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FORTBILDUNG _ SCHWERPUNKT Vegetarische und vegane Kost Für wen sinnvoll, für wen gefährlich? Seit einigen Jahren erfreuen sich vegetarische und insbesondere vegane Kost- formen großer Beliebtheit. Was ist aus ernährungsmedizinischer Perspektive von dieser Entwicklung zu halten? Im Folgenden wird insbesondere die vegane Ernährung als strenge Variante der vegetarischen Kost vorgestellt. - Bei der vegetarischen Ernährung handelt es sich um pflanzlich betonte Kostformen, bei der tierische Nahrungs- mittel in Form von Fleisch und Fleisch- waren gemieden werden. Eier oder Milch und Milchprodukte sind dagegen er- laubt. Dann wird hier von einer „ovo- lacto-vegetarischen“ Kost gesprochen (Tab. 1). Die vegane Kost ist eine Sonder- form der vegetarischen Ernährung, bei der strikt auf alle tierischen Produkte (auch auf Honig) verzichtet wird. In Deutschland wird vegetarische Er- nährung schon seit Langem von meist kleinen Gruppen praktiziert. Die Motive sind vielfältig: Tierschutzgedanken, welt - anschaulich-religiöse Überzeugungen, ökologische Gesichtspunkte. Als Haupt - vertreter gilt Claus Leitzmann, der den Begriff „Vollwert-Ernährung“ geprägt hat und darunter eine Ernährung „überwie- gend aus pflanzlichen Lebensmitteln und einem mäßigen Anteil tierischer Produk- te“ versteht. Empfohlen wird „der Ver- zehr gering verarbeiteter Lebensmittel. Es sollten möglichst ausschließlich Er- zeugnisse aus anerkannt ökologischer Landwirtschaſt verwendet werden“ [1]. Dieses Konzept hat somit starke ökologi- sche Wurzeln und geht kritisch mit dem „unbedachten Ernährungs- und Lebens- stil in den reichen Ländern“ um, der nicht nur nach Ansicht dieser Autoren zum Mangel an Lebensmitteln in den armen Ländern beiträgt. Medizinische Bewertung der vegetarischen Ernährung Lange Zeit wurde die vegetarische Ernäh- rung in der klassischen Ernährungsfor- schung nur wenig beachtet. Erst in den letzten Jahren hat ein Umdenken stattge- funden. Es gibt einige Kohortenstudien, die sich schon länger mit dem Zusam- menhang zwischen vegetarischer Kost und Ge- sundheit bzw. Lebenser- wartung be- schäſtigen. Eine Hei- delberger Vegetarier- Kohorte z. B. er- gab nach 21-jähri- ger Be- obachtung, dass Vegetarier und gesund- heitsbewusste Nicht-Vegetarier eine nied- rigere Gesamt- und KHK-Mortalität als die Normalbevölkerung haben. Im Ver- gleich zu gesundheitsbewussten Nicht-Ve- getariern fand sich allerdings kein Überle- bensvorteil für Vegetarier [2]. In einer Metaanalyse aller Vegetarier- Kohortenstudien wiesen Vegetarier im Vergleich zu Nicht-Vegetariern eine um 9% niedrigere Gesamtmortalität auf. Da- bei war insbesondere die KHK-Mortalität um 29% erniedrigt. Vegetarier hatten außerdem eine um 18% niedrigere Krebs- inzidenz. Durch entsprechende Adjustie- rung wurde berücksich- tigt, dass Vegetarier weniger rauchen, weniger Alkohol trinken, einen Prof. Dr. med. Hans Hauner Institut für Ernährungsmedizin Klinikum rechts der Isar Technische Universität München © katkov / iStock MMW-Fortschr. Med. 2015; 157 (10) 41

Vegetarische und Vegane Kost: sinnfoll oder gefährlich?

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Vegetarische und Vegane Kost: Für wen sinnvoll, für wen gefährlich? Hans Hauner ( MMW - Fortschritte der Medizin 2015)

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FORTBILDUNG_SCHWERPUNKT

Vegetarische und vegane Kost

Für wen sinnvoll, für wen gefährlich?Seit einigen Jahren erfreuen sich vegetarische und insbesondere vegane Kost-formen großer Beliebtheit. Was ist aus ernährungsmedizinischer Perspektive von dieser Entwicklung zu halten? Im Folgenden wird insbesondere die vegane Ernährung als strenge Variante der vegetarischen Kost vorgestellt.

− Bei der vegetarischen Ernährung handelt es sich um p�anzlich betonte Kostformen, bei der tierische Nahrungs-mittel in Form von Fleisch und Fleisch-waren gemieden werden. Eier oder Milch und Milchprodukte sind dagegen er-laubt. Dann wird hier von einer „ovo-lacto-vegetarischen“ Kost gesprochen (Tab. 1). Die vegane Kost ist eine Sonder-form der vegetarischen Ernährung, bei der strikt auf alle tierischen Produkte (auch auf Honig) verzichtet wird.

In Deutschland wird vegetarische Er-nährung schon seit Langem von meist kleinen Gruppen praktiziert. Die Motive sind vielfältig: Tierschutzgedanken, welt-anschaulich-religiöse Überzeugungen, ökologische Gesichtspunkte. Als Haupt-vertreter gilt Claus Leitzmann, der den Begri� „Vollwert-Ernährung“ geprägt hat und darunter eine Ernährung „überwie-gend aus p�anzlichen Lebensmitteln und einem mäßigen Anteil tierischer Produk-einem mäßigen Anteil tierischer Produk-einem mäßigen Anteil tierischer Produkte“ versteht. Empfohlen wird „der Ver-zehr gering verarbeiteter Lebensmittel. Es sollten möglichst ausschließlich Er-zeugnisse aus anerkannt ökologischer Landwirtscha� verwendet werden“ [1]. Dieses Konzept hat somit starke ökologi-sche Wurzeln und geht kritisch mit dem

„unbedachten Ernährungs- und Lebens-stil in den reichen Ländern“ um, der nicht

nur nach Ansicht dieser Autoren zum Mangel an Lebensmitteln in den armen Ländern beiträgt.

Medizinische Bewertung der vegetarischen ErnährungLange Zeit wurde die vegetarische Ernäh-rung in der klassischen Ernährungsfor-schung nur wenig beachtet. Erst in den letzten Jahren hat ein Umdenken stattge-funden. Es gibt einige Kohortenstudien, die sich schon länger mit dem Zusam-menhang zwischen vegetarischer Kost und Ge-sundheit bzw. Lebenser-wartung be-schä�igen. Eine Hei-delberger Vegetarier-Kohorte z.B. er-gab nach 21-jähri-ger Be-

obachtung, dass Vegetarier und gesund-heitsbewusste Nicht-Vegetarier eine nied-rigere Gesamt- und KHK-Mortalität als die Normalbevölkerung haben. Im Ver-gleich zu gesundheitsbewussten Nicht-Ve-getariern fand sich allerdings kein Überle-bensvorteil für Vegetarier [2].

In einer Metaanalyse aller Vegetarier-Kohortenstudien wiesen Vegetarier im Vergleich zu Nicht-Vegetariern eine um 9% niedrigere Gesamtmortalität auf. Da-bei war insbesondere die KHK-Mortalität um 29% erniedrigt. Vegetarier hattenaußerdem eine um 18% niedrigere Krebs-inzidenz. Durch entsprechende Adjustie-rung wurde berücksich-tigt, dass Vegetarier weniger rauchen, weniger Alkohol trinken, einen

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tockmenhang zwischen

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niedrigeren BMI haben und sich mehr be-wegen [3].

Noch wichtiger ist das Ergebnis, dass Vegetarier i. d. R. gesünder sind und sel-tener an chronischen Wohlstandser-krankungen leiden. Dabei ist wieder zu berücksichtigen, dass Vegetarier insge-samt gesünder leben, sodass die positi-ven Gesundheitse�ekte nicht allein auf die Ernährung zurückzuführen sind. Gleichwohl sind sich alle Experten einig, dass ein großer Teil des Gesundheits-schutzes Folge der vegetarischen Kost ist.

Interessant sind auch weltweite eth-nogra�sche Analysen an sehr gesunden, langlebigen Populationen: vegetarisch lebende Kommunen in Kalifornien, Ge-meinden auf griechischen Inseln und Sardinien mit klassischer Mittelmeer-kost, die Urbevölkerung auf der Insel Okinawa (Japan) mit traditioneller asia-tischer Kost. Es zeigte sich, dass die Er-nährung v. a. durch eine p�anzlich be-tonte Kost mit reichlich Ballaststo�en, wenig Fett und wenig Fleisch- bzw. Fischkonsum charakterisiert ist [4].

Eine p�anzlich betonte Kost mit wenig Fleisch und Fleischwaren ist heute auch die Standardempfehlung der Ernäh-

rungsfachgesellscha�en [5] und liegt den 10 Regeln der Deutschen Gesellscha� für Ernährung für eine vollwertige Kost zu-grunde [6]. Der World Cancer Research Fund emp�ehlt diese Kost auch zur Prä-vention von Krebserkrankungen [7].

Vegane Kost Wie viele Menschen in Deutschland der-zeit eine vegane Kost einhalten, ist un-bekannt. In der Nationalen Verzehrstu-die II (2008) gaben 1,6% der befragten Erwachsenen an, sich vegetarisch zu er-nähren [8]. Nur ein kleiner Teil davon ernährt sich streng vegan. Auch wenn die Zahl inzwischen deutlich gestiegen sein dür�e, sollte nicht übersehen wer-den, dass viele Menschen eine vegane Kost nur kurz ausprobieren.

Wegen der hohen Nachfrage wird im Handel ein reiches Sortiment von vega-nen Fertig- und Ersatzprodukten bis hin zu Wurst- und Käse imitaten, meist auf Sojaeiweißbasis, angeboten. Damit soll dem Wunsch der Konsumenten nach Auswahl und gewohnten Gerichten ent-sprochen werden. Die Herstellungsbe-dingungen entsprechen längst denen konventioneller Lebensmittel.

Wem nützt die vegane Kost, für wen birgt sie Risken? Zum gesundheitlichen Nutzen und zu den Risiken einer strikt veganen Ernäh-rung gibt es nur wenige ernährungswis-senscha�liche Studien. In den USA wird zudem nicht streng zwischen veganer und ovo-lacto-vegetarischer Ernährung unterschieden. Das letzte Positionspa-pier der American Dietetic Association (ADA) stammt aus dem Jahr 2009 und wird regelmäßig aktualisiert [9].

Während es einen breiten Konsens gibt, dass eine ovo-lacto-vegetarische Er-nährung ernährungsphysiologisch be-darfsdeckend sein kann, werden von Sei-ten der Fachgesellscha�en Bedenken er-hoben, inwieweit das auch für die streng vegane Kost langfristig und in speziellen Gruppen gilt. Einer Stellungnahme der Deutschen Gesellscha� für Ernährung (DGE) nach sind „spezielle Kenntnisse der Lebensmittelauswahl und -zuberei-tung bzw. die Sicherstellung der Versor-gung durch angereicherte Lebensmittel

oder Supplemente erforderlich“, um eine adäquate Nährsto�versorgung zu ge-währleisten. Bedenken gibt es insbeson-dere bei Säuglingen, Kindern, Schwange-ren und Stillenden, die einen erhöhten Nährsto¯edarf haben [10]. Die ADA be-wertet die vegane Kost insgesamt positi-ver [9], allerdings sind in den USA mehr Lebensmittel mit kritischen Nährsto�en angereichert als hierzulande.

Kritische Nährsto­eAls kritische Nährsto�e gelten Vitamin B12, Vitamin D, Kalzium, Eisen, Jod und Zink. Sie kommen entweder in p�anzli-chen Lebensmitteln nicht vor oder wei-sen eine schlechte Bioverfügbarkeit auf.

Vitamin B12. In nennenswerten Mengen kommt es nur in tierischen Lebensmit-teln vor, sodass eine alimentäre Versor-gung allein über p�anzliche Lebensmit-tel nicht ausreichen dür�e. Die Plasma-konzentrationen von Vitamin B12 (ge-messen wird Holotranscobalamin) sind daher meist recht niedrig. Aus diesem Grund ist eine Verlaufskontrolle und ggf. Supplementierung zu empfehlen [11].

Jod. Der Jodgehalt p�anzlicher Lebens-mittel ist mit Ausnahme von Algen- und Seetang-Produkten niedrig. Da er in die-sen Produkten allerdings sehr variabel und z. T. auch sehr hoch ist, rät das Bun-desinstitut für Risikobewertung (BfR)

Tabelle 1

Vegetarische Kostformen und Lebensmittelauswahl

Ovo-lacto-vegetarisch

Eier, Milch/-produkte, alle p�anzlichen Lebensmittel

Lacto- vegetarisch

Milch/-produkte, alle p�anzlichen Lebensmittel

Vegan Nur p�anzliche Lebensmittel

Tabelle 2

Kritische Nährsto­e bei veganer Ernährungsweise

− Vitamin B12

− Kalzium

− Eisen

− Jod

− Zink

− Vitamin D

− Langkettige Omega-3-Fettsäuren

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Ernährt sie sich ausgewogen genug oder braucht sie Supplemente?

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von Algenprodukten ab, um eine Jod-überversorgung zu vermeiden [12]. Die alleinige Verwendung von jodiertem Speisesalz im Haushalt reicht aber nicht aus. In einer englischen Studie an Vega-nern war die Jodzufuhr bei einem Teil vergleichsweise niedrig [13]. Insbeson-dere für Risikopersonen, z. B. mit Jod-mangelstruma in der Familienanamne-se, sind daher Jodtabletten zu empfehlen.

Kalzium. Eine ausreichende Kalziumzu-fuhr ist über p�anzliche Lebensmittel möglich. Auch kalziumreiche Mineral-wässer und mit Kalzium angereicherte P�anzendrinks leisten einen Beitrag. In der prospektiven EPIC-Oxford-Studie war das osteoporotische Frakturrisiko bei Veganern um etwa 30% erhöht. Lag die tägliche Kalziumzufuhr bei wenigs-tens 525 mg, bestand kein Unterschied zu Fleisch-, Fischessern und Vegetariern [14].

Eisen. In p�anzlichen Lebensmitteln weist Eisen i. d. R. eine schlechte Biover-fügbarkeit auf. Das in tierischen Lebens-mitteln vorkommende Häm-Eisen wird deutlich besser resorbiert. P�anzliche Inhaltssto�e wie Phytate in Getreide, Soja und Hülsenfrüchten hemmen die Eisenaufnahme im Dünndarm. Ascor-binsäure (Vitamin C) verbessert dage-gen die Bioverfügbarkeit von p�anzli-chem Eisen. Die meisten Studien fanden keinen klinisch relevanten Eisenmangel bei Erwachsenen. Bei Kindern ist dies dagegen kritischer zu betrachten [10].

Vitamin D. Zum großen Teil wird Vita-min D vom Körper selbst hergestellt. Die alimentäre Zufuhr erfolgt hauptsächlich über fettreiche Fischsorten (z. B. Hering), während P�anzen nur in sehr kleinen Mengen Vitamin D2 liefern. Trotz der niedrigen Zufuhr waren die 25(OH)-Vi-tamin-D-Plasmakonzentrationen bei Veganern in der EPIC-Oxford-Studie noch weitgehend im Normbereich [15].

Eiweiß. Die biologische Wertigkeit von p�anzlichem Eiweiß ist i. d. R. niedriger als diejenige aus tierischem Eiweiß. Durch geeignete Kombination von p�anz lichen Eiweißlieferanten lässt sich dennoch eine gute Eiweißversorgung,

auch mit der essenziellen Aminosäure Lysin, erreichen (s. Beitrag ab S. 44). Dies erfordert aber eine bewusste Auswahl der p�anzlichen Lebensmittel.

Vegane Kost und KrankheitsrisikoWie die vegetarische Kost dür�e eine gut praktizierte vegane Ernährung gesund-heitliche Vorteile bieten und geeignet sein, ernährungsmitbedingten Zivilisa-tionskrankheiten vorzubeugen [9].

Übergewicht/Adipositas und Typ-2-Dia betes. Bisher gibt es nur sehr wenige und i. d. R. kleine Studien zur Frage, in-wieweit eine vegane Kost zur Gewichts-abnahme bei Adipositas geeignet ist. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine vegane Ernährung eine Gewichtsabnah-me ermöglicht, dabei ähnlich gut wie andere Diäten angenommen wird und zumindest für zwei Jahre e�ektiv ist [16].

In einer US-amerikanischen Studie an übergewichtigen Patienten mit Typ-2-Dia betes fand sich unter einer fettarmen, veganen Kost eine stärkere Gewichtsab-nahme und Senkung von HbA1c als unter einer Kost nach den Empfehlungen der amerikanischen Diabetes Gesellscha� [17]. Aus der Adventist Health Study 2 wurde berichtet, dass Veganer eine Dia-betesprävalenz von lediglich 2,0% im Vergleich zu 3,2% bei Vegetariern und 7,6% bei Fleischessern aufweisen [18].

Kardiovaskuläres Risiko. Es gibt eine wachsende Zahl von Studien, die für eine Besserung des Lipidpro�ls und der Blutdruckwerte unter einer veganen bzw. vegetarischen Kost sprechen. Unter ve-ganer Kost sank aber meist das HDL-Cholesterin. Dennoch fand sich insge-samt eine Besserung des Lipidpro�ls.

Die mittleren Blutdruckwerte sanken unter veganer Kost in den Kohortenstu-dien um durchschnittlich 7 mmHg sys-tolisch und 5 mmHg diastolisch und in den Interventionsstudien um 5 bzw. 2 mmHg [19]. Auch die Inzidenz von Krebserkrankungen lag unter einer vega-nen Kost um 16% niedriger [20]. Somit spricht die aktuelle, wenngleich noch be-grenzte Datenlage dafür, dass sich eine vegane Ernährung günstig auf kardio-vaskuläre Risikofaktoren und das Risiko

für die Entwicklung anderer Wohl-standserkrankungen auswirkt. Bisher ist noch unklar, inwieweit eine vegane Kost Vor- oder Nachteile gegenüber einer ovo-lacto-vegetarischen Ernährung besitzt.

SicherheitsaspekteAuch wenn die gesundheitlichen Vorteile einer vegetarischen Ernährung unbestrit-ten sind, können bei strikt veganer Kost Sicherheitsbedenken nicht ausgeschlos-sen werden. Der Arzt hat die Möglichkeit, die Versorgung bei den besonders kriti-schen Nährsto�en Vitamin B12, Eisen, Jod und Vitamin D durch gezielte Laborana-lysen zu überprüfen und ggf. eine Supple-mentierung zu empfehlen. Besonders ge-fährdet sind (Klein-)Kinder.

Literatur unter mmw.de

Anschrift des Verfassers:Prof. Dr. med. Hans Hauner Institut für Ernährungsmedizin Klinikum rechts der Isar der TU München Georg-Brauchle-Ring 62, D-80992 München E-Mail: [email protected]

Keywords

Vegetarian/vegan diet – reasonable or dangerous?

Vegan diet – vitamin B12 – cardiovascu-lar disease – type 2 diabetes – cancer

Vegane Ernährung

Fazit für die Praxis 1. Um Nährsto§de¨zite zu vermei-den, sollten die Lebensmittel sorgfäl-tig ausgewählt werden.

2. Kritische Nährsto§e sind Vitamin B12, Vitamin D, Eisen, Jod und Kalzium. Bei Bedarf ist ein Monitoring und eine Supplementierung zu empfehlen.

3. Bei richtig angewandter veganer Kost ist ein partieller Schutz vor bzw. eine Besserung von ernährungsmit-bedingten Zivilisationskrankheiten wie Adipositas, Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs zu erwarten.

4. Besondere Gruppen wie Schwan-gere, Stillende, Säuglinge und Kinder bedürfen bei veganer Ernährung ei-ner fachkompetenten Beratung.

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Literatur1. Leitzmann C, Keller M: Vegetarische Ernäh-

rung. 3. Aktualisierte auflage UTB-Verlag Stuttgart, 2013

2. Chang-Claude J, Hermann S, Eilber U, Stein-dorf K: Lifestyle determinants and mortality in German vegetarians and health-con-scious persons: results of a 21-year follow-up. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2005;16:963-8

3. Huang T, Yang B, Zheng J et al.: Cardiovascu-lar disease mortality and cancer incidence in vegetarians: a meta-analysis and systematic review. Ann Nutr Metab 2012;60:233-40

4. Buettner D: The secrets of longevity. Natio-nal Geographic November 2005, S. 8 – 26

5. US Department of Agriculture and US De-partment of Health and Human Services: Re-port of the dietary Guidelines Advisory Committee on the Dietary Guidelines for Americans, 2010. USDA, Washington, 2010

6. Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Voll-wertig essen und trinken nach den 10 Re-geln der DGE. www.dge.de

7. World Cancer Research Fund and American Institute for Cancer Research: Food, Nutriti-on and the Prevention of Cancer: a Global Perspective. Washington 2007

8. Max-Rubner-Institut: Nationale Verzehrsstu-die II: Ergebnisbericht Teil 1. MRI, Karlsruhe, 2008

9. American Dietetic Association: Position of the American Dietetic Association: Vegetari-an Diets. J Am Diet Assoc 2009;109:1266-82

10. Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Vega-ne Ernährung: Nährstoffversorgung und Ge-sundheitsrisiken im Säuglings- und Kindesalter. DGEinfo 4/2011:48-53

11. Elmadfa I, Singer I: Vitamin B12 and homocy-steine status among vegetarians: a global perspective. Am J Clin Nutr 2009;89:1693S-1698S

12. Bundesinstitut für Risikobewertung: Ge-sundheitliche Risiken durch zu hohen Jod-gehalt in getrockneten Algen. Aktualisierte Stellungnahme Nr. 026/2007

13. Lightowler HJ, Davies GJ: Iodine intake and iodine deficiency in vegans as assessed by the duplicate-portion technique and urinary iodine excretion. Br J Nutr 1998;80:529-35

14. Appleby P, Roddam A, Allen N, Key T: Com-parative fracture risk in vegetarians and nonvegetarians in EPIC-Oxford. Eur J Clin Nutr 2007;61:1400-6

15. Crowe FL, Steur M, Allen NE et al.: Plasma concentration of 25-hydroxyvitamin D in meat eaters, fish eaters, vegetarians and ve-gans: results from the EPIC-Oxford-study. Public Health Nutr 2011;14:340-6

16. Turner-McGrievy GM, Barnard ND, Scialli AR: A two-year randomized weight loss trial comparing a vegan diet to a more moderate low-fat diet. Obesity 2007;15:2278-81

17. Barnard ND, Cohen J, Jenkins DJ et al.: A low-fat vegan diet and a conventional diabetes diet in the treatment of type 2 diabetes: a randomized, controlled, 24-wk clinical trial. Am J Clin Nutr 2009;89:1588S-1596S

18. Tonstad S, Butler T, Yan R, Fraser GE: Type of vegetarian diet, body weight, and type 2 di-abetes. Diabetes Care 2009;32:791-6

19. Yokoyama Y, Nishimura K, Barnard ND et al.: Vegetarian diets and blood pressure: a me-taanalysis. JAMA Intern Med 2014;174:577-87

20. Tantamango-Bartley Y, Jaceldo-Siegl K, Fan J, Fraser GE: Vegetarian diets and the inci-dence of cancer in a low-risk population. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2013;22:286-94