4
Jg. 19, Heft e2 OTTO, Scharlachschi~den. 519 ~. Juni i94o 90 80 70 ~0 50 4~ d~ 20 [ ] ,./- i - ---- O,;fl/l~gLfc/u~/(ly)3Tg r I I t t ~ I I I O 1 2 ~ d gerade aus den Kreisen yon Tuberkulose~rzten Berichte fiber gfinstige Erfahrungen~, s 9, wobei wit noch hinzufflgen m6chten, dab wir eine Wirkung auch bei anderem Husten annehmen k6nnen. Wir m6chten bier aus unseren Versuchen nur eine Erkl~rung fiber das verschiedene Urteil verschiedener Arzte und verschiedener Zeiten darstellen. Neuerdings10 wurde bet allgemeiner Indikafion die 13rauchbarkeit erwiesen. Einen Vorteil hat nun Lactuca vor Morphin, und zwar die fehlende Wirkung auf das A~emzentrum. Schon FORST * hat daranf hingewiesen, dab die von ibm nachgewiesene sedative Wirkung mit keiner Atemhemmung verknfipft is.t, vielleicht weft sie niemals die Stgrke eines Schlafmittels erreicht, auch nicht bet ~lberdosierung. Etwas Analoges sehen wit bet der vermehrten Wirkung derselben Dosis, wenn sie nicht auf ein- real gegeben wird, die auch nicht die Atmung betreffen kann. Wir ersehen aus den Kurven, dab die Hustenwirkung nicht mit der sedativen zeitlich identisch ist. Die Unabhgngigkeit ergibt sich auch aus folgendem: In ether Reihe yon Yersuchen wurden zugleich mit dem Latucyl bestimmte Mengen yon Antipyrin (o,125 g/kg) ge- geben. Antipyrin ist ein Erregungsmittel des Atemzentrums, wirkt aber auch sonst in den yon uns gewghlten hohen, fast an die t6dliche Gabe grenzenden Dosierungen erregend. Durch diesen Zusatz wurde die hustenstillende Wirkung der Lacfuca in keiner Weise beeinfluBt. Das ist zugleich eine Erweiterung der Versuche mit Dicodid-Cardiazol~, die die pharmakologische Trennbarkeit beider Zentren aufweisen. Als abschliel~endes Kapitel wollen wir nun auf die in der Einleitung dieses Abschnittes angeschnittene Frage eingehen, inwieweit eine bestimmte Reinsubstanz, das Lactucin, die Wirkung der Gesamtdroge ersetzen kann. Wir sehen dazu den Vergleich auf Abb. 3 und finden, dab die l~einsubstanz Lactucin eher eine stgrkere Wirkung hat, wenn sie allein gegeben wird, Ms wenn sie zugleich mit den anderen Substanzen der Droge zu- i / // geffihrt wird. Nun befindet / ,,~ / sich in der Droge noch ein / ~ zweiter yon FORST sedativ t~1" wirksam gefundener Bitter- [ stoff, das Lactucopikrin. Die Menge ist nach NCI-IENCK ~etwa die H~lfte des Lactucins. FoRs~ gibt nun an, dab die sedative Wirkung nur ein ~ 1 ~ 5 Ffinftel des Laclucins betr~gt, ~d 7~ge Gewicht/Gewicht gerechnet. Abb. 8. Also auf die Wirkung der Ge- samtdroge bezogen, wiirde fund ein Zehntel durch Lactucopikrin gedeckt. Diese IO % wfirden wit bet tgerficksichfigung der Streuung auch noch in unserer Absch~tzung nnterbringen k6nnen, so dab wir mit dieser kleinen Korrektur fur erwieseu halten, dab die hustenstillende Wirkung der Lactuca virosa sich isolieren l~13t im Lactucin. SCHENCK n spricht davon, dab die Be- gleitsubs• wichtig stud, um das schwer 16sliche Lac- tucin in L6sung zu haIten, wodurch die Resorption be- giinstigt werden k6nnte. Dieser m6gliche Effekt kommt bet unseren Versuchen nicht zur Geltung, well die Wirkung zu protrahiert ist, um eine Resorptionsverlangsamung ikberhaupt merkbar werden zu lassen. Nach unseren obigen Bemerkungen fiber die st~rkere Wirkung frakfionierter Gaben, werden Mr sogar eine st~irkere Wirkung erwarten k6nnen, die wit auch aus unseren I~urven herausiesen k6nnten. Doch m6chten wir anf diesen geringen Unterschied keinen Weft legen. Vielleicht sind -Mr dieser Frage abet auch dadurch entgangen, dab wir Verreibungen rnit Gummi arabicum verwandten, wodurch die L6slichkeit auch vergr6Bert sein k6nnte. Wir sehen also wieder, dab die Pflanze nieht gewachsen ist, um beim Menschen den Reizhusten zu stillen, sondern dab der Mensch das Glt~ck hat, in der Lactuca virosa eiue Pflanze zu besitzen, die in ihrem Stoffwechsel eine hustenstiUende Sub- s~anz produziert~ die sic vtrmutlich ftir sich nicht zur Husten- stillung gebraucht. Die Tatsache, dal3 Mr in Pflanzen bet schwer 16slichen l~.einsubstanzen h~ufig die Begleitstoffe linden, die diese K6rper in L6sung halten, spricht nur daffir dab diese Wirkstoffe bet den Pflanzen auch eine Funktion erfiJlen. Es ist dabei durchaus m6glich, dab man der Gesamt- droge -- wenn man ihre Wirksamkeit kontrolliert -- vor der Reinsubstanz gelegentlich, wie auch bier, den u gibt. Doch das steht auf einem anderen t31att 12. Zusamfaenfassung: Die 13erichte fiber die reizhusten- bek~mpfende Wirkung des Giftla• (Lactuca virosa) und seiner Zubereitung, die wir in der Li•177 des Mittelalters und auch sparer vorfinden, lassen sich im Tierversuch best~- tigen und quantitativ verfolgen. Die Wirkung ist bet Gewichts- vergleich der Wirkung des Milchsaffes etwa 5oomal schw~cher als beim Morphin. Dieses Yerh~ltnis wird aber gfinstiger, wenn die Droge fraktioniert gegeben wird, well ihre Wirkung protrahierter ist, und erreicht dann nur noch eine etwa 5omal schw~chere Wirkung. Diese Zahlenangaben gelten nur ffir das Gewicht, nicht ffir die therapeutische Breite, Im Gegenteil werden trotz der entsprechend h6heren Dosie- rung die Gefahren yon Nebenwirkungen geringer sein, 15e- sonders die Gefahr der Sucht fehlen. Daher fiillt es eine Liicke im Arzneischatz. Allerdings ist nicht zu erwarten, dab die gauze Tiefe der Morphinwirkung je erreicht werden kann, weshalb die Opiate bet schwerstem Reizhusten wohl nicht ersetzt werden k6nnen. Man kann beim Vergleich feststellen, dab etwa die Gesamtwirkung der Droge repr~sentiert wird dutch den Bitterstoff Lactucin, der offenbar auch der Re- prasentant der sedativen Wirkung ist. Literatur: 1 F. SCHL~NM~R, Die deutsche Heilpflanze 1937, Nr 7. -- MAnAUS, Heilpflanzen S. I666iL -- ~ G. SCH~g, H. G~AF u. W. SC~R~B~R, Arch. Pharmaz. 277, 5. Mitteilung (I939), er- schienen bis zur 8. Mitteilung, ebenda S. 297. -- a) G. SCHE~K u. H. GRAF,Arch. Pharmaz. I936, I. Mitteilung}. -- 8 p~y~R, Apo- theker-Ztg I93 o, 236. -- 4 A. W. FORST, Mfinch. reed. Wschr. i937 , 1251. __ 5 FRONMfdLLER, Dtsch. Klin. 1862, 395.-- ~ ]~ICHLXR ll. SMIATEK, Naunyu-Schmiedebergs Arch. 194 (194 o) (ira Druck). __ 7 G. SCHR6DER, Dtsch. Tbk.bl. 1938, 5. -- s W. HlgEgEN, Dtsch. Tried. Wschr. ~937, I73 ~, -- ~ ~-t3~HRENS, Mfineh. reed. XYschr. I938, 139. -- 10 H. DIBOLD, Wien. klin. Wschr. 194o, xo. -- 11 G. SCHENI~,Mfinch. reed. Wschr. 1937, 125~ -- 12 Siehe dazu: EICHLIgR u. VOLLMER, Fortschr. Ther, x5, 253 (1939). UBER SCHARLACHSCHADEN AN LEBER, BAUCH- SPEICHELDRUSE UND AM MAGENDARMKAlgAL. Von HA~s OTTO. Angaben fiber Sch~tdigungen der Leber w~hrend einer Scharlacherkrankuug sind im gesamten Schrifttum nicht h~ufig und namentlich in der jfiugsten Zeit framer seltener geworden. Man weiB, dal3 als zweites Kranksein meist in der 3. Woche eine mehr oder weniger starke Gelbsucht auf- treten kann, die auf einer ser6sen Hepatitis nach neuesten Anschauungen (EPPINGER) beruhen soll. Diese Gelbsucht macht im wesenflichen die gleichen Erscheinungen wie ein katarrhalischer Ikterus. Unter einer Therapie mit Insulin und Traubenzucker sowie mit transduodenalen Z~cker- eintr~ufelungen (nach G~JTZEIT) pflegen diese Lebersch~di- gungen im Verlaufe yon etwa 2 Wochen vollst~ndig zurfick- zugehen. Sehr selten ist der Ausgaug in eine akute gelbe Leberatrophie. Die pathologisch-anatomische Grundlage dieser Leber- sch~iden beruht auf der 1~inwirkung der Toxine der Infekfions- erreger. Diese foxischen ]~inflfisse erzeugen eine diffuse Parenchymschadigung. Auf Grund yon klinischen und patho- logischen t3eobachtungen geht man heutzutage sogar so weft, yon allergischeu und anaphylaktischen Gewebsver~nderungen zu sprechen. ]3ei der Minischen ]3eobachtung handelfe es sich um die Feststelluug, dab manchmal nach Abldingen des Ikterus ein Rheumatoid auftreten kann, welches min- destens nach ether Woche geschwunden ist. Diese l~aschheit

Über Scharlachschäden an Leber, Bauchspeicheldrüse und am Magendarmkanal

Embed Size (px)

Citation preview

Jg. 19, Heft e2 OTTO, Scharlachschi~den. 519 ~. Juni i94o

90

80

70

~0

50

4~

d~

20

[ ] ,./-

i

- - - - - O,;fl/l~g Lfc/u~/(ly)3Tg r I I t t ~ I I I

O 1 2 ~ d

gerade aus den Kreisen yon Tuberkulose~rzten Berichte fiber gfinstige Erfahrungen ~, s 9, wobei wit noch hinzufflgen m6chten, dab wir eine Wirkung auch bei anderem Husten annehmen k6nnen. Wir m6chten bier aus unseren Versuchen nur eine Erkl~rung fiber das verschiedene Urteil verschiedener Arzte und verschiedener Zeiten darstellen. Neuerdings 10 wurde bet allgemeiner Indikafion die 13rauchbarkeit erwiesen.

Einen Vorteil hat nun Lactuca vor Morphin, und zwar die fehlende Wirkung auf das A~emzentrum. Schon FORST * hat daranf hingewiesen, dab die von ibm nachgewiesene sedative Wirkung mit keiner Atemhemmung verknfipft is.t, vielleicht weft sie niemals die Stgrke eines Schlafmittels erreicht, auch nicht bet ~lberdosierung. Etwas Analoges sehen wit bet der vermehrten Wirkung derselben Dosis, wenn sie nicht auf ein- real gegeben wird, die auch nicht die Atmung betreffen kann. Wir ersehen aus den Kurven, dab die Hustenwirkung nicht mit der sedativen zeitlich identisch ist. Die Unabhgngigkeit ergibt sich auch aus folgendem:

In ether Reihe yon Yersuchen wurden zugleich mit dem Latucyl bestimmte Mengen yon Antipyrin (o,125 g/kg) ge- geben. Antipyrin ist ein Erregungsmittel des Atemzentrums, wirkt aber auch sonst in den yon uns gewghlten hohen, fast an die t6dliche Gabe grenzenden Dosierungen erregend.

Durch diesen Zusatz wurde die hustenstillende Wirkung der Lacfuca in keiner Weise beeinfluBt. Das ist zugleich eine Erweiterung der Versuche mit Dicodid-Cardiazol~, die die pharmakologische Trennbarkei t beider Zentren aufweisen.

Als abschliel~endes Kapitel wollen wir nun auf die in der Einleitung dieses Abschnittes angeschnittene Frage eingehen, inwieweit eine bestimmte Reinsubstanz, das Lactucin, die Wirkung der Gesamtdroge ersetzen kann. Wir sehen dazu den Vergleich auf Abb. 3 und finden, dab die l~einsubstanz

Lactucin eher eine stgrkere Wirkung hat, wenn sie allein gegeben wird, Ms wenn sie zugleich mit den anderen Substanzen der Droge zu-

i / / / geffihrt wird. Nun befindet

/ ,,~ / sich in der Droge noch ein / ~ zweiter yon FORST sedativ

t ~ 1 " wirksam gefundener Bitter- [ stoff, das Lactucopikrin. Die

Menge ist nach NCI-IENCK ~ etwa die H~lfte des Lactucins. FoRs~ gibt nun an, dab die sedative Wirkung nur ein

~ 1 ~ 5 Ffinftel des Laclucins betr~gt, ~ d 7~ge Gewicht/Gewicht gerechnet. Abb. 8. Also auf die Wirkung der Ge-

samtdroge bezogen, wiirde fund ein Zehntel durch Lactucopikrin gedeckt. Diese IO % wfirden wit bet tgerficksichfigung der Streuung auch noch in unserer Absch~tzung nnterbringen k6nnen, so dab wir mit dieser kleinen Korrektur fur erwieseu halten, dab die hustenstillende Wirkung der Lactuca virosa sich isolieren l~13t im Lactucin. SCHENCK n spricht davon, dab die Be- gleitsubs• wichtig stud, um das schwer 16sliche Lac- tucin in L6sung zu haIten, wodurch die Resorption be- giinstigt werden k6nnte. Dieser m6gliche Effekt kommt bet unseren Versuchen nicht zur Geltung, well die Wirkung zu protrahiert i s t , um eine Resorptionsverlangsamung ikberhaupt merkbar werden zu lassen. Nach unseren obigen Bemerkungen fiber die st~rkere Wirkung frakfionierter Gaben, werden Mr sogar eine st~irkere Wirkung erwarten k6nnen, die wit auch aus unseren I~urven herausiesen k6nnten. Doch m6chten wir anf diesen geringen Unterschied keinen Weft legen. Vielleicht sind -Mr dieser Frage abet auch dadurch entgangen, dab wir Verreibungen rnit Gummi arabicum verwandten, wodurch die L6slichkeit auch vergr6Bert sein k6nnte. Wir sehen also wieder, dab die Pflanze nieht gewachsen ist, um beim Menschen den Reizhusten zu stillen, sondern dab der Mensch das Glt~ck hat, in der Lactuca virosa eiue Pflanze zu besitzen, die in ihrem Stoffwechsel eine hustenstiUende Sub- s~anz produziert~ die sic vtrmutl ich ftir sich nicht zur Husten-

stillung gebraucht. Die Tatsache, dal3 Mr in Pflanzen bet schwer 16slichen l~.einsubstanzen h~ufig die Begleitstoffe linden, die diese K6rper in L6sung halten, spricht nur daffir dab diese Wirkstoffe bet den Pflanzen auch eine Funkt ion erfiJlen. Es ist dabei durchaus m6glich, dab man der Gesamt- droge -- wenn man ihre Wirksamkeit kontrolliert -- vor der Reinsubstanz gelegentlich, wie auch bier, den u gibt. Doch das steht auf einem anderen t31att 12.

Z u s a m f a e n f a s s u n g : Die 13erichte fiber die reizhusten- bek~mpfende Wirkung des Giftla• (Lactuca virosa) und seiner Zubereitung, die wir in der Li•177 des Mittelalters und auch sparer vorfinden, lassen sich im Tierversuch best~- tigen und quant i ta t iv verfolgen. Die Wirkung ist bet Gewichts- vergleich der Wirkung des Milchsaffes etwa 5oomal schw~cher als beim Morphin. Dieses Yerh~ltnis wird aber gfinstiger, wenn die Droge fraktioniert gegeben wird, well ihre Wirkung protrahierter ist, und erreicht dann nur noch eine etwa 5omal schw~chere Wirkung. Diese Zahlenangaben gelten nur ffir das Gewicht, nicht ffir die therapeutische Breite, Im Gegenteil werden trotz der entsprechend h6heren Dosie- rung die Gefahren yon Nebenwirkungen geringer sein, 15e- sonders die Gefahr der Sucht fehlen. Daher fiillt es eine Liicke im Arzneischatz. Allerdings ist nicht zu erwarten, dab die gauze Tiefe der Morphinwirkung je erreicht werden kann, weshalb die Opiate bet schwerstem Reizhusten wohl nicht ersetzt werden k6nnen. Man kann beim Vergleich feststellen, dab etwa die Gesamtwirkung der Droge repr~sentiert wird dutch den Bitterstoff Lactucin, der offenbar auch der Re- prasentant der sedativen Wirkung ist.

L i t e r a t u r : 1 F. SCHL~NM~R, Die deutsche Heilpflanze 1937, Nr 7. -- MAnAUS, Heilpflanzen S. I666iL -- ~ G. SCH~g, H. G~AF u. W. SC~R~B~R, Arch. Pharmaz. 277, 5. Mitteilung (I939), er- schienen bis zur 8. Mitteilung, ebenda S. 297. -- a) G. SCHE~K u. H. GRAF, Arch. Pharmaz. I936, I. Mitteilung}. -- 8 p~y~R, Apo- theker-Ztg I93 o, 236. -- 4 A. W. FORST, Mfinch. reed. Wschr. i937 , 1251 . __ 5 FRONMfdLLER, Dtsch. Klin. 1862, 395.-- ~ ]~ICHLXR ll. SMIATEK, Naunyu-Schmiedebergs Arch. 194 (194 o) (ira Druck). __ 7 G. S C H R 6 D E R , Dtsch. Tbk.bl. 1938, 5. -- s W. HlgEgEN, D t s c h . Tried. Wschr. ~937, I73 ~, -- ~ ~-t3~HRENS, Mfineh. reed. XYschr. I938, 139. -- 10 H. DIBOLD, Wien. klin. Wschr. 194o , xo. -- 11 G. SCHENI~, Mfinch. reed. Wschr. 1937, 125 ~ -- 12 Siehe dazu: EICHLIgR u. VOLLMER, Fortschr. Ther, x5, 253 (1939).

UBER SCHARLACHSCHADEN AN LEBER, BAUCH- SPEICHELDRUSE UND AM MAGENDARMKAlgAL.

Von

HA~s OTTO.

Angaben fiber Sch~tdigungen der Leber w~hrend einer Scharlacherkrankuug sind im gesamten Schrifttum nicht h~ufig und namentlich in der jfiugsten Zeit framer seltener geworden. Man weiB, dal3 als zweites Kranksein meist in der 3. Woche eine mehr oder weniger starke Gelbsucht auf- treten kann, die auf einer ser6sen Hepatitis nach neuesten Anschauungen (EPPINGER) beruhen soll. Diese Gelbsucht macht im wesenflichen die gleichen Erscheinungen wie ein katarrhalischer Ikterus. Unter einer Therapie mit Insulin und Traubenzucker sowie mit transduodenalen Z~cker- eintr~ufelungen (nach G~JTZEIT) pflegen diese Lebersch~di- gungen im Verlaufe yon etwa 2 Wochen vollst~ndig zurfick- zugehen. Sehr selten ist der Ausgaug in eine akute gelbe Leberatrophie.

Die pathologisch-anatomische Grundlage dieser Leber- sch~iden beruht auf der 1~inwirkung der Toxine der Infekfions- erreger. Diese foxischen ]~inflfisse erzeugen eine diffuse Parenchymschadigung. Auf Grund yon klinischen und patho- logischen t3eobachtungen geht man heutzutage sogar so weft, yon allergischeu und anaphylaktischen Gewebsver~nderungen zu sprechen. ]3ei der Minischen ]3eobachtung handelfe es sich um die Feststelluug, dab manchmal nach Abldingen des Ikterus ein Rheumatoid auftreten kann, welches min- destens nach ether Woche geschwunden ist. Diese l~aschheit

520 OT~.ro, Scharlachschfiden. Klinische Wochenschrift

in der Ausheilung der rheumatischen Erscheinungen spricht uuch ftir die allergische Genese (Wlsc~t). Pathologisch-una- tomisch wies FAHR nuch, dab es sich bet diesen Lebersch/idi- gungen nicht um die Ansiedlung yon gewebszerstfrenden Streptokokken hundelte, sondern um Gewebsver~nderungen, wie sie be/ ullergischen und anaphylaktischen Erscheinungen aufzutreten pflegen. Es sind nicht spezifische Produkte, wie sie auch bei underen Streptokokkenerkrankungen vor- kommen, sondern hier handelt es sich um Entzfindungsherde proliferativen Charakters, Ideine Infiltrate der Glissonschen Kapsel, um wMlartige Infil trationen um die kleineren Gullen- g~nge herum. Auch finden sich herdffrmige GefitBver/inde- rungen, wie sie ffir allergisehe Gewebsreaktionen typisch sind.

Zu den objektiv sichtburen Zeichen der Scharlachgelb- sucht gehfrt schon die leichte gelbliche Verf~trbung der Haut, die man im Exanthemstadium beim Wegdrficken der Schar- lachrfte erkennt und die in der Mehrzahl der F/ille vorkommt. Meist ist der Bilirubinspiegel im Blur hierbei nicht oder nicht wesentlich erhSht. Tri t t eine s~arke Lebersch~digung schon in der ersten Woche auf, so triLt diese Gelbfitrbung der Haut deutlich heraus, die Augen zeigen subikterische oder ikterische Verf~rbung, und der Urin wird dunkler. Fieberanstieg kann dubei beobachtet werden. Meist ist die Leber sehon vor dem Deutlichwerden des Ikterus geschwollen und pulpabel. Auch perkussorisch ist eine Leberschwellung nachzuweisen. Diese Lebersch~digung in der ersten Scharlachwoche tr i t t a/so um dieselbe Zeit ant, in der ein Frfihrheumatoid zu erscheinen pflegt und ist also in ParMlele hierzu uls allergisehes Symptom aufzufassen. Der Leberschaden kann auch in gleicher Weise in der 2. Woche zum Vorschein kommen. Schwerere Ikterus- f/ille pflegen die in der 3. Woche auftretenden zu seim Es ist die Zeit des sog. ,,zweiten Krankseins". Ehe der Ikterus auftritt , t reten st~rkere dyspeptische Beschwerden in Ge- stal t yon Appetitlosigkeit, unregelmgl3igem StuhI nnd Er- brechen ein. Dann erfolgt meist Fieberanstieg, und erst erheblich sparer zeigt sich eine yon Tug zu Tag zunehmende Gelbsucht, die meist einen schweren Eindruck mucht und fiberraschend in mindestens 2 Wochen restlos ausgeheilt ist. Auch zur Zeit des Sp~trheumatoids in der 4. und 5. Woche ist schon eine Scharlachgelbsucht beobachtet worden. Auch bet diesem in der 3. bis 5- Woche des Scharlachs auftretenden Ikterus ist eine LeberschweIlung mit starkem Druckgeffihl unter dem reehten Rippenbogen vorhanden.

Zur Feststellung einer Lebersch~digung un sich und ihrer Intensit/~t pflegt man chemische Untersuehungen im Blut und Urin teils ohne, teils mit Belastungen anzustellen. Hier- her gehSren Blutzuckerbestimmungen nfichtern, Blutzucker- kurven nuch Belastung mit int ravenfs oder peroral gegebenem Traubenzucker, perorale GMaktosebelastung mit anschlieBen- der Hurnuntersuchung (hierbei liegt die Grenze bet 3 g), Blutzuekerbestimmungen nach peroraler Belastung mit Galaktose. Tukata-Aru-Bestimmungen im Blur und Harn, Feststellnng des Kougulutionsbandes nuch W~L~A~N, Int ravenfse Bilirubinbelastungen nach DU~SBnaG. Direkte und indirekte Bilirubinbestimmungen im Blur. Reststick- stofferhfhungen im Blur. Cholesterinbestimmungen im Blut, Xanthoproteinbesfimmungen im Blur nach BEcking. Quali- tative und quanti tat ive Urobihn- und Urobilinogenbestim- mungen im Hum. Acetonausscheidtmg im Harn. Fructose- belastungen nach MARTIN. Bestimmung der Alkalireserve. Bestimmung der Gallens~ureausscheidung im H a m mit der stMagmometrischen Methode und dem Verfahren yon J~NK~- (Serumeiweii]f~Lllung in AlkohoI, Behandlung mit Eisessig-Aeeton-Phosphors~ure-Furfurollfsung und Ablesnng im Pulfrich-Stufenphotometer gegen eine Vergleichslfsung: Klin. Wschr. ~939, 317) �9 Porphyrinbest immungen im Blur und Harn nach den Methoden yon FIKENTSCHER-FRANKI~ und EISENLOHR-W~IsS. Mit Hilfe aller dieser Methoden hat man den Leberschaden zu objektivieren versucht. Nach FRIEDRICH V. MOI,L~g ist die beste Funktionsprobe die Urobilin- und Urobilinogenprobe. Schon leichte Sch/idigungen k fnnen dadurch naehgewiesen werden. Doch linden sie sich aueh bet anderen Ursuehen, wie h/imolytischem Blutzerfall und Glykogenmangel. Ohne dab die GMlenwege abgeschlossen

sind, k fnnen sie auch bet schweren Stf rungen verschwinden. In 96 % der Scharlacherkrankungen soll die Benzaldehyd- reuktion im H a m positiv sein (LIpP}. Auch yon l q 0 R ~ G m ~ wird auf Grund ether erhfhten Urobilinurie ein Leberschaden angenommen. Nach ASSNANN ~nBern sich LeberstSrungen leichter Art beim Scharluch durch st~rkeren Ausfall der Urobilin- und Urobilinogenprobe. Die quant i ta t ive Bestim- mung dieser l~arbstoffe im Hurn zeigt ebenfalls erhShte Werte. Neuerdings wird bet der Feststellung eines Leberschudens uuf die erhfhte Ausscheidung yon Koproporphyrin im H a m groger Weft gelegt. In der Tat hut sich uns diese Probe namentlich bet leichten und Frtihlebersch~den sehr bew~hrt. Jfingst wurde yon ASS~ANN mitgeteilt, dub bet toxischen (auch durch Schurlacherkrankung zustande gekommenen) Lebererkran- kungen Porphyrin in vermehrter Menge im Ham und Kot ausgeschieden wird. Mit der Methode nach ]~ISENLOHR-WEIsS fund er im Urin Werte yon I35--44 ~ y, w~hrend die normulen Werte lO--8o y betragen, im Kot 5Io--637y, w~Lhrend dienor- malen Kotwerte yon I5O--4oo y reichen. Unsere Bestimmuugen im t i a rn yon fiber 3 ~ Schurlachf~llen mit der Methode nach FIKE~CTSCHER, die sich im Prinzip yon der obigen kaum unter- scheidet und start der Selenzelle zur Messung der Fluorescenz das Stufenphotometer benutzt, ergab in der einen Unter- suchungsreihe unter 16 Kranken 13 mit erhfhten Ausschei- dungen im Beginn der Erl~rankung, davon wieder 9 mit Werten fiber 3 ~ y%, zum Teil lagen die Werte zwischen 5 ~ und 6o y %. Bet einzelnen wechse]ten hohe mit normalen Werten. In der 2. Reihe befanden sich nnter 15 Kranken allein 12 mit erh6hter Ausscheidung zwischen 3 ~ und 51 y %. Der Hfchstwert betrug in dieser Reihe bet einem Fall 164 bis 3o5y in der Gesamtuusscheidung. Der Normalwert bet unserer Methode hegt zwischen 6o--80 y pro Gesamtmenge. Dabei mSchten wit betonen, dab unter unserem Krankengut nu t 2 mi~ einem schweren Ikterus in tier 3- Woche vor- handen waren. Wir finden also in ungef~hr 8o% der F~lle erhShte Porphyrinausseheidung im t turn. Diese Zahl s t immt etwa mit der Prozentzahl (9o--96%) der positiven Urobilinausscheidung, yon NORNBERGER und LIPr festgestellt, tiberein.

Die Hfhe der Porphyrinausscheidung im Harn schwunkt in den verschiedenen Scharlachwochen, wird aber mit dem Auftreten eines Subikierus in den Augen sti~rker bet leichten F/~llen und schwillt zu hfchsten Werten w/ihrend eines deut- lichen Ikterus an. Zu Zeiten anderer Komplikationen verh~lt sich die Ausscheidung wechselnd.

Die Bilirubinprobe ist im Harn bet sichtbarem Ikterus positiv, bet Ikterus mit st~rkerer Leberschwellung stark positiv. Die Bilirubinbestimmung im Blur zeigt bet gewfhn- lichen Scharlachf~Lllen mit nieht deutlich sichtbarer Gelb- sucht einen negativen direkten Weft und einen indirekten Weft, der zwischen o,55--o,9mg% liegt. Hierzu betr~gt der normule Wert 0,5 rag%. Zu unseren Befunden s t immt auch die Angabe yon LAD~, der in der I. Scharlachwoche regelm~gig im Serum erhShte Bilirubinwerte fund. Sie lagen immer unter der Ikterusgrenze. Auf die Berficksichtigung des Bilirubinspiegels im Blnt legt uuch Ass~A~N groBen Weft, nur soll man framer auch an einen mfglicherweise vorhandenen Blutzerfull denken.

Zu den sonstigen Erfahrungen, dub die Takuta-Aru~ Reaktion bet reinen ParenchymschXdigungen, beim Icterus eatarrhalis oder simplex und bet den thyreotoxischen Leber- sch/~.digungen meist negutiv, bet Lebercirrhosen hgufig positiv ausfallen soil (ASSMAN~, eigene Erfahrungen), steht der ]Be- fund yon PASC~t~DAG und POSCH~L im Gegensatz, welche im Blur bet 8o % yon Scharlachkranken in der 5.--6. Woche eine positive Takata-Ara-Reaktion feststellten und sie auf eine akute Leberschwellung zurfickftihrten. Da es sich beim Schurlachleberschaden ja um eine diffuse Parenchymsch~di- gung handelt, miiBte nach den allgemeinen Erfahrungen die Reaktion nuch Takata-Ara negativ ausfallen. Bet unseren Untersuchungen im Blut fiel sie negativ aus. Wit mfchten uus diesem Zwiespalt heraus davor warnen, der Takata-Ara- Reaktion bet Beurteilung des Leberzustandes beim Schufluch eine groBe Bedeutung beizumessen.

Jg, 19, Heft 22 OTTO, S c h a r l a c h s c h g d e n . 5 2 I ~. ,lum I94O

Nach weitverbreiteter Ansicht ist auch die Galaktose- probe eine wertvolle Funktionsprobe ant einen Lebersehaden. Werden nach peroraler Einfuhr yon 4 ~ g Galaktose fiber 3 g ausgeschieden, so ist die Leber gesch~digt. Durchschnittlich liegen die krankhaften ~Verte um 6--1o g (AssMANN). KO- STYAL und lV[itarbeiter stellten nun mit Hilfe yon Galaktose- und L~vulosebelastungen Leberparenchymsehgden test, da- bei gleichzeitig eine hyperglykAmische Reaktion im ]3eginne der Erkrankung. Unser Ergebnis mit den Galaktosebelastun- ge~ bei Sehartaeh fassen wir dahin zusammen, daG in alien F~tlen in der I. und 3. Scharlachwoche die Probe negativ aus- Iiel oder nur Spuren Zucker im H a m nachgewiesen wurden. Der Blutzucker verhielt sich wechselild. Es tiberwog eine hyperglyk~mische Reaktion zu Beginn, meist sank aber der Blutzucker nach der Galaktosebelastung erheblich, yon 112 auf 5I mg %, yon 9o auf 45 mg %, yon 81 auf 45 mg % z. B. ; das sind Werte, welche nicht mehr im Bereich der Fehler- grenze beim Ablesen liegen k6nnen, oder er blieb auf der gleichen H6he wie zuvor.

Bei gew6hnlichen Blutzuckerbestimmungen stellte MA~- zo~I zu Beginn der Scharlaeherkrankung eine Blutzucker- erh6hung test, wobei zwischen der Fieberh6he und dem Blut- zuckeranstieg ein Parallelismus bestehen soll. Unsere Nfich- ternblutzuckerbest immungen (nach HAGEDORN-JENsEN) in der I. Scharlachwoche (3.--I1. Tag) ergaben unter IO Kranken 2 Werte fiber Ioomg% (bis I I2mg%) , die anderen lagen zwischen 8o und 90 mg %. Fieber bestand zur Zeit der Be- s t immung in den meisten F~llen. Die Belastungskurven nach Glucose zeigten nicht in allen F~llen einen verz6gerten Ab- fall, wenn er auch vorherrschend war.

Fiir einen Leberschaden soil nach INGLESSI und A. STROE auch die Beobachtung einer anfEnglichen Hypo- uild sp~teren HypercholesterinXmie sprechen. W~hrend im allgemeinen bei Lebererkrankungen im Sinne yon Tumor und Steinverschlug nach ADLER, LEMMEL und GEBHARDT bei der Cholesterin- best immung erh6hte Werte geftmden werden, zeigeil Paren- chymsch~.digungen ein verschiedenes Verhalten gegenfiber dem ChoMsterinspiegeI im Blut. I.i~ufig soli eine Erniedrigung bei diesen Zust~nden die Regel sein, vor allem eine solche des Esteranteils. Bei unseren Bestimmungen lag der Wert bei 18o mg %.

Nach Angaben yon VOSSCHULTE ist im Blute Scharlach- kranker auch der Reststickstoff erhght.

Das Weltmannsche Koagulationsband lag nach unseren Beobachtungen um den Wert von 0,40/00.

Die Alkalireserve ist in den ersten Tagen der Erkrankung vermindert. Der Kohlens~turegehalt des Blutes soll in den ersten I<rankheitstagen auch herabgesetzt und yon der Schwere der Erkrankuilg abh~ngig (MAsTINON, MARKOWA U. a.) sein.

Schwere Leberparenchymsch~digungen l inden sich nach ASSMANN bei St6rung der den Wasserhaushalt regulierenden T/itigkeit der Leber. Solche sind h~ufig zur Hungerzeit in den ersten Nachkriegsjahren beobachtet worden. Sie hangen mix einer Verschiebung der Blut- und Gewebskolloide zusammen. Eine solche Versehiebung beobachteten KOSTYAL und PENKERT auch beim Scharlach. Sie soil auf einer extrarenalen StSrung, d. h. auf einem Funktionsausfall yon Leber uild Milz, beruhen und die beim Scharlach zuweilen bestehende Wasserhattshalts- st6rung hervorrufen.

Prognostisch ungfinstig soil die beim Seharlachikterus auftretende vermehrte Acetouausscheidung sein. So land SCI~IeAITZ in 75 % der FNle eine positive Acetonprobe im Urin. Im Gegerlsatz zu ibm zeigte sich bei 2 schweren Schar- lachgelbsuchtsf~Ilen mit Bilirubin im Serum y o n 3,4 und 4 ,6mg%, positiver Bilirubin- und Urobitinogeilprobe im H a m bei achotischem Stnhl beide Male kein Aceton, Der Acetonnachweis scheint demnaeh aueh nieht eindeutig zu sein. Die beiden betreffenden F~lle wurden yon WlSCH ge- schildert. Bei unseren Proben fanden wit keine eindeutige Gesetzm~Bigkeit

Dagegen fanden wir in unseren siimtlichen F/illen eine mittelstarke his starke Indicanprobe im Harn vor. Hier liegt entweder eine vermehrte Indicanbilduilg im Darm vor bei

krankhaften Vorg~ngen an demsetben. Dab solche bestehen, werden wir spfLter sehen. Oder aber der Leber ist es Ilicht m6glich, das Indican zu entgiften. Danach ware bei fehlenden Darmst6rungen eine stark positive Harnindicanprobe eben- falls ein Anzeichen fiir einen Leberschaden.

()ber intraven6se Bilirubinbelastungen nach DIJESBERG beim Scharlach, fiber Xanthoproteinbestimmuilgen im ]Nut naeh BECHER, fiber L/i.vulosebelastungen und Fructose- best immungen sowie fiber die GallensAureausscheidung im H a m nach verschiedenen Verfahren zur Feststellung eines Leberschadens beim Scharlach fehleil unseres Wissens jeg- liche Uiltersuchungen. Von nils sind derartige Uiltersuchun- gen bisher nicht verfolgt worden.

Fassen wir alles bisher fiber Lebersch~deil bei Scharlach Bekannte noch einmal kurz zusammen, so ergibf sich, dab die Scharlacherkrankung in der Tat zu eiiler toxisch bedingten ser6sen und auch allergischen Hepatitis mit bekanntem pathologisch-anatomischen Bild und mit nicht sichtbaren oder auch mit offenkundigen objektiven klinischen Befunden ffihrt. Die Kombiilafion yon Ikterus und Rheumatoid, das Erscheinen des Ikterus in der Zeit des Frfih- und Sp~trheumatoids spreehen ffir ihre allergische Natur. Schwerere Lebersch~den zeigen sich auBer ~uBerlich (Dyspepsie, Fieberanstieg, Gelb- sueht, Leberschwellung) auch innerlich an dilrch erhShten Bilirubinspiegel, Cholesterin- und Blutzuckerspiegel. Die beiden letzteren sind zu Beginn der Erkrankung nur erh6ht, w~hrend sparer die Spiegelsinken. Ebenso ist der Reststickstoff im Anf~ng erhSht. Die Alkalireserve ist zugleich erniedrigt. Weitere Hilfen bei der Diagnose sind Galaktosebelastungen, die ver- mehrte Urobilin- und Urobilinogenausscheiduilg sowie erh6hte Porphyrinwerte im Ham. Die Acetonprobe kann positiv sein, die Indicanprobe ist immer positiv. Bilirubin erscheint nu t bei deutlicher Gelbsucht im Harn, und Takata-Ara-Reaktion im Harn und Blur sowie Weltmannsches Koagulationsband sind als nicht eindeutiges Hilfsmittel unnStig. Die leichten Schar- lachsch~den der Leber sind am besten mit der positiven Benzaldehydprobe zu fassen, noch besser mit der quanti- ta t iven Porphyrinbestimmungsmethode sowie einer anch hier positiven Harnindicanprobe. Verz6gerter AbfalI yon Glucose- belastungskurven deutet ebenfalls auf sie hin.

Diese Art Lebersch~digungen treten nun nicht nilr beim Erwachsenen, sondern auch beim Kind auf. Den Kinder- ~Lrzten sind schwerere Ikterusformen bekanilt, die in dem Zeitraum yon der 2. bis zur i2. Woehe sogar w~hrend oder nach einem kindlichen Scharlach aufzutreten pflegen. Die Gelbsucht t r i t t unabh~ngig v o n d e r Schwere des Scharlachs auf (ROSENWALD).

In ~hnlicher Weise wie bei der Leber mfissen wir uns die SchAdigung bei der Bauchspeicheldrfise im Gefolge einer Scharlacherkrailkung vorstellen. (3ber Pankreassch/~den bei Scharlach ist ebensowenig bekannt, wie wit schon oben Ifir die Scharlachhepatitis Ieststellen konilteil. Patbologisch- a natomisch finden wir keineswegs dieselben Erscheinungeil in der Bauchspeicheldrtise wie in der Leber. Start der ana- phylaktoiden und allergischen Gewebsreaktionen und der herdf6rmigen GefAgverAnderungen linden sich trfibe Sehwel- lung, Degenerationsherde, Nekrosen und Blutungen (KATsC~t, EPPINGER, DIECKHOFF-GRUBER, GULZOW). Aul3erdem kommt es in der ]3auchspeicheldrfise zu einer toxisch-ser6sen Exsuda- %ion und vorfibergeherldell Sch~digung der Parenchymze]len.

AuBerlich sofort erkennbare Zeichen ffir eine Bauchspeichel- driisenentzfindung sind kaum vorhanden. Bei seinen Unter- suchungen an 50 ScharlachfAllen stellte G~Lzow test, dab Ifir Pankreasbeteiligung typische Spontanschmerzen yore Links- typ sowie FIeadsche Zonen nicht vorkamen. Eine lokalisierte Drnckschmerzhaftigkeit im linken Oberbaueh kann gelegent- lich beobachtet werden. Ahnliches haben auch wit gesehen. Nach Fet tbelastung k6ilnen stinkende Durchfalle auftreteil. Dann haben wit ein sieheres Zeichen daftir, dab Ausfalle in der Fet tverdauung da sind. Sie k6nneil natfirlich auch durch die gest6rte Leberfunktion zustande kommen. Doeh geht man in der Annahme richtig, dab. h6chstwahrscheinlich die versehlechterte Fet tverdauung auf SchAden sowoM der Leber wie der Bauchspeicheldriise basiert.

Klinisehe 522 W~Z~L, Agglutination des Blutes. Wochenschrlft

Nun kann man aber mit Hilfe einer Reihe klinischer Untersuchungsmethoden diese zunlichst erst geahnte Pan- kreatitis objektivieren. Mit Hilfe der erweiterten Schmidt- schen Probekost (naeh I~ATSCH), Init der das Pankreas 4 Tage lang belastet wird, stellte GfJLZOW test, dab bei einer Prfifung in der 2. und 3. Woche in fast 5 ~ % der F~ille ein positives Er- gebnis erzielt wurde.

Ein weiteres Hilfsmittel zur Feststellung, wieweit die Bauchspeicheldrfise an einem Krankheitsgeschehen beteiligt ist, sind die Diastasebestimmungen im Blur und Urin. Fer- mente wie die Diastase, die in den Magen-Darmkanal ab- gegeben werden, k6nnen im Verdauungstrakt nicht resorbiert werden. Vielmehr wird die Diastase an die umgebenden Lymph- und Blutgef~tBe abgegeben (HENNING, BACH). Nach ihrem Durchlaufen durch den Blutkreislauf wird die fiber- schiissige Diastase im Urin ausgeschieden. W~Lhrend ihres Umlaufes im Blur beeinflul3t sie unter anderem auch den Blutzuckerspiegel. Diese Einwirkung stellte man nach par- enteraler Diasfasezufuhr test. (I~os~CFELD, OT~'XNSa'~I~r SCHNEIDER, ZAHN,) Werden nun die diastasebildenden Drfisen durch eine Krankheit gesch~idigt, so ver~indert sich der Diastasegehalt yon Blur nnd Urin. Nach KATSCH wird die Fermentblutschranke durchbrochen, und man spricht bei vermehrtem Auftreten yon Diastase yon einer , ,Ferment- enfgleisung". DaB es bei einer pl6tzlichen Aufl6sung gr6Berer Zellkomplexe auch zu einer Fermententgleisung kommen kann, wies z. B. BERGER nach. Nun wird aber nicht nur in der Bauchspeicheldrfise und den anderen Drfisen Diastase gebildet, sondern auch in den meisten anderen Zellen. So spricht man yon einer zellst~indigen Diastase und yon einer Exkretionsdiastase. Den Beweis hierfiir lieferte LOESCHKE, der nach Entfernung der Bauchspeicheldrfise noch etwa die H~ilfte an Diastase vorfand. Es wird also -con der gesamten Diastasemenge ungef~hr die H~ilfte yore Pankreas geliefert, die andere H~ilfte yon den anderen K6rperzellen. In der Zelle ist die Diastase fiir den Abbau des Glykogens bedeutungsvoll. Bei Saftstauung in der Bauchspeicheldrfise, bei Pankreas- steinen und bei Pankreatitiden der verschiedensten Art k6nnen nun erh.6hte Diastasewerte yon Blnt und Urin ge- funden werden. Meist gehen hierbei Blut- and Urinwerte parallel. Eine Diskrepanz finder man dagegen bei Nephritis. Hierbei ist der Blutwert erh6ht, der Urinwert niedrig, oder es wird Diastase fiberhaupt nicht ausgeschieden.

Wie steht es nun mit der Fermententgleisung beim Schar- lach? Bei Annahme eines h6chsten Normalwertes ffir Blut- und Urindiastase mit 64 und eines niedrigsten Wertes yon 16 (nach der Methode yon WOHLGEVIUTH) uzZd unter Beriick- sichtigung eines Normalwertes yon 200--300 mg % (nach der ~ethode yon BALTZER) land Gi3Lzow beim Seharlaeh eine starke Abweichung. Unter 50 F~tlen waren die Werte 3oma] erh6ht und 7mal erniedrigt. Es fanden sich Zahlen yon 900 bis iooo rag%. Solche hohen Werte linden sich nur noch beim Typhus abdominalis und bei der epidemischen Parotitis. Bezfiglich der Verteilung auf die einzelnen Scharlachwochen war das Verhalten derart, dab zu Beginn normale Werte, in der 2. Woche und in der dritten ein steiles Ansteigen zu ver- zeichnen waren. Doch kann die Erh6hung der Zahlen auch in der I. und 3. Woehe auftreten.

Setzen die erh6hten Werte erst spiiter, nach der 3. Woche, ein, so sprieht man yon einer Spiitpankreafitis, wie man in Parallete hierzu von einem Sp~itrheumatoid spricht. In der 3. Woche, in der ja bekanntlich die meisten Komplikationen auftreten, wie Nephritis, Ofitis, Mastoiditis, Lymphadenitis cervicalis, Ikterus, spricht man dann beim Auftreten einer Pankreatitis von dem ,,zweiten Kranksein". Es linden sich auch niedrige Diastasewerte zu Beginn und in der 3. Woche. Das sagt deswegen nichts an, s, well ja die Bauchspeicheldrfise nicht betroffen zu sein braucht, Wie Gi3LZOW land auch GRUNKE beim Scharlach eine Erh6hung der Werte, er land aber zwischen der H6he der Zahlen und der Schwere des Scharlachs keinerlei Beziehung. Wir maehten unsere Untersuchungen in der z. und zu Beginn der 2. Scharlach- woche. Die Urindiastasewerte schwankten zwischen 8 und 64, 60 % hatten cinch Wert von 64 E. Die Blutdiastasewerte

schwankten zwischen 8 und 42, 25% hatten einen Wert yon 26--42 E. Zu Beginn der Erkrankung weisen 5 ~ % einen niedrigen Blutdiastasewert ant.

Bei der Bestimmung der Diastase im DuodenMsaft land sich vor und nach ~ther- und ('31einlauf eine mehr oder weniger s~arke ]~rh6hung der Diastasewerte. BICKEL nnd BERGER sprachen bier yon einer Hyperchalia pancreatica. Es hande]t sich bier um einen Reizzustand des Pankreas mit erh6hter Abgabe yon Diastase in den Darmkanal. Der lZeizzustand basiert auf einer ser6sen Entzfindung.

Mit dieser Entzfindung h~ingen auch zweifelsohne die Hyperglyk~imien im akuten Stadium zusammen. Dann folgt eine Periode mit niedfigem Blutzucker. Nach Belastung tr i t t meist eine reaktive Hypoglykiimie his auf Werte yon 5om6o mg % auf. Nach BERGER soll es sich hier um einen sog. pankreatogenen Hyperinsulinismus handeln. Doch spielen beim Zuckerstoffwechsel in gleicher Weise Funkt ionen der Leber eine bedeutsame Rolle, wie wit oben schon dargelegt haben. Wit verweisen hier auf das Kapitel fiber Scharlach- hepatitis. Dort sind auch unsere Befunde fiber die Beeinflus- sung des Blutzuckerspiegels beim Scharlach niedergelegt

Fassen wit nun noch einmal unsere Befunde, die ffir eine Scharlachpankreatitis sprechen, zusammen, so ergibt sich, dab zwar pathologisch-anatomisch Befunde vorhanden sind, welche die Diagnose einer Scharlachpankreatitis rechtfertigen, dab aber rein ~iuBere Zeichen auBer einer gelegentlichen Druckschmerzhaftigkeit im linken Oberbauch und stinkenden Durchfiillen naeh Fettbelastung kaum vorhanden sind. Da- gegen gelingt der Nachweis einer Bauchspeicheldrfisenst6rung mit Hilfe klinischer Untersuchungsmethoden. So wird durch erh6hte Blut- und Urindiastasewerte eine Fermententgleisung festgestellt, und weiter ist eine HyperchMia pancreatica vor- handen. Blutzuckerspiegelbestimmungen k6nnen das ihre zur Diagnose beitragen. (Schlul~ folgt.)

0BER DIE EINWlRKUNG EINIGER SULFONAMIDE AUF DIE AGGLUTINATION DES BLUTES

UND BEOBACHTUNGEN UBER DIE KLINISCHE WIRKSAMKEIT DERSELBEN.

Von

H. WeZEL, Unterarz t . Aus dem Reserve-Lazarett IlI Stuttgart-Bad Cannstatt, Krankenabteilung 3 (Haut-

abteilung) (Leitender Abteilungsarzt: Stabsarzt Dr. R. BOTTLER).

In letzter Zeit beschrieben SCOTT und ME~RAI~FEL 1 2 F~ille, bei denen nach Ulironmedikation eine Bluttransfnsion nicht mehr vorzunehmen war, da das Blut des Pat ienten auch mit dem Blut des seiner Blutgrnppe angeh6renden Spenders agglutinierte. Bei dem ersten Fall handelte es sich um einen i4j~ihr. I4naben mit Panarit ium, Ikterus und Staphylo- kokkensepticiimie nach Insektenstich, der mi t Uliron (0, 5 g alle 4 Stunden) behandelt wurde. Nach 6 Tagen waren Fieber und Ikterus verschwunden. Eine Bluttransfusion yore Spender mit gleicher Blutgruppe (A) fief eine schwere Reak- tion mit mehreren I~rampfanf~llen und Fieber bis zu 41,3 ~ hervor. Jetzt agglutinierte das Blut des Pat ienten das Blut des Spenders. Im weiteren Verlauf wurde eine Perikarditis (Staphylococcus anreus) sowie purulente Arthritis unter fort- gesetzter lJl ironanwendnng u .a . geheilt. Auch jetzt wurde das Blut yon 6 Spendern der gleichen Blutgruppe (A) sowie yon 2 Universalblutspendern nicht vertragen, x2 Tage naeh der letzten Ulirondosis wurde die Bluttransfusion (Gruppe A) vertragen. Bei dem zweiten Fall handelte es sieh um ein 6jiihr. Miidchen mit scharlaehartigem Ausschlag und hiimo- lytischen Streptokokken im Blut. Die erste Bluttransfusion am 5. Tag der Behandlung mit Sulfanilamid wurde gut ver- tragen, Einen Monat spgter bei weiteren Anf~illen wurde ebenfalls Sulfanilamid gegeben. Wegen An~imie wurde wieder eine Bluttransfusion beabsichtigt. Das Blut des M~idchens agglutinierte jedoch das yon 6 Spendern der eigenen Gruppe (O) sowie das eigene Blut nach Waschun~ mit Citratsalzl6sung.