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264 L o s s e n, iiber die Zersetzung der Brenzweinsaure Ueber die Zersetzung der Brenzweinsaure beim Erhitzen auf hohere Temperatur ; von W. Lossen. Die unter gleicher Ueberschrift in diesen Annalen 205, 241 enthaltene Mittheilung von A. C 1 a us veranlafst mich zu den €olgenden Bemerkungen. Auf Grund einer von C l a u s in diesen Annalen 191, 33 ff. veroffentlichten Abhandlung ist in die Lehrbucher der organischen Chemie die Angabe aufgenommen worden, dafs bei langerem Erhitzen der Brenzweinsaure auf 200 bis 210° Buttersaure und Kohlensaure als Zersetzungsproducte auf- treten It). Ohne die Richtigkeit dieser Angabe zu bezweifeln, ver- anlafste ich Herrn W i s b a r , zu untersuchen, ob bei der ge- nannten Zersetzung Normalbuttersaure entstehe oder Iso- buttersaure. W i s b a r erhielt beim Erhitzen von Brenzweinsaure keine nachweisbaren Mengen von Buttersaure, beobachtete auch bei mehreren von ihm ausgefiihrten Versuchen keine Kohlensaure- entwicklung. Dem gegenuber sagt C 1 a u s , in W is ba r 's Publication habe ihn weniger die Angabe, dafs Buttersaure sich nicht habe constatiren lassen, uberrascht als wie die Behauptung, dafs unter den von ihm selbst angegebenen Umstanden Kohlen- saure nicht gebildet werde. Diese Behauptung findet sich aber gar nicht in W i s - a) Beilstein, Handb. d. org. Ch., 2. Aufl., I, 595. - Erlen- meyer, Org. Ch. 11, 701. - Fittig, Org. Ch., 11. Aufl., 267. - v. R i c h t e r , Org. Ch., 5. Aufl., 409. - Roscoe- Schorl e mmer, Ausf. Lehrb. d. Ch., 111, 855.

Ueber die Zersetzung der Brenzweinsäure beim Erhitzen auf höhere Temperatur

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Page 1: Ueber die Zersetzung der Brenzweinsäure beim Erhitzen auf höhere Temperatur

264 L o s s e n , iiber die Zersetzung der Brenzweinsaure

Ueber die Zersetzung der Brenzweinsaure beim Erhitzen auf hohere Temperatur ;

von W. Lossen.

Die unter gleicher Ueberschrift in diesen Annalen 205, 241 enthaltene Mittheilung von A. C 1 a u s veranlafst mich zu den €olgenden Bemerkungen.

Auf Grund einer von C l a u s in diesen Annalen 191, 33 ff. veroffentlichten Abhandlung ist in die Lehrbucher der organischen Chemie die Angabe aufgenommen worden, dafs bei langerem Erhitzen der Brenzweinsaure auf 200 bis 210° Buttersaure und Kohlensaure als Zersetzungsproducte auf- treten I t ) .

Ohne die Richtigkeit dieser Angabe zu bezweifeln, ver- anlafste ich Herrn W i s b a r , zu untersuchen, ob bei der ge- nannten Zersetzung Normalbuttersaure entstehe oder Iso- buttersaure.

W i s b a r erhielt beim Erhitzen von Brenzweinsaure keine nachweisbaren Mengen von Buttersaure, beobachtete auch bei mehreren von ihm ausgefiihrten Versuchen keine Kohlensaure- entwicklung.

Dem gegenuber sagt C 1 a u s , in W is ba r 's Publication habe ihn weniger die Angabe, dafs Buttersaure sich nicht habe constatiren lassen, uberrascht als wie die Behauptung, dafs unter den von ihm selbst angegebenen Umstanden Kohlen- saure nicht gebildet werde.

Diese Behauptung findet sich aber gar nicht in W i s -

a ) B e i l s t e i n , Handb. d. org. Ch., 2. Aufl., I, 595. - E r l e n - m e y e r , Org. Ch. 11, 701. - F i t t i g , Org. Ch., 11. Aufl., 267. - v. R i c h t e r , Org. Ch., 5. Aufl., 409. - R o s c o e - S c h o r l e m m e r , Ausf. Lehrb. d. Ch., 111, 855.

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6eim Erhitzen auf hchere Temperatur. 265

ba r 's Publication ; W i s b a r sagt nur, dafs er keine Kohlen- saureentwicklung beobachtet habe unter den von ihm einge- haltenen Bedingungen, welche allerdings den von C I a u s an- gegebenen ahnlich waren, deshalb aber doch nicht in jedem Punkt mit letzteren iibereinstimmen mufsten.

C 1 a u s hat neuerdings selbst beobachtet, dafs die Kohlen- saure sich .allerdings nicht von vorneherein' entwickelt, dafs also Brenzweinsaure wenigstens eine Zeit lang auf die ange- gebene Temperatur erhitzt werden kann, ohne Kohlensaure zu entwickeln. Deshalb konnen sowohl W i s b a r 's Beob- achtungen als die neueren Beobachtungen von Cla u s richtig sein, nach welchen Brenzweinsaureanhydrid bei langer fort- gesetztem und in bestimmter Weise vorgenommenem Erhitzen verkohlt unter Kohlensaureentwicklung und Ausgabe eines sauren Destillates.

Ich halte es indessen auch nicht fur ausgeschlossen, dafs W i s b a r bei seinen Versuchen eine nicht von vornherein, sondern erst spater eintretende Kohlensaureentwicklung nicht beachtet hat; denn die Beantwortung der Frage, ob Kohlen- saure entwickelt werde, hetrachtete er nicht als einen wesent- lichen Theil seiner Aufgabe. Das geht schon daraus hervor, dafs die Beschreibung seiner Versuche eingeleitet ist durch den das Ergebnifs zusammenfassenden Satz : ,,Alle Versuche, durch Erhitzen von Brenzweinsaure Buttersaure zu erhalten, waren vergeblich" -, in welchem der Kohlensaure gar keine Erwahnung geschieht.

Fur W i s b a r und mich war der Kernpunkt der Frage, ob und welche Buttersaure entsteht. Auch Claus hat bei seinen neueren Versuchen keine Buttersaure erhalten. Ich gebe zu, dafs auch seine friihere Arbeit keinen ausreichenden experimentellen Beweis fur die Bildung von Buttersaure ent- halt. War es dann aber gerechtfertigt, dafs C i a u s den Zerfall der Brenzweinsaure in Buttersaure und KohlensPure

Annslen der Chemie 866. Bd. 18

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266 S G h m i d t , iiber die kritz'schen Temperaturen

mit durren Worten ++) als etwas Bewiesenes hingestellt und dadurch den Irrthum verbreitet hat, dessen Berichtigung wir W i s b a r verdanken ?

Ueber die kritischen Temperaturen von Flussigkeitsgemischen ;

von G. C. Schwaiddt.

(Eingelaufen am 6. August 1891.)

- Untersuchungen iiber die kritischen Constanten von

Fliissigkeiten sind bisher verbaltni€smafsig nur wenig ange- stellt worden. Die betrachtlichen Schwierigkeiten, welche namentlich mit der Bestimmung des kritischen Druckes und Volums verbunden sind, sind wohl die Ursache gewesen, dafs dieser Theil der physikalischen Chemie vernachlassigt worden ist, obwohl die Kenntnifs des kritischen Constanten auf viele Gebiete der Stochioaietrie ein neues Licht xu werfen ver- spricht. Dazu kommt, dafs die Arbeit wegen der grofsen Abweichungen, die man mit verschiedenen Praparaten erhalt, keine rechte Befriedigung gewahrt. Selbst Korper, die in beliebiger Menge anscheinend absolut rein hergestellt werden konnen, weichen in ihren kritischen Constanten stark von ein- ander ab. Beispiele hierfur werde ich im Laufe der folgen- den Abhandlung mehrfach anfuhren. Trotzdem hoffe ich binlien Kurzem eine Reihe zuverlassiger Messungen kritischer Constanten veroffentlichen zu konnen.

Die folgende Arbeit verdankt ihre Entstehung den Ab-

*) Diese Annaleii 191, 48.