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Lehrstuhl für Finanzwissenschaft Prof. Dr. Hans-Georg Petersen Seminararbeit Zum Thema „ Umweltethik und Effizienzdenken“ im Rahmen des Hauptseminars „Umweltpolitik aus ökonomischer Sicht“ Wintersemester 2005/2006 eingereicht von: Engel, Carmen Hochkirchstraße 4 10829 Berlin Gehlenberg, den 21.12.2005

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Lehrstuhl fürFinanzwissenschaft

Prof. Dr. Hans-Georg Petersen

Seminararbeit

Zum Thema

„ Umweltethik und Effizienzdenken“

im Rahmen des Hauptseminars

„Umweltpolitik aus ökonomischer Sicht“

Wintersemester 2005/2006

eingereicht von:Engel, Carmen

Hochkirchstraße 410829 Berlin

Gehlenberg, den 21.12.2005

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I

Inhaltsverzeichnis

ABBILDUNGSVERZEICHNIS.............................................................................II

1 EINLEITUNG...................................................................................................... 1

2 BEGRIFFSKLÄRUNG........................................................................................ 1

2.1 Ethik .............................................................................................................. 2

2.2 Umweltethik.................................................................................................. 4

3 (UMWELT-) ETHIK UND ÖKONOMIE: EIN WIDERSPRUCH?................... 6

4 WERTE DER NATÜRLICHEN WERTANSÄTZE IN DER NATURETHIK.. 9

4.1 Der anthropozentrische Wertansatz ............................................................ 10

4.2 Ökonomische Übereinstimmung................................................................. 12

4.3 Der nichtanthropozentrische Wertansatz .................................................... 13

4.4 Ökonomische Übereinstimmung................................................................. 14

5 RESÜMEE ......................................................................................................... 17

LITERATURVERZEICHNIS .............................................................................. 18

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II

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Unterschiede ethischer Bewertungsansätze ...................................... 4

Abbildung 2: Das Spannungsverhältnis zwischen Eigeninteresse und Moral ........ 7

Abbildung 3: Werte der Natur .............................................................................. 10

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1

1 Einleitung

„Moral predigen ist leicht, Moral begründen ist schwer.“

(Arthur Schopenhauer)

Die Umweltethik ist diejenige Teildisziplin der anwendungsorientierten

Moralphilosophie, die sich mit der Grundfrage eines normativen richtigen bzw.

moralisch verantwortbaren Umgangs mit der äußeren nicht-menschlichen Natur

befasst. Hierbei thematisiert die Umweltethik vor allem die wertbezognen und

normativ-moralischen Aspekte der Beziehung, in denen Menschen zum

Außenmenschen stehen. Ziel der Umweltethik ist es, Umwelt-, Tier- und

Naturschutz sowie die regulative Idee der Nachhaltigkeit begründen.1

Ziel dieser Ausarbeitung ist es, einen Einblick in die Problematik der Begründung

von moralisch richtigen Handlungen zu geben, um dann die Frage zu

beantworten, ob Ökonomie und Ethik, bzw. speziell die Umweltethik im

Widerspruch zueinander stehen.

Insbesondere engagierte Natur- und Umweltschützer stehen dieser Frage skeptisch

gegenüber. Jahrzehntelange Abholzung der Wälder, Verschmutzung der Luft und

des Wassers haben die Umweltmedien stark belastet und sprechen nicht gerade

für die Ökonomie.

Doch Fälle wie z. B. die angekündigte Versenkung der Brent Spar- Plattform

haben gezeigt, dass die Bevölkerung und somit auch ein Faktor der

volkswirtschaftlichen Rechnung der Umwelt als solches einen Wert bemisst.

Dies gilt, wenn auch in differenzierter Weise, für die gesamte Wirtschaft. 2

In wie weit die ethischen Bewertungsansätze mit den ökonomischen

übereinstimmen soll im Folgenden genauer erörtert werden.

1 Vgl.: Ott, K.: Vorlesung „Umweltethik 1“, http://www.uni-greifswald.de/~umwethik/vl_umweltethik1.htm, Greifswald, Stand: 10.12.2005.2 Vgl.: Kreikebaum, H.: Umweltethik im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ökologie. In:Ethik in der Wirtschaft- Chancen verantwortlichen Handelns, Stuttgart 1996, S. 118.

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2

2 Begriffsklärung

Das Studium systematischer oder historische Ethik sollte weit mehr als nur ein

wenige Spezialisten interessieren, da jeder täglich mit ethischen Problemen

konfrontiert wird.3 Auch die moderne Wissenschaft hat dies erkannt und Begriffe

wie Medizin-, Wirtschafts- und Umweltethik fließen immer stärker in fachliche

Diskussionen ein. Leider werden Begriffe in der hiesigen Literatur sehr

unterschiedlich verwendet, was unter Umständen zu enormen

Verständnisproblemen führen kann.

Daher ist eine ausführliche Begriffserläuterung für den hier verwandten Begriff

der Umweltethik unabdingbar. Da es sich bei der Umweltethik um eine

Teildisziplin der Ethik handelt, folgt zunächst eine kurze Erläuterung des

allgemeinen Begriffs „Ethik“.

2.1 Ethik

Ethik befasst sich mit der Frage nach dem „richtigen Handeln“, wobei Ethik nicht

nur ein den akademischen Spezialisten vorbehaltenes Terrain, ist. In allen uns

bekannten Gesellschaften entwickelten die Menschen Auffassungen über richtige

oder falsche Lebensweisen.4

Ethische Urteile beziehen sich auf die Begründbarkeit von moralischen

Handlungsanweisungen, die von Individuum zu Individuum und von Kultur zu

Kultur variieren können.5 Der Unterschied zwischen Moral und Ethik besteht

darin, dass die faktische Moral teilweise emotionale Ursprünge hat sowie kultur-

und gesellschaftsabhängig ist, die Ethik hingegen systematisch allgemeine

Maßstäbe zu setzen versucht. Ethik kann also auch als das Nachdenken über

Moral verstanden werden, sie ist das System, innerhalb dessen die konkrete

Handlung als "moralisch" bemessen wird. Hat man in fremden Ländern Kontakt

mit anderen Kulturen, entstehen oft Konflikte mit den eigenen moralischen

3 Vgl.: Wyller, T.: Geschichte der Ethik- Eine systematische Einführung übersetzt von: Hoppe R.B. u. Frank Martin, Paderborn 2004, S. 11.4 Vgl.: Wyller T.: a.a.O., S. 9.5 Vgl.: Beese F. O. u.a. : Welt im Wandel: Umwelt und Ethik- Sondergutachten1999,Veröffentlichung des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung GlobaleUmweltveränderung, Marburg 1999, S. 17.

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3

Auffassungen. In diesem Zusammenhang stellt sich oft die Frage nach dem

ethischen Relativismus, der besagt, dass normative Maßstäbe menschlichen

Handelns sich nicht universell rechtfertigen lassen, sondern nur innerhalb einer

bestimmten Kultur beziehungsweise einer bestimmten historischen Epoche

faktisch gültig sind.6 In wie weit der ethische Relativismus zutrifft, oder einige

Auffassungen universell besser angesehen werden können als andere, ist die

Aufgabe von professionellen Ethikern.7

Ein Mensch ist in der Lage moralisch zu handeln, weil er die Fähigkeit besitzt,

zwischen moralischen und unmoralischen Handeln zu unterscheiden, sowie die

Freiheit hat, zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten zu wählen.8

Ob eine Handlungsanweisung als moralisch oder unmoralisch eingestuft werden

kann, hängt vor der Begründbarkeit des Handels ab.

Wie schon angemerkt, ist eine der wesentlichsten Aufgaben der Ethik, Maßstäbe

für solche Begründungen zu liefern, bzw. ganze Moralsysteme zu überprüfen.9

Problematisch hierbei ist jedoch, wie sich Normen überhaupt begründen lassen.

Um dies aufzuzeigen muss erst einmal definiert sein, was die Ziele innerhalb der

Ethik sind. Hier gibt es zwei Unterscheidungen.

Zum einen ist die eudaimonistische Ethik zu nennen , und damit die Frage nach

dem „Gelingen des eigenen Lebens“ d. h. nach den Normen die einen Menschen

befähigen ein erfülltes und glückliches Leben zu führen.

Zum anderen gibt es die normative Ethik. Hier stellt sich die Frage nach den

Normen und Prinzipien des Zusammenlebens, d.h. alle Regelungen, die erst die

Vorraussetzung für ein glückliches Zusammenleben schaffen.10

Innerhalb der normativen Ethik unterscheidet man zwischen dem teleologischen,

deontologischen und konsensualen Ansatz. Der teleologische Ansatz bezieht sich

auf die Konsequenzen des Handelns, wobei die Qualität der

Handlungskonsequenz nach einem selbst gewählten Maßstab beurteilt werden

muss.11 Bei dem deontologischen Ansatz sind nicht die Folgen des Handeln der

7 Vgl. Wyller T.: a.a.O., S. 11.8 Vgl.: Beese F. O. u.a. : a. a.O., S. 17.9 Vgl.: Gethmann C. F.: Rationale Technikfolgenbeurteilung, in: Grundwald, veröffentlicht in:Rationale Technikfolgenbeurteilungen- Konzepte und methodische Grundlagen, Berlin a.a.O.1998.10 Vgl.: Beese F. O. u .a. : a. a. O., S. 19.11 So wird z.B. bei den utilitaristischen Ansätzen (einer Teilmenge des teleologischen Ansatzes)dieser Maßstab als Zunahme des individuellen oder gesellschaftlichen Nutzens definiert.

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Maßstab, sondern die Befolgung inhärenter Maßstäbe, die sich je nach

philosophischer Grundausrichtung aus Religion, Natur o.ä. ableiten lassen.

Der konsensuale Ansatz setzt seinen Maßstab in der Zustimmung aller an der

Handlung beteiligten Personen. Alles ist erlaubt, solange alle Betroffenen

freiwillig zustimmen.

Die folgende Abbildung stellt noch einmal die drei Ansätze gegenüber:

Abbildung 1: Unterschiede ethischer Bewertungsansätze

Ethische Bewertungskonzepte

Konsensual deontologisch teleologisch

Zustimmung Recht/Vernunft Folgen

Akzeptanz Akzeptabilität Glück

Bewertungskriterien

Wenn man diese normativen Ansätze gegenüberstellt, wird deutlich, dass die

Wissenschaft der Ethik keine allgemeingültigen Normen schafft. Vielmehr ist es

die vordringliche Aufgabe der Ethik, auf der Basis allgemein anerkannter

Prinzipien sicherzustellen, dass alle damit verbundenen Normen nicht im

Widerspruch zueinander oder im Widerspruch zu den übergeordneten anerkannten

Prinzipien stehen.12

2.2 Umweltethik

12 Vgl.: Beese F.O.: a.a.O, S.21

Quelle: Beese F. O.: a.a.O, S.19

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Für den Begriff Umweltethik gibt verschiedenen terminologische Optionen. Der

Begriff „Umweltethik“ ist zwar ein etablierter Terminus, problematisch hierbei ist

jedoch, dass Umwelt als „Milieu“ oder als „field of significance” zu definieren

ist.

Gemäß Prof. Dr. Konrad Ott ist „Ökologische Ethik“ definitorisch nicht korrekt,

da er die Ökologie als eine Sparte der Biologie sieht und die ihrerseits der

Wertfreiheitsthese zugrunde liegt. Hieraus lassen sich ethische Folgerungen

ebenso wenig logisch ableiten wie aus irgendeiner anderen Naturwissenschaft.13

Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine allgemein anerkannte These. Selbst

Konrad Ott weist darauf hin, dass es auch eine andere Sichtweise gibt. 14

Bioethik kann als korrekte Definition nicht verwandt werden, da dieser Begriff als

Terminus schon in der Medizin vergeben ist.

Gemäß Angelika Krebs und Prof. Dr. Konrad Ott ist der terminologisch korrekte

Begriff daher „Naturethik“. In der Wissenschaft wird der Begriff „Umweltethik“

oft als etablierter Terminus in Sinne des Begriffs der Naturethik gebraucht. Auch

in dieser Ausarbeitung wird der Begriff „Umweltethik“ synonym mit dem Begriff

„Naturethik“ verwendet.15

Wie schon angemerkt, handelt es sich bei der Umweltethik nicht um eine völlig

neue Form der Ethik. Es handelt sich vielmehr um eine Übertragung der

allgemeinen Ethik auf Fragen der Umweltnutzung, d.h. Umweltethik ist ein

Teilgebiet der Ethik, das sich speziell mit Werten im Bereich des Mensch-

Naturverhältnis befasst.

Die Umweltethik lässt sich in drei Tätigkeitsfelder unterteilen:

1. Ressourcenethik: Begründung des moralisch verantwortlichen Umgangs

mit den natürlichen Ressourcen und den Umweltmedien.

2. Tierethik: Begründung des moralisch verantwortlichen Umgangs mit

schmerzempfindlichen Organismen.16

3. Naturschutzethik: Begründung des moralisch verantwortlichen Umgangs

mit überindividuellen kollektiven biotischen Entitäten (Population,

Spezies, Ökosysteme usw.)17

13 Vgl.: Ott, K.: Folien zur Vorlesung, S. 2.14 Siehe hierzu: Ott K., Ökologie und Ethik- Ein Versuch praktischer Philosophie, Tübingen 1994,S. 27. 15 Vgl.: Ott, K.: Folien zur Vorlesung, S.2 .16 Tierethik bezieht sich nicht auf alle Tiere im zoologischen Sinne

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3 (Umwelt-) Ethik und Ökonomie: Ein Widerspruch?

Schon seit langem beschäftigen sich Wissenschaftler mit Widersprüchen zwischen

den verschiedenen Wissenschaften.18

Kommt es bei den Wissenschaften Ethik und Ökonomie auch zu einem

unüberbrückbaren Konflikt oder ergänzen sich diese beiden Wissenschaften?

Um dies herauszufinden, sollte man erst einmal betrachten, ob es in einer

ökonomischen Welt überhaupt möglich ist, moralisch zu handeln.

Hierzu gibt es zwei Thesen: Die Harmoniethese und die Konfliktthese. Die

Harmoniethese lässt sich wie folgt begründen:

Die Entwicklung des marktwirtschaftlichen Systems kann als eine

Erfolgsgeschichte individueller Wahlfreiheit beschrieben werden. Durch die

Berufs- und Gewerbefreiheit hat jeder einzelne, die Chance nach seinen Stärken

und Fähigkeiten seinen persönlichen Faktor „Arbeit“ optimal einzusetzen.

Niemand muss mehr Soldat oder Bauer werden, nur weil er einer Familie von

Soldaten oder Bauern entstammt.

Diese Freisetzung und die damit verbundene Allokation von Talenten haben sich

für die gesamte Gesellschaft als außerordentlich produktiv erwiesen.19

Neben der Wahlfreiheit bei der Entstehung des Einkommens haben die Individuen

auch eine einzigartige Souveränität als Konsumenten, d.h. sie können selbst

entscheiden, wie und wann sie ihr erzieltes Einkommen für den Konsum

verwenden um so, mit ihren begrenzten Mitteln und ihrer Präferenzstruktur

entsprechende, ein optimales Niveau der Bedürfnisbefriedigung zu erreichen.

Marktwirtschaft kann daher als eine genuin soziale Veranstaltung gesehen

werden, weil hier individuell nutzenmaximierendes Verhalten zur

gesellschaftlichen Wohlfahrt beiträgt. Diesem Gedankengang folgt auch Ludwig

Erhards bekannter Ausspruch, dem gemäß Marktwirtschaft „Wohlstand für alle“

bedeutet.20

17 Vgl.: Ott, K.: Folien zur Vorlesung, S. 5.18 Man denke nur an den Fall Galilei und die Frage ob Theologie und Physik zueinander inWiderspruch stehen.19 Vgl.: Schwabedissen, H. M. u. Pies I.: Ethik und Ökonomie- Ein Widerspruch, veröffentlichtvom Forschungsinstitut des Wittenberg-Zentrums für globale Ethik a.a.O., Diskussionspapier 04-4, Lutherstadt Wittenberg u. Halle, S. 2.20 Vgl.: Erhard L.: Wohlstand für alle, Düsseldorf 1957.

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7

Die zweite These, die Konflikt-These wird vor allem in Deutschland viel stärker

wahrgenommen.

So ist neben der Ellenbogenmentalität und der wachsenden Korruption vor allen

die wachsende Umweltverschmutzung und –zerstörung Hauptargument der

Befürworter dieser Theorie. Die Allmende-Problematik hat sich zu einem

zentralen Schlagwort in der Umweltpolitik entwickelt.21

Es entsteht ein Spannungsverhältnis zwischen der unternehmerischen

Gewinnorientierung auf der einen und der gesellschaftlichen

Legitimationsvorstellung auf der anderen Seite. Die Allmende-Problematik tritt

immer dann auf, wenn das Eigeninteresse über das Interesse der Allgemeinheit

und damit auch das Interesse zukünftiger Generationen gestellt wird.

Innerhalb der Konfliktthese wird dieses Spannungsverhältnis als Trade-off

wahrgenommen, so als gäbe es einen unauflösbaren Konflikt zwischen

Eigeninteresse und Moral.

Abbildung 2: Das Spannungsverhältnis zwischen Eigeninteresse und Moral

Quelle: Pies I., Sardison M. : Wirtschaftsethik, Lutherstadt Wittenberg Seite 1.

Graphisch bedeutet dies, dass lediglich eine Bewegung auf der Trade-off-Geraden

stattfindet: Je größer das Eigeninteresse um so geringer die moralischen

Beweggründe und umgekehrt.22

21 Siehe hierzu: Mankiw N. G.: Grundzüge der Volkswirtschaft, übersetzt von: Wagner A. 2.Auflage, Stuttgart 2001, Seite 25422 Vgl.: Pies I. u. Sardison M.: Wirtschaftsethik, veröffentlicht von dem Forschungsinstitut desWittenberg-Zentrums für globale Ethik a.a.O., Diskussionspapier 05-2, Lutherstadt Wittenberg u.Halle, S. 3

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8

Wie schon erwähnt, liegt die Ursache für dieses Problem in der wirtschaftlichen

Zielsetzung der Gewinnmaximierung. Unternehmen gehen nur dann mit

Ressourcen und der Umwelt schonend um, wenn sie sich dadurch Gewinnvorteile

erhoffen.23

Die starke Beanspruchung der Natur und deren verheerende Folgen zeigen, dass

die Gewinnmaximierung oft auf Kosten der Natur erzielt wird.

Da es in der Realität Beispiele und Argumente, sowohl für die Konflikt- als auch

für die Harmoniethese gibt, kann man nicht allgemein sagen, dass sich

Wissenschaft und Moral widersprechen.24

Das Unternehmer ethisch nicht korrekt handeln, kann man nicht als intentionales

Handeln versehen. Oft werden die einzelnen Unternehmen dazu gezwungen, da

sie z.B. durch umweltschonende Verfahren Wettbewerbsnachteile erleiden.25

Umgekehrt handeln Unternehmen nicht unbedingt aus moralischen Gründen

umweltbewusst sondern, weil sie ein moralisch wertvoller Mensch sind, sondern

weil sie sich durch umweltschonende Verfahren Wettbewerbsvorteile, z.B. durch

neue Innovationen im Bereich der erneuerbaren Energien, erhoffen.26

In beiden Fällen werden gesellschaftliche Ergebnisse als nichtintendiertes Resultat

intentionalen Handelns erklärt, was bedeutet, dass Handlungsfolgen nicht nur von

der Gesinnung, sondern auch von den jeweiligen Bedingungen abhängen.27

Konfliktfälle kann man nicht nur durch moralische Appelle und

Schuldzuweisungen, sondern auch durch institutionelle Reformen lösen.

Sobald man moralisch richtige Handlung prämiert oder nichtmoralisches Handeln

mit Strafen belegt, fließen die Folgen des Handelns in die Kosten-Nutzen-Analyse

von Unternehmen und Haushalten mit ein.

Um abzuleiten, welche Werte der Umweltethik auch ohne Regelungen in die

Kosten-Nutzen-Analyse oder in die volkswirtschaftliche Bewertung einfließen,

folgt ein kurzer Überblick über die verschiedenen Wertansätze der Naturethik

sowie deren ökonomische Relevanz.

23 Man denke an die steigende Nachfrage nach alternativen Energien, als die Bundesregierung dasErneuerbaren Energie Gesetz (EEG) verabschiedet hat.24 Vgl.: Eucken, W.: Grundsätze der Wirtschaftspolitik, 6. Auflage Tübingen 1990, S. 354.25 hierbei handelt es sich um die „unsichtbare Faust“ von Thomas Malthus26 hierbei handelt es sich um die „unsichtbare Hand“ von Adam Smith27 Vgl.: Schwabedissen, H. M. u. Pies I.: Ethik und Ökonomie- Ein Widerspruch, veröffentlichtvon dem Forschungsinstitut des Wittenberg-Zentrums für globale Ethik a.a.O., Diskussionspapier04-4, Lutherstadt Wittenberg u. Halle, S. 7 ff.

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4 Werte der natürlichen Wertansätze in der Naturethik

In der naturethischen Literatur existiert eine Vielzahl von höchst

unterschiedlichen Antworten auf die naturethische Grundfrage. Die metaethische

Arbeit von Angelika Krebs „ Ethics of Natur: a map“ gibt auch für einen Laien

einen systematischen Überblick über die verschiedenen naturethischen

Positionen.28 29

Ein wichtiges Begriffspaar in der Naturethik ist der „instrumentelle Wert“ sowie

der „Eigenwert“.

Als instrumentellen Werte bezeichnen wir in der Regel den Wert, den wir Güter

zuordnen, die wir als Mittel zum Zweck, d. h. als Instrument nutzen. Je nachdem,

wie gut sie diesen Zweck erfüllen, bemisst sich der Wert des Gutes.30

Dabei ist es moralisch nicht verwerflich, dass fast alles einen instrumentellen

Wert innehat. Auch einem Menschen kann ein instrumenteller Wert zufließen,

man denke beispielweise an den Lohn, der einem Arbeiter gezahlt wird.

Im Sinne eines „instrumentellen Wertes“ werden Sachverhalte also nur deshalb

geschätzt, weil mit ihrer Hilfe andere positiv bewertete Sachverhalte realisiert

werden können. In allen anderen Fällen kommt dem Sachverhalt ein eigener Wert,

der sogenannten Eigenwert, zu.

Geht man nur an einem Strand entlang, um schnellstmöglich beim Supermarkt zu

sein, dann hat der Strand nur einen instrumentellen Wert. Geht man an dem

Strand entlang, weil man es genießt, am Strand spazieren zu gehen, dann handelt

es sich um einen Eigenwert.31 Genießt man es, am Strand entlang zu laufen und es

ist der kürzeste Weg zum Supermarkt, dann hat der Strand einen Eigen- und einen

instrumentellen Wert.

Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass wie im oben gezeigten Beispiel, die

Instrumentalisierung der Natur nicht gleichbedeutend mit deren Zerstörung ist.

28 Vgl.: Marggraf R. u. Streb S.: Ökonomische Bewertung der natürlichen Umwelt. Theorie,politische Bedeutung, ethische Diskussion, Berlin, Heidelberg 1997, S. 231-232.29 Vgl.: Krebs A.: Ethics of Nature: A Map, Band 22, Berlin, New York 1999.30 Vgl.: Lerch A.: Naturbewertung in ökonomischer und ethischer Perspektive, inwissenschaftliche Perspektiven sechs, Berlin 2002, S. 224.31 Vgl.: Krebs A., a.a.O., S. 12.

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10

In der Ethik unterscheidet man zwei verschiedene Wertansätze, die den Eigenwert

unterschiedlich auslegen: den anthropozentrischen und den

nichtanthropozentrischen Wertansatz.

Abbildung 3: Werte der Natur

Welchen Wert hat die Natur?

Eigenwert instrumenteller Wert

inhärenter Wert(anthropozentrischer

Eigenwert)

Intrinsischer Wert(nichtanthropozentrischer

Eigenwert)

absoluter Eigenwert

moralischer Eigenwert

der fühlenden Natur die zwecktätigen Natur der gesamten Natur(Pathozentrismus) (Biozentrismus) (Physiozentrismus)

Quelle: In Anlehnung an Marggraf R., Streb. S: a. a. O., S.237

4.1 Der anthropozentrische Wertansatz

Anthropozentrik leitet sich von dem griechischen Wort „anthropos“ ab, was ins

Deutsche übersetzt Mensch bedeutet. Und genau darauf zielt der

anthropozentrische Wertansatz auch ab. Dieser Wertansatz misst nur mit den

Maßen, die der Situationswahrnehmung und Situationsbeurteilung des Menschen

entnommen sind und allein den Interessen des Menschen, auch gegenüber der

Natur und anderen Lebewesen, dienen.32

32 Vgl.: Mittelstraß J. , a.a.O., S. 28.

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11

Innerhalb der Literatur der Naturethik wird oft der Begriff des „inhärenten

Wertes“ verwendet. Die Abgrenzung zum instrumentellen Wert ist sehr schwierig.

In aller Regel wird bei der Abgrenzung des inhärenten Wertes erstens betont, dass

der Nutzer direkt von dem betrachteten Gut ausgeht. So besitzt bei einer

Vogelbeobachtung mit Hilfe eines Fernglases das Fernglas nur einen

instrumentellen Wert, die Vögel jedoch einen inhärenten Wert. Neben diesem

Abgrenzungskriterium spielt die Einzigartigkeit eine wichtige Rolle.

Einen inhärenten Wert besitzt demnach etwas, was um seiner selbst Willen

geschätzt wird und nicht durch etwas anderes ersetzt werden kann.33

Dieses sind genau wie beim anthropozentrischen Wert, Werte, die für den

Menschen von Bedeutung sind, um ein glückliches und erfülltes Leben zu führen.

Die Begriffe „anthropozentrischer Wert“ und „inhärenter Wert“ können also

synonym verwandt werden.

Da die anthropozentrische Werttheorie davon ausgeht, dass nur Menschen die

Fähigkeit besitzen, moralisch und damit auch ethisch zu handeln, lassen sich alle

Werte aus den Indifferenzkurven der Menschen ableiten. Der daraus ersichtliche

Nutzen eines Gutes bildet die Höhe des Wertes. Es sollte jedoch nicht außer Acht

gelassen werden, dass es auch in der Zukunft Generationen von Menschen gibt,

die ein Recht auf ein glückliches und erfülltes Leben haben. Durch den

gegenwärtigen Verbrauch bzw. die gegenwärtige Zerstörung der Natur berauben

wir zukünftige Generationen dieser Nutzen. Zu einem moralischen Universum

gehören daher neben allen lebenden Menschen auch alle zukünftigen

Generationen dazu. Auch wenn wir nicht genau wissen, welche Werte für diese

Menschen wichtig sein werden um ein erfülltes und glückliches Leben zu führen,

können wir doch zwei Dinge mit einer ziemlich hohen Wahrscheinlichkeit

voraussagen: Zum einen, dass es zukünftige Generationen geben wird, und zum

anderen, dass es bestimmte Werte gibt, die wir heute schätzen und die auch

zukünftige Generationen schätzen werden. Als Beispiel kann hier die Gesundheit

oder ein klarer Sommertag genannt werden. Durch die Zerstörung der

Ozonschicht, gefährden wir die Gesundheit zukünftiger Generationen und diese

könnten sich aufgrund der hohen Strahlenbelastung nicht draußen aufhalten.34

33 Vgl.: Lerch A., a.a.O., S. 22634 Vgl.: Krebs A., a.a.O., S. 19-20

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4.2 Ökonomische Übereinstimmung

Grundsätzlich basieren alle ökonomischen Bewertungen auf dem Prinzip der

Kosten-Nutzen-Analyse. Das Hauptproblem der Kosten-Nutzen-Analyse ist, dass

die Bewertungsmaßstäbe der Kosten und Nutzen, der Umfang der in das Kalkül

einbezogenen externen Effekte, die Bestimmung des Diskontierungsfaktors sowie

die Berücksichtigung von Nebenwirkungen nicht objektiv festgestellt werden

können.35 Gerade im Bereich der Natur ist es sehr problematisch, die Kosten und

den Nutzen zu monetarisieren und damit vergleichbar zu machen. Durch

verschiedene Bewertungsansätze, wie zum Beispiel der indirekten Methode des

Reisekostenansatzes36, versucht man, dieses Problem zu umgehen. Diese

Bewertungsverfahren ernten in der Ökonomie jedoch nur bedingt Anerkennung.37

Modernere Nutzen-Kostenanalysen versuchen auch, qualitative Aspekte zu

berücksichtigen, was aber oft zu einer undurchsichtigen Komplexität führt.

Der Nutzen den Personen der natürlichen Umwelt zurechnen, basieren auf den

faktischen Präferenzen der Individuen, d.h. es bleibt der Person selbst überlassen,

ob sie ein unmittelbares Interesse an einem Umweltgut hat oder nicht.

Der so erhaltene ökonomische Wert setzt sich aus den Produktionswert und dem

Konsumwert zusammen, wobei die natürliche Umwelt sowohl einen Produktions-

als auch einen Konsumwert besitzen kann. Ein Produktionswert liegt immer dann

vor, wenn man die Natur als Mittel zum Zweck betrachtet. Damit kann der

Produktionswert als Synonym des instrumentellen Wertes gesehen werden.38

Ein Konsumwert liegt vor, wenn das Individuum ein unmittelbares Interesse an

der Natur hat. Der Mensch schätzt die natürliche Umwelt, weil sich deren Zustand

direkt auf ihr Wohlbefinden und somit auch auf sein Nutzenniveau auswirkt. Wie

beim inhärenten Wert, begründet man dies damit, dass ein erfülltes und

glückliches Leben vom Erleben der Natur abhängt.

35 Vgl.: Gabler: Wirschaftslexikon, 14. Auflage, Wiesenbaden 1997, S. 2269-2270.36 Siehe hierzu: Strengel M., Wüstner K.: Umweltökonomie. Eine interdisziplinäre Einleitung,München 1997, S.14 ff. 37 Siehe hierzu: Endres A., Holm-Müller K.: Die Bewertung von Umweltschäden. Theorie undPraxis sozioökonomischer Verfahren, Stuttgart u.a. 1998, S. 60 ff. 38 Wenn eine Person den Regenwald schätzt, weil sie preiswert mit dessen Holzproduktionversorgt werden möchte, handelt es sich um einen Produktionswert

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Hierbei handelt es sich nicht nur um einen theoretischen Zusammenhang. Viele

empirische Studien zeigen, dass zu einem erfüllten und glücklichen Leben

Menschen bestimmte Anforderungen an den Zustand der natürlichen Umwelt

stellen.

Die Bemessung von zukünftigen Nutzenniveaus stellt die Ökonomie vor ein

besonderes Problem, da es nicht möglich ist, eine genaue Prognose über

zukünftige Generationen und deren Bedürfnisse abzugeben. Wie schon

angemerkt, müssen wir aber trotzdem diese Bedürfnisse in unsere

volkswirtschaftliche Rechung mit einbeziehen, was gerade bei erschöpfbaren

Ressourcen von enormer Bedeutung ist.

Trotz dieser Problembereiche deckt sich die anthropozentrische Werttheorie mit

den Werten der ökonomische Kosten-Nutzen-Funktion, da beide Werte von den

Bedürfnissen und Wünschen der Menschen ausgehen.

4.3 Der nichtanthropozentrische Wertansatz

Nichtanthropozentrische Naturethiker gehen weiter als die anthropozentrischen

Naturethiker und ordnen auch der Natur einen eigenen Wert zu.

In der Literatur wird oft der Begriff des intrinsischen Wertes verwandt. Als

intrinsische Wert wir in der Regel der jegliche Instrumentalisierung verbietende

Wert von moralischen Subjekten bezeichnet.39 Wer neben dem Menschen zu den

moralischen Subjekten gehört, wird innerhalb des Nichtanthropozentrismus stark

diskutiert und führt zu einer unterschiedlichen Auslegung des intrinsischen

Wertes. Daher ist eine Differenzierung der verschiedenen Theorien vorzunehmen.

Befürworter des absoluten Eigenwertes sind der Auffassung, dass auch alles

einem Wert zukommt was unabhängig von den Interessen der Menschen und ihrer

moralischen Einstellungen existiert. Dies bedeutet, das es auch ohne die Existenz

von wertenden Menschen Werte in der Welt gibt.

Ein intrinsischer Wert kann nicht in einer qualitativen Beziehung zu anderen

Werten gesetzt werden. Er lässt sich weder mit einem anderen intrinsischen Wert,

noch mit einen anthropozentrischen Wert verrechnen.

39 Vgl.: Lerch A., a.a.O., S. 225.

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In Konfliktsituationen ist eine lexikographische Ordnung der Werte ratsam, wobei

in einer Welt des absoluten Eigenwertes der intrinsische Wert stets dem

instrumentellen und dem inhärenten Wert vorgeordnet ist.40

Befürworter des moralischen Eigenwertes, auch Erkenntnistheoretiker genannt,

sind der Auffassung, dass all jenem einen Wert zukommt, was die Menschheit zu

Achtsamkeit verpflichtet, wenn sie moralisch handeln. Alle Werte sind relational,

d.h. ohne Menschen gibt es keine Werte. Für Erkenntnistheoretiker nehmen

Befürworter eines moralischen Eigenwertes der Natur also einen

anthropozentrischen Standpunkt ein.

Doch wie weit die moralische Verantwortung greift hängt von den jeweiligen

Meinungen ab. So gibt es zum einen die Pathozentristen (griechisch „pathos“=

Leid), die der Auffassung sind, dass nur die fühlende Natur einen Eigenwert

besitzt. Biozentriker (griechisch: „bios“= Leben) legen den Begriff weiter aus. Für

sie hat die gesamte lebendige Natur einen Eigenwert.

Der Physiozentriker (griechisch: „physis“= Natur) rechnen der gesamten Natur

einen Eigenwert zu. 41

4.4 Ökonomische Übereinstimmung

Wie im Punkt 3.1.2 schon erläutert, geht die ökonomische Bewertung von den

Indifferenzkurven der Individuen aus.

Da die Anhänger des absoluten Eigenwertes auch vom Menschen unabhängige

Werte als vorherrschend ansehen, deckt der ökonomische Wert nicht alle Werte

dieser Theorie ab. So kann ein Edelweiß zwar einen durch den Menschen

zugerechneten Wert haben, wenn es Menschen gibt, die die Existenz eines

Edelweiß als Bedingung für ein glückliches und erfülltes Leben ansehen.

Auch wenn dieses den Schutz des Edelweißes zur Folge hat, besitzt das Edelweiß

in diesem Fall keinen absoluten Eigenwert.

Befürworter des absoluten Eigenwertes versuchen die utilitaristische42

Werttheorie zu entkräften, indem sie diese als falsch bezeichnen, da die meisten

Menschen nur nicht in der Lage sind, den Wert der Natur zu erkennen.

40 Vgl.: Marggraf R. u. Streb S., a.a.O., S. 235.41 Vgl.: Marggraf R. u. Sreb S., a.a.O., S. 236.

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Dies sei nur möglich, „wenn man bereit sei, die beschränkte menschliche

Wertperspektive zu überschreiten und eine neue Sensibilität zu entwickeln. Wer

sein Verhältnis zur Natur so neu bestimmt, dem würde sich auch der von den

Menschen unabhängige absolute Charakter der Naturwerte offenbaren.“43

Doch worin besteht dieser Eigenwert? Die Liste der möglichen Kandidaten ist

lang. Genannt werden unter anderem Komplexität, Schönheit, Harmonie.

Problematisch hierbei ist jedoch, dass man alle Vorschläge in einen Kontext

darstellen kann, in dem er mit Sicherheit keine ethische Relevanz darstellt. So

sind vom Menschen komplex gemachte Dinge nicht wertvoller als einfache;

ansonsten wäre eine Atomwaffe ethisch gesehen besser als eine Steinschleuder.

Es reicht also nicht aus, nur Kandidaten zu nennen, man benötigt eine

Begründung, warum die mögliche Bestimmungsfaktoren des Eigenwertes nur für

einen Bereich (zum Beispiel die Natur) und nicht für andere Bereiche gelten.44

Neben den radikalen Verfechtern der utilitaristischen Werttheorie gibt es auch

Naturethiker, die für den für einen moralischen Eigenwert der gesamten Natur

plädieren und damit wie die Ökonomen der Ansicht sind, dass es ohne wertende

Menschen keine Werte gibt. Genau gesagt heißt dies, dass sie die utilitaristischen

Werttheorien nicht komplett verwerfen, sondern lediglich die Grenzen dieser

Werttheorie für zu eng gezogen ansehen.

Sie sind der Meinung, dass der Mensch ein Teil des Systems der Natur ist . Einem

Element eines Systems, in diesem Fall dem Menschen, geht es nur dann gut, wenn

es dem gesamten System gut geht. Dieses physiozentrische Argument unterstellt

jedoch eine Harmonie zwischen dem menschlichen Wohlbefinden und dem

Gedeihen der Natur, was in der Realität jedoch nicht der Fall ist. 45

Auch wenn der Zustand der Natur ein wichtiger Bestimmungsfaktor für

menschliches Wohlbefinden ist, muss dieser nicht der einzige sein.

So ist in den meisten Fällen die ärztliche Versorgung bei Krankheit ein weiterer

wichtiger Bestimmungsfaktor. Dafür benötigt man den Bau von Krankenhäusern.

Dieses birgt aber einen Eingriff in die Natur mir sich, d.h. die beiden Faktoren

stehen in Konkurrenz zueinander.

42 Utilitaristische Werttheorien beinhalten, dass ausschließlich menschliche Werte vonverbindlichem Wert sind, weshalb nur anthropozentrische Werte von ethischer Relevanz sind43 Zitat: Marggraf R. u. Streb S., a.a.O., S. 23844 Vgl.: Marggraf R. u. Streb S., a.a.O., S. 238-239 45 Vgl.: Marggraf R. u. Streb S., a.a.O., S. 238-239

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Es gibt auch Ökonomen, die der Ansicht sind, dass auch Tiere Indifferenzkurven

besitzen, und diese mitberücksichtigt werden müssen. Auch wenn dieses eine

nicht zu verachtende Auffassung ist, gibt es bis heute keine Möglichkeit diese

Indifferenzkurven zu messen.

Zusammenfassend kann also geschlussfolgert werden, das die Wertschätzung vom

instrumentellen und dem inhärenten Wert als ökologisch effizient angesehen

werden kann. .46

Intrinsische Werte fließen nicht komplett mit in die Kosten-Nutzen-Analyse ein.

Nur ein Teil dieser Werte muss geschätzt und berücksichtigt werden, wenn man

aus ökonomischer Sicht effizient handelt.

46 Alle, in Abbildung 3, grau gekennzeichneten Werte fließen komplett mit in die ökologischeKosten-Nutzen- Analyse mit ein.

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5 Resümee

Was ist Ethik und wie verhält man sich ethisch korrekt? Auch der anerkannte

Philosoph Emanuel Kant konnte darauf keine eindeutige Antwort finden. Da die

Ökonomik jahrzehnte lang ethische Aspekte vollkommen aus ihren

wissenschaftlichen Theorien eliminiert haben, müssen sich heutige Ökonomen

starker Kritik aussetzten.

Die Begriffdefinition zeigte, dass es sich beim Begriff

“Umweltethik“ um einen nicht genau definierten Terminus handelt. Verschiedene

Bemessungsgrundlagen aufgrund von verschiedenen Zielsetzungen geben keine

allgemeine Auskunft darüber, inwieweit bestimmte Handlungen als moralisch

verwerflich oder empfehlenswert zu bemessen sind.

Aufgrund der verschiedenen Ansichten über ethisch korrektes Verhalten ist eine

allgemeine Analyse inwieweit Ethik und die Wissenschaft sich widersprechen

nicht möglich.

Festgestellt wurde, dass sich die ökonomische Werttheorie und die

anthropozentrische Werttheorie theoretisch nicht widersprechen, auch wenn es

praktisch sehr schwierig ist, diese mit in die Kosten-Nutzen-Analyse

einzurechnen.

Innerhalb der nichtanthropozentrischen Werttheorie kommt es zu enormen

Differenzen. Auch wenn die Ökonomen die Werte der nichtanthropozentrischen

Werttheorie anerkennen würden, gibt es bis heute keine sinnvollen

Lösungsvorschläge, wie man den absoluten Eigenwert der Natur bewerten kann.

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Eidesstattliche Erklärung

Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit ohne

fremde Hilfe angefertigt und keine anderen als die angegebenen Quellen und

Hilfsmittel benutzt habe. Alle Teile, die wörtlich oder sinngemäß einer

Veröffentlichung entstammen, sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit

wurde noch nicht veröffentlicht oder einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.

Gehlenberg, den 21.12.2005