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WINTER 2017/2018 www.heisterborg.de T: +49 (0) 25 63 / 922 0 HEISTERBORG UND PARTNER © Ingo Bartussek - Fotolia.com Sachverhalt Eine Steuerpflichtige hatte für den medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten erstellt. Dabei rechnete die Steuerpflichtige ihre Dienste ohne Umsatzsteuer ab. Sie erklärte die Entgelte aus ihrer Gutachtertätigkeit als steuerfreie Umsätze mit Vorsteu- erabzug. Das Finanzamt unterwarf die Entgelte hingegen der Umsatzsteuer. Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie Die Gutachterin erhob daraufhin Klage und bekam vor dem Finanzgericht (FG) Niedersachsen recht (Urteil vom 9.6.2016, 11 K 15/16). Das FG gab der Klage unter Bezug auf die Mehr- wertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) statt. Nach Artikel 132 Buchstabe g der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen” umsatzsteuerfrei stellen, wenn sie durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder „andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Cha- rakter anerkannte Einrichtungen” durchgeführt werden. Fazit Alle für den MDK tätigen Gutachter können sich auf diese Vorschrift aus der MwStSystRL berufen und müssen auf ihre Honorare keine Umsatzsteuer berechnen. Dies gilt für alle Hono- rare nach dem 1.11.2012. Denn die Pflegekassen sind seit dem 30.10.2012 berechtigt, neben dem MDK auch selbstständige Gutachter mit der Feststellung der Pflegestufe zu beauftragen. Nachdem der deutsche Gesetzgeber die Vorschriften der MwSt- SystRL nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt hat, gilt diese Richtlinie als maßgebliche Rechtsgrundlage für die Umsatz- steuerfreiheit. Gegen dieses Urteil ist allerdings ein Revisionsver- fahren vor dem BFH anhängig (Az. BFH XI R 11/17). Umsatzsteuerfreiheit einer MDK-Gutachterin Steuerfrei nach MwStSystRL Honorare selbstständiger MDK-Gutachter unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Lesen Sie die Details untenstehend. Auf Seite 2 berichten wir über eine aktuelle Entschei- dung des BFH zur Umsatzsteuerpflicht medizinischer Laborleistungen. Erfahren Sie außerdem, welche Mindestlöhne in der Pflege bis 2020 gelten. Auf Seite 3 berichten wir über die aktuelle Rechtspre- chung der Sozialgerichte zur Sozialversi- cherungspflicht von Ärztinnen und Ärzten. Unser Tipp auf Seite 3 zeigt auf, unter welchen Voraussetzungen durch die Kran- kenkassen nicht übernommene Arztho- norare durch den Arbeitgeber steuerfrei übernommen werden können. Liebe Leserin, lieber Leser! Wirtschaftsprüfer, Vereidigter Buchprüfer, Steuerberater, Rechtsbeistand www.heisterborg.de Haben Sie Fragen zu den Beiträgen? Dann melden Sie sich gerne bei uns. Ihr Carsten Kuglarz, Steuerberater bei Heisterborg und Partner

Umsatzsteuerfreiheit einer MDK-Gutachterin · Alle für den MDK tätigen Gutachter können sich auf diese Vorschrift aus der MwStSystRL berufen und müssen auf ihre Honorare keine

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Page 1: Umsatzsteuerfreiheit einer MDK-Gutachterin · Alle für den MDK tätigen Gutachter können sich auf diese Vorschrift aus der MwStSystRL berufen und müssen auf ihre Honorare keine

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Sachverhalt

Eine Steuerpflichtige hatte für den medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten erstellt. Dabei rechnete die Steuerpflichtige ihre Dienste ohne Umsatzsteuer ab. Sie erklärte die Entgelte aus ihrer Gutachtertätigkeit als steuerfreie Umsätze mit Vorsteu-erabzug. Das Finanzamt unterwarf die Entgelte hingegen der Umsatzsteuer.

Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie

Die Gutachterin erhob daraufhin Klage und bekam vor dem Finanzgericht (FG) Niedersachsen recht (Urteil vom 9.6.2016, 11 K 15/16). Das FG gab der Klage unter Bezug auf die Mehr-wertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) statt. Nach Artikel 132 Buchstabe g der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene

Dienstleistungen” umsatzsteuerfrei stellen, wenn sie durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder „andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Cha-rakter anerkannte Einrichtungen” durchgeführt werden.

Fazit

Alle für den MDK tätigen Gutachter können sich auf dieseVorschrift aus der MwStSystRL berufen und müssen auf ihre Honorare keine Umsatzsteuer berechnen. Dies gilt für alle Hono-rare nach dem 1.11.2012. Denn die Pflegekassen sind seit dem 30.10.2012 berechtigt, neben dem MDK auch selbstständige Gutachter mit der Feststellung der Pflegestufe zu beauftragen. Nachdem der deutsche Gesetzgeber die Vorschriften der MwSt-SystRL nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt hat, gilt diese Richtlinie als maßgebliche Rechtsgrundlage für die Umsatz-steuerfreiheit. Gegen dieses Urteil ist allerdings ein Revisionsver-fahren vor dem BFH anhängig (Az. BFH XI R 11/17).

Umsatzsteuerfreiheit einer MDK-Gutachterin

Steuerfrei nach MwStSystRL

Honorare selbstständiger MDK-Gutachter unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Lesen Sie die Details untenstehend. Auf Seite 2 berichten wir über eine aktuelle Entschei-dung des BFH zur Umsatzsteuerpflicht medizinischer Laborleistungen. ErfahrenSie außerdem, welche Mindestlöhne in der Pflege bis 2020 gelten. Auf Seite 3 berichten wir über die aktuelle Rechtspre-chung der Sozialgerichte zur Sozialversi-cherungspflicht von Ärztinnen und Ärzten. Unser Tipp auf Seite 3 zeigt auf, unter welchen Voraussetzungen durch die Kran-kenkassen nicht übernommene Arztho-norare durch den Arbeitgeber steuerfreiübernommen werden können.

www.heisterborg.de T: +49 (0) 25 63 / 922 0

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Eine Steuerpflichtige hatte für den medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten erstellt. Dabei rechnete die Steuerpflichtige ihre Dienste ohne Umsatzsteuer ab. Sie erklärte die Entgelte aus ihrer Gutachtertätigkeit als steuerfreie Umsätze mit Vorsteu-erabzug. Das Finanzamt unterwarf die Entgelte hingegen der Umsatzsteuer.

Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie

Die Gutachterin erhob daraufhin Klage und bekam vor dem Finanzgericht (FG) Niedersachsen recht (Urteil vom 9.6.2016, 11 K 15/16). Das FG gab der Klage unter Bezug auf die Mehr-wertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) statt. Nach Artikel 132 Buchstabe g der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene

Dienstleistungen” umsatzsteuerfrei stellen, wenn sie durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder „andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Cha-rakter anerkannte Einrichtungen” durchgeführt werden.

Fazit

Alle für den MDK tätigen Gutachter können sich auf dieseVorschrift aus der MwStSystRL berufen und müssen auf ihre Honorare keine Umsatzsteuer berechnen. Dies gilt für alle Hono-rare nach dem 1.11.2012. Denn die Pflegekassen sind seit dem 30.10.2012 berechtigt, neben dem MDK auch selbstständige Gutachter mit der Feststellung der Pflegestufe zu beauftragen. Nachdem der deutsche Gesetzgeber die Vorschriften der MwSt-SystRL nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt hat, gilt diese Richtlinie als maßgebliche Rechtsgrundlage für die Umsatz-steuerfreiheit. Gegen dieses Urteil ist allerdings ein Revisionsver-fahren vor dem BFH anhängig (Az. BFH XI R 11/17).

Umsatzsteuerfreiheit einer MDK-Gutachterin

Steuerfrei nach MwStSystRL

Honorare selbstständiger MDK-Gutachter unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Lesen Sie die Details untenstehend. Auf Seite 2 berichten wir über eine aktuelle Entschei-dung des BFH zur Umsatzsteuerpflicht medizinischer Laborleistungen. ErfahrenSie außerdem, welche Mindestlöhne in der Pflege bis 2020 gelten. Auf Seite 3 berichten wir über die aktuelle Rechtspre-chung der Sozialgerichte zur Sozialversi-cherungspflicht von Ärztinnen und Ärzten. Unser Tipp auf Seite 3 zeigt auf, unter welchen Voraussetzungen durch die Kran-kenkassen nicht übernommene Arztho-norare durch den Arbeitgeber steuerfreiübernommen werden können.

Liebe Leserin, lieber Leser!

Wirtschaftsprüfer, Vereidigter Buchprüfer, Steuerberater, Rechtsbeistand

www.heisterborg.de

Haben Sie Fragen zu den Beiträgen? Dann melden Sie sich gerne bei uns.

Ihr Carsten Kuglarz,Steuerberater bei Heisterborg und Partner

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WINTER 2017/20182

Laborleistungen

Ärztinnen und Ärzte beauftragen im Regelfall externe Laboreinrichtungen mit medizinischen Analysen. Streitig war bisher, ob diese Leistungen von der Umsatzsteuer befreit oder steuerpflich-tig sind. Unbestritten war, dass solche Leistungen, weil sie naturgemäß außer-halb der Arztpraxisräume ausgeführt werden, nicht unter die für Ärztinnen und Ärzte geltende Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 Buchstabe a des Umsatz-steuergesetzes (UStG) fallen.

Entscheidung des BFH

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt in einem konkreten Fall umsatzsteuerfreie Leistungen nach § 4 Nr. 14 Buchstabe b des Umsatzsteuergesetzes für möglich

erachtet (Urteil vom 24.8.2017, V R 25/16). Diese Vorschrift befreit unter anderem ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik und Befund-erhebung von der Umsatzsteuer, wenn sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden, als auch (nach Satz 2 Doppelbuchst. bb) wenn sie von „Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung“ durchgeführt werden, sofern diese „an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetz-buch teilnehmen oder für die Rege-lungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten“. Im Streitfall untersuchte eine GmbH biologisches Probematerial im Auftrag von Ärzten und Heilpraktikern. Das Labor stand unter der Leitung eines Allgemeinmedi-ziners.

Umsatzsteuerfreie medizinische Laborleistungen

Umsatzsteuerfreie Leistungen der Zentren für Heilbehandlung und Diagnostik

STRAFGESETZBUCHÄrztinnen und Ärzte zählen zu den Berufsgeheimnisträgern im Sinne von § 203 des Strafgesetzbuches (StGB). Nach § 203 Absatz 1 und 2 Satz 1 StGB macht sich strafbar, wer unbefugt ein fremdes Geheim-nis offenbart, das ihm in bestimmter beruflicher Eigenschaft anvertraut wurde oder sonst bekannt geworden ist. Ärztinnen und Ärzte sind im Regelfall auf die Hilfeleistung ande-rer Personen angewiesen, die von den Berufsgeheimnissen ebenfalls Kenntnis erlangen. Dies führte in der Vergangenheit oft zu Problemen. Das neue Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen soll Erleichterungen schaffen. Der Bun-desrat billigte das Gesetz im Sep-tember 2017 (BR-Drucks. 608/17).

WESENTLICHE ÄNDERUNGENUnverändert gilt, dass die Offenba-rung von geschützten Geheimnis-sen gegenüber Angestellten in der Arztpraxis keinen Straftatbestand darstellt. Neu im Gesetz ist aus-drücklich festgehalten, dass der Berufsgeheimnisträger geschützte Geheimnisse an Personen offen-baren darf, die zwar nicht in die Sphäre des Berufsgeheimnisträgers eingegliedert sind (wie es bei den Praxisangestellten der Fall ist), jedoch an dessen beruflicher oder dienstlicher Tätigkeit mitwirken. In solchen Fällen handelt der Berufs-geheimnisträger nach dem neuen Gesetz befugt und damit nicht rechtswidrig. Vorausgesetzt, die Inanspruchnahme der Tätigkeit erfordert das Mitwirken der dritten Person. An externe Dienstleister dürfen auch ohne die Einwilligung des betroffenen Patienten Daten übermittelt werden, die für die Erbringung der Dienstleistung er-forderlich sind. Das Gesetz tritt mit Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft.

ARZT ALS BERUFS-GEHEIMNISTRÄGER

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Mindestlöhne in der Pflege

Dritte Verordnung

Zum 1.11.2017 ist die „Dritte Verord-nung über zwingende Arbeitsbedin-gungen für die Pflegebranche“ in Kraft getreten. Die Verordnung gilt bis April 2020 und sieht unter anderem verbind-liche Mindestlöhne vor. Die Verordnung gilt bundesweit – auch für nicht tarifge-bundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Pflegebranche.

Mindestlöhne

Vom 1.11.2017 bis 31.12.2017 gilt ein Mindestlohn von € 10,20 (West) bzw. € 9,50 (Ost). Ab dem 1.1.2018 erhöht sich der Mindestlohn auf € 10,55 (West) bzw. € 10,05 (Ost). Ab dem 1.1.2019 beträgt der Mindestlohn € 11,05 bzw. € 10,55. Vom 1.1.2020 bis 30.4.2020 soll der Min-destlohn schließlich € 11,35 (West) bzw. € 10,85 (Ost) betragen.

Lohnfestsetzungen bis 30.4.2020

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Laborleistungen

Ärztinnen und Ärzte beauftragen im Regelfall externe Laboreinrichtungen mit medizinischen Analysen. Streitig war bisher, ob diese Leistungen von der Umsatzsteuer befreit oder steuerpflich-tig sind. Unbestritten war, dass solche Leistungen, weil sie naturgemäß außer-halb der Arztpraxisräume ausgeführt werden, nicht unter die für Ärztinnen und Ärzte geltende Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 Buchstabe a des Umsatz-steuergesetzes (UStG) fallen.

Entscheidung des BFH

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt in einem konkreten Fall umsatzsteuerfreie Leistungen nach § 4 Nr. 14 Buchstabe b des Umsatzsteuergesetzes für möglich

erachtet (Urteil vom 24.8.2017, V R 25/16). Diese Vorschrift befreit unter anderem ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik und Befund-erhebung von der Umsatzsteuer, wenn sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden, als auch (nach Satz 2 Doppelbuchst. bb) wenn sie von „Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung“ durchgeführt werden, sofern diese „an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetz-buch teilnehmen oder für die Rege-lungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten“. Im Streitfall untersuchte eine GmbH biologisches Probematerial im Auftrag von Ärzten und Heilpraktikern. Das Labor stand unter der Leitung eines Allgemeinmedi-ziners.

Umsatzsteuerfreie medizinische Laborleistungen

Umsatzsteuerfreie Leistungen der Zentren für Heilbehandlung und Diagnostik

STRAFGESETZBUCHÄrztinnen und Ärzte zählen zu den Berufsgeheimnisträgern im Sinne von § 203 des Strafgesetzbuches (StGB). Nach § 203 Absatz 1 und 2 Satz 1 StGB macht sich strafbar, wer unbefugt ein fremdes Geheim-nis offenbart, das ihm in bestimmter beruflicher Eigenschaft anvertraut wurde oder sonst bekannt geworden ist. Ärztinnen und Ärzte sind im Regelfall auf die Hilfeleistung ande-rer Personen angewiesen, die von den Berufsgeheimnissen ebenfalls Kenntnis erlangen. Dies führte in der Vergangenheit oft zu Problemen. Das neue Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen soll Erleichterungen schaffen. Der Bun-desrat billigte das Gesetz im Sep-tember 2017 (BR-Drucks. 608/17).

WESENTLICHE ÄNDERUNGENUnverändert gilt, dass die Offenba-rung von geschützten Geheimnis-sen gegenüber Angestellten in der Arztpraxis keinen Straftatbestand darstellt. Neu im Gesetz ist aus-drücklich festgehalten, dass der Berufsgeheimnisträger geschützte Geheimnisse an Personen offen-baren darf, die zwar nicht in die Sphäre des Berufsgeheimnisträgers eingegliedert sind (wie es bei den Praxisangestellten der Fall ist), jedoch an dessen beruflicher oder dienstlicher Tätigkeit mitwirken. In solchen Fällen handelt der Berufs-geheimnisträger nach dem neuen Gesetz befugt und damit nicht rechtswidrig. Vorausgesetzt, die Inanspruchnahme der Tätigkeit erfordert das Mitwirken der dritten Person. An externe Dienstleister dürfen auch ohne die Einwilligung des betroffenen Patienten Daten übermittelt werden, die für die Erbringung der Dienstleistung er-forderlich sind. Das Gesetz tritt mit Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft.

ARZT ALS BERUFS-GEHEIMNISTRÄGER

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Mindestlöhne in der Pflege

Dritte Verordnung

Zum 1.11.2017 ist die „Dritte Verord-nung über zwingende Arbeitsbedin-gungen für die Pflegebranche“ in Kraft getreten. Die Verordnung gilt bis April 2020 und sieht unter anderem verbind-liche Mindestlöhne vor. Die Verordnung gilt bundesweit – auch für nicht tarifge-bundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Pflegebranche.

Mindestlöhne

Vom 1.11.2017 bis 31.12.2017 gilt ein Mindestlohn von € 10,20 (West) bzw. € 9,50 (Ost). Ab dem 1.1.2018 erhöht sich der Mindestlohn auf € 10,55 (West) bzw. € 10,05 (Ost). Ab dem 1.1.2019 beträgt der Mindestlohn € 11,05 bzw. € 10,55. Vom 1.1.2020 bis 30.4.2020 soll der Min-destlohn schließlich € 11,35 (West) bzw. € 10,85 (Ost) betragen.

Lohnfestsetzungen bis 30.4.2020

3WINTER 2017/2018

Anästhesist

Ein im OP-Bereich einer Klinik tätiger Facharzt für Anästhesiologie ist regel-mäßig als sozialversicherungspflichtig einzustufen. Dies hat das Landessozial-gericht (LSG) Hessen in einem aktuellen Urteil festgestellt (vom 10.8.2017, L 1 KR 394/1). Damit gehen die Richter bei dieser Berufsgruppe regelmäßig von einer abhängigen Beschäftigung aus. Im Streitfall erfolgte die Vergütung auf Stun-denbasis. Der Arzt war für mehrere Klini-ken tätig.

Urteilsbegründung

Nach Auffassung der Richter war der Arzt in der Arbeitsorganisation der jeweiligen Kliniken eingegliedert. Er konnte die Arbeitsgeräte der Kliniken nutzen. Er hat mit den Kliniken abge-sprochen, auf welchen Stationen und in welchen Schichten er im Rahmen des jeweiligen organisierten Ablaufs tätig sein soll. Der Arzt war in allen Fällen Teil eines Teams aus Pflegekräften und Ärz-ten. Zudem hat der Anästhesist einen festen Stundenlohn erhalten und kein Unternehmerrisiko getragen.

Tierärztin

Demgegenüber hat das hessische LSG eine Tierärztin von der Rentenversi-cherungspflicht freigestellt (Urteil vom

10.8.2017, L 1 KR 120/17). Im Streitfall war die Ärztin in der Pharmaindustrie als Teamleiterin für die Qualitätssiche-rung und Sicherheit bei der Herstellung von Blutgerinnungsmitteln tätig. Weil die Ärztin Pflichtmitglied der Landestier-ärztekammer sowie des entsprechenden Versorgungswerkes war, stellte sie einen Antrag auf Befreiung von der Renten- versicherungspflicht. Die Deutsche Rentenversicherung lehnte ihren Antrag ab.

Urteilsbegründung

Nach Ansicht des LSG Hessen ist eine approbationspflichtige Tätigkeit nicht gesetzliche Voraussetzung für die Befrei-ung von der Rentenversicherungspflicht.

Die Richter folgerten diese Entscheidung aus der Vielzahl von Fachtierarztausbil-dungen, welche für die Tätigkeit eines niedergelassenen Tierarztes weniger relevant sind.

Ärztliche Honorarkraft

In einem Urteil vom 17.4.2014 (L 1 KR 405/12) entschied das Landessozialge-richt Berlin-Brandenburg, dass eine im Nachtdienst einer Belegklinik tätige ärzt-liche Honorarkraft abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig ist. Im Einzelfall war entscheidend, dass die Honorarkraft von der Klinikleitung beauftragt wurde und nach außen nicht als Arztvertreter des Belegarztes aufge-treten ist.

Sozialgericht-Rechtsprechung für Ärztinnen und Ärzte

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Sozialversicherungspflicht für Ärztinnen und Ärzte

BEIHILFEN UND UNTERSTÜTZUNGENBeihilfen in Krankheits-, Geburts- oder Todesfällen sind unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Öffent- liche Arbeitgeber müssen beispiels-weise die Beihilfevorschriften beachten.

Bewegen sich die Zuwendungen der Höhe nach innerhalb der Beihilfevor-schriften, kommt eine Besteuerung im Regelfall nicht in Betracht. Doch auch private Arbeitgeber können in Krank-heits- oder Unglücksfällen steuerfrei Unterstützungen leisten. Übersteigen die Unterstützungsleistungen pro Jahr und Arbeitnehmer € 600,00 nicht, ist keine Steuerpflicht gegeben (vgl. im Einzelnen Lohnsteuer-Richtlinien R

3.11 Abs. 2 Satz 4).

ARZTRECHNUNGAls Anlass für eine Unterstützungs-leistung reicht auch eine gewöhnliche Arztrechnung. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer die Kosten nicht von der gesetzlichen Krankenkasse oder einer privaten Krankenversicherung erstattet bekommt. Die Arztrechnung muss zudem nicht unmittelbar an den Arbeitnehmer selbst gerichtet sein. Sie kann auch das Kind oder den Ehepart-ner betreffen.

BEDÜRFTIGKEITWird der Höchstbetrag von € 600,00 nicht überschritten, ist nicht Voraus-

setzung, dass sich der Arbeitnehmer in einer wirtschaftlichen Notlage be-findet oder ob er finanziell in der Lage ist, die Arztrechnung selbst zu zahlen.

Anders verhält es sich, wenn die über-nommene Arztrechnung mehr als € 600,00 beträgt. Dann gehört der übersteigende Betrag nur dann nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn er aus Anlass eines besonderen Notfalls gewährt wird.

Bei der Beurteilung, ob ein solcher Notfall vorliegt, sind die Einkommens-verhältnisse und der Familienstand des Arbeitnehmers zu berücksichti-gen (R 3.11 Abs. 2 Sätze 5 u 6 LStR).

ARZTKOSTEN LOHNSTEUERFREI ÜBERNEHMEN

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IMPRESSUM

Medieninhaber und Herausgeber: Heisterborg und Partner, Wirtschaftsprüfer, Vereidigter Buchprüfer, Steuerberater, Rechtsbeistand, An de Bleeke 1, 48703 Stadtlohn, Telefon: +49 (0) 25 63 / 922 0, Telefax: +49 (0) 25 63 / 922 999, E-Mail: [email protected], Web: www.heisterborg.de; Layout und grafische Gestaltung: Atikon Marketing & Werbung GmbH, E-Mail: [email protected], Internet: www.atikon.com; Grundlegende Richtung: Dieser Newsletter beinhaltet unpolitische News, die sich mit dem Steuer-, Sozial- und Wirtschaftsrecht beschäftigen. Haftungsausschluss: Es wird darauf hingewiesen, dass alle Angaben in dieser Zeitschrift trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und die Kanzlei von Haftung ausgeschlossen ist. Für Detailinformationen kontaktieren Sie bitte unsere Berater.

HEISTERBORG UND PARTNERWINTER 2017/20184

Stand: 6.11.2017

10.1.2018Umsatzsteuer mtl. für Dezember bzw. November mit Dauer-Fristverlängerung bei Sondervorauszahlung (1/11 Abschlag)Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer für Dezember

15.1.2018*Ablauf der Zahlungsschonfrist für Umsatzsteuer, Lohn- und Kirchensteuer, SolidaritätszuschlagDies gilt nicht bei Barzahlung und Zahlung per Scheck.

25.1.2018Sozialversicherungsbeiträge Januar (Abgabe des Beitragsnach-weises)Zusammenfassende Meldung

29.1.2018Sozialversicherungsbeiträge Januar (Beitragszahlung)

12.2.2018*Umsatzsteuer mtl. für Januar bzw. Dezember mit Dauer-Fristverlängerung bei Sondervorauszahlung (1/11 Abschlag)Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer für Januar

15.2.2018Ablauf der Zahlungsschonfrist für Umsatzsteuer, Lohn- und Kirchensteuer, SolidaritätszuschlagDies gilt nicht bei Barzahlung und Zahlung per Scheck.Gewerbesteuer-Vorauszahlung, Grundsteuer (vierteljährliche Fälligkeit)

19.2.2018*Ablauf der Zahlungsschonfrist für Gewerbesteuer, Grundsteuer

22.2.2018Sozialversicherungsbeiträge Februar (Abgabe des Beitragsnach-weises)

26.2.2018*Zusammenfassende MeldungSozialversicherungsbeiträge Februar (Beitragszahlung)

12.3.2018Umsatzsteuer mtl. für Februar bzw. Januar mit Dauer-Fristverlängerung bei Sondervorauszahlung (1/11 Abschlag)Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer für Februar,Einkommensteuer, Körperschaftsteuer

15.3.2018Ablauf der Zahlungsschonfrist für Umsatzsteuer, Lohn- und Kirchensteuer, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Solidari-tätszuschlagDies gilt nicht bei Barzahlung und Zahlung per Scheck.

26.3.2018*Sozialversicherungsbeiträge März (Abgabe des Beitragsnach-weises)Zusammenfassende Meldung

27.3.2018Sozialversicherungsbeiträge März (Beitragszahlung)

* Verschiebung des Termins auf den nächstfolgenden Werktag nach § 108 Abs. 3 AO.

Anmerkung für Scheckzahler:Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks als geleistet.

MÄRZ

WICHTIGE ZAHLUNGSTERMINE

„DIE HIMMLISCHE NACHT DER TENÖRE“ZEIT: 19.12.2017 - 17.3.2018Drei der besten Opernsolisten Bulgariens verzaubern mit den Meisterwerken der Opernwelt. Einen Abend lang spürt man den Zauber der klassischen Musik von Verdi, Puccini, Leoncavallo bis de Curtis. Die himmlische Nacht tourt durch Deutschland und macht für Opernfans Sta-tion von Nürtingen über Aachen bis Jena und Passau.www.myticket.de

„GELIEBT.GEBRAUCHT.GEHASST.“, BONNZEIT: AB 12.12.2017Die Dauerausstellung im Bonner Haus der Geschichte widmet sich den motorisierten Erinnerungsorten deut-scher Geschichte. Das Auto ist nicht nur das wichtigste Fortbewegungsmittel in Deutschland, sondern auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Ausgewählte Fahrzeuge, Medien, Fotos und Dokumente rücken die Deutschen und ihre Autos ins Rampenlicht.www.hdg.de

JANUAR

FEBRUAR

Arzneimittelgesetz

Die Preisvorschriften im Arzneimittelgesetz (AMG) und in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) legen zwar Preis-obergrenzen, aber keine Preisuntergrenzen fest, wie der Bun-desgerichtshof (BGH) festgestellt hat (Urteil vom 5.10.2017, I ZR 172/16). Im Streitfall hatte eine Pharmagroßhändlerin damit geworben, auf verschreibungspflichtige Arzneimittel einen Rabatt von 3 % plus 2,5 % Skonto und ab € 70,00 bis zur Hochpreisgrenze einen Rabatt von 2 % plus 2,5 % Skonto auf den rabattierten Preis zu gewähren. Die Großhändlerin wurde hiermit von der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbe-werbs verklagt.

Urteil des BGH

Der BGH hat in dem genannten Urteil klargestellt, dass Pharmagroßhändler nicht verpflichtet sind, einen Mindestpreis zu beachten. Ein Pharmagroßhändler kann daher auf den in der AMPreisV erwähnten Festzuschlag ganz oder teilweise ver- zichten.

Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel

KULTURLINKS WINTER 2017/2018