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* “And Spring will come / and Winter will go …” »Und Lenz wird kommen / Und Winter wird gehn …«*

»Und Lenz wird kommen / Und Winter wird gehnkommen, / Und Winter wird gehn, / Und Blümlein werden / Im Grase stehn«), so dass beim nächsten Durchgang vom Trübsinn nichts mehr

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  • * “And Spring will come / and Winter will go …”

    »Und Lenz wird kommen / Und Winter wird gehn …«*

  • 2 3

    Tanzmusik aus hochalpinem Gebiet und aus der Tiefebene, zwischen Schubert,

    Bartók und Osttiroler Jungbauernball, quer durch musikalische Epochen und Stile.

    Die Musicbanda Franui auf dem Tanzboden? Spielt das zehnköpfige Ensem-

    ble aus dem 1402 m ü. d. M. gelegenen kleinen Dorf Innervillgraten in Osttirol

    (Österreich) nicht vorwiegend Trauermärsche? Sind die Musiker nicht bekannt

    geworden, da sie mit einem berglerischen Instrumentarium Liedern von Schu-

    bert, Brahms und Mahler zu Leibe rückten?

    Der Trauermarsch und die Polka sind zwei Seiten ein und derselben Medail-

    le, lehren uns die Musiker von Franui, der Friedhof und der Tanzboden liegen

    nahe beieinander. Mit Saiteninstrumenten, die man aus der Volksmusik kennt

    (wie Hackbrett, Volksharfe, Zither), Holz- und Blechbläsern, Streichern (Violine,

    Kontrabass) und Stimmen kann man nicht nur Lieder der Romantik verwandeln.

    Man kann auch auf einer Beerdigung spielen – und auf der Tanzfläche reüssieren.

    This album features dance music from high-alpine regions and from the low

    plains, music located somewhere between Schubert, Bartók and a Young Farmers’

    Ball in East Tyrol, encompassing all musical epochs and styles.

    The Musicbanda Franui as a dance band? Aren’t the ten musicians from the

    tiny Austrian village of Innervillgraten, located 1,402 meters above sea level in

    East Tyrol, notorious for playing mainly funeral marches? Aren’t they renowned

    for their alpine adaptations of lieder by Schubert, Brahms and Mahler?

    The funeral march and the polka are two faces of one and the same coin, is

    what Franui teach us; the cemetery and the dancefloor are closely linked. Tra-

    ditional folk music instruments (hammered dulcimer, harp, zither), woodwind

    and brass, string instruments (violin, double bass) and voices are not only suit-

    able tools for transforming Romantic lieder: You can also use them to play at

    funerals, and to conquer the dancefloor.

    EDITOR’S NOTE

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    FranuiTanz! (Franz)

    01 Trockne Blumen 04:0002 Tanz! (Franz) 04:4403 Sowieso (pizz.) 01:5104 Vorwärts rückwärts seitwärts 03:1805 Schneekugelwalzer 03:1906 Menuett mit Dirndl 03:0307 Husch Pfusch Tusch 03:0008 Zwei Kerzen im Dreivierteltakt 02:2209 Alptraum eines österr. Pianisten 03:5710 Kupelwieser-Walzer 04:4711 Ringelreigenwatschentanz 02:5312 Tanzfolge der entfernten Verwandtschaft aus Wien 06:0013 Wie der Bauer zur Kultur kam 04:1814 Dreher aus dem Komitat Schluckauf 01:4315 Totengräberlied 02:4716 Canederli (fatti in casa) 02:19 total time 54:30

    All music written and / or arranged by Markus Kraler / Andreas Schett (AKM)

    Musicians:Johannes Eder, clarinet, bass clarinetAndreas Fuetsch, tubaRomed Hopfgartner, soprano & alto saxophone, clarinetMarkus Kraler, double bass, accordionAngelika Rainer, harp, zitherBettina Rainer, dulcimerMarkus Rainer, trumpet, voiceAndreas Schett, trumpet, voiceMartin Senfter, valve trombone, voiceNikolai Tunkowitsch, violin

    Comissioned by Salzburg Mozarteum Foundation

    Coproduced with Elbphilharmonie Hamburg, Kölner Philharmonie, KunstFestSpiele Hannover, Ludwigsburger Schlossfestspiele, Klangspuren Schwaz

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    Zwischen den essentiellen Registern unserer Emotionen

    Von Christian Seiler

    Wo verläuft eigentlich die Linie, wo sich die Traurigkeit sauber von der Freude trennt? Wann scheidet sich das Inwendige vom Äußeren? Und worin besteht die Verwandtschaft, die den Takt heftigen Schluchzens mit dem Rhythmus eines ekstatischen Tanzes verbindet? Ich frage mich das, weil schon der erste Titel dieses Albums eine verführe- rische Antwort anbietet. Sie lautet: Alles eine Frage des Tempos. Franui-Trom-peter Andreas Schett formuliert es noch verführerischer: »Wenn man einen Trauermarsch viermal so schnell spielt, dann wird er zu einer Polka.« Stimmt das oder ist es bloß eine gute Pointe? Aus dem echten Leben, das ja mindestens eine Teilmenge echter Musik ist, kenne ich natürlich das Phä-nomen, dass den Tränen am Grab eines gemochten Menschen später, beim Leichenschmaus, das Gelächter über die gemeinsamen, schönen Zeiten folgt, oft alkoholbefeuert, immer tief empfunden. Bloß: Wo ist der Übergang? Wann widerfährt uns der eine, spezifische Mo-ment, in dem sich die niemals mehr erwartete Balance zwischen dem Kummer und der Erleichterung einstellt, dass er ausgestanden ist? Wenn wir also zuhören, wie die himmeltraurige Melodie von »Trockne Blu-men« aus Schuberts »Die schöne Müllerin« über den mit ausgebreiteten Armen hingelegten Mollakkorden das Klagen eines Verzweifelten nachempfindet (»Ihr Blümlein alle / Die sie mir gab, / Euch soll man legen / Mit mir ins Grab …«, heißt es im originalen Text von Wilhelm Müller), dann fällt uns vielleicht zuerst

    gar nicht auf, dass sich der Puls von Bass und Hackbrett nach der ersten Strophe ein wenig beschleunigt, während die Melodie nach wie vor emphatisch dem Kummer nachspürt. Nach der zweiten Wiederholung aber befinden sich Franui plötzlich schon im Anmarsch auf die Apotheose des Stücks (»Und Lenz wird kommen, / Und Winter wird gehn, / Und Blümlein werden / Im Grase stehn«), so dass beim nächsten Durchgang vom Trübsinn nichts mehr zu spüren ist, bloß die zelebrierte Freude über den Winterkehraus und das Ende der Dunkelheit: Was zwischen Strophe eins und zwei passiert ist, bis zu einer langen, intensiven Klangpause, gehört dann schon zur bewältigten Erinnerung. Weil jetzt wird gefeiert: »Dann, Blümlein alle, / Heraus, heraus! / Der Mai ist kommen, / Der Winter ist aus.«

    Franui sind Trauermarschspezialisten. Das Wesen des vollen Blechklangs, um-geben von rotgeweinten Augen, ist ihnen genuin vertraut. Noch heute, nach-dem sie sich längst auf eigenwillige Weise des Erbes klassischen Liedguts von Schubert, Schumann, Brahms, Mahler und Berg bemächtigt haben, um deren Substanz mit der Wirkungsmacht der erweiterten Blasmusik zu kreuzen, streuen sie bei ihren Konzerten den einen oder anderen Trauermarsch ein, ohne Na-men, weil Franui Trauermärsche traditionell nur mit Nummern bezeichnen. Im Konzertsaal kommt das jeweils als danse macabre an, als wuchtiges memento mori, von augenzwinkernden Musikanten vorgetragen: die richtige Dosis echtes Leben in der echten Musik. Das erzählt auch einiges über den Gestus des vorliegenden Albums: Die so-genannten »Tanz Boden Stücke« legen einerseits Zeugnis jener Transformation ab, die zwischen den essentiellen Registern unserer Emotionen erfolgt, siehe

    FIRST LISTENER’S NOTES

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    oben. Gleichzeitig offenbaren die 16 Stücke jedoch nicht zwangsläufig den Drang der Osttiroler Musicbanda auf die Tanzfläche, jedenfalls nicht nur. Wenn Franui etwa den famosen »Tanz! (Franz)« loslassen, dann stochern sie nicht zwangsläu-fig in Wunden, um dann zu heilen, sondern sie schütteln bewundernd den Kopf über die Literatur, die ihnen untergekommen ist, namentlich von Schubert, dem Franz, mit dem Franui längst per Du sind (und dessen Tänze D 145/10, D 365/36, D 783/7 & 10 und D 790/8 sie in der so sensiblen wie wuchtigen Titelnummer verarbeitet haben, in der sich zarteste Melodien mit voluminösen, pochenden Gegenläufen abwechseln, quer durch das gesamte Franui-Instrumentarium, von unten nach oben und gern auch wieder zurück). Neben zahllosen Liedern von berückender Schönheit hat Schubert eine ebenso große Zahl von Tänzen aufgeschrieben, oft nur eine kleine, zuweilen jedoch großartige Melodie samt minimaler Durchführung, kaum eine Minute lang. Franui verliebten sich in die Melodien, wussten aber nicht so recht, was sie damit anfangen sollten. Erst, als Markus Kraler und Andreas Schett auf andere Tanzliteratur stießen, vor allem auf die Feldforschungen von Béla Bartók, der sich als junger Mann stark für die ungarische und benachbarte Volksmusik interessiert hatte, offen-barte sich das gesammelte Material als geeignete Ausgangsposition für eine programmatische Überarbeitung. Bartóks Aufnahmen aus Rumänien, Ruthenien, der Slowakei und verschie- denen Regionen Ungarns war auf Wachswalzen gepresst und konserviert wor-den. Bartók selbst hatte in seinen kleinen Stücken für Klavier oder den »44 Duos für zwei Violinen« reichlich von den Motiven der erbeuteten Volksmusik Gebrauch gemacht.

    Die Freilegung der Quellen verhalf wiederum Franui zu einem deutlich besseren Verständnis von Bartóks Musik (und lenkte den Blick zwangsläufig auch auf Arbeiten von Bartóks Landsmann György Ligeti). Außerdem offenbarte sich plötzlich auch die Hypothese, auf deren Grundlage dieses Album schließlich entstehen sollte: Wenn schon kleinste Spuren von Musik, zu der man tanzen kann, so bezaubern können, dann taugen sie auch als musikalischer Steinbruch für ein neues Album von Franui. Die Arbeit von Franui hat etwas Bildhauerisches. Musikalische Motive werden von der Banda immer zuerst auseinandergenommen, bevor sie für das eigen-willige Instrumentarium zu neuer Gestalt zusammengesetzt werden, meistens figurativ, aber nicht immer. Wenn Schuberts Menuett D 600 (in Gestalt von »Zwei Kerzen im Dreivierteltakt«) zum Beispiel plötzlich klingt wie eine Bach-Variation mit Verstärkung des Gil-Evans-Orchesters, dann ist die Verwandlung geglückt, dann hat der konservatorische Akt mit dem kreativen einen segens-reichen Pakt geschlossen. Und wenn bei »Sowieso« das Pizzicato der Geigen nach Bartók sich gegen das atonale Lamento im Hintergrund stemmt, muss auch das Blech einsteigen, um – vage Erinnerung an das Volkslied »Nem láttam én télbe«, aufgenommen 1907 in Csikszenttamás – das Stück sicher zum Stehen zu bringen, ohne dass der Hörer fürchten müsste, dass es kippt. Es sind übrigens nicht nur Versatzstücke von Schubert, Bartók und Ligeti, die Franui in Bewegung versetzen. Dazu kommen auch Motive von Mozart, aufgelesen bei den Salzburger Festspielen, oder, wie beim grandiosen »Kupel-wieser-Walzer«, schichtenweise Orchestrales: Der flüssige Kern stammt von Schubert, die Façon von Richard Strauss, die Veredelung erfolgt durch Anton Bruckners »Stille Betrachtung an einem Herbstabend«. Ein sphärischer Tanz,

    FIRST LISTENER’S NOTES

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    auf den Franui sich da einlassen, eine Meditation, die oszilliert und nur wi-derwillig zu pulsieren beginnt, bevor sie doch noch in einen erlösenden Takt fällt, um diesen gleich im Schweben des finalen Walzers aufzulösen, weich, süß, rätselhaft lieblich. Klar, dass mit dem »Ringelreigenwatschentanz«, einer Assemblage mehrerer von Bartók in Besitz genommener Volksmusikmotive, ein harter Schnitt erfol-gen muss, eine scheppernde Improvisation über das Erbe von 1907 (wie später auch beim famosen, bordunesken »Dreher«). Das gerät jeweils zum Flirt mit den Versuchungen des Simplen. Das hörbar Weniger an Melodie wird durch ein Mehr an Rhythmus ausgeglichen, und durch den wohlwollenden Humor derer, die Béla Bartók fürwitzig über die Schulter geschaut haben, rumms, schepper, krach. Natürlich ist »Tanz! (Franz)« insgesamt eine Anmaßung, zum Glück. Alten Meistern wird das Heiligmäßige vom Revers geknöpft, sie werden hingebungs-voll verehrt und franuimäßig demokratisiert. György Ligeti wird die Ohren anlegen, wenn er im Tanzbodenhimmel sein Motiv »Dance« aus »Ballad & Dance« wiederhört, aufgeführt mit der Energie eines virtuosen Klezmerorches-ters, das sich vor dem Auftritt einen großen Joint genehmigt hat (»Husch Pfusch Tusch«); Franz Schubert wird seinem Allegretto aus dem Impromptu D 935/2 sozusagen in Lederhosen begegnen, weil es in »Wie der Bauer zur Kultur kam« zum Boarischen eingeladen wird; drei Tänze von Schubert ergeben die zartrup-pige, zwischendurch ein wenig mit dem samtigen Saxofonsound von Stan Getz kokettierende »Tanzfolge der entfernten Verwandtschaft«; und beim »Menuett mit Dirndl« begegnen sich Don Giovanni und eine flachshelle Blondine zu einer Zeit und unter Umständen, wo anständige Menschen schon längst schlafen.

    Zurück an die Wasserscheide von Freude und Traurigkeit. Schon die Verse von Ludwig Christoph Heinrich Hölty, die Schubert sich zur Vertonung vorgenom-men hatte, platzierten das »Totengräberlied« genau dorthin, wo es gleichzeitig hell, aber auch immer dunkel ist: »Grabe, Spaten, grabe! / Alles, was ich habe, / Dank’ ich Spaten, dir!« Ein Totengräber liefert sozusagen sein Credo ab, seinen Lebensinhalt, der leider der Tod ist: »Reich’ und arme Leute / Werden meine Beute, / Kommen einst zu mir.«Franui musizieren dieses Lied Schuberts mit wilder Entschlossenheit, walking bass, Männergesang, Zwischenspiele von fast ekstatischer Wucht, das Stück gerät zur kunstvollen Hymne, zur pathetischen Anberaumung des finalen Ortstermins. Und doch bleibt auch die Dankbarkeit im Raum stehen, die der Totengräber empfindet, weil er so einen krisenfesten Job hat. Auch das ist, dank der Kunst dieser Band, zu hören. Man könnte es, wenn man wollte, auch schluchzend tanzen.

    FIRST LISTENER’S NOTES

    Christian Seiler, geb. 1961, Autor und Journalist, lebt in Wien. War Chefredakteur von »profil« und »Du« und hat zahlreiche Bücher veröffentlicht,

    darunter die Biografie »André Heller. Feuerkopf« und zuletzt mit Hans Söllner dessen Autobiografie »Freiheit muss weh tun«.

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    ARTISTS’ NOTES

    »Ich muss die Musik machen!«

    Notizen zu den Tanzbodenstücken Von Markus Kraler und Andreas Schett

    Zu Beginn gleich eine alte Weisheit – man kann sie nie oft genug aussprechen: Wenn du einen Trauermarsch viermal so schnell spielst, wird’s eine Polka. Schon vor Jahren haben wir das einmal so ähnlich aufgeschrieben: Die Haupt-schauplätze unserer Musik sind der Friedhof und der Tanzboden. An beiden Orten ist eine rechteckige Fläche das Zentrum der Aufmerksamkeit. Und wo ist das schöner zu hören als in Trockne Blumen – der Nr. 18 aus Schu-berts Liederzyklus »Die schöne Müllerin« – mit der dieses Album beginnt?

    Ja, das Beginnen: Zuerst sind wir – wie so oft – von Schubert ausgegangen. Der hat bekanntlich in 31 Lebensjahren nicht nur mehr als 700 zu Herzen gehende und im Kopf bleibende Lieder geschrieben, sondern auch mindestens ebenso viele Tänze. Warum? Immer, wenn ein Mädchen ihn zum Tanzen aufgefordert hat, wird er wohl gesagt haben: Ich muss die Musik machen! Er ist hinter’s Kla-vier geflohen und hatte mir nichts, dir nichts schon wieder ein Stück erfunden. Wir haben sie uns samt und sonders angehört. Daraufhin beschlich uns eine große Ratlosigkeit: Welche der vielen kleinen Stücke – meistens im 3/4-Takt geschrieben und von einer Dauer unter einer Minute – sollen wir nehmen? Und vor allem: Wie sollen daraus neue längere Stücke werden? Zum Beispiel so: In Tanzfolge der entfernten Verwandschaft aus Wien und Tanz! (Franz) werden 5 oder 6 Tänze nach Façon der Schubertzeit (oder ihrer

    Überlieferung) aneinandergereiht; zur rechten Zeit wird ein Thema wiederholt und dadurch zu einer Art Kennmelodie. In Alptraum eines österr. Pianisten picken wir aus allen bekannten Sammlungen 19 Deutsche Tänze heraus, die sich im harmonischen Bau gleichen, spielen von jedem Tanz aber immer nur 2 Takte und springen zum nächsten, so lange bis alle Tänze einmal durchgespielt sind und schließlich alles durcheinandergerät.

    Fast zeitgleich mit der Arbeit an den Schuberttänzen kamen wir auf die musika- lische Feldforschung von Béla Bartók, der von seinen ungarischen Landsleuten sowie von den Rumänen, Ruthenen, Slowaken usw. Volkslieder auf Wachswalzen aufgenommen hat, die er später oft in seinen kleinen Stücken für Klavier oder Violine mehr oder weniger wortwörtlich übernahm. Faszinierend, diese Orginal-aufnahmen: »Hej sár elö«, aufgezeichnet in Nagymegyer im Komitat Komárom im März 1910, verwendete Bartók in der Nr. 27 der 44 Duos für 2 Violinen; bei uns hat das Motiv Eingang in den Ringelreigenwatschentanz gefunden. Zwei weitere Ergebnisse der Feldforschung dienen als Grundlage für Sowieso (pizz.) und Dreher aus dem Komitat Schluckauf. Unweigerlich landet man im Zuge einer solchen Beschäftigung auch beim jungen György Ligeti, der sich 1949/50 als Student des Bukarester Folklore-Insti-tutes ebenfalls historischer Aufnahmen bediente und daraus »neue« Volksmusik formte (zwei Motive daraus sind in Husch Pfusch Tusch und Vorwärts rückwärts seitwärts zu hören). Hinzu kam die Bitte der Stiftung Mozarteum – als Auftraggeberin dieser Musik, die im Rahmen des Festivals »Dialoge« erstaufgeführt wurde – auch auf Mozart Bezug zu nehmen: Sein Menuett aus Don Giovanni haben wir mit Volks-

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    ARTISTS’ NOTES

    liedern überlagert (was für ein Glück, dass der Kirchenchor im Untergeschoß gerade Volkslieder probte, als wir die Mozartnoten auspackten). Zu alledem kamen uns auch noch Anton Bruckner und Richard Strauss in die Quere.

    Wie haben wir das alles ausgewählt? Gute Frage. Eigentlich gehen wir vor wie immer: Manche Musik zelebrieren wir in all ihrer Schönheit, indem wir sie uns mit unserem merkwürdigen Instrumentarium aneignen und da und dort ledig-lich einen kleinen Farbtupfer hinzufügen (beim Kupelwieser-Walzer etwa, beim Schneekugelwalzer nach D 899 oder beim Schubert-Menuett D 600, das bei uns Zwei Kerzen im Dreivierteltakt heißt). Manches Mal stellen wir aber auch alles vom Kopf auf die Füße (oder umgekehrt), skelettieren, fantasieren, komponieren weiter und fügen Musik aus verschiedenen Landstrichen und Zeitaltern neu zusammen. Schlussendlich weiß man beim Zuhören nicht mehr: Was ist von Franz, was von Anton, Wolfgang, Adalbert, Richard, Georg oder Franui? Die Grenzen zwischen Interpretation, Arrangement, Komposition und Improvisation fließen. (Wobei jede gute Interpretation zuallererst Improvisation ist … dazu später mehr.)

    Volksmusik? Die hochinteressanten Original-Tänze, nach denen wir beim Schrei-ben suchten, fanden wir schließlich nicht. Weder in Inner- noch in Außervill-graten, nicht in Panzendorf und auch nicht in Abfaltersbach. Nicht einmal im Zillertal! Da hatte es Bartók zu seiner Zeit wohl noch leichter, etwas herausragend »Authentisches« zu finden. Also notierten wir neu erfundene »Originale« – wie aus der Erinnerung angeweht –, ließen sie etliche Wochen auf der Festplatte wie in einer Selchkammer abliegen, machten fröhliche Entdecker-Gesichter, als wir

    sie wieder hörten, und machten uns schließlich daran, Franui-Musik daraus zu machen (Canederli, Wie der Bauer zur Kultur kam).

    Abschließend eine Geschichte: In Frankreich starb ein Hauptmann. Die Soldaten sangen beim Begräbnis ein Lied, das endete so: »… eine Viertelstund’ vor seinem Tod, ja, da war er noch am Leben!« Das vorliegende Album handelt genau von dieser Viertelstunde davor. In dieser Viertelstunde könnte einem etwa das Totengräberlied von Franz Schubert in den Sinn kommen (wir haben es kurzerhand über den Tanzboden gestaucht). Übrigens: Wenn du einen Trauermarsch viermal so schnell spielst, wird’s eine Polka.

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    ABOUT THE ARTISTS

    FranuiMusicbanda

    Franui ist der Name einer ganz bestimmten Almwiese im kleinen Osttiroler Dorf Innervillgraten, in dem die Musiker von Franui großteils aufgewachsen sind. Das Wort ist rätoromanischen Ursprungs und verweist auf die geografische Nähe Innervillgratens zum ladinischen Sprachraum in den Dolomiten. Die Musicbanda gleichen Namens spielt seit 1993 in nahezu unveränderter Besetzung und ist bei vielen Festivals und Konzertveranstaltern zu Gast (u. a. Wie-ner Konzerthaus, Burgtheater Wien, Salzburger Festspiele, Stiftung Mozarteum Salzburg, Tiroler Festspiele Erl, Bregenzer Festspiele, Ruhrtriennale, Radialsys-tem V Berlin, KunstFestSpiele Herrenhausen, Ludwigsburger Schlossfestspiele, Schauspielhaus Hamburg, Philharmonie Köln, Elbphilharmonie Hamburg, The-ater Basel, Philharmonie und Grand Théatre Luxemburg, Les Nuits de Fourvière Lyon, Holland Festival). Mit dem Singspiel »Steine und Herzen« (Ruhrtriennale 2005) begann eine ausgiebige Zusammenarbeit mit dem Schauspieler und Regisseur Sven-Eric Bechtolf, der mit Franui regelmäßig als Rezitator auftritt. Neben der Konzert-tätigkeit realisieren die Musiker von Franui immer wieder auch Musiktheater-produktionen. U. a.: »Fool of Love«, Shakespeare-Sonette mit dem Sänger und Pianisten Karsten Riedel und dem Puppenspieler Nikolaus Habjan (Burgtheater Wien), »Meine Bienen. Eine Schneise« (Salzburger Festspiele 2012, Libretto: Händl Klaus). Zum 20-jährigen Bestehen des Ensembles sorgte ein Konzert auf der 2300 m hoch gelegenen Almwiese Franui für Furore, zu dem nach einer etwa dreistündigen Wanderung an die 1500 Besucher kamen.

    Seit Mai 2015 steht Franui im Mittelpunkt des jährlich stattfindenden Festi-vals »Gemischter Satz«, bei dem im Wiener Konzerthaus Musik, Bildende Kunst, Literatur und Wein in einem neuen Zusammenspiel präsentiert werden. Die CDs von Franui erscheinen seit 2007 bei col legno und wurden mit meh-reren Preisen ausgezeichnet (Preis der deutschen Schallplattenkritik, Pasticcio-Preis von Radio Ö1, Toblacher Komponierhäuschen).

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    Tanz! (Franz)

    All music written and / or arranged by Markus Kraler / Andreas Schett (AKM)

    01 Trockne Blumen / Withered Flowersnach / after Franz Schubert, Die schöne Müllerin / The Lovely Maid of the Mill D 795/18

    02 Tanz! (Franz) / Dance! (Franz)nach / after Franz Schubert D 145/10; D 365/36; D 783/7, 10; D 790/8

    03 Sowieso (pizz.) / Anyway (pizz.)nach Béla Bartók, 44 Duos für 2 Violinen Sz. 98, Nr. 43, ursprünglich aufgezeichnet als »Nem láttam én télbe« in Csíkszenttamás (Csík), Juli 1907after Béla Bartók, 44 Duos for Two Violins Sz. 98, No. 43, originally recorded as “Nem láttam én télbe” in Csíkszenttamás (Csík), July 1907

    04 Vorwärts rückwärts seitwärts / Forwards Backwards Sideways(Vielfach Zwiefacher) / (Multiple “Zwiefacher”)nach Franz Schubert D 145/1, 2; D 366/8; D 783/9 und Motiven aus Belá Bartóks und György Ligetis Volks-liedbearbeitungenafter Franz Schubert D 145/1, 2; D 366/8; D 783/9, and motifs from Béla Bartók’s and György Ligeti’s folk song arrangements

    05 Schneekugelwalzer / Snow Globe Waltznach / after Franz Schubert, 12 Valses nobles D 969/3

    06 Menuett mit Dirndl / Minuet with Girlnach dem Menuett aus »Don Giovanni« KV 527 von W. A. Mozart und unter Verwendung der Volkslieder »Du flåchshoorats Dirndl«, »I måg nit Küah hiatn« und »Wås kümmern mi di Sternlan?«after the minuet from “Don Giovanni” KV 527 by W. A. Mozart and with contributions from the folk songs “My flaxen-haired lass”, “I don’t want to be a cowherd” and “I don’t care much for stars or moon”Text / lyrics: Lorenzo da Ponte & Volksmund / trad.

    ABOUT THE TRACKS

    Wås kümmern mi die Sternlan, wås kümmert mi der Mond?Mi kümmert lei des Heisl wo mei Diandl drin wohnt.

    I måg nit Kiah hiatn, måg nit Kiah hiatn, i måg nit Sau hiatn, måg nit Sau hiatn, aber Ross hiatn tat i gern, aber die Rösser hiatn tat i gern!

    No no, ballar non voglio. Eh balla, amico mio! No! Si! Facciam quel ch’altri fa.

    I don’t care much for stars or moon or any golden treasure, All I care about is a little house where lives a girl so fair.

    I don’t want to be a cowherd, a cowherd I won’t be, I don’t want to be a swineherd, that job is not for me, but give me horses any day and I’ll be as happy as can be!

    No, no, I will not dance! Ah, come, dance, my friend! No! Yes! Let’s do as the others are doing.

    Wås kümmern mi die Sternlan, wås kümmert mi der Mond?Mi kümmert lei des Heisl wo mei Diandl drin wohnt.

    Du flåchshoorats Diandl, i håb di so gern, und i könnt wegn dein Flåchshoor a Spinnradl wearn.

    I don’t care much for stars or moon or any golden treasure,All I care about is a little house where lives a girl so fair.You, my flaxen-haired lass, I love you without measure,

    I would turn into a spinning wheel for the sake of your flaxen hair

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    07 Husch Pfusch Tusch / Slapdash Fanfarenach Motiven von Franz Schuberts Moments Musicaux D 780/3 und Motiven aus Belá Bartóks und György Ligetis Volksliedbearbeitungenafter motifs from Franz Schubert’s Moments Musicaux D 780/3 and motifs from Béla Bartók’s and György Ligeti’s folk song arrangements

    08 Zwei Kerzen im Dreivierteltakt / Two Candles in 3/4 Timenach / after Franz Schubert Menuett / Minuet D 600

    09 Alptraum eines österr. Pianisten / An Austrian Piano Player’s Nightmare(19 Deutsche Tänze) / (19 German Dances)nach / after Franz Schubert D 145/2, 3, 17; D 354/1; D 365/17; D 366/3, 4, 10; D 378/2; D 420/5, 10; D 681/1, 2, 5; D 734/2; D 783/11, 15; D 790/5; D 980b

    10 Kupelwieser-Walzer / Kupelwieser Waltz(von Richard, mit Anton) / (by Richard, with Anton)nach Franz Schubert D Anh. I 214 (aufgeschrieben 1943 von Richard Strauss) sowie Anton Bruckner »Stille Betrachtung an einem Herbstabend« WAB 123after Franz Schubert D Anh. I 214 (noted down in 1943 by Richard Strauss) and Anton Bruckner’s “Quiet Contemplation on an Autumn Evening” WAB 123

    11 Ringelreigenwatschentanz / Merry-go-round Slap Dancenach den von Béla Bartók angefertigten musikalischen Feldforschungen: — »Kalamaykó« (Round Dance), aufgezeichnet in Felsöiregh (Tolna), April 1907 (von Bartók später

    verwendet in 44 Duos für 2 Violinen Sz. 98, Nr. 2)— »Dömbör vajda« (Cushion Dance), aufgezeichnet in Ehed (Maros-Torda), April 1914 (von Bartók später

    verwendet in 44 Duos für 2 Violinen Sz. 98, Nr. 14)

    — »Hej sár elö« (Limping Dance), aufgezeichnet in Nagymegyer (Komárom), März 1910 (von Bartók später verwendet in 44 Duos für 2 Violinen Sz. 98, Nr. 27)

    — Gypsy-Melodie, aufgezeichnet in Comlausa (Satu-Mare), Jänner 1912 (von Bartók später verwendet in Rhapsodie Nr. 2 für Violine und Klavier Sz. 89)

    based on Béla Bartók’s musical field research: — “Kalamaykó” (Round Dance), recorded in Felsöiregh (Tolna), April 1907 (later used by Bartók in 44

    Duos for Two Violins Sz. 98, No. 2)— “Dömbör vajda” (Cushion Dance), recorded in Ehed (Maros-Torda), April 1914 (later used by Bartók

    in 44 Duos for Two Violins Sz. 98, No. 14)— “Hej sár elö” (Limping Dance), recorded in Nagymegyer (Komárom), March 1910 (later used by Bartók

    in 44 Duos for Two Violins Sz. 98, No. 27)— Gypsy Melody, recorded in Comlausa (Satu-Mare), January 1912 (later used by Bartók in Rhapsody

    No. 2 for Violin and Piano Sz. 89)

    12 Tanzfolge der entfernten Verwandtschaft aus Wien / Series of Dances of Distant Relatives from Vienna nach / after Franz Schubert D 820/4, 5, 6; D 365/22; D 783/3 und D 681/11

    13 Wie der Bauer zur Kultur kam / How the Farmer Got Culture(Boarischer) / (Bavarian polka)unter Verwendung des »Allegretto« aus Franz Schuberts Impromptu D 935/2with contributions from the “Allegretto” from Franz Schubert’s Impromptu D 935/2

    14 Dreher aus dem Komitat Schluckauf / Round Dance from Hiccups Countynach / after Béla Bartók, 44 Duos für 2 Violinen / 44 Duos for Two Violins Sz. 98, No. 36 (Bagpipes)

    ABOUT THE TRACKS

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    15 Totengräberlied / Grave-digger’s Songnach / after Franz Schubert D 38, Deutsche Tänze / German Dances D 783/5Text / lyrics: Ludwig Heinrich Christoph Hölty

    Grabe, Spaten, grabe!Alles, was ich habe,dank’ ich Spaten, dir!Reich’ und arme Leutewerden meine Beute,kommen einst zu mir.

    Weiland groß und edel,nickte dieser Schädelkeinem Gruße Dank.Dieses Beingerippeohne Wang’ und Lippehatte Gold und Rang.

    Jener Kopf mit Haarenwar vor wenig Jahrenschön, wie Engel sind.Tausend junge Fäntchenleckten ihm das Händchen,gafften sich halb blind.

    Dig, spade, dig!Everything I haveI owe to you, spade!Rich and poor alikeWill be my prey,Will come to me some day.

    When it was great and nobleThis skull never noddedTo return a greeting.This bare skeleton Has no cheeks or lipsYet once had gold and status.

    Only a few years ago This head with hairWas as beautiful as angels are.A thousand young fopsLicked its tender handAnd gaped themselves half blind.

    16 Canederli (fatti in casa) / Dumplings (homemade)

    ABOUT THE TRACKS

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    Between the essential registers of our emotions

    by Christian Seiler

    Where exactly is the dividing line between sadness and joy? When does the internal intersect with the external? And what relationship connects the beat of a heavy sob with the rhythm of a dance of ecstasy? I’m asking myself this because even the first track on this album offers an intriguing answer. The title is “Alles eine Frage des Tempos” – it’s all about the tempo. Franui trumpeter Andreas Schett puts it even more enticingly: “If you play a funeral march four times as fast, it becomes a polka”. Is this true, or is it just a good line? In real life, which is after all at least a part of real music, I am of course familiar with the phenomenon of tears at the grave of a beloved person being followed later, at the wake, by laughter at the good times you shared – fuelled perhaps by alcohol, but genuinely felt. But where is the junction, the point of transit? When do we experience that one specific moment in which a balance we never again expected sets in, a balance between grief and the relief of withstanding grief? So when you listen to how the bittersweet melody of “Trockne Blumen” from Schubert’s “Die schöne Müllerin” recreates a lamentation of despair through the outstretched arms of minor chords, (the original Wilhelm Müller text runs “all you little flowers / which she gave to me / you should be laid down / with me in the grave”), then perhaps you don’t at first realise how the pulse of the bass and the dulcimer speed up a little after the first verse, while the melody continues to trace the grief emphatically. After the second reprise, though, Franui suddenly

    find themselves already approaching the apotheosis of the piece (“and Spring will come / and Winter will go / and the little flowers / will grow in the grass”) so that by the next passage there is no feeling of melancholy left, just the celebrated joy of the final dance of winter and the end of darkness. What happened between the first and second verse up to a long, intense pause belongs already to a memory overcome. Now it’s time to celebrate: “then all you little flowers / come out, come out! / May is here / and Winter is over.”

    Franui are funeral march specialists. They genuinely feel at home with the essence of full brass sound surrounded by eyes reddened from weeping. Even today, long after they have appropriated in their own very individual way the legacy of classical songs from Schubert, Brahms, Mahler and Berg in order to cross their substance with the powerful impact of the wider world of brass band music, they still sprinkle one or two funeral marches into their concerts, nameless, because funeral marches in Franui’s tradition only have numbers. In the concert hall, this works as a kind of danse macabre, a powerful memento mori, played by musicians with a wink of an eye, the right measure of real life in real music. It also explains something of the attitude or gestus of the current album. Christened the “Tanz Boden Stücke” – dance floor tracks – they bear witness on the one hand to the transformation that takes place between the essential registers of our emotions, as discussed above. But at the same time, the 16 tracks do not really reveal the East Tyrolean band’s compulsive attraction to the dance floor, or at least, they do so only in part. When Franui let rip with the splendid “Tanz! (Franz)”, then they are not necessarily picking at wounds in order to heal

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    them later, but are shaking their heads in amazement at the literature which has come down to them, in particular from Schubert, the Franz with whom Franui have long been on first name terms (and whose dances D145/10, D365/36, D783/7 & 10 und D790/8 they have reworked into a title track as sensitive as it is powerful, in which the most tender melodies alternate with full-bodied, throb-bing counter rotations, right through the whole range of Franui instruments from top to bottom and happily back again).

    Alongside countless songs of breath-taking beauty, Schubert also wrote an equally large number of dances, often just a small, albeit wonderful, melody together with minimal implementation, barely a minute long. Franui fell in love with the melodies, but didn’t really know what to do with them. It was only when Markus Kraler and Andreas Schett came across other dance literature – above all the field research of Béla Bartók, who in his early years was extremely interested in the folk music of Hungary and its neighbouring lands – only then did the assembled material reveal its potential as a suitable starting point for a complete programmatic overhaul. Bartók’s tracks from Romania, Ruthenia, Slovakia and various regions of Hungary were pressed onto wax cylinders and preserved. Bartók himself had made considerable use of the folk music motifs he captured in his short pieces for piano or the “44 duos for two violins”. Uncovering the sources helped Franui in turn to a much better understand-ing of Bartók’s music – and inevitably also drew their attention to the work of Bartók’s countryman, György Ligeti. It revealed, as well, the hypothesis upon which this album would finally be created: if even the tiniest traces of music

    which can be danced to can be so enchanting, they can also be quarried as the musical basis of a new Franui album. Franui’s work has an almost sculptural quality. Musical motifs are always first taken apart by the band, before being put together in new shapes for the unconventional instruments, mostly, but not always, figuratively. If Schubert’s Minuet in D 600 (in the form of “Zwei Kerzen im Dreivierteltakt”), for example, suddenly sounds like a Bach variation with the backing of the Gil Evans Orches-tra, then the transformation has been a success, then the act of conservation has sealed a beneficial pact with the act of creativity. And when in “Sowieso” the pizzicato of the violin a la Bartók pits itself against the background atonal lament, the brass has to also join in – vaguely reminiscent of the folk song “Nem láttam én télbe”, recorded in 1907 in Csikszenttamás – in order to bring the piece safely to a stop without leaving the listener trembling. And Franui don’t just set in motion set pieces from Schubert, Bartók and Ligeti. There are also motifs from Mozart, picked up at the Salzburg Festival, or, as in the magnificent “Kupelwieser-Walzer”, layers of orchestral music: the fluid centre comes from Schubert, the manner from Richard Strauss, the fin-ish provided by Anton Bruckner’s “Quiet reflection on an Autumn evening”. A spherical dance which Franui creates for itself, a meditation which oscillates and only reluctantly begins to pulsate before it falls after all into the release of a beat, melting straight away into the floating final waltz, soft, sweet, puzzlingly lovely. Clearly, there has to be a harder cut with “Ringelreigenwatschentanz”, an assemblage of several pieces of Bartók’s field research, a rattling improvisation on the folk music of 1907 (as also later in the wonderful, drone-like “Dreher”).

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    It becomes in each case a flirtation with the temptation of simplicity. The au-dibly reduced melody is only balanced out by the increased rhythm, and by the benevolent humour of those who have looked over Béla Bartók’s shoulder a bit, crash, bang, wallop. Overall, “Tanz! (Franz)” is of course arrogant – thankfully. Old masters have their halos put on backwards, they are lovingly venerated and democratised the Franui way. György Ligeti will open his ears when he hears his “Dance” motif from “Ballad & Dance” once more up in dance floor heaven, played with the en-ergy of a virtuoso klezmer orchestra which has enjoyed an enormous joint before the performance (“Husch Pfusch Tusch”). Franz Schubert will meet his Allegretto from the Impromptu D935/Nr.2 more or less in lederhosen, as it is invited to a Bavarian dance in “Wie der Bauer zur Kultur kam”; three Schubert dances give rise to the rough-then-tender “Tanzfolge der entfernten Verwandtschaft”, flirt-ing a little from time to time with the velvety saxophone sound of Stan Getz; and in “Menuett mit Dirndl”, Don Giovanni and a flaxen-haired blonde come together under circumstances and at a time when upstanding citizens have long since been asleep.

    Back to the watershed between joy and sadness. The verses of Ludwig Christoph Heinrich Hölty, which Schubert had intended to score, already position the “Totengräberlied” – the song of the gravedigger – exactly at the point where it is simultaneously light, but also always dark: “Dig, spade, dig! / All that I have / I thank you for, spade, you!” A gravedigger presents his credo, so to say, his purpose in life, which is sadly death: “Rich people and poor / will be my bounty / come one and all to me.”

    Franui make music from this Schubert song with wild determination, walk-ing bass, male vocals, interludes of almost ecstatic power. The piece turns into an elaborate hymn, a pathetic setting for the final appointment. And yet a bit of the gravedigger’s gratitude remains hanging in the air, gratitude for having such a secure job. This, too, can be heard, thanks to the artistry of the band. You could also, if you like, dance to it whilst you sob.

    Christian Seiler, born in 1961, author and journalist, lives in Vienna. Former chief editor of the magazi-nes “profil” and “Du”; numerous book publications, including the biography “Andre Heller. Feuerkopf”

    and, most recently, in collaboration with Hans Söllner the latter’s autobiography “Freiheit muss weh tun”.

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    ARTISTS’ NOTES

    “I must do the music!”

    Notes on the dance floor pieces. By Markus Kraler and Andreas Schett

    Let’s begin with a wise old saying, one that cannot be repeated often enough: If you play a funeral march four times as fast, it turns into a polka. Years ago we said the same thing in different words: The main venues for our music are the cemetery and the dancefloor. In both places, a rectangular piece of ground is the center of attention. And could there be any lovelier piece of music to illustrate this point than Withered Flowers, number 18 in Schubert’s lieder cycle “The Lovely Maid of the Mill”, the starting point of this album?

    Speaking of starting points: Initially, as we often do, we started with Schubert. During the thirty-one years of his life, he wrote not only more than seven hun-dred songs that move our hearts and stay in our minds, but at least as many dances. Why was that? Well, every time a girl asked him to dance, he probably thought: I must do the music!, then ran away to hide behind the piano, and hey presto!, he had written another piece. After we had listened to them all, great uncertainty came upon us: Which of the numerous short pieces – most of them in 3/4 time and less than a minute long – were we to choose? And, even more importantly: How were they to be transformed into longer pieces? Well, like this, for example: In the Series of Dances of Distant Relatives from Vienna and in Dance! (Franz), five or six dances are lined up after the (alleged) fashion of

    Schubert’s day; when the time is right, a theme is repeated and thus turns into a kind of signature tune. For An Austrian Piano Player’s Nightmare, we looked at all known cycles and selected nineteen German Dances with a similar harmonic structure; of each dance, we only play two bars, then jump to the next, until every dance has been done, and, eventually, major confusion ensues.

    At about the time when we were working on Schubert’s dances, we also had a close encounter with Béla Bartók’s musical field research: He recorded folk songs of his fellow Hungarians, as well as of Romanians, Ruthenians, Slovakians and others, on wax cylinders, and later he often used these songs almost verbatim in his short pieces for piano or violin. The original recordings are fascinat-ing: “Hej sár elö”, recorded in Nagymegyer in county Komárom in March 1910, was used in No. 27 of Bartók’s 44 Duos for Two Violins; on our album we have adopted the motif for the Merry-go-round Slap Dance. The pieces Anyway (pizz.) and Round Dance from Hiccups County are also based on the results of Bartók’s field research. It was inevitable that in the course of our investigations we also came across the young György Ligeti; in 1949/50, when he was a student at the Bucharest Folklore Institute, he also availed himself of historical recordings and trans-formed them into “new” folk music (two of his motifs have been integrated into the Slapdash Fanfare and Forwards Backwards Sideways). The Stiftung Mozarteum also had a request – they commissioned the music on this album, after all, and hosted the premiere as part of their “Dialoge” festi-val – namely to add a bit of Mozart: So we took the minuet from Don Giovanni

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    and overlaid it with folk songs (what a stroke of luck that the church choir were rehearsing folk songs downstairs just as we were about to unpack the Mozart score). And last but not least, Anton Bruckner and Richard Strauss also came along to upset our plans.

    How exactly did we go about selecting all this music? Good question. The truth is, our modus operandi is always the same: Some music we celebrate in all its beauty by appropriating it with the help of our peculiar set of musical instru-ments, just adding a smidgeon of color here and there (like we did with the Kupelwieser Waltz, the Snow Globe Waltz after D 899, or Schubert’s Minuet D 600, which is now called Two Candles in 3/4 Time). In other cases we turn everything upside down (or downside up), skeletonize it, fantasize, compose new bits, and merge music from different regions and eras into something new, until it be-comes impossible to attribute the musical ingredients to any specific creator: Was it Franz, Anton, Wolfgang, Adalbert, Richard, Georg or Franui? The boundaries between interpretation, arrangement, composition and improvisation are fluid. (In any case, every good interpretation is first and foremost an improvisation …but more of this later.)

    Folk music? In the end we did not discover any of those remarkable original dances we had set out to find, either in Innervillgraten or in Außervillgraten, in Panzendorf or Abfaltersbach, no, not even in the Ziller Valley! It was probably easier to discover exceptional “authentic” music back in Bartók’s day. So instead we noted down newly invented “original” tunes – as though they had flown in on the wings of memory – then let them rest on the hard drive like ham in a

    curing chamber, burst with pride of discovery when we finally listened to them again, and, eventually, set out to turn it all into Franui music (Dumplings, How the Farmer Got Culture).

    Before we conclude, here’s a little story: Once upon a time in France, an army captain died. His soldiers sang a song for him at the funeral, which ended with the following line: “… and a quarter hour before he died, he was still alive!” This quarter hour is what this album is about. During this quarter hour, one might, for instance, remember Franz Schubert’s Grave-digger’s Song (which we decided to jam down on the dancefloor without further ado). By the way: If you play a funeral march four times as fast, it turns into a polka.

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    ABOUT THE ARTISTS

    FranuiMusicbanda

    “Franui” is the name of a mountain pasture in Innervillgraten/Austria, a small East Tyrolean village located 1,402 meters above sea level where most of the Franui musicians grew up. The word is of Rhaeto-Romanic origin and refers to the proximity of Innervillgraten to the Ladin-speaking region in the Dolomite Alps. The Musicbanda of the same name have been playing together in nearly the same line-up since 1993 and are frequently invited to perform at major festivals and venues (e. g. Wiener Konzerthaus, Burgtheater Wien, Salzburg Festival, Stif-tung Mozarteum Salzburg, Tiroler Festspiele Erl, Bregenzer Festspiele, Ruhrtri-ennale, Radialsystem V Berlin, KunstFestSpiele Herrenhausen, Ludwigsburger Schlossfestspiele, Schauspielhaus Hamburg, Philharmonie Köln, Elbphilharmo-nie Hamburg, Theater Basel, Philharmonie and Grand Théatre Luxembourg, Les Nuits de Fourvière Lyon, Holland Festival). The song-play “Steine und Herzen” (Ruhrtriennale 2005) marked the begin-ning of an intense collaboration between Franui and the actor and director Sven-Eric Bechtolf, with Bechtolf regularly performing with the Musicbanda as a reciter. In addition to their concerts Franui have also realized a number of music theater productions over the years, e. g. “Fool of Love,” a compilation of Shakespeare sonnets realized in collaboration with the singer and pianist Karsten Riedel and the puppeteer Nikolaus Habjan (Burgtheater Wien), “Meine Bienen. Eine Schneise” (Salzburg Festival 2012, libretto: Händl Klaus). On the occasion of their twentieth anniversary the ensemble hosted a sensational con-cert in the original “Franui” mountain pasture, at 2,300 meters above sea level,

    and some 1,500 visitors embarked on a three-hour hike to reach the location. Since May 2015 Franui are part of the annual festival “Gemischter Satz” hosted by Wiener Konzerthaus, which presents new forms of interaction between music, art, literature and wine. Franui’s albums are released with col legno and have won several prizes (Ger-man Record Critics’ Award, Ö1 Pasticcio Award, Toblacher Komponierhäuschen).

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    Stiftung Mozarteum Salzburg

    Das Festival DIALOGE ist die Experimentierplattform der Stiftung Mozarteum und bricht mit seiner interdisziplinären Programmatik und der Verbindung verschiedener Künste traditionelle Konzertkonzepte auf. Die Uraufführung dieser Produktion von Franui und der Stiftung Mozarteum fand 2014 im Rahmen der DIALOGE »Wort« unter dem Titel »Tanz Boden Stücke mit Wortansagen« statt – ein gefeierter Programmhöhepunkt des Festivals. Weitere gelungene Aufführun-gen folgten im Anschluss durch die Kooperationspartner: die Elbphilharmonie Hamburg, das Festival Klangspuren Schwaz, die Kölner Philharmonie, die Kunst-FestSpiele Herrenhausen / Hannover und die Ludwigsburger Schlossfestspiele. Als weltweit angesehenes Kompetenzzentrum für Mozart setzt sich die STIF-TUNG MOZARTEUM SALZBURG seit mehr als 150 Jahren mit der Person und dem Werk Wolfgang Amadé Mozarts auseinander. Die Nachlässe der beiden Söhne Mozarts, Franz Xaver Wolfgang und Carl Thomas, die 1844 und 1858 dem Verein übergeben wurden, bilden den Grundstock der Bibliothek, des Archivs und der Mozart-Museen; dazu zählen Mozarts Originalinstrumente, Autographe, ein großer Teil des Familien-Briefwechsels und Gemälde der Familie Mozart. Mit Initiativen in den drei Kernbereichen – Konzerte, Wissenschaft und Museen – schlägt die Stiftung Mozarteum Salzburg heute die Brücke zwischen Bewahrung der Tradition und zeitgenössischer Kultur. Ihr Ziel ist es, wechselnde Perspektiven und neue Denkanstöße in der Auseinandersetzung mit dem Komponisten und seiner Musik zu eröffnen.

    Salzburg Mozarteum Foundation

    The DIALOGE Festival is the Mozarteum Foundation’s experimental platform, and with its interdisciplinary programming and the merging of various branches of the arts expands traditional concert formats. The world premiere of this produc-tion by the Musicbanda Franui together with the Mozarteum Foundation took place during the DIALOGE Festival in 2014 and was entitled “Tanz Boden Stücke mit Wortansagen” (Dance Floor Pieces with Commentary) – a programmatic highlight of the festival which was highly acclaimed. Further successful perfor-mances followed in the venues of the cooperation partners: the Elbphilharmonie Hamburg, the Klangspuren Festival Schwaz, the Philharmonie Köln, the Kunst-FestSpiele Herrenhausen / Hannover and the Ludwigsburg Schlossfestspiele. As a world-renowned center of excellence for Mozart, the SALZBURG MOZAR-TEUM FOUNDATION has been studying the live and works of Wolfgang Amadé Mozart for more than 150 years. The association was entrusted with the estates of the two sons of Mozart, Franz Xaver Wolfgang and Carl Thomas, in 1844 and 1858. These estates include the original instruments, autographs, paintings of the Mozart family and a large part of their correspondence and are now core to the library, the archive and the Mozart museums. With initiatives in the three central areas – concerts, research and museums – the Salzburg Mozarteum Foundation throws a bridge across the preservation of tradition and contemporary culture. In this, the foundation aims at opening new perspectives and giving impulses in the context of a closer investigation of the composer and his music.

    www.mozarteum.at

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    Die Musik von »Tanz! (Franz)« wurde von Franui im Dezember 2014 erstmals live unter dem Titel »Tanz Boden Stücke« im Großen Saal der Stiftung Mozarte-um Salzburg gespielt; dabei »übermalte« der ebenfalls aus Osttirol stammende Musiker und Komponist Wolfgang Mitterer mit Orgel, präpariertem Klavier und Live-Electronics die Stücke.

    Live-Moderationen sind im Download-Shop unter www.col-legno.com erhältlich.

    The music now released on “Tanz! (Franz)” was first presented by Franui in 2014 under the heading “Tanz Boden Stücke”, in a live performance at the Great Hall of the Salzburg Mozarteum Foundation. The musician and composer Wolfgang Mitterer, also an East Tyrolean native, joined Franui on stage, adding his own musical palette of organ, prepared piano and live electronics sounds.

    Live moderations are made available via the download shop www.col-legno.com.

  • This recording was realized with the support of:

    Thanks to Tiroler Festspiele Erl for providing the fantastic recording location.

    © + ⓟ 2016 col legno music GmbHSchönlaterngasse 5/3/16, 1010 Wien (A)

    Producer col legno / Robert Chr. Schulz & Andreas Schett

    Recording Date April 1–3, 2015Recording Location Festspielhaus ErlSound Engineering Herbert Praxmarer,

    Stefan SchettEditing Florian RablMixing and Mastering Studio Wolfgang Mitterer,

    www.wolfgangmitterer.com

    Texts Christian Seiler, Markus Kraler / Andreas Schett

    Translations Kate Carrara, Astrid Tautscher, Stiftung Mozarteum Salzburg

    Photography Julia StixGraphic Design Circus. Büro für Kommunikation

    und Gestaltung, www.circus.at

    For further information about Franui visit:

    www.franui.at