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8. Ueber dde Perwendung des l’elephows xwr Bestimmwy von D4electricittitsoo~stanteri, leitender Eorper; von Ado If Hey &we41 I er. In jiingster Zeit haben, namentlich durch Hrn. Nernst’s Bemiihungen, Telephon nnd Inductorium vielfache Verwendung bei der Vergleichung von Capacitaten bez. Dielectricifats- constanten in der W h e at s t on e’schen Briicke nach einer im Princip von de Sauty herriihrenden Methode gefunden. Es ist daher wohl nicht uberfliissig, auf die Grenzen hinzuweisen, welche dem Verfahren in seiner Anwendung auf leitende Di- electrica, insbesondere auf wasserige und alkoholische Losungen, gesteckt sind. Diese Grenzen liegen darin, dass bei gegebenen Anspriichen an Genauigkeit die Leitfahigkeit des Dielectricums eine gewisse Grosse nicht uberschreiten darf, die wesentlich ab- hangt von den hochsten Frequenzen electrischer Schwingungen, auf welche das Telephon noch merklich reagirt. Scharf wird sich diese Grenze freilich schon deswegen nicht angeben lassen, weil sie von der Art des benutzten Telephons abhangt; die Grbssenordnung aber lasst sich unschwer bestimmen. Wahrend fiir constanten Strom die Gleichgewichtsanordnung und Empfindlichkeit der W h e a t s t o n e’schen Brucke nur durch die Verhaltnisse der Widerstande in den sechs Zweigen be- dingt sind, treten bei veranderlichen Strbmen an die Stelle der Widerstande die Widerstandsoperatoren , die ausser den Widerstanden selbst noch die Inductionen und Capacitaten enthalten, sowie bei Anwendung von Sinusstromen die Frequenz derselben. Wir wollen, der Nerns t’schen Anordnung ent- sprechend, annehmen, dass die Induction in den Seitenzweigen zu vernachlassigen sei, und diese sich nur aus Widerstanden und Capacitaten zusammensetzen. Die von dem Inductoriwn gelieferten Wechselstrome sind sehr unregelmassig, lassen sich aber in bekannter Weise auf- fassen als eine unendliche Summe von Sinusstromen von allen

Ueber die Verwendung des Telephons zur Bestimmung von Dielectricitätsconstanten leitender Körper

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8. Ueber dde Perwendung des l’elephows x w r B e s t i m m w y v o n D4electricittitsoo~stanteri,

leitender Eorper; v o n Ado If H e y &we41 I e r .

In jiingster Zeit haben, namentlich durch Hrn. Nernst’s Bemiihungen, Telephon nnd Inductorium vielfache Verwendung bei der Vergleichung von Capacitaten bez. Dielectricifats- constanten in der W h e at s t on e’schen Briicke nach einer im Princip von d e S a u t y herriihrenden Methode gefunden. Es ist daher wohl nicht uberfliissig, auf die Grenzen hinzuweisen, welche dem Verfahren in seiner Anwendung auf leitende Di- electrica, insbesondere auf wasserige und alkoholische Losungen, gesteckt sind. Diese Grenzen liegen darin, dass bei gegebenen Anspriichen an Genauigkeit die Leitfahigkeit des Dielectricums eine gewisse Grosse nicht uberschreiten darf, die wesentlich ab- hangt von den hochsten Frequenzen electrischer Schwingungen, auf welche das Telephon noch merklich reagirt. Scharf wird sich diese Grenze freilich schon deswegen nicht angeben lassen, weil sie von der Art des benutzten Telephons abhangt; die Grbssenordnung aber lasst sich unschwer bestimmen.

Wahrend fiir constanten Strom die Gleichgewichtsanordnung und Empfindlichkeit der W h e a t s t o n e’schen Brucke nur durch die Verhaltnisse der Widerstande in den sechs Zweigen be- dingt sind, treten bei veranderlichen Strbmen an die Stelle der Widerstande die Widerstandsoperatoren , die ausser den Widerstanden selbst noch die Inductionen und Capacitaten enthalten, sowie bei Anwendung von Sinusstromen die Frequenz derselben. Wir wollen, der Nerns t’schen Anordnung ent- sprechend, annehmen, dass die Induction in den Seitenzweigen zu vernachlassigen sei, und diese sich nur aus Widerstanden und Capacitaten zusammensetzen.

Die von dem Inductoriwn gelieferten Wechselstrome sind sehr unregelmassig, lassen sich aber in bekannter Weise auf- fassen als eine unendliche Summe von Sinusstromen von allen

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moglichen Perioden ; die Amplitudenverhaltnisse der einzelnen Glieder sind stark durch die Art der Unterhrechung bedingt ; besonders hervortreten werden die Eigenschwingungen des Systems und deren Obertone, die aber wegen ihrer grossen Schwingungszahlen bei den vorliegenden Messungen nicht in Betracht kommen.

Die Starke, mit der das Ohr die einzelnen Schwingungen diirch Vermittelung des Telephons wahrnimmt , hangt ausser von den Amplituden noch von der Empfindlichkeit des Ohres und des Telephons, sowie auch der Bruckenanordnung selbst ab. Bis zu einer gewissen Frequenz wachsen die ersteren und unter Umstanden auch die letztere mit dieser.') Bei kleinen Verschiebungen der Brucke gegen die Gleichgewichtslage wer- den daher im allgemeinen hohere Schwingungen zuerst wirk- Sam. Eine solche Storung des Gleichgewichtes kann bei der Nerns t'schen Anordnung durch Aenderung der Capacitat oder des Widerstandes eines Seitenzweiges erzielt werden. Die Stromstarke in dem Telephonzweige ist der entsprechenden Aenderung des Widerstandsoperators proportional. Dieser ist fur einen Widerstand w mit nebengeschalteter Capacitat c (Condensator mit leitendem Dielectricum) :

W w = l + i v w c

fur einen Sinusstrom von der Frequenz (der mit 2 x multi- plicirten Schwingungszahl) v. Die Aenderungen dieser Grosse, die einer Aenderung d w des Widerstandes, bez. d c der Ca- pacitat entsprechen, sind :

d w i v w p d c (1 + i Y w Cf* bez- (1 + i v w q

und das im Telephonzweig wirksame Quadrat der Strom- amplitude ist proportional :

(d w ) ~ bez. Y* we (d c)2.

Hat man es, wie im vorliegenden Falle, mit einer Summe von verschiedenen Sinusschwingungen zu thun, so wird das resul- tirende Amplitudenqnadrat :

1) Nach Lord Rayleigh, Phil. Mag. (5) 38. p. 285. 1894, hat die Empfindlichkeit des Telephons ein Maximum bei etwa 640 Schwingungen in der Secunde.

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2, k; (d w)2 bez. 2, k,2 v2 w4 (d c)2,

worin k, ein Factor ist, der ausser von der Frequenz v ab- hangt von der Amplitude der erregenden Schwingung und den Widerstinden , Inductionen und Capacitaten der sechs Briickenzweige.

Das Verhaltniss der Empfindlichkeiten fur eine relative Widerstandsanderung d w / w einerseits, eine relative Capacitats- anderung d c l c andererseits, ist also gegeben durch die Glei- chung:

oder

d w d c w'jIX,k;-- W = w ~ c ' ~ I Z ' , , R ~ V ~ - , c

2: - d c = w c N , 20 c

wenn

ist. Nimmt man an, es sei die Empfindlichkeit der Brucken- anordnung derart, dass man eine relative Widerstandsanderung d w l w = 1/10 000 noch sicher bestimmen kann - und diese Annahme wird ungefahr den thatsachlichen Verhhltnissen entsprechen - und verlangt man in der Bestimmung der Capacitat eine Genauigkeit von d c l c = 1/100, so muss mithin

1 100

w c N = -

sein. Fur einen Condensator mit leitendem Dielectricum, und wir wollen der Einfachheit halber annehmen, dass nur ein solcher den betrachteten Seitenzweig bilde, ist nun das Pro- duct w c gegeben durch das Verhaltniss von Dielectricitats- constante 6 zum LeitvermBgen x .

F u r einen Condensator aus zwei parallelen Platten von der Flache f , deren Abstand a sehr klein ist gegen ihre lineare Ausdehnung , ist in electromagnetischen C. G. S.-Ein- heiten :

a 6 . f 36 TC a loao ' W E - C =

%.f , also

J 36% 1040 x

. - sec-1. 1 w c =

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Man hat also unter den obigen Verhaltnissen zwischen S, x und N die Beziehung:

8 1 .- = __ iv 36mlOP0 x 100 ’

oder (C. G. S.-Einh.) , N . S

36 TC 1018 x =

- - 994Nd bezogen auf Hg. 36 1014

Setzt man fur Wasser 6 2 80, so darf, um die verlangte Genauigkeit bei den angegebenen Bedingungen zu erzielen, das Leitvermogen x = 8 N . 10-13 bez. auf Hg nicht iiber- schritten werden. Dieses Verhaltniss wird auch bei Neben- schaltung eines nichtleitenden Condensators zu der zu be- stimmenden Capacit’at, wie in der Nerns t’schen hnordnung, nicht geandert.

Die Grosse N lasst sich experimentell in der Weise be- stimmen, dass man einen nichtleitenden Condensator mit neben- geschaltetem Widerstand verwendet und nach Herstellung des Gleichgewichtes in der Briicke durch abwechselnde Aenderung (Vermehrung und Verminderung) von Capacitlt und Wider- stand die Grossen d c und dw misst, die ein eben merkliches Ertonen des Telephons hervorbringen. Es ergiebt sich dann N aus der Gleichung:

Ich habe eine grosse Anzahl derartiger Bestimmungen unter mannichfach abgeanderten Versuchsbedingungen aus- gefuhrt. Dabei wurden in den Seitenzweigen Metall- und Flussigkeitswiderstiinde von 1 bis 170 000 Ohm, Luft-, Paraffin- und Glimmercondensatoren yon 10-4 bis 6 . Mikrofar. verwendet, ferner Telephone verschiedener Form von 3 bis 130 Ohm, und Inductorien verschiedener Grosse von 60 bis 10 000 Ohm secundiirem Widerstand.

Die einzelnen Versuche anzufuhren, ist zwecklos. Die fur iV erhaltenen Zahleu h d e r n sich stark mit den Versuchs- bedingungen und liegen zwischen 2000 und 16 000. Es ergab sich dabei noch Folgendes:

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Ein Dosentelephon von kleinem Widerstande lieferte unter sonst gleichen Umstanden erheblich kleinere Werthe fiir N, als ein Ericsson’sches Telephon von 125 Ohm; das letztere ist also fur die vorliegenden Bestirnmungen das geeignetere, wie auch Hr. Nerns t schon fand.

Inductorien verschiedener Grosse ergaben unter sonst gleichen Verhaltnissen nur wenig verschiedene Zahlen ; auch Schaltung einer erheblichen Capacitat neben das Inductorium bewirkte keine merkliche Aenderung ; die Eigenschwingungen des Systems spielen also bei diesen Bestimmungen keine Rolle; Hrn. Lena rd ’ s I) gegenteilige Rehauptung entbehrt der Be- grundung.

Die grossten Werthe fur N wurden uriter Bedingungen erhalten, die von denen der Nernst’schen Anordnung nicht sehr verschieden waren.

Mit dem grossten fiir N gefundenen Werth erhalt man den Maxima,lwerth fur die Leitfahigkeit wasseriger Losungen, fur welche noch giite Bestimmungen moglich sind :

x = +. 16 000. 10-13 = 1,l. 10-9 bezogen auf Hg. Das ist aber wenig mehr, als das Leitungs- vermogen eines massigen destillirten Wassers. Fu r athyl- alkoholische Losungen ware der Werth etwa hiervon; auf der anderen Seite ist auch das moleculare Leitvermogen in verdunnter alkoholischer Losung etwa ’Is von dem in wasseriger, sodass die Grenze des Leitvermogens in beiden Fallen bei nahe gleicher Concentration erreicht wird.

Man mag vielleicht durch Verfeinerung der Versuchs- bedingungen, insbesondere durch Anwendung von Telephonen mit erheblich grosserem Widerstand, diese Zahl noch etwas erhohen konnen ; im allgemeinen wird man aber behaupten diirfen , dass diese Methode zur Bestimmung der Dielectricit‘ats- constanten uber das Gebiet der allerverdunntesten wasserigen und alkoholischen Losungen nicht hinauskommt.

Zum Schlusse noch k n e Berichtigung zu letzter Mittheilung uber diesen Gegenstand. z, erwahnte Fehlerquelle der electrometrischen

Hrn. Nernst’s Auf die dort

Methode, auf

I) Lenard, Wied. Ann. 39. p. 629. 1890. 2) Nerns t , Wied. Ann. 67. p. 209. 1896.

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dem Austreten von Kraftlinien aus dem Flussigkeitsgefihs be- ruhend, ist wohl nicht Hr. D r u d e zuerst aufmerksam gewor- den, vielmehr hat sie schon Hr. Hee rwagen l) bemerkt und vermieden und zwar auf die einfachste und sicherste Weise - einfacher und sicherer auch, als bei Hm. Ne r n s t 's Anordnung a) - durch Verwendung eines metallischen, zur Erde abgeleiteten Behalters fur die Flussigkeit. Es ist also nicht richtig, dass Hrn. Heerwagen 's Bestimmungen durch diese Fehlerquelle beeinflusst sind.

Bres l au , Febr. 1896.

1) Heerwagen, Wied. Ann. 48. p. 35. 1893. 2) Smale , Wied. Ann. 67. p. 215. 1896.