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1887. ANNALEN 3 7. DER PHYSIK UND CHEMIE. NEUE FOLGE. BAND XXXI. I. Ieber die electromotorlscheoi KMfte dilnner Schichten umd dhre Bexiehunyen xur Moleczclnr- physik; von A. Oberbeck. Vorgetragen in der Section fur Physik der 59. Naturforscherversamm- Imig am 20. September 1886.) (Hlerzo Tnf. III Flg. 1-5.) 1. Wahrend in neuerer Zeit erfolgreiche Versuche vor- liegen, die Dimensionen der Molecule zu schatzen, Versuche, welche sich hauptsachlich an die neuere Gastheorie an- schliessen l), wissen wir iiber die in kleinen Entfernungen wirkenden Krafte, die Molecularkriifte, ausserordentlich wenig, trotzdem dieselben eine so wichtige Rolle bei den meisten pliysikalischen und chemischen Vorgangen spielen. Ueber die Grenze, bis zu welcher die Molecularkrlfte uberhaupt noch wirken, ist hauptsachlich eine Untersuchung von 0. Quincke2) anzufuhren. In derselben wird die Ad- hilsion von Flussigkeiten an Glasplatten gemessen, welche mit dunnen, keilformigen Schichten anderer Substanzen iiber- zogen worden waren. Von ciner gewissen Dicke der letzteren an wird die Wirkung auf die Flussigkeit constant, d. h. die Grenze der Glaswirkung ist uberschritten, und die Zwischen- schicht verhalt sich ebenso, als ob sie unendlich dick ware. Die von Q u i n c k e gefundenen Grenzwerthe liegen in der Kahe von 0,00005 mm. Ganz unbeknnnt ist dagegen das Gesetz, nach welchem die Molecularkrafte innerhalb der Grenzen ihrer Wirkungs- sphare von der Entfernung abhhgen. 1) Vgl. 0. E. Meyer, Die kinotische Theorie der Gase. p. 223-237. 2) G. Quincke, Pogg Ann. 187. p. 402. 1869. Ann. d. l’hye. U. Cham. N. F. XXXI. 22

Ueber die electromotorischen Kräfte dünner Schichten und ihre Beziehungen zur Molecularphysik

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1887. A N N A L E N 3 7.

DER PHYSIK UND CHEMIE. N E U E F O L G E . B A N D XXXI.

I. Ieber die electromotorlscheoi K M f t e di lnner Schichten umd dhre Bexiehunyen xur Moleczclnr-

physik; v o n A. Oberbeck . Vorgetragen in der Section fur Physik der 59. Naturforscherversamm-

Imig am 20. September 1886.) (Hlerzo Tnf. III Flg. 1-5.)

1. Wahrend in neuerer Zeit erfolgreiche Versuche vor-

liegen, die Dimensionen der Molecule zu schatzen, Versuche, welche sich hauptsachlich an die neuere Gastheorie an- schliessen l ) , wissen wir iiber die in kleinen Entfernungen wirkenden Krafte, die Molecularkriifte, ausserordentlich wenig, trotzdem dieselben eine so wichtige Rolle bei den meisten pliysikalischen und chemischen Vorgangen spielen.

Ueber die Grenze, bis zu welcher die Molecularkrlfte uberhaupt noch wirken, ist hauptsachlich eine Untersuchung von 0. Q u i n c k e 2 ) anzufuhren. In derselben wird die Ad- hilsion von Flussigkeiten an Glasplatten gemessen, welche mit dunnen, keilformigen Schichten anderer Substanzen iiber- zogen worden waren. Von ciner gewissen Dicke der letzteren an wird die Wirkung auf die Flussigkeit constant, d. h. die Grenze der Glaswirkung ist uberschritten, und die Zwischen- schicht verhalt sich ebenso, als ob sie unendlich dick ware. Die von Q u i n c k e gefundenen Grenzwerthe liegen in der Kahe von 0,00005 mm.

Ganz unbeknnnt ist dagegen das Gesetz, nach welchem die Molecularkrafte innerhalb der Grenzen ihrer Wirkungs- sphare von der Entfernung a b h h g e n .

1) Vgl. 0. E. Meyer, Die kinotische Theorie der Gase. p. 223-237. 2) G. Q u i n c k e , Pogg Ann. 187. p. 402. 1869.

Ann. d. l’hye. U. Cham. N. F. XXXI. 22

338 A. Oberbeck.

Man wird iiber die angeregten Fragen iiberall da Auf- schluss zu erwarten haben, wo es sich um messbare Wir- kungen sehr kleiner Quantitliten von Materie, besonders um die Wirkungen sehr dunner Schichten handelt. Von beson- derem Interesse sind in dieser Beziehung die electromotori- schen Krafte von Metallplatten in einer Flassigkeit , welche bekanntlich durch diinne Obertiachenschichten sehr stark beeinflusst werden.

Nachdem zuerst F. K o h l r a u s c h ' ) darauf hingewiesen hat, dass ausserordentlich kleine Mengen von Wasserstoff und Sauerstoff auf Platinplatten geniigen, um dieselben so stark zu polarisiren, dass sie eine electromotorische Kraft von einem Daniel1 zeigen, habe ich 2, weitere Zahlenwerthe fiir eine ganze Reihe von Metallen geliefert und gezeigt, dass das Platin in dieser Beziehung durch andere Metalle, beson- ders durch Aluminium und Nickel noch weit iibertroffen wird. So ergab sich, dass dieselben durch 2,s. mg Wasserstoff und 22,4.10-* mg Sauerstoff auch d a m noch stark polarisirt werden, wenn die Gasschichten iiber Elkchen von mehreren Quadratcentimetern - bei Nickel bis zu 20 qcm - ausge- breitet sind. Man konnte hieraus die Dicken der in Betracht kommenden Gasschichten berechnen , und werde ich hierauf spater zuriickkommen.

Jedenfalls schien es lohnend, die Abhilngigkeit der elec- tromotorischen Kraft eines Metalles auch noch von anderen, iiber die Oberflache desselben gebreiteten, diinnen Schichten zu untersuchen.

2. Werden z. B. zwei gut gereinigte Platinplatten in einer

Fliissigkeit einander gegeniiber gestellt, welche zunachst keine oder nur eine geringe Potentialdifferenz zeigen, und wird dann die eine Platte electrolytisch mit einem anderen Metall iiber- zogen, so zeigt die Combination dieselbe electromotorische Kraft: Metall I Fliissigkeit 1 Platin, welche man durch eine dickere Platte des anderen Metalles an Stelle der belegten

1) F. Kohlrausch, Pogg. Ann. 148. p. 143. 1872. 2) A. Oberbeck, Wied. Ann. 21. p. 139. 1884.

Electromotorische Krayte dunner Schichten. 339

Platinplatte finden wiirde. Da man die electrolytisch nieder- geschlagene Metallmenge durch Verknderung der Stromstilrke und der Zersetzungszeit reguliren und aus diesen Factoren berechnen kann, so ist man in der Lage, entsprechende Ver- suche mit dickeren und diinneren Schichten anzustellen. Ich stellte mir nun die Frage: I n welcher Abhangigkeit steht die electromotorische Kraft von der Dicke der Metallschicht ? Da zu erwarten ist, dass dieselbe von der Dicke unabliangig wird, wenn letztere eine gewisse Grenze tibersteigt, unterhalb derselben aber mit abnehmender Dicke schnell abnimmt, so ist die Ermittelung dieses Grenzwerthes von besonderem Interesse. Denn da wir die Potentialdifferenzen bei der Be- riihrung Metall-Fliissigkeit der Wirkung von Moleculsrkraften zuschreiben, so wurde damit ein Maass fur die Wirkungs- weite derselben sich ergeben. l)

Ich verhehlte mir nicht, dass ich bei der Ausfuhrung der vorgesetzten Untersuchung auf mancherlei Schwierigkeiten stossen wtirde, und dass nicht alle Metallniederschllige zu derartigen Versuchen geeignet sein durften.

Zunachst war zu beftirchten, dass bei kleinen Nieder- schlagsmengen nur einzelne Theile der Platinplstte electro- lytisch bedeckt, andere dagegen frei sein konnten. Diese Vertheilung des Niederschlages wurde leicht zu erkemen sein. Zunachst diirfte man nicht mehr die volle electromotorische Kraft: Metal1 1 Fllissigkeit I Platin beobachten; vielmehr miisste dieselbe einen kleineren Werth haben. Ferner konnte ein solcher Zustand der Platinplatte nicht andauern. Es miissten sich Strome von belegten zu unbelegten Punkten der Platte bilden , welche eine weitere Zersetzung der Fltissigkeit und eine Ausgleichung der ungleich dicken Schichten bewirken wiirden. Wenn daher eine solche ungleichmassige Belegung der Platinplatte auch fur das Auge nicht mehr erkennbar ware, - die benutzten Niederschlage lagen iibrigens sammt- lich an der Grenze, zum Theil unter der Grenze der Sicht- barkeit -, so miisste sich dieselbe aus dem electrischen Ver- halten derselben ergeben.

1) Vgl. H. v. Helmholtz, Wied. Ann. 7. p. 337-344. 1879; Ge- sammelte Abhandlungen. p. 855-861.

22*

310 A. Oberbech.

Wenn auch im ganzen nur schwache 8trome fur die Electrolyse angewandt wurden, so war es . doch mbglich, dass gleichzeitig mit dem Metall Wasserstoff abgeschieden wurde, sodass die hierdurch entstehende Polarisation die zu beob- achtende electromotorische Kraft wesentlich verandern konnte. I n der That zeigte sich, ditss bei manchen Salzlbsungen nur Wasserstoff und gar kein Metall oder doch erhebliche Wasserstoffmengen neben dem Metall abgeschieden wurden. So gaben z. B. Zinnchloridlosungen nur Wasserstoff und kein Metall. Nickelsulfatlosungen gaben zwar Nickelniederschliige, jedenfalls aber mit erheblicher Wasserstolfpolarisation, welche leicht daran erkennbar war, dass die electromotorische Kraft : Ni I F1 I Pt unmittelbar nach der Electrolyse etwa doppelt so gross war, als bei Benutzung einer Nickelplatte, und dann anfanglich schneller, spater langsamer abnahm.

Die Abscheidung von Wasserstoff an Stelle des Metalles wird, wie bekannt, durch freie Saure begiinstigt. Es mussten also moglichst neutrale oder alkalisch reagirende Losungen benutzt' werden.

Schliesslich gelang es mir indess, einige Losungen aufzu- finden, welche sich fiir die anzustellenden Versuche gut eig- neten. Es waren dies besonders nsutrale Zink- und Cad- miumsulfatlosungen. Bei denselben war aus der langer andauernden, fast vollstandigen Constanz der electromotori- schen Kraft zu schliessen , dass die Wasserstoffpolarisation entweder nicht vorhanden war oder doch nur einen unbe- deutenden Einfluss ausiibte. Bsi Kupferniederschlagen ist wahrscheinlich die Wasserstoffabscheidung nicht vollstandig vermieden. Doch liessen sich auch diese noch fiir die Zwecke dieser Untersuchung verwenden.

Zur genaueren Berechnung der oben charakterisirten Grenzwerthe musste ein etwas anderes Verfahren benutzt werden, als ich urspriinglich beabsichtigt hatte. Man erhiilt zwar bei starkeren Niederschhgen ein Element: Metall 1 Fliis- sigkeit Platin, dessen electromotorische Kraft derjenigen gleich ist, welche beim Eintauchen einer Platte des entspre- chenden Metalles sich ergibt. Auch bleibt die electromoto- rische Kraft langere Zeit nahezu constant. Geht man aber

Electromotorischs Krafte dunner Schichten. 341

zu immer geringeren Niederschlagen iiber , so kommt man an einen Punkt, wo unmittelbar nach Beendigung der Elec- trolyse die electromotorische Kraft so schnell abnimmt, dass man dieselbe nicht mehr mit Sicherheit beobachten kann.

Dies kann nur davon herruhren, dass der diinne Metall- uberzug sich freiwillig wieder auf16st , sodass der Ueberzug der Platinplatte bald zum grossten Theil wieder verschwindet. Dass dies wirklich der Fall ist, davon habe ich mich mehr- fach auch bei starkeren Niederschlagen uberzeugt, welche nach Beendigung der Electrolyse langere Zeit in der Flus- sigkeit sich selbst iiberlassen wurden. Dieselben waren dann vollstandig verschwunden. Niederschlage, welche dem Grenz- werth ziemlich nahe, aber doch noch grosser waren, als der- selbe, zeigten folgendes eigenthiimliche Verhalten. Zuerst blieb die electromotorische Kraft einige Zeit fast vollstandig constant. Dann erfolgte ein schneller und bedeutender Abfall derselben bis zu einem kleinen Bruchtheil des ursprunglichen Werthes; schliesslich wurde die Abnahme wieder langsam. Bald stellte sich heraus, dass die Zeit von der Beendigung der Electrolyse bis zum Beginn des Abfalles hauptsachlich von der ursprunglichen Menge des Niederschlages abhing. Hieraus ergab sich die Moglichkeit, den gesuchten Grenz- werth durch Combination mehrerer Beobachtungsreihen zu berechnen, bei welchen die Niederschlage uber demselben lagen.

Die oben beschriebene Aufliisung der niedergeschlagenen Schicht bedingt eine Abnahme der Dicke derselben. Solange als letztere oberhalb des Grenzwerthes liegt, bleibt die elec- tromotorische Kraft constant. 1st derselbe erreicht, so tritt eine Abnahme ein, welche wahrscheinlich der Mitwirkung der Moleculerkrafte des Platins zuzuschreiben ist. Es kam nun darauf an, eine Beziehung zwischen der urspriinglichen Niederschlagsmenge und der Zeit bis zum Beginn des Abfalles zu ermitteln. Hierzu dienen die folgenden Betrachtungen.

3. Bei Beendigung der Electrolyse mag auf der Platinplatte

Dieselbe nimmt von die Metallmenge a ausgeschieden sein.

342 A. Oberbeck.

diesem Zeitpunkt an ab und soil nach Verlauf der Zeit t mit z bezeichnet werden. Dann ist:

z = a . f ( t ) . Bei dem Beginn des schnellen Abfalles der electromoto-

rischen Krnft sei dieselbe auf den Werth 8 herabgesunken. Die entsprechende Zeit sei 9..

6 = a f ( 8 ) . Waren mehrere Versuche mit verschiedenen Anfangs-

mengen al. aB etc. angestellt und die entsprechenden Zeiten a,, 9,, 9, etc. heobachtet worden, so ist:

Dann ist:

= a,f(9.1) = a, f ( t9 , ) =. * . * Es kam nun darauf an, die Function f zu ermitteln. Nachdem ich anfanglich eine Exponentialfunction von

der Form rxL benutzt hatte, um die Abnahme darzustellen, - eine Function, welche dem Umstande Rechnung triigt, dass eine chemische Auflosung und eine darauf folgende Diffusion der gelasten Suhstanz erfolgt -, fmd ich spater, dass die Grossen Q und die entsprechenden Zeiten 9. inner- halb gewisser Grenzen der einfachen Beziehung:

a = A + B 8 geniigten.

Aus dieser Gleichung ist ersichtlich, dass A der gesuchte Grenzwerth selbst ist, d. h. diejenige Menge des niederge- schlagenen Metalles angibt , bei welcher unrnittelbar nach Beendigung der Electrolyse der Abfall der electromotorischen Kraft beginnt. Hiernach ist:

Const. Const. a A + Bt und allgemein: 2 = - - f (19) = - A + ~ 8 ’

Da aber fur t = 0, x = 0 sein sollte, so ist: A . a

A + Bt 5 = -.

Zur Bestimmung der beiden Constanten A und B geniigen zwei Versuchsreihen, bei welchen u1 und a2, sowie 8, und 4, ermittelt werden. Gewohnlich wurden indess drei oder vier Versuchsreihen angestellt und die beiden Grossen a U 6 den- selben nach der Methode der kleinsten Quadrate berechnet.

Electromotorische Kraite diinner Schichten. 343

4. Bevor ich zur Mittheilung der erhaltenen Resultate iiber-

gehe, schicke ich noch einige Bemerkungen iiber die Ver- suchsnnordnung voraus.

Die Salzlosung befand sich in einem rechteckigen, lllng- lichen Kasten, welcher aus Spiegelglasplatten zusammengesetzt war. I n denselben tauchen drei Platinplatten, welche nahezu dem Querschnitt des Kastens gleich sind. Zwei derselben befanden sich an den Leiden Enden, die dritte in der Mitte des Kastens. Auf dieser wurden die NiederschlLge erzeugt. Zu dem Zweck waren zwei Platten des Metalles der Salz- losung zu beiden Seiten der mittleren Platte angebracht, welche als Anoden dienten. Sie befanden sich von derselben in einer Entfernung von 5 bis 6 cm. Durch diese Anordnung sollte bewirkt werden, dass der Niederschlag auf der mittle- ren Platte an allen Stellen gleiche Dicke erhiilt. Vollstandig gelingt dies allerdings trotzdem nicht. Wird bei dieser An- ordnung eine Bleiacetatlosung so zersetzt, dass auf der Pla- tinplatte der Niederschlag von Bleisuperoxyd sich ablagert, so erkennt man aus der Bildung der Oberflachenfarben, dass derselbe an den Randern stets etwas stilrker ist, als in der Mitte. Der grossere Theil der Platte ist aber gleichmgssig g efar b t.

Die beiden an den Enden des Kastens befindlichen Plat- ten blieben von der Electrolyse unberiihrt. Mit diesen wurde die mittlere, mit Metal1 belegte Platte in Bezug auf ihre electromotorische Kraft verglichen.

Der die Electrolyse bewirkende Strom wurde von zwei D aniell’schen Elementen geliefert. I n den Stromkreis des- selben war ein Widerstandskasten und ein Amperemeter von E d el m a n n eingeschaltet, welches so eingerichtet ist, dass man tausendstel, hundertel oder zehntel Ampere ablesen kann, je nachdem man die an dem Instrument angebrachten Zweig- widerstinde benutzt.

Uurch eine Wippe konnte die mittlere Platinplatte zuerst in den Zersetzungskreis und dann in den Compensationskreis versetzt werden.

Zur Compensation dienten zwei Daniell’sche Elemente.

344 A. Oberbeck.

Neben denselben war stets ein , Widerstand von 3000 S.-E. eingeschaltet, Der zu verandernde Zweigwiderstand bestand aus einem Widerstandskasten. Der Zaeig, welcher das zu untersuchende Element und das Galvanometer enthalt, hatte einen Widerstand von mehr als 10000 S.-E., welchen die bei- den Galvanometerrollen mit 18000 Windungen feinen Kupfer- drahtes lieferten. Durch Benutzung so grosser Widerstilnde wird das Entstehen starkerer Striime in diesem Zweige ver- hindert. Die Compensation gelang daher stets leicht und sicher. Auch den schnell veranderlichen electromotorischen Krkften, mit denen ich zum Theil zu thun hatte, konnte ich durch passende Verhderung des Zweigwiderst andes meist bequem folgen. Bezeichnet man denselben mit u', so ist die electromotorische Kraf t des Elementes:

2 w Daniell. 3000 + u, Dn der Widerstand der beiden Daniell zusammen noch

nicht 1 S.-E. betrug, so konnte derselbe im Vergleich zu 3000 vernachllssigt werden.

Der Gang eines Versuches war hiernach stets der fol- gende. Zuniichst wurde der die Electrolyse bewirkende Strom geschlossen, und gleichzeitig ein Chronoskop in Bewegung gesetzt. Nach Verlauf der in Aussicht genommenen Zer- setzungszeit wurde die Wippe umgelegt, die entstandene elec- tromotorische Kraft compensirt und die Compensation auch bei Abnahme derselben erhalten. Die hierbei einzuschalten- den Zweigwiderstande wurden von Minute zu Minute notirt.

Das Chronoskop war mit einer richtig gehenden Uhr verglichen worden. Eine Secunde desselben entsprach 0,96. Bei der schliesslichen Berechnung cler Niederschlagsmengen aus Stromstarke und Zersetzungszeit wurde dieser Abwei- chung von der wahren Zeit Rechnung getragen. Ferner wurde bei jeder Versuchsreihe die eintnuchende Fliiche der Platinplatte bestimmt, wobei die b e i d e n Seiten derselben in Betracht kamen.

5. W i e schon frtiher bemerkt, hat sich schliesslich nur eine

kleine Zahl von Salzlosungen als geeignet fiir die beabsich-

Electromotorisclie Krayte dunner Schichten. 345

tjgten Versuche herausgestellt. Es waren die Salze von Zink, Cadmium und Kupfer, und auch bei diesen mussten maglichst saurefreie LBsungen benutzt werden.

I. Z i n k .

Da Zinksulfatl6sungen stets etwas sauer reagiren, so wurden die aus chemisch reinem Salz bereiteten Losungen langere Zeit rnit Zinkcarbonat digerirt und hierdurch nahezu neutral gemacht.

In einer mtlssig concentrirten Losung betrug die elec- tromotorische Kraft: Zink I Fliissigkeit 1 Platin: 1,13 Daniell.

Zur allgemeinen Charakterisirung des ganzen Verlaufs der electromotorischen Kraf t dunner Metallschichten theile ich zunachst einige Versuche init, bei denen die Xiederschlags- mengen gross waren, und der schnelle Abfall der electromo- torischen Kraft erst nach ziemlich langer Zeit erfolgte.

I n dieser und in den folgenden Tabellen bedeuten: i - Starke des die Electrolyse bewirkenden Stromes in

z - Wirkungszeit desselben in Secunden, t - die seit Beendigung der Electrolyse verflossene Zeit

in Minuten, E - die entsprechende electromotorische Kraft des

entstandenen Elementes in Tausendstel Daniell, LIE - die Abnahme derselben fiir eine Minute auf die-

selbe Einheit bezogen. Die electromotorischen Krtlfte sind ausserdem in Fig. 1

als Functionen der Zeit in Curven, entsprechend den Reihen (I), (a), (3) dargestellt.

Man ersieht aus Tab. 1, p. 346, zunachst, dass bei allen drei Reihen die Zinkniederschliige vollstandig hinreichen, um dieselbe Potentialdifferenz zwischen dem Metal1 und der Fliissigkeit hervorzubringen, welche man bei oiner Zinkplatte gefunden haben wiirde. Auch bleibt die electromotorische Kraft einige Zeit nahezu constant. Dann beginnt dieselbe aber zuerst langsam , dann sehr schnell abzunehmen. Die Zeiten, bei denen dieser plotzliche Abfall beginnt (ungefahr einer electromotorischen Kraf t von 1,l bis 1,0 Daniell ent-

AmpBre,

316 A. Oberbeck.

sprechend) sind wesentlich verschieden und betragen bei der ersten Reihe ungefahr 15', bei der zweiten ll', bei der dritten 5'. Die weitere Abnahme bis ctwa 0,l Daniel1 voll- zieht sich bei der ersten und zweiten Reihe in 7', bei der dritten in 4'.

(1) _ - _ _ _ t

1' 2 4 6 8 10 14 15 17 19 20 21 22

_-__ . ____

T a b e l l e 1. _____ __________

i = 0,017, z = 80" i = 0,017, z = 60 i = 0,017, z = 40" z i = 1,36 (2) zi = 1,02 /I (3) zi = 0,68

.-

E

1134 1128 1122 1120 1119 1114 1094 1040 855 667 193

- _ _ _ - I,

I; 1' 1119 - 6,O I; 2 1 1116 3,O I; 3 j 1115 1,0 5 I 1114 0,5 7 I 1112 2,5 / I 9 1 1108 2,5 1; 11 1 1095 54,O 13 857 92,5 ;I 14 I 750 94,O I; 15 ~ 182 474.0 I! 16 I 125

__ I,------_ ___ AE I; t j B 1 A E

- 1' I 1130 ~ -

0,5 4 I 1118 5 1,0 I; 5 I 1077 I 41 2,O I; 6 I 864 213 6,5 ; j 7 1 500 : 364

119,O I; 8 ; 125 375 107,O I: 9 I 98 I 27 566,O I ; 57.0 I:

l,? I; 2 I 1127 ~ 3 l,> I[ 3 I 1123 I 4

I

113 I 80;O / I 18 j 95 1 1510 I

101 j 12,o ! I I I I I

I

Offenbar sind die ersten Zeitabschnitte wesentlich ab- hangig von den urspriinglichen Belegungsmengen und neh- men mit der Grosse derselben ab. Doch sind diese Reihen noch nicht geeignet, den genaueren Zusammenhang zwischen den beiden Verlnderlichen festzustellen. Hierzu ist es vor- theilhaft, dem Grenzwerth des Niederschlags so nahe zu kommen , als iiberhaupt moglich, d. h. die Niederschlags- mengen so klein zu wahlen, dass zwar noch eine kurze Zeit die electromotorische Kraft constant bleibt, die Abnahme aber miiglichst fruh erfolgt.

Bei diesen Versuchen wurde eine neu bereitete Zink- sulfatlosung benutzt, welche das specifische Gewicht 1,128 hatte. In dur folgenden Tabelle theile ich zunachst eine vollstandige Versuchsreihe, aus vier Einzelreihen bestehend, mit. Die Bezeichnungen sind dieselben, wie zuvor. Die Reihen sind in Fig. 2 wiedergegeben.

Electromotorische Krayte dunner Schichten. 347

T a b e l l e 2. . .-. -. __ --

Wie man sieht, beginnt auch hier der schnelle Abfall ungefilhr bei 1,0 Daniell. Die diesem Werth der electromo- torischen Kraft entsprechenden Zeiten (9.) sind durch eine einfache Rechnung aus den einzelnen Reihen berechnet und in der folgenden Tabelle mit den zugehorenden Producten z i = LI zusammen gestellt.

T a b e l l e 3. u = 0,30 0,40 0,44 0,48 8 = 1,5’ 3,4‘ 4,2’ 5,2’

Wie oben auseinandergesetzt, wurden hieraus die Con- stanten A und B der Formel:

ermittelt. Es ergab sich: a = A + B S

A = 0,2291, B = 0,0492. Eine weitere Versuchsreihe, bei welcher ein schwLcherer

Strom ( i = 0,014) zur Electrolyse benutzt wurde, fuhrte zu der folgenden

T a b e l l e 4. a = 0,28 0,35 0,42 0,49 8 = 1,2’ 2,2’ 3,5’ 4,6‘

und lieferte die Werthe: A = 0,2105, B = 0,0608.

Als dieselbe Zinklosung verdunnt worden war, sodass sie nur noch das specifische Gewicht 1,064 zoigte, stieg die electromotorische Kraft auf 1,1G, wahrend die schnelle Ab-

348 A. Oberbeck.

nahme derselben schon bei 1,l Daniell eintrat. Sonst ver- liefen die Reihen ganz analog den friiheren. Die erste gab die folgenden Werthsysteme.

T a b e l l e 5. a = 0,32 0,40 0,44 0,50 8 = 1,7 ’ 2,7’ 3,2’ 4,4‘

Hieraus:

Aus einer zweiten Reihe folgte:

T a b e l l e 6 . a = 0,30 0,33 0,45 0,54

A = 0,2149, B = 0,0661.

4 = 1,s’ 1,6’ 2,8’ 4,O’

A = 0,1878, B = 0,0898. Die Werthe von A stimmen bei den ersten drei Ver-

suchsreihen fast vollstandig uberein, und auch der etwas klei- nere letzte Werth weicht nicht allzusehr davon ttb. Die Grossen B , welche die Geschwindigkeit bedingen, mit der die Zinkschicht abnimmt, hangen jedenfalls von manchen zu- falligen Umstanden, z. B. von den von der Losung absorbir- ten Luftmengen, ab. Sie konnen sich daher von einer Ver- suchsreihe zur anderen verandert haben. Auch hat , wie schon bemerkt, die Concentration der Losung Einfluss auf dieselben.

Die gefundenen Grossen A (zunbchst in Ampere-Secunden gegeben) konnen weiter dazu dienen, die Grenzwerthe des Zinkniederschlags zu ermitteln. Ich ziehe indess vor, zu- nachst in gleicher Weise die Versuche mit Niederschlagen von Cadmium und Kupfer mitzutheilen und dann die Resul- tate der weiteren Umrechnung zu besprechen.

11. C a d m i u m .

Bei den Versuchen mit Cadmiumniederschlagen wurde eine Losung von chemisch reinem Cadmiumsulfat angewandt. Die electromotorische Kraft : Cadmium I Fltissigkeit I Platin betragt ungefahr 1 Daniell. Sie hiingt von der Concentration der Losung ab und ist bei grosserer Verdiinnung etwas

Electr o m otor isch e K r ayte dunner Sch ichten . 349

kleiner. Die electromotorische Kraft des Elements mit diin- ner Cadmiumschicht ist zuerst fast vollstandig constant. Der Abfall derselben tritt dsnn plotzlich ein und verlauft noch schneller, wie bei dem Zink, sodass der Beginn desselben genau zu beobachten ist. Ich theile zunachst wieder einige Versuchsreihen mit , bei denen die Eiederschlagsmenge ver- haltnissmassig gross, die Zeitdauer bis zum Beginn des Ab- falls ziemlich lang war (vgl. Fig. 3).

. . _ _ t

1' 3 6 7 8 9

_. .-

T a b e l l e 7.

1015 1015 1013 1012 1010 909

11 I 235 12 165 13 125

~

_ _ - _ _ _ _ ~

(1) zi = 0,45

I 337 10 1 165

70 40 11

I II I II I

Diese Reihen zeigen, dass die Zeiten bis zum beginnen- den Abfall wiederum wesentlich durch die Ladungsmengen bedingi werden. Die Producte, Stromstarke - Zersetzungszeit, konnten bier erheblich kleiner gewahlt werden, als beim Zink.

Zur Berechnung der Qrenzwerthe dienten Beobachtungen mit geringeren Niederschlagen. Die folgende Tabelle gibt eine vollstandige Beobachtungsreihe.

Wie oben bemerkt, konnte der Zeitpunkt des Abfalls direct beobachtet werden. Derselbe gab sich dadurch zu erkennen, dass die bisher ganz ruhige Magnetnadel plotzlich nach derjenigen Seite schnell zu wandern begann, welche einer Abnahme der electromotorischen Kraft des Elements entsprach. Die entsprechenden Zeiten sind in der fol- genden Tabelle besonders aufgefilhrt und unterstrichen. (vgl. Fig. 4.)

350 A. Oberbeck.

_ _ _ _ ( i- _-_-_ ~ I r - - r - T - - 1' ! 930 : - ;; 1' j 938 j - ' 1 1 I 923

; ; + I 650 - 3 1 230

2 I 931 I -1 2 ' 938 0 :I 15'1 - 3 I 932 I -1 1 1 3 I 938 j

:: 3,l' j - 4,6' 1 - 1 - j j I 271 1 667 ;; 4 ' 149

932 I

j ' 325 1 303 ji ; I 222 49 ;I - ! j 226 99 I 186 1 36 1' I

8 173 1 53 11 7 ! 164 , 22 !: i

- 275 420 81

-

350 A. Oberbeck.

T a b e l l e 8.

Die mitgetheilte Reihe war mit einer Losung vom spe- cifischen Gewicht 1,138 angestellt worden. Die zur weiteren Berechnung verwandten Werthe sind in der folgenden Ta- belle zusammengestellt.

T a b e l l e 9. a = 0,15 0,20 0,25 B = 1,5‘ 3,l‘ 4,6’

Aus denselben erhiilt man :

Eine weitere Reihe mit derselben Losung, aber mit A = 0,1011, B = 0,0322.

einer anderen Stromintensitit (i = 0,007) lieferte: T a b e l l e 10.

a = 0,14 0,21 0,28 B = 1,4’ 3,2’ 4,s’

A = 0,0828, B = 0,040. Bei einer dritten Reihe wurde eine verdiinntere Losung

(specifisches Gewicht 1,059) angewandt, wahrend i =0,010 war.

T a b e l l e 11. a = 0,16 0,20 0,25 0,30 Y = 1,2’ 1,9‘ 2,6’ 3,6’

A = 0,0898, B = 0,0593. 111. K u p f e r .

Nicht .gnnz so geeignet fiir die vorliegenden Versuche sind die Niederscblage des Kupfers. Eine Losung von reinem

Electromotorische Kriifte dunner Schichten. 35 1

Kupfersulfat reagirt stets sauer. NiederschlLge aus derselben gaben eine electromotorische Kraft, welche unmittelbar nach Beendigung der Electrolyse ziemlich schnell und gleich- massig abnahm, sodass ein unvollstandiger Kupferliberzug der Platinplatte angenommen werden muss. Brauchbarer erwies sich dagegen eine in der Galvanoplastik verwendete Losung , bestehend aus Kupfersulfat, weinsaurem Natron- Kali mit uberschussigem Natron. Wurde aus dieser ein dlinner Kupferniederschlag hergestellt, so nahm die electro- motorische Kraft zwar stets langsam ab , die Abnahme- geschwindigkeit erreicht aber ein Maximum und wird von da aber wieder langsamer. Ich halte es flir wahrscheinlich, dass stets mit dern Kupfer etwas Wasserstoff ausgeschieden wird , sodass man zuerst die abnehmende Wasserstoffpola- risation beobachtet, und dann erst die Losung der Kupfer- schicht beginnt.

Die folgende Tabelle gibt zuniichst einen Ueberblick dieser Erscheinung bei grbsseren Niederschlhgen. Die elec- tromotorische Kraft Platin I Fllissigkeit I Kupfer betrug 0,165 Daniell. (Vgl. Fig. 5).

(1) -~ t

1' 2 4 6 8 10 12 14 15 16 17 18 19 20

__ -

T a b e l l e 12. - -__

zi = 0,210 (2) ~i = 0,168

157 154 2 150 147 143 131

80 63 51 46 40

47 39

2 'I 5 I 95 71 56

29 9 39 33 26 i 10

17 ,, 12 / I I

ill I

____ AE

-- - 5 4 12 38 24 15 7 10 6

Die Berechnung eines Grenzwerthes der Kupfermenge habe ich auch hier wieder mit Benutzung kleinerer Nieder-

352 A. Oberbeck.

schlagsmengen ausgefiihrt. Die Beobachtungsreihe (vergl. Fig. 6) gibt:

T a b e l l e 13.

i = 0,003, :: = 40" I: i = 0,003, z = 35' i: 1: = 0,003, z = 30" (1) zi = 0,120 j / (2) zi = 0,105 j j (3) z i = 0,090 - ____

f ; E ; 4 E j / 5 1 E j A E ; i t / E ; A E

1' 17G I - I: 1' I 172 I - 1: 1' j 161 I - 2 I 163 13 2 I 158 1 14 :j 2 i 126 I 35 3 1 154

~ 9 ;: 3 ~ 133 I 25 3 , 89 I 37

---I- _ _ _ _ _ _ _ _ I__ __ ___ - - ________ I I

4 I 131 23 I, 4 97 I 36 II 4 ' 71 I 18 5 1 9 9 , 32 I 5 76 1 21 1: 5 GO 1 11 6 81 18 1; G 65 I 11 ;, I I

5G I 9 1' 7 I 69 * 12 I' 7 4 I

8 1 5 7 ' 1 2 I I 4 I 1

Nimmt man hiernach als Grenzwerth des schnelleren Abfalls die electromotorische Kraf t von 0,15 Daniel1 an, so erhalt man die folgende Zusammenstellung :

T a b e l l e 14. a = 0,09 0,105 0,120 4 = 1,3' 2,3' 3,2'

und liieraus wie friiher berechnet: A. = 0,0692, B = 0,0158.

W eitere Versuche mit einer etwas verdtinnteren Losung gaben :

T a b e l l e 15. a = 0,09 0,105 0,120 8 = I,O' 2,O' 2,s'

A = 0,0729. B = 0,0166.

6. Zur schliesslichen Berechnung der Grenzmengen von

Metall, welche mindestens auf 1 qcm einer Platinplatte nie- dergeschlagen sein miissen, um dieselbe electromotorisch in eine Platte eines anderen Metalls zu verwandeln, bin ich von der Angabe von F. und W. K o h l r a u s c h l) ausgegangen, dass ein Strom von 1 AmpBre in 1 Secunde 0 328 mg Kupfer

1) F. 11. W. Kohlrausch , Wed. Ann. 27. p. 59. 1886.

Electromotorische Krafte duiiner Schichten. 353

amiheidet. Die Flachen, auf welchen der Niederschlag er- folgte, waren bei jedor Verauchmihe besonders bestimmt worden und lagen zwischen 34 und 88 qcm. Dass ausser- dem noch eine Correction fur die Zeitbeobachtung mit Hitlfe des Chronoskops anzubringen war, wurde schon frliher be. merkt.

In der folgenden Tabelle sind die aus den einzelnen Reihen sich ergebenden Grenzmengen fiir 19 cm zu der Co- lumns M zusammcngestellt, wahrend unter D die entspre- chenden Dicken der Schicht zu verstehen sind, berechnet unter der Aunahme, dass dlts specifische Gewicht des Metalls dassclbe ist, wie bei dickeren Schichten.

-~

Z i n k 1 I 1,94.10-3 ' 2,7?.10 -6

C a d m i u m 1,64.10-s 1 1,91 .10

Die Zahlenwerthe fur jedes einzelne Metall stimmen so gut liberein, wie nach der Ar t ihrer Ermittelung zu erwarten war. Sie zeigen, dass d i e G r e n z d i c k e n f i i r Z i n k a m g r o s s t e n s i n d u n d zwischen 2 u n d 3, f u r C a d m i u m zwischen I u n d 2 u n d f u r K u p f e r e t w a s u n t e r 1 M i l - l i o n t e l M i l l i m e t e r l i e gen.

Z u beriicksichtigen ist dabei, dsss die Versuchsbedingun- gen bei den einzelnen Reihen so weit wie irgend mBglich verandert worden waren, besonders dslss die St i rke des die Electrolyse Lewirkenden Stromes oder die Concentration der Lqsung bei jeder Reihe andere Werthe haben.

Vergleicht man mit der Znhlenreihe M diejenigen Was- serstoffmengen, welche die Flicheneinheit eines Metalles be- dccken miissen, urn noch eine merkliche Polarisation hervor-

Ann d. Phgs. u. Chem. N. F. XXX . 23

2 I 1,78.10-3 2,51 .lo-" , 3 l,88.10-3 2,65.10 -E 4 ' 1,65.10-3 2,32. lo-"

I

! 1,35.10 , 1,57.10-" 3 1,46.10-8 1,70. 10-o

K u p f e r 1 I 0,61. lop3 0,69.10-" 2 I 0,65. lo-' , 0,73.10-"

3 54 A. Oberbeck.

zubringen, so sind dieselben nach meinen friiheren Versuchen 1 )

erheblich kleiner , als die oben angegebenen Metallmengen. Berechnet man dagegen die Dicken der Gasschicht (unter der Annahme, dass fiir diese kleine Quantitiiten noch die gewohnlichen Werthe fiir die Dichtigkeit giiltig sind), so erhalt man Zahlen von derselben Grossenordnung , wie frir die Metallschichten.

Wird z. B. die oben erwahnte Wasserstoffmenge von 2,8.10-* mg iiber Platinplatten von resp. 1 / 2 und 1 qcm ausgebreitet, so sind die electromotorischen Krafte der Pola- risation, wenn dieser Platte eine gleich grosse Platte mit entsprechenden Sauerstoffschichten gegeniiber steht:

0,51, 0,42 und 0,36 Daniell. T>ie Dicken der Wasserstoffschicht betragen dam:

Aehnliche Versuche mit Nickelplatten gaben bei Schicht- dicken von 6,36 bis 0,64 Milliontel Millimeter gleiche electro- motorische .KrBfte von 0,6 Daniell. .Bei Ahnahme der Dicke auf 0,31 sinkt dieselbe auf 0,56 Dsniell. Hier erhalten wir also einen Grenzwerth der Schichtdicke fur die Gasbelegung, wie bei diinnen Metallschichten. Derselbe ist fur Wasserstoff auf einer Nickelplatte ungefahr halb so gross, wie fur Kupfer auf einer Platinplatte.

Als Resultat dieser Vergleichung dIinner Metallbelegun- gen und Gasbelegungen kann man hiernach angeben, dass beide von derselben Grossenordnung sind, und dass die Grenz- werthe in der Wahe von 1 Milliontel Millimeter liegen.

Sehr bemerkenswerth ist es, dass alle bisherigen Ver- suche, den Durchmesser der Wirkungssphke oder kurzer den Durchmesser eines Moleculs zu berechnen, zu Werthen ge- fiihrt haben, welche einige Zehntel von l Milliontel Millimeter betragen. 2, Die hierbei herangezogenen Stoffe sind meist Gase

1) A. Oberbeck, Wied. Ann. 21. p. 146 u. 156. 1884. Es mag hier daran erinnert werden, dass diese Versuche mit Wechselstrtimen ausgefiihrt wurden. Als wirksam wurde die in einer Halbschwingung abgeschiedenc Gasmenge angesehen.

2) 0. E. Meyer, Kinetische Gastheorie. p. 226 u. 230. E. Dorn, Wied. Ann. 13. p. 380. 1881.

12,5, 6,36 und 3,13 Milliontel Millimeter.

Electromotorische K r i y t e diinner Schichten. 366

oder Dampfe. Da man wohl annehmen darf, dass die Mole- cule von Metallen nicht kleiner sind als jene, so konnen wir mit Rticksicht auf die angestellten Versuche den Schluss ziehen: E i n e dunne Meta l lbe l egung verh l i l t s i c h elec- t r o m o t o r i s c h ebenso , wie e ine d i cke P l a t t e des se lben M e t a l l e s , a u c h wenn d ie se lbe n u r aus e i n e r k l e inen A n z a h l von u b e r e i n a n d e r l i egenden Molecl i lschich- t e n bes teh t .

7. Den mitgetheilten Versuchen lasst sich noch eine weitere

Folgerung entnehmen. Die auffallende Abnahme der electro- motorischen Kraft dunner Zink- und Cadmiumschichten, wenn dieselben unterhalb der Grenzdicke liegen, llisst zwei verschiedene Erklarungen zu.

Man kann annehmen, dass nach erreichter Grenzdicke der Metallschicht plotzlich in der Abnahme derselben eine erhebliche Beschleunigung eintritt. Es kannen dann vielleicht einzelne Theile der Platinplatte von dem Metalluberzug frei werden und dadurch electrische Strome entstehen, welche in kurzerer Zeit den Metalluberzug auflosen oder oxydiren, sodass die electromotorische Kraft deshalb schnell sinkt, weil die mit der Flussigkeit in Beruhrung befindlichen Theile der Platinplatte immer grosser, die belegte E’lliche entsprechend kleiner wird.

Es ist aber auch moglich, dass die Auflasung der Metall- schicht mit der bisherigen Geschwindigkeit sich weiter voll- zieht, dass aber die Dicke der Metallschicht so klein geworden ist, dass die Wirkung der Molecularkrafte des Platins durch dieselbe hindurch erfolgen kann , wlihrend die Wirkung der dunnen Metallschicht mit abnehmender Dicke immer klei- ner wird.

Es durfte schwer halten, eine definitive Entscheidung zwischen beiden Annahmen zu geben.

Von dem Standpunkte der zweiten Annahme aus kann man leicht die Dicke der Metallschicht berechnen , welche einem gewissen kleknen Bruchtheil der ursprunglichen electro- motorischen Kraft entspricht.

Setzt man in der fruher benutzten Formel: 23*

356 A. Oberbeck.

B _ - A a z=- A + B t 7 A - x , so ist: x = a. 1 + x t

Drt far die einzelnen Versuchsreihen A und B berechnet worden sind, so findet man fur dieselbe auch x. Entnimmt man ferner der Beobachtungsreihe diejenige Zeit t , welche einem bestimmten Werth der beobachteten electromotorischen Kraft entspricht, so kann man aus der Gleichung den zuge- harigen Werth von x berechnen.

Die Werthe, welche man aus den einzelnen Reihen fur ein bestimmtes Metall erhhlt, weichen nicht mehr voneinander ab, als die berechneten Grenzwerthe A. Sie konnen in glei- cher W eise auf Metallbelegung pro Quadratcentimeter und auf Dicken umgerechnet werden, wie diese.

Ich will mich mit der Angabe einigsr Mittelwerthe be- gnligen.

Wenn der obere Grenzwerth fur Zink auf Platin, einer electromotorischen Kraft von 1,l Daniell entsprechend , im Mittel:

2,54. mm betrilgt , so entspricht einer electromotorischen Kraft von 0,3 Daniell eine Dicke der Zinkschicht von:

1,95.10-6 mm. Die entsprechenden Werthe fur Cadmium sind:

1,46. und 0,96. erstere Dicke einer electromotorischen &aft von ungehhr 019 bis 1 Daniell, letztere einer solchen von 0,2 Daniell ent- sprechend.

Im Sinne der von uns gemachten Annahme wiirden wir also finden, dass bei Entfernung von etwa 2 . mm die Molecularkrlifte des Platins neben denjenigen der Metall- schicht in Wirksamkeit treten und bei abnehmender q’irkung der letzteren mit geringerer Dicke schon bei 1 bis 1,5.10-6 mm die Wirkung der diinnen Metallschicht erheblich iibertreffen.

1st auch die Annahme, auf der die letzten Schlusse be- ruhen, noch nicht mit Sicherheit zu beweisen, so stehen die- selben doch in Einklang mit den Vorstellungen, welche man sich bisher iiber die Molecularkrafte gebildet hat : keine

Electromotorische Krayte dunner Schichten. 357

Wirkung oberhalb einer gewissen Grenzentfernung, schnelles Ansteigen der Wirkung unterhalb derselben.

8. I m Anschluss an die eben mitgetheilte Experimental-

untersuchung will ich noch einige Bemerkungen uber die Ar t und Weiso hinzufiigen, nach welcher die Molecularkrafte bei den hier behandelten Erscheinungen in Wirksamkeit treten.

Es handelt sich dabei offenbar um die Wirkung von Metallschichten auf nahe gelegene Fliissigkeitstheile.

Das Gesetz, nach welchem die Wirkung der Masse der Volumeneinheit des Metalles auf die Masseneinheit der Flus- sigkeit von der Entfernung r abhangt, sei durch die Function

f ( r ) ausgedruckt. Es sol1 zunachst die Anziehung einer diin- nen Metallschicht berechnet werden. Ein Volumenelement dm derselben befinde sich in B (Fig. 7). Es sei ferner: O C = 2, CB = 8, O A = 5. Da es sich nur urn die Anziehung von A senkrecht zur Schicht handelt, so ist die von dm in Be- tracht kommende Componente:

t - 2 - - - - . f ( r ) . d rn , wo: r 2 = ( c - z ) ? + pa

gesetzt ist.

Element, betraigt dann: Die Wirkung des Massenringes, von welchem B ein

Die Gesammtwirkung der Platte erhblt man, dieselbe als kreisfiirmig vorausgesetzt, wenn man nach 8 zwischen den Grenzen 0 und R , nach z von 0 bis d integrirt, wenn R der Radius, d die Dicke der Platte ist.. Ds f (t) bereits fur kleine Werthe von T sehr klein wird, so kann man R = co setzen.

Die erste Integration fordert die Ausfiihrung des In- tegrals :

358 A. Oberheck.

oder mit Veriinderung der Integrationsvariabeln: Sf (4 d r .

Dieses Integrrtl werde durch F(r) bezeichnet. Fur T

sind die Grenzen: 5 - 2 und 00 zu setzen. Fu r den letzten Werth kann man I; (r) als verschwindend klein ansehen.

Es bleibt dann der Ausdruck:

Setzt man noch: - 2 x ( 5 - Z)F(C- z ) d z .

2 4 F ( z ) z . d z = fp(x),

f? (i - 4 - 'p (5) f

sp (4 - 9 (d + 4.

so ist die Gesammtwirkung der Platte auf A :

oder wenn man die Entfernung der nachsten Flbssigkeits- theile von der Grenzebene des Metalles mit e bezeichnet:

Bei der von mir naher verfolgten Annahme, dass unter- halb der Grenzdicke der aufgelagerten Metallschicht noch die Wirkung des Platins mit in Rochnung zu ziehen ist, hat man far letztere eine ahnliche Rechnung anzustellen. Be- zeichnet man die Function, zu welcher man gelangt, wenn man an Stelle von f (r) die der Molecularanziehung des Pla- tins entsprechende Function setzt, durch 11, so tri t t zu dem oben stehenden Ausdruck noch ein Glied: y (d + e) hinzu, wo d + e die Entfernung der vorderen Grenzebene der Pla- tinplatte von der nachsten Fliissigkeitsschic& bedeutet. Da die Platinplatte von endlicher Dicke angenommen wird, so ist ein W e d , in welchem die Entfernung von ihrer anderen Gronzflache vorkommt, nicht hinzuzufugen.

Der Ausdruck: sp (4 - cp (d + 4 + w (d + 4

gibt die Anziehung einer diinnen, uber einen anderen K6rper gebreiteten Schicht bei Mitwirkung des letzteren auf eine angrenzende PlUssigkeit.

Handelt es sich dagegen um die Berechnung der elec- tromotorischen Kraft eines Plattenpaares, so hangt dieselbe nicht hiervon allein ab, sondern es ist noch dieselbe Betrach- tung fiir die andere Platte durchzufiihren. Dieselbe gibt

Electromotoi-ische Krayte dunner Schichten. 350

noch ein weiteres Qlied q~ ( e ) , welches die directe Wirkung des Platins auf die angrenzende Flbsigkeit dargtellt. Dem- nach ist die electromotorische Kraft:

1st d = 0, so ist auch E = 0. Dies wilre der Fall zweier unbelegter Platinplatten. 1st

d grosser als der von mir experimentell fiir einige Metall- schichten bestimmte Grenzwerth, so verschwinden die Glieder mit dem Argument J + e , und es ist:

die electromotorische Kraft: Metall I Fliissigkeit Platin. Ueber den eigentlichen Verlauf der Functionen Q, far

die einzelnen Metalle kann man natiirlich nur Vermuthungen aufstellen. Bemerkenswerth ist, dass die Metalle, welche eine grosse electromotorische Kraft gegen Platin zeigen, wie Zink und Cadmium, auch einen hoheren Grenzwerth haben, wie Kupfer, dessen electromotorische h a f t gegen Platin nur klein ist. Die Fig. 8 auf Taf. 111 mag ein Bild dieser Beziehungen geben. Curve I sol1 sich tluf Zink und Cadmium, Curve IZ auf Kupfer, Curve III auf Platin beziehen.

Die Entfernung der ilussersten Metallschicht von den nachsten Fliissigkeitstheilen e sei 0 A , die Schichtdicke: A B = d. Die electromotorische Kraft bei g rosse r Sch ich t - d i cke wird dann dargestellt: .

E = y ( e ) - cp (d + e) + v (n + e) - v (4.

= 4p (4 - IP (4

bei Zink durch C, C,, bei Kupfer durch C, C,. Die electromotorische Kraft einer di innen S c h i c h t auf

Platin ist dagegen : far Zink C, C, - D, D,, far Kupfer C, C, - D, D, .

Jedenfalls erklart diese Darstellung bei passendem Ver- lauf der Curven far die einzelnen Metalle das in der vor- stehenden Abhandlung beschriebene Verhalten der electro- motorischen Krafte bei abnehmender Schichtdicke vollstilndig.

Gre i f swa ld , im Marz 1887.