- 1. VO Einfhrung in die Methoden der Kultur- und
Sozialanthropologie 3.Einheit Boas, Malinowski & Ausgewhlte
wissenschaftstheoretische und methodische Grundlagen der
empirischen Sozialforschung
2. Boas
- Vergleichbarkeit wird extrem erschwert bis unmglich
- Kulturen als eigenstndige Einheiten, die primr aus sich selbst
herausverstandenwerden mssen
- Der von Boas etablierte historische Partikularismus ist:
- partikularistisch&relativistisch,nicht
universalistisch
- das Vorgehen induktiv,nicht deduktiv
- und diachron,nicht synchron
3. NW-Coast Amerikas
- Aneignende Wirtschaftsform
4. Aboriginies Australiens
- einfachste materielle Kultur
- Komplexe Sozialorganisation
-
- Kariera (4 Heiratsklassen, Heiratsbeziehungen bleibt ber
Generationen gleich)
-
- Aranda (8 Heiratsklassen, alternatierende Generationen)
5. Torres Straits Expedition (1898 1899)
- Forschergruppe bestehend aus Linguisten, Psychologen,
Anthropologen, Musikwissenschafter, Pathologen, Zoologen
- Expedition als Wendepunkt in der britischen
Sozialanthropologie:
-
- Verankerung von Feldforschung in
anthropologischerAusbildung
-
- Objekt d. Forschung nicht mehr Kultur generell, sondern
spezielle lokale Gesellschaften
-
- Neuerungen in der Methodologie: Rivers genealogische Methode;
Kinship terms
-
- Rivers u. Seligman (beide naturwissenschaftlich ausgebildet)
als Schlsselfiguren in der Ausbildung der nchsten Generation brit.
Sozialanthropologen
6. Bronislaw Malinowski (1884 - 1942)
- zhlt gemeinsam mit A. R. Radcliffe-Brown zu den Begrndern der
britischen Sozialanthropologie .
- Sein Bekanntheitsgrad reicht weit ber das Fach hinaus, so
greift u.a. S. Freud auf Malinowskis Arbeiten zurck.
- Malinowski gilt als derInitiator der modernen ethnographischen
Datenerhebungund desFunktionalismusals theoretische Strmung
innerhalb der Sozialanthropologie.
7. B. Malinowski
- Studierte Mathematik, Physik und Philosophie
- dann in Leipzig Psychologie bei W. Wundt
- London Anthropologie bei E. Westermarck und C.G. Seligmann
- Argonauten des westlichen Pazifiks (1922)
- Trobriand Inseln (PNG) - Kula
- Grundlage der modernen Feldforschung
8. DieGrundzgedes (strukturalen) Funktionalismus sind:
- richtete sichgegendie spekulativen Rekonstruktionen
derEvolutionistenund die vergleichende Methode
derarmchair-anthropologists
- Im Gegensatz zu Franz Boas ist der Funktionalismus
ahistorisch(synchron) eingestellt, da die historische Perspektive
nur bei Vorhandensein exakter schriftlicher Belege angestrebt
werden kann
- Organismusanalogie : die Gesellschaft wird mit einem
biologischen Organismus verglichen, in dem die einzelnen Organe
zusammenwirken mssen(Funktion ), um den Erhalt des gesamten
Krpers(Struktur)sicherzustellen
- Gesellschaften bzw. ihre Teile strebennach Ordnung
(Equilibrium)und verlaufen nach bestimmten Mustern; der harmonische
Zustand ist relativ stabil, Konflikte tendieren zu einem
neuerlichen Equilibriumszustand
9. DieGrundzgedes (strukturalen) Funktionalismus sind:
- Ziel ist das Herausfinden vonGesetz- bzw. Regelmigkeitendes
sozialen Lebens im naturwissenschaftlichen Sinne
- die Kulturtheorie von Bronislaw Malinowski leitet die
wesentlichen Institutionen alsKulturreaktionen auf menschliche
Grundbedrfnisseab (obsolet)
- Im strukturellen Funktionalismus (Radcliffe-Brown) im
Mittelpunkt der Forschungen stehen die sog.Institutionenals
Kristallisationspunkte (nach Durkheim);
10. B. Malinowski - Methode
- Mit Leichtigkeit lieen sich hoch geachtete, wissenschaftlich
ausgewiesene Arbeiten anfhren, in denen uns pauschale
Verallgemeinerungen vorgelegt werden, aus denen wir aber nicht im
geringsten erfahren, aufgrund welcher tatschlichen Beobachtungen
die Verfasser ihre Schlsse gezogen haben. Kein besonderes Kapitel,
kein Abschnitt ist dem Versuch gewidmet, die Bedingungen zu
beschreiben, unter denen Beobachtungen gemacht und Informationen
gesammelt wurden. Ich bin der Meinung, da nur solche
ethnographischen Quellen von zweifelsfreiem wissenschaftlichen Wert
sind, in denen klar die Grenze gezogen werden kannzwischen den
Ergebnissen direkter Beobachtung ,Berichten und Interpretationen
der Eingeborenenauf der einen Seite und denSchlufolgerungen des
Autors , die sich auf dessen gesunden Menschenverstand und sein
psychologisches Einfhlungsvermgen sttzen, auf der anderen
Seite."(Malinowski 1979: 24f)
- Trennung von Beobachtung und Interpretationen der
Eingeborenen
- Trennung von Daten und Analyse
11. Malinowski- Probleme des Felddeinstieges Schwierigkeit
Beziehung mit dem Feldaufbauen.Das Ergebnis, das sich dabei
einstellt, beschreibt Malinowski mit einem " Gefhl der
Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung " und der Unmglichkeit, in "
eine wirkliche Berhrung mit den Eingeborenen zu kommen oder mich
mit irgendwelchem Material zu versorgen. Ich erlebte Perioden der
Mutlosigkeit, whrend derer ich mich im Romanlesen vergrub, hnlich
einem Mann, der im Anfall tropischer Depression und Langeweile zu
trinken beginnt. " (Malinowski 1979: 26f)Weien vor Ort keine Hilfe
fr die Feldforschung ,mangelnde Kenntnis der lokalen Sprache ,die
daraus resultierende Unmglichkeit zu lokalen Interpretationen aus
der Sicht der Eingeborenenzu kommen.Beobachtungen bleiben totes
Material 12. Malinowski-Das Geheimnis der Feldforschung
- Er fasst diemethodischen Prinzipienin drei Bereichen
zusammen:
- den wissenschaftlichen Zielen und Kriterien,
- den Arbeitsbedingungen vor Ort und
- den Methoden ds Sammelns, Aufbereitens und Sicherns der Daten
.
- " Zuerst mu der Forscher natrlich wirklich wissenschaftliche
Ziele haben und die Kriterien und Wertmastbe moderner Ethnographie
kennen. Zweitens sollte er sich gute Arbeitsbedingungen schaffen,
das heit hauptschlich, er sollte ohne andere Weie direkt unter den
Eingeborenen leben. Schlielich mu er eine Reihe besonderer Methoden
des Sammelns, Aufbereitens und Sicherns seines Belegmaterials
anwenden. " (Malinowski 1979: 28)
13. Malinowski-passive & aktive Methoden "Aber der
Ethnograph mu nicht nur sein Netz am rechten Ort auswerfen und auf
das warten, was sich darin fngt. Er mu aktiver Jger sein, das Wild
in sein Netz hineintreiben und ihm in seine unzugnglichen Verstecke
folgen. Dies fhrt uns zu den aktiveren Methoden, ethnographische
Zeugnisse zu erlangen."(Malinowski 1979: 30) Feldforschung
beschrnkt sich nicht nur auf passive Beobachtung im Sinne eines
"deep hanging round". Es kommen vielmehr, im Sinne
einerMethodentriangulation , unterschiedliche methodische
Verfahren, wie z.B. Interviews und gezielte Befragungen zum
Einsatz. Ethnographie beruht somit auf demflexiblen Einsatz
verschiedener methodischer Strategien . 14. Malinowski-Die Suche
nach Ordnung und Gesetzmigkeiten Das primre Ziel der Feldforschung
ist, nach Malinowski,allgemeine Gesetz- und Regelmigkeiten des
sozialen Zusammenlebens und der kulturellen Phnomenezu
identifizieren. Auch hier kommt einepositivistische
Grundorientierungzum Ausdruck, derenprimres Erkenntnisinteresse auf
Erklrungenin Form allgemeiner Gesetzmigkeiten abstellt.Das starre
Skelett des Stammeslebens mu zuerst ermittelt werden."(Malinowski
1979: 32f; eigene Hervorhebungen) 15. Positivismus
- Die vier zentralen Grundannahmen des Positivismus knnen wie
folgt zusammengefasst werden:
- Auguste Comte (1798-1857)
- 1) Es existiert eine einzige Art von Wirklichkeit;
- 2) Die einzige Erkenntnisquelle ist die sinnliche
Erfahrung;
- 3) Der Positivismus geht von der Einheit der Wissenschaft aus
(Methodenmonismus) und
- 4) lehnt alle nicht-deskriptiven, d.h. metaphysischen Aussagen
ab.
16. Neopositivismus
- Wiener Kreis (1922-1936), einer Gruppe von
WissenschaftstheoretikerInnen (Rudolf Carnap, Otto Neurath, Kurt
Gdel, Moritz Schlick, u.a.), geprgt.
- Er fgt den Grundannahmen des klassischen Positivismus die
mathematische Logik, sowie - in Anlehnung an Ludwig Wittgenstein -
die Sprachkritik, hinzu.
- Sinnkriterium. Diesem zufolge wurden nur solche Aussagen als
sinnvoll akzeptiert, die sich empirisch verifizieren lassen.
Empirisch nicht verifizierbare Aussagen, z.B. ber Gott, Engel oder
Geister, waren demnach empirisch sinnlos, metaphysisch und nicht
wissenschaftlich angesehen
17. Sir Karl Popper (1902- 1994) Kritischer Rationalismus
- Kritisiert Theorem der Verifikation von AussagenHauptwerk
"Logik der Forschung" (1935)
- "alleAussageneiner empirischen Wissenschaft" - sofern sie
unzutreffend sind - "prinzipiell an der Erfahrung scheitern knnen"
(Popper 1971: 15).
- D.h. siemssen auch falsifizierbar sein
- "Morgen wird es regnen oder nicht regnen." wahr und empirisch
berprfbar aber nicht falsifizierbar und deshalb wissenschafltich
unbrauchbar.
- Positivismus und Kritischer Rationalismus vertreten einen
Methodenmonismus , d.h. egal ob Naturwissenschaften oder Sozial-
und Geisteswissenschaften, die methodischen Zugnge zur Wirklichkeit
sind im Grunde die gleichen, auch in den Sozialwissenschaften
besteht der Fortschritt der Erkennntis in einer zunehmenden
Annherung an eine objektiv existierende Welt.
- steht im Gegensatz zumMethodendualismus , der davon ausgeht,
dass sich die methodischen Zugnge zur Wirklichkeit in den Sozial-
und Geisteswissenschaften von jenen der Naturwissenschaften
unterscheiden.
18. Malinowski-Das Skelett: die Dokumentation objektiver Daten
Malinowski geht davon aus, dass " das starre Skelett des
Stammeslebens (...) zuerst ermittelt werden (muss). Dieses Ideal
bringt an erster Stelle die Verpflichtung mit sich, eine
vollstndige bersicht ber die Phnomene zu geben und nicht das
Sensationelle und Einzigartige, schon gar nicht das Lustige und
Wunderliche herauszulesen. " (Malinowski 1979: 33) Es geht hierbei
um einesystematische und umfassende Dokumentation einzelner Flle ,
die dazu dienen,Ordnungsprinzipien, Regeln und Regelmigkeitendie
diesen Fllen zugrunde liegen, zuidentifizieren . Es geht also um
das Sammeln von konkreten Belegmaterialien aus demgeneralisierende
Schlssegezogen werden knnen. 19. Malinowski-Das Fleisch: Teilnahme
und Deskription des sozialen Lebens
- . Dem "Skelett der Stammesorganisation fehlt allerdings"Fleisch
und Blut",welche die Wirklichkeit des menschlichen Lebens
veranschaulichen.
- die Regeln und Ordnungen sind ihrer "Exaktheit dem wirklichen
Leben fremd, das niemals starr irgendwelche Regeln befolgt".
(Malinowski 1979: 41)
- Diese Regeln mssen durchteilnehmende Beobachtungergnzt werden,
welche veranschaulicht,wie etwas durchgefhrt wirdaber auch
ermglicht, immer auftretende Ausnahmen darzustellen.
- Dabei handelt es sich um Phnomene, die " in ihrer vollen
Wirklichkeit beobachtet werdenmssen". (Malinowski 1979: 42f) Diese
nennt Malinowski die Imponderabilien des wirklichen Lebens und
typischen Verhaltens, welche dokumentiert und aufgezeichnet werden
mssen.
- Dabei ist es notwendig " da dies nicht in Form der
Registrierung oberflchlicher Einzelheiten geschieht, wie ungebte
Beobachter dies gewhnlich anstellen, sondern in dem Bemhen, in die
Geisteshaltung einzudringen, die in ihnen ihren Ausdruck findet. "
(Malinowski 1979: 43)
20. Malinowski-Der Geist: die Sammlung charakteristischer
Erzhlungen Neben dem Skelett und dem Fleisch sollte auch noch der
Geist, d.h. "die Anschauungen, Meinungen und uerungen der
Eingeborenen" (Malinowski 1979: 46) festgehalten werden. Das dritte
Gebot der Feldarbeit lautet also: Ermittle die typischen Formen des
Denkens und Fhlens, die den Institutionen und der Kultur einer
bestimmten Gemeinschaft zugehren und formuliere die Ergebnisse in
der berzeugendsten Weise. (Malinowski 1979: 47) Um die
Anschauungen, Meinungen und uerungen der Untersuchten berzeugend zu
dokumentieren, ist es notwendig, deren Aussagen wortwrtlich zu
zitieren sowie Begriffe aus der Klassifikation der Eingeborenen zu
verwenden. Hier stellen sich wieder die Notwendigkeit der
Sprachkenntnisse und Probleme der bersetzung. Malinowski bezeichnet
dieses linguistische Material auch alsCorpus Inscriptionum ,
welcher die Grundlage fr unterschiedliche Interpretationen ist. 21.
Nicht-positivistische Wissenschaftstheoretische Paradigmen
- Wilhelm Dilthey(1833-1911)Natur/Geisteswissenschaften
-
-
-
- nomothetisch/ ideographisch
- Hermeneutik : die "Kunst" des Verstehens und der deutenden
Auslegung von Texten, Verhaltensweisen und Kulturmustern.
- Gadamer, Habermas (Sinnkritik), Geertz
- Pragmatismus:Charles S. Peirce, William James, John Dewey,
George Herbert Mead.
- die Bedeutung einer Sache liegt in den Konsequenzen, die sich
aus dem praktischen Handeln ergeben. Diese Konsequenzen mssen
erfahren werden und diese Erfahrung sei immer perspektivisch
geprgt. Die handlungspraktischen Konsequenzen, d.h die Bedeutung
welche Phnomene fr die Handelnden haben, werden somit zum
Wahrheitskriterium innerhalb des Pragmatismus.
- Phnomenologie(griech.phainomenonSichtbares,
Erscheinung;logosRede, Lehre) ist die Lehre bzw. Untersuchung der
Erscheinungen, des Phnomens als Gegebenes im Gegensatz zum Logos,
der Zugangsart.
- Edmund Husserl (1859-1938)
22. Literatur
- Barth, F. et al (2005) One Discipline, Four Ways: British,
German, French, and American Anthropology. Chicago und London:
University of Chicago Press
- Boas, Franz. 1896. "The limitations of the comparative method
in anthropology."Science4(November):901-8.
- Gingrich, Andre; Richard Fox (eds.) (2002) Anthropology, by
comparison. London. Routledge
- Malinowski Bronislaw (1979) Argonauten des westlichen Pazifiks.
Frankfurt/Main: Syndikat. p.11-48(Pflicht!)
- Urry, J. (1984) A history of field methods. In: Ellen, R.F.
(ed.) Ethnographic Research. A Guide to General Conduct. London
[u.a.]: Academic Press. p. 35-61.(Pflicht!)
- Tylor, Edward B. 1994. On a Method of Investigating the
Development of Institutions; Applied to Laws of Marriage and
Descent. InThe Collected Works of Edward Burnett Tylor. Journal
Articles 1863-1900 . London: Routledge. [1889]