3
t~ber Reizung der sensiblen Nervenfasern bei Operationen an den peripheren Nerven. Voll )1. Lewandowsky. ( Eingegangen :~m 28. Ma:rz 1917.) lm Verlaufe yon Nervetloperationen, die v(m den Herren E. (: l~ger, Wendriller und Zondek in l,okalan:,isthesie ausgeffihrt wurden, wurden (lie Nervenfasern elektrisch gereizt und die Verletzten um Aus- kunft fiber die bei der Reizuug entstehenden Empfindungen gefragt. Die Reizung geschah unit)olaf mit der fflr Hirnreizungen iiblichen Elektrode fast ausschlieBlich mit faradischen StrSmcn. Gercizt wurden Radialis, Media]ms, Ulnaris, Peronells un(I [sehia(lieus in zusammen 12 Beobachtungen. Der pra ktische Zweck (licser Mal.~nahme ka,m ('ill zweifacher sein. Einmal ist cs klar, dab welm bei Reizung peripher der Verletzungsstelle noch eine Emi)findung ausgel6st und in die Perii)herie lokalisiert wird, noch leitungsf~ihige sensible Fasern die Nervennarbe durehziehen miissen - analog dcm Schlug auf erha]tene motorische Fasern bei Reizung zentral yon der Narbe. Man muB allerdings bei der Feststellung der Sensibilit~it etwas vorsichtig sein. Denn es kann aueh bei Reizung des peripheren Stumpfes total durchtrennter Nerven eine gewisse Empfindlichkeit angcgeben werden, (lie a.ber nicht ill die Pcripherie projiziert wird, lind dureh Reizung v(m auf Umwegen verlaufenden sensiblen Fasern erkliirt werden muL~ - vielleicht nach Ana]ogie der ,,rtickl~ufigen Sensibilit:,it" dtr motorischen Wurzeln. Man mug ~veiter zur Kontrolle natfirlich auch (lie Umgebung der Nerven reizen, um die Wirkung yon Stromsch]eifen auszuschliei.~eu. Wit haben verschiedent- lich bei Anwendung aller Vorsichtsmal.~regeb~ abcr eine l)urchgiingig- keit der Narbe ftir sensible Reize feststellen k6rmell, wo eine solche fib" motorische Reize nicbt bestand. Eine solche Feststelhmg mug nattirlich zu einer besonders vorsiehtigen Vortsetzung der Nerven- operation Anlal.~ geben, um (lie erhaltenen Nervenfasern nicht auch uoeh zu durchschneiden. Eine zweite praktisehe ]~e(leutmlg kann die geizung (ler sensiblen Fasern dann habelL wem~ (lie Auffindung des zentralen Stumpfes eines durchschossenen oder in dicke Narbemnassen eingebetteten Nerven sehwierig ist. [ch babe das einmal bei einer yon Unger aus-

Über reizung der sensiblen Nervenfasern bei operationen an den peripheren Nerven

Embed Size (px)

Citation preview

t~ber Reizung der sensiblen Nervenfasern bei Operationen an den peripheren Nerven.

Voll

)1. L e w a n d o w s k y .

( Eingegangen :~m 28. Ma:rz 1917.)

lm Verlaufe yon Nervetloperationen, die v(m den Herren E. (: l~ger, W e n d r i l l e r und Z o n d e k in l,okalan:,isthesie ausgeffihrt wurden, wurden (lie Nervenfasern elektrisch gereizt und die Verletzten um Aus- kunft fiber die bei der Reizuug entstehenden Empfindungen gefragt. Die Reizung geschah unit)olaf mit der fflr Hirnreizungen iiblichen Elektrode fast ausschlieBlich mit faradischen StrSmcn. Gercizt wurden Radialis, Media]ms, Ulnaris, Peronells un(I [sehia(lieus in zusammen 12 Beobachtungen.

Der p r a k t i s c h e Zweck (licser Mal.~nahme ka,m ('ill zweifacher sein. Einmal ist cs klar, dab welm bei Reizung peripher der Verletzungsstelle noch eine Emi)findung ausgel6st und in die Perii)herie lokalisiert wird, noch leitungsf~ihige sensible Fasern die Nervennarbe durehziehen miissen - analog dcm Schlug auf erha]tene motorische Fasern bei Reizung zentral yon der Narbe. Man muB allerdings bei der Feststellung der Sensibilit~it etwas vorsichtig sein. Denn es kann aueh bei Reizung des peripheren Stumpfes total durchtrennter Nerven eine gewisse Empfindlichkeit angcgeben werden, (lie a.ber nicht ill die Pcripherie projiziert wird, lind dureh Reizung v(m auf Umwegen verlaufenden sensiblen Fasern erkliirt werden muL~ - vielleicht nach Ana]ogie der ,,rtickl~ufigen Sensibilit:,it" dtr motorischen Wurzeln. Man mug ~veiter zur Kontrolle natfirlich auch (lie Umgebung der Nerven reizen, um die Wirkung yon Stromsch]eifen auszuschliei.~eu. Wit haben verschiedent- lich bei Anwendung aller Vorsichtsmal.~regeb~ abcr eine l)urchgiingig- keit der Narbe ftir sensible Reize feststellen k6rmell, wo eine solche fib" motorische Reize nicbt bestand. Eine solche Feststelhmg mug nattirlich zu einer besonders vorsiehtigen Vortsetzung der Nerven- operation Anlal.~ geben, um (lie erhaltenen Nervenfasern nicht auch uoeh zu durchschneiden. Eine zweite praktisehe ]~e(leutmlg kann die geizung (ler sensiblen Fasern dann habelL wem~ (lie Auffindung des zentralen Stumpfes eines durchschossenen oder in dicke Narbemnassen eingebetteten Nerven sehwierig ist. [ch babe das einmal bei einer yon U n g e r aus-

24 M. bewandowsky: ()ber Reizuna der sensil)len Nervenfasern

geffihrten Radialisoperation gesehen. Die Angabe des Verletzten, daft er bei t~eizung gewisser Stellen Empfindungen am Riicken des Daumens und der Hand hiit.te, war hier eine nicht, unerhebliche Hilfe bei Auf- findung des zcntralen Stmnpfes.

lch habe reich bei diesen Nervenoperationen nich( nur mit der Angabe der Verletzten begniigt, dal.~ sie etwas in der Peripherie empfindcn, sondern sic miiglichst genau gefragt~, was sie im einzelnen fiir Empfindungen hiUten. Ich m6chte durch dicse Mitteihmg dazu anregen, tiberall, wo es m6glich ist, diese Untel:suchungen fortzusetzen. Denn bei der einzelnen Operation kann man moist m)r wenig erfahren. Einmal darf man (lie Operation nicht verz6gern, andererseits sind gerade die scnsiblen Fasern bzw. die yon ihnen auszulSsenden Rcaktionen recht schnell ermiidbar. [nsbesondere wenn man nicht ganz vorsichtig mit schwaehen Striimen reiz(, sondern zu starke ,mwe),,(let, vc)'dirbt man die N('rven fiir wcitcre l{eizungen.

Was zuniichst (tie Q u a I i t.~t t d('r Eml)findungen anlangt., so habe ich bci Reiztmgen mit d(,m faradischen Strom am haufigsten ein Gefiihl yon ,,Kribbeln'" odor ,,als wcnn elektrisiert wird" angeben h6ren. Nur zweimal wurden ausgesl)roehcnc Bcrfihrungsempfindm~gen angegel)en, bei schwitchstcm Str()m einmaJ ,,aIs wenn yon ganz fernher etwas k~imc". Zweimal wurde VV~irmc('mpfindung angegeben, einmal eine oberfl~tch- liche, eimnal einc ,,innerliche". K~tlteempfindung konnte bisher hie ausgel6st werden, ob~w)hl das ja sicherlich auch bei sorgfiiltiger l~eizung einmal maglich sein wird. SchieBende Schmcrzen werden bei etwas starkeren Str6men nattirli(,h sehr leicht erzeugt. Eine an bestimmter Stelle lokalisierte Sehmerzcml)findung ,,als wenn jemand mit einer Nadel pickt", wurdc jedoeh nur einmal angegeben. Wenn die Reizung des Nerven Bewegungen in seinem motorisehen Endgebiet ausl6ste, wurden dieselben ausnahmslos wahrgenommcn. Einmal konnte abcr aueh ohne jede wirkliche Bewegung bei Reizung des Radialis das Geftihl einer Streekung im Handgelenk hervorgerufen werden, also wie man wohl annehmen muB, eine kiniist.hetisehc Empfindung dureh Reizung sensibler Fasern. EinmM wurde bei Reizung gewisser Stellen des Nerven --Medianus---immer wieder ein reflektonisehes Zusammenzucken des K6rpers beobaehtet, ohne dal./ der Operiert.e doeh Sehmerzen yon der geizung hatte, oder sieh iiberhaupt iiber die Ursaehe dcs Zusammen- znckens Mar war.

Die dureh die Reizung bewirkten Empfindungen waren um so feiner l o k a l i s i e r t , je schwiieher die Str6me waren und je feiner die Elektrodc auf den Nerven aufgesetzt wurde. Die Empfindung eines Nadelstiches an einer bestimmten Stelle war bereits erwithnt. Einmal gab der Operierte an, eine Berfihrung etwa in der Ausdehnung eines Markstiiekes zu ftihlen. Immcr gelingt es unschwer, einzelne mehr

bei {)perationen an den l)eripheren Nerven. "-)5

oder weniger groge Regionen imlerhalb eines Nervengebietes einzeln zu erregen, so die Finger und Teile yon solehen bei Medianus- und Ulnarisreizung, (lie versehiedenen H6hen des Versorgungsgebietes des Peroneus u. dgl.

Was die l,age der sensiblen l'~asern im Nerven anlangt, so kann man bei einzelnen Nerven, wie dem Hadialis, dem Peroneus mM Isehiadieus, wenigstens so viel feststellen, dal~ Teile des Quersehnit.tes bei sehwaehen Str6men unerregbar sind, also entweder nur wenig oder gar keine sen- sibeln Fasern enthalten. Ob ,.lie sensibeln Fasern ihrerseits isoliert odor ,nit motorischen gemischt verlaufen, lagt si(.h ~mtiirlich durch P~eizung mehr oder weniger zerst6rter Nervcn aueh bci den ~enmmten Nerven nieht fest stellm~. Beim Uhlaris und Medianus babe ieh jedoeh den Eindruck, als wenn hier eine w<'itgehende Vermisctmng motorisehcr und sensibler b'asern statthiilte. I)al3 die Nerven fi~r <lie einzolnen Enlpfin(hmgs(fualitiitcn bis zu einem gewissen (h'ade getremlt verlaufen, lii Bt~ sieh aueh bei den ]leizungen feststellen.

l)as ist im wcsentliehm~, was ieh Sicheres iiber die Ergelmissc dcr Rcizung sensibler Nervtql mittvilen kaml. 1)ie Ergebnisse sind diirftig aus vielerlci Gri inden i)er ('hirurg kann den Reizmlgen nur wenige Minuten widmen, a ueh s,.)ll der ()periert(' nieht das Gefiihl haben, als Versuehsobjekt zu dienen. Nm" ein Teil dcr Operierten [tat geniigendes Verst iindnis und gcniigende l,'fihigkeit der Selbstbeobachtung, tin(' ins einzelne gehende Angabe maehen zu ldhmen. Auf (lie Sehwierigkciten der Reizung selbsL war bereits hingewicsen, l)ureh (tie vorliegcnde Mitteilung m6ehte ieh abet doch zur ueiteren Bearbeitung und Aus- gestaltung dieses Gebietes anregen, das nieht nut grol.~e th(,oretisehe, sondern aueh praktisehe Bed(,utung hat.. Besonderer Wert wiire auf (lie ins Einzelne gehm:de Wiedergabe der bei dem Operiert.en ausgel6sten gmpfindungen zu legen, z. B. ob cine Druek(.mpfilMung irgendwelcher Art auszul6sen ist, wie hoeh die Temperatur der gefiihlt('n Wiirme etwa sei u. dgl. Solehe Angaben m0ssen fiir unsere Vorstelhmgen yon der Organisation der Sensibilit:at von t~edeutung werden, wmm sie genau mM zuverlfissig genug sind. Selbst einzclne Ergebnisse k6mlten yon grof~em Wert sein, wenn sic yon in der Selhstbeobaehtung genfigend geiibt.en Personen stammen. DaB in entspreehendem I"alle diese Ge- legenheit nicht ungentitzt bleibe, ist sehr zu wiinsehen.