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in Südtirol • Gemeindebaukommission: - Bauen im landwirtschaftlichen Grün - Ensembleschutz • Landschaftsplan: - Schutzkategorie Weite Landstriche • Natura 2000 UMWELT & RECHT Nr. 3/2004 Landesverband für Heimatpflege in Südtirol A VS

UMWELT & RECHT - hpv.bz.it · im Referat Alpin des Alpenvereins Südtirol (AVS) Autoren. UMWELT UND RECHT Nr. 3/2004 3 GEMEINDEBAUKOMMISSION: BAUEN IM LANDWIRTSCHAFTLICHEN GRÜN Raumordnungsgesetz

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in Südtirol

• Gemeindebaukommission: - Bauen imlandwirtschaftlichen Grün

- Ensembleschutz

• Landschaftsplan: - SchutzkategorieWeite Landstriche

• Natura 2000

UMWELT & RECHT

Nr.

3/20

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Landesverbandfür Heimatpflegein Südtirol

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EEddiittoorriiaallDie gesetzlichen Bestimmungen im Bereich des Natur- und Umweltschutzes in Südtirol werden von Jahrzu Jahr umfangreicher, komplizierter und für die Anwendung in der Praxis unübersichtlicher und unkla-rer. Die Umweltschutzverbände in Südtirol beobachten diesen Vorgang schon seit einigen Jahren mit stei-gender Beunruhigung. Auch die Aufweichung bestehender Gesetze wird in den letzten Jahren kontinu-ierlich vorangetrieben (z.B. Ensembleschutzgesetz). Diese Aufweichung der bestehenden Naturschutz-gesetzgebung lässt die Forderung nach einem klar formulierten Naturschutzgesetz für Südtirol wiederaufkeimen. Ein Entwurf liegt bereits in der berühmten Schublade, allein die endgültige Beschlussfassungscheiterte bis dato am politischen Willen. Am Beginn des 21. Jahrhunderts scheint die Zeit nun für die-ses ehrgeizige Projekt zum Erhalt unserer Landschaft reif zu sein. Die Unterstützung der Umweltverbän-de bei der Ausarbeitung eines Naturschutzgesetzes für Südtirol wäre jedenfalls garantiert...

Die vorliegende dritte Ausgabe der Broschüre Umwelt und Recht in Südtirol hebt wieder in gewohntübersichtlicher Form aktuelle Themenbereiche der derzeitigen Umweltgesetzgebung in Südtirol hervor.

In den Artikeln zum "Bauen im landwirtschaftlichen Grün sowie zum Ensembleschutz werden Hinter-gründe erläutert und konkrete Handlungsmaßnahmen für jede/n betroffene/n Bürger/in aufgezeigt.

Der Landschaftsplan zählt neben dem Bauleitplan zu den wichtigsten Planungsinstrumenten für dienachhaltige Entwicklung einer Gemeinde. Ein Teil des Landschaftsplanes – die Weiten Landstriche oderchorographischen Zonen - werden als Schutzkategorie des Landschaftsplanes in übersichtlicher Formerläutert.

Abschließender Themenschwerpunkt bildet das EU-Schutzgebietssystem Natura 2000. Die gesetzlichenRahmenbedingungen rund um dieses ehrgeizige europäische Naturschutzprojekt werden erklärt und derVerfahrensweg schematisch nachvollziehbar dargestellt.

Wir wünschen allen Lesern aufschlussreiche Stunden bei der Lektüre der vorliegenden Broschüre undfreuen uns auf ihre Rückmeldung.

Thomas Schmarda

Nr. 3/2004

Johanna Ebner, Mon-tan, Jahrgang 1967,Juristin im Verwaltungs-amt für Landschafts-schutz, stellvertretendeVorsitzende des Dach-verbandes für Natur-und Umweltschutz

Albert Willeit, Gais,Jahrgang 1952, Innenar-chitekt, Heimatpfleger(Pustertaler Bezirksob-mann von 1990-2003),10 Jahre Mitglied der 2.Landschaftsschutzkom-mission, Sieger desWettbewerbes „BestesKlimaHaus 2002”

Thomas Schmarda,Bozen, Jahrgang 1968,Mitarbeiter im ReferatNatur und Umwelt undim Referat Alpin desAlpenvereins Südtirol(AVS)

AAuuttoorreenn

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3Nr. 3/2004

GGEEMMEEIINNDDEEBBAAUUKKOOMMMMIISSSSIIOONN::BBAAUUEENN IIMM LLAANNDDWWIIRRTTSSCCHHAAFFTTLLIICCHHEENN GGRRÜÜNN

RRaauummoorrddnnuunnggssggeesseettzz Das erste Landesraumordnungsgesetz wurde imJahre 1970 vom damaligen Landesrat AlfonsBenedikter geschrieben und von ihm auch mitstarker Hand umgesetzt. Es zielte vor allem aufden Schutz des landwirtschaftlichen Grüns abund war ein strenges Regelwerk für eine einge-schränkte, aber geordnete Entwicklung des Lan-des, um die uns manche Nachbarländer benei-deten. Gerade diese Ausrichtung hat die Zersie-delung der Landschaft großteils verhindert. Seitetwa 15 Jahren wurde allerdings die ursprüngli-che Gesetzgebung nach und nach gelockert undso wurden viele neue Möglichkeiten des Bauensaußerhalb der Siedlungen geschaffen. Man istden vielen Forderungen der verschiedenstenInteressensverbände und von Privaten nachge-kommen und hat so oft, vielleicht auch unbeab-sichtigt, Schlupflöcher geschaffen, welche großenegative Auswirkungen auf unsere Dörfer undLandschaften hatten und noch haben. Und so istbesonders das sogenannte landwirtschaftlicheGrün betroffen, wo eigentlich ein striktes Bauver-bot vorgesehen ist. Doch dieses Grün ist seit Jah-ren zur größten Bauzone im Lande geworden, wosich etwa ein Viertel der Bautätigkeit abspielt.

Landesrat Laimer sagt selbst, dass das heutigeRaumordnungsgesetz aus Artikeln mit vielen Ver-boten besteht, denen jeweils eine lange Liste vonAusnahmeregeln folgt, sodass nun die Ausnah-men die größere Bedeutung haben als die Regel.

AAuusswwiirrkkuunnggeenn Was die Auswirkungen auf die Landschaft betrifft,so sind die verschiedenen Möglichkeiten derqualitativen und quantitativen Erweiterung vonGastbetrieben und von Sportanlagen auch inSchutzgebieten besonders zu erwähnen, ebensodie Errichtung von neuen „Hofstellen“ durchSonderbehandlung für erklärte „Jung-Bauern“und der sogenannte Stadelartikel. Gerade dieserberüchtigte Artikel hat gezeigt, dass durchgeschickte oder bewusste schlampige Definitio-nen, aus einer in manchen Fällen sinnvollenMöglichkeit große Probleme entstanden, sodassletzthin sogar die Staatsanwaltschaft befasstwurde, nachdem aus Städeln eine große Anzahlvon Villen im schönsten landwirtschaftlichenGrün geworden sind. Sogar manche alte Hütte istso zu einem besonderen Spekulationsobjektgeworden und wurde als wundersame Wohnku-baturvermehrung mit einer enormen Wertsteige-rung durchs halbe Land verschoben.

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WWaarrnnuunnggeennDie Umweltschutzverbände haben immer wie-der vor den Verwässerungen gewarnt. Diesehaben inzwischen aber schon zu einem regel-rechten Dammbruch geführt. In der Zwischenzeitsind sich sogar die meisten Wirtschaftsverbändeeinig, dass das landwirtschaftliche Grün wiederverstärkt geschützt und die gesamte Raumord-nung neu geregelt werden muss, um vor allemauch Rechtssicherheit zu schaffen. Die momen-

tan geltenden Gesetze müssen entflochten undvereinfacht werden, sodass sie auch für jeder-mann leicht verständlich sind. Derzeit ist es so,dass durch die komplexe unüberschaubare Re-gelung viel Interpretationsspielraum besteht unddamit auch Fehlentscheidungen und Ungleich-behandlungen in den verschiedenen Gemein-den getroffen werden.

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BBaauukkoommmmiissssiioonnImmer häufiger werden Bauanträge für die Errich-tung von neuen Gebäuden im landwirtschaft-lichen Grün gestellt. Das bedeutet vielfach eineweitere Zersiedelung mit all den landschaftlichen,gesellschaftlichen und sozialen Problemen, wel-che oft durch betuchtere Schein-Bauern verur-sacht werden. Wir geben zusätzlich zu bedenken,dass diese Projekte zunehmend in landschaftlichschützenswerten Gebieten oder gar in Bannzo-

nen liegen. Deshalb sind gerade die Bürgermeis-ter, die Landessachverständigen und die Bau-kommissionsmitglieder aufgefordert, jedes Pro-jekt genau zu beurteilen und abzuwägen, wastragbar ist.

Für die Mitglieder der Gemeindebaukommissio-nen sind detaillierte Orientierungshilfen zumBauen, vor allem im landwirtschaftlichen Grün, inder Broschüre Umwelt & Recht 1/2001 nachzu-lesen.

Albert Willeit

EEnnsseemmbblleesscchhuuttzz iisstt eeiinn GGeebboottddeerr SSttuunnddee

Viele Dörfer, Altstadtkerne und Landschaftenzeichnen sich durch einen unverwechselbarenCharakter aus, der besonders von Ensemblesbestimmt wird. Sie verleihen diesen Orten eineeigene Identität. Deshalb fordert der Heimatpfle-geverband Südtirol schon seit über 15 Jahreneinen wirksamen Schutz für gefährdeteEnsembles. Leider ist in dieser Zeit viel Wertvol-les schon zerstört worden und der Abriss schüt-zenswerter Objekte geht munter weiter. Nunwurde das Ensembleschutzgesetz zwar überar-beitet und etwas verbessert, doch es räumt denGemeinden die alleinige Verantwortung für dieEnsembles ein. Damit ist leider in keinster Weiseder Schutz für unsere gebaute Geschichtegewährleistet.

RReecchhttlliicchhee SSiittuuaattiioonn

Im Landesraumordnungsgesetz vom 11. August1997, Nr. 13, Art. 25, wurde der Schutz vonEnsembles gesetzlich verankert. Bei Ensembleshandelt es sich nämlich um Gesamtanlagen, ins-besondere Straßen, Plätze und Ortsbilder sowieParkanlagen samt Gebäuden, einschließlich dermit solchen Gesamtanlagen verbundenen Pflan-zen, Frei- und Wasserflächen, an deren Erhaltungaus geschichtlichen, künstlerischen oder heimat-geschichtlichen Gründen ein besonderes öffent-liches Interesse besteht. Die Gemeinden sindaufgefordert, innerhalb von zwei Jahren ein Ver-zeichnis der Liegenschaften zu erstellen, dieunter Ensembleschutz zu stellen sind.

KKrriitteerriieenn ffüürr ddiiee FFeessttlleegguunnggddeerr EEnnsseemmbblleessEnsembles können und sollen dann ausge-wiesen werden, wenn mindestens zwei dernachfolgenden Kriterien zutreffen:• historischer Wert,• malerischer Charakter,• Monumentalität mit Bezug auf die Stellung

der Bauten zueinander und zur Landschaft,• stilistische Kennzeichnung, und zwar Stilein-

heit oder bewusste Vermischung verschie-dener Stile,

• Erscheinung, wie Erkennbarkeit, Auffälligkeit,Orientierungspunkt,

• Panorama, wie gezielte Fernblicke, perspek-tivische Ansichten,

• kollektives Gedächtnis,• Fortbestand der urbanistischen Anlage, also

Erkennbarkeit einer Planung, eines Pro-gramms oder eines Gründungsaktes, wel-che die Siedlungsmorphologie bestimmthaben,

• Fortbestand der Bautypologie,• natürliche Merkmale, Geomorphologie und

natürlicher Charakter, sofern sie in Zusam-menhang mit dem Eingriff des Menschenstehen.

VVoorrggaannggsswweeiissee Das Verzeichnis der unter Ensembleschutz zustellenden Objekte wird innerhalb von 2 Jahrenvom Bürgermeister zusammen mit einer ent-sprechenden graphischen Darstellung derAbgrenzung der Objekte, einem technischen

GGEEMMEEIINNDDEEBBAAUUKKOOMMMMIISSSSIIOONN:: EENNSSEEMMBBLLEESSCCHHUUTTZZ

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Bericht mit Angabe der Ausweisungskriterien undder spezifischen Erhaltungsmaßnahmen demSachverständigenbeirat übermittelt. Diesererstellt ein fachlich-technisches Gutachten bzw.nimmt, falls dies für zweckmäßig erachtet wird,eine Ergänzung des Verzeichnisses vor. Nach Ein-sichtnahme in das Gutachten des Sachverständi-genbeirates und innerhalb von 6 Monaten abMitteilung desselben, beschließt die Gemeindeim Sinne der Artikel 21 und 34, Absatz 2, desLandesraumordnungsgesetzes die Ausweisungder Ensembles im Gemeindebauleitplan bzw. inden Durchführungsplänen. Die Gemeinde setztin den Durchführungsbestimmungen zum Bau-leitplan bzw. zu den Durchführungsplänen detail-lierte Erhaltungsmaßnahmen für die einzelnenEnsembles fest. Bei allen Objekten, welche vonder Gemeinde für die Unterschutzstellung alsEnsemble vorgeschlagen werden, dürfen vomZeitpunkt des Vorschlages bis zur endgültigenEntscheidung durch die Landesregierung nurordentliche und außerordentliche Instandhal-tungsarbeiten durchgeführt werden.

Der Sachverständigenbeirat berät die Gemein-den bei der Bestimmung der schützenswertenEnsembles und fördert die Bewusstseinsbildung

für den Ensembleschutz. Er ist folgendermaßenzusammengesetzt:• aus einem vom zuständigen Landesrat ernann-

ten Vertreter der Abteilung Raumordnung,• aus einem vom zuständigen Landesrat ernann-

ten Vertreter der Abteilung Denkmalpflege,• aus einem vom zuständigen Landesrat ernann-

ten Vertreter der Abteilung Natur und Land-schaft,

• aus einem von der gebietsmäßig betroffenenGemeinde ernannten Vertreter.

ZZuussttäännddiiggkkeeiitt uunndd VVeerraannttwwoorrttuunnggIn erster Linie ist der Bürgermeister für die Sucheund Ausweisung von Ensembles zuständig. Des-halb sollte ihm jeder Interessierte dabei „behilf-lich“ sein und Vorschläge unterbreiten. Diesekann man auch dem Sachverständigenbeiratzukommen lassen, welcher dann gefordert ist,den Hinweisen nachzugehen und der Gemein-de eventuelle zusätzliche Vorschläge mitzuteilen. Mit diesem nunmehr rechtswirksamen Ensem-bleschutzgesetz sind wir noch keineswegs zufrie-den und werden deshalb weiterhin auf eine wirk-same Verbesserung hinarbeiten.

Albert Willeit

Fotokollage Gemeinde Bozen - Ensembleschutz Bozen

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LLAANNDDSSCCHHAAFFTTSSPPLLAANN:: SSCCHHUUTTZZKKAATTEEGGOORRIIEE WWEEIITTEE LLAANNDDSSTTRRIICCHHEEIm Landschaftsplan werden hochwertigeLandschaftsausschnitte und –objekte in einemGemeindegebiet erfasst, bewertet und unterSchutz gestellt.

Zielsetzung, Inhalt und Verfahren für die Erstel-lung des Landschaftsplanes wurden bereits imHeft Nr. 2/2002 erläutert. Außerdem wurdendort die einzelnen Schutzkategorien (Naturdenk-mäler, Weite Landstriche, Biotope, Naturparke,Gärten und Parkanlagen, gesetzlich geschützteGebiete) aufgelistet und kurz beschrieben.

In diesem Beitrag wird im Detail auf die Schutz-kategorie Weite Landstriche eingegangen, dieden Großteil der schützenswerten Liegenschaf-ten eines Gemeindegebietes umfasst. Vielfachwird dafür auch der Begriff chorographischeZone verwendet.

Gemäß Landschaftsschutzgesetz handelt es sichbei den Weiten Landstrichen um Gebiete, „dieeine natürliche oder von Menschenhandumgeformte Landschaft unter Einbeziehungder Siedlungen bilden und die einzeln oder inihrer Gesamtheit Zeugnis von Zivilisation geben“.

Die Weiten Landstriche umfassen also Natur-und Kulturlandschaftsbereiche. Die Natur-landschaft wird von Gletschern, Felsregionen,Wäldern, Gewässern, Feuchtgebieten und Tro-ckenrasen gebildet. Zur Kulturlandschaft gehö-ren insbesondere Almen, Lärchenwiesen, Kasta-nienhaine, Magerrasen, artenreiche Bergwiesen,Streumöser, Feuchtwiesen, Heckenlandschaften,Streuobstbestände, Feldraine usw.

Das Nebeneinander naturräumlicher Gegeben-heiten und von Menschen gestalteter Landschaf-ten macht die Unverwechselbarkeit der Land-schaft aus.

• Im Erläuternden Bericht zum Landschafts-plan einer Gemeinde werden die Charakte-ristiken der in diese Schutzkategorie einge-gliederten Landschaften beschrieben. Dabeiwerden die Weiten Landstriche in weitereUnterkategorien unterteilt. Die wichtigstendieser Unterkategorien sind: Bannzone,Besonders schutzwürdige Landschaft

(diese beiden werden oft auch als Land-schaftsschutzgebiete bezeichnet), Natürli-che Landschaft, Landwirtschaftsgebietvon landschaftlichem Interesse, Zone mitbesonderem geschichtlich-kulturellemWert usw.

• Im Kartenmaterial zum Landschaftsplanwerden diese Gebiete abgegrenzt.

• Im normativen Teil zum Landschaftsplanwerden die Schutzbestimmungen für dieeinzelnen Zonen festgelegt. Für den über-wiegenden Teil der in diese Schutzkategoriefallenden Gebiete gelten keine besonderenSchutzbestimmungen und Verbote. Bei derGenehmigung von Eingriffen (in der Regelist dafür der Bürgermeister zuständig) istjedoch ein besonderes Augenmerk auf ihreLandschaftsverträglichkeit zu richten.

In der Folge werden einige Zonen, die in dieSchutzkategorie „Weite Landstriche“ fallen, kurzbeschrieben.

Vorab muss angeführt werden, dass es für die indiese Schutzkategorie fallenden Gebiete keineeinheitlichen rechtlichen Definitionen undBestimmungen gibt. Will man also z.B. dieSchutzbestimmungen für die Bannzone einerGemeinde erfahren, so muss man stets im Land-schaftplan der betreffenden Gemeinde nach-schauen.

11.. DDiiee BBaannnnzzoonnee

Bannzonen sind Gebiete, die besonderen bau-rechtlichen Einschränkungen unterliegen. DieErrichtung neuer oberirdischer Gebäude bzw. dieErweiterung von Gebäuden ist in diesen Zonen inder Regel untersagt. Mit der Ausweisung von Bannzonen werden fol-gende Ziele verfolgt:

- Das für Südtirol charakteristische Siedlungsbild(relativ kompakte Siedlungen und freie Land-schaft) soll erhalten bleiben. Mit der Unter-

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schutzstellung als „Bannzone“ sollen unverbau-te, für das Landschafts- und Siedlungsbild derGemeinde besonders charakteristische undwertvolle Landschaftsbereiche vor Zersiedelunggeschützt werden.

- Die Umgebung von kulturhistorisch bedeutsa-men, landschaftsprägenden Anlagen (Schlös-ser, Burgen, Kirchen usw.) soll vor Verbauunggeschützt werden, damit der Blick auf dieseAnlagen freigehalten wird.

- Da die „Bannzone“ in der Regel wertvolle Kul-turgründe umfasst, ist die Ausweisung dersel-

ben auch für die Landwirtschaft höchst bedeut-sam. Eine Verbauung oder Zersiedelung dieserKulturgründe würde einen Verlust für die land-wirtschaftliche Nutzung bedeuten.

Eingriffe im Bereich der Bannzone sind in derRegel von der Landesbehörde für Landschafts-schutz zu genehmigen.

22.. BBeessoonnddeerrss sscchhuuttzzwwüürrddiiggee LLaannddsscchhaafftt

Hierbei handelt es sich um besonders wertvolleLandwirtschaftsgebiete. Auch hier gelten Ein-schränkungen für die Bautätigkeit. Die Errichtung

Hügel oberhalb Runggaditsch

gepflasterer Weg bei Kastelruth

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von neuen Gebäuden und die Verlegung vonbestehenden Gebäuden in diese Zone ist jedochin der Regel (manchmal mit Einschränkungen)gestattet. Bei der Errichtung von Gebäuden ist einbesonderes Augenmerk auf die Wahl des Stand-ortes zu legen.

33.. LLaannddwwiirrttsscchhaaffttssggeebbiieett vvoonnllaannddsscchhaaffttlliicchheemm IInntteerreessssee

Die Zone umfasst landwirtschaftliche Nutzflä-chen, die ein schützenswertes Landschaftsgeprä-ge aufweisen. Diese Kulturlandschaft ist durchdie traditionelle landwirtschaftliche Nutzung ent-

standen. Für die Bautätigkeit gelten die Bestimm-mungen der Bauleitpläne und des Landesrau-mordungsgesetzes.

44.. NNaattüürrlliicchhee LLaannddsscchhaafftt Zur natürlichen Landschaft gehören Gletscher,Felsregionen, Wälder, Gewässer, Feuchtgebieteusw. Diese Gebiete stellen wegen ihrer Eigenart,Beschaffenheit, Vegetation und Umweltfunktioneine Landschaft von besonderem Wert dar. Nurin bestimmten Fällen enthält der Landschaftsplanspezifische Schutzbestimmungen für diese Zone.

Johanna Ebner

Weg beim Jägerhäusl - Kastelruth

Weißsteinertal bei Pfunders

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EWG) und der Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie (92/43/EWG). Die FFH-Richtlinienennt ungefähr 200 Lebensraumtypen und 700Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlicherBedeutung, die Vogelschutzrichtlinie ca. 180Vogelarten. Diese wertvollen Lebensräume undschützenwerten Arten können langfristig sichernicht nur dadurch erhalten werden, indem sie alsisolierte Naturinseln bzw. Einzelarten geschütztwerden, mag ihr individueller Wert auch noch sogroß sein. Der integrative Naturschutzgedanke,d.h. Naturschutzdenken in den "Köpfen" allerLandnutzer – egal ob man sich inner- oder außer-halb eines gesetzlich ausgewiesenen Schutzge-bietes befindet – muss das Dogma für künftigesHandeln aller sein.

Für alle ausgewiesenen Natura- 2000-Gebietegilt es, „einen günstigen Erhaltungszustand dernatürlichen Lebensräume und der wildlebendenTier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichemInteresse zu bewahren oder wieder herzustel-len“. Der zu gewährleistende Mindestschutzumfasst damit:

a) ein Verschlechterungsverbot,

b) die Notwendigkeit der Durchführung einersogenannten Verträglichkeitsprüfung fürPläne oder Projekte.

Bestehende Nutzungen (z.B. durch Land- undForstwirtschaft, touristische Nutzungen usw.) sindalso durch die Ausweisung als Natura-2000-Gebiet auch weiterhin möglich sind. So würdebeispielsweise die vielfältige Kulturlandschaft beiNicht-Bewirtschaftung verloren gehen und mit ihrdie Vielfalt der Pflanzen und Tiere. Die Nutzungder Gebiete darf allerdings keine schwerwiegen-den Konflikte mit dem Erhaltungszustand desGebietes ergeben. Änderungen der Bewirtschaf-tungsform und bauliche Neuanlagen werdeneiner Verträglichkeitsprüfung unterzogen, wel-che die Einflüsse auf den Erhaltungszustand desGebietes abschätzt (siehe Punkt 3). In einemManagementplan werden Maßnahmen für diekünftige Entwicklung des jeweiligen Gebietesfestgelegt.

11.. WWaass iisstt NNaattuurraa 22000000uunndd wwiiee ffuunnkkttiioonniieerrtt eess??

Natura 2000 ist die Bezeichnung für ein euro-päisches Netz von Schutzgebieten, das von derEuropäischen Union (EU) gemeinsam mit denMitgliedsstaaten eingerichtet wird. Ziel diesesNetzwerkes ist die langfristige Sicherungbesonders wertvoller Lebensräume und derdarin lebenden Pflanzen und Tiere innerhalb derEU-Mitgliedsstaaten. Die immer massivereBeeinträchtigung des Naturwertes innerhalb derEU hat die Ausweisung eines Netzwerkes anSchutzgebieten auf EU-Ebene notwendiggemacht. So wurden in den letzten Jahren dienatürlichen Bestände von 64 endemischen*Pflanzen in Europa vernichtet, 38% der Vogelar-ten und 45% der Schmetterlinge sind beispiels-weise vom Aussterben bedroht. Auch spezielleLebensräume – wie z.B. Feuchtgebiete - sind inden letzten Jahrzehnten um ca. 60% zurückge-gangen.(*Arten, die nur in bestimmten Gegenden vorkommen)

Gesetzlich fußt das ehrgeizige Natura-2000-Pro-jekt der EU auf zwei grundlegenden Vereinba-rungen: der Vogelschutz-Richtlinie (79/409/

NNAATTUURRAA 22000000 -- NNEETTZZWWEERRKK FFÜÜRR DDIIEE ZZUUKKUUNNFFTT

Buchfink (Fringilla coelebs L.)

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22.. WWoo ggiibbtt eess NNaattuurraa--22000000--GGeebbiieettee iinnSSüüddttiirrooll,, wwoo iinn mmeeiinneerr GGeemmeeiinnddee??

Am 22. Dezember 2003 hat die EuropäischeKommission die erste verpflichtende Liste für diealpine biogeografische Region verabschiedet.Darin sind für die Autonome Provinz Bozen 41Gebiete mit einer Gesamtfläche von 138.871 haals Natura-2000-Flächen ausgewiesen. DieseGebiete sind größtenteils bereits Nationalpark,Naturpark oder Biotop. Die größte Fläche umfasstder Naturpark Rieserferner-Ahrn mit über 31.000ha, die kleinsten Flächen sind Felsrasengebietemit einer Fläche von weniger als 1 Hektar. DieListe umfasst alpine Rasengebiete (z.B. Armenta-ra-Wiesen), Trockenstandorte (z.B. Castelfeder)und Feuchtgebiete (z.B. Kalterer See) sowie diemeisten Flächen der Naturparke. Natura-2000-Gebiete finden sich in 52 Gemeinden Südtirols.

Nach Genehmigung der Liste von gemeinschaft-licher Bedeutung müssen die Mitgliedsstaatendiese Gebiete als besondere Schutzgebietegemäß Habitat-Richtlinie ausweisen. Priorität soll-te in jenen Gebieten gelten, in denen die stärk-ste Bedrohung herrscht. Außerdem sollen dieMitgliedsstaaten die notwendigen Erhaltungszie-le und Maßnahmen für diese Gebiete auch inForm von Managementplänen festlegen. SolcheManagementpläne werden in Südtirol derzeit

im Naturpark Schlern sowie in den Biotopen Cas-telfeder, Kalterer See und Falschauer-Mündungdurchgeführt.

Die detaillierte Liste aller Natura-2000-Gebiete inSüdtirol ist auf der Homepage des Landes unterhttp://www.provinz.bz.it/natur/Natura2000/d/default.htm ersichtlich. Neben der Kartografiewerden die einzelnen Gebiete kurz in Datenbö-genbeschrieben.

Eine Ergänzung der derzeitigen Natura-2000-Gebietsliste ist auch zu einem späteren Zeitpunktmöglich.

33.. DDiiee VVeerrttrräägglliicchhkkeeiittsspprrüüffuunnggiinn SSüüddttiirrooll -- AAbbllaauuff

Laut Verordnung des Landeshauptmann vom 26.Oktober 2001, Nr. 63, müssen alle Natura-2000-Gebiete in den einschlägigen Plänen derGemeinde (Bauleitplan, Landschaftsplan usw.)eingetragen und aktualisiert sein. Vertreter vonGemeindebaukommissionen sollten somit beijedem geplanten Eingriff neben den bestehen-den Nutzungen auch die Betroffenheit vonNatura-2000-Flächen berücksichtigen.

Neue Aktivitäten und Entwicklungen innerhalbNatura-2000-Gebieten sind durch Natura 2000a priori nicht verboten. Diese Vorhaben werdenfallweise beurteilt. Artikel 6 der FFH-Richtliniesieht die Bewertung von Maßnahmen/Plänen/Projekten mittels einer Verträglichkeitsprüfungvor. Diese Verträglichkeitsprüfung ist immer danndurchzuführen, wenn die Möglichkeit besteht,dass ein Natura-2000-Gebiet erheblich beein-trächtigt wird. Die Vorentscheidung, ob tatsäch-lich eine "erhebliche" Beeinträchtigung gegebenist, wird vom für die Genehmigung des Planesoder Projektes zuständigen Einzel- oder Kollegial-organ getroffen.

Die Mitgliedsstaaten können Maßnahmen/Pläne/Projekte in Gebieten mit nicht prioritärenLebensräumen bzw. Arten trotz negativemErgebnis der Verträglichkeitsprüfung genehmi-gen, wenn es keine machbaren Alternativen gibtund wenn ein zwingendes überwiegend öffentli-ches Interesse an der Durchführung des Planesoder Projektes besteht. Dann müssen unbedingtAusgleichsmaßnahmen durchgeführt werden.Königsspitze

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Maßnahmen/Pläne/Projekte, die sich nachteiligauf Gebiete mit prioritären (besonders seltenenund gefährdeten) Lebensräumen oder Arten aus-wirken, dürfen nur dann genehmigt werden,wenn durch die Nichtdurchführung die Gesund-heit der Menschen bzw. die öffentliche Sicherheitgefährdet würden oder wenn mit maßgeblichgünstigen Auswirkungen auf die Umwelt zu rech-nen ist.

Prüfungspflichtige Vorhaben sind:1. Pläne: Bauleitpläne, Landschaftspläne, Fach-

pläne und sämtliche andere Pläne, welche ein

Natura-2000-Gebiet "erheblich" beeinträchti-gen könnten.

2. Projekte: sämtliche Eingriffe in Natur undLandschaft des betroffenen Gebietes, welchedas geschützte Gebiet in seinen Erhaltungs-zielen "erheblich" beeinträchtigen könnten.Die Prüfpflicht erstreckt sich auch auf Eingriffeaußerhalb eines Natura-2000-Gebietes,wenn diese aufgrund ihrer Wirkung oderZusammenwirkung mit anderen Projekten diegeschützten Gebiete erheblich beeinträchti-gen könnten (Umgebungsschutz).

SSCCHHEEMMAA 11:: AAbbllaauuff eeiinneerr VVeerrttrräägglliicchhkkeeiittsspprrüügguunngg

Maßnahme/Plan/Projektim Natura-2000-Gebiet

geplant

nein ja

EinreichungProjektträger

PrüfungEinzel- oder

Kollegialorgan

Abteilung Naturund Landschaftbzw Beauftragter

PrüfungEinzel- oder

Kollegialorgan nein ja

nein ja

Maßnahme/Plan/Projektwird durchgeführt

bzw weitere gesetzlichePrüfungen sind notwendig

Maßnahme/Plan/Projektdarf nach Natura 2000

nicht durchgeführtwerden

Maßnahme/Plan/Projektwird

nicht durchgeführt

Maßnahme/Plan/Projektwird

durchgeführt

Maßnahme/Plan/Projektwird durchgeführt

bzw weitere gesetzlichePrüfungen sind notwendig

„Erhebliche Beeinträchtigung“

Verträglichkeitsprüfungnach Natura 2000

Ausnahmemöglichkeiten

Ausgliechsmaßnahmen

Erstellung desVerträglichkeits-

gutachtens

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Für die Verträglichkeitsprüfung vorzulegen-de Unterlagen sind: • Pläne, Standort und Angabe des Schutzsta-

tus in Bezug auf Natura 2000,• Beschreibung der Merkmale und Inhalt des

Planes bzw. Projektes, welche Auswirkungenauf den Schutzstatus des Natura-2000-Gebietes haben können,

• Auflistung evtl. Konflikte zwischen Inhal-ten/Zielsetzungen des Planes bzw. Projektesmit den Erhaltungszielen des NetzwerkesNatura 2000 und ihre Auswirkungen,

• Auflistung von Maßnahmen zur Lösung evtl.Konflikte (Ausgleichsmaßnahmen), die injedem Falle auf den Schutz und die Aufwer-tung der Lebensräume und der dort vor-kommenden Arten ausgerichtet sind.

44.. NNaattuurraa 22000000 iinn SSüüddttiirrooll aauuss SSiicchhttddeerr VVeerrbbäännddee((AARRGGEE NNAATTUURRAA 22000000))

Grundsätzlich wurden in allen Höhenstufen Süd-tirols Flächen für Natura 2000 ausgewiesen.Genaue Analysen zeigen jedoch klare Defizitebei der relativen Höhenverteilung der Natura-2000-Gebiete in Südtirol. So wird beispiels-weise deutlich, dass Hochlagen über 1500 mü.d.M. sehr gut repräsentiert sind. Damit beinhal-ten die Gebietsvorschläge der Autonomen Pro-vinz Bozen-Südtirol vorwiegend montane, alpineund nivale Lebensräume. Lagen unterhalb von

1000 m ü.d.M. und ihre typischen Lebensräumesind vergleichsweise schwach vertreten. Nur eingeringer Prozentsatz der insgesamt 41 ausgewie-senen Natura-2000-Flächen liegt in diesemHöhensegment (Tallagen, kolline Stufe).Darüber hinaus wurden trotz Intervention derARGE Natura 2000 (Arbeitsgruppe von siebenwichtigen Umweltvereinen Südtirols) wertvolleGebiete mit überregionaler, naturräumlicherBedeutung nicht nominiert. Es handelt sichgroßteils um Bereiche in Tal- und Hanglagen, wel-che einem zunehmenden Nutzungsdruck unter-liegen. So stellen beispielsweise der einzigartigeTrockengürtel des Vinschgauer Sonnenberges(bisher nur kleinflächig ausgewiesen), das Villan-derer Flachdeckenmoor oder der MontigglerWald Standorte mit überregionaler, naturräum-licher Bedeutung dar. Ähnliches gilt für die letztenAuwaldreste im Bereich der Ahr bzw. die PraderSand im Vinschgau.

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Die Prader Sand, das Flussdelta des Suldenbachsin die Etsch, mit einzigartigen Pflanzen und Tie-ren soll laut Planentwurf aus dem NationalparkStilfser Joch ausgegrenzt werden. Zudem existie-ren konkrete Pläne, das Flussdelta aufzuschüttenund einen Golfplatz anzulegen. Diese Idee gei-stert schon seit längerer Zeit in der betroffenenGemeinde Prad am Stilfser Joch herum.

Prader Sand

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Die Prader Sand stellt das größte noch beste-hende Flussdelta Südtirols dar. Anders als vieleMündungsbereiche von Alpenbächen in denHaupttälern Südtirols weist die Prader Sandimmer noch hohe naturkundliche Wertigkeit auf.Dazu trägt nicht zuletzt die Weitläufigkeit der Flä-che bei. Nach wissenschaftlichen Detailstudiender vergangenen Jahre beherbergt die PraderSand 120 Vogelarten (Brutvögel, Durchzügler).Das sind ein Drittel der in Südtirol jemals beob-achteten Vogelarten. In allen untersuchten wir-bellosen Tiergruppen konnten außerordentlicheVertreter festgestellt werden. Das Spektrum reichtvon Arten, die im restlichen Mitteleuropa bereitsausgestorben sind bzw. kurz vor dem Aussterbenstehen bis hin zu Arten, die in der Prader Sand ihreinzig bekanntes Vorkommen in Südtirol und z.T.in ganz Italien haben. Zahlreiche in der PraderSand festgestellte Insektenarten sind Arten derRoten Liste. Die Prader Sand ist der Standort fürdie Deutsche Tamariske (Myricaria germanica)(Gefährdungsstufe 2 nach Rote Liste für Trentino(2001), Gefährdungsstufe 2 nach Rote Liste fürSüdtirol [Entwurf]). Für diese einzigartige Tama-riskenart weist die Prader Sand das größte nochbestehende ökologische Potential in Südtirol auf. Der Lebensraumtyp „Alpine Flüsse und ihre Ufer-gehölze mit Myricaria germanica“ (EU-Code3230) – wie er in der Prader Sand vorkommt - isteiner der Lebensraumtypen nach Anhang I derFlora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU (1992) fürNatura 2000. Die repräsentativen Vorkommenmüssen als FFH-Gebiete an die EU gemeldetwerden.

Umweltorganisationen haben sich zusammenge-tan, um den Schutz dieses wertvollen Lebens-raumes auch in Zukunft zu gewährleisten undstellten im Rahmen einer Resolution folgendeForderungen an die Verantwortlichen in Politikund Gesellschaft:• Der Schutz der Prader Sand muss oberste Prio-

rität haben. Dieser kann nur gewährleistet wer-den, wenn die Fläche Teil des NationalparksStilfser Joch bleibt und/oder einen zumindestgleichwertigen Schutzstatus erhält. Die Um-weltorganisationen fordern die Ausweisungder Prader Sand als Natura-2000-Fläche.

• Die Nutzung der Prader Sand durch Menschenmuss in sanfter Art erfolgen. Damit ist gemeint,dass keine Eingriffe in Landschaft und Bodenvorgenommen werden dürfen. Störende Fakto-ren wie Lärm und die dauernde Anwesenheit

von Menschen sollten im Kernbereich so geringwie möglich gehalten werden. Die Errichtungeines Golfplatzes ist demnach nicht tragbar, daer in erster Linie wertvolle ökologische Flächenbeansprucht. Ferner wäre die Errichtung einesGolfplatzes mit starken Veränderungen derBodenoberfläche und großem Einsatz vonDünger und Pestiziden verbunden.

• Eine sanfte Nutzung der Prader Sand kann zumBeispiel im Zusammenhang mit naturkund-lichen Lehrprojekten gesehen werden. Diesesollten in Verbindung mit dem Projekt „Aquap-rad“, einem mit viel Kostenaufwand errichtetenNationalparkhaus nahe der Prader Sand, ste-hen.

• Im Randbereich der Kernzone ist eine Nutzunganzustreben, die der Naherholung der gesam-ten Bevölkerung dient und der Natur am näch-sten kommt.

Ein grundsätzliches Problem für Natura 2000 alsauch für die allgemeine Naturschutzbewertungstellt die relativ geringe flächendeckende Ver-fügbarkeit naturräumlicher Daten in Südtiroldar. Effektiv nutzbares Forschungsmaterial bei-spielsweise für Verträglichkeitsgutachten ist meistnur in ausgewählten Gebieten vorhanden. In dennächsten Jahren muss somit neben der Auswei-sung von weiteren Schutzgebieten als Natura-2000-Gebiete, insbesondere in Tallagen, großesAugenmerk auf die flächendeckende natur-kundliche Erfassung des Landes Südtirolsgelegt werden, um eine effektive Basis für künfti-ge Entscheidungen zu erhalten.In ihrem Bericht vom 22. Dezember 2003 ver-weist die EU klar auf bestehende Defizite bei derAusweisung von Natura-2000-Gebieten. Italienund seine Provinzen werden somit weiterhingefordert sein, diese Defizite auszumerzen undFlächen nachzubenennen. Auch Südtirol hatseine Aufgaben im Bereich Natura 2000 nochnicht erfüllt.

"Natura 2000 - das Netzwerk für die Zukunft"beginnt zu greifen.

55.. LLiinnkkss// KKoonnttaakktt::• http://www.

provinz.bz.it/natur/Natura2000/d/default.htm• http://

europa.eu.int/comm/environment/nature/

Thomas Schmarda

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IImmpprreessssuummHerausgeber:

Alpenverein Südtirol, Vintlerdurchgang 16, I-39100 BozenTel. +39 0471 978 141, Fax +39 0471 980 011 • [email protected] • www.alpenverein.it

Dachverband für Natur- und Umweltschutz in Südtirol, Kornplatz 10, I-39100 BozenTel. +39 0471 973 700, Fax +39 0471 976 755 • [email protected] • www.umwelt.bz.it

Heimatpflegeverband Südtirol, Schlernstraße 1, I-39100 BozenTel. +39 0471 973 693, Fax +39 0471 979 500 • [email protected] • www.heimatpflege.net

Redaktion: Griseldis Dietl, Thomas SchmardaFotos: Maria Andergassen (Seiser Alm), Peter Zanetti (Buchfink), Rudolf Flora (Königsspitze), Archiv Amt für Landschaftsökologie,

Urbanistikamt der Gemeinde Bozen, Archiv Alpenverein Südtirol (AVS), Archiv Dachverband für Natur- und Umweltschutz ...Druck/Layout: Karo-Druck

© Nr. 3/2004 Alle Rechte bei den Herausgebern. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nicht ohne schriftliche Genehmigung der Herausgeber. • Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr.

Bisherige Ausgaben: Nr. 1/2001 • Die Gemeindebaukommission • Orientierungshilfen • Die Wilde Krimml: ein Lehrstück

Nr. 2/2002 • Gemeindebaukommission: Ergänzendes • Der Landschaftsplan • Meliorierung: Glurnser Schuttkegel • Raumordnung: Nordtirol

Nr. 3/2004

IInntteerrnneettaaddrreesssseenn zzuumm TThheemmaaAutonome Provinz Bozen/Abteilung 28. Natur und Landschaft:www.provinz.bz.it/natur/: Landschaftsplanung, Kulturlandschaft, Natura 2000, Schutzgebiete, Naturparke,geschützte Flora und Fauna, Gesetzgebung

Autonome Provinz Bozen/Abteilung 27. Raumordnung:www.provinz.bz.it/raumordnung/index_d.asp: Bauleitpläne, Gesetzgebung, Kartographie, überörtliche Pläne

EcoBrowser www.provinz.bz.it/umweltagentur/ecobrowser: Landschaftspläne, Bauleit- und Infrastrukturpläne, Natura 2000-Gebiete, Naturparke, Biotope, Naturdenkmäler, Schutzgebiete der Trinkwasserquellen, Gewässerkarten, CorineBodenbedeckung, Bodennutzung, Straßennetz, Zählsprengel, Skipistenplan, Lawinen, hydrogeologische Risikozo-nen, Expositions- und Hangneigungskarte, technische Grundkarten, Höhenschichten, Orthofotokarten

GeoBrowserwww.provinz.bz.it/raumordnung/geodaten: technische Landkarten, Orthofotokarten, Satellitenbilder, Boden-nutzung, Katastermappen, Gewässerkarten, Straßennetz, Zählsprengel, geologische Risikozonen

LandBrowserwww.provinz.bz.it/natur/landdaten: Landschaftspläne, Landschaftsschutzgebiete, Biotope, Natura 2000-Gebie-te, Naturparke, Naturdenkmäler, geschützte Landschaftselemente, Bodenbedeckung, geschützte Gärten und Park-anlagen, Landschaftsplan-Grenzen, Infrastruktur, Verkehrsbeschränkungen, Zonierung, Landschaftsschäden,Gemeinden, Ortschaften, Kataster

UrbanBrowserwww.provinz.bz.it/raumordnung/blp: Bauleitpläne, Flächenwidmungsplan, Infrastrukturenplan, digitaler Kataster,Grundkarte

LexBrowserwww.provinz.bz.it/ressorts/generaldirektion/lexbrowser_d.asp: Südtiroler Landesgesetze

Tiroler Landesregierung/Abteilung Umweltschutz:www.tirol.gv.at/organisation/gruppe_raumordnung_bau_und_umwelt_umweltschutz.html: vom Thema Awie Abfall bis W wie Washingtoner Artensutzvorkommen

Internetportal zu Boden und Grundwasser in Europa:www.eugris.org (engl.): Informationsplattform für die Themenbereiche kontaminierter Böden und Grundwasser(Erkundung, Untersuchung, Sanierung und Überwachung von schadstoffbelasteten Böden und Grundwasser).

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