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Wein, Wein, nur du allein! - Stadt · PDF fileFeldkirch aktuell /3.2001 A U S A L T E N Z E I T E N..... Wein, Wein, nur du allein! WEINKULTUR IN

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Feldkirch aktuell /3.2001 A U S A L T E N Z E I T E N. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Wein, Wein, nur du allein!WEINKULTUR IN FELDKIRCH - VON DR. CHRISTOPH VALLASTER

Die klimatischen Bedingungen ha-ben sich in den letzten Jahren denendes Mittelalters wieder angenähert,sogar heuer, als es in Sibirien einenRekordwinter mit unter 50 Minus-graden gab und auch in RegionenSchnee fiel, wo sonst die Winter ehermild sind, war das Wetter hierzulan-de extrem mild. Als Feldkirch vorrund 800 Jahren gegründet wurde,war es ähnlich.

Und so betätigten sich schon dieGrafen von Montfort als Weinhändlerund Weinbauern, natürlich nicht selbst,sondern sie nutzten die Arbeitskraft ihrerUntertanen, die damals noch Leibeigenewaren. Das älteste Steuerverzeichnis,das erhalten geblieben ist und um 1300angelegt wurde, heißt nicht umsonst„Mistrodel“. Damit war keine lustige Ro-delpartie gemeint, sondern die Aufli-stung der auf die einzelnen Hausbesitzerentfallenden Steuern, die als Mistfuhrenfür die gräflichen Weingärten abgeführtwerden mussten.

St. UrbanMit der Entlassung aus der Leib-

eigenschaft und der Verleihung desgroßen Freiheitsbriefes Ende des14. Jahrhunderts wurde der Weinbau zueinem wichtigen Erwerbszweig derselbstbewussten Bürgerschaft. Bald gabes keine Patrizierfamilie mehr, die nichtein paar Pfund Lohn Reben ihr eigennannte und im Keller einige Fässer Feld-kircher Landwein liegen hatte.

Bis in die letzten Jahrzehnte des19. Jahrhunderts war die Stadt Feld-kirch, die als Perle in rebumrankterSchale gerühmt wurde, von Weinbergenumgeben. Nicht nur am Blasenberg undauf dem Ardetzenberg wurde Weinbaubetrieben, sondern auch am Schloßberg-hang unter der Schattenburg und amAmberg. Auch die Handwerker profitier-ten von diesem blühenden Wirtschafts-zweig, besonders die Küfer, bei denendie Fässer bestellt wurden. Sie waren zueiner eigenen Zunft zusammengeschlos-sen mit dem Heiligen Urban als Zunftpa-tron, dessen Bildnis, eine wertvolleSkulptur, heute noch im Dom, der altenStadtpfarrkirche zu sehen ist. St. Urban,der Schutzpatron der Winzer meinte esgut mit Feldkirch und ließ hier ein gutesTröpfchen gedeihen, das so süffig warund mit dem später wegen der Klimaver-schlechterung als sauer verschrienen Ar-detzenberger des 19. Jahrhunderts nicht

vergleichbar war, sondern wie gesagt sosüffig war, dass sich selbst Kaiser Maxi-milian I. daran nicht satt trinken konnteund so viel Gläser hintereinander konsu-mierte, dass er schließlich stockbesoffenwar. Dies geschah 1510, als er aufSchloss Amberg zukehrte und bei derGräfin von Helfenstein, seiner Konkubi-ne, so sehr im Element war, dass übersJahr die Frucht des allerdurchlauchtig-sten Hierseins das Licht der Welt erblick-te, des Kaisers illegitimer Sohn Ferdi-nand Max von Amberg.

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Bei entsprechendem Einfall des Sonnenlichtssind noch heutedie Weinbergeam Ardetzenbergzu erkennen.

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RebsteckenIm 17. Jahrhundert brachten Pest und

Krieg auch für den Feldkircher Weinbauarge Rückschläge, wenngleich es hiernoch relativ besser stand als im Boden-seeraum. Trotzdem mussten auch dieWeinberge in der Umgebung der Stadtwieder auf Vordermann gebracht undzum Teil neue Rebstecken angeschafftwerden, die zum Teil aus dem Bregen-zerwald gekommen sein dürften, da dortmit dem Rebsteckenhandel die Leuteschon einige Erfahrung hatten. Die mei-sten Rebstecken wurden ins Schwäbi-sche verkauft und über den Bodensee mitLastsegelschiffen dorthin transportiert.Zum Teil wurde sicher auch Holz aus denFeldkircher Wäldern für die Rebsteckenverwendet, aus dem Saminawald undauch aus dem Ardetzenberger Wald. Zehentwein und

GrundentlastungIm vorigen Feldkirch aktuell war im

Zusammenhang mit dem Palais Liechten-stein schon die Rede vom Zehentwein,der bis ins 19. Jahrhundert abgeliefertwerden musste. Dazu noch einige Ein-zelheiten. So wie die Liechtensteinerließen auch andere Grundeigentümerihre Liegenschaften, die meist weit ver-streut waren, von der Stadt Feldkirch ausverwalten. Deutlich wird dies etwa amBeispiel der Pfandherrschaften Neuburg,Tostner Burg, Alt- und Neumontfort, Jagd-berg, Höchst und Fußach, die 1777 an

die Grafen von Wolkenstein-Rodeneggkamen und vom Amtshaus in Feldkirch,vom Wolkensteinschen Haus Marktgasse 8aus verwaltet wurden. Hier in der Markt-gasse wurde in den Kellern auch der Ze-hentwein gelagert. Alle Bauern, die im19. Jahrhundert noch solche Zehentab-gaben leisten mussten, konnten nachdem Grundentlastungsgesetz vom 17.August 1849 bei Dr. Johann Hasslwan-ter, dem Präsidenten der Grundentla-stungskommission für Tirol und Vorarl-berg, um Grundentlastung einkommen.Ein Drittel der Ablöse hatte der Landwirtaufzubringen, den Rest zahlten zu glei-chen Teilen Staat und Grundherr. In Vor-arlberg waren es immerhin Grundlastenim Gesamtwert von rund einer halbenMillion Gulden - eine astronomischeSumme (zum Vergleich: 1 kg Butter ko-stete damals nicht ganz einen Gulden).Zwar gab es in Feldkirch bedingt durchden Freiheitsbrief der Montforter keineHand- und Zugroboten mehr wie in an-deren Gegenden der Monarchie, dochdie Höhe der Grundlasten war dafürüberraschend.

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Eine der ältesten Abbildungen,die die Herstellung

von Rebstecken zeigt.

Feldkirchumrahmt vonWeinbergen -ein Stich ausdem Jahre 1835.

Der Hl. Urban, Patron der Winzer(steht im Dom St. Nikolaus)

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Trinken und SpielenIm 18. Jahrhundert trafen sich die

Feldkircher Weinfreunde regelmäßig inder Schießhütte, dem damals noch in derAu (am Platz bei der späteren Ganahlfa-brik) stehenden Schützenhaus. Dort wur-de zum Ärger der gestrengen Vogtei-behörde das Trinken und Spielen bisspät in die Nacht hinein betrieben unddann und wann veranstalteten die trink-festen Schützen allen Verboten zum Trotzsogar einen Tanzboden.

KlosterweinVor der Flussregulierung waren die

Ill-Überschwemmungen beinah an derTagesordnung. Alle paar Jahre trat derFluss über die Ufer und setzte Teile derStadt unter Wasser. In der zweiten Hälf-te des 18. Jahrhunderts war es einmal soschlimm, dass sogar die Johanneskirchebeschädigt wurde. Die dortigen Grable-gen, wohl auch die Gruft des Stadtgrün-ders Hugo I. von Montfort, wurden un-terspült und die Gerippe drohten davon-zuschwimmen. Vielleicht wurde damalsdie sterbliche Hülle des ersten Montfor-ters in die Stadtpfarrkirche überführt, wodie noch im 17. Jahrhundert in der Jo-hanneskirche nachweisbare Grabtafelsich bis heute befindet.

Zurück zum Wein. Viel ärger warden frommen Benediktinern des PrioratsSt. Johann, dass das Hochwasser auchihren Weinkeller heimgesucht und dieFässer aus der Verankerung gelupft hat-te. Da schwammen sie dahin, mittendurch die Marktgasse. Die Mönche ran-gen die Hände und konnten nichts tun,weil sie kein Boot zur Verfügung hatten.Doch sie beteten und fanden im HimmelGehör, denn als das Hochwasser zurück-ging, da fanden sie ihre Fässer mit demKlosterwein unversehrt am andern Endeder Stadt, luden sie auf ein Fuhrwerk undbrachten sie zurück in den Klosterkellervon St. Johann.

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Feldkirch vomArdetzenbergEnde des 19. Jh.

Um 1880 Weinberge am Ardetzenberg

Deutlich sichtbar:die ausgedehntenWeinberge amArdetzenberg -im Vordergrund die „Kiste“(altes Gymnasium)sowie links danebendie Spinnerei Getzner.

Das Kloster St. Johann,mitten in der Feldkircher Altstadt,

wo ein ansehnlicher Weinkeller bestand(um 1622).

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WeinleseBis ins beginnende 20. Jahrhundert,

bis zum Zusammenbruch der alten Wein-kultur in den Jahren vor dem 1. Welt-krieg, war die Weinlese im Herbst einesder wichtigsten Ereignisse im FeldkircherJahresablauf. Alle Kinder bekamenschulfrei und wenn die Große Glocke inaller Früh die Weinlese einläutete, dannströmte Groß und Klein, Alt und Jung hin-auf in die Weinberge auf dem Ardetzen-berg. Ein Schulbub brachte um 1900 dieStimmung bei der Feldkircher Weinlesein einem Schulaufsatz zum Ausdruck undschrieb: „Die gegen Feldkirch hin liegen-de Seite des Ardetzenberges ist nichtkahl und felsig, wie andere Feldkirch um-schließende Berge, sondern auf und aufdurch herrliche Weingärten geschmückt,deren Anblick den Zuschauer überra-schen muss. Im Spätherbst geht es aufdem Ardetzenberg ziemlich lebhaft zu.Auch heute sehen wir zwischen denWeinreben eine Menge von Leuten ste-hen, damit beschäftigt, die reife Fruchtden Stöcken abzunehmen. Die Leute un-terhalten sich durch mancherlei Ge-spräche und lassen sich’s bei der köstli-chen Frucht wohl schmecken. Mitunterknallt ein Büchsenschuss durch die Luft,um auch die Menschen im Thale druntendaran zu erinnern, was heute auf dem

Ardetzenberge geschieht, oder ein jun-ger Bursche gibt seinen Gefühlen durchJauchzen Ausdruck. Kurz, alles istwährend des ganzen Tages in freudigerBewegung, bis endlich der Abend denLesern und Leserinnen das Zeichen zumAufbruche gibt. Dann ziehen sie unterfortwährendem Jauchzen und Jodeln derStadt zu, mit der freudigen Hoffnung,dieses herrliche Fest auch ein anderesJahr wieder feiern zu können.“

Heute ist es noch ein großer Wein-berg, der auf dem Ardetzenberg nebender Weinbergstiege liegt und die uralteTradition am Leben hält. Und wenn sichgerade hier in Feldkirch mit der Vinobileein Treffpunkt der Weinkenner entwickelthat, dann gilt es das Klima zu nützenund weiterhin die Feldkircher Reben zupflegen, vielleicht sogar wieder neue zupflanzen, etwa am Hang unterhalb derSchattenburg, wo früher schon ein Wein-garten war.

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Die Berggasseam Ardetzenberginmitten von Weinbergen.

Noch 1935 befand sich ein Weinberg

unter der Schattenburg.

Hansjörg - 1932weit bekannt als Kellermeister

in der Schattenburg