser in Beriihrung gelassen eine grolse Menge blatteriger Krystalle , die beim Erwarmen unter Gas- entwickelung wieder verschwanden.

Die Producte dieser Reaction lassen sich daher durch folgende Gleichungen zusammenfassen, wodurch die Reaction anderer Alkohole eben so wiedergegeben ist :

CICH3 ClzSClz+ oc> = Cl$O + ----, CIH

CH -ClCH CI*SClp + (0 H3) = oso + (- 2) 2 CIH 9,

wahrend der in dem brauiien Chlorschwefel vorausgesetzte Halbchlorschwefel abgescliieden wurde.

Ich glaube, dafs durch diese Untersuchungen uber die chemische Natur des sogenannten Einfach - oder braunen Chlorschwefels mit ziemlicher Bestirnnitheit entschieden ist. Wenn diese Fliissiglieit ein Gemenge ist, so mufs uber die Frage nach ihren Gemengtheilen ganz besonders ihr chemi- sches Verhalten entscheiden, und sie diesern zufolge als das eben bezeichnete Gemenge angesehen werden. Indessen, wenn ein solches Gemenge in variabeln Verhaltnissen durch Einwirkung von trockenem Chlor auf Halbchlorschwefel ge- bildet wird, so ist es wahrscheinlich, d a k durch fernere Einwirlrung von Chlor dasselbe immer reicher an der chlor- reicheren Verbindung werde , und wenn es nicht gelange, den Chlorgehalt der Flussigkeit iiber den der rohen Formel ClzS entsprechenden zu steigern, so kiinnte inan noch an- nehmen, dafs der bei gewohnlicher Ternperatur mit Chlor gesattigte Chlorschwefel ein Gernenge einer dieser Forrnel entsprechenden Verbindung rnit Halbchlorschwefel sei ").

'1 Herr Prof. A d . \V u r t z hat in ainer kntischeo Hespreehung

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Um uber diesen Gegenstaed entscheiden zu konnen, liers ich bei verscliiedenen Temperaturgraden Chlor auf Halb- chlorschwefel einwirken. Da feuchtes Chlor die Bildung des Oxychlorides von Mil Ion veranlafst , so mufste hier heson- dere Sorgfalt auf das Trocknen des Gases verwandt, und ferncr jeder Versuch mit einer nicht zu kleinen Menge von Chlorschwefel angestellt werden, damit der durch einen gc- ringen unvermeidlichen Wassergehalt des Chlorgases ent- stehende Fehler moglichst ohne Einflufs blieb.

Die Absorption geht nur dann rasch vor sich, wenn die Teniperatur allmalig erniedrigt wird ; lidst man aber in dieser Weise 18nger.e Zeit das Chlor einwirken, so erhiilt man dun- kelrothbraun gefarbte Fliissigkeiten , welche bejm Heraus- riehmen aus dern Iialtegemisch sofort unter Kochen Chlor verlieren. Durch letzteren Umstand wird die Analyse solcher Fliissiglreiten sehr erschwert. Das Auffangen der Pliissigkeit fur die Analyse geschah , indem ein Capillarrohrchen , wel- ches in der Mitte zu einer kleinen, am einen zugeschmol- zenen Ende zu einer grofseren Kugel aufgeblasen war, durch eine Oeffnung im Kork in das noch in der Iialtemischung stehende Gefafs getducht wurde. Nachdem unter fortwah- rendern Zuleiten von Chlorgas durch gelindes Erwarmen und Ahkiihlen der grofseren aus dem Gefafs herausragenden Ku- gel die kleinere mit Fliissigkeit gefiillt war, wurde das Rohr- chen hervorgezogen , umgekehrt in eine Kaltemischung ge- stellt, nnd die Spitze zugeschmolzen.

Die Analyse durch Verbrerinen rnit Quecksilberoxyd und kohlensaurem Natron vorziinehmen , war hier nicht zulassig, wegen der Gefahr, einen grofsen Verlust an Chlor zu er-

(Compt. rend. des progres de la otiimie pure p. M. Ad. W u r t e ,

Oct. 1858) m i n e r ersten A b h a n d h ~ g hieraut aufmerksam ge- mncht.

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214

leiden. Ich stellte daher zwei Versuche a n , eine bei 20° C. gesattigte Flussigkeit, deren Chlor - und Schwefelgehalt schon in der eben genannten Weise bestimmt waren, nach einer andern Methode zu analysiren. Das hochsteris O, i bis 0,2 Grm. enthaltende Rugelchen wurde in ein etwa 400 Cubik- centimeter fassendes; mit sehr gut eingeriebeneni Glasstopsel versehenes GeMs gebracht , in dieses Glas alsdann 20 bis 30 Grm. concentrirte Salzsaure gefillt , und Chlor eingeleitet ,is zur Sattigung der letzteren und Verdrangung der Luft durch Chiorgas, darauf durch starlres Schiitleln des so ge- fiillten und fest verschlossenen Gleses die Bugel vollstandig zertrurnmert, und nach mehrstiindigem Stehen die Fliissigkeit mit Wasser stark verdunnt, von den Glassplittern filtrirt und durch Chlorbaryum die Schwefelslure gefallt.

Ein anderer Versuch, um das Chlor und nochmals den Schwefel zu bestimmen, wurde in ahnlicher Weise unter Anwendung vori chlorfreier Salpetersaure , von i ,3 spec. Gewicht, als Oxydationsniittel des Chlorschwefels ausgefuhrt. Hierbei ist kein Verlust an Chlor zu befurchten, sobald man den Versueh bei hochstens 40° C. anstellt, urrd keine ZLI

starke Salpetersaure anwendet ; es ist aber ein mindestens zwolfslundiges Stehen erforderlich , damit der Schwefel voll- standig in Schwefelslure verwandelt wird.

Wie die unter 1) aufgefiihrten Zahlen zeigen, geben diese Met.hoden genaue Resultate, und lassen sich ohne Zweifel noch in andern Flllen mit Vortheil anwenden. Dem ungeachtet glaube ich nicht, dafs die voii rnir hier niitge- theilten Werthe ein genaues Mafs f i r den Chlor- utid Sehwe- felgehalt cines bei bestimmter Temperatur mit, Chlor gesattig- ten Chlorschwefels abgeben konnen , besonders da es rilir

nicht gelang , die Temperatur Igngere Zeit hinreichend cori- stant zu erhalten, sondern diese selbst wahrend der letzten zwei Stunden des Einleilcns des Chlorgases oft urr~ 1 ktis

C a r i u s , ilber die Chloride des Schwefels

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iind deren Derivate. 215

i0,5 schwankte. Das Einleiten des Chlorgases wurde bei Anwendung von etwa 60 Grnr. schon bei gewohnlicher Tern- peratur gesattigler Fliissigkeit 4 bis 6 Stunden lang fort- gesetzt. Die Resultate sind folgende :

1) I$ei + 20'' C . gesiittigte Fliissigkeit : a) \-erbrennung mit Quecksilheroxyd

und kohlensaurem Natron . . b) Aufschliefsung mit Salzsiiure und

c ) Aufschliefsung mit Salpetershre") Chlorgas . . . . . . . . .

2) Bei + 6O,O bis 6',4 C. gesattigte Fliissigkeit :

Aufschlief'sung mit SalssLure und

.Sufschliel'soiig niit Salpeetersiiure 3) Bei + 0°,4 bis + 1'' C. gesattigte

Fliissigkeit : Aufschliefsung mit Salzsaure unct

4; Bei - l0,5 his - 2",5 C. geslittigte Fliissigkeit :

Aufschliefsung rnit Selzshre und Chlorgas . . . . . . . .

5) Bei - 6 O his - 6",0 c. gesattigte Fliissigkeit :

Aufschliefsuag rnit Salzsaure iind

Aiifschliel'sung mit Salpetersaure

Chlorgas . . . . . . . .

Chlorgas . . . . . . . .

Chlorgas . . . . . . .

Ange- j Erhaltener wandt ! SBaO,

---.I

a r m . I 0,23511 0,5542

0,1265 0,2985 0,1156 0,2715 I

0,1455 0,3327 0,11881 0,3190

, I

0,1345 1 0,2938

i 0,0618' 0,1764

!

/-

ClAg und Ag

0,6298-0,O 105

- I),3 105-0,0054

__ 0,3822-0,0048

I

0,4205-0,0040

Die aus diesen Resultaten berechneten mittleren Gehalte dcr untersuchten Fliissigkeiten a n Chlor und Schwefel sind in der folgenden kleinen Tabelle zusammengestellt, und zur Vergleichung die berechnete Zusarrirnerrsetzung des Halbchlor- schwefels des hypothetischen Zweifdch- Chlorschwefels und einer der rohen Formel ClzS entsprechenden Substariz eben- falls beigefugt :

*) %ur Beurtheilung der Brauchbarkeit der angewandten Methoden gebe ich hior die Resultate dieser drei Versuche gesondert :

Versuch a) 32,25 pC. Schwefel und 67,92 pC. Chlor. n b\ 32,41 9

>> C) 32,38 n I) > > 6 7 , 6 9 , > >>

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216 Car ius , uber die Chloride des Schwefels

Zusammensetzung des Halbchlorsehwefels

Bei + 20" C . mit Chlor gesattigt . . . Uei + 6 bis 6",4 mit Chlor gesattigt . . Die Formel C1,S verlangt . . . . . . Bei + 0,4 bis + 1" mit Chlor gesiittigt

CI,S, . . . . . . . . . . .

n - 1,5 n - 2",5 n n I ,

,, - 6 n - 8",0 I? 77 ,?

Berechnet nach der Formel C1,S . . . Uiese Resultate beweisen unzweifelhaft, dafs der Chlor-

schwefel uber die Grenze hinaus, wo seine Zusammensetzung der Formel ClzS entspricht, noch Chlor aufzunehmen vermag, und zwar scheint es, dafs diese Chloraufnahmc bei niederer Temperatur sogar in rascherem Verhaltnifs stattfinde, als bei hoherer , so dafs man miiglicherweise durch Sattigung bei hinreichend erniedrigter Temperatur eine Substanz von der Zusammensetzung CI4S wird erhalten konnen ; ob die so dar- gestellte Substanz wirklich die der schwefligen Saure cor- respondirende Chlorverbindung sein wird, oder nur ein Gemenge von Chlor und einer niederen Chlorverbindung, kann indessen nur durch Untersuchung des chemischen Verhaltens einer solclien Substanz entschieden werden.

Die Entstehungsweise des sogenannten Halbchlorschwe- fels, das Verhalten desselben gegen Salze, Benzoesaure und Aethyl- und Amylalkohol sprachen dafiir , denselben als das Sulfochlorid des Schwefels anzusehen *) ; es schien mir in- dessen wunschenswerth , diese Ansicht noch durch Unter- suchung dcs Verhaltens gegen Methylalkohol zu priifen , bei welcher Gelegcnheit ich aufserdem hoffte, den Methylather der schwefligen Saure darstellen zu konnen.

Ich liels daher in demselben Apparat, den ich zu den Versuchen mit braunern Chlorschwefel benutzt hatte , reinen Methylalkohol im Ueberschufs auf Halbchlorschwefel ein-

*) Diese Annalen CVI, 332.

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upid deven Derivate. 217

wirken. Die Resultate waren im Wesentlichen dieselben wie bei den friiher untersuchten Alkoholen. Die Reaction ist Anfangs sehr energisclr ; es bildet sich eine dunne Ither- artige gelbe Fliissigkeit , sobald nahezu 1 l\llol. Alk~Rol auf 1 Mol. Halbcblorschwefel angewaridt ist ; dieselbe wird durch weiteren Alkoholzusatz unter Abscheidung von Schwefel milchig, mufs aber zur vollsti%ndigen Beendigung der Reaction so lange erhilzt werden, bis die Dampfe die Temperatur des siedenden Methylalkohols zeigcn.

Die gasfbrmigcn Producte dcr Reaction sind schweflige Saure, Chlorwassersloff und Ctilormcthyl. Wahrend des Ver- suchs verbreitet sich der characteristische Geruch nach Me- thylmercaptan ? welches ich hier unter Anwendung griifserer Blengen von Alkohol und Halbchlorschwefel sogar in reinem Zustande darstcllen konnte ; es sammelte sich in kleiner Mcnge in den sorgfaltig gekuhlten Vorlagen und wurde nach der Reinigung theils zur Darstellang der Quecksilberverbin- dong, theils zu einer Schwefelbestinimung verwandt , deren Resultat hier folgt :

Angewandt : 0,1879 Grm. Gefundener schwefelsaurer Baryt 0,9072, entspricht 66,30 pC. Schwefel; berechnet nach der Forrnel CH$, 66,65 pC. Schwefel.

Der Ruckstand im MischungskoIben hatte sich dunkel gefiirbt; e r wurde nach lringerem Stehen in der Kalte und Entfernung des auskrystallisirten Schwefeels destillirt. Es ging zuerst der ubcrschiissige Alkohol, d a m eine farblose, wie schwefligsiiures Aetiryl riechende Fliissigkeit iiber, wah- rend in der Rctorte eine grolse Menge eines braunen zah- flussigen Riicitstandes hlieb , wdcher t e i weiterem Erhitzen unter starkem Aufschhumen irnd Entwickelung von stinkenden Dampfen, die sich zu iilarkigen Tropfen condensirten, so wie von vie1 schwefliger Siiurc verkohlte. Ich hielt diesen Ruck- stand fur methylschweflige Saure, und erhitzte daher den

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228 C n r i u s . ziber die Chloride des Schwefels

von einent weiteren Versuche stam!ncnrlen nur auf etwa

140O C., wusch mil Wasser aus und neutralisirte rrtit kohlen- saurern Baryl ; durch Verdarnpfen des fast farblosen Filtrates wurden in Wasser leicht losliche , nur wenig gefarbte rhont- bische Blattchen erhalten, die nach dem 'l'roclrnen in) luft- verdiinnten Raurn neben Schwefelsanre bei einer Barytbe- stinimung folgende Resultate gaben :

Angewandt 0,5325 Grm. Erhaltener schwefelsanrer Baryt 0,3808, entsprechend 42,03 pC. Baryum. Bereclrnet nach der Formel CH3BaS03 41,89 pC. Baryum.

Die Menge der niethylschwefligen SLiire , welche sich hier bildet, is1 nix sehr klein ; ihre Eriktehung ist aber nicht an einen Wassergehalt des Methylalkohols gebunden, da dieser bei allen Versuchen sorgfaltigst vom Wasser befreit war.

Bei dem ersten Versuche wurde das Destillat von der methylschwefligen Saure niit kaltem Wasser gemischt , und zur Neut,ralisation von elwas freier Sdure wnrden kleine Mengen kotilensauren Natroris zugesetzt ; obgleich sicli hier- bei olige Tropfen einer in Wasser untersinkenden Flussigkeil abschieden, so war es doch nicht miiglich, davon auch nur eine zur Anaiyse ausreiciiende Menge zu erhallen, (la sie sich init Wasser untl selbst einer zahfliissigen Chlorcalcium- liisung unler Entwickelung von schwefliger Sainre zersetzte. Jch suchte daher das schwefligsaure Methyl dnrch fractionirte Destillation zu trennen , und erhielt , nachdern inehr als 3 Plund volllrorninen reinen Methylalliohols verwandt waren, eirie constant zwisclien 121 rind 122" C. siedertde Flussigkeil in gcniigendsr Menge ? urn einige Versuche damit anstellen zu k ii n i I en .

*) Wendet mail zu diesem Versuche nicht vollkornnien rLincn Alkohol an, so erhalt inan fabt gar kcni schwefligsaurss Methyi.

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upZd deren Deriuate. 219

Die Analyse d m Flussigkeit gab folgende Resultate : Verbrennung mit chromsaurrni Blei :

Vers. 1. Vers. 2.

Angetvandt 0,2405 0,2389 Erhaltene Iiohlensiiure 0,1905 0,1938 Erhaltenes Wasser 0,1225 0,4460.

Verbrennung irirt Quecksilberosyd und kohlcnsaurem Natron :

Vers. 1 . Vws. 2.

Angewandt 0,2754 0,2120 Erhaltener schwefelsaurer Baryt 0,5802 0,4439.

Daraus ergiebt sich folgentle Zusamn~ensetzurrg :

Uerochnet nach Gcfunden __SF --

Vers, I . Vers, 2, Mittel tier Formel C,H,SO,j KohlenstofT 21,liO 22,13 21,77 21,81 pC. WasserstofF 5,66 5,39 5,53 5,45 ,, Schwefel 28,93 28,76 28,85 29,08 %

+ - 43,85 43,66 ,, -_ - Sauers toil 100,00 100,00.

Die Identitlt dieses neiaen Aethers iriit der dern schwef- ligsauren Aetliyl hornologen Methylverbindung wurde aul'ser- dem durch eine nach der Methode von I )u inas ausgefiihrte Darnpfdichtebestinimung dargethan. Ein erster Versuch ergab fur die Darnpfdichte der Substanz dcn Wertli 3,655, ein zweiter Versuch rnit frisch dargestelltrr Plussigkeit 3,7029, wahrend die 2 Vol. Darripf (H = 4) reprlsentirende Formel C2H&303 den Werth 3,796 verlangt. Uer erste Versuch war rnit einem Baflori von 240,4 C,C. Inhall hei + 15,4 CC., der zweite niit einem solchen von 273,s CC. Inhall bei lgo,5 C. angestellt, wahrend die Trmperatur beini Zusclimelzen 250°,8 und 260°,0 C. betrug.

Das schwefligsaure Metliyi ist eine farblose dunnflussige Substanz von angenehmem, dem des schwefligsauren Aethyls sehr ahnlichem Gerucli , welchen s ~ e indesseri nur behalt,

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220 Cardus, iiber die Chloride des Schwefels

wenn sie uninittelbar nach der Darstellung in Glasrohren ein- geschmolzen wird, da sie aurserordentlich rasch Wasser an- zieht y und sich dainit unter Entwickelung von sclrwefliger Saure zersetzt. Ihr spec. Gew. hetragt bei + 1(ioY2 C. 1,0456, Wasser von 4O,2 C . als Einheit. Ihr Siedepunbt ist bei Orn,7554 Druck 121",5 im Mittel *).

Der Aether ist niit Alkohol in allen Verhaltriissen misch- ba r , in Wasser unter Entwickelung von schwefliger Saure und Bildung von Methylalkohol etwas loslich, und giebt mit wasserigen Losungen von Kalihydrat oder kohlensauren Alkalien sehr rasch schwefligsaures Salz und Mrthylalkohol. Mischt man ihn aber mit seinein vielfachen Voluin abso- Iuten Alkohol und setzt eine zur volligen Zrrsetzung unzu- reichende Menge einer Liisung von Iialihydrat in absolutem Alkohol hinzu, so entsteht eine weirse Pallung, die aus wenig Wasser umkrystallisirt Nadeln von methylschwefligsaurem Kali gieht.

Seine Losung in absolutem Alkohol mit trockenem Am- moniakgas gesattigt gab durch Erhitzen im zugeschmolzenen Rohr auf 120 bis 140° nach langsamem Abkiihlen zahlreiche blatterige Krystalle, die sich leicht in Wasser liisten und mit verdiinnten Sauren schweflige Saure entwickelten. Eine Stickstoffbestimmnng , mit Platinchlorid ausgefuhrt , bewies aurserdem dafs diese Krystalle neutrales schwefligsaures Ammoriiak waren. Die von den Krystallen abgegossene Flussiglreit roch sehr stark ammoniakalisch , zugleich aber dem Methylamin ahnlich, und durch Sattigen derselben mit

") I)ie Fliissiglteit destillirtc zwischen 121 und 123', wahrrnd das Thermometei bei 121",5 am langsten constant biieb ; ich hatte leider iiur kleine Quantitgten zur Verfiigung und kaim daher den Bestimninngen der physikalischen Ligenschaften keiiien sehr groken Wcrth beilegen.

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und deren Dem'uate. 22:

troclrenem Chlorwasserstoffgase , Abgiefsen vom aasgeschie- denen Salmiak und Verdunsten wurde eine kleine Mengr, blatteriger Krystalle erhalteii , die sich durch ihre Liislichkeit in absolutem Alkohol, die Fallung, welche diese Losung mit Platinchlorid gab, und ihre Krystallform als chlorwasserstoff- saures Methylarnin zu erkennen gaben.

Das schwefligsaure Aethyl, uber dessen chemischee Ver- halten bis jetzt fast Nichts Lekannt war , verhiilt sich gegen Wasser , wasserige und alkoholische Kalilauge ganz so, wie die Methylverbindung. Zur Bestiitigung habe ich eine kleine Menge von athylscliwefligsaoreii Baryt in angegebener Weise dargestellt und seinen Baryunigelialt bestimnit :

Angewandt 0,5838 Grin. Erlialtcner schwefelsaurer Baryt 0,3858, entspricht 38,84 pC. Baryum. Die Forrnel C2H5BaS03 verlangt 38,59 pC. Baryum.

Diese Reactionen der schwefligsaureri Aether sind daher ausgedruckt durch die folgenden beiden Gleichungen :

Sattigt man eine D4ischung von schwefligsaurem Aethyl und seinem mehrfachen Volum absoluten Alkohol mit troclre- nem Ammonialrgas, so findet ebenfalls erst bei anhaltendem Erwarinen eine Reaction slatt ; nacb langsaniem Abkuhlen der im zugeschmolzenen Kohrr auf 110 bis 120° erhitzten Flussigkeit wurden dieselben schonen blltterigen Krystalle von neutralem schwefligsaurem Ammoniak erhalten, wahrend die davon abgegossene Flussigkeit neben uberschussigeni freieni Animoniak Aethylamin enthielt , was sich sogar schon durch den Gerucli c1 kennen liel's. Die Plalinvi1rbindung, welche aus dieser Fliissigkeit in gut ausgebildeten Tafelchen erhalleii war, gab kwi d r r Analyse :

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222 C a r i u s , iiber die Chloride des Schwefels

Angewandt 0,6135 Grin. Erhaltenes metallisches Platin 0,2389 Grrn., entspricht 38,93 pC. Platin. Die Formel C2H7N, CIH, PICI, verlangt 39,28 pC. Platin.

Wendet man bei dein beschriebenen Versuche anstatt des Ammoniaks eine Liisung von Aethylarnin in absolutem Alkohol a n , S O erhait nliln nach dem Abkiihlen des Rohres eine Menge kleiner irisirender Bl$ttchen, die a n der Luft feucht werden und mit Chlorwasserstoff schweflige Saure entwickeln, wahrend aus der. Liisung eine i n 'rafelchen kry- stallisirende Platinverbindung geflllt wird. Die irisirenden Krystallhlattchen sind daher wohl schwefligsaures Aethylamin, walirend die LLiisung Diiithylamin enthielt.

Aehnlich schcint die Reaction von Anilin auf schweflig- saure Aether zu se in , es findet indel's hier eine erhebliche Zersetzung unter Schwarzung der M'lischung statt.

Diese Reaction liilst sich daher fur alle schwefligsauren Aether gemeinsam veranschaulichen durch die Gleichung :

CaH1oS03 + ( N h j 4 = (NCzH,jz f NzHsSO3.

Lalsst man auf schwefligsaures Aethyl Phosphorsuper- chlorid einwirken, so entsteht unter starker Erhitzung Chlor- thionyl , Phosphoroxychlorid und Chloralhyl, welches letztere in geringer Menge im reinen und flussigen Zustande darge- stellt werden konnte, wahrend das nach Entfernung des Chlor- athyls in der Retorte zuriiclrbleibende Gernenge yon Chlor- thionyl und Phosphoroxychlorid nicht weiter getrennt wurde, sich aber als solches sehr leicht dadurch zu erkennen gab, dafs es zwischen 78 und l l O o C. vollslandig iiberdestillirte, und durch Wasser unter Bildung von schwefliger Saure, Chlorwasserstoff und Phosphorsaure zersetzt wurde. Die Umsetzung erfolgt also nach der Gleichung :

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und deren Derivafe. 223

Ich habe friiher einer gelben FIiissigkeit erwahnt, welche als erstes Product der Einwirkung von Halbchlorschwefel auf Aethylalkohol entstiindr:, und fand spater, dals dieser ganz ahnliche Fliissigkeiten unter gleiclien Urnstanden bei Anwendung von Methyl- unrl Amylalliohol entstehen. Ich hielt diese Fliissigkciten anfanglich fur Gernerige der sohweflig- sauren Aether und Halbchlorschwefel, weil sich aus der von der Einwirkung des Aethylalkoliols herstarnmenden unter Utnstlnden durch Wasclien init eirier sehr verdunnten Losung von kohlensaureni Natron , untl ebenso durcli fraclionirte Destillation Itl(+ie Merigen von schwefligsaurern Aethyl ah- scheiden lieken. Ih s Verhalten der niit Amyl- und Methyl- alkohol erhaltenen Fliissigkeiten l ids indel's daran zweifeln, dafs sie solche Gemenge seien; wendct inan namljch zu ihrer Darstellung nicht mehr von dem Alkohol a n , als 1 Mol. auf 1 Mol. des Halhchlorschwefels entspricht, so ist es nicht miig- lich, in der bezeichneten Weise eine Zerlegung derselben zu bewirken. Die Amylverbindung zersetzt sich vielmehr schon bei gelindem Erwarmen und man erhllt als Destillations- product nur Chloramyl , wahrend grofse Mengen schwefliger Saure entweichen, und im Ruckstande eine schwarze schmie- rige Masse bleibt, welche bei hoherer Ternperatur stinkende Dampfe entwickelt. Aus der rnit Methylalkohol dargestellten Flihigkeit hers sich diirch Fractioniren eine constant zwischen 422 bis 125" uberdestillirende Snbstanz von hellgelber Farbe unrl eigenthiinilichen Geruch, wid endlich aus der mit Aethyl- alkohol erhaltenen eine ahnliche Fliissigkeit von 142 bis 145" Siedepirnkt ablrennen.

Dids Verhalteri l i e t es niiiglich erscheinen dars die gelben Fliissigkeiten dennoch jchemische Verbindungen ent- halten, und ich stellte daher rnit den beiden letztgenannten melirere Arialysen a n , t h e n Resultate ,irn Folgenden ge- geben sind.

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224 C a r i u s , uber die Chloride des Schwefels

4) Aus Methylalkohol erhaltene Fliissigkeit : Gefunden

-.- ~- Berechnet nach der Vers. 1. Vers. 2. Formel CH,CISgOg

Kohlenstoff 7,65 7,58 8,19 pc. Wasserstoff 2,54 2,15 2,05 n

S c h w eTel 43,50 42,25 43,67 $)

Chlor 23,6'7 24,45 24,22

Sauerstoff - - 21,83 ,, 99,96.

2) Aus Aethylalkohol erhaltene Flussigkeit : Berechnet nach der

Vers. I. Vers. 2. Pormel CBB,C1S20P Gefunden

-Tc- --

Kohlenstoff 13,98 14,45 14,95 pc. Wasserstoff 3,62 3,33 3,12 n

Chlor 21,95 21,64 22,11

Sauerstoff - - 19:94 ))

Schwefel 40,15 38,45 39,87 ,,

99,99. Die mangelhafte Uebereinstimmutlg dieser Resultate mit

den daraus abgeleiteten Formeln liefse sich sehr wohl in der Schwierigkeit , die Substanz yon den moglichen Bei- mengungen schwefligsaurer Aether oder von Halbchlor- schwefel zu trennen, suchen ; ich hielt indessen fur unbedingt nothig , das Verhalten dieser Flussigkeiten einer riaheren Priifung zu unterwerfen. Mehrere Versuche, die Dampfdichte derselben zu bestimmen , scheiterten daran , dafs sie sich schon bei einer Temperatur, die 20° iiber ihreni Siedepunkte liegt , vollstandig in Schwefel, schweflige Saure und Chlor- athyl oder Chlormethyl zerlegen ; dieselbe Zerleguug er- fahren sie schon bei gewijhnlicher Temperatur mit der Zeit.

Die Fliissigkeiten raechen an der Luft, ziehsn rasch Wasser a n , und zersetzen sich dainit sehr schnell unter Ilildung von schwefliger Saure , kleiner Mengen unter-

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und deren Derivate. 225

schwefliger Saure , Alkohol und Abscheidung yon Schwefel. Mit Alkohol geben sie schwefligsaure Aether *) und bei Ver- meidung jeder Erwarmung fast ohne Entwickelung von schwefliger Saare. Mit einer Losung von Kalihydrat in ab- solutem Alkohol zersetzen sie sich bei Vermeidung von Er- warmung ohne Nebenproducte in Alkohol, Chlorkalium und unterschwefligsaures Kali, so dafs man aus der mit vie1 Wasser vermischlen Masse durch essigsaures Blei sofort reines unterschwefligsaures Blei erhalt.

Mischt man schwefligsaures Aethyl und Halbchlorschwefel, im Ver'naltnifs gleicher Anzahl Molecule zusammen, so entsteht eine gelbe Flussigkeit, die sich im Aeufseren nicht wesentlich von der aus Alkohol und Chlorschwefel erhaltenen unter- scheidet , die sich aber durch Destillation zum Theil wieder in ihre Gemengtheile treunen lafst. Nach langerem Erwarmen im zugeschmolzenen Rohre auf 100° ist das Gemisch zum grofsen Theil in Schwefel, schweflige Saure und Chlorathyl zerlegt, und man erhllt bei der Destillation des Ruckstandes eine dem angewandten schwefligsauren Aethyl etwa gleiche Menge einer bei 142 bis 145O siedenden Flussigkeit, die in allen Eigenschaften mit der aus Alkohol und Chlorschwefel erhaltenen iibereinstimmt. Endlich scheint dieselbe Flussig- keit auch durch Einwirkung von Chlorschwefel auf athyl- schwefligsaures Blei zu entstehen.

Alle diese Reactionen lassen e s wahrscheinlich erschei- nen , dafs die gelben Flussigkeiten eigenthiimliche Chloride seien , die in naher Beziehung zur unterschwefligen Saure stehen. Dennoch glaube ich nicht, d a b sie als solche ange-

*) Die Doppelather der schwefligen Saure habe ich in einer andern Weise erhalten, moglichermeise entstehen sie aber aucb durch die genannte Reaction; ihre Beschreibung behalte ich mir fiir eine spatere Mittheilung vor.

Anrial. d . Uhentie u. Pharm. CX. (id. 2. Heft. 15

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226 Fr e m y , Untersuchulagera

sehen werden durfen, da Gemenge der schwefligsauren Aether und HalbchIorschwefel in den correspondirenden Verhaltnissen ohne Zweifel ein ganz ahnliches Verhalten zeigen konnen, und es bekanntlich iiufserst schwierig ist , durch fractionirte Destillation solche Kiirper von einander zu trennen , welche dabei eine geringe Einwirkung aufeinander ausiiben.

Eines Versuches erwahne ich hier nocli, den ich ange- stellt habe , um hieriiber entscheiden zu konnen. Da der Halbchlorschwefel als das Sulfochlorid des Schwefels anzu- sehen is t , so miifste die Einwirkung des Chlorthionyls auf das schwefligsaure Aethyl in ahnlicher Weise stattfirtden, nur konnte kein Schwefel abgeschieden werden, und anstatt des der unterschwcfligen Saure correspondirenden mul'ste das der schwefligen Saure correspondirende Chlorid , das sog. chlorare ethyl-sulfureux, entstehen. Die Reaction findet aber nicht so s ta t t , sondern es bilden sich nur schweflige Saure und Chlorathyl als einzige Producte.

Diese Reaction halte ich fur besonders beachtenswerth und daher die eben besprochenen gelben Fliissigkeiten fur Gemenge von schwefligsauren Aethern und Halbchlorschwefel.

H e i d e l b e r g , den 1. Marz 1859.

Untersuchungen iiber die Chromsalze ; von E. Fremy *).

Bekanntlich veriindern sicti die violetten Chromsalze, z. B. das schwefelsaure Chromoxyd und der Chromalaun, bei

*) Clompt. rend. XLVII, 888.