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Augsburg
Universität Augsburg Banking 3.0 - zwischen Digitalisierung und Mensch. bExpert.me: Kundenorientiertes Privatkundengeschäft der Zukunft – Diskussion eines visionären Banken-modells. Betreuender Hochschullehrer: Prof. Dr. Hans Ulrich Buhl Studentische Teammitglieder: Tobias Bienek Anna Maria Oberländer Cornelia Schilling Christina Spriegel
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
II
bExpert.me
Kundenorientiertes Privatkundengeschäft der Zukunft –
Diskussion eines visionären Bankenmodells
Wettbewerbsbeitrag für den Postbank Finance Award 2014
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
III
Exposé
„Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.“
(Chinesisches Sprichwort)
Betrachtet man die Entwicklungen im Privatkundengeschäft deutscher Banken, fegt hier geradezu ein
digitaler Sturm: Neue Wettbewerber wie Direktbanken, Start-Ups und Internetriesen fordern die
traditionellen Banken mit innovativen, digitalen und kostengünstigen Geschäftsmodellen heraus. Sogar
der Großteil der Kunden ist bereits digitaler unterwegs als ihre Banken und entwickelt neue Erwartungen
an Finanzdienstleistungen. Etablierte Banken reagieren hierauf häufig mit einer losgelösten Produkt- oder
Serviceinnovation, die dabei helfen soll, dem Digitalisierungs- und Kostendruck standzuhalten oder
vertrauen auf die Regulierung als schützende Hand über dem etablierten Bankenmarkt – Windmühlen
sehen jedoch anders aus.
Für Banken ist es nicht mehr ausreichend, einfach nur zu reagieren. Sie müssen aktiv mitgestalten und die
aktuelle Dynamik des Marktes und der Entwicklungen auf Kundenseite nutzen, um dem oftmals
verstaubten Image und Geschäftsmodell neuen Glanz zu verleihen. Unsere ganzheitliche Vision des
Retail Bankings 3.0, bExpert.me, hat sich genau das zum Ziel gesetzt. Die Vision wurde in einem
strukturiert wissenschaftlichen Rahmen entwickelt und orientiert sich an drei zentralen Maximen:
Digitale Verknüpfung statt Entpersonalisierung. In einem Omni-Channel Ansatz verbindet
bExpert.me digitale Elemente mit dem Fundament der persönlichen Beratung und schafft so die
ganzheitliche Synthese aus Online- und Offline-Welt.
Langfristige Gestaltung statt kurzfristige Reaktion. Um gegenwärtige und zukünftige Trends
aufgreifen und nutzen zu können, stellt bExpert.me eine leistungsfähige Innovationsplattform zur
Verfügung. Produkt- und Serviceinnovationen werden nicht isoliert entwickelt, sondern sind Bestandteil
einer langfristigen Strategie.
Entscheidungsfreiheit statt Diktum. Im Mittelpunkt des digitalen Entwicklungspfades von bExpert.me
stehen die Bedürfnisse der Kunden. Sie steuern den Grad der Digitalisierung und Individualisierung ihrer
Bankgeschäfte selbst.
Da es von der Vision hin zur praktischen Umsetzung ein steiniger Weg ist, wenden wir wissenschaftliche
Methoden an, um sowohl Risiken und Herausforderungen gezielt zu identifizieren als auch entsprechende
Lösungsansätze für die Implementierung aufzuzeigen. Digitalisierung darf im Banking der Zukunft nicht
zur Strategie selbst werden, sondern muss begleitend zur physischen Welt als Werkzeug dienen, das
ursprüngliche Wertversprechen einer Bank zu stärken und auf innovative Art und Weise zu erfüllen.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
IV
Inhaltsverzeichnis
Exposé ........................................................................................................................................................ III
Inhaltsverzeichnis ..................................................................................................................................... IV
Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................................. VI
Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................................................... VII
1. Paradigmenwechsel im Retail Banking und die Notwendigkeit flexibler Geschäftsmodelle ...... 1
1.1 Mangelnde Innovationsfreudigkeit im Retail Banking ................................................................ 3
1.2 Ziele, Aufbau und Vorgehensweise der Arbeit ............................................................................ 6
2. Trends und Herausforderungen im Retail Banking ....................................................................... 7
2.1 Maßgebliche Trends und Herausforderungen auf Bankenseite .................................................... 7
2.2 Maßgebliche Entwicklungen auf Kundenseite ............................................................................. 9
3. Kriterien für erfolgreiche Retail Banking Innovationen ............................................................... 13
3.1 Innovationen im Retail Banking ................................................................................................. 14
3.2 „Align“ Kriterien im Retail Banking .......................................................................................... 15
3.3 „Enable“ Kriterien im Retail Banking ........................................................................................ 16
4. Vision bExpert.me: die integrierte Online-Offline-Lösung ........................................................... 20
4.1 Einordnung von bExpert.me in die bestehende Bankenlandschaft ............................................ 21
4.2 Zentrale Bausteine von bExpert.me ........................................................................................... 22
4.3 Ausgestaltung und Eigenschaften von bExpert.me aus Bankensicht ......................................... 25
4.3.1 Kundensegmentabschöpfung .............................................................................................. 26
4.3.2 Potentialnutzung ................................................................................................................. 26
4.3.3 Kundenbindung .................................................................................................................. 27
4.3.4 Innovationsintegration ........................................................................................................ 28
4.4 Ausgestaltung und Eigenschaften von bExpert.me aus Kundensicht ......................................... 29
4.4.1 Individualisierung ............................................................................................................... 29
4.4.2 Persönliche Beratung .......................................................................................................... 30
4.4.3 Minimaler „Sacrifice” ........................................................................................................ 31
4.4.4 Vertrauen ............................................................................................................................ 31
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
V
4.5 Bewertung der Vision bExpert.me anhand der definierten Erfolgskriterien und Trends ........... 32
4.6 Resümee ..................................................................................................................................... 34
5. Leitfaden für die erfolgreiche Implementierung von bExpert.me ............................................... 34
5.1 Diskussion des IKS-4-Ebenen-Modells mit Bezug zu bExpert.me ............................................ 35
5.2 Anreizsysteme auf der Ebene Geschäftsmodell ......................................................................... 40
5.2.1 Darstellung des zugrundeliegenden Prinzipal-Agenten-Problems ..................................... 41
5.2.2 Lösung des Problems mithilfe des „IT-enabled ownership of customer“ Ansatzes ........... 43
5.3 Matching Algorithmus auf der Ebene Geschäftsprozesse .......................................................... 45
5.3.1 Darstellung des Zuordnungsproblems im Rahmen des Beratercastings ............................. 46
5.3.2 Lösung des Zuordnungsproblems durch einen Nutzenbasierten Empfehlungsdienst ........ 46
6. Ergebnisse und Ausblick .................................................................................................................. 48
Quellen..................................................................................................................................................... VII
Anhang ..................................................................................................................................................... XV
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
VI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Kundensegmentierung nach Digitalisierungsgrad und Individualisierungsnutzen .............. 12
Abbildung 2 Das „Align-Enable-Framework“ für Innovationen im Retail Banking ................................ 14
Abbildung 3 Bausteine und Positionierung der Vision bExpert.me.......................................................... 20
Abbildung 4 Beispiel einer möglichen Ausgestaltung der bExpert.me Online-Plattform ........................ 25
Abbildung 5 Vorteile von bExpert.me aus Bankensicht ........................................................................... 25
Abbildung 6 Vorteile von bExpert.me aus Kundensicht ........................................................................... 29
Abbildung 7 IKS-4-Ebenen Modell mit Einbeziehung der „Align“ und „Enable“ Perspektiven ............. 35
Abbildung 8 Implementierungsmatrix für bExpert.me ............................................................................. 36
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
VII
Abkürzungsverzeichnis
AEF Align-Enable-Framework
bApp Banking Applikation
CLV Customer Lifetime Value
CRM Customer-Relationship-Management
IKS Informations- und Kommunikationssystem
IT Informationstechnologie
Mio Million
OoC Ownership of Customer
PFM Personal Financial Management
TAM Technology Acceptance Model
WFM Workflow-Management
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
1
1. Paradigmenwechsel im Retail Banking und die Notwendigkeit flexibler
Geschäftsmodelle
„Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen”
(Chinesisches Sprichwort)
Schon dieses chinesische Sprichwort beschreibt die Fähigkeit, externe Faktoren wie den Wind effizient zu
nutzen und zu instrumentalisieren, anstatt sich hinter Mauern zu verstecken und abzuwarten, dass sich
dieser legt. Diese Metapher lässt sich ohne weiteres auf die Akteure im deutschen und internationalen
Retail Banking übertragen, in dem seit einiger Zeit aufgrund eines sich wandelnden und zunehmend
unsicheren Marktumfelds ebenfalls der Wind der Veränderung weht.
Im Zeitalter der Digitalisierung scheinen Retail Banken bezüglich der Nutzung technologischer
Innovationen hinter ihren Kunden zurück zu bleiben. Während diese mit Hilfe des Smartphones wie
selbstverständlich online einkaufen, gelingt es den führenden Retail Banken in Deutschland nicht, diese
Entwicklungen für sich zu nutzen und ihren Kunden entsprechende Produkte und Services zu bieten.
Stattdessen sehen sie sich immer stärker durch Markteintritte spezialisierter Wettbewerber aus dem
Nichtbankenbereich bedroht. Technologieriesen wie Google und Amazon sowie Neueinsteiger wie
PayPal drohen dem Bankensektor in einzelnen Bereichen wie dem Zahlungsverkehr sogar das Geschäft
streitig zu machen (Eistert et al., 2013, S. 9). PayPal ist bspw. mittlerweile zum größten Online-
Zahlungsdienstleister aufgestiegen, wobei sich das Transaktionsvolumen von 21,34 Mrd. USD im ersten
Quartal 2010 auf 51,87 Mrd. USD im vierten Quartal 2013 erhöht hat (Statista, 2014b). Der jährliche
Anstieg von PayPal’s Geschäftsvolumen von 25% gegenüber den durchschnittlichen jährlichen
Wachstumsraten des Transaktionsgeschäfts von circa 7% macht deutlich, dass PayPal den etablierten
Wettbewerbern kontinuierlich Marktanteile abringt (Lubig und Wandhöfer, 2011).
Der Wind der Veränderung hat sich also für die großen deutschen Retail Banken gedreht und ist geradezu
zu einem „digitalen Sturm“ geworden (Neßhöver, 2014). Während in vielen anderen Industrien und auch
in der Wissenschaft der Trend der Digitalisierung erkannt und in neue Geschäftsmodelle, Produkte und
Services übertragen wurde, herrscht im Retail Banking noch eine Art Schockstarre, die erst langsam
beginnt sich aufzulösen. Für die meisten etablierten Retail Banken ist bis heute nicht klar, was zu tun ist,
ob neue Produkte den Wind der Digitalisierung ausreichend einfangen können, ob eine grundsätzliche
Änderung des Geschäftsmodells nötig ist, oder ob die Mauern der gesetzlichen Regulierung vielleicht
langfristig jegliche Bedrohung durch die Entstehung neuer Geschäftsmodelle unterbindet.
Häufig reagieren etablierte Retail Banken auf diese Art von Branchendynamik mit einer spezifischen
Produkt- oder Serviceinnovation, die einen Trend konkret aufgreift, anspricht und damit das Gefühl
vermittelt, die Geschäftsstrategie sei wieder up-to-date und konkurrenzfähig. Eröffnet ein Kunde
heutzutage bspw. ein Komfort Konto bei der HypoVereinsbank, erhält er als Prämie einen Tablet
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
2
Computer, um online auf sein Konto zugreifen zu können – natürlich nur unter der Berücksichtigung
einer Vielzahl von Kleingedrucktem und Sonderkriterien (HypoVereinsbank, 2014b). Einige Retail
Banken aus dem Sparkassenverbund preisen einen sogenannten Kontowecker als die Produktinnovation
an, der dem Kunden wichtige kontobezogene Benachrichtigungen (z.B. den Gehaltseingang) per Email
oder SMS zukommen lässt (Sparkasse Trier, 2014).
Diese Beispiele produktbezogener Innovationsbestrebungen zeigen erste Reaktionen der großen
deutschen Retail Banken. Allerdings ist noch längst nicht entschieden, ob und wie sich verschiedene
Digitalisierungstrends langfristig durchsetzen werden und welche scheinbar bedeutenden Entwicklungen
den Bankenbereich nur untergeordnet betreffen. Daher erscheint es nicht sinnvoll, einzelne, auf die
aktuellen Trends ausgerichtete und mitunter nicht symbiotische Produkte zu entwickeln und fragmentiert
Produkt- oder Serviceinnovationen in bestehende Strukturen zu zwängen. Der Herausforderung muss
stattdessen auf zweierlei Ebenen begegnet werden. Einerseits geht es darum, den Wind der Veränderung
flexibel einzufangen und zur Transformation zu nutzen. Die Innovations- und Wettbewerbskraft ist auf
einem gesamtunternehmerischen Level wiederherzustellen, um auf dieser Basis flexibel, schnell und
zuverlässig auf zukünftige Veränderungen reagieren zu können. Andererseits ist die einwirkende Kraft
des Windes auch eine Chance, sich seiner Fundamente wieder bewusst zu werden und diese zu stärken,
um nicht vom Sturm der Digitalisierung weggeblasen zu werden.
Wir haben uns damit beschäftigt, wie das bisherige Geschäftsmodell der klassischen Retail Bank
transformiert werden kann, indem die bisher oft isolierte Sichtweise auf Offline- und Online-
Bankangebote aufgehoben wird. Unsere Vision für eine wettbewerbsfähige Retail Bank der Zukunft
basiert auf der synergetischen Nutzung von offline Ressourcen und online Potentialen im Sinne eines
Omni-Channels, um die Bedürfnisse heterogener Kundensegmente zu befriedigen. Dabei stellen wir
insbesondere die Kernkompetenz der klassischen Retail Banken, die persönliche und ganzheitliche
Beratung der Kunden, in den Fokus. Wir wollen die persönliche Betreuung im Retail Banking stärken,
ausbauen und sowohl für den Kunden als auch die Bank wertorientiert gestalten.
Ziel der Arbeit ist es, Retail Banken dabei zu unterstützen, sich für die digitale Zukunft zu rüsten und den
Wind der Veränderung erfolgreich zu nutzen, ohne sich von einzelnen spezifischen
Produktentwicklungen abhängig zu machen und ablenken zu lassen. Vielmehr soll dargestellt werden,
wie Retail Banken auch künftige Innovationen flexibel aufgreifen und in ihrem Sinne
ziel(gruppen)gerecht nutzen können. Dabei soll nicht vergessen werden, wie nichtsdestoweniger ihr
Alleinstellungsmerkmal der persönlichen Kundenbetreuung einzubringen und herauszuarbeiten ist. Denn
Zukunftsfähigkeit bedeutet für uns im Kontext des Retail Bankings die Konzentration auf etablierte
Kernkompetenzen sowie die Einführung einer starken und flexiblen Innovationsplattform. Die
Adressierung der Problemstellung erfolgte primär auf Basis etablierter wissenschaftlicher Konzepte und
Erkenntnisse, die einen strukturierten Rahmen für die kreative Entwicklung einer Vision für das
Geschäftsmodell einer Retail Bank bieten.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
3
Um den aktuellen Transformationsbedarf im Retail Banking verstehen zu können, soll zunächst in Kapitel
1.1 die Innovationsfähigkeit der Retail Banken in den letzten Jahrzehnten und aktuell in Deutschland
kritisch analysiert werden. Darauf aufbauend wird die Notwendigkeit einer auf einer starken
Innovationsplattform basierenden Omni-Channel Strategie, genannt bExpert.me, motiviert. In Kapitel 1.2
werden die weitere Struktur, die Vorgehensweise und die Zielsetzung der Arbeit erläutert.
1.1 Mangelnde Innovationsfreudigkeit im Retail Banking
Um zu verstehen, warum sich Retail Banken aktuell in einer so ungünstigen Wettbewerbssituation
befinden und den fortgeschrittenen Ansprüchen der Kunden an digitalen Services oft nicht gerecht
werden können, werden im Folgenden die Dynamik der Branche, die mangelnde Innovationsleistung
etablierter Player und das Aufkommen neuer Wettbewerber aus dem Nichtbankenbereich innerhalb der
letzten 20 Jahre diskutiert.
Bevor die ersten Retail Banken die Vorteile von Digitalisierung bzw. Automatisierung der
Kundenschnittstelle erkannten, fand bis in die 1980er Jahre hinein der Großteil der Automatisierung vor
allem in kundenfernen Bereichen wie dem Back Office statt (Buhl, 2011, S. 165). Bis dahin bestanden
hohe Eintrittsbarrieren, sodass sich der Markt durch wenig Wettbewerb und eine geringe Dynamik
auszeichnete. Erste Änderungen ergaben sich erst durch die fortschreitende Entwicklung und Verbreitung
von Informationstechnologie (IT) sowie der massenhaften Nutzung des Internets. Insbesondere die
Möglichkeiten des World Wide Webs hatten einen ersten großen Einfluss auf die Bankenbranche bzw.
auf die Art und Weise, wie Bankprodukte und -services zum Kunden gelangen und Kommunikation
zwischen Bank und Kunde stattfindet (Römer und Buhl, 1996). Die Advance Bank aus München führte
bspw. Ende der 90er Jahre erstmals die 2-Kanal-Beratung unter Verwendung von Telefonie in
Verbindung mit dem Internet ein (Bodendorf und Robra-Bissantz, 2003, S. 204; Buhl et al., 1999).
Bereits im Jahr 2000 bot die 1994 gegründete Bank Consors einen Wertpapierhandel über WAP-fähige
Mobiltelefone an und schaffte somit die Voraussetzungen für digitale Bankgeschäfte (Cortal Consors,
2014). Auf Basis dieser technologischen Fortschritte etablierte sich ein Branchenzweig reiner digitaler
Banken. Viele dieser neuen Anbieter behaupten sich seither kostengünstig ohne Filialnetz nur über ihren
Online-Auftritt (Köhler und Lang, 2008, S. 4).
Die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft, die sich seit der Jahrtausendwende am stärksten durch
die massenhafte Nutzung mobiler Endgeräte ausdrückt, führte zu einem weiteren Umbruch im Markt für
Finanzdienstleistungen. Mit der allgegenwärtigen Verfügbarkeit von Smartphones und Tablets steigt der
Wettbewerbsdruck insbesondere im Retail Banking (Köhler und Lang, 2008, S. 5). Zunehmend besser
informierte Verbraucher stellen neue Anforderungen an Banklösungen (Wiedmann et al., 2003, S. 55).
Durch die Zurückhaltung der etablierten Banken und aufgrund nachhaltiger Belastungen durch
Finanzkrise und Regulierungsanforderungen werden diese neuen Bedürfnisse der Kunden jedoch immer
häufiger von Unternehmen aus dem Nichtbankenbereich adressiert. Diese nationalen und internationalen
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
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Geschäfts- und Servicemodellinnovationen im Bankenbereich lassen sich grundsätzlich in die drei
Bereiche „Peer-to-Peer Banking“, „Mobile-Banking“ und „Financial Management Services“
untergliedern. Sie beschränken sich nicht nur auf die reine Digitalisierung der klassischen
Bankdienstleistungen, sondern definieren das Verständnis der Bank als Servicedienstleister und
Produktanbieter grundsätzlich neu.
„Peer-to-Peer Banking“
„Peer-to-Peer Banking“ integriert soziale Medien in das Geschäfts- und Servicemodell einer Bank. Ein
bekannter Vertreter aus Deutschland ist die Fidor Bank. Neben herkömmlichen Finanzdienstleistungen
bindet Fidor bspw. auch die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter in ihr Geschäftsmodell ein. Bspw.
können Kunden den Zins ihres Kontos per Klick des "Like-Buttons" auf Facebook beeinflussen oder
anderen Kunden über Twitter Geld schicken (Fidor Bank, 2013). Ebenfalls in diesen Bereich fällt das
Konzept des „Social Lending“, das bspw. von Smava (Smava, 2013), Auxmoney (Auxmoney, 2013) oder
Kickstarter (Kickstarter, 2014) angeboten wird. Diese bieten Privatpersonen eine Plattform zum
Abschluss von Privatkrediten und Finanzierungslösungen, ohne Einbezug einer Bank als Intermediär. Auf
diese Weise werden teils bereits neue Geschäftsideen finanziert. Kickstarter bspw. bietet laut eigenen
Angaben „the world’s largest funding platfrom for creative projects“ (Kickstarter, 2014).
„Mobile-Banking“
Mobile-Banking ermöglicht die Abwicklung sämtlicher Finanzgeschäfte mit mobilen Endgeräten wie
Smartphone oder Tablet von unterwegs aus. Im Gegensatz zum Online-Banking werden sämtliche
Transaktionen, bei denen mindestens ein Teilschritt über ein mobiles Endgerät abgewickelt wird, als
Mobile-Banking bezeichnet (Wessels und Drennan, 2010; Laukkanen, 2007; Suoranta und Mattila, 2004).
Ein Beispiel für den Einsatz von mobilen Transaktionen im Bankensektor ist die Commonwealth Bank
aus Australien, die Zahlungen per Smartphone Applikation und Facebook-Account anbietet
(Commonwealth Bank of Australia, 2013) oder die App von Yapital, welche zum Bezahlen oder für
Überweisungen verwendet werden kann (Yapital, 2014). Vodafone Afrika hingegen ermöglicht
Zahlungen und Überweisungen per SMS und erreicht mit diesem Konzept ihre Kunden, die in abgelegen
Gebieten kaum eine Möglichkeit zu einem regelmäßigen Bankbesuch („Bank the Unbanked“) haben
(Vodacom, 2013).
„Financial Management Services“
Neben den genannten Innovationen, die sich explizit auf die Abwicklung von Bankgeschäften
konzentrieren, wurden ebenfalls weiterführende Services entwickelt. Diese Dienste bieten dem Kunden
zusätzliche Funktionen und Informationen zu seinen Bankgeschäften und seiner finanziellen Situation an.
Hierzu gehören bspw. Statistiken über Zu- und Abflüsse auf dem Konto mit einer Kategorisierung nach
Ausgabenart (z.B. nach Miete, Strom, Lebensmittel, Freizeit) oder Spar- und Kreditrechner, sogenannte
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
5
„Personal Financial Management (PFM) Tools“ (MINT, 2014; Meniga, 2013; Finextra, 2013).
Erfolgreich integriert wurden solche PFM Applikationen unter anderem von der spanischen Caixa Bank
(Eistert et al., 2013, S. 4).
Heutzutage geht daher viel Innovationskraft nicht mehr primär von den etablierten Banken aus. Es stellt
sich damit genau für diese die Frage nach dem eigenen Handlungs- und Innovationsbedarf, um die
Marktposition langfristig zu sichern und sich in diesem dynamischen Marktumfeld behaupten zu können.
Ein Blick in die aktuellen Marketingkampagnen führender deutscher Retail Banken zeigt, wie
unterschiedlich diese auf das neue Umfeld reagieren und versuchen, sich vor allem von den neuen
Wettbewerbern abzuheben. So rühmt sich das Wertpapierhaus der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe,
die Deka Bank, in der nahen Vergangenheit mit einem Berater, der seinen Kunden genau kennt und auf
seine Bedürfnisse eingeht (Deka, 2014). Die HypoVereinsbank spricht sich dagegen für mehr Freiheit und
Multi-Channels aus, wobei sie einen Teil der Filialen schließt (HypoVereinsbank, 2014a). Die Sparkasse
beschreibt sich als „präsent und verlässlich statt 08/15“ und setzt dabei verstärkt auf komödiantische
Werbespots unter anderem mit der Komikerin Martina Hill (Sparkasse, 2013a; Sparkasse, 2013b).
Währenddessen gibt die Commerzbank ein Garantieversprechen für Kundenzufriedenheit und einen (Un-)
Zufriedenheitsbonus (Commerzbank, 2013). Die digitale Direktbank-Tochter Comdirect wirbt dagegen
weiterhin vor allem mit günstigsten Konditionen (Comdirect, 2012). Ferner entwickelte sich im Zuge der
Finanzkrise und dem damit verbundenen Vertrauensverlust auch das Modell der Honorarberatung weiter,
bei dem der unabhängige Berater vom Kunden ein Honorar für seine Leistung anstatt einer Provision für
den Produktabschluss erhält (Rauch, 2011, S. 12). Die Quirin Bank setzte diesen Ansatz als erste Bank in
Deutschland um, wobei sich das Angebot der persönlichen Honorarberatung – zu einem Stundensatz von
150 Euro – bisher nur bei gut betuchten Kunden durchsetzen konnte (Quirin Bank, 2014). Um nun auch
weniger gut situierte Kundensegmente erreichen zu können, bietet die Quirin Bank neuerdings über ihr
Online-Portal Quirion digitale Anlageberatung zu niedrigeren Preisen an (Quirion, 2014; Handelsblatt,
2013).
Die aufgeführten Beispiele lassen klar erkennen, dass die Bankenbranche einerseits einen
Paradigmenwechsel durch die zunehmende Technologisierung und Digitalisierung der Gesellschaft sowie
verstärkten Druck durch den Eintritt neuer Wettbewerber erfährt. Andererseits reagieren die großen
deutschen Retail Banken zögerlich und sehr inhomogen auf das veränderte Marktumfeld (Eistert et al.,
2013, S. 14). Dies mag zum Teil auch daran liegen, dass in den 90er Jahren innovative Geschäftsmodelle
im Banking, wie bereits beschrieben, einer Art Hype, getrieben durch die Möglichkeiten des World Wide
Webs, folgten. Da zu diesem Zeitpunkt das Marktumfeld digitale Bankprodukte noch nicht zu schätzen
wusste, führten die Geschäftsmodelle oft nicht zum gewünschten Durchbruch (Buhl und Mellwig, 2002).
Diese voreiligen Implementierungen noch nicht ausgereifter Innovationen und deren Scheitern tragen zur
heutigen passiven Innovationseinstellung der Banken bei. Mittlerweile haben sich aber bahnbrechende
technologische Neuerungen wie bspw. das Smartphone etabliert, sodass mobile Geräte für das
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
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Bankengeschäft, gemäß Gartner, nun bereits als reif bezeichnet werden können (Financial Times, 2010).
Aufgrund dieses zunehmenden Vertrauens der Kunden in neue Technologien und deren veränderte
Ansprüche, ist es jetzt an der Zeit, technologische Innovationen im Retail Banking mutig voranzutreiben.
1.2 Ziele, Aufbau und Vorgehensweise der Arbeit
Die beschriebenen Entwicklungen zeigen sehr deutlich, dass für Retail Banken die Zeit zum proaktiven
Handeln gekommen ist. Wollen sie ihr Geschäft nicht an junge Technologieunternehmen verlieren,
müssen die derzeitigen veralteten Strukturen des Retail Bankings grundsätzlich überdacht, erneuert und
überzeugende bestehende Alleinstellungsmerkmale weiterentwickelt und gestärkt werden.
Diese Ausarbeitung widmet sich der Konzeptionierung eines neuen Geschäftsmodells für das klassische
Retail Banking auf Basis wissenschaftlicher Methoden und Erkenntnisse. Der Kern der Vision beschreibt
eine individualisierbare Neukombination bewährter Offline-Ressourcen mit innovativen digitalen
Komponenten im Omni-Channel. Dieses Konzept, genannt bExpert.me, soll eine starke Innovationskraft
sowie realistisches Ertrags- und Umsetzungspotential für herkömmliche Retail Banken als klares
Alleinstellungsmerkmal bieten, ohne dabei die bestehende Kernkompetenz der persönlichen
Kundenberatung außer Acht zu lassen.
Die vorliegende Arbeit geht dabei gleichermaßen auf die Voraussetzungen und die Entwicklung der
Vision bExpert.me sowie auf die daraus folgenden Umsetzungsanforderungen ein. In Kapitel 2 werden
dazu zunächst Trends sowohl auf Banken- als auch Kundenseite aufgezeigt und damit verbundene
Implikationen auf das Geschäftsmodell einer Retail Bank betrachtet. Im Anschluss wird in Kapitel 3
erörtert, welche innovativen Geschäftsmodelle die identifizierten Trends bereits aufgreifen und welche
Innovationsbarrieren dazu führen, dass führende deutsche Banken immer noch defensiv agieren bzw.
warum auch Kunden neue Geschäftsmodelle im Retail Banking in der Breite noch nicht akzeptieren.
Ausgehend von den identifizierten Innovationsbarrieren wird ein Kriterienkatalog für die erfolgreiche
Einführung eines innovativen Geschäftsmodells im Retail Banking auf Banken- und Kundenseite
entwickelt. Darauf folgt in Kapitel 4 die Beschreibung der Vision bExpert.me unter Herausstellung der
spezifischen Vorteile für Bank und Kunde. Obwohl durch die möglichst umfassende Berücksichtigung
und Einbindung der vorab identifizierten Erfolgskriterien die Akzeptanzwahrscheinlichkeit durch den
Kunden maximiert und das Einführungsrisiko begrenzt werden kann, können nicht alle Fragen zur
konkreten Implementierung vollumfassend beantwortet werden. Um ein strukturiertes Vorgehen in der
weiteren Umsetzung zu ermöglichen, wird in Kapitel 5 ein Leitfaden vorgestellt, der mögliche
Umsetzungsprobleme anhand einer sogenannten Implementierungsmatrix strukturiert erfasst und im
Anschluss wissenschaftliche Lösungsmethoden aufzeigt. Beispielhaft werden im Rahmen dieser Arbeit
zwei strategisch zentrale Forschungsfragen adressiert, die sich mit Herausforderungen der neuartigen
Systematik zur Fokussierung auf die persönliche Kundenbetreuung befassen. In Kapitel 6 beenden ein
kurzer Ausblick sowie ein resümierendes Fazit die Arbeit.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
7
In der vorliegenden Ausführung werden herkömmliche Retail Banken in Deutschland mit einem
bestehendem Kundenstamm und Filialnetz, aber auch bestehender Online-Präsenz - wie zum Beispiel die
Postbank - betrachtet.
Auf die Durchführung einer Studie wird in dieser Arbeit bewusst verzichtet. Stattdessen stützt sich der
Beitrag gezielt auf Studien unterschiedlicher Institutionen, die ein breites Spektrum der relevanten
Fragestellungen zum Retail Banking 3.0 abdecken. Diese Befragungen reflektieren ein aktuelles
Meinungsbild unterschiedlicher Zielgruppen zu diesem Thema. Das Ergebnis einer einzelnen Studie
zeichnet zumeist ein sehr klares Bild, dennoch muss kritisch bemerkt werden, dass die Studienresultate
zueinander häufig im starken Widerspruch stehen. Während bspw. eine Studie von Ernst & Young
herausfindet, dass der Preis von Bankprodukten immer noch maßgeblicher Faktor für die
Kundenzufriedenheit ist (Ernst & Young, 2012, S. 19) betont eine Studie von A.T. Kearney die
herausragende, primäre Bedeutung einer persönlichen Beratung und Beziehung im Bankgeschäft für die
Kundenzufriedenheit (Eistert et al., 2012, S. 11). Die Aussagekraft der Studienergebnisse und etwaige
Widersprüche wurden von uns geprüft und entsprechend berücksichtigt. Vorhandene Studien wurden vor
allem dazu genutzt, Trends abzuleiten, Erfolgskriterien aufzustellen und die Vision kritisch zu
hinterfragen.
2. Trends und Herausforderungen im Retail Banking
Der in Kapitel 1.1 beschriebene Transformationsbedarf in der Bankenbranche ist nicht durch einzelne
Faktoren separat erklärbar, sondern das Ergebnis einer Vielzahl verschiedener Entwicklungen. Daher
werden im Folgenden die maßgeblichen Trends und Herausforderungen sowohl auf Banken- als auch auf
Kundenseite erläutert und ihre Implikationen auf das Geschäftsmodell einer klassischen Retail Bank und
die Kundensegmentierung und -ansprache näher beleuchtet. Ziel ist es, die vorrangigen Treiber für die
notwendige Transformation im Retail Banking zu identifizieren und zu analysieren.
2.1 Maßgebliche Trends und Herausforderungen auf Bankenseite
Das anhaltende Niedrigzinsumfeld im europäischen und internationalen Raum führt bereits seit der
weltweiten Finanzkrise - unabhängig von spezifischen gesellschaftlichen Trends - zur Erhöhung des
Ertragsdrucks auf die Bankenbranche (Weidmann, 2013). Die sinkende Zinsmarge trifft Banken
zunehmend bei Auslauf von Kreditvereinbarungen mit hohen Margen aus der Vergangenheit, da die
Verbraucher aktuell niedrigere Zinsen für Kredite fordern und zeitgleich hohe Anlagerenditen erzielen
wollen (Hedtstück, 2014; Köhler und Lang, 2008, S. 7). Retail Banken stehen deshalb vor der
Herausforderung, nicht nur ihre Kosten zu senken (Heise und Holzhausen, 2004, S. 8), sondern auch neue
Wege zur Ertragsgenerierung zu gehen, um langfristig rentabel bleiben zu können. Die folgende
Diskussion der spezifischen Trends im Retail Banking erfolgt also vor dem Hintergrund des ohnehin
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
8
schon schwierigen Marktumfelds der Retail Banken und in dem Bewusstsein, dass auf Grund der
Zinsproblematik neue Strategien zur Sicherung der Rentabilität des Bankengeschäfts erforderlich werden.
Technische Innovationen und Digitalisierung
Das effektive Management von Daten und Informationen sowie deren Nutzung ist seit jeher einer der
zentralen Erfolgsfaktoren im Retail Banking – sei es zur Einschätzung von Kreditrisiken, zur gezielten
Kundenansprache oder als Voraussetzung für erfolgreiche, individuelle Beratung. Die Integration
digitaler Kanäle, wie zum Beispiel einem Online- oder Mobilportal, in das klassische Filialgeschäft
erlaubt nicht nur die Erfassung neuer Dimensionen von Kundendaten in bisher unbekanntem Ausmaß,
sondern stellt Banken auch vor neue Herausforderungen bei deren Analyse und Verarbeitung (Eistert et
al., 2013, S. 15). Das ausgeprägte Datenschutzrecht und entsprechend aufgeklärte als auch kritische
Verbraucher gestalten die Datenerhebung in Deutschland äußerst herausfordernd, was im bestehenden
engen Verhältnis zwischen Kunde und Bank ggf. aber sogar zu einem Vorteil bei der Erhebung und
Verarbeitung besonders sensibler Daten führen kann (Eistert et al., 2012, S. 6). Ralf Schneider, CIO der
Allianz, spricht sich in diesem Zusammenhang dafür aus, den umfangreichen Datenschutz in Deutschland
nicht nur als Hemmnis für Innovationen, sondern vielmehr als Chance zu verstehen (Schneider, 2014). Im
Vordergrund wird in Zukunft jedoch nicht die ganzheitliche Erfassung von Kundeninformationen im
Sinne eines „Big Data“ Ansatzes stehen, sondern die Beschaffung und Analyse von Informationen unter
wertorientierten Gesichtspunkten zur Entwicklung innovativer Lösungen im Retail Banking (Pratz et al.,
2013, S. 6).
Neue Wettbewerber
Die zunehmende Digitalisierung führt, wie bereits in anderen Branchen geschehen (z.B. im Buchhandel),
zu neuen Geschäftsmodellen und ermöglicht damit Wettbewerbern den Markteintritt, welche die
klassischen Retail Banken entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu verdrängen drohen (Buhl et al.,
2012, S. 4). Dabei sind es insbesondere spezialisierte Wettbewerber aus dem Nichtbankenbereich und
Technologieriesen, die zu einer Wettbewerbsintensivierung im Retail Banking führen. Die Innovationen
lassen sich, wie bereits in Kapitel 1.1 aufgeführt, in „Peer-to-Peer Banking“, „Mobile-Banking“ und
„Financial Management Services“ untergliedern. Eines der prominentesten Beispiele für den Markteintritt
von Wettbewerbern aus dem Nichtbankenbereich ist der äußerst erfolgreiche Online-Bezahldienst PayPal,
der die sichere Zahlungsabwicklung bei Einkäufen im Internet ermöglicht (eBay, 2012). Auch bei
Offline-Transaktionen wächst der Druck insbesondere durch innovative mobile Bezahllösungen – wie
zum Beispiel den Smartphone-Dienst „Google Wallet“ – welche das Kartengeschäft der Banken und
Kreditkartenunternehmen unterwandern (Penzel und Stahl, 2011, S. 51).
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
9
Implikationen auf das Geschäftsmodell einer klassischen Retail Bank
Die beschriebenen Trends machen deutlich, dass das traditionelle Geschäftsmodell der Retail Banken vor
wesentlichen Herausforderungen steht. Diese können aber ohne Zweifel auch einen Ansatz zur Steigerung
der Rentabilität im Niedrigzinsumfeld liefern. Damit wird die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle für
Banken notwendig, auch um den im folgenden Kapitel vorgestellten Trends auf Kundenseite gerecht zu
werden und alle darin definierten Kundensegmente gewinnbringend anzusprechen.
2.2 Maßgebliche Entwicklungen auf Kundenseite
Digitalisierung und Emanzipation der Kunden
Das (mobile) Internet hat die Kommunikationskultur und -geschwindigkeit unter Verbrauchern im letzten
Jahrzehnt rasant verändert: Daten, Informationen und Meinungen können heute nahezu ungehindert und
ohne Verzögerung über regionale und kulturelle Grenzen hinweg transferiert werden. Die
Zugangsbarrieren zu diesem omnipräsenten Kommunikationsmedium schwinden zunehmend mit dem
Angebot von günstigen Flatrate-Tarifen und einer sich beschleunigenden Verbreitung von internetfähigen
mobilen Endgeräten, wodurch zeit- und ortsunabhängiger Zugriff auf das Internet gegeben ist. Während
in Deutschland Ende 2010 rund 14,3 Millionen (Mio.) Verbraucher ein Smartphone besaßen, ist die
Anzahl der Smartphone-Nutzer bis Ende 2013 um über 260% auf 37,4. Mio. gestiegen (Statista, 2014a).
Auch Retail Banken bleiben von der zunehmenden Digitalisierung des Alltags ihrer Kunden nicht
unberührt. Bspw. wickeln bereits rund 28 Mio. deutsche Bürger, und damit über 45% der deutschen
Bevölkerung im Alter zwischen 16 und 74 Jahren, ihre Bankgeschäft online ab (BITKOM, 2013, S. 1).
Dies mag langfristig auch dazu führen, dass Filialen durch alternative Online-Beratungsquellen wie
Internetforen oder Vergleichsportale ersetzt werden. Verbraucher scheinen sich verstärkt auf die Meinung
Dritter, die Empfehlungen aus ihrem eigenen Netzwerk oder aus Online-Vergleichsportalen zu verlassen.
Sie sind dadurch nicht nur besser über das allgemeine Angebot am Markt informiert, sondern werden
auch anspruchsvoller und emanzipieren sich teilweise sogar von der Filialberatung (Singer und
Drewianka, 2011, S. 32). Zusätzlich driftet der „Point-of-Sale“ fortschreitend in das Internet ab (Karasu,
2011, S. 24). Das stellt eine Entwicklung dar, die sich bis jetzt kaum eine Bank nachhaltig zunutze
gemacht hat. Im Gegenteil: Auch Banken sowie andere Unternehmen im Offline-Retail Geschäft, sehen
sich vermehrt dem sogenannten inversen ROPO Effekt (Research Offline, Purchase Online) ausgesetzt.
Er beschreibt die Problematik, dass sich Kunden zwar vor Ort über Produkte informieren, diese aber dann
zu einem späteren Zeitpunkt und von einem anderen Anbieter online erwerben (Matthews, 2013). Damit
entstehen Kosten für die Beratungsleistung, denen im Fall des Online-Kaufes keine Einnahmen
entgegenstehen. Die Herausforderung wird in Zukunft darin liegen, die Anforderungen aufgeklärter und
digital vernetzter Verbraucher zu erkennen, diesen gerecht zu werden und aus diesen langfristigen
Mehrwert für die Bank zu generieren.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
10
Individualisierung und Flexibilisierung
Das Leben junger Kunden scheint sich heute fundamental von dem ihrer Elterngeneration zu
unterscheiden: Sie sind einem internationalen und wechselnden Berufs-, aber auch Freizeitumfeld
ausgesetzt und pflegen individuellere Lebensstile. Der typisch geradlinige Lebensweg früherer
Generationen führte in der Regel über Ausbildung, Hochzeit, Kinder zum Immobilienkauf und wurde
durch klassische Produkte wie Girokonto, Bausparvertrag, Lebensversicherung oder Immobilienkredit
unterstützt. Dieser geradlinige Lebensweg ist heute eher die Ausnahme, junge Kunden vermögen nicht zu
sagen, wie sich ihre Lebensumstände langfristig entwickeln werden (Buhl und Winkler, 2003, S. 29).
Damit einher geht eine differenzierte Produkt- und Servicenachfrage, welche die klassischen Produkte
nicht abdecken. Zusätzlich gewinnen Kunden zunehmend an Entscheidungsmacht, denn der Einfluss der
Anbieter sinkt und Kunden entscheiden heutzutage verstärkt autonom, was und in welchem Umfang sie
konsumieren möchten (Schweizer, 2006, S. 184). In anderen Branchen wurde dieser Trend bereits auf
Angebotsseite mittels Möglichkeiten der Produktpersonalisierung aufgegriffen. Im Automobilbereich ist
zum Beispiel das Prinzip der sogenannten "Mass Customization", also der individuellen
Fahrzeuggestaltungsmöglichkeit auf Basis flexibel kombinierbarer Modulgruppen für jeden Kunden, zum
Standard avanciert (Sherefkin, 2000). Auch können Applikationen am Smartphone beliebig ausgewählt
und nach den persönlichen Bedürfnissen eingesetzt und Profilseiten in Online Social Networks (OSN)
individuell gestaltet werden.
Die Möglichkeit der (Produkt-) Individualisierung verspricht dem Kunden drei zentrale Vorteile: Erstens
kann er das Produkt oder den Service genau nach seinen individuellen Wünschen konfigurieren und
anpassen. Zweitens erlebt der Kunde ein Gefühl von Freiheit und Autonomie, welches gerade in
westlichen Kulturkreisen als überaus bedeutend eingestuft wird (Röts et al., 2012, S. 689). Drittens bieten
individualisierte Produkte dem Kunden die Möglichkeit, sich als Individuum abzugrenzen und das soziale
Ansehen zu stärken (Dabic et al., 2008).
Es ist anzunehmen, dass auch im Retail Banking klassische, standardisierte Finanzangebote und -services
den individuellen Konsumansprüchen und volatilen Einkommens- und Ausgabenstrukturen der Kunden
nicht mehr gerecht werden. Es ist mit weitreichenden Implikationen für zukünftige Beratungsansätze zu
rechnen: Banken müssen zunehmend personalisierbare und flexible Leistungs- und Betreuungsangebote
für die individuellen Erfahrungswelten, Erwartungen und Lebensstile ihrer Kunden entwickeln und das
Produktmarketing einzelnen, klar segmentierten Verbrauchergruppen anpassen (Baston und Wendt, 2009,
S. 38f.).
Implikationen für einen neuartigen Ansatz der Kundensegmentierung
Digitalisierung und Individualisierung sind keine homogenen Prozesse über die verschiedenen
Verbrauchergruppen hinweg, sondern vollziehen sich in unterschiedlich starken Ausprägungen in
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
11
Abhängigkeit verschiedener Faktoren wie zum Beispiel des Alters, des Bildungsgrades, des Einkommens
und der digitalen Affinität.
Im Retail Banking können im Wesentlichen drei zentrale Kundensegmente, die sich vornehmlich in ihrem
Digitalisierungsgrad unterscheiden, definiert werden: Die „Digital Deniers“, die „Digital Natives“ und die
„Digital Migrants“. Erstere gehören meist der älteren Generation an, zeichnen sich durch ihre finanzielle
Stärke und Unabhängigkeit, den Fokus auf persönliche Beratung und die teilweise oder ganzheitliche
Ablehnung von IT aus. Die „Digital Natives“ dagegen haben aktuell noch weitgehend vernachlässigbare
Kaufkraft, wachsen aber mit modernen Kommunikationstechnologien auf und fordern einen schnellen
und bequemen Service. Sie sind heute noch nicht Zielgruppe der Banken, werden aber in Zukunft, mit
dem Anstieg ihrer Kaufkraft, der zentrale Werttreiber im Kundenportfolio der klassischen Retail Bank
sein. „Digital Migrants“ sind gegenüber der Nutzung von IT-getriebenen Services grundsätzlich
aufgeschlossen und liegen hinsichtlich ihrer verfügbaren finanziellen Ressourcen im Mittelfeld. Banken
stehen nun vor dem Balanceakt, die „Digital Natives“ und die „Digital Migrants“, welche das mittel- und
langfristige strategische Investmentziel darstellen, zu akquirieren und zu loyalisieren, dabei aber
gleichzeitig die aktuellen Ertragstreiber - die „Digital Deniers“ - nicht zu vernachlässigen (Buhl et al.,
2012, S. 46f.; Baston und Wendt, 2009, S. 38).
Die Segmentierung allein nach Digitalisierungsgrad ist für eine wertorientierte, gezielte Kundenansprache
jedoch nicht ausreichend. Wie zuvor beschrieben erwarten junge Kundengruppen zunehmend
individualisierte Produkte und Services in allen Lebensbereichen und so auch im Retail Banking. Doch
ähnlich der Entwicklung hin zur Digitalisierung mag der Trend des zunehmenden
Individualisierungsbedarfs und -nutzens nicht für alle Kunden gleichermaßen zutreffen. Denn
Individualisierung ist für den Kunden stets mit dem Aufwand, eine Entscheidung treffen zu müssen,
verbunden. Röts et al. (2012) definieren drei Arten von Kosten, die dem Kunden durch zusätzliche
Wahlmöglichkeiten entstehen. Zunächst ergeben sich Kosten für die Informationsbeschaffung über die
zur Verfügung stehenden Wahlmöglichkeiten. Mit den zunehmenden Gestaltungsalternativen steigt der
Vergleichsstandard, an dem der Kunde das Resultat misst und damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass er
unzufrieden ist. Drittens neigen Kunden, die einer großen Auswahl an Möglichkeiten ausgesetzt sind,
dazu, mögliche Misserfolge und Gefühle der Unzufriedenheit sich selbst zuzuschreiben, da ihnen alleine
die Wahl der "richtigen" Alternative oblag (Röts et al., 2012, S. 689). Reed und DiGennaro Reed (2011)
bezeichnen die aus zunehmenden Wahlmöglichkeiten resultierende Problematik sogar als "Tyranny of
Choice". Nicht alle Kundengruppen leiden oder profitieren in gleichem Maße von einem steigenden Maß
an Entscheidungsmöglichkeiten (Schwartz et al., 2002) In Anbetracht des nötigen Zeit- und
Arbeitsaufwandes und der unter Umständen wachsenden Unzufriedenheit nach der Entscheidung
empfinden manche Nutzer die Möglichkeit zur Produktpersonalisierung als zu kostspielig und bleiben
möglicherweise lieber bei einem vordefinierten Standard.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
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Abbildung 1 Kundensegmentierung nach Digitalisierungsgrad und Individualisierungsnutzen
Da weder der Trend zur Digitalisierung noch der Nutzen durch Individualisierungsmöglichkeiten für alle
Kunden einheitlich ist, bietet es sich an, eine Kundensegmentierung nach diesen beiden Dimensionen,
also nach Digitalisierungsgrad und Individualisierungsnutzen, vorzunehmen, wie in Abbildung 1
dargestellt. Die Kundensegmente 1) bis 4) können wie folgt charakterisiert werden:
1) Der Digitale Individualist…
a. … ist digital affin, kann als „Digital Native“ oder „Migrant“ bezeichnet werden und
nutzt bereits Online-/ Mobile-Banking Angebote
b. … wird durch einen hohen Individualisierungsnutzen gekennzeichnet, wobei er von
Individualisierungskosten weniger stark betroffen ist
c. … ist es gewohnt, Angebote und Produkte, z.B. Apps am Smartphone oder seine
Facebook-Profilseite, auf seine spezifischen Bedürfnisse anzupassen
d. … erwartet nicht zwingend eine individuelle Beratung, wenn das entsprechende
digitale Angebot konfigurierbar ist und seine Ansprüche so erfüllt
2) Der Digitale Konformist…
a. … ist digital affin, kann als „Digital Native“ oder „Migrant“ bezeichnet werden und
nutzt bereits Online-/ Mobile-Banking Angebote
b. … wird durch einen geringen Individualisierungsnutzen gekennzeichnet, da ihm die
Individualisierungskosten zu groß sind
c. … hat zwar die Möglichkeit, Angebote und Produkte auf seine spezifischen
Bedürfnisse anzupassen, er nutzt diese Möglichkeiten aber kaum, da ihn das
Aufwand-Nutzen Verhältnis meist nicht überzeugt
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
13
3) Der Analoge Konformist…
a. … ist digital nicht versiert, kann als „Digital Denier“ bezeichnet werden, besucht
weiterhin Bankfilialen und verzichtet auf Online-Banking
b. … wird durch einen geringen Individualisierungsnutzen gekennzeichnet, da ihm die
Individualisierungskosten zu groß sind
c. … ist an individuellen Services oder Produkten nicht interessiert, da ihm die
Standardangebote ausreichen
4) Der Analoge Individualist…
a. … ist digital nicht versiert, kann als „Digital Denier“ bezeichnet werden und nutzt
noch Bankfilialen und kein Online-Banking
b. … wird durch einen hohen Individualisierungsnutzen gekennzeichnet, wobei er von
Individualisierungskosten weniger stark betroffen ist
c. … möchte gerne individuelle Services oder Produkte konsumieren und nimmt daher
gerne persönliche Beratung in Anspruch
d. … Standardangebote reichen ihm nicht aus, werden stark hinterfragt und auch über
verschiedene Anbieter hinweg verglichen
Aus dieser Kundensegmentierung ergibt sich für Retail Banken insbesondere die Herausforderung der
gezielten Ansprache einer oder mehrerer der dargestellten Kundensegmente. Diese sollte unbedingt nach
wertorientierten Gesichtspunkten erfolgen. Das bedeutet, dass der Aufwand der Kundenbetreuung und -
loyalisierung durch die über die Lebensdauer des Kunden generierten Mittelzuflüsse kompensiert werden
sollte. Als ein geeignetes Maß für die Messung des Kundenwertes hat sich der sogenannte „Customer
Lifetime Value“ (CLV) etabliert, der entsprechend den heutigen Investitionen in eine Kundenbeziehung
die zukünftigen erwarteten Rückflüsse gegenüber stellt (Berger und Nasr, 1998). Für das Retail Banking
wurden bereits spezifischere Modelle zur Eruierung des Kundenwerts in Bezug zum Shareholder Value
einer Bank entwickelt, wie ein Beitrag von Schulze et al. (2012) zeigt.
3. Kriterien für erfolgreiche Retail Banking Innovationen
Der Blick auf aktuelle Innovationen im Retail Banking und auch die bisherigen Ausführungen in Kapitel
1 und 2 zeigen, dass neue Geschäfts- und Servicemodelle primär bei ausländischen Großbanken realisiert
werden. In Deutschland wagen sich bisher fast ausschließlich Start-Ups an die Einführung neuer Ideen
(Eistert et al., 2013, S. 2ff.). Das klassische Servicekonzept führender deutscher Banken, welches mit
einem hoch-standardisierten, einheitlichen Angebot eine möglichst breite Masse an Kunden bedienen soll,
scheint unvereinbar mit den sich immer mehr differenzierenden Kundenbedürfnissen.
Das folgende Kapitel wird klären, warum es den Retail Banken in Deutschland schwer fällt, neue Ideen in
das eigene Geschäfts- und Servicemodell zu integrieren oder gar selbst zu entwickeln, und welche
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
14
Faktoren für die Akzeptanz von Innovationen durch deutsche Bankkunden maßgeblich sind. Diese
Analyse dient der Identifizierung der wesentlichen Anspruchskriterien, die Kunden und Banken an
Innovationen haben und deren Adressierung damit über den Markterfolg einer Innovation entscheiden.
Die in Kapitel 4 beschriebene Vision eines vielversprechenden Retail Banking Geschäftsmodells für die
Zukunft wird auf diese Kriterien hin geprüft und kritisch hinterfragt.
3.1 Innovationen im Retail Banking
Bezüglich der eindeutigen Begriffsbestimmung einer Innovation herrscht kein klarer akademischer
Konsens. Die vorliegende Arbeit folgt der Spezifikation von Pleschak und Sabisch (1996, S. 1), welche
eine Innovation im betriebswirtschaftlichen Kontext definiert als „die Durchsetzung neuer technischer,
wirtschaftlicher, organisatorischer und sozialer Problemlösungen im Unternehmen. [Eine Innovation] ist
darauf ausgerichtet, Unternehmensziele auf neuartige Weise zu erfüllen.“
Zu den zentralen Herausforderungen bei der Einführung einer Innovationen gehört in diesem Sinne also
nicht nur das Erkennen und Befriedigen neuer Kundenbedürfnisse, sondern insbesondere auch die
Neuausrichtung von Organisationsstruktur und Geschäftsmodell, um den veränderten
Rahmenbedingungen gerecht zu werden und neue Ansätze bei der Leistungserbringung überhaupt erst zu
ermöglichen. Dieses Wechselspiel zwischen der Potentialperspektive von (technologischen) Neuerungen
– „Enable“ (dt. Ermöglichen) – und der Anforderungsperspektive auf Kundenseite – „Align“ (dt.
Ausrichten) – wird durch das sogenannte „Align-Enable-Framework“ (AEF) aus dem IT-Management
verdeutlicht (Buhl und Kaiser, 2008). Es beschreibt die zwei komplementären Wirkungsweisen von
Innovationen im Unternehmen (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2 Das „Align-Enable-Framework“ für Innovationen im Retail Banking
Zur erfolgreichen Einführung innovativer Geschäfts- und Servicemodelle müssen beide Sichtweisen
berücksichtigt werden. In Kapitel 3.2 und 3.3 werden daher die Implikationen aus „Enable“ und „Align“
Perspektive für das Retail Banking herausgearbeitet und darauf aufbauend Kriterienkataloge entwickelt.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
15
Damit kann die Umsetzungswahrscheinlichkeit eines neuen Geschäftsmodells aus Bankensicht und die
Akzeptanzwahrscheinlichkeit durch den Kunden evaluiert werden.
Das in Kapitel 4 vorgestellte visionäre Bankenmodell bExpert.me baut nicht nur auf den
gesamtgesellschaftlichen Trends und bankbezogenen Herausforderungen auf, sondern berücksichtigt
vielmehr auch die im Folgenden erarbeiteten Erfolgskriterien. Dadurch sollen die Umsetzbarkeit und eine
erfolgsversprechende Implementierung sichergestellt werden.
3.2 „Align“ Kriterien im Retail Banking
Die „Align“ Perspektive beschreibt die Kompetenz und insbesondere auch die Bereitschaft, auf neue
Kundenbedürfnisse mit einer Anpassung des Geschäftsmodells und der Organisationsstruktur zu
reagieren. Retail Banken müssen die Fähigkeit entwickeln, eine durch neuartige Kundenbedürfnisse
induzierte Innovation in realistisch umsetzbare und langfristig wertschaffende Service- und
Geschäftsmodelle zu überführen. Aktuelle innovative Ansätze im Retail Banking bieten bisher jedoch
kaum die nötigen Anreize, um die erforderlichen Transformation auf Unternehmensseite zu vollziehen.
Darüber hinaus befand sich das deutsche Privatkundengeschäft lange Zeit in einer komfortablen Position,
die Veränderungen gar nicht erst notwendig machte (Eistert et al., 2013, S. 2). Basierend auf der Analyse
der Entwicklung der deutschen Bankenlandschaft kann der folgende Kriterienkatalog abgeleitet werden,
der die drei wesentlichen Faktoren für die erfolgreiche Umsetzung einer Innovation auf Bankenseite
beschreibt:
„Align“ Kriterium 1 Finanzierbarkeit
„Align“ Kriterium 2 Operationalisierbarkeit
„Align“ Kriterium 3 Langfristige Rendite-Risiko-Optimierung
Eine klassische Retail Bank wird die Transformation einer Innovation in ein marktreifes Geschäfts- und
Servicemodell nur dann anstreben, wenn alle drei Kriterien im Verbund erfüllt sind. Im Folgenden sollen
diese näher erläutert und im Bankenkontext spezifiziert werden.
Finanzierbarkeit
Grundsätzlich ist die Einführung neuer Geschäftsmodelle mit hohen Investitionen verbunden, denen zu
Beginn naturgemäß keine oder nur sehr geringe Erträge gegenüber stehen. Dies wird zusätzlich durch die
im Bankenbereich vorliegenden tendenziell längeren Innovationszyklen verstärkt (Chard et al., 2010, S.
64). Zu Beginn eines jeden Innovationsprozesses muss also ein ausgearbeiteter Finanzierungsplan stehen.
Wird ein Geschäftsmodell weiterentwickelt, können aktuell erwirtschaftete Überschüsse zur Finanzierung
der Investition genutzt werden, solange die Erneuerung des Geschäftes nicht zum Rückgang des aktuellen
Ertrages führt. Die Finanzierbarkeit wird auch durch das Ausmaß der Innovation beeinflusst.
Inkrementelle Veränderungen implizieren einen geringeren Finanzierungsbedarf im Vergleich zu
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
16
radikalen Eingriffen, da eine Koexistenz mit bestehenden Geschäftsmodellen und gegebenenfalls ein
Rückgriff auf bereits vorhandene Ressourcen möglich sind. So sind zum Beispiel reine Internetlösungen,
wie sie die Fidor Bank anbietet, für die klassischen deutschen Retail Banken nicht realistisch umsetzbar,
da sie das Geschäftsstellennetz als aktuelle Ertragstreiber komplett vernachlässigen.
Operationalisierbarkeit
Darüber hinaus ist die tatsächliche Umsetzbarkeit der Innovation innerhalb der Organisationsstruktur und
Kultur der Bank wesentlich. Die Implementierung neuer Geschäftsansätze geht meist mit Anpassungen
des vorhandenen Unternehmensaufbaus und Geschäftsablaufs einher. Das Ausmaß der
Strukturveränderungen ist von der Bank so zu gestalten, dass die Innovation in Hinblick auf Prozesse,
Technologien und Know-how, aber auch Anreizsysteme operationalisierbar ist.
Rendite-Risiko-Optimierung
Da das Risiko von Innovationen im Bankensektor besonders hoch ist und kaum die Möglichkeit besteht,
neue Angebote bspw. über „Trail and Error“ zu testen oder zu schützen (Chard et al., 2010, S. 64) ist die
integrierte Betrachtung von Risiko und Rendite unerlässlich. Um die Innovationsmöglichkeiten und -
bereitschaft nicht zu hemmen, kann das Risiko einer Innovation begrenzt werden, in dem das Ausmaß der
Radikalität der Innovation beschränkt wird und eher eine inkrementelle Umsetzung der Transformation
erfolgt. Die Vorteilhaftigkeit dieses Ansatzes wird dadurch bestärkt, dass sehr aggressive
Digitalisierungsstrategien mit einer radikalen Umstellung des bisherigen Geschäftes bisher kaum
erfolgreich waren und oft zu sehr hohen „Sunk Costs“ im Vergleich zu weniger umfänglichen
Innovationen geführt haben (Eistert et al., 2013, S. 17). Zusätzlich ist neben dem Risiko v.a. auch die aus
der Innovation zukünftig resultierende Rendite entscheidend. Im Retail Banking ist hier v.a. die
Möglichkeit zur langfristigen Kundenbindung durch eine Digitalisierungsstrategie mit innovativen und
kundenorientierten Produkten und Services als wesentlicher Werttreiber entscheidend (Chard et al., 2010,
S. 64). Da jedoch genau diese rein digitalen Innovationen, wie beschrieben, besonders risikoreich sind, ist
das Verhältnis aus eingegangenem Risiko und erreichbarer Rendite für die strategische Ausrichtung einer
Innovationsstrategie im Retail Banking entscheidend.
3.3 „Enable“ Kriterien im Retail Banking
Neben der Fähigkeit auf veränderte Kundenbedürfnisse mit einer Anpassung des Geschäftsmodells und
der Unternehmensstruktur zu reagieren, existiert innerhalb des AEF auch die Möglichkeit, dass
Unternehmen aufkommende Innovationen dazu nutzen, ihre Geschäftsmodelle und -prozesse
weiterzuentwickeln. Dieser Teil des Wirkungskreislaufs wird durch die „Enable“ Perspektive, also durch
technologieinduzierte Veränderungen im Unternehmen, beschrieben. Häufig verspricht die Ausnutzung
neuer technologischer Potentiale dabei eine Kostenreduzierung und Effizienzsteigerung. Entscheidend für
den wirtschaftlichen Erfolg von technologiegetriebenen Geschäfts- und Servicemodellen, ist vorrangig
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
17
die Bedürfnisbefriedigung des Kunden als zentraler Werttreiber. Innovationen auf der Angebotsseite
müssen vom Kunden als Vorteil verstanden werden, denn nur wenn in der Innovation ein tatsächlicher
Mehrwert erkannt wird, sind Kunden auch bereit diesen zu vergüten.
Aus diesem Grund müssen technologieinduzierte Innovationen im Retail Banking die wesentlichen
Anforderungen und die Mentalität auf Kundenseite berücksichtigen und adressieren. Mit Fokus auf den
deutschen Bankenmarkt können folgende bedeutende Kriterien für die Kundenakzeptanz identifiziert
werden:
„Enable“ Kriterium 1 „Sacrifice“ Minimierung
„Enable“ Kriterium 2 Persönliche Beziehung und Beratung
„Enable“ Kriterium 3 Diskretion und Sicherheit
Dieser Kriterienkatalog lässt sich aus den für den Kunden wesentlichen Bedürfnissen ableiten, welche in
zahlreichen Untersuchungen identifiziert wurden. Grundlage der Studien war dabei häufig das sogenannte
„Technology Acceptance Model“ (TAM) oder dessen Weiterentwicklungen. Das TAM ist ein
theoretisches Konzept zur Untersuchung und Vorhersage der Akzeptanz und Nutzung eines neuen IT-
Systems durch den angestrebten Nutzerkreis (Taylor und Todd, 1995). Die zentrale Hypothese des
Modells ist, dass die tatsächliche Nutzung eines IT-Systems direkt durch die Einstellung des Nutzers
gegenüber dem System, der wahrgenommenen Nützlichkeit und der wahrgenommenen
Benutzerfreundlichkeit bedingt wird. Im Kontext von digitalen Geschäftsmodellen im Bankenbereich
existieren weitere Faktoren, wie zum Beispiel das Bedürfnis nach persönlichem Kontakt zu einem
Bankangestellten, das Vertrauen gegenüber dem Systemanbieter, das wahrgenommene Risiko und die
wahrgenommene persönliche Kontrolle des Nutzers (Kallanmarthodi und Vaithiyanathan, 2012; Grabner-
Kräuter und Breitenecker, 2010, S. 268; Yaghoubi und Bahmani, 2010). Das TAM wurde bereits vielfach
erfolgreich angewendet um Kriterien für die Akzeptanz von digitalen Angeboten im Bankbereich zu
identifizieren und deren Signifikanz empirisch zu belegen und zu quantifizieren (Grabner-Kräuter und
Breitenecker, 2010, S. 267). Die Ergebnisse werfen dabei nicht nur ein Licht auf die Erfolgskriterien einer
Digitalisierungsstrategie im Retail Banking, sondern zeigen auch klar die allgemeinen Bedürfnisse von
Kunden in Bezug auf Bankgeschäfte.
„Sacrifice“ Minimierung
Generell möchten Kunden ihre Bankgeschäfte ohne großen Aufwand, flexibel und schnell erledigen,
bestenfalls sogar ort- und zeitunabhängig. Dies ist unter anderem durch die zunehmende Digitalisierung
und hohe Verfügbarkeit des Internets möglich. Brett King drückt dies folgendermaßen aus: „Customers
are more likely to determine their banking partners by how easily they can access their accounts when
they need to“ (Marous, 2012, S. 1). Dies bezieht sich auf der einen Seite auf den Aufwand, den der Kunde
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
18
bei einem nicht ort- und zeitunabhängigen Angebot durch die Warte- oder Fahrzeit empfindet, auf der
anderen Seite auch auf die einfache Bedienbarkeit eines Online-Programms.
Übergeordnet können die aufgeführten Punkte unter dem Begriff „Sacrifice“ zusammengefasst werden.
„Sacrifice“ steht für das Ausmaß an Zeiteinsatz und Aufwand, den der Kunde benötigt, um einen Service
zu nutzen. Wird ein solcher Aufwand als zu groß empfunden, wirkt sich dies negativ auf die
Kundenzufriedenheit und -loyalität aus (Xu et al., 2011, S. 745ff.). Kundenzufriedenheit entsteht dann,
wenn sich der Kunde für den getätigten Aufwand angemessen belohnt fühlt (Howard und Sheth, 1969, S.
18). Auch Yaghoubi und Bahmani (2010) zeigen in ihrer TAM-Studie, dass die wahrgenommene
Benutzerfreundlichkeit bei der Bedienung eines Online-Banking Angebots einen signifikant positiven
Einfluss auf die letztendliche Nutzung hat. Der geleistete Einsatz wird dabei von jedem Kunden
individuell wahrgenommen. Während digital affine Kunden (Kundensegmente 1 und 2) digitale
Serviceangebote als weniger aufwändig empfinden als physische Angebote, nehmen weniger digital
versierte Kundengruppen (Kundensegmente 3 und 4) dies vermutlich gegenteilig wahr. Voll
standardisierte Web- und Mobilangebote, wie sie heute in der Regel angeboten werden, scheinen das
Kriterium „Sacrifice“ Minimierung über die Kundensegmente hinweg nur unzureichend zu erfüllen.
Persönliche Beziehung und Beratung
Die Kunden selbst sind keine Finanzexperten, sodass sie sich bei bedeutenden finanziellen
Entscheidungen Unsicherheit ausgesetzt sehen. Hier ist eine auf Vertrauen basierende Beziehung mit dem
Berater aus Sicht des Kunden sehr wichtig. In diesem Zusammenhang ist oftmals ein persönliches
Gespräch gefragt, was durch reine digitale Lösungen, aber auch durch Beratung nur über das Telefon oder
per Videotelefonie, nicht zwingend den Kundenbedürfnissen entsprechend gegeben ist. Die Möglichkeit,
bei wichtigen Entscheidungen ein persönliches Gespräch mit dem Experten führen zu können, ist ein
wichtiger Aspekt, der zu berücksichtigen ist (Eistert et al., 2012, S. 19; Ernst & Young, 2012, S. 15; Khan
et al., 2012, S. 34), um die Unsicherheit auf Kundenseite zu senken (Grabner-Kräuter und Breitenecker,
2010, S. 268).
Bankberatung soll dabei nicht nur der Unterstützung des Kunden in seinen Entscheidungen dienen,
sondern helfen, seine Entscheidungen hinsichtlich seiner Präferenzen zu optimieren. Gerhardt und
Hackethal (2009, S. 9) bspw. ermittelten, dass Investmentportfolios von Kunden, die zuvor eine
Bankberatung in Anspruch genommen hatten, im Durchschnitt signifikant höhere Renditen
erwirtschafteten als die Portfolios von Kunden ohne vorherige Beratungsleistung. Neuartige
Geschäftsmodelle mit reinem Online-Auftritt vernachlässigen die Bedeutung der persönlichen
Kundenberatung in Bezug auf Entscheidungsunterstützung und Entscheidungsqualität. Vermutlich legen
Kunden mit einem höheren Individualisierungsnutzen (Kundensegmente 1 und 4) verstärkt Wert auf
umfassende persönliche Betreuung, während Konformisten (Kundensegmente 2 und 3) nur bei wichtigen
einmaligen Entscheidungen persönliche Beratung benötigen und wünschen.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
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Diskretion und Sicherheit
Zusätzlich muss eine Innovation im Retail Banking die Bedürfnisse nach Privatsphäre und Sicherheit der
Kunden berücksichtigen. Während Privatsphäre beschreibt, wer, unter Berücksichtigung von
Wertvorstellungen, Zugang zu Kundendaten haben sollte (Bambauer, 2013, S. 669ff.), definiert
Sicherheit, wer tatsächlich auf Kundendaten zugreifen kann. Sicherheitsmaßnahmen sind demzufolge
entscheidend dafür, den Soll-Maßstab aus der Privatsphäre zu implementieren (Bambauer, 2013, S. 676).
Sowohl Privatsphäre als auch Sicherheit stellen hohe Anforderungen an technologieinduzierte
Innovationen und Untersuchungen zeigen, dass Kunden der Privatsphäre und den hierdurch notwendigen
Sicherheitsmaßnahmen bei Bankgeschäften einen besonders hohen Stellenwert beimessen.
Trotz des zunehmenden Gebrauchs sozialer Medien und der Veröffentlichung persönlicher Informationen
ist die Kundenmentalität in Bezug auf finanzielle Aspekte deutlich zurückhaltender (Eistert et al., 2012,
S. 12). Gerade im Hinblick auf die finanzielle Situation sind die Bedürfnisse nach Privatsphäre
unverändert und nur ein begrenzter Kundenkreis ist zur Offenlegung gegenüber anderen Mitgliedern der
Gesellschaft bereit. Im Rahmen einer Studie konnte gezeigt werden, dass die Zurückhaltung gerade in
Deutschland vergleichsweise stark ausgeprägt ist (Infosys, 2013). Des Weiteren konnte das fehlende
Vertrauen gegenüber der Sicherheit bei der digitalen Abwicklung von Bankgeschäften als ein Grund für
die vergleichsweise geringe Akzeptanz von digitalen Angeboten im deutschsprachigen Bankbereich
identifiziert werden (Grabner-Kräuter und Breitenecker, 2010, S. 268).
Insbesondere Angebote wie der „Like Zins“ der Fidor Bank, der finanzielle Informationen und
Transaktionen auf Facebook verbindet, oder das Geschäftsmodell „Social Lending“ sind unter diesen
Gesichtspunkten kritisch zu sehen. Diskretion ist auch für junge Menschen wesentlich, obwohl diese in
anderen Lebensbereichen verstärkt soziale Medien nutzen und Daten im Internet teilen (Khan et al., 2012,
S. 34). Aufgrund dieses Paradoxons wird angenommen, dass Kunden auch in Zukunft
kundensegmentunabhängig großen Wert auf Diskretion und Sicherheit in Bezug auf ihre Bankgeschäfte
legen.
Aus der „Enable“ Perspektive ist die Erfüllung aller drei Kriterien ausschlaggebend, um eine Annahme
auf Kundenseite zu erreichen. Darüber hinaus ist zu betonen, dass die genannten Kriterien für alle
Kundensegmente von Bedeutung sind, von diesen jedoch unterschiedlich stark gewichtet werden.
Die Misserfolge neuer Technologien im Bankensektor der 90er Jahre (Buhl und Mellwig, 2002) zeigen,
wie wichtig es für Banken ist, neue Technologien in Zukunft kritisch auf ihre Werthaltigkeit und
Marktreife zu prüfen. Die aufgestellten Kriterien dienen dazu, Fehler aus der Vergangenheit zu vermeiden
und den zukünftigen Einsatz neuer Technologien aus Kunden- und aus Bankensicht erfolgreich zu
gestalten.
In dieser Arbeit werden die Kriterien zunächst angewandt auf die in Kapitel 4 aufgezeigte Vision
bExpert.me. Da bExpert.me als Innovationsplattform dient, können die sechs Kriterien darüber hinaus
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
20
zukünftig dabei helfen, bankenspezifisch die richtigen Entscheidungen bei der Integration neuer Services
zu treffen.
4. Vision bExpert.me: die integrierte Online-Offline-Lösung
Auf Basis der identifizierten Trends und Herausforderungen in Verbindung mit den in Kapitel 3
ermittelten Kriterien wurde ein innovatives Retail Banking-Geschäftsmodell namens bExpert.me
erarbeitet. Der Name bExpert.me bildet die enthaltenen Elemente des Konzeptes ab und setzt sich aus den
Worten bApp, Experte, stellvertretend für einen dem Kunden zugeteilten persönlichen Bankberater,
sowie dem Personalpronomen „me“ zusammen, wobei letzteres für den starken Fokus auf die
Kundenindividualisierung steht. bApps sind modularisierte Online-Banking Anwendungen, die in
Anlehnung an die sogenannten (Mobile-)Apps, flexibel vom Kunden ausgewählt und genutzt werden
können, wie in Kapitel 4.1.4 beschrieben wird.
bExpert.me definiert sich als eine individualisierbare Neukombination bewährter Offline-Ressourcen mit
innovativen digitalen Komponenten im Omni-Channel. Das Konzept beschreibt nicht eine isolierte
Produkt- oder Serviceinnovation, sondern eine umfassende Transformation zur Neustrukturierung und
-aufstellung einer klassischen Retail Bank mit Filialnetz. Die Wettbewerbsfähigkeit soll auf Basis der
bestehenden Kernkompetenz - nämlich der persönlichen Kundenberatung - mit Hilfe einer innovativen
Digitalisierungsstrategie gesteigert werden.
Abbildung 3 zeigt neben der Positionierung von bExpert.me zwischen klassischer Filialbank und reiner
digitaler Bank auch die vier zentralen Bausteine von bExpert.me:
die 1:1-Beratung im Omni-Channel,
modulare Banking Applikationen (bApps),
ein Internet Diskussions-Forum für Kunden („Peer-to-Peer“ Kommunikation),
ein Marktplatz zur Integration externer Dienstleister.
Abbildung 3 Bausteine und Positionierung der Vision bExpert.me
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
21
Während in Kapitel 4.1 die wesentlichen Bestandteile von bExpert.me motiviert und erläutert werden,
folgt in Kapitel 4.2 und 4.3 die Analyse der Vision aus Banken- und Kundensicht. Anschließend wird in
Kapitel 4.4 die Bewertung der Vision anhand der vorangehend beschriebenen Trends und Kriterien
vorgenommen.
4.1 Einordnung von bExpert.me in die bestehende Bankenlandschaft
Das herkömmliche Filialmodell zeichnet sich zum einen durch die Möglichkeit zur persönlichen Beratung
und zum anderen durch die physische Präsenz der Bank aus. Meist sind Kunden einem Berater vor Ort
zugeordnet, der sie über einen längeren Zeitraum hinweg in Finanzangelegenheiten betreut und
maßgeschneiderte Angebote erstellt. Dieses persönliche Beratungsangebot verschafft den klassischen
Filialbanken einen strategischen Vorteil in Bezug auf das Ertragspotential (Köhler und Lang, 2008, S.
4ff.). Die Filialen sind eigenständig gewinnverantwortliche, örtliche Niederlassungen (Eistert et al., 2013,
S. 9) und machen die Bank mit ihrer Marke vor Ort sichtbar und verfügbar. Es ist wahrscheinlich, dass
vor allem die sogenannten analogen Nutzer (Kundensegment 3 und 4), die den Zugang zu einer Bank
über den Online-Kanal bisher vermeiden, die Verfügbarkeit einer Bank an deren örtliche Präsenz
festmachen.
Bei rein digitalen Banken findet der Zugang zu Kunden über den Online-Kanal statt. Dieses Modell bietet
insbesondere eine günstige Kostenstruktur und die zeit- und ortsunabhängige Verfügbarkeit für den
Kunden. Durch den Verzicht auf die Präsenz vor Ort sparen digitale Banken die hohen Fixkosten ein, die
durch die Unterhaltung der Filialen entstehen (Neuhaus, 2013; Köhler und Lang, 2008, S. 4). Diesen
Kosteneffizienzvorteil reichen digitale Banken in der Regel in Form von kostengünstigeren Produkten an
ihre Kunden weiter. Des Weiteren bietet der Online-Kanal den Kunden einen bequemen, ort- und
zeitunabhängigen Service an, sprich einen Dienst mit geringem „Sacrifice“. Eine Homepage kennt keine
Öffnungszeiten, ist von überall über das Internet verfügbar und erspart den Kunden daher Anfahrtsweg
und Zeitaufwand. Es ist anzunehmen, dass alle Kunden von dieser Flexibilität profitieren und vor allem
digitale Individualisten und Konformisten (Kundensegment 1 und 2) diesen Service bevorzugt in
Anspruch nehmen.
Die Vision bExpert.me positioniert sich zwischen den Geschäfts- und Servicemodellen von klassischen
Filialbanken und rein digitalen Banken (siehe Abbildung 3) und vereinigt die Vorteile beider
Extremlösungen. Es baut auf bewährten Offline-Ressourcen auf, ohne das bestehende Geschäftsmodell zu
kannibalisieren. Das vorhandene Filialnetz soll dabei langfristig hin zu einem Expertensystem mit
„Flagship“-Charakter weiterentwickelt werden. Vor allem die Beratungs- und Vertriebskompetenz im
Filialnetz wird weiterhin genutzt und ausgebaut. Die Stärken digitaler Banken fließen in die bExpert.me
Mobil- und Online-Präsenz1 ein. Kunden können eigenständig Finanzgeschäfte mit niedrigem
1 Im Folgenden wird der Begriff Online-Präsenz für die sowohl von mobilen Geräten als auch von nicht portablen Endgeräten mögliche Nutzung,
verwendet.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
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Beratungsbedarf aus Kundensicht und -wert aus Bankensicht als „Self-Services“ orts- und zeitunabhängig
abwickeln. Dadurch wird der Offline-Kanal entlastet und Kosteneinsparungspotential realisiert. Da
Bankkunden schon heute die verschiedenen Kanäle nicht isoliert voneinander nutzen (King, 2010, S. 44),
sind Online-Präsenz und Offline-Kanal innerhalb eines Omni-Channel Ansatzes eng miteinander
verknüpft. Dadurch bietet bExpert.me auch die Möglichkeit alle definierten Kundensegmente als
Zielgruppe flexibel zu integrieren.
An innovativen Ideen zur Weiterentwicklung des Retail Bankings mangelt es nicht, bExpert.me hebt sich
aber durch seine geschickte Kombination und Einbindung von bestehenden und neuen Lösungen ab, wie
die Beschreibung der einzelnen Bausteine im Folgenden zeigen soll.
4.2 Zentrale Bausteine von bExpert.me
Die Anordnung der Bausteine von bExpert.me spiegelt eine sinnvolle zeitliche Reihenfolge des
Transformationspfades wider wobei die jeweiligen Teile auch unabhängig voneinander implementiert
werden können. Im Folgenden werden diese einzeln vorgestellt und durch „Best Practices“ aus dem
Banken- und Nichtbankenbereich ergänzt. Dadurch kann belegt werden, dass die genannten Elemente für
sich genommen in der praktischen Umsetzung bereits erfolgreich sind.
1:1-Beratung
bExpert.me bietet jedem Kunden einen zentralen, nicht-wechselnden Ansprechpartner. Berater haben
neben ihrer generellen Ausbildung ein oder mehrere Fachgebiete, innerhalb derer sie als Experte gelten
und Beratungsleistungen anbieten können. Hat der Kunde ein Anliegen, das nicht in das Fachgebiet
seines Beraters fällt, wird die optimale Beratung durch das Hinzuziehen eines Experten sichergestellt.
Trotzdem bleibt der 1:1-Berater des Kunden sein zentraler Ansprechpartner und ist ganzheitlich für
diesen verantwortlich. Im Gegensatz zur üblichen Praxis sucht sich der Kunde seinen persönlichen
Berater im Rahmen des bExpert.me Konzepts selbst über ein sogenanntes „Beratercasting“ aus. Dabei
wird dem Kunden (vorrangig online) eine Vorauswahl verschiedener Bankberater präsentiert, aus der er
nach seinen Präferenzen seinen 1:1-Berater aussuchen kann. Hierfür werden dem Kunden spezifische
Mitarbeiterinformationen wie bspw. über dessen fachspezifischen Hintergrund, Expertise und Werdegang
zur Verfügung gestellt.
Ein ähnliches System gibt es bereits bei der Quirin Bank, bei der sich Berater auf der Homepage mit
Lebenslauf, persönlichem Text und persönlichen Eigenschaften vorstellen (Quirin Bank, 2013).
bApps
In Anlehnung an die sogenannten (Mobile-)Apps werden die Online-Banking Anwendungen bApps
genannt und modularisiert angeboten. Das bedeutet für den Kunden, dass er sich seine bExpert.me
Homepage- oder Mobilgerät-Anwendungen individuell aus den unterschiedlichen bApps, alle verfügbar
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
23
in einem bApp-Store, zusammenstellen kann. Eine aktuelle Studie zeigt das Problem auf, dass viele
Bankkunden das Online-Portal Ihrer Bank überladen und unübersichtlich finden (Brettschneider und Kilb,
2014, S. 29). bApps, die der Kunde selbst auswählt und anordnet, tragen dazu bei, dass die Homepage
von bExpert.me übersichtlich und leicht navigierbar ist. bApps lassen sich in Standard-bApps, Service-
bApps und Zusatz-bApps kategorisieren.
Standard-bApps
bieten Funktionen an, die der Kunde bereits aus dem herkömmlichen Bankengeschäft kennt. Dazu
gehören die bApps Kontoübersicht, Überweisung oder Sofortkreditangebote, die ein Bindeglied zum
Offline-Kanal darstellen. Über die Service-bApp Beratercasting sucht sich der Kunde seinen 1:1-Berater
aus. In der bApp Beraterterminkalender lassen sich Termine mit dem persönlichen Ansprechpartner
vereinbaren. Zudem werden unter Service-bApps auch Informations- und Hilfsfunktionen angeboten.
Bspw. können spezifische Produkt-bApps Produktinformationen, oder eine News-App neuste
Informationen (bspw. zu staatlichen Fördermitteln) bereitstellen.
Zusatz-bApps
erweitern das Angebot um PFM-Tools. PFMs stellen Statistiken über Kontozu- und Abflüsse bereit und
beinhalten oft zusätzlich noch einen Spar- und Kreditrechner, der den Kunden bei der Erreichung
persönlicher finanzieller Ziele unterstützt. Auch eine Bonitätsmanager-bApp, die als Service eine
individuelle Bonitätseinschätzung mit Hinweisen auf deren Verbesserungspotential bietet, ist in dieser
Kategorie denkbar.
PFM-Tools erfreuen sich bereits vor allem im Ausland großer Beliebtheit. „Pibi“, eine App die
Einkommen und Ausgaben direkt quantifiziert und analysiert (Finextra, 2013) ist neben PFM-Lösungen
von Expensify (Expensify, 2013), Meniga (Meniga, 2013) und MINT (MINT, 2014) ein Beispiel für
erfolgreiche Applikationen.
Generell können neue Anwendungen beliebig im bApp-Store für die jeweilige Kategorie ergänzt werden,
indem sie als zusätzliche bApp angeboten werden.
Geschützte „Peer-to-Peer“ Kommunikation
bExpert.me sieht in seinem Online-Auftritt ein Kundenforum vor, innerhalb dessen bedarfsspezifisch
Themen aus der Finanzwelt mit anderen Kunden - wenn gewünscht anonym - diskutiert werden können.
Die bereitgestellte „Peer-to-Peer“ Kommunikationsplattform wird als geschützt bezeichnet, weil das
Forum nur innerhalb des Login-Bereichs der Homepage verfügbar ist und zudem durch Experten
moderiert wird. Diese können aktiv Fragen beantworten, wobei es der Bank grundsätzlich offen steht,
inwieweit sie Diskussionen mitgestaltet.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
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Bestehende Internet-Foren gibt es zu einer Vielzahl an Themen. „MoneySavingExpert“ ist ein Beispiel
für ein Forum rund um das Thema Sparen (MoneySavingExpert, 2013).
Marktplatz
bApps tragen in ihrer Vielfalt dazu bei, dass die Homepage oder Smartphone-Applikationen der Bank für
Kunden spannender werden. Um den langfristigen Erfolg einer bApp-basierten Webseite zu garantieren,
soll sich das Angebot an bApps stetig weiterentwickeln. bExpert.me sieht deshalb vor, bApps von
externen Entwicklern und Anbietern im bExpert.me eigenen bApps-Marktplatz zu integrieren.
Drittanbieter haben die Möglichkeit, die Plattform bExpert.me zur Vermarktung ihrer Funktionen zu
nutzen und über das bestehende Kundennetzwerk von bExpert.me ein attraktives Zielgruppensegment
anzusprechen. Ein Vergütungssystem (ähnlich wie bei Apple’s iTunes Store oder Google’s AppStore)
spezifiziert, wie und in welchem Maße die externen Anbieter und Entwickler von bApps für ihre
Servicebereitstellung auf bExpert.me am Erfolg beteiligt werden.
Beispiele für Drittanbieter-bApps könnten bereits am Markt für Banken angebotene PFM Tools wie
Bankfast sein (Banking IT-Innovation Database, 2013). Die Integration externer PFM-Tools auf der
bExpert.me Plattform ermöglicht es, persönliche Ertragsdaten direkt in das Auswertungstool zu
importieren, was die Nutzung stark vereinfacht. Außerdem möglich ist die Integration von Versicherungs-
bApps. Denkbar wäre zum Beispiel eine bApp für den Abschluss kurzfristiger Unfallversicherungen, wie
es die App Unfallschutz 48 bereits anbietet (Apple iTunes Store, 2013). Nicht nur mit Finanzthemen
verwandte bApps treffen bei bExpert.me auf ein interessantes Publikum, auch eine Integration von
10stamps, dem Anbieter von Online-Stempelkarten, wäre durchaus sinnvoll. Kartenzahlungen könnten in
Zukunft direkt mit einem Stempel in der 10stamps-bApp belohnt werden.
In Bezug auf Drittanbieter ist es die Aufgabe der Bank, bApps im Hinblick auf Datenschutzstandards und
auf die Konformität mit eigenen strategischen Zielen zu prüfen und damit zu zertifizieren.
Darüber hinaus ist auch die Einbindung von Kunden selbst und deren Feedback in die Neuentwicklung
von bApps vorgesehen. Durch Umfragen und Foren zur Sammlung neuer Ideen und
Verbesserungsvorschlägen für bestehende bApps kann der Kunde in den Innovationsprozess eingreifen
und den bApp-Store in gewissem Maße mitgestalten. Auch hier ist es die Aufgabe der Bank, eine
Übereinstimmung mit eigenen strategischen Zielen zu prüfen. Um Anreize für Kunden zur Partizipation
im Innovationsprozess zu schaffen, könnten unter anderem Innovationswettbewerbe ausgeschrieben und
im Rahmen dessen Preise verliehen werden. Ein Beispiel für die Integration von externen (Kunden-)Ideen
in den Innovationsprozess ist der 2012 durchgeführte „Mobile App Challenge“ Wettbewerb von GSMA
(PR Newswire, 2012), wobei verschiedene Unternehmen wie bspw. Coca-Cola Preise für die
Entwicklung kreativer App Ideen ausschreiben.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
25
Eine mögliche Realisierung der bExpert.me Online-Plattform ist in Abbildung 4 visualisiert.
Verschiedene bApps sowie der Zugang zu Marktplatz oder Kommunikationsplattform sind individuell
gestaltbar.
Abbildung 4 Beispiel einer möglichen Ausgestaltung der bExpert.me Online-Plattform
Die beschriebenen Bausteine gestalten im Verbund ein innovatives Geschäftsmodell, das in Kapitel 4.3
und 4.4 aus Banken- und Kundensicht reflektiert wird. Dabei wird auf die in Kapitel 2.2 eingeführte
Kundensegmentmatrix zurückgegriffen, um die Vorteile für die jeweiligen Segmente herauszustellen.
4.3 Ausgestaltung und Eigenschaften von bExpert.me aus Bankensicht
Im Folgenden werden die konkreten Anreize für die Einführung des bExpert.me-Systems aus Retail
Bankensicht erläutert. Abbildung 5 zeigt die vier Hauptargumente für die Implementierung von
bExpert.me aus Bankensicht.
.
Abbildung 5 Vorteile von bExpert.me aus Bankensicht
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
26
4.3.1 Kundensegmentabschöpfung
Die flexible Gestaltung von bExpert.me ermöglicht es, Kunden mit unterschiedlichem
Digitalisierungsgrad und Individualisierungsnutzen zu adressieren. Die Flexibilität spiegelt sich in der
Tatsache wider, dass Kunden sich nicht zwischen einem Offline- oder Online-Kanal entscheiden müssen.
Sie haben vielmehr die Möglichkeit, die Kanäle flexibel nach ihren Verfügbarkeits- und
Beratungsbedürfnissen zu kombinieren. Es ist durchaus denkbar, dass ein Prozess als „Self-Service“
online angestoßen und dann gemeinsam mit dem Berater offline abgeschlossen wird. Ein Beispiel hierfür
ist ein Kreditvertrag. Die Bonitätsprüfung möchte ein Kunde bspw. gerne ort- und zeitunabhängig online
durchführen, während er die Kreditvertragsgestaltung lieber persönlich mit seinem 1:1-Berater diskutiert.
Wie in Kapitel 2.2 vorgestellt, können Bankkunden in vier Segmente kategorisiert werden. Die
Kapitalstärke der Kundengruppen wird sich im Zeitverlauf zugunsten der jungen, digitalen Kunden
verschieben. Gemäß einer Studie von Buhl et al. (2001) müssen Beziehungen zu aussichtsreichen Kunden
früh aufgebaut werden, um das Potential in der Zukunft zu realisieren. Durch die zeitnahe Ansprache
jener Nutzer mit einem attraktiven digitalen Angebot ist eine frühe Bindung zukünftiger Kapitalstärke
möglich. Außerdem adressiert bExpert.me weiterhin die gegenwärtig kapitalstarke, nicht-digital-affine
Kundengruppe. Das bedeutet konkret, dass diese weiterhin ihre Finanzgeschäfte im Offline-Kanal
abschließen können. Die Modularisierung des Online-Bereichs ermöglicht Kunden außerdem eine
schrittweise Digitalisierung. Erst wenn ein innovativer Service akzeptiert wird und nicht als zusätzliche
Belastung wahrgenommen wird, schafft er einen Beitrag zur Kundenzufriedenheit. Analoge Kunden sind
mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu bereit, neue Technologien zu erlernen, wenn sie diese als sinnvoll
erachten. Auf diese Weise erschließt sich bExpert.me ein neues Leistungsspektrum für bisher nicht IT-
affine Kunden. Die bApps-Plattform motiviert Kunden dazu, selbst zu steuern, wie viele digitale
Elemente ihre Bankgeschäfte beinhalten sollen. Anstatt dem gesamten Kundenstamm eine einheitliche
digitale Strategie aufzuerlegen, wird der Digitalisierungsgrad jeder einzelnen Kundengruppe
berücksichtigt. Ausgehend von der Kundensegmentmatrix in Kapitel 2.2 können digitale Konformisten
und Individualisten (Kundensegment 1 und 2) für einen beliebig hohen Anteil ihrer Bankgeschäft den
Online-Kanal nutzen, die analogen Kunden (Kundensegment 3 und 4) hingegen können ihren Fokus
weiterhin auf den Offline-Kanal richten und die digitalen Elemente nach Belieben klein halten. Eine
individuelle, feingranulare Skalierung der digitalen Elemente erlaubt so die Ansprache aller Gruppen.
4.3.2 Potentialnutzung
Die gezielte Nutzung bestehender Ressourcen ist elementarer Bestandteil von bExpert.me. Zu diesen
gehören zum einen reale Vermögenswerte wie Filialen und eine bereits bestehende Online-Homepage.
Zum anderen umfassen bestehende Ressourcen auch insbesondere immaterielles Vermögen wie Berater,
deren Know-how und der existierende Kundenstamm, welches die bestehende Kernkompetenz der Bank
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
27
repräsentiert. Der Erfolg einer Filialbank ist zu einem großen Teil auf ihr Alleinstellungsmerkmal, die
Leistung ihrer Berater, zurückzuführen. Das Potential von Beratern, deren Nähe zum Kunden und
existierende Kundenbeziehungen können bei bExpert.me weiter genutzt, im Leistungsangebot
hervorgehoben und gezielt gestärkt werden.
Um das ganze Potential der Filialen vor Ort vollständig zu realisieren, sollte der Fokus nicht auf der
reinen Digitalisierung bestehender Serviceangebote liegen. Vielmehr geht es darum, eine angenehme
Umgebung für die persönliche Beratung zu schaffen. Digitale Elemente, wie beispielsweise ein Tablet-
Computer, können die persönliche Beratung unterstützen und als Hilfsmittel zur Veranschaulichung
dienen, jedoch nicht den persönlichen Kontakt ersetzen. Ferner kann die Öffnung der Bankfiliale für
bankenferne Produkte und Services, bspw. im Sinne einer zeitlich begrenzten Ausstellung in der Filiale in
Betracht gezogen werden, um den Besuch der Kunden in der Filiale abwechslungsreicher zu gestalten.
Die Gestaltung der Filialen mit offenen Servicebereichen, ohne Barrieren im Sinne von abgetrennten
Service-Countern, kann diese Entwicklung unterstützen und das Bankerlebnis insgesamt positiver
gestalten.
4.3.3 Kundenbindung
Eine Kundenbefragung von Ernst & Young (2012, S. 8) ergab, dass 62% der deutschen Bankkunden
Geschäftsbeziehungen mit mehr als einer Bank pflegen. Zusätzlich gaben 45% der befragten Personen an,
schon einmal ihre Hausbank gewechselt zu haben (Ernst & Young, 2012, S. 6). Hinsichtlich dieser hohen
Kundenfluktuationsrate setzt sich bExpert.me zum Ziel, über differenzierte Services, individuelle
Beratungsleistungen und einer starken Vertrauensbasis die Loyalität seiner Kunden zu stärken. Eine
weitere Kundenbefragung ergab in diesem Zusammenhang, dass „kompetente, individuelle und
vertrauensvolle Beratung“ (Sinn et al., 2012, S. 16) der bedeutendste Einflussfaktor auf Loyalität ist.
Differenzierung wird bereits in einer Arbeit von Buhl et al. (1999) im Retail Banking als überlegene
Strategie gegenüber der Preisführerschaft identifiziert. Manager aus Privatbanken, öffentlich-rechtlichen
Geldinstituten und Genossenschaftsbanken geben in einer Befragung „Beratungsqualität“ und
„Kundennähe“ heute und auch vorausschauend für 2020 als wichtigstes Differenzierungsmerkmal an
(Lünendonk-Trendstudie, 2012). bExpert.me setzt den Fokus deshalb auf differenzierte Services und
individuelle Beratungsleistungen, um Kunden zu binden. Berater können so gezielt eine auf den
Individualisierungsnutzen der Kundensegmente abgestimmte Rolle als Relationship-Manager und
kompetente Entscheidungsunterstützer wahrnehmen.
Zusätzlich ist durch bExpert.me mit „Lock-In“ Effekten zu rechnen, welche die langfristige Loyalität
weiter verstärken. Das Erstellen eines Nutzerprofils und die Individualisierung des Online-Auftritts und
der bApp-Ausstattung auf mobilen Geräten gehen mit einem hohen spezifischen Kundenengagement
einher. Während der Umzug des Girokontos zu einer anderen Bank heute mit einem relativ niedrigen
Aufwand möglich ist, kann davon ausgegangen werden, dass durch die Einbindung des Girokontos in
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
28
einen bExpert.me-PFM Service erheblicher Aufwand auf den Kunden zukommt, sollte er das Girokonto
losgelöst von verbleibenden bExpert.me Services umziehen wollen. Mit zunehmender
Servicezufriedenheit, dem zunehmend geleisteten Individualisierungsaufwand, so die Annahme,
verringert sich die Wechselbereitschaft und Austrittsbarrieren und „Lock-In“ Effekte stellen sich ein.
Die Steigerung der Loyalität über eine starke Vertrauensbasis und Reputationsgewinn ist im bExpert.me
Kontext auch unter dem Aspekt „Big Data“ zu beleuchten. bEpert.me spricht sich erstens explizit gegen
Datenkäufe und die Integration von „Open Social Networks“ aus. Zweitens wird die Kontrolle der
umlaufenden Daten auf der bExpert.me Plattform gewährleistet. Kundendaten, die über bApps generiert
werden, können und sollen intern unter anderem zur Entscheidungsunterstützung genutzt, dürfen aber
dabei nicht an externe Stellen weitergeleitet werden.
4.3.4 Innovationsintegration
Der Begriff Innovationsplattform bezieht sich auf die Möglichkeit, neue Trends durch bExpert.me, zum
Beispiel in der geschützten „Peer-to-Peer“ Kommunikation oder über das Gespräch mit dem persönlichen
Berater früh zu erkennen und einfach umzusetzen. Über bApps lassen sich neue Ideen unkompliziert
realisieren und in bestehende Strukturen einbinden. Das Risiko durch das Anbieten einer neuen bApp ist,
verglichen mit der Umgestaltung des gesamten on- und offline Serviceangebots, gut skalierbar. Insofern
kann bExpert.me ein innovationsfreundliches Umfeld schaffen und innovative Ideen vorantreiben. Daraus
leiten sich für die Bank „First-Mover“-Vorteile ab, vor allem durch die Integration des Kunden und
dadurch entstehendes Wissen über dessen Bedürfnisse.
Unter Innovationsintegration ist des Weiteren zu verstehen, dass bExpert.me in seinem bApps-Marktplatz
neue Ideen einbetten und binden kann. Innovative Services im Finanzbereich stammen oft, wie
beschrieben, aus dem Nichtbankenbereich. Ziel ist es, diese vermeintlichen Konkurrenten, die einen Teil
des Ertragspotentials abzugreifen drohen, auf der eigenen Plattform zu integrieren. Eine Win-Win-
Situation entsteht: bExpert.me erweitert das Angebot für seine Kunden und stärkt den Netzwerkeffekt der
Plattform, wobei der Anbieter eines innovativen Produkts über die Positionierung seiner bApp im
Marktplatz ein attraktives Publikum erreicht. Es kann davon ausgegangen werden, dass neue
Kundenbedürfnisse über die Einbindung externer Anbieter noch schneller in neuen Serviceangeboten
aufgegriffen werden.
Die modularisierten bApps erlauben aber nicht nur die relativ einfache Einbindung externer Dienstleister,
sondern auch die schnellere und effizientere Integration akquirierter innovativer Unternehmen mit ihren
digitalen Banking-Angeboten. Dies kann künftig zu einer zentralen Fähigkeit von Retail Banken werden,
denn immer mehr Start-Ups greifen „die großen Geldhäuser an“. Ihre Erfolgsstrategie basiert auf einem
zentralen Vorteil: „Sie verstehen, was Kunden in digitalen Zeiten wünschen“ (Neßhöver, 2014, S. 1). In
Zukunft werden somit in der Bankenbranche strategische Akquisitionen und die gewinnbringende
Einbettung der damit einhergehenden Innovationen zum zentralen Wettbewerbsfaktor. Dank bExpert.me
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
29
müssen gekaufte Start-Ups nicht aufwendig in bestehende Prozesse und Angebote eingebunden werden,
denn deren Produkte und Services können als neue bApp modularisiert integriert werden. bExpert.me
führt damit zu einer erheblichen Flexibilisierung der strategischen Möglichkeiten in Bezug auf
Akquisitionen.
4.4 Ausgestaltung und Eigenschaften von bExpert.me aus Kundensicht
Analog zur Bankensicht soll im Folgenden auf die Eigenschaften von bExpert.me aus Kundenperspektive
eingegangen werden. Abbildung 6 illustriert die Vorteile nach dem gleichen Schema wie auf der
Bankenseite.
Abbildung 6 Vorteile von bExpert.me aus Kundensicht
4.4.1 Individualisierung
Der Kunde steht im Mittelpunkt, denn die Nutzung von bExpert.me wird vorrangig durch den Kunden
gesteuert. Die Individualisierung der Plattformfunktionen ermöglicht dem Kunden, sich voranzutasten
und selbst zu entscheiden, welche Services er online, zum Beispiel durch bApps, oder offline in der
Filiale nutzen möchte. Auch Prozesse, die online angestoßen und offline zu Ende geführt werden, sind
denkbar. Gewünschte Services können einfach als Modulbausteine aus dem (Online-)Leistungsspektrum
ausgewählt werden. In diesem Zusammenhang entscheidet der Kunde neben dem Transaktionsort
(Online/Offline/Online-Offline-Mix) auch über die Interaktionsintensität mit seinem Berater. Der Kunde
bestimmt bspw. zudem, ob und wann er die bApp Beratercasting zur Auswahl eines Beraters nutzt.
Zudem kann der Kunde seine individuellen Bedürfnisse und Ideen im Rahmen der Entwicklung oder
Verbesserung von bApps einbringen.
Wie die Kundensegmentmatrix in Kapitel 2.2 zeigt, profitieren die verschiedenen Gruppen nicht
einheitlich von Individualisierungsmöglichkeiten. Dadurch, dass der Nutzer individuell steuern kann,
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
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welche Services er in welchem Maße nutzt, unabhängig ob offline oder online, kann der
Individualisierungsnutzen jedes Segments optimiert werden. Digitale und analoge Individualisten
(Kundensegment 1 und 4) sind es gewöhnt, Produkte, z.B. Apps am Smartphone oder auf der Online-
Homepage, auf ihre spezifischen Bedürfnisse anzupassen beziehungsweise bevorzugen individualisierte
Beratung und Services vor Ort. Digitale und analoge Konformisten (Kundensegment 2 und 3) werden
hingegen durch einen geringeren Individualisierungsnutzen charakterisiert, da diese das Aufwand-Nutzen
Verhältnis von Standardprodukten mehr überzeugt. Durch die Möglichkeit, über bExpert.me sowohl
Standard- als auch Individualservices online oder offline zu nutzen, werden somit alle Kundensegmente
bedürfnisgerecht angesprochen.
4.4.2 Persönliche Beratung
Ziel ist es, den Offline- und den Online-Interaktionskanal in einem Omni-Channel Konzept mit dem 1:1-
Berater als zentrales Bindeglied zu integrieren. Die genutzte Technologie sollte die Service-Beziehung
zum Kunden keinesfalls entpersonalisieren (King, 2010, S. 78). Der Online-Kanal ist deshalb als eine
Erweiterung des persönlichen Beratungs- und Serviceverhältnisses zu verstehen. Über den eigenen
Ansprechpartner wird der digitale Auftritt personalisiert und die Konsistenz in beiden Interaktionskanälen
sichergestellt. Diese Gestaltung der Kundenbeziehung hat konkrete Vorteile, sowohl bei alltäglichen
Bankgeschäften als auch bei besonders wichtigen, einmaligen Finanzentscheidungen, den sogenannten
„once-in-a-lifetime“ Finanzangelegenheiten. Eine Umfrage ergab, dass der Wunsch nach persönlicher
Beratung unabhängig von der Zugehörigkeit zur Gruppe der „Digital Natives“ oder „Digital Deniers“ ist,
denn auch 64% der befragten „Digital Deniers“ geben an, Wert auf einen persönlichen Ansprechpartner
zu legen. Außerdem wird die Akzeptanz der Beratung über digitale Kanäle, wie z.B. Videotelefonie, oft
an die Voraussetzung geknüpft, dass der persönliche Ansprechpartner nicht wechselt (Brettschneider und
Kilb, 2014, S. 29f.).
bExpert.me sieht deshalb vor, dass jeder Kunde seinen Berater selbst nach eigenen Präferenzen auswählt.
Anonyme, wechselnde Berater kennen den Kunden nicht und wissen selten auf ihn einzugehen. Ein
langfristiger Experte als Ansprechpartner hingegen hat ein umfassendes Bild seines Kunden, kann gezielt
dessen Wünsche antizipieren und schafft damit Vertrauen.
Vor allem analoge Individualisten (Kundensegment 4) nehmen gerne persönliche Beratung vor Ort in
Anspruch und legen somit hohen Wert auf diesen Aspekt. Darüber hinaus ist durch den Berater als
Bindeglied sichergestellt, dass auch digitale Individualisten (Kundensegment 1), die bei einem
individualisiertem Online-Auftritt nicht zwingend eine individuelle Beratung erwarten, bei wichtigen
„once-in-a-lifetime“ Entscheidungen persönlicher Beratung erhalten.
Generell können Kunden unabhängig davon, welchem Segment sie angehören, den Beratungsaspekt wie
gewünscht weniger oder mehr intensiv gestalten und somit davon profitieren.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
31
4.4.3 Minimaler „Sacrifice”
Buhl et al. (2001) argumentierten, dass kapitalstarke Kunden Services aus einer Hand wertschätzen, da es
kosten- und zeitintensiv ist, Geschäftsbeziehungen zu mehreren Banken zu pflegen. Über die folgenden
Aspekte erzielt bExpert.me die „Sacrifice“ Minimierung der Kunden.
In einem ersten Schritt schafft bExpert.me es, die Online-Vorteile einer digitalen Bank mit den
Beratungsvorteilen einer Filialbank zu verknüpfen und Bankdienstleistungen gebündelt auf einer
Plattform im Omni-Channel anzubieten. Das steigert den wahrgenommenen Wert für den Kunden, denn
der Aufwand durch das Wechseln der Plattform und die erneute Eingabe relevanter Daten entfällt. In
einem nächsten Schritt ist es über die Öffnung der Plattform und Integration von Drittanbietern möglich,
eine noch größere Anzahl an Services auf bExpert.me zu vereinen und diesen Vorteil noch zu verstärken.
Zusätzlich zielt bExpert.me auch auf die Bequemlichkeit der Kunden. Der Präsenzzwang und die damit
verbundenen Transaktionskosten entfallen durch die Möglichkeit, über das Internet Beratungsgespräche
und Finanzgeschäft abzuwickeln. Durch die Bereitstellung der Plattforminhalte sowohl auf einer
Homepage als auch der Verfügbarkeit von bApps auf mobilen Endgeräten, kann der Nutzer zeit- und
ortsunabhängig auf die Services zugreifen. Die Kompetenz und das Wissen der Berater sind aber
grundsätzlich auch vor Ort verfügbar.
Folglich kann somit jede Kundengruppe den gefühlten „Sacrifice“ minimieren. Ob dies nun durch die
Nutzung der Online-Präsenz, um den Zeit- und Kostenaufwand zu minimieren (Kundensegment 1 und 2),
oder über den Offline-Kanal erfolgt (Kundensegment 3 und 4), ist von den jeweiligen
Kundenbedürfnissen abhängig.
4.4.4 Vertrauen
Über die Diskussion in öffentlichen Foren und Netzwerken riskieren Bankkunden, private
Finanzangelegenheiten preiszugeben. bExpert.me bietet als Alternative dazu eine moderierte, interne
Kommunikationsplattform an. Die geschützte „Peer-to-Peer“ Kommunikation richtet sich dabei nach den
Diskussionsbedürfnissen der Kunden und wird sehr wahrscheinlich aus Kundenperspektive präferiert, da
nur 6% aller Deutschen bereit sind, ihr Budget und Konsumverhalten in Online-Netzwerken zu teilen
(Ernst & Young, 2012, S. 11). Sogar eine Studie unter 25- bis 35-Jährigen, den sogenannten „Digital
Natives“, ergibt, dass Finanzthemen zu sensibel sind, um sie in sozialen Netzwerken zu diskutieren
(Brettschneider und Kilb, 2014, S. 30). Allgemein wird die Integration und Zentralisierung digitaler
Dienste innerhalb eines sozialen Netzwerks gerade in Deutschland sehr kritisch gesehen. So stiegen nach
Bekanntgabe der Übernahme des weitverbreiteten Nachrichtendienstes „WhatsApp“ durch Facebook die
Nutzerzahlen alternativer und unabhängiger Anwendungen sprunghaft an. Der Schweizer Anbieter
Threema meldete zum Beispiel 320.000 neue Nutzer innerhalb weniger Tage alleine aus Deutschland
(Threema, 2014; Futurezone, 2014). Das Bedürfnis nach geschützter und anonymer Kommunikation
muss ernst genommen und das Vertrauen der Nutzer auch online gewahrt werden.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
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Das verdeutlicht die Zurückhaltung bei der Diskussion von persönlichen Finanzen in einer breiten
Öffentlichkeit und damit den hohen Stellenwert von Privatsphäre. Der Austausch mit anderen Kunden
innerhalb von bExpert.me schützt die Diskretion in Bezug auf Finanzangelegenheiten und die Qualität der
Beiträge wird durch Experten sichergestellt. Darüber hinaus ist der sichere Umgang mit Kundendaten
durch soziale Medien oder neue, innovative Anbieter für den Kunden nur schwer verifizierbar. Durch
Einbindung vieler (bApp-)Funktionen auf der sicheren und vertrauenswürdigen bExpert.me-Plattform,
können Datenschutzbedenken auf Kundenseite reduziert werden.
Dieser Aspekt ist vor allem für digital-affine Kunden (Kundensegment 1 und 2) sehr bedeutsam, da sie
finanzielle Informationen über das Internet mit dem Berater oder anderen Nutzern teilen und somit
anzunehmen ist, dass sie auf hohe Sicherheit und Diskretion Wert legen. Daher wird innerhalb von
bExpert.me explizit auf die Öffnung oder Integration von „Open Social Networks“ verzichtet, auch wenn
diese in manchen Umfragen als wichtiger zukünftiger Kommunikationskanal zum Kunden bezeichnet
werden (Eistert et al., 2013, S. 13).
4.5 Bewertung der Vision bExpert.me anhand der definierten Erfolgskriterien und Trends
Die beschriebenen Vorteile der Vision lassen sich den in Kapitel 2 vorgestellten Trends und
Herausforderungen und in Kapitel 3 eingeführten Kriterien zuordnen und adressieren diese in dezidierter
Art und Weise.
Aus Bankensicht baut bExpert.me als inkrementelle Innovation durch schrittweise Digitalisierung auf
bestehenden Ressourcen, sprich Prozessen, Technologie und Know-how, auf. Dadurch und durch die
zusätzliche Integration des bestehenden Geschäftsmodells ist sowohl die Finanzierbarkeit,
Operationalisierbarkeit als auch eine Risikobegrenzung möglich.
Durch die simultane Ansprache aller beschriebenen vier Kundensegmente stehen bestehende
Ertragsquellen zur Finanzierung weiterhin zur Verfügung. Es gilt allerdings zu beachten, dass die
Entscheidung zur Einführung von bExpert.me zeitgleich eine Entscheidung für ein differenziertes
Geschäftsmodell und gegen eine Preisführerschaft-Strategie ist. Generell und dauerhaft preissensible
Kunden, welche in jedem der vier identifizierten Kundensegmente vorkommen, werden innerhalb der
Vision keinen Wert für die Bank stiften und sind daher auch nicht die primäre Zielgruppe von
bExpert.me. Jedoch ist Preissensibilität häufig nur eine kategoriespezifische oder situative Eigenschaft
(Buhl et al., 2001). Daher gilt es dem Kunden genau bei der Produkt- und Servicekategorie ein
individuelles weiterführendes Angebot zu machen, bei der in der aktuellen Lebensphase eine klare
Zahlungsbereitschaft besteht. Dieser Aufgabe wird bExpert.me mittels des breiten Angebots des bApp-
Marktplatzes und der persönlichen Beziehung gerecht. „Exit-Barriers“ und „Lock-In“ Effekte stellen
zudem sicher, dass Kunden auch in späteren Lebensphasen und bei wechselnden Bedürfnissen auf das
Angebot der Plattform zurückgreifen. Neben der Möglichkeit die Zahlungsbereitschaft der Kunden durch
ein breites Angebot an Services gezielt abzuschöpfen, können durch die bApps-Plattform auch völlig
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neue Ertragsquellen erschlossen werden, welche die Finanzierbarkeit sicherstellen. Der bApps-
Marktplatz ist für externe Finanzdienstleister, wie zum Beispiel einen Versicherer, im Wesentlichen ein
neuer und effektiver Vertriebskanal, welcher über ein Provisionsmodell auch vergütet werden sollte. Des
Weiteren können externe Services in bApps eingebunden und gegen Gebühren vom Kunden in
Anspruch genommen werden. Ein Beispiel hierfür wäre die Möglichkeit eine Schufa-Auskunft innerhalb
der Bonitätsmanager-bApp einzuholen.
Neue Ideen oder Entwicklungen auf dem Bankenmarkt können als bApp in den Angebotskatalog der
Retail Bank integriert werden. Dies stellt sicher, dass sich die Bank auch im dynamischen
Wettbewerbsumfeld behaupten kann, unabhängig davon ob externe Dienstleister über den Marktplatz
eingebunden werden oder innovative Start-Ups gekauft und integriert werden sollen. Daraus folgt, dass
die Vision aus Bankensicht realisierbar und die „Align“ Perspektive als erfüllt anzusehen ist, da durch
bExpert.me die Innovations- und Wettbewerbskraft einer Bank auf einem gesamtunternehmerischen
Level sichergestellt werden kann. Das Konzept bExpert.me ist zeitgleich als anpassungsfähige
Innovationsplattform zu sehen, die flexibel die Einbindung auch künftiger Innovationen ermöglicht
ohne sich dabei isoliert von Produkt- oder Serviceinnovationen abhängig zu machen.
Analog gilt es, die Vision auf die Kriterien und Trends der Kundenseite zu prüfen. Die Möglichkeit der
kundengetriebenen ort- und zeitunabhängigen Anwendung von bExpert.me wird dem
Individualisierungstrend gerecht und erfüllt das Kriterium der „Sacrifice“ Minimierung. Durch diesen
Aspekt können die verschiedenen Kundengruppen je nach ihren Bedürfnissen die Online- oder Offline-
Präsenz oder beides in Kombination nutzen. Zudem kann das Bankangebot durch bApps sowohl auf einer
Homepage, aber auch auf mobilen Endgeräten genutzt werden, was in Anbetracht der steigenden Zahl an
Smartphone-Nutzern für die digital-affinen Kunden von großer Bedeutung ist, da sie ort- und
zeitunabhängig auf diese Applikationen zugreifen können. Die Integration verschiedener bankeigener
und Drittanbieter-Services auf einer Plattform adressiert das Kriterium „Sacrifice“ Minimierung wie
beschrieben ebenfalls. Der Omni-Channel Ansatz greift den Digitalisierungstrend auf und erlaubt den
Aufbau einer persönlichen 1:1-Beraterbeziehung sowohl online als auch offline. Dadurch wird
sichergestellt, dass eine persönliche Beziehung mit dem Berater aufgebaut werden kann und bei
Entscheidungen herrschende Unsicherheiten auf Seite des Kunden durch den Berater reduziert wird. Der
Austausch über die moderierte „Peer-to-Peer“ Plattform wahrt die Privatsphäre von Nutzern und
garantiert einen vertrauenswürdigen Umgang mit den generierten Daten. Damit wird der Wunsch des
Kunden, finanzielle Aspekte nicht auf öffentlichen Netzwerken Preis zugeben, vor allem für digital-affine
Kunden (Kundensegment 1 und 2), gewährleistet.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass bExpert.me durch die vorgestellten Bausteine alle
Trends und Herausforderungen adressiert und Anforderungskriterien sowohl auf Kunden- als auch auf
Bankenseite in hohem Maße erfüllt. Die Vision bExpert.me stellt damit eine Win-Win-Situation für
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
34
Kunden- und Bankenseite dar. Es wird Wert für den Kunden als auch darauf aufbauend Kundenwert für
die Bank generiert.
4.6 Resümee
Zusammenfassend berücksichtigt die Vision bExpert.me sowohl die Fundamente der Bank als auch ihren
Transformationsbedarf und stellt den Kunden in den Mittelpunkt. Die drei wesentlichen
Alleinstellungsmerkmale und die jeweiligen Maxime sind:
1. Digitale Verknüpfung statt Entpersonalisierung
Die traditionelle Kernkompetenz, die persönliche Beratung, ist als Fundament zu verstehen, um nicht
vom digitalen Sturm weggeblasen zu werden. Mit einem Omni-Channel Ansatz setzt bExpert.me auf die
Kombination von digitalen Elementen mit der persönlichen Beratung.
2. Langfristige Gestaltung statt kurzfristige Reaktion
Um den Wind der Veränderungen einfangen und instrumentalisieren zu können, ist eine starke und
flexible Innovationsplattform notwendig. Produkt- und Serviceinnovationen wirken nicht isoliert, sondern
werden Bestandteil einer langfristigen und flexiblen Strategie.
3. Entscheidungsmöglichkeit statt Diktum
Im Mittelpunkt des digitalen Entwicklungspfades von bExpert.me stehen die Kunden. Kunden steuern
den Grad der Digitalisierung ihrer Bankgeschäfte und realisieren so ihren kundensegmentspezifischen
Individualisierungsnutzen.
5. Leitfaden für die erfolgreiche Implementierung von bExpert.me
Während in Kapitel 4 die Vision als Endprodukt beschrieben wird, steht in diesem Abschnitt die
erfolgreiche Implementierung von bExpert.me im Vordergrund. Die Vision erfüllt alle Anforderungen an
eine erfolgreiche Innovation, jedoch ergeben sich einige zentrale Fragestellungen in Bezug auf die
Umsetzung. Innovationen bedeuten für jedes Geschäftsmodell mehr oder weniger weitreichende
Änderungen. Gelingt die operative Umsetzung dieser Änderungen hin zur Durchdringung der Vision auf
allen Ebenen nicht, ist die Innovationsidee selbst wertlos. Aus diesem Grund wird im Folgenden der
Fokus auf die Risiken und Erfolgsfaktoren bei der Umstellung auf und Umsetzung von bExpert.me
gelegt. In Kapitel 5 soll bExpert.me kritisch auf Risiken und Schwachstellen untersucht werden und
mögliche Lösungsansätze aus der Forschung abgeleitet werden. Um die Risiken und Erfolgsfaktoren
sinnhaft zu strukturieren, wird auf das Informations- und Kommunikationssystem (IKS)-4-Ebenen
Modell von Buhl und Kaiser (2008) zurückgegriffen. Herausforderungen und Erfolgsfaktoren werden je
Ebene und Baustein der Vision aufgeführt. In Kapitel 5.1 erfolgt eine Darstellung des Ebenen-Modells
mit Bezug zu bExpert.me. Dabei wird je Ebene diskutiert, was bei der Umsetzung erfolgskritisch ist und
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
35
worin die Herausforderungen der einzelnen Bausteine zu sehen sind. Die Ergebnisse werden in einer
sogenannten Implementierungsmatrix, siehe Abbildung 8, zusammengefasst. Anschließend werden zwei
wesentliche Umsetzungsmodule aus dieser Matrix detailliert, unter Verwendung wissenschaftlicher
Methoden, beleuchtet und deren mögliche Umsetzung in der Praxis diskutiert.
5.1 Diskussion des IKS-4-Ebenen-Modells mit Bezug zu bExpert.me
Um die Herausforderungen der Implementierung von bExpert.me strukturiert beleuchten zu können, wird
auf das IKS-4-Ebenen Modell von Buhl und Kaiser (2008) zurückgegriffen - angewandt und angepasst
auf Innovationen im Retail Banking, siehe Abbildung 7.
Abbildung 7 IKS-4-Ebenen Modell mit Einbeziehung der „Align“ und „Enable“ Perspektiven
Buhl und Kaiser (2008) betten in den bereits beschriebenen Wirkungskreislauf der „Align“ und „Enable“
Perspektiven die vier Ebenen Geschäftsmodell, Geschäftsprozesse, Services und Infrastruktur ein, welche
eine typische IT-getriebene Bankstruktur widerspiegeln und bei der Implementierung der Vision
berücksichtigt werden müssen. Das Vier-Ebenen-Modell eignet sich besonders gut dazu, Risiken und
Herausforderungen bei der Implementierung von bExpert.me zu strukturieren, da eine Änderung auf einer
Ebene auch Modifikationen in den angrenzenden Unternehmensbereichen bedingt.
In Abbildung 8 wird aus den beschriebenen Risiken und Herausforderungen eine Implementierungsmatrix
abgeleitet. Neben den bExpert.me-Baustein-spezifischen Herausforderungen, sowie daraus abgeleiteten
Implementierungsschritten, wird für jede Ebene ein übergeordneter Erfolgsleitfaden definiert. Die Matrix
soll des Weiteren einen Hinweis auf mögliche Forschungsansätze zur sinnhaften Begegnung dieser geben.
Im Folgenden steht nicht die finale Beantwortung einzelner identifizierter Forschungsfragen im
Vordergrund, vielmehr sollen erfolgsversprechende wissenschaftliche Lösungsansätze aufgezeigt werden.
Zwei zentrale Implementierungsmodule und passende, wissenschaftlich begründete Herangehensweisen
werden in Kapitel 5.2 und 5.3 im Detail beispielhaft diskutiert.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
36
Abbildung 8 Implementierungsmatrix für bExpert.me
Geschäftsmodell
Die Ebene Geschäftsmodell beschreibt die globale Aufgabe eines Unternehmens unter Einbeziehung der
Ziele, Strategien und eingesetzten Ressourcen. Übertragen auf bExpert.me besteht die globale Aufgabe in
der Abwicklung des Privatkundengeschäfts mit Hilfe einer integrierten Online-Offline-Strategie. Eine
erfolgreiche Umsetzung der Vision sowohl im Online- als auch im Offline-Kanal ist wesentlich, um
gegen in nur einem Vertriebskanal spezialisierte Wettbewerber bestehen zu können.
Kapitel 4.3.3 weist bereits auf den zentralen Erfolgsfaktor auf der Geschäftsmodellebene hin: Die
Ausrichtung hin zu einer klaren Differenzierungsstrategie, die gegenüber der Preisführerschaft als
überlegen identifiziert wurde (Buhl et al., 1999). Bei bExpert.me ermöglichen modulare Services die
unkomplizierte Integration neuer innovativer Ideen in das bestehende Geschäftsmodell und die
Differenzierung über eine individuelle Ausgestaltung des Produkt- und Serviceangebotes für den Kunden.
Für die einzelnen Bausteine des bExpert.me- Geschäftsmodells müssen zudem spezifische
Herausforderungen gemeistert werden. Zunächst ergibt sich die Problematik der Anreizgestaltung im
Rahmen des 1:1-Beratungssystems mit beschriebenem Expertenelement. Dem Berater muss ein Anreiz
geboten werden, sein Kundenportfolio selbstverantwortlich und langfristig wertorientiert, unter
Einbeziehung der benötigten Experten, zu steuern. Die Lösung der Anreizproblematik ist erfolgskritisch,
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
37
denn nur ein zufriedener Kunde kann langfristig gebunden werden und so einen Wert für die Bank
generieren.
Zusätzlich muss auf der Ebene Geschäftsmodell der kundenspezifische Individualisierungswunsch
beachtet werden. Die Herausforderung besteht darin, mit dem Angebot an bApps einen Mehrwert für die
einzelnen, stark heterogenen Kundengruppen zu generieren. Das große Individualisierungsangebot der
Plattform schafft - wie in Kapitel 2.2 beschrieben - kaum Mehrwert für die Konformisten
(Kundensegmente 1 und 2), sondern bürdet diesen vielmehr Opportunitätskosten für ihre aufgewendete
Zeit und den entstehenden Entscheidungsdruck auf. Um den Kundenwert der unterschiedlichen Segmente
zu maximieren, muss das Service- und Produktangebot der bApps deshalb neben
Individualisierungsmöglichkeiten auch Standardpakete (eine bApp Vorauswahl) beinhalten.
Konformisten haben so die Möglichkeit, Kosten für die Personalisierung ihres Services zu vermeiden
indem sie auf Standardeinstellungen zurückgreifen.
Im Rahmen der „Peer-to-Peer“ Plattform ist eine konsistente und mit der Markenpositionierung im
Einklang stehende Kommunikationsstrategie erfolgskritisch. Aussagen im Online- und Offline-Kanal,
von persönlichen Beratern und Forumsdiskussionsleitern müssen klar aufeinander abgestimmt sein und
Kompetenzen eindeutig auf Themen und Produkte verteilt werden. Dazu sollten Standards und
Richtlinien in der Kommunikation mit dem Kunden definiert werden, mit dem Ziel, auf individuelle
Umstände und Bedürfnisse eingehen zu können und zur Kundenbindung beizutragen.
Auf der Ebene Geschäftsmodell stellt sich zudem die Herausforderung des Service-Portfolio
Managements. Es gilt zu klären, wie sich das Angebot an bApps insgesamt attraktiv gestalten lässt und
welche bApps von Drittanbietern mit den eigenen strategischen Zielen vereinbar sind. bApps externer
Entwickler müssen zudem auf Qualitätsstandards hin geprüft und sinnvoll integriert werden. Dazu
gehören die Auswahl der Produkte, die Bestimmung der Gebühren für die Nutzung der Plattform und der
Umgang mit den dabei generierten Daten. Ein attraktives Angebot an bApps macht die bExpert.me
Plattform interessanter für Kunden. Eine überstürzte, unkontrollierte Integration von Drittanbietern kann
allerdings zu Beeinträchtigungen in den Bereichen Datenschutz, Sicherheit und Geschäftsstrategie führen.
Daher gilt es, das bApps-Angebot stets aus einer ganzheitlichen Portfoliosichtweise zu betrachten, um
langfristig die Servicequalität zu sichern.
Geschäftsprozesse
Die Ebene Geschäftsprozesse spezifiziert die durchzuführenden Aufgaben und deren notwendige
Verflechtung. Dabei spiegelt sie die ablauforientierte Sichtweise der Organisation wider.
Innerhalb von bExpert.me spielt Data-Mining - in einer selektiven Form - für die Implementierung eine
zentrale Rolle. Allgemein können über Data-Mining Prozesse die Daten, die durch Beratung, das Nutzen
von bApps, die Aktivität in Foren, das Nutzen von Angeboten von Drittanbietern, oder das Engagement
auf dem Marktplatz entstehen, für die interne Analyse genutzt werden und in
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
38
Entscheidungsunterstützungssysteme einfließen. Aus den gewonnenen Datenmengen - oft referenziert als
„Big Data“ - sind daher die für die Bank entscheidungsrelevanten Informationen herauszufiltern, um
Produkt- und Serviceideen oder Kundensegment- und Zielgruppenanalysen zu ermöglichen. Allerdings
gilt es zu berücksichtigen, welche Data-Mining Vorgänge unter Umständen auf Ablehnung seitens der
Kunden stoßen könnten. Eine Umfrage unter digital affinen Kunden hat ergeben, dass diese dazu bereit
sind, ihre weiterführenden persönlichen Daten (zum Beispiel Transaktionsdaten, etc.) zur Verarbeitung
zur Verfügung zu stellen, wenn dies mit einem für sie klar definierten und ersichtlichen Wertversprechen
einhergeht. Die personalisierte Angebotserstellung allein erfüllt dieses Kriterium nicht. Vielmehr sollte
hier das zentrale Versprechen an den Kunden sein, dass dieser durch die Bereitstellung seiner Daten vor
Identitätsdiebstahl und damit auch sein Vermögen geschützt werden kann. Allgemein zählt Deutschland
zu den Ländern mit der größten Zurückhaltung was das Teilen von Daten betrifft (Infosys, 2013, S. 2ff.).
Der Umgang mit Datenanalysen ist demnach als besonders kritisch anzusehen. Übergeordnet gilt: nur,
wenn durch Data-Mining ein Wert für den Kunden entsteht, ist auch für die Bank ein langfristiger Wert
generierbar.
Innerhalb der Bausteine der Vision muss auf der Ebene der Geschäftsprozesse vor allem der Aspekt der
operativen, prozessualen Umsetzung des Omni-Channel Ansatzes aufgegriffen werden. Die
Herausforderung besteht zunächst darin, starre Organisationsstrukturen für ein filialunabhängiges
Geschäftskonzept aufzubrechen. Im Rahmen der 1:1-Beratung im Omni-Channel muss untersucht
werden, wie Data-Mining Prozesse eine optimale Zuordnung der Berater auf die Kunden ermöglichen
können. Hierbei ist es erfolgskritisch, eine wertorientierte, langfristige Sichtweise einzunehmen und auch
Risiken, wie die der Fluktuation der Berater, in das Kalkül einfließen zu lassen.
Kritisch für den Baustein bApps ist die Prozessmodularisierung und -standardisierung. Es gilt zu
identifizieren, welche Prozessbestandteile als einzelne Servicemodule in bApps angeboten und vom
Kunden selbstständig durchgeführt werden können.
Im Bereich der „Peer-to-Peer“ Plattform und des Marktplatzes sieht sich die Bank abermals vor einer
konkreten Data-Mining Herausforderung: Möchte man Kundenwünsche als Anstoß für Innovationen
verwenden, muss beachtet werden, dass diese möglicherweise nicht repräsentativ sind und nicht mit der
entsprechenden Zahlungsbereitschaft einhergehen. Aus Kundenäußerungen müssen also mit Hilfe von
beispielsweise Key User-Analysen die richtigen Schlüsse für das Innovationsmanagement gezogen
werden.
Services
Diese Ebene bezieht sich auf die automatische Abwicklung von Aufgaben sowie die Koordination von
manuellen und automatisierten Arbeitsschritten.
Das übergeordnete Erfolgselement der Service-Ebene von bExpert.me ist die Konzeption des „Customer-
Relationship-Management“ (CRM). Operative CRM-Systeme werden dazu genutzt, Kundendaten zu
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
39
sammeln und eine CRM-Strategie aus technischer Sicht zu ermöglichen (Hippner und Wilde, 2004, S.
102). Das Potential liegt unter anderem in der Individualisierung der Leistungsangebote und der
Multikanalfähigkeit (Winter, 2000). Die Herausforderung besteht darin, Kundenbeziehungen mit der
CRM-Software ganzheitlich abzubilden und ein konsistentes Bild des Kunden über alle Kanäle hinweg
herzustellen.
Darauf aufbauend ist für die Bausteine 1:1-Beratung und bApps die Integration der Online- und Offline-
Servicekanäle über ein Workflow-Management (WFM) System von großer Bedeutung. Diese steuern und
überwachen strukturierte Arbeitsabläufe (engl. workflow) und ermöglichen den Wechsel zwischen
maschinellen und personellen Aufgabenträgen (Harstedt-Marckwardt, 1999, S. 99ff.). Innerhalb von
bExpert.me soll der Kunde zum Beispiel Prozesse online anstoßen und offline zu Ende führen können,
ohne Informationsverlust und Wiederholung eines Prozessschritts. In diesem Zusammenhang ist die
Einbettung der „Self-Services“ (bApps) in die bestehende Servicelandschaft eine Herausforderung.
WFM-Systeme können auch dabei helfen, die Beratungsleistung im Omni-Channel zu vereinheitlichen,
zu koordinieren und allgemein für den Kunden widerspruchsfrei zu gestalten.
Zusätzlich ist die „Peer-to-Peer“ Kommunikation durch Mitarbeiter der Bank zu moderieren. Es muss
festgelegt werden, wann und ob ein Berater an einer Diskussion teilnimmt. Hier kann zwischen
automatisch generierten oder manuell formulierten Beiträgen unterschieden werden. Ebenfalls muss die
(automatisierte) Erkennung und mit der Kommunikationsstrategie in Einklang stehende, effektive
Schlichtung von Negativbeiträgen bedacht werden.
Infrastruktur
Die zur technischen Umsetzung nötige Hardware und systemnahe Software wird auf der Infrastruktur
Ebene des IKS-Modells zusammengefasst.
Bei bExpert.me betrifft dies neben den „Core Banking Systemen“ (CBS) den überarbeiteten Front- und
Backend Online-Auftritt, bei dem die bestehende Website um Funktionalitäten erweitert und aus
Systemsicht enger mit dem Offline-Kanal verflochten wird. Eine wesentliche Herausforderung ist hier die
Bereitstellung und die Sicherung der Konsistenz von Kundendaten aus den verschiedenen Quellen und
Kanälen. Neben Daten, die der Kunde online eingibt, oder offline mit seinem Berater bespricht, sind auch
Informationen, die der Kunde mit einem zugeteilten Experten teilt, zentral zu erfassen. Eine integrierte
Echtzeit-Datenbasis operativer und analytischer Daten mit hoher Datenqualität, -konsistenz und
-verfügbarkeit stellt einen wesentlichen Erfolgsfaktor für die Implementierung von bExpert.me über alle
vier Bausteine dar.
Ferner ist der Aspekt der Datensicherheit zu beachten. Eine Studie von BITKOM bestätigt: „Jeder dritte
Deutsche hat Angst vor Betrug im Online-Banking“ (Fliehe und von Blumröder, 2013). Daher macht vor
allem die Öffnung der Plattform zu einem Marktplatz strenge Datenschutzrichtlinien, -standards und
Regeln bezüglich der Datensicherheit notwendig.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
40
Vor allem bei der Integration externer bApps auf dem Marktplatz ist ein effizientes und flexibles
Schnittstellenmanagement wesentlich. Es ist klar zu definieren, wie der Zugriff auf interne und externe
Daten geregelt ist und wie Kundendaten, welche bei der Inanspruchnahme von Drittanbieter-bApps
generiert werden, gesichert übertragen und verarbeitet werden können. Die Hilti AG liefert hier mit ihrem
Konzept „Solid Core – Flexible Boundary“ einen interessanten Ansatz für ein derartiges
Schnittstellenmanagement innerhalb einer modularisierten Softwarearchitektur. Während zentrale und
standardisierte Kernsysteme, wie zum Beispiel das CRM, in einer geschützten internen Infrastruktur
angesiedelt ist, können innovative und modulare Applikationen – wie mobile Services, welche einzelne
Aufgaben und Prozesse abseits der konventionellen Anwendungen übernehmen – flexibel und effizient an
diese Kernsysteme gekoppelt werden. Dies ermöglicht nicht nur die unkomplizierte Anbindung neuer
Services, sondern deren einfache Loslösung ohne Beeinträchtigung oder Gefährdung der restlichen IT-
Infrastruktur (Brocke et al., 2012).
Es kann resümiert werden, dass sich strategische Vorteile von bExpert.me (siehe Kapitel 4.3/4.4) erst
realisieren lassen, wenn erfolgskritische Punkte für die Umsetzung genau spezifiziert wurden. Im
Folgenden werden exemplarisch die beiden erfolgskritischsten Herausforderungen der Implementierung
wissenschaftlich untersucht. Die 1:1-Kundenberatung repräsentiert die traditionelle Kernkompetenz der
Retail Banken, welche in der Vision bExpert.me als zentrales Bindeglied zwischen dem Online- und dem
Offline-Kanal weiter in den Vordergrund gestellt wird. In der Umsetzung von bExpert.me muss daher
zunächst die Priorität auf die effiziente Einführung der 1:1-Beratung gelegt werden.
Die erfolgreiche Umsetzung der 1:1-Kundenberatung muss maßgeblich von den verantwortlichen
Beratern und Experten getragen werden. Blüthgen et al. (2008, S. 21) konnten in einer Studie die Art und
Ausrichtung des Vergütungssystems als die entscheidende Variable für Beratungsqualität identifizieren.
Die entsprechende Umgestaltung des internen Anreizsystems ist daher eines der ersten Projekte bei der
Einführung von bExpert.me. In Kapitel 5.2. erfolgt die Beschreibung der zugrundeliegenden
theoretischen Problemstellung, bevor auf mögliche wissenschaftlich fundierte Lösungsansätze zur
Bildung neuer Anreizstrukturen eingegangen wird.
Für eine qualitativ hochwertige und kundenorientierte Beratung ist außerdem ein vertrauensvolles
Verhältnis zwischen Kunde und Berater essentiell. Das bedeutet, dass bereits die Zuordnung des Beraters
zum Kunden passend gestaltet werden muss. Kapitel 5.3 widmet sich daher der Ausgestaltung einer
Methodik, Berater und Bankkunden möglichst langfristig erfolgreich im Rahmen der 1:1-Beratung
zusammen zu führen.
5.2 Anreizsysteme auf der Ebene Geschäftsmodell
Eine kundenorientierte und qualitativ hochwertige 1:1-Beratung soll die Kundenzufriedenheit und somit
den langfristigen Wert für den Kunden maximieren. Gleichzeitig ist das Interesse der Bank zu
berücksichtigen. Entscheidend ist dabei nicht die Maximierung der möglichen Beratungsintensität, da
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
41
diese sehr kostenintensiv ist und naturgemäß mit einem abnehmenden Grenznutzen einhergeht
(Neubauer, 1931). Stattdessen sollte die Beratungsleistung stets in Bezug zum daraus generierbaren Wert
gesehen werden. Die Umsetzung der Bankziele obliegt den Mitarbeitern, die jedoch nicht vollständig
kontrolliert werden können. Die beschriebene Konfliktsituation zwischen einem Arbeitgeber und einem
Arbeitnehmer wird als Prinzipal-Agenten-Problem bezeichnet und theoretisch in Kapitel 5.2.1 diskutiert.
In Kapitel 5.2.2 wird darauf aufbauend ein geeignetes Anreizsystem für den 1:1 Bankberater unter
Berücksichtigung des Expertenelements abgeleitet.
5.2.1 Darstellung des zugrundeliegenden Prinzipal-Agenten-Problems
„Delegation of a task to an agent who has different objectives than the principal who delegates this task is
problematic when information about the agent is imperfect“ (Laffont, 2002, S. 2). Diese Aussage
beschreibt den Kern der Prinzipal-Agenten-Theorie. Im Mittelpunkt steht der Interessenkonflikt zwischen
einem Auftraggeber, genannt Prinzipal, und dem Auftragnehmer, genannt Agent (Schreyögg, 2008, S.
360). Der Prinzipal übergibt eine Aufgabe, für die er entweder nicht das nötige Wissen oder die Zeit
besitzt, an den Agenten, der wiederum spezifische Kenntnisse oder Fähigkeiten hat und dafür eine
Vergütung bezieht (Kieser und Ebers, 2006, S. 258). Die zentrale Frage lautet dabei, wie der Prinzipal
den Agenten bestmöglich motivieren kann, um die gewünschte Handlung nach seiner Zielsetzung zu
erreichen (Sappington, 1991, S. 45). Bezogen auf bExpert.me entspricht der Prinzipal den
Entscheidungsträgern der Bank2, die wiederum die Interessen der Shareholder vertreten. Die Agenten
werden durch die Mitarbeiter verkörpert, im vorliegenden Problem reduziert auf die Bankberater. Die
Zielsetzung der Bank ist, im Einklang mit der Shareholder-Value orientierten Sichtweise, die langfristige
Unternehmenswertmaximierung (Rappaport, 1998). Die Zielerreichung erfordert dabei eine qualitativ
hochwertige Beratungsleistung und entsprechendes Engagement der Mitarbeiter.
Eine dem Modell zugrunde liegende Annahme ist, dass beide Akteure die eigene Nutzenmaximierung
verfolgen, wobei die Einstellung des Agenten als arbeitsavers angenommen wird (Kunz und Pfaff, 2001,
S. 227). Da ein Vorgesetzter das Verhalten oder die Leistung seines Mitarbeiters nicht umfassend
kontrollieren kann, kommt es gegebenenfalls zu sogenannten „Versteckten Handlungen“ (hidden action)
(Pavlou et al., 2007, S. 110). Der Agent verschafft sich unter Umständen einen Vorteil durch die
gegebenen Informationsasymmetrien, indem er beispielsweise weniger leistet oder Anstrengungen
vorspielt, um den Prinzipal zu täuschen (moral hazard) (Kieser und Ebers, 2006, S. 264). Auch der
innerhalb von bExpert.me betrachtete Bankberater verfolgt demnach seine individuelle
Nutzenmaximierung und stimmt sein Engagement darauf ab (Sandbiller et al., 1997a, S. 3f.).
Für die Minimierung der beschriebenen Informationsnachteile des Prinzipals existieren unterschiedliche
Maßnahmen. Neben erweiterten Kontrollen, Strafen oder dem Verbessern des Informationssystems, wird
2 Im Folgenden vereinfacht als die Bank bezeichnet; weiterführende Prinzipal-Agenten-Beziehungen, wie bspw.
zwischen den Aktionären, dem Vorstand und den Mitarbeitern, werden im Folgenden nicht betrachtet
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
42
hier vor allem die Einführung von finanziellen Anreizen genannt. Beispielsweise wird durch
Gewinnbeteiligung versucht, einen Ausgleich der Interessen zu schaffen und das opportunistische
Handeln des Agenten im Sinne des Prinzipals zu lenken, indem der Erfolg beider nun von derselben
Leistung bestimmt wird (Schreyögg, 2008, S. 361). Voraussetzung dafür ist, dass die verwendete
Ergebnisgröße einem bestimmten Mitarbeiter zugeordnet werden kann (Sandbiller et al., 1997a, S. 3).
Im Bankenbereich erfolgt die Angleichung der Berater-Zielsetzungen an die der Bank derzeit
überwiegend durch sogenannte Zielvorgabe- (Fondsonline, 2011, S. 1) oder Provisionssysteme, die als
Determinanten für einen variablen, erfolgsabhängigen Vergütungsbestandteil des Gehaltes eingesetzt
werden (Anclam-Rühle, 2009, S. 119f.). Laut einer Studie von Blüthgen et al. (2008, S. 18f.) erhalten
zum Beispiel Finanzberater Anteile der Transaktionskosten ihrer Kunden als Bonus zu ihrem Fixgehalt.
Damit haben sie einen Anreiz, ihren Kunden verstärkt zu Transaktionsaktivitäten zu raten. Detaillierte
Einblicke in diese Entlohnungssystematiken sind nicht möglich, aber auf Basis der durch die EBS
Business School durchgeführten Studie "Anlageberatung in Deutschland - The Bankers' View"
(Fondsonline, 2011, S. 1f.) kann davon ausgegangen werden, dass sich der variable Gehaltsanteil vor
allem anhand des Vertriebserfolges einzelner Produktkategorien misst. Im weit verbreiteten Filialsystem
der Banken liegt die Gewinn- bzw. Verlustverantwortung zudem vorwiegend bei den einzelnen Filialen
(Eistert et al., 2013, S. 9). Weder die Systematik der abschluss- und produktorientierten
Erfolgsbeteiligung noch die filialgebundene Gewinn- und Verlustverantwortung eignen sich für das
entwickelte Geschäftsmodell im Omni-Channel. Dies liegt daran, dass sich die damit einhergehende,
kurzfristige Incentivierung der Berater ausschließlich auf Offline-Produkte bezieht und starkes
Filialdenken im Vordergrund bleibt.
bExpert.me verfolgt eine innovative Systematik der Kundenberatung, die auch eines neuen Anreizsystems
bedarf: Der Kunde sucht sich nach seinen Präferenzen einen Berater aus. Dabei rückt die Etablierung
einer langfristigen Kundenbeziehung in den Fokus, weshalb nicht mehr die Filialstruktur oder das
Produktgeschäft, sondern die einzelne Berater-Kundenbeziehung incentiviert werden soll. Da durch
bExpert.me ein großer Teil des Produktangebots sowohl online als auch offline vertrieben wird, ist die
Zuordnung von Produktkäufen zu Bankberatern zusätzlich nur schwer möglich. Es soll daher nicht mehr
der periodenbezogene Produktvertrieb pro Berater, sondern viel mehr die Maximierung des langfristigen
und zukunftsorientierten Kundenwerts belohnt werden, wie in Kapitel 2.2 beschrieben. Ein zusätzliches
Element ist die Expertenberatung, die der individuelle Berater unter Umständen nicht leisten kann und
deswegen den Kunden an geschulte Kollegen weiterleitet. Für die Konzeption eines passenden
Anreizsystems, das sowohl ein optimales Engagement des Beraters, als auch des Experten erwarten lässt,
ergeben sich folgende Hauptfragestellungen:
1. Wie kann die Erfolgsbemessungsgrundlage für die variable Entlohnung der Bankberater im Omni-
Channel neu definiert werden?
2. Wie kann die Systematik der Kundenüberweisung zu einem Experten integriert werden?
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
43
Im nachfolgenden Kapitel wird auf die Beantwortung dieser Leitfragen, auf Basis eines Ansatzes von
Nault und Dexter (1994) sowie Sandbiller et al. (1997a; 1997b), eingegangen. Es soll aufgezeigt werden,
wie die Interessenskongruenz zwischen der Bank und den angestellten Beratern erreicht werden kann.
5.2.2 Lösung des Problems mithilfe des „IT-enabled ownership of customer“ Ansatzes
Eine Möglichkeit, die 1:1-Beratung in einem Anreizsystem adäquat abzubilden, basiert auf dem Prinzip
des „IT-enabled ownership of customer“ (OoC) nach Nault und Dexter (1994) und Nault (1996). Nault
(1996) schlägt explizit vor, das Modell, das im Originalbeitrag für Franchisenetzwerke entwickelt wurde,
auf das Dienstleistungsgeschäft zu übertragen. In seinem Ansatz steht die Unterhaltung einer langfristigen
Kundenbeziehung im Vordergrund (Nault, 1996, S. 233). Sandbiller et al. (1997a; 1997b) übertrugen
dieses Modell auf das Retail Banking, was im Folgenden als Lösungsvorschlag für die eingeführten
Leitfragen vorgestellt wird. Die im Beitrag genannten Anwendungsvoraussetzungen für das OoC-Prinzip
sind in der vorliegenden Problemstellung im Rahmen von bExpert.me erfüllt3, obwohl der
Forschungsbeitrag die Anreizgestaltung im Bereich Telefonbanking im Jahre 1997 adressiert. Da ein
strukturgleiches Problem vorliegt, ist der Beitrag dennoch für die vorliegende Problemstellung im
digitalen Umfeld von hoher Relevanz. Es soll hervorgehoben werden, dass durch eine umfassende IT-
Unterstützung Kundentransaktionen zu jeder Zeit identifiziert und zugeordnet werden können, was den
Begriff IT-enabled OoC rechtfertigt.
Die Bank verfolgt wie erläutert das Ziel der Gewinnmaximierung, die Berater streben nach ihrer
individuellen Nutzenmaximierung in Form ihres Gehaltes, wobei der damit verbundene Aufwand
(sogenanntes Arbeitsleid) im zugrunde liegenden Beitrag nicht expliziert modelliert wird. Der durch die
Kunden generierte Gewinn wird durch das individuelle Engagement des Beraters beeinflusst, welches für
die Bank nicht kontrollierbar ist. Es wird angenommen, dass der Berater über sein Engagement das
resultierende Ertragsvolumen steuern kann. Die Erfolgsbemessungsgrundlagen für die Anreizkomponente
des Beraters sind daher alle Transaktionen des oder der Kunden, die dem Berater zugeordnet wurden.
Dies ist unabhängig davon, ob der Berater selbst den Produktabschluss getätigt hat oder nicht (Sandbiller
et al., 1997a, S. 6ff.). Die Zuordnung der Abwicklungen erfolgt durch IT-Unterstützung. Der Berater hat
durch den Zusammenhang zwischen den Kundentransaktionen und seiner Erfolgsbemessungsgrundlage
einen Anreiz, seinen Kunden zu jeder Zeit optimal zu beraten und sein Engagement entsprechend
einzusetzen. Zeitgleich hat der Berater auch einen Anreiz, mit dem Kunden eine langfristig
wertorientierte Beziehung aufzubauen, da auch seine künftigen Erfolge von seinem Kunden und dessen
Kundenwert (operationalisiert durch den CLV, wie in Kapitel 2.2 beschrieben) abhängen werden. Die
Zielfunktion der Bank ist so kongruent zu der des Beraters - gegeben identischer Kalkulationsparameter
wie zum Beispiel einem einheitlichen, langfristigen Zeithorizont. Übertragen auf bExpert.me bedeutet
dies, dass die Zuordnung einer Kundentransaktion zum jeweiligen Berater unabhängig davon erfolgt, in
3 Siehe Anhang 1.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
44
welchem Kanal der Abschluss getätigt wird. Damit ist Leitfrage eins nach der
Erfolgsbemessungsgrundlage, als Basis der variablen Lohnkomponente, für Bankberater beantwortet. Sie
wird durch alle getätigten Transaktionen des Kunden, der einem Berater zugeordnet ist, und eventuell
damit verbundenen Zielvorgaben bestimmt. Die detaillierte Ausgestaltung der Bonuskomponente obliegt
dabei der Bank, in der folgenden Weiterentwicklung wird aus Komplexitätsgründen von einer Provision4
als Anreizkomponente ausgegangen.
Im Falle einer ausschließlich bilateralen Interaktion zwischen Kunde und Berater führt die bis hierhin
geschilderte Anreizsystematik im Modell zur Zielkongruenz zwischen Bank und Berater. Betrachtet man
aber die Möglichkeit der Einbeziehung eines Experten, müssen zusätzlich Komponenten berücksichtigt
werden. Denn ein Experte hätte keinerlei Anreiz, den Kunden eines anderen Beraters optimal zu
unterstützen, würde er dafür keine entsprechende Entlohnung erhalten. Dieses Problem lösen Sandbiller
et al. (1997a, S. 11; 1997b) über ein analytisches Vorgehen für die Situation einer Kundenberatung unter
Einbeziehung genau eines Beraters und eines Experten Sie schlagen auf Basis des OoC-Ansatzes
folgende Berechnung zur Entlohnung des Beraters vor, welche dieser zu maximieren versucht
5:
Das Gehalt des Beraters setzt sich aus einem beraterspezifischen Fixgehalt sowie variablen
erfolgsabhängigen Komponenten zusammen. Der Berater übt, wie diskutiert, über sein spezifisches
Engagement im Intervall [ ] Einfluss auf das generierte Ertragspotential aus. Das
Ertragsvolumen, das der Berater über einen seiner zugeordneten Kunden selbst generiert, wird als
gekennzeichnet. Der Berater erhält davon einen Provisionsanteil m. Entsteht der Ertrag als Folge einer
externen Beratung durch den Experten j, entsteht das sogenannte exportierte Volumen , von dem
der Berater den Anteil erhält und der Experte den Anteil . Fungiert der betrachtete Berater i
selbst als Experte für den Kunden eines anderen Beraters, entfällt der Anteil auf Berater . Die
Systematik der Kundenüberweisung zu einem Experten kann also über einen Transferanteil der
Bonuszahlung von Berater zu Experte integriert werden, indem die Ertragsgenerierung im Rahmen einer
Expertenberatung sowohl dem Berater als auch dem Experten zugeordnet wird. Die Provisionsanteile
und werden unternehmensweit und produktunabhängig als konstant angenommen (Sandbiller et al.,
1997b, S. 4ff.). Informationsasymmetrien liegen in diesem Kontext dahingehend vor, dass der Prinzipal
das Auftragsvolumen , aber nicht das jeweilige Beraterengagement beobachten kann.
4 Provision wird hier als anteilsmäßige Entlohnung an generierten Ertragsvolumen verstanden.
5 In Anlehnung an das mathematisches Modell von Sandbiller et al. (1997a) - Kosten werden nicht berücksichtigt,
da eine Kostenbetrachtung für das vorliegende Problem nicht relevant ist. Der Begriff Kosten bezieht sich im
Beitrag von Sandbiller et al. nicht auf das Arbeitsleid des Agenten, sondern auf die variablen Kosten der
Arbeitserbringung für den Prinzipal, wie zum Beispiel Telefongebühren.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
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Der Transferparameter soll nun so gewählt werden, dass es zur übergeordneten Profit- und
Wertmaximierung für die Bank kommt. Am Beispiel bExpert.me muss unter wertorientierten
Gesichtspunkten berücksichtigt werden, dass der Experte, auch wenn er nicht langfristiger persönlicher
Berater des Kunden ist, einen großen Einfluss auf dessen Gesamtbild der Bank hat. Nur eine optimale
kundenorientierte Beratung, sowohl durch den 1:1-Berater als auch durch den hinzugezogenen Experten,
kann gewährleisten, dass der CLV des Kunden maximiert wird. Entsprechend muss der Experte für seine
Beratungsleistung entlohnt werden. Bei der Bestimmung der Transferrate ist den Faktoren Loyalität und
Kundenzufriedenheit ein hoher Stellenwert beizumessen. Im Rahmen einer möglichen Modellerweiterung
kann modelliert werden, dass die Kundenzufriedenheit sowohl von dem individuellen Berater, als auch
von dem hinzugezogenen Experten abhängt. Die explizite Modellierung dieser gegenseitigen
Abhängigkeiten zur Identifikation des Transferparameters ist nicht Fokus dieser Arbeit, da dieser unter
anderem von spezifischen bankinternen und schwer generalisierbaren Parametern, wie zum Beispiel der
Machtdistanz zwischen dem Berater und dem Experten, abhängt. Die explizite Bestimmung der
Transferrate ist als mögliche Erweiterung und Ergänzung zu sehen.
Die gezeigte mathematische Modellierung der Problemstellung diente in erster Linie zur
Veranschaulichung der Abhängigkeiten im betrachteten Entlohnungsmodell und nicht zur Generierung
eines universal gültigen Anreizsystems. Bei Anwendung des Forschungsansatzes auf bExpert.me sind
spezifische Charakteristika in diesen vorgestellten Ansatz zu integrieren und notwendige Anpassungen
vorzunehmen. Ein Beispiel für eine weitere sinnhafte Modellerweiterung ist die Integration des
Arbeitsleids auf Seiten des Beraters, die in dem vorgestellten Modellsetting ausgeblendet wird. Der
Begriff Arbeitsleid beschreibt die grundsätzlich arbeitsaverse Einstellung des Agenten (Kunz und Pfaff,
2001, S. 277). Dies bedeutet, dass der Agent tendenziell immer versucht, die Anstrengungen so gering
wie möglich zu halten und von Arbeitsvermeidung zu profitieren (Frey, 1997, S. 428). Eine in der
Hinsicht erweiterte Nutzenfunktion fokussiert nicht nur ausschließlich den Gewinn, sondern integriert
auch den für den Agenten anfallenden Disnutzen der Arbeitserbringung. Die Berücksichtigung dieses
Trade-offs zwischen Aufwand und Gehalt könnte zusätzliche Einblicke in das optimale
Entlohnungsschema einer Retail Bank erlauben.
Obwohl das vorgestellte Modell die Realität nur eingeschränkt widerspiegelt, stellt es eine Basis zur
Gestaltung und Verbesserung des Anreizsystems in Banken dar und liefert einen theoretisch fundierten
ökonomischen Ansatz mit hoher Praxisrelevanz.
5.3 Matching Algorithmus auf der Ebene Geschäftsprozesse
Neben der beschriebenen Incentivierung ist bei der ganzheitlichen Beratung durch einen zentralen
persönlichen Ansprechpartner auch die Zuordnung der Berater auf Kunden durch ein Beratercasting zu
untersuchen. Innerhalb des klassischen offline Privatkundengeschäfts entsteht eine Beraterbeziehung auf
vielfältige Art und Weise. So werden Kunden zum Beispiel häufig an einen bestimmten Berater
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weiterempfohlen, oder die Betreuungsbeziehung ergibt sich zufällig als Teil des ersten Filialbesuches. Im
Rahmen von bExpert.me ist die Möglichkeit einer Entstehung des Betreuungsverhältnisses über den
Online-Kanal durch ein Beratercasting zu berücksichtigen. Im Folgenden werden relevante
Matchingkriterien bei der Umsetzung des Beratercastings identifiziert und eine mögliche Lösung durch
„Recommender Systems“ aufgezeigt.
5.3.1 Darstellung des Zuordnungsproblems im Rahmen des Beratercastings
Bestehende und neu entstehende Beziehungen innerhalb des Kommunikations- und Vertriebskanals
Filiale können ohne weitere Einschränkung in den Online-Kanal von bExpert.me migriert werden. Die
Entstehung einer 1:1-Betreuung über das Online-Portal stellt allerdings eine Herausforderung dar. So ist
zunächst nicht klar, wie ein online akquirierter Kunde einem Experten aus dem Beraterbestand der Bank
zugewiesen werden soll. Zwar entscheidet der Kunde beim Beratercasting letztendlich selbst über seinen
Favoriten, jedoch unterliegt die Vorauswahl der Bank und muss unter vorsichtiger Abwägung
verschiedener Kriterien getroffen werden. Im Wesentlichen müssen Wünsche und Bedürfnisse des
Kunden optimal mit den Kenntnissen, der Erfahrung und weiteren Eigenschaften des Beraters gepaart
werden. Die folgende Tabelle stellt den wichtigsten Kundenpräferenzen und -charakteristika die
entsprechenden Eigenschaften des Beraters gegenüber.
Kunde Berater
Erwarteter Beratungsbedarf Verfügbarkeit/Kapazität
Erwartete Produktnachfrage Know-how
Bedarf nach regionaler Präsenz Stammfiliale
Customer Lifetime Value Seniorität und Erfahrung
Tabelle 1 Gegenüberstellung von Kundenpräferenzen und -charakteristika und Beratereigenschaften
Darüber hinaus sind auch die lang- und kurzfristigen strategischen Ziele der Bank in ihrer Gesamtheit für
ein optimales Matching von Kunde und Berater heranzuziehen. Insbesondere muss für eine faire und an
dem in Kapitel 5.2 eingeführten Incentivierungssystem ausgerichtete Verteilung von Kunden unter den
zur Verfügung stehenden Beratern gesorgt werden. Entscheidend ist hier, dass jeder Berater die
Möglichkeit bekommt, wertvolle Kunden online zu akquirieren ohne sein bestehendes Kundenportfolio
zu vernachlässigen.
5.3.2 Lösung des Zuordnungsproblems durch einen Nutzenbasierten Empfehlungsdienst
Das optimale Matching von Kunde und Berater lässt sich im Wesentlichen auf die Entwicklung und
Ausgestaltung eines automatisierten Empfehlungsdienstes zurückführen. Dies ist eine Klasse von
Algorithmen, deren Ziel es ist, Prognosen über die Präferenzen eines Nutzers zu treffen (Ricci et al.,
2011, S. 515). Sie sind bereits fester Bestandteil der meisten Online-Shops und leiten dort in Echtzeit
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individuelle Produktempfehlungen ab. Auf diese Art wird dem Kunden zum einen das Auffinden von für
ihn relevanten Produkten aus der potenziell überwältigenden Anzahl an Angeboten erleichtert. Zum
anderen wird der Online-Auftritt dadurch stark personalisiert, um gezielt Kaufanreize zu setzen (Wie et
al., 2007). Es existiert eine Vielzahl an Ansätzen zur Ableitung von solchen Produktempfehlungen,
welche sich maßgeblich im Vorgehen und der benötigten Datengrundlage unterscheiden (Ricci et al.,
2011, S. 7).
Für ein optimales Matching von Kunde und Berater innerhalb von bExpert.me eignen sich nutzenbasierte
Empfehlungsdienste in besonderem Maße, wie im Folgenden dargestellt wird. Zentrales Element dieser
Klasse von Empfehlungsdiensten ist eine Kundennutzenfunktion, anhand welcher eine individuelle
Empfehlung durch einfache Maximierung hergeleitet wird. Die persönliche Nutzenfunktion muss
zunächst durch sogenannte „Preference-Elicitation Methods“ approximiert werden, da sie nicht direkt
beobachtbar ist (Huang, 2011). Dazu kann ein Interview- oder Beispiel-basiertes Tool genutzt werden,
mit dessen Hilfe die individuellen Ausprägungen der verschiedenen Dimensionen der Kundenpräferenz
direkt beim Nutzer abgefragt werden. Die Einführung eines nutzenbasierten Empfehlungsdienstes hält
eine Vielzahl an Vorteilen für die Bank bereit. So kann zum Beispiel spezifisches Vertriebs- und
Beratungs-Know-how in das Design des „Preference-Elicitation“ Tools einfließen. Auf diese Weise wird
bestehendes Expertenwissen zielgerichtet und wertschöpfend online genutzt und kann durch die
Anwendung von Data-Mining Methoden zusätzlich ergänzt werden. Des Weiteren kann ein solcher
Dienst in der Regel ohne Investitionen in neue IT-Infrastruktur implementiert und automatisiert werden.
Ebenfalls denkbar ist die weiterführende Verwendung der approximativen Kundennutzenfunktion zur
individuellen Ausgestaltung des Online-Portals und zur personalisierten Angebotserstellung.
Liegt eine Approximation der Kundennutzenfunktion vor, lässt sich das beschriebene Problem
vom optimalen Matching von einem Kunden zu einem der verfügbaren Experten bis auf das
gleichzeitige Maximieren des geschätzten Kundennutzen , der sich aus einer Paarung mit dem
Berater ergibt, und des entstehenden Nutzen für die Bank zurückführen. Für bExpert.me
wurde analog die folgende Optimierungsfunktion aufgestellt6:
Der Faktor dient zur Steuerung des Einflusses des Banknutzens auf die Zielfunktion, wobei
ein höheres mit einer höheren Gewichtung des Banknutzens einhergeht. Anhand der Funktion wird
ersichtlich, wie nutzenbasierte Empfehlungsdienste es der Bank erlauben, die zwei möglicherweise
konkurrierenden Ziele von Kundenzufriedenheit und Geschäftsstrategie elegant miteinander zu vereinen.
6 In Anhang 2 werden die Funktionselemente systematisch dargestellt.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
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Das beschriebene Optimierungsproblem besitzt einen endlichen und in der Regel kleinen Lösungsraum.
Aus diesem Grund bietet sich zur Identifikation des besten Matchings direkt die vollständige Enumeration
an.
Komplizierter als das Auffinden einer Lösung gestaltet sich die Auswahl und Ausgestaltung einer
geeigneten „Preference-Elicitation“ Methode zur Approximation der Kundennutzenfunktion. Die
entscheidende Herausforderung an dieser Stelle ist der Trade-off zwischen der gewünschten Güte der
Approximation und dem Aufwand für den Kunden, die nötigen Informationen bereitzustellen. Die
Erstellung eines Interview Tools, welches die Bedürfnisse des Kunden ähnlich eines ersten
Beratungsgespräches gezielt eruiert, ist hierbei zentraler Forschungsgegenstand. Auch die Einbeziehung
bereits vorhandener Informationen über den Kunden - wie zum Beispiel Alter, Beruf und Familienstand -
zur vorgeschalteten Reduktion der Komplexität des Fragenkatalogs kann an dieser Stelle in Betracht
gezogen werden.
Ähnlich herausfordernd gestaltet sich die Synthese einer Banknutzenfunktion aus den strategischen Zielen
der Organisation und unter der Maxime der langfristigen Unternehmenswertmaximierung. Den
Opportunitätskosten, welche durch die Bindung eines Beraters an einen Kunden entstehen und die
insbesondere bei Beratern mit entsprechender Seniorität hoch sind, muss der erwartete spezifische
Wertbeitrag dieser Paarung gegenübergestellt werden. Darüber hinaus sollte auch die bereits vorgestellte
Incentivierungsproblematik in die Bewertung einfließen.
Bei Verwendung des Forschungsansatzes im Rahmen von bExpert.me sind spezifische Nutzenfunktionen
zu definieren. Außerdem ist die Kalibrierung des Optimierungsproblems über den Faktor , welcher eine
einfache und dynamische Möglichkeit zum zentralen Eingriff in den Matchingalgorithmus bietet, zu
untersuchen.
6. Ergebnisse und Ausblick
Der Wind der Veränderung bedroht die Retail Banken in Deutschland und ist teils schon zum digitalen
Sturm geworden. Die Wettbewerbsintensivierung durch Direktbanken, Start-Ups und Internetriesen und
die sich wandelnden und immer individuelleren Kundenbedürfnisse zwingen traditionellen Banken zum
Umdenken. Diese müssen sich dabei nicht nur in der aktuellen Dynamik behaupten und reagieren,
sondern zukünftig auch gestalterisch tätig werden.
Dies kann den Banken nur dann gelingen, wenn Innovationen nicht mehr nur als eine externe Bedrohung
betrachtet, sondern deren Potential zur Anpassung an neue Herausforderungen und Möglichkeiten zur
Etablierung neuer Geschäftsmodelle analysiert und genutzt werden. Das IKS-4-Ebenenmodell bildet
durch die ganzheitliche und integrierte Betrachtung von Geschäftsmodell, Geschäftsprozessen, Services
und Infrastruktur ein nützliches Rahmenwerk um zu verstehen, unter welchen Voraussetzungen eine
Innovation erfolgreich am Markt etabliert werden kann.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
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Das visionäre Geschäftsmodell bExpert.me wurde anhand der Erkenntnisse aus einer ebensolchen
Analyse konzeptioniert, an Trends und Herausforderungen auf Kunden- und Bankenseite kalibriert und
auf die Erfüllung definierter Erfolgsfaktoren überprüft. bExpert.me positioniert sich zwischen klassischer
Filialbank und rein digitaler Bank. Die Vision vereint bereits erfolgreiche Modelle aus dem Banken- und
Nichtbankenbereich, verzichtet als inkrementelle Innovation aber auf einen radikalen Umbruch des
traditionellen Geschäftsmodells. Vielmehr sollen die etablierten Kernkompetenzen fokussiert und
weiterentwickelt und damit dem oftmals verstaubten Image und Geschäftsmodell der Retail Banken neuer
Glanz verliehen werden.
In ihrer Kombination gestalten vier Bausteine das vielversprechende Geschäftsmodell hinter bExpert.me:
die 1:1-Beratung im Omni-Channel, modulare Banking Applikationen (bApps), ein geschütztes online
Diskussions-Forum für Kunden und ein Marktplatz zur Integration externer Dienstleister. Im Gegensatz
zu der Vielzahl in Wissenschaft und Praxis vorgeschlagener fragmentierter Produktinnovationen stellt
bExpert.me ein umfassendes Entwicklungskonzept für Retail Banken dar. Das zentrale Wertversprechen
der klassischen Retail Bank, nämliche eine umfassende Beratung, wird erneuert und gefestigt, während
über den Marktplatz neue Geschäftsmodellinnovationen und damit auch neue Ertragsquellen integriert
werden können. Auf diese Weise wird mittels „langfristiger Gestaltung statt kurzfristiger
Reaktionen“ dauerhaft Wert generiert. Der Kunde steht dabei immer im Mittelpunkt.
Das Aufgreifen und Instrumentalisieren des Digitalisierungstrends bedeutet dabei keinesfalls die
Entpersonalisierung des Bankerlebnisses - ganz im Gegenteil: Die persönlich Beratung steht als
Alleinstellungsmerkmal im Fokus, wird weiterentwickelt und in ihrer Funktion als Bindeglied zwischen
den Kanälen gestärkt - ganz gemäß der Maxime „Digitale Verknüpfung statt Entpersonalisierung“.
Da sich der Wunsch nach Digitalisierung jedoch nicht homogen durch alle Kundensegmente zieht,
müssen die Vorstellungen heterogener Kundengruppen dezidiert angesprochen werden, um am Markt
bestehen zu können. bExpert.me ermöglicht es daher jedem Kunden individuell, seinen präferierten
Digitalisierungs- und Individualisierungsgrad zu wählen. Nicht die Bank setzt dem Kunden ein konkretes
digitales oder physisches Produkt- und Servicepaket vor, sondern dieser wählt selbst:
„Entscheidungsfreiheit statt Diktum“. „Exit-Barriers“ und „Lock-In“ Effekte stellen dabei sicher, dass
Kunden auch in späteren Lebensphasen und bei wechselnden Bedürfnissen auf das Angebot der Plattform
zurückgreifen.
Auf Basis des IKS-4-Ebenenmodells wurden mögliche Einführungs- und Umsetzungsprobleme von
bExpert.me anhand einer sogenannten Implementierungsmatrix strukturiert erfasst und im Anschluss
mögliche wissenschaftliche Lösungsmethoden sowie Best Practices zur Adressierung strukturgleicher
Problemstellungen aus anderen Branchen und Geschäftsfeldern aufzeigt. Beispielhaft wurden im
Anschluss zwei strategisch zentrale Forschungsfragen adressiert, die sich mit Herausforderungen der
neuartigen Systematik zur Fokussierung auf die persönliche Kundenbetreuung befasst. Dazu wurden
Forschungsansätze aus den Gebieten Prinzipal-Agenten-Theorie und automatisierte Empfehlungsdienste
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
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genutzt, um entsprechend Lösungsansätze zu identifizieren. Da der 1:1-Kundenberater als zentrales
Bindeglied zwischen dem Online- und dem Offline-Kanal fungiert und damit bei bExpert.me eine
Schlüsselrolle einnimmt, wurde zunächst die Priorität auf die effiziente Einführung der 1:1-Beratung
gelegt. Im Folgenden gilt es, die verbleibenden Herausforderungen, aufgezeigt in der
Implementierungsmatrix, ebenso detailliert zu spezifizieren und sinnhaft zu adressieren.
Obwohl der Paradigmenwechsel im Retail Banking nicht mehr zu stoppen ist, darf der Drang nach
Digitalisierung nicht zur Strategie werden, sondern muss begleitend zur physischen Welt als Werkzeug
dienen, das ursprüngliche Wertversprechen einer Bank zu stärken und auf innovative Art und Weise zu
erfüllen.
Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
VII
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Beitrag zum Postbank Finance Award 2014
XV
Anhang
Anhang 1 Anwendungsvoraussetzungen des IT-enabled OoC Prinzips und deren Ausprägungen im
Rahmen von bExpert.me
1. “There is a single central authority and many members” (Nault, 1996, Seite 225): Die zentrale
Instanz ist im vorliegenden Fall die Bank, die Mitglieder werden durch die Bankberater verkörpert.
2. „The central authority can collect a royalty for goods or services”(Nault, 1996, Seite 225): Der
entsprechende Service ergibt sich aus der Beratungsleistung der Mitarbeiter für den die Bank
Provision oder Gebühren verlangen kann.
3. “Transfers between members of all or part of a profit margin are possible” (Nault, 1996, Seite 225):
Die Übertragung von Boni zwischen Mitarbeitern ist denkbar.
4. “Ownership of each and every individual customer can be uniquely established” (Nault, 1996, Seite
225): Durch die Systematik des Beratercastings ist die eindeutige Zuordnung gegeben.
5. “For each customer transaction the identities of the owner and server of the customer can be
verified” (Nault, 1996, Seite 225): Über eine umfassende IT-Unterstützungkönnen
Kundentransaktionen zu jeder Zeit identifiziert und zugeordnet werden.
Anhang 2 Funktionselemente des Nutzenbasierten Empfehlungsdienstes im Beratercasting
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