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112 Mittheilung aus dem organisohen Laboratorium der Technisohen Hochschule zu Aachen. Untersuchungen ttber die Constitution des Kanqhers 1111tl seiner Derivate; roil J. Bredt. [S c c 11 s t e A b h a 11 dl 11 n gl). 1 (ISiiigclaufrii am 18. October 1899.) C'eber Camp~ienilnnal(1ehyd und Camphcnilanstlurc : \on ,J. Bwdt und W. Jagelki. l?tardZ) und \or ihm Carstanjen.') habcn durch cine Heihe von Untersuchungen die Wirkung des Chroniylchlorids ') auf Verbindungen dcr aromatischen und aliphatisclien lteihe keuneii gelehrt. E t a r d kam zu dem Schlusse, dass das Chro- mylchlorid die nicrkwurdige Eigenschaft besitie , RIetbyle in Seitenketten aromatischcr Iiohlenwasscrstoffc in Aldehydgruppen tiberzufuhrcn. Dabei bildet dcr Kohlenwasserstoff zuuachst mit zwei blolekiilen Chromylchlorid ein Zwischenproduct, in welchcm die beidcn Molekiile Chromylchlorid sich in folgender Wcisc an das Methyl anlagrrn : I) Yriiliere i~litth~*ilungeir: Jjiese .Airiialc~r 226, 24'3; 2WO. 1: 298, 6.5: 290, I31 ; Uer. d. deutscli. rhcm. Gcs. 18, L'Yfi!); 26, 301i; 27, 20'32; 2S, 316. ?) Compt, rerid. 8,1, 127; r36, 989; 90, 34; Iler. d. tleutscli. clrrm. Ges. 10, 236, 496, 736, 1172; 12, 87.3; 13, 930; 11, 848: Null. SOC. cliiru. 121 27, 249: Ann. chim. pliss. 151 22, 218. ') Uer. d. deutscli. (:hem. Ges. 2, 632; dourii. f. pact. Chm. 107, 331. ') I)amiiier, Aiiorg. Clicin. 111, 541.

Untersuchungen über die Constitution des Kamphers und seiner Derivate. Ueber Camphenilanaldehyd und Camphenilansäure

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Page 1: Untersuchungen über die Constitution des Kamphers und seiner Derivate. Ueber Camphenilanaldehyd und Camphenilansäure

112

Mittheilung aus dem organisohen Laboratorium der Technisohen Hochschule zu Aachen.

Untersuchungen ttber die Constitution des Kanqhers 1111tl seiner Derivate;

roil J. Bredt .

[S c c 11 s t e A b h a 11 d l 11 n gl). 1 (ISiiigclaufrii am 18. October 1899.)

C'eber Camp~ienilnnal(1ehyd und Camphcnilanstlurc : \on ,J. Bwdt und W. Jagelki.

l ? t a r d Z ) und \or ihm C a r s t a n j e n . ' ) habcn durch cine Heihe von Untersuchungen die Wirkung des Chroniylchlorids ') auf Verbindungen dcr aromatischen und aliphatisclien lteihe keuneii gelehrt. E t a r d kam zu dem Schlusse, dass das Chro- mylchlorid die nicrkwurdige Eigenschaft besitie , RIetbyle in Seitenketten aromatischcr Iiohlenwasscrstoffc in Aldehydgruppen tiberzufuhrcn. Dabei bildet dcr Kohlenwasserstoff zuuachst mit zwei blolekiilen Chromylchlorid ein Zwischenproduct, in welchcm die beidcn Molekiile Chromylchlorid sich in folgender Wcisc an das Methyl anlagrrn :

I) Yriiliere i~litth~*ilungeir: Jjiese .Airiialc~r 226, 24'3; 2WO. 1: 298, 6.5: 290, I31 ; Uer. d. deutscli. rhcm. G c s . 18, L'Yfi!); 26, 301i ; 27, 20'32; 2S, 316.

?) Compt, rerid. 8,1, 127; r36, 989; 90, 3 4 ; Iler. d. tleutscli. clrrm. Ges. 10, 236, 496, 736, 1172; 12, 87.3; 13, 930; 1 1 , 848: Null. SOC. cliiru. 121 27, 249: Ann. chim. pliss. 151 22, 218.

') Uer. d. deutscli. (:hem. Ges. 2, 632; dourii. f. pact. C h m . 107, 331.

') I ) a m i i i e r , Aiiorg. Clicin. 111, 541.

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B r e d t ,umi J a g e l k i , C‘ampl~e,l.ilanaldelryd und -saure. 113

(.HO)\

0 ,CrC1,

I{.CH, $. P CrUi(12 = ILCH’ \,A

9

)CrCl, (HO)

durch Einwirkung von Kasser wird diese Doppelverbindung leicht zersetzt unter Biltlung yon Aldehyd, Chromsiiure, Chrom- oryd und Salzsliurc bezw. Chromchlorid nach der Gleichung :

3[K.(:H,(CrO,CI,),] f 3H,O = 3RCOEl f PCrO, f 2Cr303 + 12IICI.

Zahlreichc von anderer Seite 5, sprterhin ausgeftihrto Ver- suche haben jedoch ergeben, dass die Etard’sche liege1 keines- wegs allgemein gultig ist, da bei der Oxgdation von aroma- tischen Kohlenwsserstoffen mit Iangerer Seitenkette neben Aldehyden auch Ketone entstehen.

E t a r d liess unter anderem auch auf Camphen Chromyl- chlorid einwirken 6, und erhielt h u t seiuen Angabeu einen Aldehyd von der empirischen Zusammensetzung C,,HIAO und daraus die entsprechendc Saure C,,,H,,O, , die e r Camphensiiure benaunte. Seiner Vorstellung nach war die Sliurc eine Ver- bindung yon der rationellen Formel :

welche zur I)ih~dro-p-methSlhydratropasaurc in naher Bezichung stchen sollte.

Es mag hier bemcrkt werden, dass E t a r d , als er diese Annahmo machte, yon der tilteren Camphenformel:

’) l’aterni, nntl S c i c l i i l o n e , Gnzz. cliilu. itnl. 11, 5.3; 10, .528; K e l b e , diese Aiii ialei i 210, G.2: W. Y. M i l l e r uiitl G. R h o d e , ner. (1. tieutscli. cliein. Geu. 23, 1070.

“) Coinpt. rend. 116, 431; Chcm. Ccutrnlbl. 18!J3, 618. Annulen der Chrinie 310. nd. 8

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114 Bredt, Constitution dea Komphers.

ausging und dass e r der Meinung war, in der Isopropylgruppe sei ein Methyl oxydirt worden.

Uebertrhgt man diese E t a r d ’ s c h e Anschauung auf die neuere ?), von dem Einen von uns aufgestellte Camphenformcl:

I

CH, C - b H

CII--CH CH

CH3-C-C’Hs ’ ,

CH,

so hiitte bei Zugrundelegung der empirischen Formel C,oH,,O flir Camphenaldehyd und C,oH,,Op fur Camphensaure der An- griff des Chromylchlorids ebenfalls an einem der drei Methyle erfolgen miissen. Zur nahrren Erlauterung moge von den drei hier denkbaren Fallen der folgende dienen:

CH,--CH CH CB? - C H - - - - CH

CH,-C-CJH, -3 C’H,-C-CH, ! I I

I

I CH3

I I I j

(!I12. C CH CH,--- C-- CH !

/ COH

i ( E t a r d j Camplien I’ Camphenaldeliyd

/

CH,----- CH --CH I

C’lC:,-C!-CH,

rH2-C - CH i

COOH Campliensiiiirc! (E t a T (1).

Wir hofften die Frage nacli der Constitution der E t a r t l - schen Camphenslure dadurch zur Eutscheidung zu bringen, dass wir sie weiter zur Marsh ’schen Carboxylapokamphersfiure 8) oxjdirten, urid liielten es fur miiglich, dass dime Reaction etwe folgenden Yerlnuf niibme :

’) Bcr. 11. cleutsrli. clicm. Ges. 26, 3056. l l r e d t, C!liemikcr-Zeituiig 20, 843.

Page 4: Untersuchungen über die Constitution des Kamphers und seiner Derivate. Ueber Camphenilanaldehyd und Camphenilansäure

B r e d t wnd J a g e l k i , Cumphenilanaldehyd und -sdure. 115

CHS--CH- C H cIr, - CH- COOH I I

CHS-C-L'H, 2 0, I

I j CH3-y--CHs , + I CHe-C- - CH CH, --C COOH

I COOK

Camphensaure COOH

Carboxylapokampherudnre.

Das Experiment belehrte uns jedocb alsbald, dass Cam- phensaure nicht nur keine ungesattigte Saure ist, sondern dass ibr auch die von E: t a r d angenommenc Zusammensetzung gar nicht zukommt, und dass die Einwirkung von Chromylcblorid auf Camphen cinen eigenartigen Verlauf nimmt, welcher unseres Wissens bisher ohne Analogie dasteht. Damit erledigte sich auch der Zweifel, welcher Yon vornherein bei uns bestand, dam namlicb im Camphen bei der Oxydation die unbesthdige Aethylenbindung unveriindert bestehen bleiben, das bestandigere Methyl aber oxydirt werdcn sollte , indeni sicb hersusstellte, dass das Chromylchlorid thatslichlicb nur an der uugesattigten Bindung zum Angriff gelangte.

I.iisst man Chromglchlorid auf Camphen in Schwefelkoblen- stofflosung einwirken, so enteteht zunrchst eine Doppelverbindung vou der Zusammensctzung :

Clo€~,6.2 CrO,Cl,.

Diese Verbindung stellt ein hellbraunes , lusserst hygros- kopisches Pulver dar, welches durch Wasser in einen Aldebyd, Chromchlorid und Chromsiiure zersetat wird nach der Gleichung :

31C,,,H,,.2(CrO2L'~)] + 3 II,O =

3(CIoH,,O) + 2CrC1, f 4('r0, + 6HCl.

Versucht man yon dem chemischen Vorgange dieser Reac- tion eine Vorstellung zu gcwinneo, so muss man davon ausgehen, dass unsere Untersucbung mit aller Scbarfe den Beweis gehefert hnt, dass dem Aldebyd und der entsprechenden Saure die E'ormeln C l o ~ 1 6 0 und C1,Hl6O2, nicht aber die von E t a r d angenommenen um zwei Wasserstoffe iirmeren Znsammensetznngen CloH140 und CloEII,O, zukommen. Dementsprechend zeigte die

8 *

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116 R r e d t , Constitution des Kamphers.

Saure das chemische Verhalten einer gesattigten und nicht, \vie E t a r d annahm, einer ungesattigten Verbindung. Damit musste dann aiich die Bezcichnung Camphensaure, welche E t a r d wahlte, urn an das ungcsRttigte Camphen zu erinnern, selbstverstandlich fortfallen. Wir schlagcn vor, dafiir die Kamen Camphcnilan- saure resp. CaniphenilanaldehSd cinzufuhren.

Was uun die oben erwiihnte additionelle Yerbindung yon

Camphen init Chromylchlorid angeht, so kaun man sich ubcr ihre Entstehutig und Zusammensctzung durch folgende Gleichung eine Vorstellurig inachen :

.o ( 1 ~ ~ (:H - - C / \crc:12

0. 'Cl IIO , ! '\@/'

110' CIT, .- (:H -- CH

0 ('I ~ (!a3-v-(TH3 + 2 i > ~ r , - - (VI3-C-CFl3

(>€I* (1 - - --c CrCI, i I cIr9 - c (IH

"113 CIS,

Die Zersetzung dicser Doppelverbindung durch Wasser erfolgt nacli der obcn angegehencn Umwandlungsgleichung wahr- scheinlich so, dass sich zuriiiclist cin Osycamphen mit Rthylen- osydartiger Sauerstofiriicke bildet, welchcs sich weiter in Cain- phenilanaldehyd umlagert nacli dern Schema:

((Ir.l ( < I l - ( ' I 1 CH, CB

' CHI-C-CH3 - i ' CH,-C-CII, CH.COH I I

I I

! I I

CH2-- C I I/'('

('H2 - C . - CII

w:, CH, i i t l i?lcno~~darfigcs C;unl~ l i c . i~ i lann l t I~ l~~(~

Z\vischenprodnct,

G. W a g n e r s , hat Camphenglycol durch Orydation des Camphens mit Kaliumpermanganat dargestellt.

Beim Erwiirnien mit SalzsBure erhielt er einen Korper, welcher annahernd ein Molekhl Wasser weniger enthielt als das Glycol, bei der Analyse aber keine gut stirnmenden Xahleii

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B r e d t und J a g e l k i , Cuniph.enilanaldehyd und -saure. 117

gab. Im Uebrigen wies er durchaus ahnliche Eigenschaften auf wie der Camphenilanaldehyd.

Zu den mancherlei unwahrscheinlichen Annahmen, welche neuerdings wieder von verschiedenen Seiteii bezitglich der Constitution des Kamphers und seiuer Dcrivate gcmacht worden sind, gehort auch diejenige YOU J. E. N a r s h lo), nach weicher das Camphen einc gesattigte Verhindung von der Formel

C I

CH, sein soll.

Ohnc Rucksicht auf die Untersuchungen von W a l l a c h und P u l f r i c h l ' ) und von B r i t h l l ? ) iiber die Xolekular- refraction uiid Molckulardispersion des Camphens, wodurch die Gegenwart einer uiigesiittigteii Uiiidung festgestellt wurde, schliesst M a r s h aus dcm \on ihm beobachteten chemischen Yerhalten des Camphens auf einti gcsattigte Atornverkettung desselbcn. Soweit diese Beobachtungen sich auf dic Halogen- additionsproducte des Camphens beziehm , sind sie bereits YOU

W a g n e r 1 3 ) widerlegt worden. Aber auch (lie Thatsache, dass Wag II er ' s Camphengylcol

unter Austritt von Wasser eincn Korper bildet, welcher die Eigenschaften eincs A l d e h ~ d s besitzt , sol1 nach M a r s h unver-

' 0 ) Chem. Ceiitrdbl. 1899, I, 790. I]) Diese Annalen 845, 210; 259, 136. lP) Her. d. dcutsch. chc:m. ( i es . 93, 151. 13) Uer. d. deutscli. cheui. Ges. 32, 2304.

Page 7: Untersuchungen über die Constitution des Kamphers und seiner Derivate. Ueber Camphenilanaldehyd und Camphenilansäure

118 Bredt , Constitution des Kmphers.

einbar mit der Annahme sein, dass dem Korper die Structur eines Glycols zukomme. Kach unserem Daftirhalten ist genau das Gegentheil zu folgern. Bedenkt man, dass Hydrobenzoin durch Einwirkung YOU Schwcfelslure 14) zum Diphenylacetalde- hyd fUhrt, so ist die Cmwandlung des Camphenglycols in Cam- phenilanaldehyd als analoger Fall aufzufassen. Der Parallelis- mus beider Reactionen erhellt aus folgenden Formeln :

C,HS - \CH.COH + II,O

C,H,.CII(OII)

C6H,.0H(OH) Hydrobcnzo'in L)iplienylacetaldeli~~l

- C,H/

I

qH2 -- CII CH(OH) CHI ---CH i ~ CH,-(!-CH,

I : C!Hs-C-C€IS , CH.COH + H90 I 1 ,'

- I I -

CE, -? CH(OI1) CB, ( I

I

I CH, CH3

Camphenglycol camp lie nil anal deli^^.

Es ist dies die allbekannte Pinacolinumlagerung. Diese Betrachtungsweise scheint uns dafur zu sprechen, dass der vor- erwtihnte, von W a g n e r aus Camphenglycol mittelst Salzsfiurc erbaltene Aldehyd mit Campheiiilanaldehyd identisch ist ; sie zeigt auch, dass die von uus vorgeschlagene Formulirung des Camphenilanaldehyds cine durchaus ungezwungene ist.

Experimenteller Theil. Nachfolgende Verbindungen wurden von uns naher unter-

sucht und sollen in der angegebcncn Reihenfolge beschrieben werden :

1) Doppelverbindung yon Camphen mit Chromylchlorid,

2) Camphenilanaldehyd, C,,HL60. 3) Camphenilansiiure, C,oH,60,.

CloHl,.2Cr0,CI,.

H r e u c r und Z i n c k c , & w e Annalen 188, 182.

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B r e d t und J a g e l k i , Cumphenilanaldehyd und -sdure. 119

a. Camphenilansiiurechlorid, C,H,,.COCI. b. Camphenilansauremethylestcr, C,H,,.CO,CH, . c. Bromcamphenilansaurechlorid, C,H,,Br.COCl. d. Bromcamphenilanslure, C,H,,Br.COO€I.

4) Isocamphenilansaure, CloH,,O,. 5) Oxycampheiiilaris~ure (Csmphenilolsaure), C,,HI60,.

1, Dolipelverbindung von Camphen mit Chromylchlorid,

Das Chromylchlorid, welches wir zu unserer Untersuchung verwandten , wurde zuerst einer Destillation im luftverdtlnnten Haume unterworfcn; es ist diese Reinigung wegen des meist grossen Gehaltes an frciem Chlor und an Chlorwasserstoffsiiure unbedingt erforderlich. Das destillirte Chromylchlorid wurde sofort in tarirte Glasrohrcn eingeschmolzen, und zu jeder Oxy- dation die dern Iiihalte einer Rbhre entsprechende Menge Camphen genommen. Da in Folgc der lusserst heftigen Wirkung der unvcrdunnten ChlorchromsPurc lb) leicht gefiihrliche Explo- sionen eintreten konnen, wurde stets i n grosser Verdfinnung und unter starker Abkuhlung der Losungen operirt. Wegen der die Schleimhaute stark angreifenden Chromylchloriddtimpfe nahmen wir die Operation im Freicn vor, dabei die Feuchtig- keit moglichst ausschliessend.

Zu 40,8 g Camphen (1 Mol.), in 400 ccm trocknem Schwefclkohlcnstoff gelfist, wurde in kleinen Mengen unter starker Abklihlung und stetigem UmschIttteln nach und nach eine LiJsung von 95 g Chromylchlorid (2 Mol.) in 950 ccm Schwefelkohlenstoff hinzugesetzt. Auf jedesmaligen Zusatz der Chromylchloridldsuiig schlug die rothbraune Farbe in eine chocoladenbraune um, wobei die Fliissigkeit sich stark erhitzte. Es wurde im Anfange der Operation nicht cher eine neue Menge Chromylchloridlosung zugesetzt, bis die chocoladenbraune

C,,H,,.2 Cr02CI,.

'I) Journ f. pmct. Chcm. 2, 56. '") Ann. chim. phys. 66, 387.

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120 B r c d 1 , Constitution &s Kamphers.

Xu'ifancirung entstandcn und die Temperatur hinlilnglich gesunken war.

Nach 24 stundigem Stehen hatte sich in der Flussigkeit, wclche in Folge eines kleinen Ueberschusses von Chromylchlorid rothbraun war, eine grosse Xenge eines braunen, kornigen Kiederschlages zu Boden gesetzt. Xachdem derselbe auf cinem mit Glaswolle versehenen Triclitcr miiglichst schuell abgcsaugt und mit Schwefelkohlenstoff zur Entfcrnung des tiberschtissigcn Chronirlchlorids iind etwaigcn Camphenchlorids ausgcwasclien worden war, wurde er auf Thonteller ausgebreitet, Uber welche ein warmer Luftstrom glitt. (Der h'iederschlag darf nicht allzu- sehr erwarmt werden, da sonst Zersetzung eintritt.)

Vollstandig trocken stellt die Doppelverbindung ein hell- braunes , feinstiiubiges , ausserst hygroskopisches Pulvcr dar, w l c h e s an der Luft leicht zu einer griliien Fliissigkeit zer- fiiesst. Es besitzt cbinen sussen Gcschmack uiid ist in Renzol, Ligro'in, Tetraclilorkohlenstoff unliislich , in Acther ctwas Ios- lich. Wasser, wie auch die E'euchtigkeit der Luft zersetit das- selbe unter Krwiirmung, und in der grtinen Pliissigkeit macht sich ein angenehmer, aldehydartiger Geruch benierkbar. Er- hitzt nimmt das Pulyer eine grunliche Farbe an unter Abgabe cincr reichlichen Menge Chlorwasserstoffsiiure; bei stiirkerem Erhitzen rnachen sich intensiv empyreumatisch, nach verbrann- ten1 Gummi riechendc, weisse DLmpfe bemerkbar, welche ab- gekiihlt und aufgcfangen sich zu einer braunschwarzeu , iiligen E'ltissigkeit vou ebenfalls intensiv stechcndcm Gerucbe ver- dichten. Zuletzt bleibt als Ruckstand grtines Chromosyd tibrig.

Die Reaction nahm funf Stunden in Ansprnch.

Die Chrombestimniungen gaben folgendc Zahlen :

I. 0,7i40 g gsben 0,2610 C'r,O,. 11. 0,1528 g ,, 0,1415 Cr,O,.

Berecliriet fiir Gefiiudun -- C,,Hr,.2 CrO,Cl, I. 11.

Cr "332 23.05 21,40

Diese Doppelvcrbindung besass also die Zusamniensetzung C,011,,2 CrO,Cl,. Sie w r d e in ungefahr 400 ccm Wasser, in

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R r e d t und J a g e l k i , Camphenilaizaldehyd und +awe. 121

dem sich Eisstockchen befanden, in einen Scheidetrichter all- niahlich eingetragen. Es trat unter Wiirmeentwickelung sofort Zersetzung ein, und die braungrone, dunkle LiJsung verbreitete einen angenehmen, starken aldehydartigen Geruch. Die Doppel- verbindung war durch das Wasser zersetzt worden unter Bildung ron Camphenilanaldehyd, Chromchlorid und Chromsaure.

2, Camphenilaealdehyd, C,,H,,O. C & . C H .

~ CI13.&.VI13. -: ,C'H.CIIO. I I .,' CII, - -c ' .

I vtr,

Die aldehydhaltige Chromliisung wurde, um durch die ge- hildete Chromsiiure eiue weitere Osydation des Aldehyds zur Siiure zu vermeiden, mit wcnig schwefliger Sgure versetzt und ausgeiithert. Nach dem Abdestilliren unterlag die schwarz- grhne, olige Flussigkeit dcr Destillation mit Wasserdampf. Es ging zuerst ein angenehm riechender, gelber, fester Korper tiber, aelcher sich leicht im Ktihlrohre zusammenballte, spater kleine, weisse Schuppcn yon wenigcr starkem Geruch. Da durch die Oxydation neben dem Aldchyd auch Saurc entstanden war, wurde das Dcstillat mit Natriumcarbonatliisung iibersattigt und mit Aether ausgeschuttelt. Die eingeengte iitherische Lii- sling wurdo mit einer frisch bereiteten, concentrirten Katrium- bisulfitliisung geschuttelt und diese Mischung 12 Stunden lang unter bisweiligem liingerem Schtitteln stehen gelassen. Nach dem Absaugen der leichten, lockeren Krystallmasse und Ab- spulen derselben mit etwas Alkohol und Aether erwarmten wir dieselbe eine Zcit lang mit Natriumcarhonatlosung am Ruck- flusskuhler, worauf nach dein Austithcrn und Vcrdunsten des ge- trockneten Aethers eine feste Masse zuruckblieb , welche unter Yermindertem Luftdruck und, urn jede Oxydation zu verhtiten, im KohlensBurestrome dcstillirt wnrde. Bei 96O (14 mm) ging der Aldehyd zuni grosstcn Theile constant tibcr.

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122 B r edt, Constitution des Kumphers.

Der Aldehyd bildet eine angenehm riechende, weisse, krystal- liuische Substanz. In Wasser ist e r unlijslich, leicht loslich in Allrohol, Aether, Chloroform, Benzol, Eisessig und Ligro'in. An der Luft verflussigt e r sich und geht dabei in die Ylure Uher. Der Schmelzpunkt ist deshalb schwierig zu bestimmen; er lag bei 70n, Erstarrungspunkt bei 68O. Auf Wasser geworfen, ge- riith der Aldehyd wio Karnpher in kreisendc Bewegung. Am- moniakalische Silberlosuug wird reducirt. Beim Einleiteu von trockneni Ammoniak i n die t r o c h e atherische Losung fallt krystnllinischer Aldehydammoniali aus, der gegen Feuchtigkeit sehr empfindlich ist.

Dic Analyse der vorhcr im Koblensaurestrorne destillirten Substanz ergab folgende Zahleii :

0,2311 g gabeii 0,6643 CO, und 0.2175 H,O. Iserechnet fiir Gefunden

C,O~~,"O (' 78.94 78,40 H IO,b" 10,41

Die Ausbeiitc bctrug circa 15 pC. des angexandten Camphens.

3, Camphenilansiiure, C,,II,GO,. CH, C R

CH,-C-CH, ,, CIT.COOH. ,

CH, ('''

cIIa

Im Vorhergehenden wurde gezeigt, dess sich neben dem Camphenilaualdehyd auch die entsprechende Siiure bildet. Die zur Trennuug des Aldehyds T O I ~ der Siiure verwendete Natrium- carbonatlosung wurde nach dern Einengen schwach angesiiuert und dic sicli abscheidende feste Siiure abfiltrirt. Die im Wasser gelijst gebliebene Substanz wurde durch Ausathern gewonnen. h'ach zweimaligem Destilliren unter vermindertem I h c k giug dic Saure constant bei 147O (14 mm) liber. Der Schmelzpunlrt lag bei 65O. Die Ausbeute betrug circa 10 pC. vom ange- wandten Camphen.

Page 12: Untersuchungen über die Constitution des Kamphers und seiner Derivate. Ueber Camphenilanaldehyd und Camphenilansäure

B r e d t und Jagelki, Camphenilanaldehyd und -siiure. 123

Die Camphenilanslure ist in heissem Wasser, Alkohol, Aether , Chloroform, Benzol und Ligro'in laslich, in kaltem Wasser fast unlfislich. Aus einer Mischung von Chloroform und Aether krystallisirt, bildet sie schone, glashelle, d a m - blfittrige Krystalle. Gegen Kaliumpormanganat und Brom ist die Saure in dcr K a k e vollig indifferent.

Auf Grund einer Reihe sorgfiiltig ausgefilhrter Analysen kann es keinem Zweifel unterliegen, dass dieser S h r e die empirische Zusammensetzung CI0Hl6O1 zukommt und nicht, wie E t a r d annimmt, die Formel C10H140p, wie denn anch alle weiteren analytischen Bestimmungen sich nur auf erstere Formel berechnen lassen.

I. 0,2533 g gaben 0,6625 CO, und 0,2158 H,O. 11. 0,2903 g ,, 0,5580 CO, ,, 0,2800 H,O.

III. 0,205.5 g ,, 0,6370 CO, ,, 0,1772 EipO.

Bereclinet fiir Gefunden r 7-

~ I O H l P O S (e tard l ~IOH,,O* I. 11. LII. C 72,28 71,42 71,33 71,21 71,26 H 8,43 9,32 $46 9,56 9,53

Die Titration stimmte filr eine einbasische Saure und gab folgende Zahlen: 0,3913 g wurden in alkoholhaltigem Wasser zu 100 ccm aufgelost und je 10 ccm mit alkoholischer n-Natron- lauge titrirt (Indicator: Phenolphtale'in).

Bereclinet fiir Verbrauclite (',oH,eO* + NilOLI n-NaOH

2,32 ccm %,'I cclll 2 3 2 ccm 235 crni 2,32 ccm %,4 ccm

Was die Bildung dieser Siiure aus dem Aldehyd angeht, so ist dieselbe untcr weiterer Aufnahme von einem Atom Sauer- stoff erfolgt: C,,I-Il6O $- 0 = C,oH,GO,.

Eine Losung ron 4 g Slure in heissem Wasser wurde mit Kalkmilch schwach alkalisch gemacht, der kleine Ueberschuss von Kalk durch 1;iuleiten von Kohlensiiure ausge- fallt und die abfiltrirte Losung bis auf 50 ccm abgedampft.

Kalbak.

Page 13: Untersuchungen über die Constitution des Kamphers und seiner Derivate. Ueber Camphenilanaldehyd und Camphenilansäure

124 B r e d t , Constitution des Kamphers.

Kach dem Erkalten und liiiigerem Stehen schied sich das Kalk- salz ab. Aus heissem Wasser umkrystallisirt, bildete es kleine, weisse, gllnzende Ulattchen , welche in Alkohol ziemlich los- lich und ohne einen Gehalt au Brystallwasser sind.

I. 0,203 g gabm 0,0727 C'aS04. 11. 0,1074 g ,, 0,0381 CaSO,.

Berechnet fiir Gefuuden -- ( ~ , , H , , ~ * k C a I. Il.

Ca 10,68 10,40 10,$2

SiEbersuZa. 2 g des Kalksalzcs wurden in heissem Wasser aufgelost und mit oincm klcinen Ueberschusse von Silbernitrat- losuug versetzt. Der Niederschlag wurdo schnell abgesaugt, gut ausgewaschen und auf Thon an cincm vor I i c h t geschiitzten Orte getrocknet.

Das Salz stellt ein schweres, misses , in Wasser unlos- liches Krystallmchl dar, gegen Licht ziemlich bestiindig.

I. 0,2841 g gaben 0,1124 Ag. 11. 0,0996 g ,, 0,0391 Ag.

Berechnet f i r Grfunden -7

clo~rl,,02iig I. 11. AB 39,',7 39,.% 39,26

a. Cumnphetz ilansti'urechZorid, C, "11, ( ) C1.

Zur Darstellung wurden 6,5 g Phosphorpeiitachlorid (ein kleiner Ueberschuss) in eincm Kolben mit Ituckflusskuliler niit 30 ccm trockncm 1,igroin tibergosscii uiid in kleinen hfengen 5 g trockne pulverisirte Sgure eingetragen. Den entweicheriden Chlorwasserstotf fingen wir in eiuerri lorher gewogenen, niit Chlorcalciuni und lUatronkalk beschickten U- Ilohr auf. Kach zwei- bis dreistiindiger Kiuwirkung in der Ralte wurdc die Keactiou durch Erwarmen auf den1 Wasserbade zu Ende ge- filhrt. Eine JViigung des U-Rohres ergab etwas mehr als dic theoretisch berecbnctc Menge Chlorwasscrstoffsiiure. Nach dem Abdcstilliren des Ligroins wurdc der Riicltstaiid der frnctionirten nestillation unter vermindertem Druck unterworfen. Kach

Page 14: Untersuchungen über die Constitution des Kamphers und seiner Derivate. Ueber Camphenilanaldehyd und Camphenilansäure

B r e d t uiid J a g e l k i , Cantplie~ilannldehyd uiid -saure. 125

cinem kleinen Vorlauf yon Ligro’in und Phosphoroxychlorid (50-looo, 15 mm) ging dns Chlorid hei 105-106° (14 mrn) constant tiber.

5 g gaben 5,2 g Siiurechlorid = t)ti pc.

Camphenilansaurcchlorid stcllt eiue wasserklare, blige Flussigkeit dar, von angenehmem Geruch. Mit Wasser in Be- riihrung gcbracht, zersetzt es sich leicht unter Bildung der freien SSiuro.

I. 0,2896 g gaben 0,2203 AgC1. 11. 0!3346 g ,, O,2..iR2 AgC1.

Bcrcchnet fiir G rfiuidon 7- c f *El, ,o c1 I. II.

CI 19,03 1H,@ 19,06

b. Cumphenilunsuuremethylester, CloII,,O,CH, . 2,9 g Chlorid wurden mit 5 g hlethylalkohol untcr bis-

seiligem Umschuttelu sechs Stunden lang stchen gelassen, wo- rauf das Product unter wrmindertem Luftdruck destillirt wurde. Kach einem kleinen Vorlauf ging bei 1220 (18 mm) der Ester iiher. Da dersrlbe jedoch noch Chlor cnttiielt, wurde er mit einer verdilnntcu Katriumcarbonatlosung durchgeschtittelt untl ausgeathert. Nach dem Trocknen und Abdcstilliren des Aethers ging der Ester constant bei 99-1000 (12 mm) tiber.

Er bildct eine wasserklare, angcnehm riechende Flussigkeit.

2,9 g Siiurechlorid gaben 2 g Ester -= 70 TI(’.

0,1606 g gabeu 0,4261 CO, u i i d 0,1383 &O.

Gefiindeu

Page 15: Untersuchungen über die Constitution des Kamphers und seiner Derivate. Ueber Camphenilanaldehyd und Camphenilansäure

126 Bredt , Constitution des Ramphers.

c. Bromcumphenilansiiurechlorid, C,,,II,,BrOCl. C& CH ca, - C B

I '., .-. CH,-C-CH3 ' CII-COC1 f 2 B r = I C€I,-d-C!I13 ':CBr-COCl f HBr.

I /" I I _.'. CHt-C CH,--C'

, CH,

I CH3

Zur Darstellung wurden 5 g Carnphcuilansiiurechlorid und 4,5 g trocknes &om (letzteres in geringem Ueberschusse) in einer zugeschmolzcnen Rijhre 24 Stunden lang im Wasserbade erhitzt.

Das Product hatte eine weingelbe Farbe angenommon, ein Zeicheu, dass alles Rrom aufgenommeu worden war. Die dicke, iilige Fliissigkeit wurde mit trocknem Ligro'in in ein Destiliir- kolbchen gcspiilt und unter vermindertem Druck destillirt. Xach einem kleinen Vorlauf ging bei 160-165" (14 mm) eine gelbgefdrbte , beim Erkalten krystallinisch erstnrrcnde E'lussigkeit iiber. Bei nochmaliger Destillation sott das Product constant bei 165" (14 mm).

Das Bromcamphenilanslurechlorid stellt eine weisse, weiche, krystallinische, sich an der Luft leicht zersetzende Masse dar.

I. 0,4147 g gabcn 0,5051 AgCl + AgBr. 11. 0,:%16 g ,, 0,3730 AgC1 f AgBr.

Bercxhnet fiir Gefnnden -'-

C,,II,4BrOCl I. 11. n r + C1 P3,50 12,43 43,lO

d. Bromcanz~~~enilansuicre, C,,,II15Br02.

2 g Uromcarnphenilansiiurechlorid aurden mit etwa 15 ccm kaltem Wasscr angerieben und 14 Tage lang unter bisvFeiligem Umrllhren an einem kllhlem Orte stehen gelassen. Die Con- sistenz und das Aussehen hatten sich geandert. Die aeiche Krystallniasse war in ein weisses, feinkorniges Pulver tiber- gegangen. 1)asselbe wurde abfiltrirt, mit eiskaltem Wasser zur Entfernung der Sslzsiiure ausgewaschen und nach dem Trocknen aus Ligro'in umkrystallisirt.

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B r e d t und J a g e l k i , Cuniphedanaldehyd und -s&ure. 127

Die Eaure stellt weisse, kleine Krystnlle dar, unloslich in kaltem Wasser, leicht loslich in Alltohol, Aether, Chloroform und warmem Ligroin. Der Schmelzpunkt lag bei 145O. Die Ausbeute war nahezu quautitativ.

0,2097 g gahen 0,1548 g r\gnr. Berecliiirt fiir Ge fun [leu

C,,H,,BrO, nr :32,34 3”46

I. lsoeampbenilmsaure, C,,ULI,tiOa.

Behufs weiterer Oxydation der Camphenilansaure wurdo dieselbe mit einem Gemisch von Salpetersaure und Wasser behandelt. Der Versuch zeigte jedoch, dass hierdurch die Camphenilansaure nicht unter Sanerstoffaufnahme vertindert, sondern nur in eine isomere Verbindung iibergefiihrt wird :

5 g Camphenilansaure wurden mit einem Gemisch von 7 5 g Salpetersbure (spcc. GPW. 1,42) und 150 g Wasscr acht Tage lang auf dem Waswrbadc uutcr hgufigern Umschiitteln erhitzt. Es entwickelten sich nur weiiig rothbraune Dampfe. \\-ahrend die Saur‘e zu Bcginn der Operation als eine farblose Oclschicht oben auf dcr Flussigkeit schwamm, verschwand sie nach einiger Zeit, und obcn nni Halse des Kolbens bemerkten wir weifise, gltinzende, dicke Xadeln. Kach dem Erkalten dcr Liisung schied sich an der Oberfltiche eine weisse Krystalldecke ab, welchc abfiltrirt iind gctrocltnet wurde. Durch nchandeln dcr salpetcrsHurcbaltigen Liiuung mit Wasserdampf gewannen wir noch eine kleine Menge der Substanz. Die Iirystalle wurden aus Wasscr unter Zusatz einer kleincn Quantitat Alkohol nm- krystallisirt und zeigten den Schmelzp. 11 8O.

Aus Ligroin unikrystallisirt, basteht die isomere Camphenilan- saure aus wasserhellen, gut ausgepragten Krgstallen. In kaltern Wasser ist sie schwer, in Alkohol, Aether, Chloroform und hcisscm Petroliither leicht loslich. Bus dcm letzteren um- krystallisirt, wurde sic in messbarcn Kryfitallen erlialten.

Herr Privatdocent Dr. F o c k hatte die Giite, diesc Krystallc zu messen; die Angabeii lauteu:

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128 Bredt , Constitution des Kamphers.

,,Krystallsystem : Triklin.

rc = 69" 3';,' A = 70" 5'

a : b : c = 1,8852 : 1 : 1,2155.

p = !)$)') 20' 8 = 96"37' i' = 09" ' 1 ; = 96" $J'

Ikobachtete Formen :

a = (loo); b = (010); c == (001); II = ( i i o ) ; (1 = (011); s = (101).

Die farbloscn Krystalle sind theils tafclfiirniig uach a ( I 00), theils prismatiscli nach der Verticnlare und zeigen Dimensioncn bis zu 6 rrim. You dcn anpegcbenen Formen tretcn c (OOl) , s (101) und 11 ( i i o ) nieist riur untergeordnet auf oder fehltn wohl aucli ganz.

I{vol~aclitct: Rcrcchnct,: a : h 7: (IW):iO10) = W':)l' a : 11 = (100) : (011) = 78"5!1' . ..

b : q = (010):\0111 = 4i" 6' - I ) : ~ _- :oTo):(wt) = 'io" 31 .-

R : 11 = (loo! : (110) -= 6 8 0 20' -

a : c = (1OO:l: (001) = 83"',3' 83" lo' II : 1l i i 10): (01 1) == 57' 4' 56U 52' a: = (100) :( ioi) = x o 3 n ' 53" 53' 11:s = ( ~ i o ) : ( i o i ) = 61~18' 60" .iY,'.l' b : s ==(110):(101) = 57" 1'

Spaltbarkeit vollkommen nach a (1 00). Durch a (100) gesehen , tritt einc optische Ase hart am

Kande des Gcsichtsfeldes BUS."

Ihc Titration der C,amphcnilansiiure ergab folgendes Ile- sultat:

0,1865 g Eaure wurden zu 50 ccm in 20procentigem Alkohol aufgelost uncl mit alltoholischcr l , ,,, n-Natroalauge niit Phenolphtalei'n als Indicator titrirt.

Urrwlinrt fiir Verbrauclit CloH,l,02 f XaUH

l l ,? C(' I I1 1 1;:1 cc'lu

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B r e d t und J a g e l k i , Camnphenilanaldehyd und -s&ure. 129

0,240Og gabcn 0,6284 CO, und 0,2033 &O. Berechnet fur Gefunden

~,OH,60*

c 7l,42 71,41 H 9,:i.z 9,44

Zu dieser isomcrcm Camphenilansaure gelangten wir auch durch Oxydation des A41deh~ds mit Kaliumpermanatlosung:

7,5 g Camphcnilanaldehyd aurden in alkoholischer Lasung niit etwas mehr als dcr berechneten blengc Kaliumpermanganat i n der Iialte oxydirt. Nach zweitiigigem Stehcn nnter iifterem Umschiitteln wurde das iibcrschhsige Kaliumpermanganat vor- sichtig mit schwefliger Saurc entfernt. Nach dem Abfiltriren yon den Mauganoxyden schied die eingeerigtc Liisung beim An- sluern die feste Saure ab. (Aus dem Manganschlamm wurde durch Ausatheru einc klcinc Menge unveriinderten Aldehyds wiedergewonnen.) Die abfiltrirte SIure wurde mit Wasser- dampfen iibergetriebcn, \.om Destillat abfiltrirt und unter ver- mindertem Drucke destillirt. Aus heissem Ligro'in umkrystalli- sirt zeigtc sic den Schnielzpunkt 118".

0,26622 g gabeu 0,6858 CO, uiid 0,2244 H,O. hrechnet fur tiefunden

Cl,Hl,O* c 71 $2 7 I 3 3 11 !I32 9,.il

Da sich, wic friiher gezeigt wurde, nebcri Camphenilan- aldehyd stets die niedrig schnielzendc Slure bildet, so liessen wir nun liingero Zeit I,u!t auf den Aldehyd einwirken. Nach einigen Tagcn war cr vollstsndig fliissig gewordcn. Mit Soda- losung behandelt und abfiltrirt fie1 nach dem Anstiuern Cam- phenilansiiuro am, mit dcm Schmelsp. 62-65O. Somit cntsteht durch freiwillige Oxydation des Aldchydcs an der Luft die niedriger schmelzendc, durch Einwirkung yon Osydationsmitteln die hiiher schmelzende isomerc Terbindung. Es wurde ferrier die Ueobachtung gemacht, dass bci l b g c r c r , vier bis filnf Stunden anhaltcnder Einwirkung dcr bci der Zersetzung der Doppclvcrbindungen von Camphcn und Chromylchlorid rnit

Aniialen der Chemie 310. l id. 9

Page 19: Untersuchungen über die Constitution des Kamphers und seiner Derivate. Ueber Camphenilanaldehyd und Camphenilansäure

130 Breclt, Constitution des Kamphers.

Wasser entsteheuden Cliroms&urelosung auf den Aldehyd ein (iemcnge beider Sauren entstand , dessen grosserer Thcil die hoher schmelzende Modification ausmachte. Offenbar sind bcide Siiuren stereoisomere Verbiudungen. Die Fortsetzung dicser Untersuchung, mit welcher a i r beschiiftigt sind, wird dariibcr entscheitlcn.

Knlksalz der I s o c u ~ ~ ~ ~ h e ~ r i l u ~ z s u u r e , (C,,,II,,O,),Ca + 2 H20. 2 g Siiure aurden mit Kalkmilch im Uebcrschusse auf dem Vasserbade erwiirmt. Kach dem husfiillcn dcs iibcrschussigen Kalkes durch Einleitcn von Kohlensnure wurde die abfiltrirto Salzliisung cingeengt und das nach dcm Erkalten ausgeschicdene Kalksalz abfiltrirt. Bus hcissem Wasser umlirystallisirt, stellt es kleine, weisse Krystalle dar, die sich VOII dem Kalltsali! der isomeren Slrire durch cinen Krystallwasscrge~ialt untersclieiden.

I. 0,1510 g pahen, h i 110" bis zuui constauten Cicwichtc getrocknet, einen Yerlust \on 0,0123 tI,O und hei der Kalkhcstiuimung

g i l b ~ n rinen Vcrlust yon 0,OWj II,O und 0,0370 CaS0,. 0,0505 (-';Is( j l .

11. 0,1121 111. 0,1857 6 ,, O,OGl6 ('aSO,.

Il(wclinrt fiir ( M u d e l 1 -- ( ( ; ,oH&9~Jh + 2 n,o I. IT. I l l .

H,O H,i8 8,l.L 8,66 - (:a 9,iG 9,H3 9,72 0,74

Silbersalz. ($3 g Satire wurden mit n-Katronlaugc genau neutralisirt. Untcr Zugabe yon eincm Tropfeu Salpeter- siiurc fie1 auf Zusatz iibcrschiissiger Silberuitratlijsuiig das Silber- salz als ein weisscr, dicker Siederschlag Bus. Derselbe wurde schnell abgesaugt, rnit knltcni Wasser gut ansgeivaschcn und auf Thonscherhcn an einem dunklcn Orte getrocknet. Das Salz stellt ein weisses, schwercs Pulver dar, welches gegen I i c h t ziemlich bestiindig ist.

0,lEl fi ~ L I ~ C I I 0,1946 PO, U U ~ 0,0657 HpO.

Urrwhnet fiir Gefuiidcii CIolr,,O,Ag

c 4R,G3 43/47 H 5,35 5,06

Page 20: Untersuchungen über die Constitution des Kamphers und seiner Derivate. Ueber Camphenilanaldehyd und Camphenilansäure

B r e d t und J a g c l ki, Can~~~he~ii lanaldehyd und -sdure. 131

5. Oxycamphenilansaurc rCrnt yhenilolsaure], CJI,,;O~, CB,- -CII I I

(X3 -c I CH,-C-CH, ) C(OH).COOIl.

1

Zur Darstcllung dieser Oxyslure wurden 3 g der vorher beschricbeneii IJronicamphtnilansaure rnit einer Losung von 3 g Natriumcarbonat und 40 ccm Wasser vier Stunden lang am Riickflusskhhler gekocht. Es schied sich aus dcr heiss filtrirten Losung beim Erkalten m c h lkigerem Stchen cine Krystallkruste ab. Dieselbe wurde abfiltrirt und aus heissem Wasser umkry- stallisirt. In Wasser wiederum gelost schied sich auf Zusatz von Schwefelssure bis zur saurcn Reaction ein weisser, volumi- noser Kiederschlag ab. Dieser wurde abfiltrirt, mit kaltem Wasser ausgewaschen und getrocknet. Er erwies sich a19 bromfrei. Die Osysaure zeigte den Schmelzp. 170-172°.

Sie bildet cin weisses, kleinkrystallinisches Pulb er und ist in heissem Wasser, Alkohol, Aether und Chloroform leicbt loslich.

0,1391 g gaben 0,3325 CN, und 0,1080 H,O.

Rerechnct fur (:,"HIBOY

C G6,:!1. H 8,69

Cefunden

iVutriumsa1.z. Das Salz wurde durch Keutralisation der Snurc mit Sodaliisung gewonnen und war in kaltem Wasser ziemlich schwer loslich.

Silbersalz. Ein Theil des Natriumsalzes wurde in heissem Wasser gclost uiid mit einem kleinen Ueberschiisse von Silbernitratlosung ~erse tz t . Das Silbersalz fie1 als ein weisses, kleinkrystallinischcs Pulver zu Rodeu, worauf dasselbc ab- filtrirt, mit kaltem Wasser gut ausgewaschen und an einem dunklen Ortc auf Thonscherben getrocknet wurde. Tu geringer hlenge ist es in kaltem, iu grosserer in heissem Wasser loslich.

9"

Page 21: Untersuchungen über die Constitution des Kamphers und seiner Derivate. Ueber Camphenilanaldehyd und Camphenilansäure

133 Br e d t , Constitution des Kamphers.

Eine Verbrennung rnit gleichzcitiger 6ilberbestimmnng gab folgendc Zahlen :

0,09SO g gaben 0,1479 CO,, 0,0436 H.JJ und 0,0368 Ag.

4l>lG 4:g.i

37.53

Die Darstellung der Oxycamphenilansaure (Camphenilol- sAure) war von grosscrn Interesse, weil diese Sillire identisch sein konnte mit der von W a g n e r durch Oxydation yon Cam- phen mit Kaliumpermanganat ]?) erhaltcnen Oxysaure, welche yon ihm Camphcnylslure genannt wurde. Stimmte sie rnit dieser tiberein, so fand unsere Annahme der obcn augegebanen Cm- lagerung eine Sthtze, weil W a g n e r bci der Bildung seiner Camphcnylsaure ebeufalls Umlagerung annimmt. In dcr That btimmten die bciden SAuren in Bezug auf empirischc Zusammen- setzung, sowie physikalische und chemische Eigenschaften uber- eiii und ddrften als identisch anzusehen sein. W a g n e r crhielt bei der von ihm ausgefuhrten Osydation des Camphens rnit Kaliumpermanganat :

1) cinc zweibasische, yon ihm Camphencamphersaure be- iiannte Verbindung yon der Formel C l o I I l ~ 0 4 ,

2) Camphenglycol, C,,H,G(OII), , 3) eine einbasischc Oxyslure, von ihm Camphenylsliure

benannt, und 4) in sehr geringer Menge ein Kcton, COH,40, das Cam-

phcnilon, welches in grosserer Mengc aus der Cainphenylsaure rnit feuchtem 13leiosyd cntsteht Is).

”) G . W a g n c r , Russischer Srparatabdruck , IVarscliau . So~enibrr 1895: Cheni. Ccntralbl. 18% ( I ) , 1056.

ln) Rei der Oxydation voii Camplieu rriit S;ilpt.tersLure 1iabc.n wir rbenfalls viu Krtoii C!,lI140 erhalten, welclies allem Atischeiue nsch niit den1 Wagnor’sclien Kcton identisch ist. In Uebcrein- stimmung init den voii IVagner erhalteuen h t c n sclimilxt das

Page 22: Untersuchungen über die Constitution des Kamphers und seiner Derivate. Ueber Camphenilanaldehyd und Camphenilansäure

Bred t und Jag e lk i , Cumphenilanaldehyd und -sdure. 133

Durch die Oxydation des Glycols gewann W a g n e r wiederum das Ketou C,H,,O und die Orysiiure, welche ihrerseits bei weiterer 0xydat.ion mit Chromsauregemisch Camphenilon lieferte, so dass also letzteres das Oxydationsendproduct bildete. W a g n e r formulirt seine Vorstellungen in folgender Wcise :

Camplien Ciimpheiigl~col I lyhat d. vermnthl. Dikctons

I

Wiihrend also dic Oxydation mit Kaliumpermanganat direct zur Oxycamphcnilansiiure fuhrt, geht dicselbe mit Chromylchlorid nicht so weit, sonderu nur bis zum Aldehyd rcsp. der der Oxy- camphenilansgure eutsprechenden Camphenilansaure nach folgen- dcm Schema:

Camphcn iitli?.lcnos~daitigrc.s <, Camphenilan- %~vi~chenproduct sldehgd

/ C,H1, > CKCOOH Camphenilanslure.

Kctan in ganz reinem Zustande bci 38" und siedet unter gew8hn- lichem Druck bei 191-19'3", unkr 10 mui ])ruck bei 71". Das Oxitn zcigt den Schmclzpuukt bei. 104,b-lMo. Jlas Camphenilon riecht intcusiv nach Kampher uud besirzt in physikidischer, che- mischer und pliysiologischer Hiusidit, welch' letzterr Untorvuchung Herr Prof. Dr. ( i e p p e r t auszufuhrcn die Giite harte, v ide dem Kaucplici llinliche Eigenscliaften. rergl. Her. d. deutsch. cliom. Gcs. 32, 1498.

Page 23: Untersuchungen über die Constitution des Kamphers und seiner Derivate. Ueber Camphenilanaldehyd und Camphenilansäure

134 Bred t , Cotlstitution des Kamphers.

Somit kann man vermittelst dieser Producte voni Kampher C,,EI,,O tibcr das Borneo1 und Camphen hinweg stufenweise zu dem nicderen Ringhomologen C,H,*O gelangen :

cII,--c- ---co CHG-C ~ CII.OH I !

(TI3 Bornylchloritl

CH, Camphen

c H, Caml)heiiilaiisiiiire

(Geschlossen am 25. h'oveinbcr 18!)9.)