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Untersuchungen uber die Loslichkeit beim Erstarrungspunkte der Losungsmittel. Vorr HENRYK L4RCTOWsK1.1 hlit 4 Figurcm im Text. L h Versuch zeigt, ditls, im Falle einei Losung? die festeti I(iir1)er beim Erst;brrnngspu~ikte des Lijsungsinittels, niemals in dem- selben \ollst%nrlig unloslich sind. Entgegen der Anschauung von bhAR11 erscheint mir diesc Thatsache - ganz wie fur Wasser - im dlgemeinen fur alle IJGsungsmittel gultig zu sein. Uni diese Thatsache zu PrklWren, kiinnen, jc iiach dem Falle. m e i Anschauuugon Giiltigkeit liabeii: 1. Zuniiichst muk angenommen werclcn, (Ids der Schmeln- puiikt des Ldwugsmittcls kein besonderer Pniikt der Liislichkeith- Iturve ist. In anderen Worten karin man bagen, tlsls der fliissige Ziistand der ltaterie keine ausschliefsliche Bedingung ist fur die Eigenschnft , andere Kiirper zu losen, denri die Loslichkeitskurven lassen bich bis uber den Erstarrungspunkt hinaus verfolgen. 2. Nan kann aber auch :~nnelimen, dals, wenigsteris in ge- wisseii Fallen, die Erscheinung deu Diffusion eines Korpers, in einer Imtimrnteii Flussigkeit, nur der chemischen Anziehung der Molelriile der beiden Korper zuznschrcihen ist. Und deshalb kann auch der Miittigungipunkt der Liisuiig, mit der Emiedrigung der Temperatur, nur bis zit einer gev issen Grenze herabfallen, und diese Grenze kann wohl, in malichen Fallen, der Ausscheitlung uncl der Erstarrung einer bestimmten Molekularverbindung entsprechen. Ich glaube, dds man nuch unseren heutisen Erfahrungen wohl :tnitehmeu kaiin, clds, je nach dem Full, den wir vor uns haben, bcicle dieser Ei klsi uiigeri der Wirklichkeit eittsprechen , und dafs, wahrentl bestimmte Losungen einfachen physiltali5chen Gemengen entsprerlien , :Lndere dagegen als wahre Molckular\ erbiriduiigeri (in ftiissigmi Znst:intle) hetrditet werdeit in

Untersuchungen über die Löslichkeit beim Erstarrungspunkte der Lösungsmittel

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Page 1: Untersuchungen über die Löslichkeit beim Erstarrungspunkte der Lösungsmittel

Untersuchungen uber die Loslichkeit beim Erstarrungspunkte der Losungsmittel.

Vorr

HENRYK L4RCTOWsK1.1

hlit 4 Figurcm im Text.

L h Versuch zeigt, ditls, im Falle einei Losung? die festeti I(iir1)er beim Erst;brrnngspu~ikte des Lijsungsinittels, niemals in dem- selben \ollst%nrlig unloslich sind. Entgegen der Anschauung von bhAR11 erscheint mir diesc Thatsache - ganz wie fur Wasser - im dlgemeinen fur alle IJGsungsmittel gultig zu sein.

Uni diese Thatsache zu PrklWren, kiinnen, jc iiach dem Falle. m e i Anschauuugon Giiltigkeit liabeii:

1. Zuniiichst muk angenommen werclcn, (Ids der Schmeln- puiikt des Ldwugsmittcls kein besonderer Pniikt der Liislichkeith- Iturve ist. In anderen Worten karin man bagen, tlsls der fliissige Ziistand der ltaterie keine ausschliefsliche Bedingung ist fur die Eigenschnft , andere Kiirper zu losen, denri die Loslichkeitskurven lassen bich bis uber den Erstarrungspunkt hinaus verfolgen.

2 . Nan kann aber auch :~nnelimen, dals, wenigsteris in ge- wisseii Fallen, die Erscheinung deu Diffusion eines Korpers, in einer Imtimrnteii Flussigkeit, nur der chemischen Anziehung der Molelriile der beiden Korper zuznschrcihen ist. Und deshalb kann auch der Miittigungipunkt der Liisuiig, mit der Emiedrigung der Temperatur, nur bis zit einer gev issen Grenze herabfallen, und diese Grenze kann wohl, in malichen Fallen, der Ausscheitlung uncl der Erstarrung einer bestimmten Molekularverbindung entsprechen.

Ich glaube, d d s man nuch unseren heutisen Erfahrungen wohl :tnitehmeu kaiin, clds, je nach dem Full, den wir vor uns haben, bcicle dieser Ei klsi uiigeri der Wirklichkeit eittsprechen , und dafs, wahrentl bestimmte Losungen einfachen physiltali5chen Gemengen entsprerlien , :Lndere dagegen als wahre Molckular\ erbiriduiigeri (in ftiissigmi Znst:intle) h e t r d i t e t werdeit in

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Nan kann die Liisungen nicht slle unter sich vergleichen; und es ist ZLI bemerkeri , dafs gleichwie chemische Verbindungen, so haben auch manche Liisungen ganz besondere charakteristische Eigenschaften, die sich von denen der Komponenten sondern.

Als Belege dieser allgenieinen Betrachtungen lionnen vorlk~fig die hier beschriebenen Uiitersnchungen dienen.

Aus meinen schon mitgeteilten Nessungen uber die LGslichkeit von 'i'riphenylmethan , Diphenylamin und Naphtalin in Schwefel- kohlenstoff, beini Erstarrungspunkte dieses Losungsmittels, kann ge- schlossen werden, dals wahrscheinlich, im Falle solcher Liisungen, die Molekule des Lasungsrnittels und des geliisten Kiirpers von ein- snder unabhangig sind. Dieser Loswigsvorgang ist ein rein physilra- lischer. Und wenn in diesem Falle die Kurven nicht zur Axe kon- vergieren, soridern im Gegenteil ihr asymptotiscli verlaufen,' so kann der Grurid hierfur nur der sein, dafs die Diffusionstensionen dieser Substanzen in dieser Flussigkeit sich bis uber den Erstarrungspunkt des Liisungsmittels verfolgen, obgleich bei diesem Punkt eine Bnde- rung der Kurve, wegen der Zustandsainderung des Liisungsmittels jedenfalls stattfinden m u h

Die Ordinaten sind hier nicht deswegen so klein, weil wir uns in der Nahe des Erstarrungspunktes des Losungsmittels befinden, sondern weil die in Betyacht konimenden Temperaturen sehr iiiedrige sind. Beim Erstarrungspunkt des Chloroforms (- 70 O) wiirden diese Ordinaten schon bedeutend griifser sein , und noch betrachtlicher

Es ergiebt sich dies aus folgenderi Bestimmungen: Lijsungsniittel: Schwefelkohlenstoff.

, I 1.56 b" TriphenyI- >> 1.24 g methan

>, Diphenyl-

100 g gcshttigter Losung enthalten bei - 83" 1.91 g 10og ,, ., ,, - 9 1 " 10og ,, ,, ,, - 102"

1oog ,, I 7 1 , - 881/2" ,?

I 100g ,. ,, ,, -113'/2' 0.98 g

100g ,, 1 , ) ) ), -1170 :::;:I amin 100 g 1 7 7 1 7 , ,> - 8Zn 1.38 g

7, i 100g 1 , ,, ,, - 89'/,O 1.05 g Nap1ltalir1 100 >, >, ,, ,, -1OS1/,O 0.62 g

Die nebenstehende Figur zeigt den Gang der Loslichkeitskurven dieser Korper in der h e h e des Erstarrungspunktes des Losungs- mittels (vergl. Compt. rend. Jnli 1895).

2. anorg. Chem. XI . I !I

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bei dem Erstarrungspunkte cles Tetrachlorkohlenstoffes oder des Benzols.

I m Falle voii Liisungen nnorganischer Kiirper in demselben Lo- sungsmittel, sclieint dagegen die Liisungserscheinung lioinpliziertere Verhiiltnisse darznatellen, dcnii in diesem E'alle werden die Liislich- lieitskurven durcli geknickte Linien dargestellt. Bestimmungen in der Nahe des Erstarrungspunktes des Schwefellrohlenstoffes ergaben mir folgende Zahlen:

100 g gesiittigter Liisuiig enthalteii bei 86 ' / , '' l 0 0 g 11 .. - 9 3 b

10og 7, I' ,, --116" 1oog ., ~. - 7su 1oog ,. 1 , 1. ~ 84'/," 1oog ,, .. - 89" toog ., (. -- 116" 1o0g ., .. - 95" 1oog ,. ,, llo'/s"

1008 .) ) ) 80'' 10og .. ., - 8 7 "

100g .. J ,, 92ysu loo g 94u

I ,

10og ,, ,. -116"

((c 0.017 g 4.84 g

4.29 g

E. 4.46 g 0-

2.99 g 45.4 g

36.9 g 0

0.509 g 5

J ( I ) 5 Ft:

0.440 g\ z 0.391 gl 0.378 g

Die \. erhaltnismalsig so betrkchtliche Liislichkeit des Broms bei -116O erklart sich selir gut aus d w Thatsache, dals wir uns bei dieser Tempemtur nur um 108.7 unter dem Schmelzpunkt dieses Kiirpers befinden. Nach dem SCHR~DER-LE CHxmLLIEdschen Gesetz niufste die Liislichlieit, in molekularem Ausdruck berechnet, bei -116') gleicli der des ,Jods bei + 5 O sein, vorausgesetzt, dafs diese Liisungeri rein physikalische sind.

Liislichkeitsbestimmungen von Ziimtetrajodid in CS, ergabeii folgeiide Zahlen:

Losungsmittel: Schwefelkohlenstoff.

,* 1 > I I I

100 g gesattigter I A ~ S U K I ~ enthaltcn bei - 58" 16.27 g 10og %, ,. - 840 10.22 g 100 g 7 , 89O 7 ' , >

1' 9 7

9.68 g SiiJ, 10og 3, ,. - 940 10.65 g 1oog >, ,, - 114'/2O 9.41 g

Diese Zahlen beweisen (s. Fig. I), dals zwischen - 95 O und - 115O clie Lijslichkeitskurve parallel der Temperaturaxe verlauft, doch ent- spriclit clie Ordinate keiner niolekulareil Zusammensetzung. Aller-

I ~ t z t e r e %alilen wurdeii sclioii mitgeteilt: Uiese Zeitsclzr. 6, 40.5.

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dings ist es schwer, mit dein Ziiintetrajodid befriedigende Resultate zu gewinnen. Bei diesen tiefen T'emperaturen setzt sich aus der Lii- sung ein gelbes Pulver sb: aber man l ann nicht entscheideii. 01)

man es hier mit einer Adsor~~tionserscheiiiui~g oder mit cincr Mole- kularverbindung zu thun hat. Gielst man die iibersteherrde Firwig- lteit vorsichtig ah, und lalst die Temperatur des Gefal'ses 1angs:ini steigeii, so schmilzt das Pulver und Ziiintetrajodid fiillt in kleinen Krystallen aus, wghrend zngleich eine zieinlich hetriichtliche Meiige Schwefelkohlenstoff frei wird.

Obgleich bei diesen anorganischen Verbindungen die Loslicli- keitskurven nicht melir lirumme Linien siiid, die asymptotisch ver- laufen, ist es doch a priori anzimehmen, dafs sie sicli ebenfdls iiber den Erstarrungspunkt des LBsungsmittels fortsetzeii miissen. Auch in diesem Falle knnn dieser Punkt nicht der ,411fangspunkt der Lijslichkeitslinie, und deswegen der Losnngserscheiiiuiig selbst, sein. Diese Annahme mulste experimentell bestatigt merden ; da es aber pralrtisch knum ausfuhrbar seiri wird, waihrend langer Zeit Temperaturen von -- 120 O bis - 125 zu erhulten, muls diese Uiiter- suchung mit anderen Losungsinitteln, als Schwefelkohlenstoff, weiter gefuhrt werden. Da es andererseits schwierig sein wird, in kurzer Zeit gesattigte feste Losungen zu erhalten, so konnte man die L6s- lichkeitskurve unterhalb des Erstarrungspunktes nur nach der Ana- logie bestimmen, - d . 11. man mifst die Diffusionsgeschwindigkeit des Korpers oberhalb uiid unterhalb des Gefrierpunktes des Lijsuiigs- mittels, hestimmt dann die Loslichlreitslrurve im fliissigeii Zustande, und verlangert sie his in den fester1 Zustand des 1,iisungsmittels

1 !)

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vermittelst nach den Diffusioiisgeschwindigkeiten berechneten Ordi- naten, - was thunlich is t , da die Diffusionsgeschwilldigkeit pro- portional der Iiislichkeit ist.

111 Verfolg dicses Weges habe ich zur Orientierung einige L6s- lichkeitsbestiminungen von Jod in verschiedenen Liisungsmittelii aus- gefiilirt. Da diese Bestimmungen aber auch 111 anderer Beziehung von Interesse sind, so teile ich sie schon jetzt hier mit.

Losungsmittel : Benzol.

1 3 1, I I 1. I , I

, 0.129 g I Jod 1 I ? I

100 q gesitttigter Liisung enthalten bei f 4.7 O 5.08 g 100g 1 % ,, -F- 6.6' 8.63 g 100 g ,, ., t 10.5O 100 :: ), f13.7" 10.44 g I O(i :: ,, + 16.3" 11.23 g

I 1 I 7 9.60 g Jod 1I > I 9 .

l~iisungsmittel : Chlorofornx. ittigter JAiisung enthalten bei - 49 O 0.188 g

100 4 ,, - 600 100 g ,, 69'/1' 0.089 g 100 g .. 731/20 0.080 g

1 0 0 f ., 55'/, 0.144 g 11

I ' 1

~iisungsmittel : iitlier.

1' J l

I 1 I 1

LOU g gcvsttigter 1,iisung ciithalteii bei -- 83" 15.39 g 100g ,, - 900 100:: > I ,, 108O 15.09 g

D 1 0 %

1!500

Vigur I11 stellt die Lijslichkeitsburve des Jods in Chloroform, Pigiir I1 die in Renzol dar ; diese letzte ist eine gerade Linie.

Die Lijslichkeit beiin Erstarrungspunkte des Beiizols ist be- triichtlich, was nach dem SCHR~DER-LE C H A T E L L I E R ' S ~ ~ ~ ~ Gesetz vor- auszuseheu war. Betrachtet man ubrigeiis eine Reihe von Liisungs- initteln, so werdeii alle Loslichkeitskurven eines und desselben Kor- pers, des Jods z. U., in molekularem Verhaltnis ausgedruckt, uber einander liegen, und clie Ordinate hei den Erstarrungspunkten wird ciaher einen urn so griXseren Wert hsben, je hoher der Schmelz- punkt des Likungsmittels liegt. Dieses Gesetx lrann jedoch in aller

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Strenge nur bei rein physikalischeii LBsungen angewandt JF edcii , und wird also iri Wirklichkeit iiur in sehr beschrankten E’klleii den Thatsachen entsprechen. Ein auffallendes Beispiel hierfiir bietet die Losung des Jods in Ather, da hier die Werte entschieden zu betrachtlich sind , um diesen Losungsvorgang als eine rein mecha- nische Erscheinung auffassen zu lionnen. Nur die cliemische An- ziehung zwischen Jod und Losungsmittel kann hier die Ursaclie sein. dafs die Lijslichkeit selbst bei so tiefen Temperaturen noch eine so betrachtliche bleibt. I n diesem Falle liaben wir vor uns eine Verbindung, die vielleicht keine Tendenz hat , bestiminten Ver- haltnissen zu entsprechen; - hier ist die chemische Anziehung so schwach, dals die Kraft der Schwere imstande ist, die Bestandteile zu scheiden, - und deshdb kann man auch auf ihre Zusammen- setzung nicht nus den Loslichkeitsverhaltnissen schliefsen. Ujbrigens liefs sich eine chemische Verwandtschaft zwischen J o d und Ather voraussehen, da sein Analogon, das Brom mit Ather, eine bestandige Verbindung bi1det.I

Endlich, es sei noch auf die interessante Thatsache aufmerk- Sam geinncht, dafs die Lijslichkeitskurven des Jods in seinen ver- schiedenen Lijsungsmitteln, beim Erstarrungspurikte derselben, sehr verschiedene Formen aufweisen werden. Vorlaufig kann ich nur bemerken, dafs, wahrend die Benzollosung bei 4.4-4.5” zu einer anscheinend homogenen und stark gefarbteii festen Lijsung erstarrt, so scheidet dagegen die Chloroformlosung, beim Erstarren, das Jod in glanzenden Blattchen aus , welche das vollkommen durchsichtige und nur schwach gefarbte festgewordene Losungsmittel durchsetzen. I n diesem letzteren Falle wird also die Kurve sehr wahrscheiiilich gebrochen erscheinen, und a priori scheint es mir nicht nnmoglich, d a k diese Erscheinung einer allgemeineren Regel entspricht.

Auch in dieser Richtung miissen die verschicclenen Liisungeii individuell weiter studiert werden.

Die Verbindung C,Hl00.3Br, welche bei O D entstelit und eiiie bci 22O schmelzende Substane ist (BEILSTEIN, ITundbuch, 3. Aufl., 1, 294).

Lkttich, Imtidut de ehirnie g&ndraZe, 28. Sepiember 1895.

Rei der Redaktion eingegangen am 5. Oktober 1895.