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Math. Z. 156,73-83 (1977) Mathematische Zeitschrift by Springer-Verlag 1977 Vektorbiindel auf Kurven und Darstellungen der algebraischen Fundamentalgruppe Herbert Lange und Ulrich Stuhler Mathematisches Institutder Universit~it, Bunsenstrage3- 5, D-3400 G6ttingen, BundesrepublikDeutschland Nach einem klassischen Resultat von A. Weil [11] wird ein Vektorbfindel fiber einer kompakten Riemannschen F1/iche genau dann durch eine Darstellung der Fundamentalgruppe gegeben, wenn alle unzerlegbaren direkten Summanden den Grad Null haben. Ein derartiges Resultat kann man im Fall der algebraischen Kurven tiber K6rpern positiver Charakteristik nicht erwarten, da hier nur die Darstellungen der algebraischen Fundamentalgruppe zur Verffigung stehen. Die Situation wird erhellt durch den Satz 1.4 der vorliegenden Arbeit. Dieser besagt, dab ein Vektorbfindel E (sogar) auf einer beliebigen glatten und voll- st/indigen algebraischen Variet~it X fiber einem algebraisch abgeschlossenen K6rper k der Charakteristik p >0 genau dann yon einer Darstellung der alge- braischen Fundamentalgruppe yon X herrtihrt, wenn ffir eine geeignete Potenz F" des Frobeniusmorphismus P das Bfindel (F")* E isomorph zu E ist. Ein solches Vektorbfindel E ist notwendig semistabil. Leider gibt es umgekehrt viele Beispiele semistabiler Vektorbtindel auf Kurven, selbst fiber endlichen K6rpern, ffir die (F")* E ffir groBe m instabil ist (z.B. [-2, 10]), wo also E insbesondere nicht durch eine Darstellung der Funda- mentalgruppe gegeben werden kann. Bleibt jedoch E bei Anwendung der Fro- beniuspotenzen F" semistabil und sind E, X (eine Kurve) sogar tiber einem end- lichen K6rper k definierbar, so kann E dutch Zurfickziehen auf eine geeignete endliche Uberlagerung f: Y---> X trivialisiert werden, wird also, wenn f sogar 6tale ist, dutch eine Darstellung der algebraischen Fundamentalgruppe von X gegeben. Die Untersuchung der Vektorbfindel auf algebraischen Kurven fiber endliehem Konstantenk6rper h~ingt daher auf das Engste mit dem Stabilitgtsverhalten der Bfindel bei Anwendung des Frobenius zusammen. Hiertiber ist fast nichts bekannt, obgleich in einer Reihe von Arbeiten ([2- 4, 10]) dieses Problem bertihrt worden ist. Auch in dieser Arbeit werden hierzu nur Teilresultate gezeigt, von denen an dieser Stelle nur zwei genannt seien: (1) Die Zuordnung E w-~ E(P):=(P)*(E) definiert eine rationale Abbildung des Modulschemas M(n) der stabilen Vektorbtindel vom Rang n und Grad 0 in

Vektorbündel auf Kurven und darstellungen der algebraischen Fundamentalgruppe

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Math. Z. 156, 73-83 (1977) Mathematische Zeitschrift

�9 by Springer-Verlag 1977

Vektorbiindel auf Kurven und Darstellungen der algebraischen Fundamentalgruppe

Herbert Lange und Ulrich Stuhler

Mathematisches Institut der Universit~it, Bunsenstrage 3 - 5, D-3400 G6ttingen, Bundesrepublik Deutschland

Nach einem klassischen Resultat von A. Weil [11] wird ein Vektorbfindel fiber einer kompakten Riemannschen F1/iche genau dann durch eine Darstellung der Fundamentalgruppe gegeben, wenn alle unzerlegbaren direkten Summanden den Grad Null haben. Ein derartiges Resultat kann man im Fall der algebraischen Kurven tiber K6rpern positiver Charakteristik nicht erwarten, da hier nur die Darstellungen der algebraischen Fundamentalgruppe zur Verffigung stehen.

Die Situation wird erhellt durch den Satz 1.4 der vorliegenden Arbeit. Dieser besagt, dab ein Vektorbfindel E (sogar) auf einer beliebigen glatten und voll- st/indigen algebraischen Variet~it X fiber einem algebraisch abgeschlossenen K6rper k der Charakteristik p >0 genau dann yon einer Darstellung der alge- braischen Fundamentalgruppe yon X herrtihrt, wenn ffir eine geeignete Potenz F" des Frobeniusmorphismus P das Bfindel (F")* E isomorph zu E ist. Ein solches Vektorbfindel E ist notwendig semistabil.

Leider gibt es umgekehrt viele Beispiele semistabiler Vektorbtindel auf Kurven, selbst fiber endlichen K6rpern, ffir die (F")* E ffir groBe m instabil ist (z.B. [-2, 10]), wo also E insbesondere nicht durch eine Darstellung der Funda- mentalgruppe gegeben werden kann. Bleibt jedoch E bei Anwendung der Fro- beniuspotenzen F" semistabil und sind E, X (eine Kurve) sogar tiber einem end- lichen K6rper k definierbar, so kann E dutch Zurfickziehen auf eine geeignete endliche Uberlagerung f : Y---> X trivialisiert werden, wird also, wenn f sogar 6tale ist, dutch eine Darstellung der algebraischen Fundamentalgruppe von X gegeben.

Die Untersuchung der Vektorbfindel auf algebraischen Kurven fiber endliehem Konstantenk6rper h~ingt daher auf das Engste mit dem Stabilitgtsverhalten der Bfindel bei Anwendung des Frobenius zusammen. Hiertiber ist fast nichts bekannt, obgleich in einer Reihe von Arbeiten ( [2 - 4, 10]) dieses Problem bertihrt worden ist. Auch in dieser Arbeit werden hierzu nur Teilresultate gezeigt, von denen an dieser Stelle nur zwei genannt seien:

(1) Die Zuordnung E w-~ E(P):=(P)*(E) definiert eine rationale Abbildung des Modulschemas M(n) der stabilen Vektorbtindel vom Rang n und Grad 0 in

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sich, sofern (p, n)= 1 ist. (Wahrscheinlich ist diese Charakteristikeinschfiinkung tiberfliissig.)

(2) Ist E semistabil, so ist F*(E) nicht zu instabil. Ist z.B. der Rang rg(E)= 2, deg(E) = 0, so ist der Grad eines Teilbtindels maximal g - 1, gdas Geschlecht der Kurve X. Hieraus ergeben sich im Fall g = 2 (dies ist der erste wichtige Fall, da ffir g =0,1 die Fundamentalgruppe abelsch ist) interessante Konsequenzen.

Die Idee, die Frobeniuspotenzen bei der Frage nach den Vektorbtindeln, die durch Darstellungen der Fundamentalgruppe beschrieben werden, ins Spiel zu bringen, stammt yon D. Mumford. Sie wurde uns freundlicherweise yon G. Harder mitgeteilt. Beiden Herren danken wir ftir interessante Gespfiiche.

w

Sei k ein vollkommener K6rper der Charakteristik p > 0, X eine glatte vollst~indige algebraische Variet~it tiber k, P: X ~ X der absolute Frobeniusmorphismus, der durch die Identit~it auf dem X zugrundeliegenden topologischen Raum sowie durch die p-Potenzierung in der Strukturgarbe gegeben ist. Ferner sei F: X ~ X (p) der relative, iiber k definierte Frobeniusmorphismus, der sich aus dem unten stehenden kommutativen Diagramm ergibt:

X

i Spec k v ~ Speck

Da die Projektion pr t ein Isomorphismus (allerdings nicht fiber k) ist, wird es fiir unsere Untersuchungen gleichgtiltig sein, ob wit mit P oder mit F arbeiten. Ftir diesen Abschnitt grundlegend ist

1.1. Definition. Ein Vektorbtindel E fiber der k-Variet~it X heiBt (~tale) triviali- sierbar, falls eine (6tale) Uberlagerung, also ein finiter (6taler) und surjektiver Morphismus f : Y---~ X existiert, so dab f*(E) ein fiber Y triviales Vektorbiindel ist.

Bemerkung. Besonders interessant sind die 6tale trivialisierbaren Vektorbiindel, wie sich aus Proposition 1.2 ergeben wird. Wir nehmen einfachheitshalber k algebraisch abgeschlossen an.

1.2. Proposition. Es besteht eine natfirliche Bijektion zwischen den Isomorphie- klassen yon stetigen Darstellungen der algebraischen Fundamentalgruppe, rq (X) --~ GL(n, k) und den Isomorphieklassen ~tale trivialisierbarer Vektorbfindel E fiber X yore Rang n.

Erl~uterung. Die allgemeine lineare Gruppe GL(n, k) ist dabei nattirlich mit der diskreten Topologie versehen.

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Beweis der Proposition. Wir geben nur die zueinander inversen Zuordnungen an: a) Es sei das Vektorbfindel E fiber X dutch die 6tale, zusammenh~ingende Uberlagerung f : Y--, X trivialisierbar, die wir noch ohne Einschr~inkung als galoisch annehmen k6nnen. Sei gEnl(Y/X) (:=Autx(Y)) ein Automorphismus von Y fiber X. Aus fo g = f erh~ilt man einen Isomorphismus g ' f *(E)~ f*(E), der f*(E) ~ g, f*(E) und damit einen Isomorphismus

T(g): k"=r(Y,,f* E)--~ F(Y,, g , f * E)= F(Y,/* E)=k"

bei Fixierung einer Basis von F(Y, f * E) induziert. Die Zuordnung

nl(X) ~ rq(Y/X) r , GL(n, k)

ergibt eine stetige Darstellung von nl(X), die wir ebenfalls mit T bezeichnen wollen.

b) Sei umgekehrt eine stetige Darstellung T: nl(X)--~ GL(n, k) gegeben. T faktorisiert fiber eine endliche Faktorgruppe, woraus sich eine 6tale 15berlagerung f : Y---~ X, Y zusammenhgngend, ergibt, so dal3 T fiber nl(u faktorisiert. Jedes T(g) ist eindeutig fortsetzbar zu einem (gy-Isomorphismus (9~--, g, (9~, der den konstanten Schnitt (al, ..., a,) t abbildet in T(g) (al, ..., a,) t.

Jedes T(g):(9~-*g,(9~ liefert dann kanonisch einen Automorphismus f , (9~---~ f , (_9:~. Damit induziert T eine Darstellung von nl(Y/X ) durch Auto- morphismen der Garbe f , (_9~.

Das gesuchte Vektorbiindel E ergibt sich als Garbe der bei dieser Darstellung invarianten Schnitte von f , (0~, also E.' = (f , (9~,) ~' (Y/x).

1.3. Bemerkung. Das 6tale trivialisierbare Vektorbfindel E fiber X sei durch die Darstellung T: tea(X)---, GL(n, k) gegeben. Dann erh~ilt man das Bfindel F*(E) durch die Darstellung T (p), T(P)(g): = T(g) (p) (komponentenweise p-Potenzierung).

Wir beweisen jetzt das in der Einleitung angekiindigte grundlegende Resultat tiber den Zusammenhang zwischen 6tale trivialisierbaren Vektorbiindeln sowie den Bfindeln, die isomorph zu einer ihrer Frobeniuspotenzen sind.

1.4. Satz. Ein Vektorbfindel E fiber X/k ist genau dann ~tale trivialisierbar, wenn eine geeignete Frobeniuspotenz (F")*(E) isomorph zu E ist.

Beweis. a) Sei E 6tale trivialisierbar, also nach Proposition 1.2 durch eine stetige Darstellung T: rq (X)~ GL(n, k) gegeben. Da T stetig ist, so ist das Bild Ira(T) endlich, also T realisierbar als Darstellung T: n~(X) ~ GL(n, kl) mit einem end- lichen K6rper k 1. Sei etwa Ik~l=p d. Dann ist nach Bemerkung 1.3 klar, dab (Pd)* E~-E ist.

b) Sei E durch das Verheftungssystem (U~, Gij)i, j d gegeben, wobei die Teil- mengen Ui=X often, U Ui=X und die G~isGL(n, (gx(Uic~U~)) auf Uic~U j holo-

i E I

morph invertierbare Matrizen sind. (Daffir schreiben wir auch kurz E ~ (U~, Gij ) !). Das Vektorbfindel (F")*(E) wird dann gegeben durch das Verheftungssystem (U~, G}~ )) mit q = p"; G}~ ) ergibt sich aus Gij durch q-Potenzierung der Komponenten von G~.

Wir k6nnen die Uberdeckung (U i) von X ohne Einschr~inkung so fein an- nehmen, dab wegen E ~ (F~)* (E) ftir alle i~ ! Matrizen H i ~ GL(n, ~x(Ui)) existieren

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mit

H~G..Hrl=G! ~ (i, jeI) . - - l j ~ 2 - -12 ~

Sei ftir i e I Xi -t'(~)~-t~vujl <=v,~,~, eine n x n-Matrix in den Unbestimmten ~(0_~,. Wir betrachten die 6x(U/)-Algebren

Anschaulich gesprochen bedeutet dies: Man 15st die Matrixgleichungen X}q)Xi- l -Hi=O durch Obergang zu geeigneten iSberlagerungen, eben den Vii." =Spec(B 3 und versucht dann zusammenzukleben. Die so erhaltene globale Oberlagerung sollte die verlangten Eigenschaften haben.

1.5. Lemma. Der kanonische Morphismus f~: V~---~Ui, korrespondierend zu (gx(Ui) ~ Bi, ist dtale.

Beweis. Die Funktionaldeterminante des Gleichungssystems Hi XI=X} q) ist dieselbe wie die des Gleichungssystems H i X i =0. Fiir letztere ergibt sich leicht + det (Hi)". Da aber det(Hi)e (gx(U~)* ist, so folgt nach dem Jacobikriterium, dab

f~ eine 6tale Oberlagerung ist. q.e.d.

Wir verheften jetzt die bereits konstruierten Uberlagerungen f~: V~--~ U~ zu einer Oberlagerung f : Y ~ X und zwar verheften wir die Algebren

[-v "' det (Xi) - =

und

(gx(Uj) [x (') 1 ~ 1 < v , /~< n ] / (X~ q) X] - t - Hj) [ ~"' det(Xj) =

auf Ui~ Uj dutch die Zuordnungen

X~ ~ G/; ~ Xi bzw. Xi ~ Gij Xj.

Die sich ergebenden Verheftungen definieren dann (Kozykelbedingung fiir die Gij) eine 6tale Oberlagerung f : Y---, X.

Bleibt zu zeigen, dab f*(E) auf Y trivial ist. Dies folgt sofort, da man auf (Vie5 Vj) Gij= X i X f 1 schreiben kann, das Vektorbiindel f*(E) ~-(Vi, Gij ) somit trivial auf Y ist. q.e.d.

1.6. Korollar zu Satz 1.4. Ist E ein Vektorbfindel fiber X mit (P)*(E)~(P~)*(E) ffir r > s, so ist E trivialisierbar.

Beweis. gs ist (Pr)*(E)~(P~-~)*(P~)*(E) und daher (P~)*(E) 6tale trivialisierbar. Ist f : Y ~ X eine in Frage kommende 6tale Oberlagerung, so folgt sofort, dab f*(E) auf Y durch die Frobeniuspotenz (P~) trivialisiert wird.

1.7. Bemerkung. Es gibt im allgemeinen nichttriviale Vektorbtindel, die bei Zuriickziehen mittels des Frobeniusmorphismus trivial werden. Solche Biindel

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sind sicher nicht 6tale trivialisierbar ! Andernfalls wtirde ein solches Bfindel durch eine nichttriviale Darstellung T der Fundamentalgruppe rq (X) gegeben. (F")*(E) wtirde dann fiir jedes natiirliche n durch die Darsteltung T (v") gegeben und mit T ist auch T (p") nichttrivial entgegen der Annahme.

1.8. Definition. Ein Vektorbfindel E tiber der vollst~indigen glatten algebraischen Kurve X ist semistabil (stabil), falls far alle Teilbfindel 0 # E' ~ E die Ungleichung

deg E' deg E #(E ' ) :=rg E, </~(E)= r ~ - ( < )

gilt.

1.9. Wir betrachten den uns besonders interessierenden Fall einer glatten alge- braischen Kurve fiber dem endlichen K6rper k.

Satz. Ein fiber k definiertes semistabiles Vektorbfindel E vom Grad Null ist triviali- sierbar genau, wenn die siimtlichen Frobeniuspotenzen (F")*(E) wieder semistabil sind.

Beweis. Ist E trivialisierbar, so sind selbstversti~ndlich alle Frobeniuspotenzen wieder semistabil.

Es seien umgekehrt alle Frobeniuspotenzen des semistabilen Bfindels E semistabil. Dann ergibt sich eine Beziehung der Form (P)*(E)~(Ps)*(E), r>s, da die Anzahl der Isomorphieklassen fiber k definierter semistabiler Btindel fiber der Kurve X endlich ist. Letzteres ist eine leichte Folgerung aus dem Satz von Riemann-Roch. Das Korollar zu Satz 1.4 ergibt dann die Behauptung.

1.10. Bemerkung. Man hat Satzl.9 natiirlich auch ffir h/Sherdimensionale Mannigfaltigkeiten, sofern man nur weil3, dab die Anzahl der semistabilen Vektorbtindel (entsprechend definiert) bis auf Isomorphie endlich ist.

w

Sei X wieder eine glatte vollst~indige algebraische Kurve fiber dem algebraisch abgeschlossenen K6rper k der Charakteristik p > 0. Wit betrachten das grobe Modulschema M(n) [-8] der stabilen Vektorbtindel des Ranges n und der Deter- minante Null.

Wit setzen nut noch (n, p)= 1 voraus, eine Charakteristikeinschr~inkung, die bei unserem Beweis n6tig, ffir den Satz selber abet wohl iiberfltissig ist. Jedenfalls gilt unter dieser Voraussetzung und mit den Bezeichnungen E(q)=P (q) E." =PeE mit q = pd:

2.1. Satz. Die Frobeniuspotenzierung E ~ E (~) der stabilen Vektorbiindel E / X yore Rang n und Determinante 0 definiert eine rationale Abbildung des zugeh6rigen Modulschemas M(n) in sieh.

Beweis. Auf dem quasiprojektiven Schema M(n) operiert die Gruppe T(n) der n-Teilungspunkte der Jacobivariet~it Jac(X) von X, so dab der Quotient N(n), = M(n)/T(n) als grobes Modulschema der stabilen projektiven Biindel mit

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Faser IP n- 1 und Grad kongruent 0 rood (n) existiert. Man beachte hier, dal3 sich der Begriff der Stabilit~it auf die projektiven Btindel fibertr~igt, da mit dem Vektor- biindel E auch E | L, L ein Geradenbtindel, immer stabil ist.

Auf N(n) existiert nach [7] eine Poincar~-Familie P, d.h.

1) P ist projektives Biindel auf X x N(n), 2) PLX x {p} ist isomorph dem zum Punkt peN(n) zugeh6rigen projektiven

Bfindel.

Es gibt Punkte peN(n), so dab (P(q~)* (PIX • {p}) wieder ein stabiles projektives Bfindel ist. Man w~ihle nur einen Punkt, der durch ein VektorbiJndel E pr~isentiert wird, das yon einer Darstellung T herkommt. Ist das Biindel E stabil, so ist die Darstellung T irreduzibel, also auch ihre Frobeniuspotenz T (q~ irreduzibel und damit E (q) stabil.

Da weiter Stabilit~it nach [8] eine offene Bedingung ist, so ist (P~q~)* (P)[X x {u} fiir alle u~ U c N(n), U eine offene, p enthaltende Menge, stabil.

(P(q~)*(P)[(X • U) ist dann eine durch U parametrisierte Familie stabiler projek- fiver Btindel. Auf Grund der Existenz der Poincar6familie Pauf X x N(n) ergibt sich also ein eindeutig bestimmter Morphismus P(q~: U --* N(n), so dab (P(~)* (P) sich durch Zurfickziehung yon P mittels des Morphismus P(q~ ergibt.

Wir haben das Diagramm

p t(U ) __f_!Y)__~ M(n)

fr lpr U - F(~' , N(n),

dabei bezeichnet pr die Projektion auf den Quotienten, die jedem Vektorbiindel das assoziierte projektive Biindel zuordnet.

Sei u ~ U, E, ein Vektorbiindel mit Determinante Null aufX, dessen zugeh6riges projektives Biindel gerade zu u geh6rt. Nach einem einfachen Galoisargument definiert dann die Vorgabe des Bildpunktes, der zu dem Biindel (P(q~)* (E,) gehifrt, eine eindeutig bestimmte (gestrichelt eingezeichnete) Liftung, die wir einfach- heitshalber wieder mit P(q~ bezeichnet haben, die das Diagramm oben kommutativ macht und die eben gerade die mengentheoretische Abbildung E - ' , E (q) darstellt. P(q~ als Morphismus auf der offenen Menge p-l(u) legt dann aber die gesuchte rationale Abbildung yon M(n) in sich lest. q.e.d.

2.2 Bemerkung. Man mug in dem Beweis von Satz2.1 den Umweg fiber die Modulschemata der projektiven Biindel gehen, da ffir die stabilen Vektorbiindel des Ranges n und der Determinante 0 keine Poincar6-Familie, auch nur auf Zariski-offenen Teilmengen des Modulschemas, existiert.

Schlieglich sei noch darauf hingewiesen, dab man mit analogen Argumenten auch zeigen kann, dab far das Modulschema M(n, L) der stabilen Vektorbfindel vom Rang n und Determinante L die Abbildung E ~ E (q~, M(n, L)---, M(n, L | q) rational ist. Allerdings ben6tigte man dafiir neben den Darstellungen der Funda- mentalgruppe noch Darstellungen einer etwas modifizierten Fundamentalgruppe (mit Isotropieelementen) [11], um die Existenz yon Biindeln nachzuweisen, die bei Anwendung des Frobenius stabil bleiben. Darauf wollen wir hier nicht n~iher eingehen.

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2.3. Wit wollen ]etzt das Stabilit~tsverhaRen der Vektorbiindel bei Anwendung des Frobeniusmorphismus weiter untersuchen. Dazu soll die Theorie des radi- ziellen Abstiegs (z.B. [3]) auf unsere Frage angewandt werden. Der folgende Satz liege sich auch fiir Vektorbfindel beliebigen Ranges formulieren, s~ihe dort aber erheblich komplizierter aus.

2.4. Satz. Ist E ein semistabiles Vektorbfindel yore Rang 2 auf X, fur das .~* (E) instabil ist und B das eindeutig bestimmte, die Semistabilitiit verletzende Geraden-

unterb~ndel yon F*(E), so gilt deg(B) < ~ p deg(E) + g - 1, speziell J~r deg (E) = 0 also deg(B) < g - t.

2 .

Beweis. Angenommen, es ist deg(B)> p d e g ( E ) + g - 1 . Die Theorie des radi-

ziellen Abstiegs ffir F (z.B. [3], p. 23) liefert einen (gx-Modulhomomorphismus

f : Der,~,((gx) --, End,~(P*(E))

mit der Eigenschaft

( f D) (e e) = D(c~) f (e) + a ( f D ) ( e), (*)

dabei sind DEDerr , c~(gx, eeF*(E) lokale Schnitte. Davor- bzw. dahinter- h~ingen der Abbildungen B ~ F*(E) bzw. F*(E)--, F*(E)/B vor die Abbildung f(D): P * ( E ) ~ P * ( E ) ergibt wegen (,) eine (gx-lineare Abbildung B ~ F*(E)/B, insgesamt ergibt sich also ein (gx-Modulhomomorphismus

f : Der,~((Px) -+ Hom,x(B, F* (E)/B).

Nun ist Derel ( (gx)=~: und daher deg(Derr Andererseits ist Homo:,(B, pX(E)/B) ein Geradenbtindel yore Grad p deg{E)-2deg(B) . Nach Voraussetzung ist 2 (1 - g) aber gr6ger als p deg (E) - 2 deg (B) und daher mug f = 0 sein.

Das heil3t aber, wiederum nach der radiziellen Abstiegstheorie: f liefert durch Einschr~inkung auch einen Abstieg ffir das Teilbiindel B bez. F, etwa B 1 c Emi t F*(B1)= B. Die Existenz yon B 1 steht aber im Widerspruch zur Semistabilit~it

yon E. Es mug also d e g ( B ) < 2 d e g ( E ) + g - 1 gelten, q.e.d.

Genauere Informationen fiber das Problem des radiziellen Abstiegs gibt der folgende Satz in der Situation, dag F*(E) eine direkte Summe yon Geraden- btindeln ist.

2.5. Satz. Eine direkte Summe yon Geradenb~ndeln E = L I 0 " " O L, auf einer vollstiindigen glatten Kurve X fiber k besitzt genau dann einen Abstieg bez. des Frobeniusmorphismus, wenn das Jfir jedes der L i gilt, wenn also deg(L~)---0(p) ]'fir 1 <_ i n n ist.

Beweis yon Satz 2.5. Die eine Richtung ist klar. Sei also E = L 1 (9 "'" Q L , und E besitze einen Abstieg bez. des Frobenius F. Wir k6nnen, wie eine leichte Ober- legung zeigt, E in der Form (U, V; diag(fl . . . . ,f,)) annehmen mit einer Ober- deckung U w V= X durch die offen-affinen Mengen U, V, so dab die Jl ~ (gx(Uc~ V)*

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fiir i=1, . . . ,n sind, diag(fl , . . . , f , ) die Diagonalmatrix mit den Elementen f~. Da E einen Abstieg bez. P besitzt, so gibt es, nach eventueller erforderlicher weiterer Verfeinerung der Uberdeckung (U, V) yon X, Matrizen A ~ GL(n, Cx(U)) , BeGL(n, (gx(V)) , so dab

A diag(f~, ..., f , )= G (p) B

ist, dabei G~GL(n, (9x(Uc~V)). Bezeichnet D die logarithmische Differentation fiir Matrizen, D(X)." = X - 1 d X, so folgt

diag(fl , ..., f,) D(A) diag(f~, ..., f , ) - i + diag(D(f 0 . . . . , D(f,))=D(B). (1)

Ist D(A)=(oij ) mit coijefJ1(U ) und D(B)=(~blj ) mit ~pij~f21(V) fiir i , j = l , ..., n, so besagt (1) insbesondere

~i i+D(f i )=@i i (l<i<n) (2)

Nun ist (f~lU~, llV) ein rationaler Schnitt von L i auf X. Es folgt

deg(Li) = ~ v~(f/) = ~ Rest(D f3 (rood p), (3) x ~ U x e U

kongruent zur S'umme der Residuen yon Dr. in den x~ U. Andererseits ist nach (2):

Z Resx(Df~)= Z Resx(Oii)-~, Resx(c~ x e U xEU x ~ U

= ~ Resx(~i.0; (4) x~X

da 0~ bzw. co~, holomorph auf X - U bzw. U ist. Nach dem Residuensatz ist ~ Res~(0~/)=0. Insgesamt erh~ilt man

x ~ X

deg(L~)---0(p) fiir 1 <_iNn. Das heigt aber natiirlich, dab die L~ Abstieg bez. /~ haben, q.e.d.

2.6. Korollar zu den Siitzen 2.4, 2.5. Ist E ein semistabiles Vektorbiindel yore Rang zwei und Determinante null auf der Kurve X /k yore Geschlecht zwei, so ist entweder [~*(E) ebenfalls semistabil oder abet F*(E) ist die eindeutig bestimmte nichtzer- fallende Erweiterung V

O ~ B -~ V--~ B - I --~ O

des bis auf Multiplikation mit den 2-Teilungspunkten der Jacobischen eindeutig bestimmten Geradenbiindels Bmi t B | 2 ~ ~'21"

Beweis. Angenommen, es ist F*(E) nicht semistabil. Nach Satz 2.4. hat das die Semistabilit~it verletzende Btindel hSchstens und daher genau den Grad 1. Ferner erh~ilt man wie im Beweis yon Satz 2.4 einen Homomorphismus

f : O1 --~ H~ F*(E)/B),

der nicht Null sein darf, da B sonst Abstieg h~itte. Folglich ist f aus Gradgrtinden sogar ein Isomorphismus, d.h. abe l es ist B | 2 _~ O1.

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Vektorbiindel auf algebraischen Kurven 81

Da Ha(X, Hom~,~(P*(E)/B, B))= k die mSglichen Erweiterungen klassifiziert, so ergeben sich bei fixiertem B genau 2 MSglichkeiten:

a) F* (E) = B �9 F* (E)/B b) F*(E) ist die eindeutig bestimmte nichtzerfallende Erweiterung yon B mit

F*(E)/B. Da nach Satz 2.5 die MSglichkeit a) entffillt, ergibt sich die Behauptung.

2.7. Bemerkung. Es ist interessant, dab Gieseker in [2] gerade die Bfindel obigen Typs benutzt, um zu beliebigem Geschlecht Kurven zu konstruieren, fiber denen stabile Vektorbfindel existieren, die bei Anwendung des Frobenius instabil werden. Es kann also in der Tat passieren, dab bei Geschlecht zwei die rationale Abbildung M(n)---) M(n) nicht fiberall definiert ist. Umgekehrt zeigt der folgende Abschnitt 3, dab Kurven vom Geschlecht zwei existieren, ffir die E ~ E (v) sogar ein Morphismus ist.

w

Ein Beispiel. Sei k algebraisch abgeschlossen vonder Charakteristik p = 2, X eine vollst~indige glatte Kurve vom Geschlecht g = 2 tiber k mit nicht nilpotenter Hasse-Witt Matrix, ferner sei B Geradenbiindel fiber X, B | und E ~ Ext 1 (B - 1, B) die nichtzerfallende Erweiterung.

3.1. Proposition. E besitzt keinen Abstieg bez. F.

Beweis. Nach [5] ist X fiber k isomorph zu einer Kurve der folgenden beiden Typen (inhomogen geschrieben):

a) y 2 + x y = 2 x S + # x 3 + x mit 2,#Ek, 24=0

b) y 2 + ( x Z + x ) y = 2 x S + # x a + v x mit 2 ,# ,vek , 2v4=0.

Sei P~o der Punkt von X im Unendlichen. Dann ist ~ r = (gx(2poo). Setzt man B:=(_gx(poo), so ist B| (Tensorieren mit 2-Teilungspunkten spielt keine Rolle). Ist U." = X - {Po~}, so ist B gegeben als (U, V; b), V eine hinreichend kleine Umgebung yon Po~, be(gX.p= yon der Ordnung 1. E l~il3t sich angeben in der Form E ~-(U, V; q5) mit

dp = , aek(X).

Angenommen, E besitzt Abstieg bez. F. Dann gibt es Matrizen Z s GL(2, k(X)), AeGL(2, (9(U)), B~GL(2, (gx, p~o) mit

A . r = Z (p) ~ B (1)

Es folgt ~b-1 (DA) ~9 + D c~ = DB, wobei D wieder die logarithmische Differentation bedeutet. Setzt man DA = (coij) mit o)ifi Y2~(U) und DB = (~ij) mit ~if i f2~. p~, so besagt (1) insbesondere

b- 2 c02~ = ~ 1 , (2)

ab -1 o)21 -}-(D22 + b -1 d b = I//22. (3)

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82 H. Lange and U. Stuhler

Nach (2) ist b- 2 0)21 ganz in Po~ und damit

Vp~(0)21 ) ~_~ vp~(b 2) = 2. (4)

Andererseits ist AeGL(2, (gx(U)) , also /)p(0)21)--~0 ftir alle P4Poo. W~ire 0)21 =0, so w~ire wegen Vpo~(b -1 d b ) = - 1, vp~(O22)>0 und nach (3) auch vp~(0)22)=- 1, also 0)22 ein Differential mit nur einem einzigen Pol der Ordnung 1 und das ist unm/Sglich. Es folgt 0)21 z#0"

Als von 0 verschiedenes ganzes Differential, welches die Bedingung (4) erftillt, ist 0)21 notwendig

0)21=/cd(X2+x ) falls [ X2@X

X vom Typ a)

X vom Typ b)

mit c +0. Also ist o)21 in jedem Fall ein yon Null verschiedenes Vielfaches eines logarithmischen Differentials.

Ist A = (aij), so ist andererseits wegen p = 2

0 ) 2 1 = a l l d a 2 1 - a 2 1 dala=d(a11 a21), (5)

also co21 ein exaktes und damit kein logarithmisches Differential. Dann ist aber die Annahme, E besitze bez. P Abstieg, falsch, q.e.d.

Literatur

1. Gieseker, D.: P-ample bundles and their Chern classes. Nagoya math. J. 43, 91 - 1 1 6 (1971) 2. Gieseker, D.: Stable vector bundles and the Frobenius morphism. Ann. sci. t~cole norm. sup.

IV. ser. 6, 95-101 (1973) 3. Grothendieck, A.: Technique de descente et th6or6mes d'existence en g6om6trie alg6brique I.

In: S6minaire Bourbaki 12e ann6e 1959/60 fasc. 1 Expos6 Nr. 190. 29 pp. Paris: Secr6tariat math6matique 1960

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8. Seshadri, C. S.: Mumford's conjecture for GL(2) and applications. In: Algebraic geometry (Bombay 1968). pp. 347-371. Bombay-London: Oxford University Press 1969

9. Stuhler, U. : Vektorbiindel auf Kurven mit Singularit~iten. Math. Ann. 220, 137-142 (1976) 10. Tango, H.: On the behavior of extensions of vector bundles under the Frobenius map. Nagoya

Math. J. 48, 73 - 89 (1972) 11, Weil, A.: G6n6ralisation des fonctions ab6liSnnes. J. Math. pur. appl., IX. Sdr. 17, 4 7 - 8 7 (1938)

Eingegangen am 7. Dezember 1976

Page 11: Vektorbündel auf Kurven und darstellungen der algebraischen Fundamentalgruppe

Vektorbiindel auf algebraischen Kurven 83

Zusatz bei derKorrektur

Mittlerweile ist uns klargeworden, dab sich die Einschr/inkungen an die Charakteristik in Satz 2.1, wie zu erwarten, beseitigen lassen. Nach Naras imhan und Ramanan (Deformations of the moduli space of vector bundles over an algebraic curve, Ann. of Math. 101, p. 391-417, 1975, insbesondere Proposition 2.4) gibt es zu M(n) ein btale iiberdeckendes Schema ~ ' n ) und X x M("~) besitzt eine Familie yon Vektorbtindeln. Dann schlieBt man ganz ~ihnlich wie im Beweis von Satz 2.1.