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Die verschiedenen Ansichten über das Innere der Erde. Von PEOFESSOE Vortrag, gehalten am 5. April 1876. ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at

verschiedenen Ansichten über das Innere der Erde. · Dichte der Erde recht gut unter der Annahme ergebe, dass das Innere, der Kern, aus Eisen bestehe (Dichte des Eisens circa 7•

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Die

verschiedenen Ansichten über dasInnere der Erde.

Von

PEOFESSOE

Vortrag, gehalten am 5. April 1876.

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„Das Innere unseres Planeten, so sagt Naumann,ist unserer unmittelbaren "Wahrnehmung so unerreich-bar, dass man es auf den ersten Blick für ein verwegenesund fruchtloses Beginnen halten möchte, irgend etwasBestimmtes über seine Beschaffenheit ausmitteln zuwollen."

Nichtsdestoweniger haben sich gar viele hervor-ragende Forscher dem „Drang nach Mehrung der Er-kenntniss" Folge leistend, an die Lösung der grossenFrage gewagt: In welchen Zuständen befinden sich dieungeheuren Massen die das Erdinnere erfüllen?

Obwohl sich Jeder eingestehen musste, dass unsererunmittelbaren Anschauung die Tiefen unseres Planetenewig verschlossen bleiben werden, boten sie doch alle ihreGeisteskraft auf, und ihren Speculationen ist es gelungendie schwierige Frage von den verschiedensten Seiten zubeleuchten und — wenn das sichere Endresultat auchvielleicht noch nicht errungen ist— so ist doch so Vielesauf das Eingehendste überdacht und erwogen, dass wir dieHoffnung nicht aufzugeben brauchen, dem forschendenGeiste des Menschen werde es doch noch gelingen, einebefriedigende Lösung dieser Frage zu gewinnen. — Wasin dieser Beziehung bisher geschehen ist, will ich ver-

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suchen in gedrängter Ueberschau zu entwickeln. Dabeiwill ich vorerst von dem thatsächlich Erkannten aus-gehen und dann erst die verschiedenen Ansichten er-örtern, die im Laufe der Zeit gehegt und ausgesprochenwurden. Es sind zumeist gar kühne Gebäude.

Von den älteren Phantasiegebilden über die Be-schaffenheit des Erdinnern, will ich nur eine anführen.Leslie beschreibt das Innere unseres Planeten als eineHohlkugel, angefüllt mit unwägbaren Stoffen von un-geheurer Eepulsivkraft. *) Humboldt erzählt uns imKosmos sehr anziehend, wie' diese Ansicht von Phan-tasten ausgebaut wurde, wie sie den Hohlraum mitPflanzen und Thieren bevölkerten und eine gleich-massige Wärme in den inneren Erdräumen herrschen,ja selbst kleine Planeten: Pluto und Proserpina, einsanftes Licht verbreitend kreisen liessen, welches übri-gens ganz entbehrlich sein könnte, da die Luft durchdie Pressung selbstleuchtend wäre. Der Eingang in dieHohlkugel müsse unter dem 82° nördl. Breite liegen,dort wo das Polarlicht ausströmt.

War es ein Wunder, wenn sogar Expeditionendahin in Vorschlag gebracht wurden/deren Ausführungman sich wohl in der Art dachte, wie es uns der an Phan-

') An dieser Stelle will ich erwähnen, dass auch inneuester Zeit die Annahme ausgesprochen wurde, dass sichim Inneren unseres Planeten ein „sehr dichter, gasförmig ver-bliebener Kern" befinde, eine Ansicht, auf welche ich noch aneiner anderen Stelle in Kürze zurückkommen will. (Molden-hauer: Zur Entwicklungsgeschichte des Erdballes. Gaea 1875.)

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tasie überreiche Jules Verne in seiner „ Reise nach demMittelpunkte der Erde" mit so viel Humor und Scharf-sinn vorgegaukelt hat.

So leicht geht die Sache nicht, doch stehenuns glücklicher Weise Aushilfsmittel zur Verfügung,welche die Handhaben bieten um die heikle Frage an-fassen zu können. Drei Reihen von Thatsachen hebenuns über manche Schwierigkeit hinweg.

Sie betreffen erstens die Gestalt der Erde, zwei-tens die Dichte derselben und drittens die Erdwärme.

Dass unserem Planeten die Form eines von einerKugel nur wenig abweichenden Rotations-Ellipsoideszukömmt, ist als bekannt vorauszusetzen. (Aequatorial-Durchmesser = 1719, Axenlänge = 1713 M.) ') Esist dies die Form, welche von rotirenden Flüssigkeitenangenommen wird, die den Einwirkungen von Aussenentzogen, nur den ihrer eigenen Masse innewohnendenAnziehungskräften unterworfen sind; wir schliessendaraus, dass unsere Erde einst eine Flüssigkeitskugelgewesen sein müsse. Von dem französischen PhysikerPla teau wurde der Vorgang der Abplattung durcheinen überraschend schönen Versuch auch experimentelgezeigt. 2)

') Die Abplattung dürfte mit 1/2S9 am Genauesten an-gegeben sein.

2) Olivenöl, in Weingeist von gleicher Dichte gebracht,zeigt die reine Kugelform, welche durch Umdrehung derOelmasse um so mehr abgeändert wird, je schneller die-selbe gedreht wird.

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An dieser Stelle möchte ich auch auf einen andereninteressanten Versuch hinweisen, der von E. Sacherüber das Erstarren geschmolzener Kugeln (Walrat) ineinem flüssigen Medium (Weingeist) kürzlich angestelltwurde. Dieselben erstarren an der Oberfläche und be-ginnen zu rotiren, wenn eine einseitige Erstarrung ein-tritt. Die Binde ist anfangs ein glattes, dünnes Häut-chen, wird jedoch bei zunehmender Dicke uneben undes entstehen Faltungen. Neuerdings gelang es HerrnSacher auch geschmolzene Schwefelkugeln in heisserSchwefelsäure zum Schweben zu bringen. Auch hierzeigten sich beim Erstarren Einschrumpfungen derRinde und Trichterbildung. })

Andere dagegen versuchten die. Möglichkeit darzu-legen, dass die Abplattung der Erde eine Folge derThätigkeit des Wassers sein könnte. So nahm Play fairan, die Erde sei ursprünglich eine ruhende, feste, voneinem Ocean rings umgebene Kugel gewesen, die inFolge der eintretenden rotirenden Bewegung, durch dienagende und nivellirende Thätigkeit des Wassers, diesphäroidische Gestalt erhalten habe, eine Ansicht, dievon Henessy (im Jahre 1848) weiter ausgeführt wurde.

Fr. Mohr in seiner Geschichte der Erde (1875)sagt Seite 435, „dass es sehr zu bezweifeln sei, ob unsereErde ohne Gletscherbildung und Verwitterung durchFrost und ohne Meer eine so regelmässige Kugelgestalt

i) Verhandl. d. k. k. geol. K.-Anst. 1875, pag. 261, und1876, pag. 80.

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haben würde, als sie in Wirklichkeit zeigt", ja er. gehtso weit, die Abplattung der Erde an den Polen durchdiese Verwitterung und Gletscherabscheuerung erklärenzu wollen. l)

Für die weitaus grössere Anzahl der Menschen, dieüber die Form der Erde nachgedacht haben, bezeugtdiese, die Art der Entstehung aus einem Material, dassich ursprünglich in einem flüssigen Zustande befundenhaben muss, worauf ich bald näher zurückkommenwerde.

"Was die Dichte der Erde anbelangt, so ist be-sonders nach den sorgfältigsten diesbezüglichen Unter-suchungen mit der empfindlichen Drehwage2) die

1) Es steht übrigens nach Allem was wir über die wahreGestal t der E rde wissen, fest, dass sie „durch keinen be-stimmten mathematischen Körper dargestellt werden kann" .E s finden s ichUnregelmässigkei ten die sich durch keine Rech-nungsfehler erklären lassen. Wurde doch die scheinbar sowidersprechende Thatsache , dass Pendelmessungen auf Inselndie fern von Küsten liegen auf eine grössere Wi rkung derSchwerkraft weisen, als ihrer Lage am Niveau des Meeresentsprechend schien, erst neuerlichst durch die schöne Ab-handlung F i sche r ' s : „Untersuchungen über die Gestalt derE r d e " (Darmstadt 1868) dadurch erklärt , dass das Meeres-niveau an den Küsten der Continente im Mittel um 700 bis500 Meter höher ist als im weiten offenen Meere, cfr. P . A.Conrads : Grosse, Gestalt und Dichte der E rde . Köln 1874.

2) Ein horizontal schwingendes und dadurch der störendenEinwirkung der Schwere entzogenes Pendel , aus dessen Schwiu-gungsdauer und Schwingungsweite die Masse der E rde be-rechnet werden kann. . .

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mitt lere Dichte mit circa 5-6 gefunden worden1), d. h.die Erde ist 5*6 Mal schwerer als eine gleich grosseWassermenge. Bedenkt man nun, dass die mittlereDichte der festen Erdkruste, so weit sie uns bekanntgeworden, nur etwa 2*7 beträgt, ja dass wir mit Hin-zuziehung der Oceanbedeckung nur 1*6 als die mittlereDichte der Gesammt-Oberfläche erhalten, so ergibt sichmit zwingender Notwendigkeit, dass die Dichte desErdinneren noch viel grosser als 5*6 sein müsse. Laplacekommt unter der Annahme einer Dichtigkeitszunahmein arithmetischer Progression auf eine Dichte des Kernes= 10-047, Plana unte? Annahme einer Oberflächen-dichte von 1-877 sogar auf 16-73.

Diese Rechnungen legen uns die Annahme nahe,dass die Massen der Erde sich so angeordnet habendürften, wie wir es etwa beim Zusammenmischen ver-schieden dichter Flüssigkeiten sehen, wo immer diedichteste die tiefste, unterste Lage einnimmt. Wobei

J) Cavendish fand (1798) auf diesem Wege die Dichte-der Erde = 5*48 (nach Hutton's Rechnungen D = 5-32),Eeich fand zu Freiburg 1837 die Dichte = 5*47 und beispäteren Untersuchungen = 5-58, Bayly in London 1842nach mehr als 2000 Beobachtungen D = 5-67.

Etwas geringere Werthe fanden auf Grund der Ablen-kung des Bleilothes in der Nähe von Gebirgszügen Maskelyneund neuerlichst James, ersterer berechnete die Dichte D =4-71, letzterer D = 5-136.

Auf etwas grössere Werthe kam dafür der englischeAstronom Airy (1854), gestützt auf den Satz, dass ein-im Innern der Erde befindliches Pendel, wegen der gerin-

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freilich nicht ausser Acht gelassen werden darf, dassdie Erde kein ruhig stehender, sondern ein in Rotationbegriffener Körper ist. Gegen obige Annahme ist nunfreilich wieder ein Einwurf gemacht worden, indemman hervorhob, dass dieselben Stoffe durch Druckkräfteauf eine grössere Dichte gebracht werden können.Man hat berechnet, dass z. B. atmosphärische Luft ineiner Tiefe von 7-6 Meilen die Dichte des "Wassers, in11 Meilen Tiefe aber die des Platins haben würde,oder dass das Wasser in 20 Meilen Tiefe seine Dichteetwa verdoppeln, in 80 Meilen Tiefe aber so schwerwerden würde wie Quecksilber, und Herschel berechnetefür den Erdmittelpunkt einen Druck von 300.000 Atmo-sphären (d. i. auf 1 D Cm. 3,099.000 Kilogramm), wo-durch Stahl auf ein Viertel seines Yolumens zusammen-gedrückt würde. Dieser Einwurf ist jedoch nichtstichhältig, da sich die Körper nicht ohne Grenze zu-sammendrücken lassen und auch die Ausdehnung durchdie grössere Temperatur der Tiefe, der zusammen-drückenden Kraft entgegenwirkt.

Der Amerikaner J. D. Dana1) kommt, gestütztauf die Thatsache, dass sich die erwähnte mittlere

geren Anziehung durch die Masse der Erde, langsamerschwingen müsse als auf der Erdoberfläche. (Er stellte seineUntersuchungen zu Hartem in 383 Meter Tiefe an.) Er fanddie mittlere Dichte der Erde D = 6566.

J) James D. Dana: On some results of the Earth'scontraction from cooling. Amer. Journ. Juni-Sept. 1873 undManual of Geology. 2na ed. pag. 735 ff..

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Dichte der Erde recht gut unter der Annahme ergebe,dass das Innere, der Kern, aus Eisen bestehe (Dichtedes Eisens circa 7•<£), zu der Meinung, dass etwa zweiDrittel der Erdmasse aus Eisen bestehen dürften unddass der eiserne Kern schon in etwa 500 engl. Meilen(108 d. M.) Tiefe beginnen müsste. Die ungemeingrosse Verbreitung des Eisens in den verschiedeneneruptiven, d. h. aus dem Schmelzflüsse erstarrtenGesteinen (vier Fünftel derselben sind reich an Eisen),brachte ihn auf diesen Gedanken. Die thatsächlichhochwichtige Rolle, welche das Eisen in den Meteor-steinen spielt, und noch mehr, die ganz aus gediegenemEisen bestehenden Meteoreisenmassen, die aus dem Welt-räume so häufig auf die Erde niederfallen, unterstützendiese Ansicht. Die Meteoriten sind ja offenbar auf kleineGestirne zurückzuführen, „die ähnlich gebaut warenwie unsere Erde". *)

Mit Dana hätten wir anzunehmen: Eine centraledichte Masse, vielleicht einen Eisenkern, eine äussereKruste und zwischen Kruste und Kern eine zäh-flüssige, warme Schichte, welche ungefähr 7 bis 8 Mei-len unter der Erdoberfläche liegen dürfte. Eine An-nahme, welche schon Franklin angedeutet hat, indemer die Erde mit einer Nuss verglich.

Die Erdwärme gewährt uns eine Hauptstützeum die Frage nach dem Zustande des Inneren unseres

J) Vergl. Tschermak: Die Bildung der Meteoriten etc.Sitzb. d. k. Ak. ä, W. 1875 pag. 8.

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Planeten zu beantworten- Wo immer man bis jetzttiefer in die Erde eingedrungen ist, überall hat man imGrossen und Ganzen dieselben Beobachtungen anstellenkönnen. Zuerst nimmt man, in unserer Breite, eine all-mälige Temperaturabnahme wahr, bis zu einer Tiefevon 20 bis 30 Meter. So weit erstreckt sich die Ein-wirkung der jährlichen Temperaturschwankungen (wäh-

• rend die täglichen Veränderungen sich nur 1 bis 2 Metertief nachweisen lassen).

Von dieser, durch Beständigkeit des Wärmegradesausgezeichneten Grenze, nimmt die Temperatur immermehr zu, je tiefer wir eindringen. Die Wärmezunahmeist übrigens nicht an allen Orten dieselbe, denn sie hängtnicht nur von der Tiefe allein ab, sondern auch vonverschiedenen anderen Umständen, z. B. von der Wärme-leitungsfähigkeit der verschiedenen Gesteine. In Berg-werken und in Bohrlöchern aller Art, sowohl bei derAnlage artesischer Brunnen, als auch beim Suchen nachnutzbaren Stoffen der Erdkruste, hat man vielfach Ge-legenheit gehabt derartige Beobachtungen anzustellen.

Die grösste in neuester Zeit erreichte Schacht-Teufe ist die im Albertischachte in Pfibram, wo imMai 1874 die Tiefe von 1000 Meter erreicht wurde.

Hier ergab sich als Gesteinstemperatur in einerTiefe von:

74-5 Meter. . . 9-44 ° C.145-0 „ . . . 11-52190-7 „ . . . 11-97286*3 „ . . . 13-75

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359-8 Meter. .432-7 „ . .505-6 „ . .581-5 „ . .661-8 „ . .737-3 „ . .832-2 „ . .889-3 .. . .

. 14-16 °C.

. 15-14

. 16-52

. 17-77

. 19-16

. 20-41

. 21-11

. 21-80

Berechnet man daraus die geothermische Tie-fenstufe, d. h. die Tiefenstufe, der eine Temperatur-zunahme um 1 ° C. entspricht, so entfällt für dieeinzelnen aufeinanderfolgenden Strecken eine Zunahmeder Wärme um einen Grad auf: 34, 97, 53, 172, 74,52-8,68-7, 57-7, 55-9, 135-5, 82*7 Meter, was für einesehr verschiedenartige Wärmevertheilung spricht, wollteman für die ganze Strecke eine mittlere geothermischeTiefenstufe annehmen, so würde diese circa 65 Meter be-tragen. Es ist dies eine auffallend grosse Stufe, wenn mansie mit Angaben von anderen Werken vergleicht; so fandman beispielsweise für den Bohrbrunnen von la Grenellein Paris (532 Meter tief) 30 Meter, für den Bohr-brunnen von Neusalzwerk in Westphalen (679 Metertief) 29 Meter als geothermische Tiefenstufe.

Der tiefste bis jetzt durch Bohrung erreichte Punkt,liegt in Preussen (5 '/2 Meilen südlich von Berlin) imBohrloche von Sperenberg, es ist 1271-2 Meter tief undist auf 1193 Meter durch Salz geführt. Die Bohrungenergaben folgende Temperaturen: bei 1000' 23° C, bei2000' 33° C, bei 3000' 43° C, bei 4042' 48° C, die

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geothemische Tiefenstufe beträgt .hier (nach Dunker)98*5 oder etwas über 31 Meter.

Ausführliche Angaben hat auch J. Roth ange-geben. !) Die mittlere Jahrestemperatur von Sperenbergwie zu Berlin mit 7* 18° R. angenommen, ergaben sichfolgende Temperaturen für die Tiefe von:

Die Zunahme der Wärme

700 Fuss = 15-6540 R. far 100< b e t r ä g t : .

900 „ = 17-849 . . . . . . . 1-097° R.1100 „ = 19943 1-047 -1300 „ = 21-947 .-. 0-997

1500 „ = 2 3 8 3 0 0-9461700 „ = 25-623 0-8961900 „ = 27-315 • . 0-8462100 „ = 28-906 . . . . . . . . 0-7953390 „ = 36-756 0'608

für 4042 Fuss Tiefe würden die Rechnungen 39-13° R.ergeben.

Die auffallend grosse geothermische Tiefen stufefür Pfibram stimmt mit der schon längst bekanntenThatsache überein, dass die Temperaturzunahme in Erz-gruben stets sehr allmälig erfolgt. 2)

Aehnliche Messungen wurden auch in Indien,Sibirien 3) und Nordamerika angestellt und überall

*) Ueber die Temperaturbeobachtungen in dem Bohr-loche von Sperenberg. Pogg. Ann. 148 Bd.. pag. 168.

2) Pogg. Ann. Bd. 22 (1831), pag. 497.3) In Jakutsk, wo der Boden bis zu 200 Meter Tiefe

das ganze Jahr über gefroren ist, steigt nach Middendorf dieTemperatur in 130 Meter von — 17*12° C. auf — 2-9° C.

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lieferten sie den untrüglichen Beweis für eine Zunahmeder Wärme mit zunehmender Tiefe.

Einen Beweis für die „Allgegenwart" der innerenErdwärme liefern uns die ungemein zahlreichen undallgemein verbreiteten schwachen Thermen, d. s.Quellen, deren Temperatur nur wenig höher ist, alsdie mittlere Temperatur ihres AusfLussortes. Die zahl-reichen heissen Quellen aber zeigen uns, dass in denErdtiefen noch viel viel höhere Temperaturgrade herr-schen müssen, als wir in Bergwerken und Bohrlöchernbeobachten konnten. ')

Doch lassen Sie uns, ehe wir weiter gehen, daswahrscheinliche Gesetz der Wärmezunahme, wie es ausden erwähnten Messungen hervorgeht, kurz erörtern.

Die Temperaturzunahme mit zunehmender Tiefesteht ausser allem Zweifel fest, und zwar geht aus denBeobachtungen hervor, dass die geothermischen Tiefen-stufen in grösseren Tiefen etwas grosser werden, als sienäher der Erdoberfläche sind, oder mit anderen Worten,die Wärmezunahme erfolgt allmälig langsamer und lang-samer, bis endlich ein grösster Werth erreicht wird, derdann vielleicht bis zum Erdmittelpunkt anhält. 2)

J) Das Wasser des Geysirs auf Island hat in einerTiefe von 32 Meter im Canal über 125° C. Die SpringquelleTetarata auf Neu-Seeland am Eande 84° C. Die Temperatur

. von Aquas de Comangillas in Mexico wird zu 96-4° C, dievon Hamman-mes-kutin in Algier zu 95° C. angegeben.

2) Dass die Wärmezunahme auch von der Beschaffenheitder Gesteine abhängt, ist selbstverständlich. In manchen

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Dass dieser grösste Werth ein ganz ansehnlichhoher sein muss, das beweisen uns ausser den heissenQuellen, die mindestens aus Tiefen von 3- bis 4000Meter heraufkommen müssen, in noch höherem Gradedie als Lava bei vulkanischen Ausbrüchen emporge-triebenen, geschmolzenen Gesteinsmassen. Um glasigeLava zu schmelzen, sind schon circa 900° C. noth-wendig, dem entspräche unter der Annahme einer gleich-massigen Wärmezunahme eine Tiefe von fast vierdeutschen Meilen; Steinlava (basaltische Lava) schmilzterst bei etwa 1700° C. oder unter derselben Annahmein einer Tiefe von 73/4 d. M.

Die Lava entsteigt als eine geschmolzene Gesteins-masse dem Erdinnern, ebenso wie die siedend heissenQuellen. Die Temperatur der Lava in der Tiefe dürftenwir immerhin mit 2000° C. annehmen. Darin liegtübrigens, so hoch die Zahl auch ist, nichts Ungeheueres,bringen wir es doch, freilich unter Anwendung von, bisauf 300° C. erhitzter Gebläseluft, bis über 2800° C.

Wenn wir bedenken, dass der Schmelzpunkt durchvermehrten Druck um ein erhebliches erhöht werden

schieferigen Gesteinen ist eine grössere Wärmezunahme beob-achtet worden, als in krystallinischen Massengesteinen (z. B.im Granit); in einem Steinsalzlager wird wegen des hohenGrades des Wärmeleitungsvermögens (Salz ist diatherman),eine andere Wärmezunahme wahrzunehmen sein, als in einemSteinkohlenbergwerke, wo noch eine grosse Wärmeentwicke-lung durch Zersetzung der Kiese hinzukommen kann, sodass man nicht immer gleich genötliigt ist, eine grössereoder geringere Nähe des Wärmeherdes anzunehmen.

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dürfte, so ist die Annahme von 2000° C. vielleicht nochetwas zu gering, da nun überdies eine gleichmässigeWärmezunahme (in arithmetischer Progression) offenbarnicht stattfindet, sondern wie erwähnt, die .geothemi-schen Tiefenstufen immer grosser und grosser werden,je tiefer wir hinabsteigen, so werden wir vielleicht erst

Jin 30, oder 40, oder noch mehr Meilen Tiefe, überall aufgeschmolzene Masse treffen, von hier au bis zum Mittel-punkt sind wir dann aber nicht mehr gezwungen, einviel weiteres Steigen der Temperatur anzunehmen (wiees früher üblich war, wodurch man Temperaturgradevon 200.000 bis 250.000° C. herausgerechnet hat).„Denn", so sagt Naumann (Geologie I, 59), „ist das In-nere wirklich flüssig, so braucht auch die Temperaturjenseits der Grenze des flüssigen Kernes nicht viel höherzu steigen, während sie innerhalb desselben ziemlichconstant sein kann, weil dort nothwendig Strömungenstattfinden müssen, durch welche sich die etwaigenDifferenzen mehr und mehr ausgleichen."

Eine derartige Dicke der Kruste würde unsererErde die nöthige Stabilität geben, freilich würde dadurchauch die Communication des Innern mit der Oberflächesehr erschwert, aber auch dies widerspräche den That-sachen nicht, denn wäre die Stabilität eine wenigergrosse, so würden die Ausbrüche der gluthflüssigenMassen gewiss viel häufiger und grossartiger sein müsseuals sie gegenwärtig sind. Dass die Kruste aber vonjeher so dick gewesen sei, wird hiermit auch nicht be-hauptet, sondern ich füge sogar schon jetzt, den ferneren

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Ausführungen vorgreifend, hier an, dass die Dicke derErdrinde in früheren Zeiten eine viel geringere gewesenist und dass damals auch wirklich viel grossartigere Hin-durchbrüche der geschmolzenen Innenmasse stattgefun-den haben. Die Verbreitung der heute noch thätigenVulkane ist übrigens eine derartige, dass wir zu demSchlüsse berechtigt sind, dass sie sich an Stellen befindenwo der innige Zusammenhang der Krustentheile gestörtist. Sie finden sich, hier noch thätig, dort in Ruinen,anderswo wieder nur durch Analogieschlüsse noch er-kennbar, an Punkten und Linien, welche auf Riesen-klüfte und Spalten, auf Risse in der Kruste schliessenlassen, wodurch ein Durchbrechen der flüssigen Massenerleichtert wird und wurde. An solchen Stellen würdeman gewiss eine raschere Temperaturzunahme nachInnen finden und weniger tief steigen müssen um aufden Herd der vulkanischen Thätigkeit zu stossen, alsdort wo der Zusammenhang nicht gestört, oder der einstgestörte Zusammenhang wieder vollkommen hergestelltworden ist.

Wir kommen auf diese Weise zu Wärmeannahmenim Innern der Erde, die eine ganz immense Wärme-quelle erfordern, und wir müssen uns fragen: woherstammen diese Wärmemengen.

Diese Frage wurde von den verschiedensten Stand-punkten aus erörtert und zu lösen gesucht.

Keine der vielen Theorien entspricht aber in eohohem Grade allen Anforderungen, wie die Theorie vondem einstigen „feurigflüssigen Zustande" des Erdballes,

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welche zuerst von Leibni tz in seiner Projtogäa (1680)ausgesprochen wurde, der auch die Entstehung derfesten Erdkruste durch oberflächliche Erstarrung an-nahm. Diese Anschauung wurde aber erst durch denAusbau der Kant-Laplace'schen Theorie logisch ge-gliedert. — Kant sprach (1755) die Ansicht aus, dasseine gleichförmige Gasmasse einst das Weltall erfüllte,aus welcher, durch Anziehung der Elemente, An-sammlungen der Materie stattfanden.

Laplace (1795) nahm diesen Gedanken auf undführte ihn für unser Planetensystem weiter aus. Eineungeheure Gasmasse, die „Ur-sonne", hat sich weit überdie Grenzen unseres heutigen Planetensystemes hinausgedehnt, die alle Stoffe des letzteren in sich ent-hielt. Durch fortwährende Verdichtung der Masse unterMitwirkung der Abkühlung entstand ein centralerKern, die Sonne. Eine Eolge der Verdichtungsvorgängewar offenbar die Rotation 1)> welche bei fortschreitenderCondensation allmälig beschleunigt wurde. Dadurcherklärt sich die Steigerung der Fliehkraft, die bis zurAblösung von Nebelringec führte, aus denen sich durch

*) Ueber den Beginn der Rotation und die Kraft,wodurch sie hervorgerufen, besitzen wir keinerlei sichereAnhaltspunkte, so dass Newton hierin den Finger Gottessah. Andere denken an eine momentane Kraft, etwa einenStöss, oder an eine nur kurze Zeit wirkende continuirlicheKraft, oder man nimmt eine ursprüngliche (ursachlose) Be-wegung an. (H. J. Klein, Studien und Kritiken pag. 70.)

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die "Wirkung der Molekularkräfte die Planeten bildeten.Diese bestanden also ursprünglich aus „geballter" Dunst-masse. War diese gross genug, so bildeten sich unterähnlichen Vorgängen die Trabanten oder Monde heraus,oder die Ringe bestehen fort, wie es beim Saturn derFall ist. „Die wichtigsten und entscheidendsten Be-weise für die Eichtigkeit der Laplace'schen Theorie haterst die neueste Zeit geliefert. Hierher gehören: dasErkennen des Sonnenballes als einer noch gegenwärtigfeurig flüssigen Masse; die Uebereinstimmung der aufspectral-analytischem Wege gefundenen stofflichen Zu-sammensetzung der Sonne aus.Elementen, die der Erdenicht fremd sind; die Gleichartigkeit der Grundstoffein den niederfallenden Meteoriten mit denjenigen unseresPlaneten; die Nichtconsistenz der Saturnringe und derhöchst wahrscheinlich dunst- oder wolkenartige Zu-stand der Oberflächen der äusseren Planeten überhaupt."(H. J. Klein: Entwicklungsgesch. d. Kosmos.)

Ganz neuerlichst hat der ausgezeichnete PhysikerProf. Zöllner in Leipzig, durch seine photometrischenUntersuchungen, die Richtigkeit der Laplace'schenTheorie mehrfach beleuchtet und durch den dermaligenBestand der Dinge im Universum weiter ausgeführt. Erführt fünf Entwicklungsstadien als noch gegenwärtignachweisbar an: Erstens: Das Stadium des glühend gas-förmigen Zustandes, in dem sich die planetarischenNebel befinden, (John Herschel gibt 1864 etwa 5000Nebelflecken an). Zweitens, das Stadium des gluth-fiüssi-gen Zustandes, durch die meisten Fixsterne repräsentirt.

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Diese gluth-flüssigen Massen überziehen sich im drittenStadium bei weitergehender Abkühlung oberflächlichstellenweise mit Schlackenkrusten. Unsere Sonne sollsich nach Zöllner in diesem Entwicklungsstadium befin-den. (Andere nehmen an, dass sich auch die Sonne nochim zweiten Stadium befinde.) Umhüllt diese Schlacken-kruste endlich den ganzen gluthflüssigen Körper miteiner dünnen Hülle, so ist die vierte Periode • der Ent-wicklung erreicht. Diese dünne Kruste wird zeitweiligdurch ungeheure Revolutionen zersprengt, Sterne dieschon unsichtbar geworden, erscheinen plötzlich wiederals „neue Sterne", um alsbald zu erblassen und untereiner neugebildeten dickeren Kruste zu verschwinden. J)Wird diese so mächtig, dass sie nicht mehr in ihrerGänze zerstört werden kann, so tritt das letzte Stadium,das der vollendeten Oberflächen-Erkaltung ein, in demsich die der Sonne näheren Planeten und auch unsereErde befinden.

In diesem Verlaufe ist zugleich auch ein Theil derEntwicklungsgeschichte der Erde gegeben, wie uns die-selbe Bernhard von Cotta in seinem „Entwicklungs-gesetz der Erde'' (1866) entworfen hat. (Geologie d.Gegenw. IV. Auflage, pag. 184 bis 211.) Nur fallen dieStadien-3, 4 und 5 mit Cotta's drittem Stadium zusam-men, auf welche noch die durch die Thätigkeit desWasser, die Entstehung der organischen Welt, der Bil-

*) Hierher gehört auch der, am 31. Jänner 1875, vonR. Falb entdeckte neue Stern im Sternbilde des Orion.

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dung von Klimazonen und den Beginn der Wirkung desEises, sowie die, durch die Entwicklung des Thierreiches,bis zu einer Krönung durch die Ausbildung des geisti-gen Lebens im Menschen charakterisirten Entwicklungs-stadien folgen.

Die ganze Erde, so müssen wir demnachschliessen, war einst flüssig.

Für die Wahrheit dieses Satzes könnten nochmehrere terrestrische Zeugnisse gebracht werden. RudolfFalb hat sie in seinen „Gedanken und Studien über denVulkanismus" (Graz, 1875) übersichtlich zusammen-gestellt: so müssen die Massen, aus denen die Erdebes t eh t , im Allgemeinen nach den für Flüssig-keiten gel tenden Gesetzen angeordnet sein.Wäre dies nicht der Fall, sondern würden plötzlicheUebergänge auftreten, so würde dies durch die Pendel-beobachtungen gefunden worden sein. Auch gewisseUnregelmässigkeiten im Mondlaufe, so wie das Vorrückender Nachtgleichen oder die Präcession liessen sich nurunter obiger Annahme mit grosser Sicherheit berechnen.Die unter dieser Annahme berechnete Abplattung derErde stimmt mit der durch geodätische Messungen ge-fundenen sehr gut überein (jj^ und j ^ zu jj^).

Die Kugelform der Erde ist durch die Einwirkungder Schwerkraft bestimmt und nur durch die Erdrota-tion gestört worden und zwar in einem Betrage, der sichunter der Annahme einer gesetzmässigen Dichtigkeits-zunahme mit grosser Genauigkeit rechnen liess. („Unter

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der Annahme, dass sich das Quadrat der Dichte wie derDruck ändere, findet man die Abplattung = -^jj-")

T h o m s o n 1 ) kam zu dem Schlüsse, dass dieWirkungen der aus der Rotation resultirenden Kräfte,gegen das Centrum der Erde hin immer grosser werdenund somit unter der Annahme, dass die Erde aus einerAnzahl von concentrisoh liegenden Ellipsoiden bestünde,auch die Abplattungen derselben immer grosser werdenmüssten. (Dabei ist vorausgesetzt, dass keine Zugkräfteauf die Theilchen der betreffenden Oberflächen ein-wirken.)

Alle Umstände fügen sich demnach so gut zumGanzen, dass wir den Satz: Die Erde befand sich einstim glühenden Schmelzflusse, getrost als feststehendannehmen können, denn nur durch Wärme können alledie Erde zusammensetzenden Stoffe in den gasförmigenund tropfbarflüssigen Zustand versetzt worden sein.Dadurch haben wir aber auch die Erklärung der innerenErdwärme, als einen Rest der ursprünglichen Ballungs-wärme, gefunden.

Redtenbach er versuchte in seiner Schrift „Ueberdie anfänglichen und gegenwärtigen Erwärmungszu-stände der Weltkörper" (Mannheim 1861) den Ursprungder Sonnen wärme aus rein mechanischen Vorgängen beider Ballung der Urnebeimassen, unter der Einwirkungder Anziehungskräfte, zu erklären. „Alle Massen", so

*) Theor. Physik. Deutsch v. Helmholtz u. Wertheim.I. Bd. 2. Abth. pag. 413.

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sagt er, „nähern sich anfangs, so lange sie noch weitvon einander entfernt sind, nur langsam, aber allmäligschneller und schneller und stürzen zuletzt mit einerHast, die jede Phantasievorstellung übersteigt, nach demgemeinsamen Schwerpunkt des ganzen Massensystemshin", und dadurch müsse Licht und "Wärme ent-stehen. Die ursprüngliche Sonnentemperatur wurde mit178,000.000° C. berechnet, Professor Zöllner nimmtjedoch nach Protuberanzen-Beobachtern für den inne-ren Theil der gegenwärtigen Sonne nur noch etwa75.000° C. au.

Man hat sich nun bemüht, theils durch Versuche,theils durch Rechnung, über die Abkühlungsvorgängeund besonders über ihre Dauer eine Vorstellung zu er-langen. So hat

Bischof in seiner Wärmelehre (1837) eine Reihevon Versuchen beschrieben, die er angestellt, um eineGrundlage für die Berechnung dieser Vorgänge zu er-halten. Er schmolz nämlich Basaltkugeln von verschie-dener Grosse, untersuchte von 288 ° C. abwärts (beihöheren Hitzegraden gelangen die Temperaturbestim-mungen nicht) die Temperaturabnahme und wendetedie gemachten Erfahrungen auf die Erde an, wodurcher auf das freilich sehr problematische Ergebniss kam,dass die Erde, um von 288 ° C. auf die Temperatur desWeltraumes abgekühlt zu werden, über 350 MillionenJahre erfordert hätte. Eine so weitgehende Abkühlungist übrigens in Folge der Erwärmung durch die Sonnenicht möglich. Seit etwa 2000 Jahren aber kann

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sich die Erdtemperatur nur um 0*00425 °C. verminderthaben.

Sir "William Thomson — der das grosse Ver-dienst hat, der zu weit gehenden Lehre von deräussersten Gleichförmigkeit in der Geschichte des Ent-wicklungsganges unserer Erde entgegen getreten zusein, indem er die Ansicht ausspricht, dass das Spielder Kräfte einst ein ganz anderes gewesen sein müsse,als wir es heute verfolgen können — hat es versucht,für die Abkühlungsvorgänge einen mathematischen Aus-druck zu finden.

Gestützt auf Fourier ' s Wärmetheorie1) und eineSchmelzhitze von 7000° Fahr, (circa 3900 ° C.) vor-aussetzend, kommt er zu der Meinung, dass die Erstar-rung einer Felsmasse von der Grosse unserer Erde voretwa 98 oder rund 100 Millionen Jahren stattgefundenhaben dürfte, um die jetzigen Verhältnisse zu zeigen.Er findet nämlich, dass die Temperaturzunahme mitzunehmender Tiefe nach seinen Voraussetzungen

40.000 Jahre nach der Erstarrung l°Fahr. pr.Fuss160.000 „ „ „ „ 1 „ „ „

4,000.000 „ „ „ „ - -± „ 3 „

100,000.000 „ „ s TÖ „ „ „

betragen haben würde, welch letztere Angabe mit derheute wirklich zu beobachtenden Wärmezunahme ganzgut übereinstimmt. Dabei würde die Dicke der Erd-

Fourier, Theorie analytique de la chaleur. Paris 1822.

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rinde „allmalig von ein Fünftel ihrer jetzigen Grossezu dieser letzteren zugenommen haben. ')

Diese Zeitangabe ist nicht auffallend gross imgeologischen Sinne, doch kam Helmholtz auf einen nochkleineren Betrag, nämlich auf nur etwa 68 MillionenJahre, indem er von der Temperatur der Urnebeimasse aus-ging. Nach den Berechnungen von Adams und Delaunayüber die Verlangsamung der Erdrotation, schloss Kleinauf einen Zeitraum von 2000 Millionen Jahren, der seitder ersten Bildung der festen Kruste verlaufen sei, eineAngabe, die freilich einen weiteren Spielraum gewährt.

Die Frage, woher denn die Innenwärme der Erdestammen könne, wurde von den Gegnern der Ansicht,dass sie ein Eest der ursprünglichen Ballungswärmesei, auf sehr verschiedene Weise zu lösen gesucht. Derhochverdiente Dr. Ami Boue sagt von ihnen (Volger,Mohr, Karl Vogt u. A.), in einer seiner neuesten Publi-cationen wohl mit vollem Rechte, dass sie unfähiggewesen seien, einen genialen Gedanken an Stelle

' •) Als Grenzwerthe gibt Thomson an, dass die Erstar-rung vor nicht weniger als 20 Millionen Jahren und vornicht mehr als 400 Millionen Jahren stattgefunden habenkönne. Diese Ansichten hat Thomson zuerst in den Transact,of the Royal Society of Edinburgh im Jahre 1862 nieder-gelegt. Diese Arbeit ist aber auch in dem Lehrbuch der.theoret. Physik von Thomson und Tait (deutsch von Helm-holtz und Wertheim) im I. Bd. 2. Abth. von Seite 434 bis453 enthalten unter dem Titel: Ueber die säculare Abküh-1 ung der Erde.

Verein nat. Kenntn. XVI. Bd. 39

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der rationellen Theorie der Himmelskörperbildung zusetzen. ')

Volger2) ist der Meinung, dass die Erdwärmeeinerseits das Product des Druckes sei, den die über-einander liegenden Gesteinsschichten auf ihre Unterlageausüben, andererseits aber auf Rechnung des stetig vorsich gehenden Stoffumsatzes und der in Folge desseneintretenden Bewegung zu. setzen sei. Ob unter demdünnen „Oberhäutchen" der Erde Eiseskälte oder Gluth-hitze herrsche, könne man nicht wissen.

Andere lassen sie von der Sonne stammen. So sagtMohr, 3) die Erdwärme sei die in Wärme umgesetzteArbeit der Sonne. Das unter der Einwirkung der Sonnen-wärme verdampfende Wasser falle als destillirtes Wasserwieder auf die Erde nieder, es dringe verschieden tiefins Innere derselben ein und komme mit Bestandtheilender Erde beladen, aus ihr wieder hervor. Die in Folgedes Auswaschens der Erde nothwendig entstehendenSenkungsbewegungen sollen nun die innere Erd wärmeerzeugen. Auch an eine directe Aufsammlung derWärmestrahlen der Sonne wurde gedacht.

Andere wieder (z. B. de la Eive und Lyell) wollendie innere Erd wärme aus chemischen Processen erklären,welche durch elektrische Strömungen angeregt werden

: l) Boue: Ueber die Methode in der Auseinandersetzunggeol. Theorien. Sitzb. d. kais. Akad. d. Wissensch. 1875.März-Heft.

2) Volger: Erde und Ewigkeit. 1857, pag. 156—162.3) Mohr : Geschichte der E r d e , I I . Aufl. '1875. p a g . 201 ff.

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sollen. Da „in den uns erreichbaren Tiefen, so intensiveund allgemein verbreitete chemische Processe nichtbekannt sind, aus welchen sich die dort beobachteteWärme erklären Hesse", so beruht diese elektro-che-mische Ansicht, wie Naumann (1. c. I, pag. 63) mit Hechtsagt, auf einer weit complicirteren Hypothese, als die,welche die Innenwärme unseres Planeten als den Restder ursprünglichen Ballungswärme betrachtet.

Sir Will iam Thoms on sagt,1) dass diese Ansicht,wenn sie auch nicht unmöglich sei, nur dann als nichtunwahrscheinlich anzusehen wäre, wenn sich die Wärme-zunahme nur in isolirten Gegenden ergeben hätte, eineallgemein verbreitete chemische Wärmequelle erscheineausserordentlich unwahrscheinlich und es sei „beimgegenwärtigen Standpunkte der Wissenschaft offenbardie weniger hypothetische Ansicht vorzuziehen, nachwelcher die Erde nichts als ein chemisch unthätiger,in der Abkühlung begriffener warmer Körper sei".Thomson sprach zuerst im Jahre 1862 2) eine ganzandere Meinung über die Ursache der Erdwärme aus.Er nahm, gestützt auf eine im folgenden noch näher zubesprechende Theorie an, „dass die Erde zu einer Zeitaus einem festen Kern bestand, der überall mit einemsehr tiefen Ocean geschmolzener Felsmassen bedecktund der Abkühlung durch Ausstrahlung in den Welt-raum überlassen war".

1) Theor. Physik 1. c. pag. 438.2) Theor. Physik 1. c. pag. 447 ff.

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In diesen Zustand soll ein kalter fester Körper, derviel kleiner als unsere Erde war, durch den Zusammen-stoss mit vielen kleineren kalten Körpern gekommensein; durch dieses Zusammentreffen sei so viel Wärmeentwickelt worden, dass eine theilweise Schmelzung derMassen die natürliche Folge war. Ja es sei sogar alsspecieller Fall die Möglichkeit nicht ausgeschlossen,dass die ganze Erdmasse, durch den Zusammenstosszweier nahezu gleich grosser Massen in einen vollständiggeschmolzenen Zustand übergeführt worden sein könnte.Es ist dies ein ähnlicher Vorgang, wie ihn schonJ. R. Mayer zur Erklärung des plötzlichen Aufleuchtenseinzelner Sterne angenommen hat.

Die beim Zusammenstoss zweier Massen erzeugteWärme ist auf jeden Fall sehr bedeutend. So führtProfessor Tschermak l) an, dass „eine Masse, welche beieiner Geschwindigkeit von drei geographischen Meilenmit einem anderen Körper zusammentrifft und dabeivollständig zur Ruhe kommt" unter der Annahme, dassdie Hälfte der Wärme durch Strahlung und Leitungverloren geht (und die specifische Wärme einer Meteor-steinmasse = 1 sei) eine Temperaturerhöhung von29.800° C. erfahre.

Diese, auf die mechanische Wärmetheorie basirtehöchst geistreiche Ansicht setzt Vorgänge im Weltall

') 6. Tschermak in seiner Abhandlung über die Bil-dung der Meteoriten. Sitzb. d. k. Akad. d. Wiss. April 1875,pag. 4.

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voraus, für welche erst der Beweis erbracht werdenmüsste. Weltrevolutionen der fürchterlichsten Artmüssten vor sich gegangen sein, gegen welche die fürdie Entwicklungsgeschichte der Erde, während derersten Kindheit der geologischen Wissenschaft angenom-menen allgemeinen Erdrevolutionen, als ein wahresKinderspiel erscheinen. Was müsste da für ein ent-setzlicher Meteoriten-Hagelschlag von allen Seiten aufden kalten kleineren Erdkörper niedergegangen sein,um schliesslich einen Feuerocean von 50 bis 100 engl.Meilen Tiefe zu erzeugen! Wären aber grössere Massenzusammengestossen, so müsste ein solches Ereigniss, wieFalb mit Recht hervorhebt, wenigstens „eine blei-bende Spur, eine grosse Excentricität der Erdbahn" er-zeugt haben, wenn die zusammenstossenden Massennicht vielmehr, trotz der Schmelzung oder gar Ver-dampfung an der Berührungsstelle, einer Zertrümmerungunterworfen, und die Trümmer nach den verschiedenstenRichtungen zerstreut worden wären. Auch gewinntdiese Anschauungsweise nicht an Wahrscheinlichkeit,wenn man die übrigen Planeten unseres Sonnensystemsmit ihren verschiedenen Entwicklungszuständen undihren im Grossen und Ganzen überraschend gleich-artigen Bewegungserscheinungen in den Bereich derBetrachtung zieht.

Koch zwei andere sehr geistreiche Hypothesenüber den Ursprung der inneren Erdwärme und damitzugleich über den Zustand der Dinge im Erdinnernselbst, erlaube ich mir anzuführen; die eine ist vor vier

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Jahrzehnten von dem französischen Physiker Poisson,1)die zweite vor ganz kurzer Zeit von dem EngländerMallet2) dargelegt worden.

Poisson geht von der Annahme eines einstmaligenfeurig flüssigen Zustandes unseres Planeten aus.

Er ist jedoch der Meinung, dass bei der Erkaltungdurch Strahlung gegen das die Erde umgebende Mittel,die an der Oberfläche zuerst erstarrten Theile hinab-gesunken seien und dass durch einen doppelten ab- undaufsteigenden Strom eine wahre Circulation, ein Aus-gleich der Temperatur stattgefunden haben müsse. DieErstarrung, so meint er, dürfte wegen des grossenDruckes im Innern (30 Millionen Atmosphären) in den,dem Mittelpunkte nähern Partien angefangen haben,während an der Peripherie, wo der Druck, sehr .geringist, ein Festwerden erst bei viel niederer Temperatureintreten konnte. Auf diese Weise sei dann die Erdeim Laufe der Zeiten durch und durch starr gewordenund. auch erkaltet. Die nach innen zunehmende Wärmeaber .sei eine Folge der Bewegung unseres Sonnen-systems im Weltraum. 'Wie ein am Aequator durchge-wärmter Felsblock in die Polarregion gebracht, vonaussen nach innen abgekühlt werde, so verhalte es sich

•) Poisson:-Theorie mathernatique de la chaleur, 1835.2) Robert Mallet: Volcanic energy: an attempt to deve-

lop its true origin and cosmical relation. Phil. Transact.Vol. 163, I. pag. 147—227, 1873. Deutsch von Dr. A. v.Lasaülx (Verhandl. d. naturw. Vereins d. preuss. Rhein-lande etc. XXXII. n. Folge. II. Bd. pag. 125—269).

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auch mit der Erde: sie sei mit dem ganzen Planeten-system, in einer vergangenen Epoche, durch einen hochtemperirten Weltraum, gewandert, wodurch sie aufeinen hohen Wärmegrad gebracht wurde, der jetzt beiDurchwanderung einer kälteren Region natürlich wiederallmälig schwindet und zwar von aussen nach innen. Daskönne sich dann wieder einmal ändern und eine heisseRegion zu passiren sein, worauf dann die erkaltete Erdeeine hohe Temperatur an der Oberfläche und eine Abnahmederselben mit der zunehmenden Tiefe zeigen würde.

Es ist dies' gewiss eine grossartige Idee; dochwerden die Verhältnisse dadurch nur viel verwickelterund anstatt einer Hypothese erhalten wir deren mehrere.

Thomson hat (1. c. pag. 439) die Mangelhaftigkeitder Poisson'schen Hypothese auch durch die Rechnungnächgewiesen.

.. Von einem ganz anderen Gesichtspunkte fasste derenglische Astronom Hopkins die Frage nach der Be-schaffenheit des Erdinnern auf. .In seinen, mit Anwen-dung der höheren Mathematik durchgeführten Abhand-lungen1) geht er von der Betrachtung der Grosse derNutation der Erdachse und der Präcession der Nacht-gleichen aus und kommt zu dem Resultat, dass sichdiese Unregelmässigkeiten. der Erdbewegung verschie--

') Researches in physical geology: In den Philosoph.Transact, of the Royal Soc. of London 1839, II, pag. 311;1840, I, pag. 193 und 1842,.I, pag. 43, sowie im VI. Banded. Cambridge Philos. Transact. 1847. Im Auszuge in Klöden:Handb. d. physisch. Geogr. I. Bd. pag. 432 ff.

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den gross, ergeben, je nachdem man die ganze Erde alseinen starren Körper oder als einen durchaus gleich-artigen flüssigen, oder als einen flüssigen, mit einerstarren Kruste versehenen sphäroidischen Körper an-nimmt. Um den in der That bestehenden Werthen der er-wähnten Störungen am besten zu entsprechen, müsse maneine Erdkrustendicke im Betrage des vierten oder wenig-stens des fünften Theiles des Erdhalbmessers annehmen,also eine 172 bis 215 geographische Meilen dicke Kruste.

Dadurch erscheint selbstverständlich ein directerZusammenhang des Erdinnern mit der Erdoberflächenicht sehr wahrscheinlich, weshalb Hopkins zu derAnnahme geführt wird, dass die flüssigen Producte derthätigen Vulkane in unterirdischen, grossen, aber. werTigtiefen, mit geschmolzenen Gesteinsmassen erfüllten Seenangesammelt seien, die nahe der Erdoberfläche liegen.

Hopkins kommt jedoch zu noch weiter gehendenSchlüssen. Er geht bei seinen Betrachtungen über dieersten Entwicklungszustände der Erde, gleichfalls vondem Stadium der durch grosse Hitze entstandenenflüssigen Form der ganzen Erdmasse aus und nimmtdie grösste Hitze im Centrum der kugeligen Masse an,lässt uns aber bedenken, dass zweierlei Abkühlungs-processe möglich sind. Er weist nämlich auf den Um-stand hin, dass der Temperaturgrad des Erstarrensdurch Druck erhöht wird, d. h. dass eine.geschmolzeneMaterie, die bei gewöhnlichem Atmosphärendruck beieinem Abkühlungsgrade von gewisser Höhe erstarrt,unter Einwirkung von bedeutenderen Druckkräften schon

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bei höherer Temperatur in den festen Zustand über-gehen können. Da aber die Temperatur des gedrücktenKörpers selbst, gleichfalls durch den Druck erhöht wird,so hängt es nun davon ab, ob die erstere oder die letz-tere Temperaturerhöhung die grössere ist. Da sich zudiesen Veränderungen noch die Volumenänderuugenbeim Uebergang aus dem flüssigen in den festen Zustand,die durch die Wärme bedingte Ausdehnung überhaupt,nebst anderen verwickelten Verhältnissen gesellen, sowird die Frage, ob mau den Beginn der Erstarrung ander Oberfläche oder im Centrum annehmen solle undkönne, selbstredend nicht ganz leicht zu lösen sein.

Im ersteren Falle trat nach der Ansicht Hopkinsin der noch flüssigen Erdmasse die von Poisson ange-nommene Circulation ein, d. h. die oberflächlich erkal-tenden Massentheilchen werden dichter und müssen indie Tiefe sinken, während aus den centralen Eegionendie heisseren Theile nach aufwärts streben. DieserProcess wird im Anfange ein ungemein reger und leb-hafter gewesen sein, hat jedoch eine stete allgemeineAbnahme der Gesammttemperatur und dadurch eineContraction und zugleich Vermehrung der Druckkräfteim Gefolge. Nehmen wir nun an, die Wirkung der cen-tralen Hitze überwiege, so würde dieses Spiel so fort-gehen, bis ein Zustand der Halbflüssigkeit die leichteVerschiebbarkeit der Theilchen unmöglich machenwürde, und nun könnte und müsste die Erstarrung ander Oberfläche beginnen und nach Innen yorschreiten. —Bei dieser Erklärung ist aber ein sehr wichtiger

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Umstand ausser Acht gelassen worden, nämlich der,dass, wie schon hervorgehoben wurde, in jeder Flüssig-keit eine Anordnung der Theile in Bezug auf ihreDichtigkeitsverhältnisse eintreten, wird, dass die Theilealso, je näher dem Mittelpunkte, um desto, dichtersein werden, und dass dadurch die Circulation in der.aus yerschieden dichten Massen.bestehenden Flüssigkeiterschwert und wesentlich rdodificirt werden muss.

Ganz denselben Einwand können wir auch fürden zweiten Fall in Bereitschaft halten, für die An-nahme nämlich, dass .der das Festwerden begünstigendeDruck die Oberhand behalten soll.. In diesem Fallewürde nach Hopkins, sobald der Moment des Ueber-wiegens des Druckes; eintritt, die Erstarrung jm Centrum-beginnen und nach aussen fortschreiten. In der erstarr-ten Partie beginnt nach Aufhören der Abkühlung durchCirculation, ..die durch Lei tung. In der um denfesten Kern herum befindlichen immer kleiner werden-den flüssigen Masse, wird die Circulation jedoch fort-dauern, bis die freie Beweglichkeit dem Zustande derHalbflüssigkeit weicht, worauf nun endlich eine Er-starrung der Oberfläche beginnen soll. Erstarrung nachaussen vorschreitend und Erstarrung nach innen drin-gend, begegnen sich endlich und haben schiiesslich nurdie unterirdischen Lava-Reservoirs zurückgelassen. Wenneine freie Circulation annehmbar, dann ist. diese geist-reiche Speculation vielleicht berechtigt, wenn nicht,wenn also auch in der ursprünglichen flüssigen Erd-masse, sobald.sie tropfbar geworden, wegen der gegen

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das Centrum hin zunehmenden Dichte, die Wärme-abgabe durch Leitung und Strahlung erfolgen musste, sokann die Erstarrungnur an der Oberfläche begonnen haben.

Freilich soll auch unter diesen Verhältnissen dasFestwerden vom Centrum aus vorgeschritten sein, wieder hochberühmte englische Physiker Sir "WilliamThomson J) behauptet.

„Wenn die Erstarrung", so sagt er (1. c. pag. 451),„wirklich an der Oberfläche begann, so musste, so langenicht die ganze Kugel erstarrt war, die fest gewordeneOberflächenschichte zerbrochen und zum .Centrum hingesunken sein". Dort sollen nun diese erstarrten Stücke,„einen Kern bilden, wenn ein solcher nicht schonvorhanden ist, so dass bei ihm die Erstarrung be-ginnen könnte".

Wie weit, so kann, man hier fragen, könnte dennüberhaupt das starr gewordene Krustenstück — an-genommen es wäre wirklich um ein .bedeutendes dichterals die halbflüssige Masse auf der es aufliegt — in dieTiefe sinken? „Die Annahme einer solchen Circulation",so sagt Falb,2) „bis zu Ende gedacht, ergibt das Ee-sultat, dass in der,vollständig erstarrten Erde die Dichteder Schichten von Aussen nach Innen abnehmen" musste,die äusserste Rinde musste also die grösste, der Mittel-punkt aber die geringste Dichte haben.

*) Transact., of the Koyal Society of Edinbourg 1862.Theoretische Physik I. Bd. II. Abth. pag. 452.

2) Rudolf Falb: Gedanken und Studien über den Vul-kanismus, 1875. pag. 169.

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Sir William Thomson kommt schliesslich zu folgen-dem Resultate: „Die Erde ist nicht, wie gewöhnlich

-vorausgesetzt wird, ganz flüssig bis auf eine dünne festeSchale von 30 bis 100 (engl.) Meilen Dicke, sondernsie ist im Ganzen sicherlich von grösserer Starrheit, alseine continuirliche Glaskugel von demselben Durch-messer, und wahrscheinlich auch starrer als eine ebenso grosse Stahlkugel" (1. c. pag. 453).

Von der Hopkins'schen Vorstellung unterscheidetsich die von Poule t t Scrope *) hauptsächlich dadurch,dass dieser nicht einzelne getrennte Lavaseen, sonderneine continuirliche Schichte unvollständig flüssiger Fels-massen zwischen einem festen Kern und einer starrenKruste annimmt. Auch betont er, dass die Festigkeitdes Erdkernes nur eine bedingungsweise und von demDrucke abhängige sei, so dass durch ein Nachlassen derDruckkräfte früher feste Massen in den flüssigen Zu-stand übergehen müssten, wodurch das Aufsteigen dergeschmolzenen Massen in höhere, der Oberfläche näherliegende Regionen erklärlich werde. Es ist dies eineAnschauungsweise, die auch von Constant Prevost undFaye ausgesprochen wurde.

Hier soll auch angeführt werden, dass Ha Hey amEnde des siebzehnten Jahrhundertes, also lange vorHopkins und Poulett Scrope bei seinen Studien überden Erdmagnetismus zur Annahme eines festen Erd-kernes geführt wurde. Er dachte sich zwei magnetische

On Vulcanoes und im Geological Magazin (Dec.) 1868.

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Pole in der äusseren starren Kruste und zwei anderein einer inneren Masse, welch letztere von der Aussen-schichte durch ein flüssiges Mittel geschieden und inetwas langsamerer Umdrehung begriffen sei als diese,eine Annahme, die auch von Hansteen gemacht wurde.Zu ganz ähnlichen Schlüssen kam auch Lamont beiGelegenheit seiner im Herbste 1854 ausgeführten mag-netischen Messungen '). Er sagt, „die Erde besteht auseinem kugelförmigen, compacten, magnetischen Kernmit mehr oder minder beträchtlichen Erhöhungen", —es werden „Berge und Bergzüge" angenommen, wegendes stärkeren Hervortretens des Magnetismus an ein-zelnen Stellen — „dann aus einem dünnen Ueberzugevon lockerem Gefüge". Der Kern ist nach Lamont vonden Substanzen der Oberfläche völlig verschieden, viel-leicht metallisch oder von zahlreichen Adern von Eisenund anderen Metallen durchzogen „etwa so wie es beimanchen Meteorsteinen der Fall ist".

Ein Gegner der im vorstehenden erörterten An-sicht, dass das Innere der Erde von einem festenKern eingenommen werde, ist der Astronom Delaunay2),der dieselbe an der Wurzel angreift, indem er gleichfallsauf die Grossen der Präcession und Nutation zurück-greift und darauf hinweiset, dass diese Störungen imVerhältniss zu der Hauptbewegung der Erde nur unge-

•) Lamont in Poggendorff Annaleu 1855, Bd. 95, pag.476—481.

2) Acadeinie des Sciences, Juli 1868, und Geolog. Ma-srazin V. Bd.

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mein langsam erfolgen, so dass die flüssigen Massen imInnern gewiss Zeit genug hätten, der auf die Krusteausgeübten Bewegungsstörung zu folgen, so dass sichdie Erde auch unter der Voraussetzung, dass das Innereflüssig sei, so verhalten würde als ob sie durchaus festwäre. Diese Annahme gewinnt noch dadurch an Wahr-scheinlichkeit, dass die flüssige Innenmasse unseresPlaneten nicht unmittelbar au der festen Kruste liegt,etwa so wie Wasser in einer Glaskugel, sondern dassein allmäliger Uebergang aus dem festen Zustand,durch eine halbflüssige Masse zum flüssigen Kern statt-finden dürfte.

J. Phil l ips *) kommt daraufhin zu der Ueberzeu-gung, dass, wie plausibel auch die Hopkins'sche Ansichtvon unterirdischen Lavaseen sei, wir durchaus nichtgenöthiget seien, dieselben anzunehmen.

Aber auch in Beziehung auf die von Hopkins soüberaus mächtig angenommene Erdkruste ist zu erwägen,dass die bei Annahme des flüssigen Kernes aus Mond-und Sonnenanziehung nothwendig resultirende innereFluthwelle in ihrer Grosse nicht überschätzt werdendarf, auch wird sie überdies bei der gegen die Krustehia angenommenen halbflüssigen Beschaffenheit vielfachbeschränkt werden. Ist der Betrag ihrer Einwirkungjedoch ein kleiner, so zwingt uns nichts, eine Krusten-dicke von 172 bis 215 geographische Meilen vorauszu setzen.

>) J. Phillips: Vesuvius 1869.

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Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen derdurch Mond- und Sonnenanziehung auf das Aussige Erd-innere nothwendiger Weise ausgeübten Störungen undden dadurch erzeugten Büttelungen an der starrenKruste wurde übrigens schon von mehreren Forschernmehr oder weniger eingehend erörtert, haben dochPerrey 1) in Dijon, R. Falb2) und neuerlich auchDr. J. Schmidt3) in Athen darauf hingewiesen, dassdie Erdbeben und Vulkanausbrüche mit der Stellungdes.Mondes und der Sonne in Verbindung stehen. —Doch verwahrt sich Herr Alexis Perrey in seinerneuesten Schrift (Comptes-Eendus 1875), eine Erdbeben-theorie aufgestellt zu haben, und betont, dass er nurzu dem Schluss gekommen sei, „ dass seit einem und einemViertel Jahrhundert die Erdbeben in den Sycygien vielhäufiger seien als in den Quadraturen". — Die Erschei-nung der Erdbeben sei eine zusammengesetzte und innigverbunden mit der vulkanischen Thätigkeit und ent-springe in ihrer Gesammtheit aus mehreren Ursachen.Rudolf Falb nimmt dagegen an, dass man alle Erd-beben durch eine Ursache erklären körme. Seine Erd-bebentheorie lässt sich kurz folgendermassen aus-sprechen : Die flüssige Innenmasse unseres Planeten

1) Perrey : Propositions sur les tremblements de terre etc.Paris 1863.

2) F a l b : Grundzüge zu einer Theorie der Erdbeben,Graz 1868 und: Gedanken und Studien über den Vulkanismus.Graz 1875.

3) J. Schmidt: Studien über Erdbeben, Leipz. 1875 (p.U.)

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wird in Folge der Mond- und Sonnenanziehung, beson-ders zur Zeit der Hochfluth, gegen die starre Krusteandrängen, in Spalten und Canäle eindringen, dort zuerstarren beginnen, wodurch Gasexplosionen und da-durch Erderschütterungen eintreten werden. (Gedankenund Studien, pag. 108—114.)

Dr. Jul ius Schmidt der früher „nie an einengrossen Einfluss der Gravitation des Mondes geglaubt"hat, kommt auf Grund seiner Zusammenstellung derErdbeben seit hundert Jahren zu dem Resultate, „ dass inder Erdnähe des Mondes die Erdbeben häufiger seienals in der Erdferne", dass sich also „die mit dem Ab-stande veränderliche Anziehungskraft des Mondes inder veränderlichen Häufigkeit der Erdbeben kundgebe(1. c. pag. 13 und 14).

Yon früheren Autoren, die auf Fluthphänomene imflüssigen Erdinnern zu sprechen kamen, seien erwähnt:Ampere, der sich die Wirkung der inneren Fluth aufdie feste Kruste ganz grossartig vorstellt, währendPoisson1) den Impuls für unbedeutend hielt, „da jaselbst im freien Meere die "Wirkung eine sehr geringe sei".Humboldt2) sagt darüber: „Ist das Erdinnere flüssig,wie im Allgemeinen" nicht zu bezweifeln ist, da trotzdes ungeheuren Druckes die Theilchen doch verschiebbarbleiben, so sind in dem Erdinneren dieselben Bedin-

*) Theorie de la terre, Revue des deux Mondes 1833.Dabei ist der Einfluss der grösseren Dichte auf die Fluth-höhe ausser Acht gelassen.

2) Fr. Humboldt's Kosmos IV, pag. 488.

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gungen enthalten, welche an der Oberfläche die Fluthdes Weltmeeres erzeugen . . . . Wenn die feste Erd-rinde diesem Bestreben einen Widerstand entgegensetzt,so wird das Erdinnere an diesen Stellen nur einenDruck gegen die Erdrinde ausüben" und es wird keineFluth entstehen.

Thomson und Tai t J ) sprachen dagegen die Mei-nung aus, „dass die Kruste der Erde, wenn sie keinebedeutende Dicke hätte, in nahezu demselben Masseden Einflüssen der Fluth erzeugenden Kräfte nachgebenmüsste, ja, dass sogar eine continuirliche feste Kugelvon derselben Masse und demselben Durchmesser derErde, wenn sie homogen und von derselben Starrheitwie Glas oder Stahl wäre, in ihrer Gestalt den Fluth-einwirkungen, beziehungsweise drei Fünftel oder einDrittel Mal so viel nachgeben würde, wie eine voll-kommen flüssige Kugel".

Viel Aufsehen hat vor Kurzem, besonders in Eng-land, die von Rober t Mallet aufgestellte neue Theorieüber „die vulkanische Kraft" oder die Ursache der vul-kanischen Erscheinungen hervorgerufen, welche ich, dasie besonders unsere Frage nach dem Ursprung der Erd-wärme auf das innigste berührt, in Kürze skizziren will.

Mallet geht von der herrschenden Ansicht aus, dassdie Erde eine in Abkühlung begriffene und in Folgedessen sich zusammenziehende Kugel sei, entstanden

') Thomson und Tait: 1. c. I. Bd. II. Abth. pag. 406und 407.

Verein nat. Kenntn. XVI. Bd. 40

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aus einer geschmolzenen Masse. Diese Abkühlungmüsse, so schliesst er, an den Polen am grössten gewesensein, wodurch eine Circulation der Flüssigkeit einge-treten sei, und zwar seien die an den Polen erkaltetenMassen gegen das Centrum hin, längs der Rotationsaxe,gesunken, um in der Aequatorialregion wieder zurOberfläche aufzusteigen und nach den Polen hin abzu-fliessen. Eine Circulation also, ähnlich der, wie sie Car-penter als im Ocean vorgehend annimmt.

Oberflächlich erstand dann, so fährt Mallet fort,ein halbflüssiger Zustand und begann endlich eine ober-flächliche Erstarrung und zwar zuerst in den Polar-regionen, von wo die Krustenbildung als gegen denAequator hin vorschreitend angenommen wird.

Mallet unterscheidet vier Perioden in der Erstar-rungsgeschichte unseres Planeten, und zwar:

1. Die Periode der Bildung und Umbildung einerdünnen biegsamen Kruste, auf der zähen oder flüssigenInnenmasse;

2. diese Kruste zersplittert und bricht; durch dieersten Wasserniederschläge und Ansammlungen tritteine Unregelmässigkeit in der weiteren Abkühlung dertheilweise noch rothglühenden Kruste ein; mit demInnern mögen noch Verbindungen offen stehen; Span-nungen und Pressungen begleiten stellenweise dieseVorgänge;

3. die Kruste wird dicker und stärker, die bei der"Zusammenziehung vertikal nach einwärts wirkendenKräfte, werden durch den Widerstand der Kruste iu

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tangentialer Richtung, durch die Kruste selbst fortge-pflanzt und erzeugen Faltungen und Runzelungen inder Kruste, wodurch sich die Entstehung der Bergkettenerklärt-, die Festlandsgestaltung, die Vertheilung derOceane und Wasserläufe und die ersten Anfänge derKlimate wird begründet, „die einer Entwicklung derLebensformen günstig waren".

4. Die Kruste ist ausserordentlich dick, Abkühlungund Contraction gehen nur langsam vor sich, der durchdie schnellere Contraction des heissen Erdkernes, inFolge der Erkaltung und durch das mehr oder wenigerfreie Nachsinken der Kruste durch ihre Schwere, er-zeugte tangentiale Druck wird an Stellen, wo die Wider-standsfähigkeit geringer ist, zur Zerdrückung des Ma-teriales der Kruste führen; die durch diesen Druckund die, inFolge der Zerquetschung eintreten deBewegung geleistete Arbei t , wird an günstigenStellen in Wärme umgesetzt, so dass nicht nurllothgluth, sondern sogar ein Zusammenschmelzen deszerdrückten Gesteins und der aufeinander pressendenWände eintreten soll.

Auf diese Weise erklärt also Mallet sowohl dieInnenwärme der Erde, als auch die vulkanische Thätig-keit derselben; diese ist somit „zwar nicht das unmittel-bare Product ursprünglicher Schmelzhitze, aber sie istdoch mittelbar hervorgerufen durch die Abnahme dieserHitze, die die einfache Folge der Erkaltung unsererErde und der erkannten Gesetze der Schwere ist". (La-saulx's TJebers. 1. c. pag. 162.)

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Gegen diese Theorie wurden nun schon viele Be-denken laut. Besonders der letzte wichtigste Punkt istmehr als zweifelhaft, da, wie Otto Lang ') nachwies,die, den mathematischen Auseinandersetzungen zuGrunde liegende Formel, unrichtig ist.

Lang sagt, er müsse die vorliegende mathe-matische Deduction für „Blendwerk der Hölle" und diegrossen Integrale für grosse Irrwische erklären. Malletkommt nämlich, unter Anwendung des Lagrange'scheuSatzes: „Wenn eine gebogene Oberfläche [von der Natureiner hohlen Schale oder einer Membrane] im Gleich-gewichte ist, und darauf Kräfte einwirken, die überallnormal zur Oberfläche gerichtet sind, dann ist der nor-male Druck an jedem Punkte gleich der Kraft in derRichtung der Oberfläche der Schale an diesem Punkte,multiplicirt mit der Summe der Reciproken des Haupt-krümmungsradius" 2) — und unter Annahme einerEindendicke von einer Meile Dicke auf einen tangen-tialen Druck von 952.666 Tonnen, was mehr als 472mal das Gewicht sei, um Granit oder Porphyr zu zer-malmen. Da jedoch diese Zahl durch Multiplication vonLängsmassen [Meilen] mit Gewichten [Tonnen] erhaltenist und überdies, wie Lang nachrechnete, „nach denMallet'schen Angaben der etwas sonderbare Fall auf-treten müsste, dass die Erdkruste bei „nur ein FussDicke sich selbst tragen könne, während sie bei einer

') 1875. Göttinger Anzeiger, pag. 1627 ff.2) Mallet (Lasaulx 1. c pag. .173).

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englischen Meile oder 6000 Fuss Dicke durch tangen-tialen Druck zermalmt" werden würde, — kann den,auf solchen Voraussetzungen fussenden Folgerungen,keinerlei Werth zuerkannt werden. So viel des Inter-essanten und Anregenden die Mallet'sche Schrift auchenthält, schliesse ich mich doch vollinhaltlich dem Aus-spruche an, zu dem J. Roth in seiner Besprechung derneuen Theorie !) kommt:

„Fasst mau Alles zusammen, so erscheint es wederbewiesen, dass durch die Zerdrückung der Gesteine unddurch die daraus vermittelst Umsetzung gewonnene"Wärme die vulkanische Thätigkeit bedingt werde, nochist der Nachweis geliefert, dass die bisherigen Theorienso unzureichend seien, um die Annahme einer neuenUrsache nothwendig erscheinen zu lassen."

Roth kommt sodann zu dem Schlüsse, dass diehohe Temperatur des Erdinnern und der Zutritt desWassers zu demselben mittelst Capillarspalten genügen,wenn auch nicht Alles auf genaue Zahlen zurückgeführtwerden könne, zur Erklärung der explosiven vulka-nischen Erscheinungen.

Einen Vorläufer hatte Mallet, wie er selbst an-führt2) in dem Professor Giuseppe Belli zu Pavia3).Dieser nimmt die feste Erdkruste mit' einer Dicke von

') Zeitschrift d. d. geol. G.esellsch. X X V I I . Bd. 3 . Heft(1875), pag. 572 und 573.

2) Mal le t (Lasaulx) pag. 181—183.3) In den Verhandl . des Ins t i tu tes der L o m b . (Giornale

delP Inst . 1850 und 1856.)

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mehr als dreissig italienischen Meilen (69 Kilometer)an. Diese ruhe auf dem Kerne sanft auf, welcher ihremNiedersinken einen nur sehr geringen Widerstand ent-gegensetzt. Da der Druck, den die Massen der Krustenaoh abwärts ausüben, ein so ungeheurer sein müsse,dass kein Materiale demselben widerstehen könne, sokönne sich die feste Erdrinde „nicht wie ein im Gleich-gewichte befindliches Gewölbe tragen", sondern müssedurch den flüssigen Kern getragen werden, auf dem sieschwimmt. Durch den Druck — und dies ist der grosseGegensatz der Ansichten — der einsinkenden Krusten-theile aber werde das flüssige Innere stellenweise in dieHöhe gedrückt, um als Lava zu Tage zu treten. —Diesen Aussprüchen entgegengesetzt ist auch die vonStark ausgesprochene Ansicht, dass die Erdkrustenwöl-bung, wenn sie durch ungleiche Contraction vom Erd-kerne getrennt würde, durch ihre eigene Festigkeit alsruhendes Gewölbe verbleiben könne.

Fast gleichzeitig mit der Arbeit Mallet's erschienim Januar-Hefte 18 73 der Zeitschrift fürdieges. Natur-wissenschaften eine Abhandlung von H. 0. Lang über„die Bildung der Erdkruste", deren Inhalt ich in kurzenZügen anführen will.

Aus der im feurigflüssigen Zustande befindlichen,nach der Dichte angeordneten Erdmasse („die Schwereist die Ordnerin aller Theile"), die sich in einer massigenFluctuation in Folge der Abkühlung befindet, bildensich die ersten Krustentheile, unter der Annahme, dassauch für die, aus dem flüssigen Magma erstarrenden

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Theile, eine Volumenvergrösserung im Momente desFestwerdens eintrete, — (Thomson behauptet gestütztauf Bischofs Versuche das Gegentheil),.— wie es für Eisund Eisen bekannt sei. Die peripherischen Theile müssenschon an und für sich die leichtesten gewesen sein.Diese dürften, so meint Lang, da die erstarrenden Theilehauptsächlich nur dem Atmosphärendrucke ausgesetztwaren, (freilich muss dabei bedacht werden, dass dieserin jenem Zeitpunkte ein viel viel grösserer gewesen seinmuss als heute), eine schlackige Beschaffenheit gehabthaben, während die inneren, langsam erstarrenden Theiledesselben Magmas, in Folge der bei der Erstarrung auf-tretenden Druckkräfte, das krystallinische Gefüge er-halten haben. Nach Bildung der Erdkruste wird dieAbkühlung der Erde nicht mehr allseitig gleichmässigerfolgen, ja es wird endlich ein Minimum der Erdab-kühlung eintreten müssen, das G. Bischof schon jetztfür eingetreten annimmt, da die Verminderung derErdwärme eine merkbare Veränderung in der Erd-rotation zur Folge haben müsste. (Laplace berechnetefür die Abnahme der Erdwärme um 1 ° C. eine Vermin-derung der Dauer der Erdrotation um 0-2 Secunden.)

An der Innenseite der zuerst gebildeten Krusteschreitet, so nimmt Lang an, die Erstarrung nach ein-wärts vor, und es bilden sich so „endogäe" (innerirdische)Gesteinsmassen, „unter vorzüglicher Einwirkung eineseinseitigen Druckes". (Die Druckerscheinungen in Folgeder Anziehungs- oder Schwerkraft haben die er-starrenden Theilchen angeordnet.)

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Lang spricht sodann die Ansieht aus, dass dasBaumbedürfniss des entogä erstarrten Gesteins alleinschon genüge, die vulkanischen Erscheinungen zu er-klären. Die Frage, welches denn wohl das älteste entogägebildete Gestein sei, beantwortet er dahin, dass diesesmit dem ältesten eruptiven Massengestein, dem Granite,in Bezug auf seine chemische Constitution überein-stimmen müsse, somit kein anderes sein könne als dasunter dem Namen Gneiss bekannte älteste krystallinischeGestein mit Parallelstructur. Es ist dies eine Ansicht,welche wohl Manches voraus hat vor der Annahmeeiner Entstehung dieses Gesteines durch Umwandlung(Metamorphose) aus sedimentären Gesteinen, da dieseja immer ältere, schon früher dagewesene Gesteinevoraussetzen. Bedenkt man die ungemein weite Ver-breitung und die oft immense Mächtigkeit der Gneiss-gesteine — sie finden sich ja in allen Zonen und überallmit einer staunenswerthen Uniformitat der Gesteins-charaktere, — bedenkt man ferner, wie schon erwähnt,dass sie die ältesten Bildungen der bekannten Erdkrustesind, so wird man unwillkürlich zu der Annahme ge-führt, dass sie zu einer Zeit entstanden sein müssten,„wo — um mit Naumann zu sprechen — auf derganzen Oberfläche des Planeten von einem Pol zumanderen noch völlig gleiche Umstände und Bedingungenherrschten".

Wir können nun aber, hier angelangt, -zwei Wege«inschlagen, die zur Erklärung führen können, erstlichden von Lang gewählten, und die ältesten (krystalliui-

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sehen) Schiefergesteine direct als entogäe Gesteine auf-fassen — (solche Bildungen müssen, wenn unsere Vor-stellung von der Erdkrustenbildung durch äussere, nachinnen fortschreitende Erstarrung richtig sind, entstan-den sein und noch entstehen) — oder den von Naumann(Geognosie 1852, II. Bd. pag. 156) angedeuteten, wo-nach wir annehmen könnten, „dass die Aussenseiteunseres Planeten, während und nach ihrer Erstar-rung, einem langwierigen und tief eindringenden Con-flict mit hei8sem Wasser und "Wasserdampf ausgesetztwurde, bei welchem eine sehr mächtige, den ganzen Pla-neten umgebende Hülle von heissflüssigem Schlammentstand, der das Material zur Bildung der primitivenGesteine lieferte". Dieser Schlamm wäre jedoch nurals das ursprüngliche Material aufzufassen, „aus welchemsich durch einen wahrscheinlich sehr langsam fort-schreitenden Krystallisationsprocess" jene „ältesten Ge-steine" herausbildeten.

Den letzteren AVeg hat auch H. Credner in seinen„Elementen der Geologie" (Leipzig 1876, Seite 310) ein-geschlagen. Dabei ist jedoch hervorzuheben, dass auchhier immer eine, wenn auch noch in der Bildung be-griffene Erstarrungskruste vorausgesetzt wird.

Diese Betrachtungen führen uns auf eine weitereHaupt r i ch tung der Erklärungsversuche, welcheich schliesslich noch ins Auge fassen will. Ich meinedie chemische Richtung,die in dem Amerikaner Ster ryHun t einen ihrer Hauptvertreter hat, dessen Vorstellungvon dem Sachverhalte in Kürze fokendermassen lautet:

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Die Erde besteht aus einem festen wasserfreienKern und einer festen äusseren Kruste, zwischen beidenbefindet sich eine Lage von theilweise flüssigen Massen,welche aber nicht als ein noch nicht festgewordenerRest der ursprünglichen feurig flüssigen Materie aufzu-fassen wäre, sondern aus Theilen der im Laufe derZeiten durch chemische und mechanische Kräfte zer-störten, primitiven Massen besteht, die reichlich mitWasser imprägnirt, in so tief gelegene Regionen ge-langten, dass sie in einen eigenthümlichen Zustand über-geführt wurden, den er den „feurig-wässerigen Schmelz-fluss" (igneo-aqueous fusion) nennt.

Diese Meinung wurde schon lange vorher vonKeferstein in seiner „Naturgeschichte des Erdkörpers"(1834) und und von John Herschel in einem Briefean Charles Lyell (1836, Proc. geol. Soc. London II.)angedeutet, gerieth aber in Vergessenheit, bis sie imJahre 1858 von Sterry Hunt wieder aufgegriffen undweiter ausgeführt wurde.

Sterry Hunt 1) versucht die Abkühlungs- undEntwicklungsgeschichte der Erde aus chemischen Vor-gängen, in den das Erdganze zusammensetzenden Stoffen,zu erklären.

Dabei geht er von einer ursprünglich homogenengasförmigen, heissen und wenig leuchtenden Nebelmasse,von der Gestalt einer enormen rotirenden Kugel aus.

1) Sterry Hunt: The Chemistry of the ßrimeval earth.Geolog. Mag. 1868 und rUeber den wahrscheinlichen Sitzder vulkanischen Kraft". Geol. Mag. 1869.

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Er ist dabei selbst der Meinung, dass die Temperatur,welche nothwendig wäre, um alle die Stoffe der Erde inden gasförmigen Zustand zu versetzen, so immens grosssein müsste, dass wir uns nur schwer eine auch nurannähernd richtige Vorstellung davon machen können.Bei so hohen Hitzegraden konnten chemische Verbin-dungen nicht bestehen, die Verhältnisse der Affinitätder Stoffe müssen ganz andere gewesen sein als beigeringeren Hitzgraden. Die durch Abkühlung conden-sirtenTheile strebten nach dem Mittelpunkt der ganzenMasse, wo sie wieder erhitzt wurden, es begann so eineCirculation der ganzen Masse und das endliche Ke-sultat war die Entstehung einer flüssigen Kugel, in dersich auch von einem gewissen Stadium an, Verbindungender verschiedenen in der ursprünglichen chaotischenMasse vertheilten Elemente ansammeln konnten, undzwar in einer ihren Dichtigkeitsverhältnissen entspre-chenden Anordnung.

Hunt denkt sich als die ersten gebildeten Verbin-dungen die Oxyde von Silicium, Aluminium, Calcium,Magnesium und Eisen. Doch dürften sich, bei fort-schreitender Abkühlung, noch andere Elemente aus derdamaligen Atmosphäre der flüssigen Kugel beigesellthaben. Sodann kommt Hunt auf die Frage: Wo begann dieErstarrung? Er acceptirt die Hopkins'schen Annahmenvom Beginn des Festwerdens in den centralen Regionen.Die Oberfläche blieb aber noch im geschmolzenen Zu-stande und hier begann nun in Folge der, wenn auch,wegen der Dichtigkeit der Atmosphäre, sehr langsam

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vor sich gehenden Abkühlung, und unter Einwirkungeines Druckes, der das siebenfache des heutigen Atmo-sphärendruckes ausmacht, ein über alle Begriffe gross-artiges Spiel der chemischen Kräfte.

Als ihr erstes Kesultat nimmt Sterry Hunt eineuBrei an, der an die Schlacken unserer Hochöfen oderan vulkanische Gläser erinnert und alle diejenigenStoffe enthält, die nicht mehr in der Dampfform be-stehen können.

Weiterhin erstarrt nun die Oberfläche dieses Breiesund nun kann auch alsbald eine Condensation desWassers eintreten, und zwar wird diese, immer unterder Wirkung des viel bedeutenderen Atmosphären-druckes, schon bei einer vielleicht doppelt so hohenTemperatur erfolgen können als heutzutage, und werden

. überdies die niederstürzenden überhitzten Wassermassen,(vielleicht 160 bis 200° C. heiss), ungemein reich seinan verschiedenen Säuren (besonders an Schwefel- undSalzsäure). Zerstörend und wieder neubildend tretendiese Niederschläge in Action. Verbindungen von Basenmit Chlor und Schwefelsäure werden gebildet werden,das Wasser der dazumaligen Oceane wird eine Un-menge von Kalk-Magnesia- und Natron-Chloriden undSulphaten enthalten.

Lange Zeiträume hindurch wird dieser Zustandwähren, dann aber wird auch der immense Kohlensäure-gehalt der Atmosphäre handelnd auftreten. Ungemeinlangsam, aber stetig, wird die Kohlensäure auf die schon

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gebildeten Gesteine einwirken und in grossen Mengengebunden werden.

Besonders die kieselsauren Verbindungen (Silikate)der Erdkruste werden der Zerstörung unterworfen seinund das Eesultat wird die Bildung von thonigen Ge-steinen sein, während kohlensaure Verbindungen (be-sonders Kalk- und Magnesia-Carbonate) in Auflösungdem Urmeere zugeführt werden. Kalksteine und Stein-salz werden gebildet. Dieser Kohlensäurereichthum'derAtmosphäre wird aber andererseits eine über alle Be-griffe üppige Vegetation begünstigen, bis endlich auchdas animalische Leben, das bisher als nur im Meerebestehend angenommen werden mag, auch auf der festenErde günstige Verhältnisse vorfindet, um sich daselbstzu verbreiten. — Doch sehen wir zu, was nach Huntunter der festen Erstlingskruste weiter erfolgte. Weiterund weiter schritt die Erstarrung fort bis endlich dieganze Erde fest und starr wurde.

Der Kern der Erde wäre demnach äusserlich voneiner mächtigen, durch Erstarrung aus dem Gluthoceanentstandenen, durch chemische und mechanische Ein-flüsse zersetzten, mit Wasser durchtränkten Krustebedeckt. Die dabei entstandenen Zerstörungsproductehaben sich im Laufe der Zeit in ungeheuren Mengenangesammelt und ihre tieferen Lagen gelangen end-lich, durch, den Druck der immer wieder neu ge-bildeten Ablagerungen, in den Bereich, der vonInnen heraus wirkenden Hitze. Diese hohe Tem-peratur (und die Wärmezunahme nach einwärts war da-

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mals eine viel bedeutendere als heute) bewirkt nun, dassdie herabgepressten Massen in einen Schmelzfluss ganzeig-enthiimlicher Art übergehen, indem das Wasser mitdaran Theil nimmt und ein sogenannter „wässerigerSchmelzfluss" eintritt. Wir wären demnach genöthiget,zwischen dem festen heissen Erdkern und der starrge-wordenen Kruste, eine im wässerigen Schmelzflüsse be-findliche Zwischenlage anzunehmen, in der wir den Sitzder Vulkanischen und der diesen vorausgegangenen Mas-sen-Eruptionen zu suchen hätten, indem die hinab-gedrückten geschmolzenen Kalke, Sande, Thone, Salzeu. s. w., die Lava, — die gleichzeitig frei werdendenhochgespannten Dampf- und Gasmassen aber, die nöthigevulkanische Kraft liefern, um die erstere, an Stellen,die es erlauben, empor zu pressen und Vulkanausbrüchezu insceniren. —

Dass chemische Processe in der Erdkruste vor-gehen und seit jeher vorgegangen sind, daran kann keinZweifel bestehen, und es war auf jeden Fall ein ver-dienstliches Bemühen, solche auch für die geschildertengrossen Vorgänge anzuwenden, ob aber der von SterryHunt eingeschlagene Weg (v. Höchstetter nennt dieSterry -Hunt'sehe Ansicht die „hydro - plutonischeTheorie") der richtige ist, darüber bestehen gar grosse.Zweifel.

Aus Sedimenten, also aus Sandsteinen und Sanden,aus Thonen und Salzen, sollen durch ein Einsinken, überdessen Vorgehen in dem grossartigen Masse, wie es dieHunt'sche Theorie will, wir uns kaum eine Vorstellung

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zu machen im Stande sind, nicht nur der Gneiss, sondernauch Grün steine und Granite, entstanden sein. Durchwelche Kräfte soll nun dieses in-die-Tiefe-sinken erklärtwerden ? und woher stammen denn alle die ungeheurenMengen von Sedimenten, die immer und immer wiederabgelagert werden? Das führt ja nothwendiger Weisezu der Annahme eines ewigen Eingelreigens der aus derersten Kruste entstandenen Zerstörungsproducte. Auchwill mir nicht recht gefallen, dass gar keine Spur dieserersten Erstarrungskruste zu erkennen sein soll, die docheine ganz mächtige Entwicklung gehabt haben musste,um die Unmasse von Sedimenten zu bilden. *)

Liegt nicht auch ein grosser Widerspruch in derAnnahme, dass Sedimente, wenn sie eine gewisse Tiefeerreichen — und es soll nochmals betont werden, dassdiese Tiefe eine ganz beträchtliche sein muss 2) — durchdie Innenwärme unseres Planeten geschmolzen werdensollen, während die Möglichkeit, dass die in jenen, oderin noch grösseren Tiefen ursprünglich vorhandenenMassen im geschmolzenen Zustande sich befindenkönnten, bestritten wird. Auch die Angabe, dass Granitaus Sandstein entstehen soll, erscheint mir nicht plau-

') Freilich spricht Sterry Hunt nur von einem seichtenGluthoceau oder wie er sagt, von einem wenig tiefen „liqui-den Bad".

2) Erreicht ja, selbst unter Annahme einer Wärmezu-nahme in arithmetischer Progression, die Temperatur erst incirca vier Meilen Tiefe den Grad, der nothwendig ist, um dieleichtflüssige glasige Lava zu schmelzen (bei etwa 900° C).

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sibel, denn der Haupteinwand gegen seine Entstehungauf „feurigem" Wege, den die Chemiker stets bereithaben, das Vorhandensein des krystallinisch ausgeschie-denen Quarzes, steht auf schwachen Fiissen, gibt esdoch so viele Porphyre, die reich an Quarzkrystallensind; freilich will man auch diesen auf „wässerigem""Wege entstehen lassen, doch sind derer, die dies an-nehmen, schon weniger und für diese Wenigen kannman sodann den Quarztrachyt ins Feuer führen, seinevulkanische Natur wird ihm Niemand bestreiten. Konnteaber im Quarztrachyt freier Quarz sich abscheiden,warum sollte unter gewissen Modiiicationen der herr-schenden Verhältnisse nicht auch der Quarz des Gra-nites auf plutonischem Wege entstanden sein ? — Ja, manköunte fragen, woher stammt denn der Quarz der Sandeund Sandsteine? Die Antwort wird lauten müssen: auskrystallinischen Gesteinen — und diese sollten aberaus den Sandsteinen entstanden sein. Da wären wirin einem noch unsinnigeren Ringelreigen.

Wenn Sterry Hunt anführt: Seine gewiss überausgeistreiche Ansicht stimme „auf das beste" mit denLehren der Physik und Chemie überein, so ist er mitdiesem seinem Ausspruche auch nicht alleinstehend,denn auch die Anhänger der anderen Theorien sagendies von den ihrigen, und es ist hier wohl zu erwägen,welche der Hypothesen auf den meist berechtigten An-nahmen aufgebaut erscheint.* Auf eine gar eigenthümliche Weise will Theodor

Moldenhauer zur Erklärung der Erdkrustenbildung

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gelangen l), indem er beim Ballungsvorgange ein Stadiumannimmt, in welchem in der Aussenregion der geballten,von Innen nach Aussen an Dichte abnehmenden, „durch-wegs" gasförmigen Kugel eine Association der „Stoffe"und ein „Niederschlagsprocess" ganz eigentümlicherArt begonnen habe.

Aehnlich so, wie wir heut zu Tage Regen-, Hagel-und Schneefälle vorgehen sehen, sollen früher Quarz-regen, untermischt mit Glimmer- und Hornblende-Hagel,oder Feldspath-Schneefälie vorgekommen sein, wobeidie herabfallenden Mineralstoffe, die bis zu einemgewissen Grade flüssig gewesen, bis in jene Gasregiongefallen sein sollen, deren Dichte ein Weiterfallen un-möglich machte, wodurch dann eine Ansammlung dersel-ben in Form einer gluthflüssigen, späterhin starrwerden-den Hülle oder Rinde, 850 Meilen vom Centrum entfernt,um einen äusserst dichten, gasförmigen und vorwiegendmetallischen „Kern" stattgefunden haben müsse.

Auf diese Weise erklärt. Moldenhauer nicht nurdie ursprüngliche Bildung von Basalt, resp. „grani-tischem" und „porphyrischem Gestein", und von krystal-linischen Schiefersteinen aller Art, sondern auch Kalke,Thone und Sandstein sollen zum Theil auf diese Artentstanden sein. So erklärt z. B. Moldenhauer die auf-rechten Stammrudimente, die zuweilen in den Stein-kohlensandsteinen gefunden werden, auf die Weise, dasser annimmt, dieselben seien durch gewaltige atmosphä-

t) In einer Reihe von Artikeln in der Gaea 1875.Verein nat. Kenntn. XVI. Bd. 41

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rische Niederschläge von Quarzkörnern umhüllt und soin ihrer ursprünglichen Stellung erhalten worden.Glücklicherweise hat die Atmosphäre endlich ihre letz-ten Thon-, Kalk- und Quarzmassen abgegeben, sie ent-hält nur noch „Wasserdämpfe", sonst wären wir viel-leicht noch immer in Gefahr, eines schönen Tages ineinen tüchtigen „ Quarzniederschlag" eingehüllt und aufkürzestem Wege versteinert zu werden. —

Fassen wir das in dem Vorstehenden Erörterteschliesslich zusammen, so ergibt sich daraus, dass haupt-sächlich zwei Ansichten über das Innere der Erde ein-ander gegenüberstehen, deren eine einen festen Kernannimmt, während die zweite immer noch an demschmelzflüssigen Erdinnern festhält. Darüber sind diebeiden Meinungen übrigens einig, dass sich in derCentralregion die dichtesten Stoffe befinden müssten.(nach Dana wäre es Eisen). In Bezug auf das Vor-handensein einer, zwischen dem Kern und der Krustebefindlichen, beweglichen, heissen Umhüllung des Erd-kernes, gehen die Anhänger der ersteren Ansicht wiederauseinander. Die Einen fassen diese Zwischenschichteals einen Rest der ursprünglichen schmelzflüssigen Ge-ßammtmasse der Erde auf (Hopkins und P. Scrope), dieAnderen lassen sie entweder durch chemische (SterryHunt) oder mechanische Kräfte (Mallet), aus festen Erd-massen nachträglich entstehen. — Wieder anderedachten sich die Erstarrung bis zu Ende durchgeführtund stellten sich die ganze Erde als eine völlig erstarrteMasse vor. — (Poisson.)

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.Nach Allem können wir uns die Erde als aus ver-schiedenen Hüllen bestehend vorstellen, deren ersteäusserste die Atmosphäre, deren zweite unvollkommenedie Hydrosphäre, und deren dritte die Lithosphäre oderSteinsphäre genannt wurde. Uns interessirte für diesmalnur die Lithosphäre, die Steinschale unseres Planeten undwas unter ihr sich findet.

Im oberen Theil der Lithosphäre finden wir dieZeugen organischen Lebens, Reste von Thieren undPflanzen. Auch diese. Region ist nicht ununterbrochen.Man nennt sie die Biosphäre. Die tieferen Partiensind uns, wie wir gesehen haben, noch nicht bekannt,doch schlössen wir auf grössere Dichte und höhere Er-wärmung. Man hat sie mit Recht die Barysphäre,die Sphäre des Schweren genannt, ob sie sich aber imfesten Zustande befindet, wie die Einen wollen, oder obsie vielmehr, durch die Wirkung der immer noch gewal-tigen Innenwärme, im Zustande des Schmelzflusses er-halten wird, eine Ansicht, zu welcher ich mich immernoch bekennen will, das können wir nach dem gegen-wärtigen Stande unserer Erkenntniss nicht entscheiden.

Der „friedliche" Wettkampf der Geister, wird un-ermüdlich weiter gekämpft, bis die eine oder andereAnsicht als die richtigere, als Siegerin aus .dem Kampfehervorgehen wird, d.h. als die, den zur Verfügung stehen-den Mitteln und Thatsachen vollkommen entsprechende.

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