Unterbezahlt Und Überfordert Lehrkräfte in Integrationskursen

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  • 7/26/2019 Unterbezahlt Und berfordert Lehrkrfte in Integrationskursen

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    Unterbezahlt und berfordert: Lehrkrfte in Integrationskursen

    Lehrkrfte in Integrationskursen nehmen angesichts der Migrantenzahlen

    immer mehr Aufgaben wahr. Aber die Arbeitsbedingungen sind nicht

    erfreulich, der Verdienst gering besonders fr Freiberufler.

    Deutschland steht vor einer groen Herausforderung: Mehr als eine Million Menschen, die

    vor Krieg und Verfolgung nach Deutschland geflchtet sind und hier Asyl bekommen haben,

    mssen in die Gesellschaft integriert werden. Dazu gehren nicht nur die Vermittlung etwa

    von Geschichte, Kultur, dem demokratischen Grundverstndnis, sondern vor allem der

    deutschen Sprache. Eine sehr wichtige Aufgabe, die derzeit mehr als 20.000 Dozentinnenund Dozenten bernehmen, die bundesweit im Auftrag des Bundesinnenministeriums an

    verschiedenen Bildungseinrichtungen unterrichten etwa an Volkshochschulen, in

    Vereinen oder bei Wohlfahrtsorganisationen wie beispielsweise dem Deutschen Roten

    Kreuz oder der Arbeiterwohlfahrt. Doch die meisten dieser Lehrkrfte sind nicht

    festangestellt, sondern freiberuflich ttig. Das hat mehrere Nachteile, zu denen vor allem die

    geringe Bezahlung gehrt. Fr Lehrkrfte ist die Situation, wie Corinna Becker, die als

    Dozentin fr Integrationskurse arbeitet, deutlich macht, nicht sehr angenehm:

    Na ja, also sehr prekr. Das ist ja so, dass es den meisten ne Herzensangelegenheit

    ist, und sie das gerne machen. Sonst kann man das auch nicht machen. Viele stocken auf,also zumindest in den Kursferienzeiten, wenn wirVerdienstausfallhaben. Und viele

    lebenhalt aufeinem sehr niedrigen Niveau. Und dann gibt es bestimmt auch einige,

    die in ner Partnerschaft leben, wo es einen Doppelverdienstgibt und wo sie jetzt nicht

    unbedingt darauf angewiesensind.

    Dass Sprach-und Integrationskurse noch stattfinden, hat laut Corinna Becker hauptschlich

    damit zu tun, dass es den Dozentinnen und Dozenten eine Herzensangelegenheitist. Sie

    tun es gern, weil sie helfen wollen. Denn von der Dozententtigkeit leben knnen sehr viele

    nicht. Ihre Situation ist prekr, problematisch und instabil, weil etwa der Verdienst niedrig

    ist. So werden die Lehrkrfte whrend der Ferien die Lehrkrfte nicht bezahlt, haben alsoeinenVerdienstausfall, ebenso, wenn Kurse nicht zustande kommen. Werden sie krank,

    wird ihnen fr die Zeit kein Honorar gezahlt. Deshalb mssen sie aufstocken, also mit

    einem anderen Job noch Geld dazuverdienen. Und sie lebenaufeinem sehr niedrigen

    Niveau, knnen sich nicht viel leisten. Es gibt aber auch Lehrkrfte, die von ihrem

    Verdienst nicht leben mssen, nicht darauf angewiesensind. Meist sind das Personen,

    deren Partner ein regelmiges Einkommen haben, wo es also einen Doppelverdienst

    gibt. Derzeit erhalten freiberufliche Dozentinnen und Dozenten durchschnittlich etwa 23

    Euro pro Unterrichtsstunde. Nur das Goethe-Institut und Volkshochschulen in greren

    Stdten zahlen besser. Von diesem Geld mssen noch Steuern und Beitrge zur

    Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung gezahlt werden. Nach Abzug von Steuern

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    und Versicherungsbeitrgen bleibt ein Nettoeinkommen von rund 14.145 Euro pro Jahr das macht im Monat 1178 Euro. Das hat der Bonner Offene Kreis, ein Zusammenschluss

    engagierter Lehrkrfte fr Deutsch als Fremdsprache beziehungsweise Deutsch als

    Zweitsprache, in einer Modellrechnung errechnet. Zu den schlechten Arbeitsbedingungen

    trgt auch bei, dass es eine Vielzahl von Einrichtungen gibt, die in Deutschland

    Integrationskurse anbieten. Rund 1400 waren es nach Angaben des Bundesamtes fr

    Migration und Flchtlingeim Jahr 2015. Die Bundesbehrde entscheidet unter

    anderem ber Asylantrge, ist fr die formale und inhaltliche Ausgestaltung der

    Integrationskurse sowie die berufsbezogene Frderung der Deutschkenntnisse von

    Migranten verantwortlich. Die Arbeitsbedingungen der Integrationslehrkrfte haben sich

    nach Aussage von Corinna Becker zuletzt weiter verschlechtert:

    Insofern, dass beispielsweise Qualifizierungsmanahmen fr uns vom Bundesamt fr

    Migration und Flchtlingegestrichenwurden. Beispielsweise unterrichten wir in

    Alphabetisierungskursenteilweise, weil viele Leute hierherkommen, die entweder keine

    Schule besucht haben oder die Zweitschrifterwerblersind, das heit, die unsere

    Schriftzeichen erst lernen mssen. Das ist eigentlich sehr wichtig, da ne

    Weiterqualifizierung zu haben, weil das noch mal sehr weit darber hinausgeht, was der

    normale Deutschunterricht ist.

    Die Lehrkrfte werden laut Corinna Becker mit zustzlichen Aufgaben konfrontiert: Unterden Migrantinnen und Migranten sind sehr viele, die Analphabeten sind, also weder

    schreiben noch lesen knnen, beziehungsweise Zweitschrifterwerblersind, weil sie

    beispielsweise nur arabische Schriftzeichen kennen und die lateinischen noch lernen

    mssen. Das geschieht in sogenanntenAlphabetisierungskursen. Nur sind nicht alle

    Lehrkrfte darin geschult, sie mssten sich hier zustzlich qualifizieren, Kenntnisse

    erwerben. Allerdings hat das Bundesamt nach Angaben von Corinna Becker die Mittel dafr

    gestrichen, stellt kein Geld mehr dafr zur Verfgung. Neben der geringen Bezahlung, der

    unterschiedlichen Zusammensetzung der Kurse, der Heterogenitt, bereitet den

    Lehrkrften noch ein weiterer Punkt Schwierigkeiten, so Corinna Becker:

    Zum andern wurden die Teilnehmerzahlen in den Kursen erhhtin den

    Integrationskursen von 20 auf 25 Teilnehmer. Das klingt jetzt vielleicht nicht so viel, es ist

    aber sehr viel fr uns, weil die Gruppen eh schon sehr heterogensind, was beispielsweise

    das Lerntempo betrifft.

    Die freiberuflichen Dozentinnen und Dozenten sind entscheidende Bindeglieder zwischen

    den Migranten und der neuen Heimat. In ihrem Honorar und den Arbeitsbedingungen

    finden sie spiegelt sich das noch nicht wider.

    Autorinnen: Kersten Knipp, Fidaniya Mukhamadieva

    Redaktion: Beatrice Warken

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    ArbeitsauftragPersonen, die Asyl in Deutschland erhalten haben, mssen unter anderem Deutsch lernen

    und Integrationskurse besuchen. Informiert euch in Kleingruppen auf der Seite des

    Bundesamtes fr Migration und Flchtlinge (BAMF):http://bit.ly/1emOxSU, welche

    Bestimmungen es gibt. Tragt eure Ergebnisse in eurer Lerngruppe zusammen.

    http://bit.ly/1emOxSUhttp://bit.ly/1emOxSUhttp://bit.ly/1emOxSUhttp://bit.ly/1emOxSU