6
„Es ist uns wichtig, dass Thürin- gen als das Bundesland, aus dem die NSU-Täter kommen, einen stär- keren Akzent auf die Opferperspek- tive legt“, betonte Bodo Ramelow, Fraktionsvorsitzender der LINKEN, am 19. April auf der Pressekonfe- renz mit Aiman A. Mazyek, Vorsit- zender des Zentralrats der Muslime in Deutschland. Am Vorabend hatte Aiman A. Mazy- ek die Ringvorlesung der Erfurter Uni- versität zum Thema „Migration. Inte- gration. Inklusion. – Chancen, Heraus- forderungen, Perspektiven“ erönet und Bodo Ramelow hatte zu Beginn der Pressekonferenz daran erinnert, dass der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime bereits auf der Gedenkveran- staltung für die Opfer des NSU-Terrors am 28.11.2011 vor der Staatskanzlei in Erfurt gesprochen hatte. „Wir haben in Deutschland in erster Linie ein Problem mit dem Rassismus“, der immer wieder bagatellisiert werde, erklärte Mazyek und sprach von einer gesamtgesellschaftlichen Herausfor- derung, die viel stärker angenommen werden müsse. Martina Renner, stell- vertretende Vorsitzende im Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss, ver- wies auf den von der LINKEN schon vor geraumer Zeit vorgeschlagenen Ge- denk- und Mahnort in Thüringen für die Opfer des Nazi-Terrors, ein Vorschlag, der von der Ministerpräsidentin Zu- spruch erfahren hatte, und den die Ab- geordnete erneuerte. Jedoch stünden auch die Kommunen in der Verantwor- tung, denn sechs Menschen sind in den Jahren nach 1990 durch Nazi- Hand in Thüringen ermordet worden. Auf der Internetseite der Fraktion kann unter www.die-linke-thl.de das Video der Pressekonferenz auf YouTube angesehen werden sowie der Beitrag beim Erfurter Sender salve.tv: Bodo Ra- melow & Aiman A. Mazyek im Ge- spräch. keitsprinzip sind.“ In den vergangenen Wochen hatte es heftige Kritik wegen der Platzvergabe an Journalisten gege- ben, die nun neu geregelt werden soll. Die LINKE-Abgeordnete hatte be- reits im Vorfeld „mangelnde Sensibili- tät und keine dem Verfahren adäquate Verfahrensweise durch den Vorsitzen- den Richter“ kritisiert. „Wir fordern ein transparentes und angemessenes Ak- kreditierungsverfahren. Es muss si- gab auch keine Versammlung. Außer- dem müsse die Frage beantwortet wer- den, mit welcher Begründung die Poli- zei überhaupt eine Gefahrenlage gese- hen hat, wenn in der Stadt massenwei- se aundbare Naziaufkleber entfernt werden sollen“, hatte Martina Renner gefordert. Im Zusammenhang mit dem Aufruf der Linksfraktion zur Teilnahme an den Protesten gegen den Naziaufmarsch, dazu gibt es jetzt auch am Rande der April-Landtagssitzung eine Mobilisie- rungsaktion, warnte die Abgeordnete, dass mit solchem Agieren der Polizei, wie am 18. April, oenbar versucht werden soll, gesellschaftliche Gegen- wehr gegen den Naziaufmarsch am 1. Mai in Erfurt und sinnvolle „Putzaktio- nen“ zu behindern. hen. Das Bündnis „Keinen Meter“ hatte mitgeteilt, dass am 18. April Men- schen, die sich zu einer Putzaktion ver- abredet hatten, schon von der Polizei erwartet und aufgefordert wurden, ihre Personalien zu nennen. Auf Nachfrage, was der Grund der Überprüfung sei, gab die Polizei an, dass es eine angemeldete Aktion des Aktionsbündnisses gegen Rechts gäbe und es völlig normal sei, vor angemel- deten Veranstaltungen Personenkon- trollen durchzuführen. „Die für die Identitätsfeststellung durch die Beamten gelieferte Begrün- dung ist hanebüchen und demonstriert oenkundige Bereitschaft, Rechts- grundlagen für Datenerhebungen zu missachten. Eine Putzaktion ist weder anmelde- noch anzeigepflichtig und es Die Fraktion DIE LINKE im Thü- ringer Landtag ruft dazu auf, sich den Protestaktionen des Bünd- nisses „Keinen Meter“ am 1. Mai in Erfurt anzuschließen und den Neonazis die Stirn zu bieten. Zugleich hatte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Marti- na Renner, am 19. April in einer Pressemitteilung kritisiert: „Es ist schlicht nicht hinnehmbar, dass be- reits zwei Wochen vor dem 1. Mai Menschen polizeilichen Schikanen ausgesetzt werden, wenn sie sich verabreden, Nazipropaganda in Er- furt auf öentlichen Plätzen zu ent- fernen.“ Die Abgeordnete forderte eine Erklärung des Innenministeri- ums zu diesem skandalösen Vorge- Herausforderung für gesamte Gesellschaft „Keinen Meter“-Protest anschließen Eine Ungeheuerlichkeit sonder- gleichen sind die fremdenfeindli- chen Äußerungen, die vom Vorsit- zenden der Thüringer Tierschutz- partei, Harald von Fehr, unter dem Deckmantel des Tierschutzes ver- breitet werden. Mir liegt eine Rund- mail von ihm vor mit mehreren Fo- tos von Wildschweinen und einem Text, in dem es darum geht, dass sich in der europäischen Schweine- familie die Alten um die Jüngeren kümmern, diese diszipliniert seien, keine Kopftücher tragen, „keine fremden Frauen anmache“ und auch keine BMW-Autos stehlen würden, „aber das schlimmste“ sei, „auf die darf geschossen werden!“ Diese perfide Gegenüberstellung mit rassistischen Klischees oen- bart deutlich, wie unter dem Deck- mantel einer vermeintlichen Tierlie- be und der Interessen des Tier- schutzes Fremdenfeindlichkeit ge- schürt werden soll. Da durch die Anspielungen oenkundig zur Dis- kriminierung von Menschen einer bestimmten ethnischen oder reli- giösen Herkunft aufgestachelt wer- den soll und bestimmte Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig mit verächtlichen Äußerungen über- zogen und verleumdet werden, ha- be ich die Staatsanwaltschaft Gera um Prüfung der Strafbarkeit nach Paragraph 130 gebeten. Fehr ist be- reits in der Vergangenheit im Zu- sammenhang mit der rechten Sze- ne auällig geworden. In mehrere Ausgaben einer Zeitschrift Thürin- ger Neonazis („Der Rennsteigbote“) hat er als Autor mitgewirkt und wird namentlich erwähnt. Heute wird die Zeitschrift oziell von der Thürin- ger NPD bzw. dessen Kreisverband in Gotha herausgegeben. In den letzten Jahren hat es mehrfach Aktionen von Neonazis unter dem Deckmantel des Tier- schutzes gegeben, durchgeführt vor allem „Autonomen Nationali- sten“. Als im Herbst 2009 eine Thü- ringer Zeitung über die Instrumen- talisierung des Tierschutzes durch Neonazis berichtete, wurden kurz darauf die Scheiben einer Lokalre- daktion eingeschlagen und mehre- re Dutzend Neonazis marschierten auf. Ich erwarte von der Thüringer Tierschutzpartei eine Distanzierung von ihrem Vorsitzenden. Die Staatsanwaltschaft Gera teil- te am 18.4. mit, dass gegen den Vorsitzenden der Thüringer Tier- schutzpartei ein Ermittlungsverfah- ren wegen Volksverhetzung einge- leitet wurde. Perfide Äußerungen von Katharina König Aiman A. Mazyek: „Wir haben in erster Linie ein Problem mit dem Rassismus“ KOMMENTIERT: AKTUELL PARLAMENTSREPORT Fraktion im Thüringer Landtag www.die-linke-thl.de Bereits am 15. April hatte nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts München, den NSU-Prozess zu ver- schieben, Martina Renner, gesagt: „Dies ist ein einmaliger Vorgang, dass ein Gericht vom Bundesverfassungsge- richt erklärt bekommt, was rechts- staatliche Kriterien beim Öentlich- chergestellt werden, dass Journalisten die Öentlichkeit als Berichterstatter vor Ort über das Verfahren informieren können - sei es auch über eine Video- Übertragung in einen Nebenraum. Wir fordern mehr Plätze, insbesondere für internationale Medien und für Angehö- rige der Opfer“, so Renner.

PARLAMENTSREPORT · und Bodo Ramelow hatte zu Beginn der Pressekonferenz daran erinnert, dass der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime bereits auf der Gedenkveran-staltung für

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: PARLAMENTSREPORT · und Bodo Ramelow hatte zu Beginn der Pressekonferenz daran erinnert, dass der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime bereits auf der Gedenkveran-staltung für

„Es ist uns wichtig, dass Thürin-gen als das Bundesland, aus demdie NSU-Täter kommen, einen stär-keren Akzent auf die Opferperspek-tive legt“, betonte Bodo Ramelow,Fraktionsvorsitzender der LINKEN,am 19. April auf der Pressekonfe-renz mit Aiman A. Mazyek, Vorsit-zender des Zentralrats der Muslimein Deutschland.

Am Vorabend hatte Aiman A. Mazy-ek die Ringvorlesung der Erfurter Uni-versität zum Thema „Migration. Inte-gration. Inklusion. – Chancen, Heraus-forderungen, Perspektiven“ eröffnetund Bodo Ramelow hatte zu Beginn derPressekonferenz daran erinnert, dassder Vorsitzende des Zentralrats derMuslime bereits auf der Gedenkveran-staltung für die Opfer des NSU-Terrorsam 28.11.2011 vor der Staatskanzleiin Erfurt gesprochen hatte.

„Wir haben in Deutschland in ersterLinie ein Problem mit dem Rassismus“,der immer wieder bagatellisiert werde,erklärte Mazyek und sprach von einergesamtgesellschaftlichen Herausfor-derung, die viel stärker angenommenwerden müsse. Martina Renner, stell-vertretende Vorsitzende im ThüringerNSU-Untersuchungsausschuss, ver-wies auf den von der LINKEN schon vorgeraumer Zeit vorgeschlagenen Ge-denk- und Mahnort in Thüringen für dieOpfer des Nazi-Terrors, ein Vorschlag,der von der Ministerpräsidentin Zu-spruch erfahren hatte, und den die Ab-geordnete erneuerte. Jedoch stünden

auch die Kommunen in der Verantwor-tung, denn sechs Menschen sind inden Jahren nach 1990 durch Nazi-Hand in Thüringen ermordet worden.

Auf der Internetseite der Fraktionkann unter www.die-linke-thl.de dasVideo der Pressekonferenz auf YouTubeangesehen werden sowie der Beitragbeim Erfurter Sender salve.tv: Bodo Ra-melow & Aiman A. Mazyek im Ge-spräch.

keitsprinzip sind.“ In den vergangenenWochen hatte es heftige Kritik wegender Platzvergabe an Journalisten gege-ben, die nun neu geregelt werden soll.

Die LINKE-Abgeordnete hatte be-reits im Vorfeld „mangelnde Sensibili-tät und keine dem Verfahren adäquateVerfahrensweise durch den Vorsitzen-den Richter“ kritisiert. „Wir fordern eintransparentes und angemessenes Ak-kreditierungsverfahren. Es muss si-

gab auch keine Versammlung. Außer-dem müsse die Frage beantwortet wer-den, mit welcher Begründung die Poli-zei überhaupt eine Gefahrenlage gese-hen hat, wenn in der Stadt massenwei-se auffindbare Naziaufkleber entferntwerden sollen“, hatte Martina Rennergefordert.

Im Zusammenhang mit dem Aufrufder Linksfraktion zur Teilnahme an denProtesten gegen den Naziaufmarsch,dazu gibt es jetzt auch am Rande derApril-Landtagssitzung eine Mobilisie-rungsaktion, warnte die Abgeordnete,dass mit solchem Agieren der Polizei,wie am 18. April, offenbar versuchtwerden soll, gesellschaftliche Gegen-wehr gegen den Naziaufmarsch am 1.Mai in Erfurt und sinnvolle „Putzaktio-nen“ zu behindern.

hen. Das Bündnis „Keinen Meter“ hattemitgeteilt, dass am 18. April Men-schen, die sich zu einer Putzaktion ver-abredet hatten, schon von der Polizeierwartet und aufgefordert wurden, ihrePersonalien zu nennen.

Auf Nachfrage, was der Grund derÜberprüfung sei, gab die Polizei an,dass es eine angemeldete Aktion desAktionsbündnisses gegen Rechts gäbeund es völlig normal sei, vor angemel-deten Veranstaltungen Personenkon-trollen durchzuführen.

„Die für die Identitätsfeststellungdurch die Beamten gelieferte Begrün-dung ist hanebüchen und demonstriertoffenkundige Bereitschaft, Rechts-grundlagen für Datenerhebungen zumissachten. Eine Putzaktion ist wederanmelde- noch anzeigepflichtig und es

Die Fraktion DIE LINKE im Thü-ringer Landtag ruft dazu auf, sichden Protestaktionen des Bünd-nisses „Keinen Meter“ am 1. Maiin Erfurt anzuschließen und denNeonazis die Stirn zu bieten.

Zugleich hatte die innenpolitischeSprecherin der Linksfraktion, Marti-na Renner, am 19. April in einerPressemitteilung kritisiert: „Es istschlicht nicht hinnehmbar, dass be-reits zwei Wochen vor dem 1. MaiMenschen polizeilichen Schikanenausgesetzt werden, wenn sie sichverabreden, Nazipropaganda in Er-furt auf öffentlichen Plätzen zu ent-fernen.“ Die Abgeordnete forderteeine Erklärung des Innenministeri-ums zu diesem skandalösen Vorge-

Herausforderung fürgesamte Gesellschaft

„Keinen Meter“-Protest anschließen

Eine Ungeheuerlichkeit sonder-gleichen sind die fremdenfeindli-chen Äußerungen, die vom Vorsit-zenden der Thüringer Tierschutz-partei, Harald von Fehr, unter demDeckmantel des Tierschutzes ver-breitet werden. Mir liegt eine Rund-mail von ihm vor mit mehreren Fo-tos von Wildschweinen und einemText, in dem es darum geht, dasssich in der europäischen Schweine-familie die Alten um die Jüngerenkümmern, diese diszipliniert seien,keine Kopftücher tragen, „keinefremden Frauen anmache“ undauch keine BMW-Autos stehlenwürden, „aber das schlimmste“ sei,„auf die darf geschossen werden!“

Diese perfide Gegenüberstellungmit rassistischen Klischees offen-bart deutlich, wie unter dem Deck-mantel einer vermeintlichen Tierlie-be und der Interessen des Tier-schutzes Fremdenfeindlichkeit ge-schürt werden soll. Da durch dieAnspielungen offenkundig zur Dis-kriminierung von Menschen einerbestimmten ethnischen oder reli-giösen Herkunft aufgestachelt wer-den soll und bestimmte Teile derBevölkerung beschimpft, böswilligmit verächtlichen Äußerungen über-zogen und verleumdet werden, ha-be ich die Staatsanwaltschaft Geraum Prüfung der Strafbarkeit nachParagraph 130 gebeten. Fehr ist be-reits in der Vergangenheit im Zu-sammenhang mit der rechten Sze-ne auffällig geworden. In mehrereAusgaben einer Zeitschrift Thürin-ger Neonazis („Der Rennsteigbote“)hat er als Autor mitgewirkt und wirdnamentlich erwähnt. Heute wird dieZeitschrift offiziell von der Thürin-ger NPD bzw. dessen Kreisverbandin Gotha herausgegeben.

In den letzten Jahren hat esmehrfach Aktionen von Neonazisunter dem Deckmantel des Tier-schutzes gegeben, durchgeführtvor allem „Autonomen Nationali-sten“. Als im Herbst 2009 eine Thü-ringer Zeitung über die Instrumen-talisierung des Tierschutzes durchNeonazis berichtete, wurden kurzdarauf die Scheiben einer Lokalre-daktion eingeschlagen und mehre-re Dutzend Neonazis marschiertenauf. Ich erwarte von der ThüringerTierschutzpartei eine Distanzierungvon ihrem Vorsitzenden.

Die Staatsanwaltschaft Gera teil-te am 18.4. mit, dass gegen denVorsitzenden der Thüringer Tier-schutzpartei ein Ermittlungsverfah-ren wegen Volksverhetzung einge-leitet wurde.

Perfide Äußerungen

von Katharina König

Aiman A. Mazyek: „Wir haben in erster Linie ein Problem mit dem Rassismus“

KOMMENTIERT:

AKTUELL

PA R L A M E N T S R E P O RTFrakt ion im Thür inger Landtag www.die-linke-thl.de

Bereits am 15. April hatte nach derEntscheidung des OberlandesgerichtsMünchen, den NSU-Prozess zu ver-schieben, Martina Renner, gesagt:„Dies ist ein einmaliger Vorgang, dassein Gericht vom Bundesverfassungsge-richt erklärt bekommt, was rechts-staatliche Kriterien beim Öffentlich-

chergestellt werden, dass Journalistendie Öffentlichkeit als Berichterstattervor Ort über das Verfahren informierenkönnen - sei es auch über eine Video-Übertragung in einen Nebenraum. Wirfordern mehr Plätze, insbesondere fürinternationale Medien und für Angehö-rige der Opfer“, so Renner.

Page 2: PARLAMENTSREPORT · und Bodo Ramelow hatte zu Beginn der Pressekonferenz daran erinnert, dass der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime bereits auf der Gedenkveran-staltung für

Mit einem Antrag „Verhinderungder Schließung des Bosch-Standor-tes in Arnstadt“ fordern jetzt dieFraktionen der CDU, SPD und DIELINKE die Landesregierung auf, mitBosch zu verhandeln.

Unternehmen, Land, Landkreis undKommunen sollen gemeinsam ein Kon-zept entwickeln, „das Lösungswege auf-zeigt und Arbeitsplätze erhält“. Damitsoll der politische Druck auf das Unter-nehmen und die Bundesregierung er-höht werden, den Standort Arnstadt be-ziehungsweise die Solarindustrie in Ost-deutschland insgesamt zu erhalten undweiterzuentwickeln. Weiter wollen dieFraktionen die Landesregierung auffor-dern, die Anti-Dumping-Klage der euro-päischen Solarindustrie in Brüssel zuunterstützen. Es soll jetzt ein industrie-politischer Dialog mit der Solarindustrie,den Ländern, der Bundesregierung so-wie der Europäischen Union zur Zukunftder Solarwirtschaft organisiert werden.

Einem solchen bundesweiten Krisen-gipfel zur Rettung der Solarbranche hat-te der LINKE Fraktionsvorsitzende BodoRamelow auf der Pressekonferenz am 9.April bereits die ausdrückliche Unter-stützung der Linksfraktion versichert. Erkritisierte die unzureichende Mitbestim-

mung der Beschäftigten bei den Kon-zernentscheidungen von Bosch, „die dieMenschen und die Region bezahlenmüssen“. Durch die besondere Strukturdes Konzerns habe eine Art „Rat derGötter“ viel Macht, die Mitbestimmungsei ausgehebelt. Bosch dürfe sich „nichteinfach sozialplantechnisch aus denStaub machen“, so Bodo Ramelow. Viel-mehr müsse mit einer innovativen Pro-duktionsumstellung unter Nutzung auchder Thüringer Forschungskapazitätenum das Solarunternehmen mit seinerSchlüsselposition über das Land hinausgekämpft werden.

Soli-Mai-Feier in Arnstadt

In diesem Zusammenhang mahnteder Fraktionschef erneut bei der Lan-desregierung die Vorlage eines komple-xen Masterplans für die Energiewendein Thüringen an.

Die Arnstädter LandtagsabgeordneteSabine Berninger erläuterte geplanteAktivitäten vor Ort: so werde sich derStadtrat Arnstadt mit dem Thema befas-sen, die LINKE richte mit Bündnispart-nern die diesjährige Feier zum 1. Mai alsSolidaritätsveranstaltung mit denBosch-Beschäftigten und deren Famili-

Keine „kalte Abwick-lung“ bei Bosch SolarMediendarstellungen, dass mit

der Novellierung des ThüringerRechnungshofgesetzes beabsich-tigt sei, den Rechnungshof an dieKette zu legen oder disziplinierenzu wollen, hat Bodo Ramelow zu-rückgewiesen. Auch ist es unzu-treffend, dass es einen Zusam-menhang zwischen der Fraktions-prüfung und dem vorgelegten Ge-setzentwurf gebe. Vielmehr drängtdie Linksfraktion seit Jahren dar-auf, dass die Zulagenprüfung end-lich durch den Rechnungshof miteiner Stellungnahme abgeschlos-sen wird, und Bodo Ramelow wür-de sich freuen, wenn die nun seiteinigen Jahren laufende Prüfungder Landtagsfraktionen zügig zuEnde gebracht wird. Das Überge-hen des Vorschlagsrechts zurRechnungshofbesetzung vom Mi-nisterpräsidenten auf den Landtagist seit Jahren die Forderung derLINKEN. Bodo Ramelow unter-strich, dass dieser Teil des Geset-zes dringend verändert und demVerfahren zur Berufung der Verfas-sungsrichter angeglichen werdenmuss. Die alles kann nur im Rah-men eines Gesetzgebungsverfah-rens bearbeitet und verändert wer-den. Der Rechnungshof, die Lan-desregierung und alle Fraktionensind eingeladen, eigene Vorschlä-ge zu unterbreiten, statt mit finste-ren Unterstellungen zu operieren.Weitere Informationen zum Themaauf der Internetseite der Fraktion:www.die-linke-thl.de

Antrag jetzt im Landtag/ Solidaritätsadresse LINKER Bundes- und Landespolitiker

KURZ UND PRÄGNANT

PARLAMENTSREPORT6 UNZ-08-2013

Landesrechnungshof

Kulturentwicklungsplanung wird SchwerpunktthemaIn Vorbereitung auf eine Kulturkonfe-

renz in Berlin Ende Mai traf sich dieStändige Kulturpolitische Konferenz(SKK) der Partei DIE LINKE am 10.April zu einer Sonderberatung in derThüringer Linksfraktion. Neben derVerständigung zur Arbeit der Landesar-beitsgemeinschaften und der Fraktio-nen in den Bundesländern sowie derBeratung des Entwurfs des Bundes-tagswahlprogramms der Partei wurdedie Zusammenkunft der SKK unter denthematischen Schwerpunkt „Kulturför-derung“ gestellt.

Dr. Birgit Klaubert, kulturpolitischeSprecherin der Thüringer Linksfrakti-on, verwies auf die Arbeit der Fraktionfür ein Kulturfördergesetz für Thürin-gen und erläuterte die seit Jahren an-dauernde Debatte zur Sinnhaftigkeiteines solchen Gesetzes im ThüringerLandtag. Erst im vergangenen Oktoberhatte das SPD-geführte Kultusministe-rium das lange angekündigte Kultur-konzept für den Freistaat veröffentlichtund sich darin klar gegen ein Kulturför-dergesetz ausgesprochen.

Doch Birgit Klaubert ist sich sicher,dass zur Bewahrung der reichen Kul-turlandschaft Thüringens für nachfol-gende Generationen und auch als An-reiz und Unterstützung für neue kreati-ve Impulse aus der Gesellschaft her-aus eine andere und vor allem transpa-rente Systematik zur Förderung derKultur von Nöten ist. „Dann erst kannman gezielt über ein Mehr an Geld imgesamten System sprechen, aber ohne

Trinkaus-AusschussWie nach der letzten Sitzung des

Untersuchungsausschusses desLandtags „V-Leute gegen Abgeord-nete“ mitgeteilt wurde, hat dieserauf gemeinsamen Antrag seinerMitglieder weitere Anträge zur Be-schaffung notwendiger Unterlagenbeschlossen. So werden die Si-cherheitsbehörden des Bundes(Bundesinnenministerium, Bun-desjustizministerium, Bundesamtfür Verfassungsschutz, Bundeskri-minalamt, Militärischer Abschirm-dienst, Bundesnachrichtendienstund Bundesamt für Justiz) gebeten,dem Untersuchungsausschussmöglicherweise vorhandene Un-terlagen zu Kai-Uwe Trinkaus so-wie weiteren von ihm genutztenNamen und seinem Umfeld zurVerfügung zu stellen. Seit der Kon-stituierung seien dem Ausschussdurch die Landesregierung und dieLandtagsverwaltung bereits um-fangreiche Unterlagen zugeleitetworden, die derzeit von den Aus-schussmitgliedern ausgewertetwerden, um daraus Erkenntnissezu gewinnen, weitere Untersu-chungsaufträge abzuleiten undmögliche Zeugen zu benennen. Dienächste Sitzung des Untersu-chungsausschusses findet am 17.Mai statt.

neue Voraussetzungen verkümmertdie Kulturlandschaft unter ihremZwang der Freiwilligkeit, weil sie für dieklammen Kommunen immer mehr zurLast wird.“ Die Kulturpolitikerin kün-digte an, dass ihre Fraktion die Thema-tik der Kulturentwicklungsplanung inThüringen, die dann Basis für ein LIN-KES Kulturfördergesetz sein könne, alsSchwerpunktthema ansetzen wolle.

Der Gastreferent der SKK-Beratung,Tobias J. Knoblich, Kulturdirektor derStadt Erfurt und Vizepräsident der Kul-turpolitischen Gesellschaft, stellte dasStrategische Kulturkonzept der StadtErfurt zur Diskussion und beschäftigtesich mit der Frage, wie man das stetigwachsende Mehr an Kultur sinnvollbündeln könnte. Er bekräftigte, dassman in der Kulturförderung unbedingtSchwerpunkte setzen müsse. Daherunterstütze er den Ansatz der FraktionDIE LINKE im Thüringer Landtag, über-regionale Kulturentwicklungsplanungder Einreichung eines Gesetzentwurfs

en aus. Eine „Solidaritätsadresse an dieKolleginnen und Kollegen der Bosch So-lar Energy AG in Arnstadt“ haben LINKEBundes- und Landespolitiker am 17.April veröffentlicht. Das Schreiben trägtdie Unterschriften von Bernd Riexinger,Jens Petermann, Klaus Ernst, Ralph Len-kert, Knut Korschewsky, Bodo Ramelow,Martina Renner, Frank Kuschel und Sa-bine Berninger. In der Solidaritätsadres-se heißt es u.a.:

„Die gegenwärtig stattfindende ‘kalteAbwicklung’ bei Bosch Solar Arnstadt,wie sie z.B. durch heimliche Stilllegungder Abteilung Forschung und Entwick-lung erfolgt, muss gestoppt werden. Esdürfen nicht schwer zu korrigierendeTatsachen geschaffen werden. UnserVersuch, gemeinsam mit einem Grup-penantrag aller Thüringer Bundestags-abgeordneten ein Rettungsprogrammfür die Solarindustrie in Deutschlandaufzulegen, ist an der mangelnden Teil-nahmebereitschaft der Mitglieder ande-rer Fraktionen gescheitert. Deshalbbringt die Fraktion DIE LINKE im Bun-destag den Antrag allein ein.“ Die Bun-desregierung wird aufgefordert, „einkurzfristiges Rettungsprogramm zu in-stallieren, um der Photovoltaikindustrieüber die Durststrecke zu helfen“.

voran zu stellen. Knoblich ermunterteauch die anwesenden Linksfraktionäreaus anderen Bundesländern eine sol-che Vorgehensweise für die kulturpoli-tische Arbeit vor Ort zu prüfen.

Die Ständige Kulturpolitische Konfe-renz als anerkannter Zusammen-schluss der Partei DIE LINKE verstän-digte sich in der anschließenden Dis-kussion auf weitere Vorgehensweisenauch im Rahmen des Bundestagswahl-kampfes und bekräftigte abschließend,dass Kulturpolitik als linkes Themanicht an den Rand gedrängt werdendürfe. Schließlich sei das Kulturver-ständnis ein gesamtgesellschaftlicherAnspruch, der viele Themenbereicheund Politikfelder berühre. Auch ausdiesem Grund reichte die SKK für dasBundestagswahlprogramm mehrereÄnderungsanträge ein, die in der Bera-tung in Erfurt noch einmal besprochenwurden.

Katinka MitteldorfFoto: Annegret Brosemann

Page 3: PARLAMENTSREPORT · und Bodo Ramelow hatte zu Beginn der Pressekonferenz daran erinnert, dass der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime bereits auf der Gedenkveran-staltung für

„Der Beförderungsstau bei derThüringer Polizei kann auch mit einernun angekündigten, aber keinesfallssicheren, Beförderungsquote vonzehn Prozent nicht abgebaut werden,sondern wird noch lange bestehen,nachdem im vergangenen Jahr weitunter den geplanten fünf Prozent Be-förderungen gemessen an den Stel-len vollzogen wurden“, so MdL Marti-na Renner. Die Tatsache, dass überdie Hälfte der für 2012 vorgesehe-nen Beförderungen aufgrund von Kla-gen bislang nicht vollzogen werdenkonnte, zeugt nach Ansicht der LIN-KE-Politikerin von einem seit Jahrenbereits anwachsenden Unmut unterden Polizeibeamten über ausbleiben-de Beförderungen und über einschlechtes Personalmanagement.

„Sanktionen gegen Hartz-IV-Emp-fänger verfehlen immer deutlicher ih-ren angeblichen Zweck. AnstelleMenschen zu motivieren, wird einekleine Gruppe, die offensichtlich jeg-liche Hoffnung aufgegeben hat, im-mer stärker drangsaliert. Diese Men-schen brauchen Unterstützung, kei-ne Strafen“, so MdL Ina Leukefeld.Laut der Bundesarbeitsagentur wur-den 2012 mehr als eine Million Sank-tionen gegen gerade einmal 150.000Menschen verhängt. Viele Menschenhaben in diesem Land resigniert. Siewollen nicht das zehnte Bewerbungs-training und die fünfzehnte Weiter-qualifizierung antreten in dem Wis-sen, dass sie damit niemals ein aus-reichendes Einkommen für sich undihre Familien generieren werden.

Als „Türöffner“ für die Änderungauch anderer Landesgesetze be-zeichnete Karola Stange das vonder Linksfraktion dem Landtag jetztvorgelegte Behindertengleichstel-lungsgesetz, das die Abgeordnetebei einem Pressegespräch am 15.April im Landtag in Erfurt vorge-stellt hatte.

Das UN-Abkommen über die Rechtevon Menschen mit Behinderungen istauch in Deutschland ratifiziert und da-mit im Rang eines Gesetzes verbindlichfür alle staatlichen Ebenen, so die Ab-geordnete. Daraus ergebe sich diePflicht, das Abkommen auch in allengesellschaftlichen Bereichen wirksamumzusetzen. Die Ansätze der ThüringerLandesregierung schätzte die Politike-rin der Linksfraktion aber als „veraltet“ein. Das derzeit gültige Gesetz verletzegeradezu die UN-Abkommen.

Der neue Gesetzentwurf der LINKENschreibe demgegenüber zahlreicheRechte, Leistungen und Verpflichtun-gen fest. Als konkrete Nachteilsaus-gleiche nannte Karola Stange, gleich-stellungs- und behindertenpolitischeSprecherin, ein erhöhtes Blindengeld,ein Gehörlosengeld und ein Taubblin-dengeld.

Prinzip der Inklusion muss konsequent verfolgt werden

Die PDS- bzw. LINKE-Fraktion hattebereits in der dritten und vierten Wahl-periode Gesetzesinitiativen in denLandtag eingebracht, abgestimmt mitden Verbänden und Interessenvertre-tungen der Menschen mit Behinderun-gen. Es besteht eine kontinuierlicheZusammenarbeit mit dem Thüringeraußerparlamentarischen Bündnis.

Entsprechend dem UN-Abkommenist die Gleichstellung behinderter Men-schen nun eine umfassende gesetzli-che Pflichtaufgabe und muss in ihrer

Die LINKE hat jetzt einen Antragin den Landtag eingebracht in Re-aktion auf die Entscheidung derLandesregierung, den Tarifab-schluss für die Angestellten desÖffentlichen Dienstes deutlichzeitversetzt und im kommendenJahr auch nur reduziert auf die Be-soldung der Beamten übertragenzu wollen. „Damit verabschiedetman sich von einer fairen Bezah-lung der Bediensteten im öffentli-chen Dienst, der ein sozialer Aus-gleich entsprechend der finanziel-len Möglichkeiten des Landes-haushalts und der Teuerungsratezugrunde liegt. Die Landesregie-rung betreibt eine Sparpolitik aufden Schultern der Bediensteten“,kritisierte MdL Martina Renner.

Tarifpolitik und gerechte Entloh-nung für Bedienstete sind kein Mit-tel der Haushaltskonsolidierung,sondern Element des sozialpoliti-schen Grundsatzes „gleicher Lohnfür gleiche Arbeit“. Für eine auchnur in Teilen abweichende Über-nahme gibt es keine nachvollzieh-baren Rechtfertigungsgründe. ImDoppelhaushalt für die Jahre2013/2014 ist eine Personalko-stenreserve eingeplant, sodasshaushalterische Einwände, die be-reits im Rahmen der Tarifeinigungfür die Angestellten Berücksichti-gung gefunden hatten, aus diesemGrund aber auch aufgrund ihrer so-zialen Unzulässigkeit als sach-fremd zurückgewiesen werdenmüssen. Bemerkenswert ist auchdas neuerliche Scheitern der SPD,die noch vor wenigen Wochen mitNachdruck die inhalts- und zeit-gleiche Übertragung des Tarifab-schlusses gefordert hatte.

Gesetzentwurf der LINKEN schreibt konkrete Nachteilsausgleiche für Behinderte fest

Landtagssitzungen:Nachdem jetzt der Thüringer

Landtag vom 24. bis 26. April tagt,sind die nächsten Plenarsitzungenfür die Zeit vom 22. bis 24. Maides Monats anberaumt.

Naturlandschaften:Die Wanderausstellung „Natur

Thüringen – Die Nationalen Natur-landschaften“ des Thüringer Mini-steriums für Landwirtschaft, For-sten, Umwelt und Naturschutzzeigt acht Landschaften. Die le-bendige Schau ist noch bis zum10. Mai im Zwischengang zumFraktionsgebäude im ThüringerLandtag zu besichtigen.

Weitere aktuelle Informatio-nen zur Arbeit der Linksfraktionim Thüringer Landtag:

www.die-linke-thl.de.

Gegenwärtig liegt eine Genehmi-gung des Landesbergamtes öffent-lich aus, die der K+S Kali GmbH denVersatz von zusätzlichen 120.000Tonnen gefährlicher Abfälle pro Jahrin der Grube Unterbreizbach erlaubt.„Wiederholt wird eine Chance ver-passt, anfallende Salzabfälle aus derKali-Produktion wieder unter Tage zubringen, statt sie in die Werra oderauf riesige Halden zu kippen“, soMdL Tilo Kummer, der auch die Be-hauptung von K+S kritisierte, denGiftmüll zusammen mit Salzabwäs-sern durch den Versatz von Hohlräu-men zu verwerten. Schon vor Jahrengab es dazu ein französisches Grund-satzurteil, das forderte, die Grubenmit Salzabfällen der Kaliindustriestatt mit Müll zu verfüllen.

PARLAMENTSREPORT 7UNZ-08-2013

VON A BIS Z:

WICHTIGE TERMINE

Giftmüll Beförderungsstau Sanktionen

Tarifübernahme

wirksamen Umsetzung sowohl perso-nell, sächlich als auch finanziell abgesi-chert werden. Das ist für weite Berei-che staatlichen Handelns in Deutsch-land ein Paradigmenwechsel. Aller-dings ist Thüringen schon seit Inkraft-treten der Landesverfassung wegendes Gleichstellungsgebots aus Artikel2 Absatz 4 zu solchen Maßnahmen ver-pflichtet. Das UN-Abkommen konkreti-siert die Verpflichtungen für alle Berei-che der Gesellschaft sehr handfest.

kreten Nachteilsausgleichen, zu denenauch das Gebot der Förderung behin-derter Frauen und das Recht auf Assi-stenzleistungen gehören, vor, dass derLandesbehindertenbeauftragte vomLandtag gewählt wird und weit rei-chende Kompetenzen erhält, z.B. einBeanstandungsrecht bei Mängeln imVerwaltungshandeln.

Fraktionsdiskussion wird per Livestream übertragen

In kreisfreien Städten und Landkrei-sen sollen hauptamtliche Behinderten-beauftragte arbeiten, außerdem kön-nen Beiräte berufen werden. Wichtigsind die Selbstvertretung der Men-schen mit Behinderungen über Mitwir-kungsrechte (z.B. Stärkung des Lan-desbehindertenbeirats) und die Stär-kung der Netzwerkstrukturen (z.B. För-dergebot für Beratungsstellen).

Die LINKE erwartet, dass der Gesetz-entwurf im Ausschuss beraten wirdund dort auch eine öffentliche Anhö-rung mit Fachleuten und Verbändenstattfindet. Sollte es nicht dazu kom-men, wird die Fraktion eine eigene öf-fentliche Anhörung durchführen.

Zudem wird eine „Miterarbeiterin“des UN-Abkommens in der Sitzung derLinksfraktion am 8. Mai und anlässlichdes Europäischen Aktionstages derMenschen mit Behinderungen zumThema sprechen. Die Diskussion kannauch wieder per Livestream im Inter-net unter www.die-linke-thl.de verfolgtwerden.

Die Fraktion wird außerdem die Rea-lisierung des Maßnahmeplans zur Um-setzung des UN-Abkommens in Thürin-gen kritisch begleiten und auch weiter-hin alles daransetzen, dass der Maß-nahmeplan offizieller Arbeitsgegen-stand des Landtags und seiner Fach-ausschüssen wird, was bisher nochnicht der Fall ist.

Sandra Steck

Gleichstellungsgesetzwirkt wie „Türöffner“

Das gibt der praktischen Umsetzungeinen weiteren wichtigen Schub. Kon-sequent muss das Prinzip der Inklusionverfolgt werden, d.h. alle sind andersund doch gleich und gehören von An-fang dazu, genießen gleiche Teilhabe inallen Bereichen. Diese Gleichstellungbemisst sich an der tatsächlichen All-tagssituation und geht damit über eineformal-rechtliche „Gleichberechti-gung“ weit hinaus.

Außerdem ist das UN-Abkommenstark vom Prinzip der „Selbstvertre-tung“ von Menschen mit Behinderun-gen („Empowerment“) geprägt. DerGesetzentwurf der Thüringer Linksfrak-tion sieht neben den genannten kon-

Page 4: PARLAMENTSREPORT · und Bodo Ramelow hatte zu Beginn der Pressekonferenz daran erinnert, dass der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime bereits auf der Gedenkveran-staltung für

Diskutiert wird vor allem auch inder LINKEN die Zukunft der (Arbeits-)Gesellschaft vor dem Hintergrundtiefgreifender Entwicklungen derProduktivkräfte durch Informations-und Kommunikationstechnologien,dem Druck der Kapitalverwertungunter den Bedingungen der Globali-sierung und des Finanzmarktkapita-lismus sowie demografischer Verän-derungen.

Der Arbeitsmarkt ist tief gespalten.Lebendige Arbeit wird immer mehr mar-ginalisiert und der Konsens, dassMensch in Vollzeit von seiner Arbeit le-ben kann, ist nicht mehr gewährleistet.Armut trotz Arbeit ist keine Ausnahme-erscheinung. Erwerbsarbeit macht zu-

ten Landesregierung in Brandenburg.Insbesondere aufgrund der sperrigenHaltung der SPD, die sich weigert genü-gend Geld in die Hand zu nehmen, umeffektiv Arbeit statt Arbeitslosigkeit zufinanzieren, konnten die hochgesteck-ten Ziele bisher nicht erreicht werden.Dennoch gibt es Erfolge, insbesonderedie Schaffung von 2.000 Stellen vorran-gig im sozialen Bereich, wovon vorwie-gend ältere Erwerbslose profitieren.

Bessere Zukunft mit GUTER ARBEIT

Im letzten Block der Tagung wurdeüber die Potentiale aus der Verbindungvon GUTER Arbeit und sozial-ökologi-schem Umbau in Thüringen diskutiert.Klaus Hartung, stellv. Regionalleiter derIG BAU, sprach zu den Möglichkeitenvon Qualifizierung, Beschäftigung zuguten Konditionen und beispielsweiseenergetischer Gebäudesanierung imRahmen einer grünen Revolution aufdem Bau. Ralph Lenkert, umweltpoliti-scher Sprecher der LINKEN-Bundes-tagsfraktion und Direktkandidat zu denBundestagswahlen im Wahlkreis Ge-ra/Jena/Saale-Holzland, betonte, dassin Bereichen, wie Energie, Verkehr,Landwirtschaft, regionale Kreisläufe,Rahmen gesetzt werden können, umGUTE Arbeit und GUTES Leben mit öko-logischer Nachhaltigkeit zu verbinden.Wichtig, so Lenkert, sei dafür auch diegleichwertige Anerkennung aller Artenvon Arbeit.

Den Schlussakkord setzte RichardRossel, seit Dezember 2012 Bürgermei-ster von Zella-Mehlis. Die Kommunenund kreisfreien Städte hätten zwar kei-ne gesetzlichen Kompetenzen im Be-reich der Arbeitspolitik, ohne attraktiveKommunen sei jedoch jeder Versuch ei-ner aktiven Arbeitsmarktpolitik zum

Arbeitswelt im WandelSpannende Diskussionen auf Fachkonferenz und in Fraktionssitzung (per Livestream übertragen)

PARLAMENTSREPORT8 UNZ-08-2013

„Wer glaubt, irgendeine Wählerinlasse sich von inhaltsleeren Kom-promissen überzeugen, glaubtwahrscheinlich auch, dass Frauenvon Geburt an dumm sind“, so MdLKarola Stange, zum sogenanntenKompromiss zur Frauenquote. „DieAnkündigung, in sieben Jahren eineFrauenquote in ein Wahlprogrammzu schreiben, ist mehr als peinlich.Ob Frauen von Posten ausge-schlossen werden, weil die Män-nerseilschaften dominieren, ist ei-ne Frage der Gerechtigkeit und ge-sellschaftlichen Machtverteilung.“Absurd sei auch die Diskussion umQualität statt Quote. Immer dann,wenn Frauen alte Machtbastionenstürmten, würde ihnen die Qualifi-kation dafür abgesprochen: „Vorhundert Jahren war die Wissen-schaft noch überzeugt, Frauenkönnten nicht logisch denken, heu-te können sie anscheinend keineBilanzen lesen.“

KURZ UND PRÄGNANT

Absurder Kompromiss

des Projekts „Solidarische Arbeitsver-hältnisse“ beim Institut SolidarischeModerne, haben Privatisierung, Deregu-lierung und Flexibilisierung den traditio-nellen Arbeitsbegriff komplett ausge-höhlt.

Der Abbau der Arbeitslosigkeit inDeutschland kann deshalb auch nichtdie ungleiche Verteilung von Armut undReichtum begrenzen, vielmehr symboli-siere er den Weg in „prekäre Vollbe-schäftigung“, in der immer mehr Men-schen mehr arbeiten, um weniger zuverdienen. Dieser Trend könne von derPolitik gestoppt werden, auch wenn derpolitischen Linken derzeit eine großeErzählung als politische Vision fehle.

Mindestlöhne, Standards GUTER Ar-beit und die Weiterführung der Debatte

käre Beschäftigungsverhältnisse starkauf dem Vormarsch sind. Nicht zu ver-gessen, dass viele der Arbeitslosen ausder Statistik fielen aufgrund der Be-rechnungsvorgaben der Bundesregie-rung und weil sie in unserer zunehmendälter werdenden Gesellschaft aus Ar-beitslosigkeit in die Rente übergehen.

Anstöße zum ÖBS

Herr Senius begrüßte die Initiativender LINKEN in Thüringen, insbesondereunsere Anstöße zum ÖBS oder zu Pro-

Harzer Schmalspurbahn

„Mit circa 1,1 Mio. Fahrgästenim Jahr ist die Harzer Schmalspur-bahn nicht nur als Verkehrsmitteleine touristische Attraktion, son-dern auch ein wichtiger Wirt-schaftsfaktor für den gesamtenHarz“, so MdL Dr. Gudrun Lukin an-gesichts des Hilferufs aus demLandkreis Nordhausen. Laut einerStudie der Hochschule Harz wirdfast jeder 11. Arbeitsplatz in derTourismuswirtschaft der Landkrei-se Harz und Nordhausen durch dieHarzer Schmalspurbahn (HSB) ge-stützt und jeder investierte Euro er-bingt einen Wertschöpfungsertragvon 3,68 Euro. „Wenn jetzt derLandkreis Nordhausen aufgrundseiner finanziellen SituationSchwierigkeiten bei der Bereitstel-lung der Mittel als 20-prozentigerGesellschafter der HSB hat, dannmuss das Land Thüringen gemein-sam mit den Verantwortungsträ-gern und Gesellschaftern nach ei-ner Lösung suchen.“

Nach Überzeugung von MdL TiloKummer wird das Naturschutz-großprojekt Grünes Band Rodach-tal-Lange-Berge-Steinachtal nachder Planungsphase nicht weitergeführt. Gegen den Flächenan-kauf, Nutzungseinschränkungenfür Land- und Forstwirtschaft so-wie Folgekosten in der Zeit nachder Bundesförderung gebe es inder Region massive Bedenken.„Wenn Naturschutzgroßprojekte inThüringen überhaupt noch eineChance haben sollen, muss dasBundesministerium die Rahmen-bedingungen ändern und die dau-erhafte Pflege der Naturschutzflä-chen aus den Projektmitteln si-cherstellen.“

Kein grünes Band

nehmend krank. Für DIE LINKE stehtfest: Es ist eine Produktions- und Le-bensweise notwendig, die nicht mehrvon der Wachstumsideologie SCHNEL-LER–HÖHER–WEITER geprägt ist, dieZeit zum Mensch-Sein lässt sowie denRaubbau an der Natur und die Zerstö-rung der Lebensgrundlagen beendet.

Am 12. April diskutierte die LINKE imThüringer Landtag auf einer Fachkonfe-renz „Arbeitswelt im Wandel – Wie wol-len wir leben?“ welche Potentiale dieDebatten um Gemeingüter und der sozi-al-ökologische Umbau für GUTE Arbeitbieten, wie ein Landesarbeitsmarktpro-gramm aussehen sollte und welche Per-spektiven unser Projekt des Öffentlichgeförderten Beschäftigungssektors(ÖBS) eröffnet.

„Work hard - Play hard“

Dazu konnten sich spannende Refe-renten in mehreren Diskussionsrundenu.a. mit Vertretern von Initiativen undVerbänden, Gewerkschaften oder Job-center-Beiräten austauschen. Die Kon-ferenz begann mit einem Film, der Fas-zination und Schrecken der neuen Ar-beitswelt deutlich illustrierte. Die Doku-mentation „Work hard – Play hard“ vonCarmen Losmann (2011) setzt Schlag-lichter auf die Verwertung des Individu-ums in allen Sphären des Lebens. Dabeiwerden Arbeitsplatzgestaltung und Mo-tivation scheinbar den Wünschen derArbeitnehmer angepasst, allerdings nurum die Ausbeutungskurve immer weiternach oben zu treiben, wobei Arbeits-und Privatleben immer mehr ver-schwimmen (sollen). Dieser Wandel, sozeigte der Einleitungsvortrag von Dr.Frank Engster, ist nicht zufällig gekom-men, vielmehr das Ergebnis der neoli-beralen Politikwende seit den späten1970er Jahren. Seitdem, so der Leiter

zum Bedingungslo-sen Grundeinkom-men seien wichtigeSchritte auf dem Wegzu einer Repolitisie-rung des Arbeitsbe-griffs und einem Gu-ten Leben für alleMenschen. Kay Seni-us, Chef der Regio-naldirektion der Bun-desagentur für Ar-beit, zeigte, dass pre-

duktionsschulen für Jugendli-che ohne Schulabschluss. Imzweiten Tagungsblock wur-den Perspektiven öffentli-cher Beschäftigung disku-tiert. Silke Helfrich von derCommons Strategies Grouplieferte über Gemeingüterund das Agieren jenseits vonMarkt und Staat einen Ein-stieg, der Potentiale einesanderen, alternativen Wirt-schaftens aufzeigte. Das In-ternet-Lexikon Wikipedia aber auch we-niger bekannte Projekte zeigen tagtäg-lich, dass gemeinsam produziertes Wis-sen die Herstellung von Waren preis-werter, besser und ökologischer ma-chen kann und zugleich im fortwähren-des Miteinander das Gemeinwesenstärkt - Potentiale, die im heutigen Dua-lismus von Staat und Markt oft vernach-lässigt werden, die aber zu erschließenzentraler Gedanke eines LINKEN Ar-beitsmarktprogramms ist. Kernele-ment dabei soll der ÖBS sein, der auchfür den sozial-ökologischen Umbau zuöffnen wäre. Dr. Andreas Bernig, Spre-cher für Arbeitsmarktpolitik und Ge-werkschaften der Linksfraktion imBrandenburger Landtag, berichtete da-zu aus der Umsetzung unter der rot-ro-

Scheitern verurteilt. Gute Löhne undbessere Arbeitsverhältnisse seien einebedeutende Frage, sie können abernicht lebenswerte Wohn- und Arbeitsor-te ersetzen. Die LINKE wird die interes-santen Anregungen aufgreifen.

In einem nächsten Schritt wurde jetztdas Thema im Livestream aus der Dis-kussion in der Fraktionssitzung am 17.April aufgerufen, um auch eine breitereAußenwirkung zu erreichen. (Erwerbs-)Arbeit wird ein zentraler Punkt imWahlprogramm der LINKEN. Thüringenim Jahre 2014 sein. Bis dahin müssennoch viele Gespräche geführt und vieleSchritte gegangen werden, um einebessere Zukunft mit GUTER Arbeit zubauen.

Thomas Völker

Page 5: PARLAMENTSREPORT · und Bodo Ramelow hatte zu Beginn der Pressekonferenz daran erinnert, dass der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime bereits auf der Gedenkveran-staltung für

„Geburtstagsempfang“für Stefan Heym

dem Weg zur Gleichstellung der akade-mischen Rabbinerausbildung mit denTheologien an deutschen Hochschulen.Bodo Ramelow zeigte sich sehr erfreutüber die Auszeichnung und die freund-schaftlichen Worte, die Walter Homol-ka, Rektor des Abraham Geiger Kollegsin seiner Laudatio an die Gäste desFestkonzerts richtete. Gleichwohlmeinte Ramelow, sei es eigentlich die

Am 10. April wurden in der NeuenSynagoge in Erfurt zwei Rabbiner –Alexander Nachama und Adrian Micha-el Schell – ordiniert, die am PotsdamerAbraham Geiger Kolleg ausgebildetwurden. Außerdem wurden mit IsodoroAbramowicz und Nikola David zwei jü-dische Kantoren in ihr Amt eingeführt,die ebenfalls in Potsdam studierten.Seit das Kolleg 1999 gegründet wurde,war es nun die fünfte Rabbinerordinati-on, die gefeiert werden konnte. Die er-ste Ordination in Deutschland seit derShoa fand 2006 in Dresden statt, 2010konnte die erste Frau seit 75 Jahren zurRabbinerin geweiht werden. Alina Trei-ger war während ihres Studiums Sti-pendiatin der Rosa Luxemburg Stiftungund betreut inzwischen die jüdischenGemeinden in Oldenburg und Delmen-horst. Nun fand zum ersten Mal eineRabbiner-Ordination in Erfurt statt.

Auf die Ordination folgte am Abendein jüdisches Festkonzert im ErfurterKaisersaal, in dessen Rahmen Bodo Ra-melow die Abraham-Geiger-Plaketteverliehen wurde. Mit dieser Ehrungwürdigte das Abraham Geiger KollegRamelows besondere Verdienste auf

ne Kooperation zwischen der WeimarerMusikhochschule und dem AbrahamGeiger Kolleg bei der Ausbildung Jüdi-scher Kantoren gibt.

Diese Entwicklung sei deshalb sowichtig, weil sie zeigt, dass wir in unse-rem Land nicht nur eine jüdische Tradi-tion und Geschichte haben, sondernauch eine jüdische Gegenwart. Endlich,so Ramelow, werde das jüdische Lebenin unserem Land wieder erfahrbar. DieRabbinerordination in der thüringi-schen Landeshauptstadt sei ein Beitragzum „doppelten Erfurter Schatz, zumdoppelten jüdischen Schatz, den Ein-heimische und Gäste hier in der Thürin-ger Landeshauptstadt finden können“.

Von einem doppelten jüdischenSchatz könne deshalb gesprochen wer-den, weil es einerseits den Schatz ausdem 14. Jahrhundert gibt, der vor 15Jahren in unmittelbarer Nachbarschaftder Neuen Synagoge entdeckt wurdeund mittlerweile dort im Kellergewölbein einer Dauerausstellung zu besichti-gen ist. Erfurt bewirbt sich mit diesemSchatz und den anderen Zeugnissen jü-discher Geschichte als Unesco-Welt-kulturerbe. Damit soll dieser Geschich-

PARLAMENTSREPORT 9UNZ-08-2013

DAS THEMA

Stefan Heym als Sohn einer jüdi-schen Mittelstandsfamilie hat – wiewohl kaum ein anderer – die Brü-che, Zumutungen und Hoffnungendes 20. Jahrhunderts erlebt. Diesspiegelt sich auch in seinen literari-schen Werken und vor allem in sei-nem politischen Engagement wider.Die Fraktion DIE LINKE im ThüringerLandtag nahm daher den 100. Ge-burtstag dieser großen Persönlich-keit am 10. April zum Anlass, eineeindrucksvolle szenische Lesung imThüringer Landtag in Erfurt zu ver-anstalten.

Die Lesung „Stefan Heym – Einer,der nie schwieg“ wurde vom LeipzigerAutor und Schauspieler Franz Sodannerarbeitet und auch künstlerisch be-

beiwohnten. Zu den Lesenden gehör-ten neben Franz Sodann Landtags- undBundestagsabgeordnete der LINKENsowie die Nordhäuser Landrätin BirgitKeller. „Für mich ist das eine wirklicheEhre, Teil dieser Lesung meiner Land-tagsfraktion zu sein“, sagte Birgit Kel-ler am Rande der Veranstaltung. Heymhabe sie maßgeblich geprägt, so dieLandrätin weiter.

Auch der Fraktionsvorsitzende BodoRamelow und die kulturpolitischeSprecherin der Linksfraktion im Thürin-ger Landtag, Dr. Birgit Klaubert, wür-digten Heyms Leben und Wirken in ih-rer Ansprache zu Beginn der Veranstal-tung. Etwa eine Stunde lang liehen Dr.

Der doppelte Schatz - Rabbiner-Ordination in Erfurtte ein besonderer Schutz gewährt wer-den. Andererseits – und das ist der an-dere Schatz – ist Erfurt eben nicht nurein Ort jüdischer Geschichte, sonderndie Stadt hat auch eine jüdische Ge-genwart. Hier ist der Sitz einer in denletzten Jahren stetig gewachsenen jüdi-schen Landesgemeinde, die mit Kon-stantin Pal seit zweieinhalb Jahren wie-der einen eigenen Rabbiner hat. Unddie Landeshauptstadt durfte nun dieOrdination von Rabbinern und Kanto-ren erleben. Das sei, so Ramelow, derfast wichtigere jüdische Schatz: Dasses hier in Erfurt aktives jüdisches Le-ben gibt, das immer mehr zum Alltagdieser Stadt gehört.

Für Bodo Ramelow hat die Mehr-heitsgesellschaft die unbedingtePflicht, diese Entwicklung zu unterstüt-zen. Diese Verantwortung ergibt sichaus der Shoa, aber wir sollten sie auchaus der Anerkennung für den Wert desSchatzes ziehen. Der Schatz eines akti-ven jüdischen Lebens in unserem Landist auch ein Wert an sich, denn er bietetuns Vielfalt statt Einfalt und kulturellenReichtum statt geistiger Armut.

Frank Schenker

viel größere „Belohnung“ für sein Enga-gement, dass ab dem Wintersemesterdie Jüdische Theologie mit fünf Profes-soren an der Potsdamer Uni verankertwird und dass es bereits jetzt, begin-nend mit diesem Sommersemester, ei-

gleitet. Ausgewählte Interviews, Aus-züge aus literarischen Werken StefanHeyms, aber auch politische Auseinan-dersetzungen und Reden gepaart mitvielen biografischen Elementen mach-ten diese Lesung zu einem ganz beson-deren Erlebnis, dem fast 100 Gäste

Luc Jochimsen, Kersten Steinke, DirkMöller, Sabine Berninger, Birgit Keller,Franz Sodann, Bodo Ramelow und Dr.Birgit Klaubert Stefan Heym ihre Stim-men, bis er zum Schluss in einem wirk-lich ergreifenden Moment im Videoselbst zu Wort kam. Am Ende herrsch-

te für einen Moment lang andächtigeStille in der Lobby des Plenarsaals.

Das bunt gemischte Publikum mitVertreterinnen und Vertretern fast allerLandtagsparteien, der Landtagsver-waltung sowie Rabbiner Prof. WalterHomolka und dem Vorsitzenden der Jü-

dischen Landesgemeinde Thüringen,Prof. Reinhard Schramm (sie waren di-rekt von der Rabbiner-Ordination zuder Veranstaltung in den Landtag ge-kommen), sowie vielen interessiertenBürgerinnen und Bürgern aus ganzThüringen zog ein durchweg positives

Resümee dieserVeranstaltung undnahm die musikali-sche Umrahmungdes Erfurter Mis-rach Quartettszum Anlass, nocheinige Zeit den Ge-burtstag Heyms ingemütlicher Atmo-sphäre ausklingenzu lassen.

K. Mitteldorf

Page 6: PARLAMENTSREPORT · und Bodo Ramelow hatte zu Beginn der Pressekonferenz daran erinnert, dass der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime bereits auf der Gedenkveran-staltung für

von Verwaltungshandeln. Klare Forde-rung: Transparenz und Bürgerbeteiligungmüssen sich in der Arbeit linker Kommu-nalpolitiker direkt widerspiegeln.

Autor Sebastian Koch ist für die ganzeSpannbreite seines Themas fachlich aus-gewiesen: Mediengestalter, bis 2012 Mit-arbeiter der netzpolitischen Sprecherinder Linksfraktion im Bundestag, HalinaWawzyniak (derzeit persönlicher Referentdes Vorsitzenden der LINKEN Berlin),sachverständiger Bürger in der Bezirks-versammlung Friedrichshain-Kreuzbergu.a. zu Bürgerbeteiligung, Transparenzund Verwaltungsmodernisierung.

Wichtig: Er plädiert ausdrücklich dafür,dass linke Netzpolitik auch dafür zu sor-gen habe, dass die Potentiale internetge-stützter Verwaltungsangebote „nicht da-zu genutzt werden, die Präsenz von Ein-richtungen und die Erreichbarkeiten inder Fläche zurückzufahren“.

Das empfehlenswerte Buch stellt Band8 der Reihe „Crashkurs Kommune“ dar,die sich an kommunalpolitisch Interes-sierte – Mandatsträger/-innen sowie lo-kal engagierte Menschen in Vereinen undInitiativen – wendet.

Stefan WogawaKoch, Sebastian: Kommunale Netzpoli-

tik. Die Möglichkeiten des Internet lokalnutzen, VSA Verlag Hamburg 2013, 102S., ISBN , EUR

Das Urteil des Verfassungsgerichts-hofs zur Unzulässigkeit des Volksbe-gehrens „Für gerechte und bezahlbareKommunalabgaben“ hat weitreichen-de Bedeutung.

Die Thüringer Verfassungsrichter ha-ben konkrete Anforderungen an einVolksbegehren formuliert (was eigentlichAufgabe der Landesregierung oder derLandtagspräsidentin wäre). Nun ist klar,dass ein Volksbegehren nicht nur einenGesetzentwurf enthalten muss, sonderneine Begründung und einen Finanzie-rungsvorschlag, die umfangreicher, tief-gründiger und widerspruchsfreier seinmüssen als bei einem parlamentarischenGesetzgebungsverfahren.

Die Gerichtsbegründung ist durchausnachvollziehbar. Während der parlamen-tarische Gesetzentwurf im Landtag nach-gebessert werden kann, ist der Gesetz-entwurf eines Volksbegehrens unverän-derbar und muss deshalb von vornherein„perfekt“ sein. Das Gericht hat aber auchentschieden, dass die Thüringer Verfas-sung ein Volksbegehren zu Abgaben nichtzulässt. Dies gilt selbst für das vorliegen-de Volksbegehren, das bekanntlich keineweitere finanzielle Belastung des Landes-haushalts und der kommunalen Haushal-te beinhaltet. Vielmehr sollte nur eine an-dere Finanzierung über die Abwasserge-bühren und eine Infrastrukturabgabe er-folgen. Doch selbst eine veränderte Ab-gabenstruktur verbietet die Thüringer

Verfassung, so das Gericht. Unbestrittenist die Entscheidung zu respektieren,aber Anmerkungen seien gestattet. Sostellt sich mir die Frage, ob es unter die-sen Bedingungen noch möglich ist, einVolksbegehren auf den Weg zu bringen.Und es sollte diskutiert werden, ob nichtpolitische Forderungen Gegenstand einesVolksbegehrens sein sollten, die derLandtag dann gesetzgeberisch umzuset-zen hat. Im konkreten Fall wäre also Fol-gendes Gegenstand des Volksbegehrens:„Sind Sie dafür, dass die Abwasser- undStraßenausbaubeiträge abgeschafft wer-den und zugleich alle abwasserwirt-schaftlichen Investitionen über Gebührenrefinanziert werden und anstelle der Stra-ßenausbaubeiträge die Gemeinden er-mächtigt werden, freiwillig eine Infra-strukturabgabe zu erheben?"

Ich meine, es ist illusorisch, anzuneh-men, dass bei künftigen Volksbegehrendie hohen Anforderungen hinsichtlich derBegründung und der Finanzierungsvor-schläge durch die Bürger erfüllt werdenkönnen. Wenn man diese Arbeit den Juri-sten überlässt, ist das Ergebnis auf derStraße nicht mehr vermittelbar. Wie sol-len zudem Bürger die Kosten für externejuristische Beratung aufbringen? Die Lan-desregierung hat es da einfacher. Siekann auf Kosten des Steuerzahlers unbe-grenzt Fachjuristen hinzuziehen. Ich hättemir auch mehr Mut vom Verfassungsge-richt gewünscht. Den sogenannten Haus-halts- und Abgabenvorbehalt der Verfas-sung hätte es im Interesse des Volksbe-gehrens auslegen können.

Es war kein leichter Weg für die Bürger-initiativen von der Radikalforderung nachersatzloser Abschaffung der Beiträge hinzum Finanzierungsmodell über Gebührenund Infrastrukturabgabe. Diese erstaunli-che Leistung hätte es verdient, die Ver-fassung bürgerfreundlicher auszulegen.Der Abgabenvorbehalt hatte eine Haupt-funktion, nämlich zu verhindern, dassBürger Maßnahmen begehren, die die öf-fentlichen Haushalte belasten. Beim vor-liegenden Volksbegehren ging es abernur um die innere Struktur von Abgaben.Jetzt bleibt nur, die Verfassung zu ändernund den Haushalts- und Abgabenvorbe-halt zu lockern. Im 20. Jahr der ThüringerVerfassung ist dies mehr als überfällig.LINKE und Grüne haben ihre Bereitschafterklärt. Doch für eine Verfassungsände-rung (Zwei-Drittel-Mehrheit) gilt es auch,SPD und CDU zu gewinnen.

MdL Frank Kuschel

Der LINKE PARLAMENTSREPORT erscheint auf den Seiten 5 bis 10 inUNSERE NEUE ZEITUNG.Herausgeber:DIE LINKE. Fraktion im Thüringer Landtag, Jürgen-Fuchs-Str. 1, 99096 Erfurt.Redaktion:Annette Rudolph (V.i.S.d.P.), Stefan Wogawa Telefon: 0361 - 377 2293; Fax: 0361 - 377 2321E-Mail: [email protected]: www.die-linke-thl.deFür unverlangt eingesandte Manuskripte und Materialien übernimmt die Redaktion des PARLAMENTSREPORTs keine Haftung. Sie behält sich dasRecht der auszugsweisen Wiedergabe von Zuschriften vor. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redak-tion wieder. Nachdruck von Beiträgen ist ausdrücklich erwünscht.

Zukunft der Volksbegehren

Während sich die Fraktionen vonCDU, DIE LINKE und SPD mit einemgemeinsamen Antrag für den Erhaltdes Bosch-Standortes Arnstadteinsetzen, winken Grüne und FDPab. Während die Grünen einen eige-nen Alternativantrag ankündigen,belehrt der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Uwe Barth, den Rest derWelt, es sei falsch, eine Produktionzu erhalten, die aus sich herausnicht überlebensfähig sei. Er meintdie Solartechnik.

Barth schöpft aus dem Trüben.Wenn er über die Interessen von„mittelständischen Firmen“ philo-sophiert, dann hofft man, dass erwenigstens jemanden kennt, derdie Wirtschaft kennt – denn Barthseigene Berufsbiographie ist auffäl-lig wirtschaftfern. Von 1983 bis1986 leistete er in der DDR bravdrei Jahre Wehrdienst, studiertedann bis 1993 in nicht gerade re-kordverdächtiger Dauer Physik (Ab-schluss: Diplom). Von 1993 bis2005 arbeitete er in der öffentli-chen Verwaltung, wurde Bundes-tagsabgeordneter, seit 2009 ist erMitglied des Thüringer Landtags.

Ein politischer Mensch war UweBarth schon in der DDR. Er trat1986 in die „Blockpartei“ LDPDein. Die war Regierungspartei (stell-te u.a. ab 1967 den Justizminister).Durch die Fusion der zwischenzeit-lich als LDP firmierenden Truppemit der westdeutschen FDP lande-te Barth wieder in einer Regie-rungspartei. Das lohnte sich fürihn: er wurde 1993 persönlicherReferent des Thüringer FDP-Mini-sters für Umwelt und Landespla-nung.

Trotz des Geschimpfes von Barthund Co. auf die DDR gilt die LDPD-Mitgliedschaft heute quasi als „ge-dient in der FDP“. Am 18. Februarehrte die FDP Weimar einen ihrereinheimischen Mannen für „60-jäh-rige Mitgliedschaft bei den Libera-len“. Unterzeichnet war die Urkun-de – so eine Pressemitteilung –durch „Landesvorsitzenden UweBarth“.

Saburre adquireret

PARLAMENTSREPORT10 UNZ-08-2013

IMPRESSUM

DAS LETZTE …von Stefan Wogawa

Barth schöpft im Trüben

Es werde in Zukunft immer schwieriger,ohne Internet auszukommen oder sichder Nutzung zu entziehen, stellt Sebasti-an Koch gleich am Anfang seines gelun-genen Buches „Kommunale Netzpolitik“klar. Gerade linke Kommunalpolitik müs-se sich deshalb mit dem Internet ausein-andersetzen. Seine Begründung leuchtetdurchaus ein: Linke Politik setze sich füreinen gleichberechtigten Zugang zu Bil-dung, Wissen und Information sowie fürdie gesellschaftliche Teilhabe aller Men-schen ein – deshalb müsse sie sicherstel-len, „dass die Grundlagen für das Lebenin einer digitalisierten Gesellschaft allenMenschen gleichermaßen zur Verfügungstehen“.

Das Themenspektrum des Buches um-fasst sowohl gesellschaftspolitischeAspekte (z.B. politische und gesellschaft-liche Teilhabe, E-Government, Daten-schutz, Urheberrecht oder Netzneutrali-tät), wie auch praktische Anregungen(z.B. Web 2.0 in der öffentlichen Verwal-tung, Nutzung freier Software, Livestre-am-Übertragung der Sitzungen kommu-naler Vertretungen).

Gerade im Zusammenhang mit dem E-Government – das Koch aufgrund der Nä-he zu Bürgerinnen und Bürgern gerade imkommunalen Bereich für sinnvoll hält –komme der Datensicherheit eine großeBedeutung zu. Der Datenschutz sei einezwingende Voraussetzung der Akzeptanz

Buchtipp: Kommunale Netzpolitik

„Wir lassen den Kopf nicht hängen“

(mg) „Wir lassen den Kopf nicht hän-gen!“ Das war der Tenor einer Veranstal-tung auf Einladung der Linksfraktion undder Thüringer Bürgerallianz gegen über-höhte Kommunalabgaben nach Entschei-dung des Verfassungsgerichtshofs zumVolksbegehren. Der Beistand der Bürgeral-lianz bei der Verhandlung und Kommunal-experte der Linksfraktion, Frank Kuschel,erläuterte nochmals die wesentlichenPunkte der Entscheidung und schlussfol-gerte: „Wir haben nicht verloren sondernwesentlich zur Klärung der Rechtslage bei-getragen.“ Einigkeit bestand in der Runde,dass man den Kampf für gerechte Kommu-nalabgaben nicht aufgibt. So wird es jetztdarum gehen, vor der Bundestagswahl imSeptember und der Landtagswahl im kom-menden Jahr auf die Parteien zuzugehen,um sie mit Wahlprüfsteinen auf das Anlie-

gen aufmerksam zu machen. Das beinhal-tet u.a. die Forderung nach einer Ände-rung der Thüringer Verfassung zur Abmil-derung des sogenannten Abgabenvorbe-haltes. In den kommenden Wochen sindRegionalkonferenzen geplant, um die Bür-ger vor Ort für diese Aktivitäten zu sensibi-lisieren und zum Mitmachen einzuladen.