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Wenn Gottfrei macht …

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1. Auflage 19992. Auflage 2000

© 1999 by CLV · Christliche Literatur-VerbreitungPostfach 11 01 35 · 33661 BielefeldRedaktion: Gitti Niederseer und Albert KröllUmschlag: Dieter Otten, GummersbachSatz: CLVDruck und Bindung: Ebner Ulm

ISBN 3-86397-425-3

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Inhaltsverzeichnis

Eckhard SchitterEndlich auf festem Grund . . . . . . . . . . . . 7

Annemarie KendlbacherWirklicher Reichtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

Esther ZachhuberWas wirklich zählt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

Karl WeißenböckEs geschehen noch Wunder . . . . . . . . . . . 63

Eva FellingerAuf Händen getragen . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

Hias SchrederExtreme Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

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Eckhard Schitter

Endlich auffestem Grund

E ine Faust donnert gegen die Tür meiner Kajüte. Ich höre einen meiner Kameraden rufen: »Geh’

ans Steuerruder! Karl kann nicht mehr!« Schlaftrun-ken drehe ich mich um und plötzlich weiß ich wie-der, wo ich bin. Ein Blick aus dem Bullauge zeigtmir überdeutlich, dass der Sturm noch immer mitvoller Kraft gegen unsere Nussschale wütete. Seitzwei Tagen treiben wir in einer 38-Fuß-Yacht vor derfranzösischen Küste.

Eine Woche vor Ostern war ich mit einer buntzusammengewürfelten Schar von sechs Seglern zueinem Törn aufgebrochen. Wir waren bei blauemHimmel und bester Laune gestartet. Drei Stundenspäter sah es jedoch schon ein wenig anders aus.Die Kraftstoffzuleitung zum Dieselmotor war leckgeworden. Der austretende Diesel breitete sich inder Bilge1 aus und furchtbarer Gestank machte dasVerweilen unter Deck fast unmöglich. Am spätenNachmittag frischte der Mistral stark auf, die Wel-

1 Kielraum eines Schiffes, in dem sich das Leckwasser sammelt.

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len wurden so steil und hoch, dass das Heck mitdem Steuerruder zeitweise in der Luft war, wo-durch das Schiff immer wieder aus dem Kurs schossund in gefährliche Situationen geriet.

Bei einer kurzen Besprechung gestern Abend sahsich außer Karl und mir keiner in der Lage, die Yachtunter solchen Umständen zu steuern, weswegenwir zwei uns in vierstündigem Rhythmus abwech-seln wollten. Am Morgen graute mir davor, wiederin mein von der letzten Nacht nasses Ölzeug zuschlüpfen, wieder vier Stunden lang an die Relinggekettet den Wellen ausgesetzt zu sein, die von Zeitzu Zeit von hinten über mir zusammenschlagenwürden.

Krachend schlug die Türe meiner Kajüte auf.Reinhard, sonst ein »gestandenes Mannsbild«, standmit panischem Gesichtsausdruck da und schrie: »Dumusst hinaus! Wie kannst du unter diesen Umstän-den in deiner Koje im warmen Schlafsack liegen?«

Der Wind hatte in der Zwischenzeit etwas Was-ser in das Innere des Schiffes gedrückt. Darauf hat-te sich der Diesel aus der undichten Treibstofflei-tung ausgebreitet. Ein Ekel erregender Geruch hingim Schiffsbauch. Jeder Schritt auf dem durch Was-ser und Diesel extrem glitschigen Boden konnte miteinem bösen Unfall enden. Im Hintergrund des Sa-lons sah ich die weißen Gesichter der anderen – ei-nige waren apathisch, andere leckten sich nervösdie Lippen.

Meine Kameraden redeten von einem großenBildbericht, den eine Seglerzeitschrift zwei Wochen

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Endlich auf festem Grund

vor unserer Abreise gebracht hatte. Vor der KüsteSardiniens war ein Segelboot im Sturm gekentert.Drei erfahrende Segler und ihre Frauen waren da-mals an Land gespült worden.

Ich hatte mich inzwischen auch schon gefragt,was uns dazu bewogen hatte, ausgerechnet zur Zeitder Frühjahrsstürme in einem Gebiet zu segeln, daszu dieser Jahreszeit eine der höchsten Sturmhäu-figkeiten der Welt aufweist.

Während ich mich in mein nasses Ölzeug zwäng-te, verlor ich plötzlich das Gleichgewicht und knall-te gegen die Steuerbordseite. Das Schiff legte sichbeängstigend »aufs Ohr«. Die Spindtüren im Salonflogen auf, Konservendosen aus den Backbordstau-räumen schossen wie Granaten durch den Schiffs-bauch und schlugen auf der Steuerbordseite statt-liche Dellen in die Mahagoniverkleidung. HöchsteZeit, dass ich an meinen Platz am Steuerruder kam,heraus aus diesem stinkenden Schiffsbauch, in demes bald gefährlicher war als an Deck.

Beim Hinauszwängen durch den Niedergangfragte ich mich: »Aus welchem Grund kannst du indieser Situation relative Ruhe bewahren? Was lässtdich bei so einem Sturm ruhig schlafen?« Die Ant-wort war einfach: »Weil ich einen Herrn habe, derdie Macht hat, mich trotz schwierigster Umständezu bewahren. Er wird mich keine Minute früher zusich zu nehmen, als er es für richtig hält!«

Heute noch lese ich oft in der Bibel den Psalm,der auf meine damalige Situation wie zugeschnit-ten scheint:

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2 Psalm 107, Verse 23-31

Eckhard Schitter

Die sich mit Schiffen aufs Meer hinausbegaben,auf großen Wassern Handel trieben,das sind die, die die Taten des HERRN sahenund seine Wunder in der Tiefe.Er redete und bestellte einen Sturmwindund der trieb seine Wellen hoch.Sie stiegen zum Himmel empor,sie sanken hinab in die Tiefen,es verzagte in der Not ihre Seele.Sie taumelten und schwankten wie ein Betrunkener,es versagte all ihre Weisheit.Dann aber schrien sie zum HERRN in ihrer Not:und er führte sie heraus aus ihren Bedrängnissen.Er verwandelte den Sturm in Stilleund es legten sich die Wellen.Sie freuten sich, dass es still geworden warund er führte sie in den ersehnten Hafen.Sie sollen den HERRN preisen für seine Gnade,für seine Wunder an den Menschenkindern.2

Wie ich diesen Herrn Jesus Christus kennen lern-te? Das kam so:

Aus einem Ministranten wird ein SpötterAngefangen hat alles im Jahr 1954. Ziemlich genauin der Mitte dieses Jahres, in einer Zeit des techni-schen Aufbruchs, einer Zeit, wo man sich langsamvon den Wunden des Zweiten Weltkrieges erholte,

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wurde ich geboren. Mein Zuhause war Altenmarkt,ein kleiner Gebirgsort in den Radstädter Tauern. Ichwar das vierte von fünf Kindern. Meine Eltern be-trieben in diesem Ort ein kleines Lebensmittelge-schäft mit einer Textilabteilung.

Meine Kindheit war geprägt von einer starkenBeziehung unter den Familienmitgliedern. Dass wirauch heute noch ein herzliches Verhältnis zuein-ander haben, geht sicher auf diese Zeit zurück. Be-sonders meine Mutter war bestrebt, dass wir alsFamilie die wenige Freizeit gemeinsam verbrach-ten. Wir wanderten oder machten Ausflüge. Vonmeinem Vater bekam ich die Liebe zu den Bergenmit.

Diese Lebensphase war aber auch gekennzeich-net von einer gewissen finanziellen Knappheit, diezwar dank des enormen Arbeitseinsatzes meinerEltern nie in Mangel umschlug, aber dennoch einintensives Haushalten erforderte. Auch musste beider Arbeit kräftig gemeinsam geholfen werden. Ichkann mich erinnern, dass ich manche Unterneh-mung mit Schulkameraden wegen Arbeiten inHaushalt und Geschäft absagen musste.

In geistlicher Hinsicht war mein Leben von derstarken Religiosität meiner Mutter beeinflusst. WirKinder mussten neben dem Kirchgang am Sonn-tagvormittag, jeden ersten Freitag im Monat schonmorgens um sechs Uhr die Messe besuchen. Späterwurde ich Ministrant, wobei ich nicht verhehlenmöchte, dass für mein diesbezügliches Engagementeher die finanziellen Zuwendungen des Pfarrers

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ausschlaggebend waren, als mein Interesse an derReligion.

Dennoch machte ich mir in dieser Zeit viele Ge-danken zu dem, was sich fast jeden Morgen vormeinen Augen auf dem Altar abspielte. Leiderkonnte diesem neugierigen Buben niemand er-schöpfend Antwort geben: »Was geschieht genaubei der Umwandlung von Wein in das Blut Jesu?«»Wie weiß man nun genau, ob es nur Wein oderumgewandeltes Blut Jesu ist?« »Warum wird dieOblate, die vorher in einer Schublade der Sakristeiherumgelegen ist, auf einmal so heilig, dass mansich davor verbeugen oder gar hinknien muss?«»Wie viele Messen muss man mindestens bezahlen,dass man sicher in den Himmel kommt?«

Dass niemand mir konkrete Antworten gebenkonnte, hat im Laufe der Zeit dazu beigetragen, dasFragen einzustellen und Religion als »Opium fürs(einfache) Volk« zu bezeichnen, wie Karl Marx esin seinem viel zitierten Satz auf den Punkt brachte.

Nach der »Abnabelung« von meiner Familie imLaufe der Pubertät wandte ich mich von der Kir-che völlig ab. Niemand konnte mir eine zufrieden-stellende Erklärung für die Vorgänge rund um Bi-bel und katholischen Glauben liefern und selbstkonnte ich mir auch keinen Reim darauf machen.So beschloss ich, meinen eigenen Weg zum Sinn desLebens zu finden. Der Religionsunterricht im Gym-nasium diente nur mehr dazu, meine »Diskussions-zunge« zu schleifen. Ich war auf dem besten Weg,ein Spötter zu werden.

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Auf der SucheWährend meines Sportstudiums erwachte ein star-kes Interesse an den sogenannten Para-Wissen-schaften und New-Age-Philosophien. Ich las alles,was über Wünschelrutengehen, Bio-feedbackme-thoden, Pyramidenenergie, Edelsteinstrahlung,Pendeln, Astrologie und andere parapsychologi-sche und sogenannte grenzwissenschaftliche Phä-nomene nur irgendwie in die Hände zu bekom-men war.

Ständig übte ich mich in Meditation und Visua-lisierung, machte eine Hypnoseausbildung, las denKoran und buddhistische Literatur und suchte nacheffektiven Methoden, wie ich mein Schicksal unddie mich umgebenden Menschen in meinem Sinnbeeinflussen konnte. Eine gewisse Faszination wares für mich auch, dass dieses »Wissen« – zumindestdamals – offensichtlich nur einer sehr kleinen Grup-pe von Personen zugänglich war. Aus heutiger Sichtwar diese scheinbare Exklusivität beste Nahrung fürmeinen Stolz. Positives Denken und der Glaube andie Macht meines Unterbewusstseins waren mei-ne »Religion« und ich fraß förmlich die Bücher vonHull, Murphy, Napoleon Hill und anderen. Ichglaubte, dass der Schlüssel zu Zufriedenheit undLebenserfüllung in der Entwicklung meiner eige-nen Fähigkeiten und Kräfte liege.

Letztendlich musste ich aber erkennen, dass derMensch zu schwach ist, um die Anforderungen die-ser neuen »Heilsrezepte« zu erfüllen. Nie lernte ich

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jemanden kennen, der in der Lage gewesen wäre,das zu leben, wovon er geredet hat, auch die »Pre-diger« dieser »Erkenntnisse« konnten es nicht.

Wer aber nur mehr auf das »richtige« Atmen, die»richtige« Nahrung, die »richtige« Art des Gehensoder Sitzens konzentriert ist; wer ständig in Sorgeum eine positive Einstellung, ausreichende Medi-tation oder genügend Dauerlaufpensum lebt, derist auf dem besten Weg, wesentliche Dinge zu über-sehen und sich in einer Scheinwelt zu bewegen.

Einer der zentralen Ansatzpunkte bei all diesensogenannten Grundlagen war: Mit der Kraft dei-ner Gedanken, der Macht deines Lächelns, der En-ergie deiner guten Laune, der Stärke deiner Wün-sche, kannst du mit Hilfe deines Unterbewusstseinsdeine Umwelt so beeinflussen, dass alles genau sowird, wie du es willst. Und ich war dabei, die alteLüge zu glauben, die schon auf einer der erstenSeiten der Bibel steht. Dort steht zwar nicht: »Dukannst alles erreichen, was du willst!«, sondern »Ihrwerdet sein wie Gott« – was aber letztendlich aufdasselbe hinausläuft.

Die (pseudo)wissenschaftliche Erklärung für dieFunktion dieser Theorie war für mich damals lo-gisch. Die Erklärungen lauteten: Wenn Gott dicherschaffen hat, dann ist auch etwas Göttliches indir und du brauchst es nur zur Entfaltung bringen.Alles im Universum ist Schwingung. Schwingun-gen beeinflussen sich gegenseitig. Wenn nun dei-ne Gedanken Schwingungen sind, kannst du da-mit deine Umwelt in jeder gewünschten Weise be-

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einflussen. Die Stärke dieser Schwingungen steigtmit der Kraft deines Glaubens an deine Wünsche.Du brauchst also nur genug Glauben haben unddein Unterbewusstsein wird alles dazu tun, damitdu erreichst, was du willst.

Leider hat das bei mir und bei vielen anderennur bis zu einem sehr geringen Grad funktioniert,also hatten wir wohl alle zu wenig Glauben. Ichhabe von Menschen gehört, die mit dieser Art vonGlauben ihren Krebs überwinden wollten und mitdieser Methode furchtbar gescheitert sind. »Glau-be« war also der eigentliche Engpaß bei der Erfül-lung aller meiner Wünsche. Aber wie bekommt mandenn mehr Glauben?

Ich meditierte, ich »imaginierte«, »visualisierte«und stellte mir die Erfüllung meiner Wünsche sogenau wie möglich vor. Einmal ging ich sogar ineine Parkgarage und betrachtete meinen Traumwa-gen, um meinem Unterbewusstsein möglichst ge-naue Vorstellungen von meinen Zielen zu vermit-teln. Ein anderes Mal baute ich eine Pyramide ausHolz und setzte mich zum Meditieren hinein. Denspärlichen Erfolg meiner Bemühungen erklärte ichdadurch, dass ich diese Konstruktion in unseremGarten nicht genau genug nach Norden ausgerich-tet hatte und dass meine Glaubenskraft wohl nochzu wenig entwickelt war.

Während der Sommermonate jobbte ich, ummeinen Studien-Etat aufzustocken. So arbeitete ich1978 drei Monate an einem Brunnenprojekt in derlibyschen Sahara. Die Stille der Wüste und die

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Schönheit des Sternenhimmels sind mir noch tiefin Erinnerung.

Es war aber auch jene Zeit, als ich – trotz ausge-dehntesten Meditierens, versuchter gedanklicherBeeinflussung meines Unterbewusstseins und»Glaubens« an den Erfolg – nach meiner Rückkehrzur Kenntnis nehmen musste, dass sich die von mirheiß begehrte Dame meines Herzens in der Zwi-schenzeit einem anderen Herrn zugewandt hatte.Das war ein ziemlicher Rückschlag in meinen Theo-rien, Kraft meiner Gedanken alles erreichen zu kön-nen, was ich wollte!

Ich sah mich zunehmend in einem Dilemma: Ichglaubte zwar, den Konstruktionsplan zu einem er-folgreichen Leben zu haben, hatte aber zu wenigvon diesem »Treibstoff Glauben«, der meine Gedan-ken zum Erfolg bringen konnte.

1979 beendete ich mein Studium und heiratete1981 meine Frau Gabriele. In der Folge widmete ichmich intensiv meinem Lehrberuf sowie dem Aus-bau meiner Beraterpraxis für Lern- und Konzentra-tionstechniken.

Probier’s doch mal mit der BibelIn dieser Zeit sah ich aber auch, dass ich mich mitmeiner Ideologie, mit meinem Weltbild und mei-nen Werten immer tiefer in eine Sackgasse hinein-manövrierte. Ich hatte nicht genug »Energie« odergenügend »starke« Schwingungen, um die michumgebende Realität kraft meiner Gedanken in der

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gewünschten Weise zu beeinflussen. Ich schafftedas nicht einmal bei meinen eigenen charakterli-chen Schwächen.

Einer meiner Brüder sprach mich an. Er meinte:»Probier ’s doch einmal mit der Bibel.«

In meinen »klugen« Büchern über positivenGlauben wurden auch Stellen aus der Bibel zitiert.So dachte ich, vielleicht könne ich sogar mit GottesHilfe der Methode näher kommen, wie ich meinSchicksal stärker in die von mir gewünschte Rich-tung lenken könne.

Ich las also in der Bibel und je mehr ich mich da-mit beschäftigte, desto brennender wurde die Fra-ge: »Was ist, wenn das stimmt, was hier steht? Wasist, wenn Gott persönlich an mir interessiert ist,wenn er will, dass ich seinen Plan mit mir verstehe,wenn er mich lenken und leiten will, ja, wenn erseinen Sohn dafür gab, dass ich in engster Gemein-schaft mit ihm sein kann? Dann hätte ich jahrelangauf das falsche Pferd gesetzt!« Offensichtlich warnicht mein Plan das Beste für mich, sondern SEINPlan, der Plan dessen, der mich geschaffen hatte.

Je mehr ich in der Bibel las – mir wurde bewusst,dass ich sie trotz meiner religiösen Erziehung nie-mals richtig gelesen hatte –, desto mehr freute ichmich, endlich anstelle meiner »selbstgekochten«Ideologie eine Wegweisung für mein Leben undweit darüber Hinausgehendes gefunden zu haben.Ich sah, wenn Gott mich erschaffen hat, dann ist erkeine neutrale Kraft oder Energie, mit der jedernach Belieben verfahren kann, sondern ein Wesen

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3 1. Johannesbrief 3, Vers 224 Johannes 5, Vers 24

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mit (unvorstellbar großer) Intelligenz, klaren Zie-len und ausgeprägtem Willen. Dann würde ich aberauch nur in Übereinstimmung mit seinem Willenund Plan etwas Gutes zu Wege bringen.

Es war sehr herausfordernd, Stellen wie die fol-gende in der Praxis umzusetzen: Was immer wir bit-ten, empfangen wir von ihm, weil wir seine Gebote hal-ten und das vor ihm Wohlgefällige tun.3 Es bedeuteteschließlich ein Wagnis, vorher zu glauben, um danndie Wirkungsweise festzustellen.

Aber es war auch ungemein beruhigend, dieWorte Jesu zu lesen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch:»Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandthat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, son-dern er ist aus dem Tode in das Leben übergegangen.«4

Anfangs las ich die Bibel sehr selektiv und such-te mir natürlich alle »Rosinen« heraus. Gerade dievielen Stellen im Alten Testament, wo es um Ver-sprechungen hinsichtlich Reichtum, Gesundheit,langes Leben etc. ging, faszinierten mich. Erst spä-ter erkannte ich, dass diese Zusagen Gottes auchan Bedingungen und besondere Voraussetzungengeknüpft sind. Aber Gott war schon damals gedul-dig mit mir.

In eine neue RichtungAnfang des Jahres 1984 erkannte ich, dass ich bis-

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her in eine falsche Richtung unterwegs gewesenwar und Gott von Menschen, die seine Gemein-schaft genießen möchten, eine Umkehr fordert. Alsokehrte ich meinen bisherigen Ideen bewusst denRücken zu, wandte mich an Jesus und sagte ihm,dass ich von nun an mein Leben unter seine Füh-rung stellen wolle. Meine Frau kannte meine Be-geisterungsfähigkeit für »unsichtbaren Dinge«. Alssie von meiner Umkehr erfuhr, meinte sie trocken,dass ich mich wohl wieder einmal von jemandem»mit der Kappe« hätte fangen lassen.

Ich aber dachte, nun würde alles genau so wer-den, wie ich es mir vorstellte. In der Bibel steht, dassGott mich liebt und als seinem Kind würde er mirnun wohl alles geben, was ich mir wünschte. Ichmeinte auch, diesem Umstand durch besondereAnstrengungen nachhelfen zu können. Ich sah(noch) nicht, dass er mir seine Liebe zwar schen-ken, ich sie aber nie verdienen kann.

Es kam anders als erwartet. Ich geriet wirtschaft-lich in ziemliche Turbulenzen. Teilweise war dasselbstverschuldet, andererseits war die Ursache beiGeschäftspartnern zu suchen, denen ich zu sehrvertraut hatte.

Wo war nun der Herr, der mir, wie ich meinte,Wohlergehen, Hilfe in jeder Situation, Glück undÜberfluss versprochen hatte? Warum wollte er, ob-wohl er allmächtig war, die Dinge, die ich falsch ge-macht hatte, nicht sofort ins Lot bringen? Warumbeeinflusste er meine Umstände nicht in der Wei-se, dass ich meine finanziellen Sorgen los wurde

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und ein beruhigendes finanzielles Polster auf mei-nem Konto hatte?

Im Laufe des Jahres 1985 verdichteten sich mei-ne Schwierigkeiten. Ich hatte meiner Familie gegen-über Verantwortung zu tragen und den Schwierig-keiten »nur« Arbeitswillen und meinen Glauben anden Herrn Jesus gegenüber zu stellen. Ende 1985war ich dann wirklich am Ende.

Ich kann mich noch gut erinnern. Am 30. Dezem-ber saß ich tief betroffen mit meinem Geschäftspart-ner in einem Auto im Schwarzwald und betete. We-nige Stunden zuvor hatte uns ein betrügerischerGeschäftspartner die letzte Hoffnung auf eine ver-sprochene Entlohnung für unser geschäftliches En-gagement zunichte gemacht.

Mein Glaube an Jesus Christus stand auf demPrüfstand. War ich nun bereit, an diesen Jesus Chris-tus zu glauben und ihm zu vertrauen, auch wenndie Dinge nicht so liefen, wie ich sie gerne gesehenhätte? War er auch jetzt noch mein Herr, wenn erandere Pläne mit mir hatte? Mir war inzwischenlängst klar, dass bei dem Glauben, den die Bibelmeint, keine geistige Kraftanstrengung meinerseitsgemeint war. Was genau war aber gemeint?

Immer deutlicher sah ich, dass es nicht darumging, dass Jesus das ausführte, was ich wollte. DieFrage war viel mehr, ob ich bereit war, dem Weg zufolgen, den ER mit mir vorhatte – auch wenn er fürmich schwer verständlich, unangenehm und stei-nig war. Ich hatte zu lernen, dass Bekehrung be-deutet, dass ich mein Leben auf Jesus Christus grün-

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de, dass ER von nun an die Richtung angibt. SeineFührung sah manchmal anders aus, als ich mir vor-stellen konnte und wollte.

1985 erschien mein Buch »Stress und Stressbe-wältigung«. Obwohl ich heute manche der darinniedergeschriebenen Theorien nicht mehr vertre-te, war es eine gute Gelegenheit, darzustellen, dasses auch nüchterne und bodenständige Methodenzur Bewältigung dieses Problems gibt. Persönlichhatte ich sehr stark den Eindruck, dass sich dieSchwierigkeiten vor dem Erscheinen des Bucheserst dann überwinden ließen, als ich bereit war, ineinem Nachwort für Christen meinen persönlichenGlauben und meine Einstellung deutlich zu ma-chen.

Dieses Buch war auch der Auslöser für eine Se-minartätigkeit zum Themenkreis Stressbewältigungund einer der Inizialpunkte zu einer beruflichenWeiterentwicklung, die sich bis heute der Verbes-serung des Micromanagements widmet – der per-sönlichen Organisation von Führungskräften undihrem Umgang mit Zeit.

In diesem Jahr wurde nach Eckhard und Sigrununser drittes Kind Birgit geboren. Hinsichtlich derGeburt unserer zweiten Tochter darf ich von einerdeutlichen Gebetserhörung sprechen. Sechs Wo-chen vor dem Geburtstermin verspürte meine FrauWehen und wir fuhren ins Krankenhaus. Da dasKind noch keine ausgereifte Lunge hatte, wurdenmeiner Frau wehenhemmende Mittel verabreicht,um den Geburtszeitpunkt noch hinauszuschieben.

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Trotz dieses Medikaments setzten wenig späterdie Wehen mit unverminderter Stärke ein und dieÄrzte bereiteten alles für die Geburt vor. Schnellwurde noch ein Medikament zur Beschleunigungder Lungenreifung gespritzt und dann – mittenim Geburtsvorgang – setzten die Wehen aus. Mei-ne Frau Gabi wurde weiß wie eine Wand und be-wegte sich fast nicht mehr. Ich sah hinter demMundschutz der Ärzte nur mehr deren Augen, indenen sich nun große Sorge widerspiegelte. MeineFrau wurde hektisch in den Operationssaal gefah-ren und ich blieb allein im Vorzimmer. Ich konntenur mehr eines tun – beten. In meiner Not bat ichmeinen Herrn um Hilfe und, wenn es irgendwiesein könnte, dass er mir meine Frau und das Kinderhalte.

Einige Minuten später kam die Geburt wiederin Gang und mit einigen Wehenstößen kam unserMädchen zur Welt. Gabi erzählte mir später, dassdie Ärzte so betroffen waren, dass sie anfangs garnicht glauben konnten, dass die Geburt weiterge-hen sollte. In all dieser Aufregung hatte man ihrnicht einmal sagen können, ob sie einen Buben oderein Mädchen zur Welt gebracht hatte.

Birgit kam gleich in den Brutkasten und hat sichprächtig entwickelt. Man kann nun sicher alle mög-lichen Gründe für das gute Ende dieses Ereignis-ses nennen. Ich weiß aber – und auch die Ärztewaren dieser Meinung –, dass die Situation für Mut-ter und Kind hoffnungslos ausgeschaut hat und dieUmstände sich nach meinem Beten zum Guten än-

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5 Brief an die Römer 8, Vers 28

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derten. Genau so, wie es in der Bibel steht: Dass»denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwir-ken«.5

1986 gründete ich mit meinem Bruder die »Ge-sellschaft für zielorientierte Unternehmensfüh-rung«, um unser Bestreben zu realisieren, das Mi-cromanagement in Betrieben zu verbessern. Gleichdanach wurde ein von uns entwickeltes Zeitplan-system auf den Markt gebracht. Eine Zeit der gro-ßen Herausforderungen brach an, wie jede Exis-tenz- und Unternehmensgründung es mit sichbringt.

Ein DrahtseilaktEs galt, auf dem Markt im starken Wettbewerb Fußzu fassen, zu bestehen und Marktanteile zu gewin-nen, Mitarbeiter heranzubilden, eine Firmeninfra-struktur zu schaffen, Produkte zu entwickeln, Qua-litätsstandards zu schaffen, Lieferanten zu finden,Kundenbeziehungen aufzubauen usw. usw.

Aber es sollte auch Zeit für die Vertiefung derBeziehung zu meiner Frau und die Förderung mei-ner Kinder dasein. Der unternehmerische Erfolgdurfte schließlich nicht zu Lasten der Familie ge-hen, in die 1989 noch unser zweiter Sohn Ortwinhinein geboren wurde.

Daneben entstand ein Verantwortungsbereichdurch die Mitarbeit in einer Gemeinschaft von

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Christen. Und einige Hobbies hätte ich auch nochgerne gepflegt. Alles das sollte ausgewogen undausbalanciert ablaufen können – ein ziemlicherDrahtseilakt.

Auch heute noch stehe ich jeden Tag auf diesemSeil. Dass in all den Jahren keiner meiner Verant-wortungsbereiche abgestürzt ist, verdanke ich mei-nem Herrn Jesus. Die tägliche Gemeinschaft mitihm ist mir wichtig. Wann immer Schwierigkeitenauftraten – und das war wahrlich nicht selten –konnte ich mich auf ihn verlassen. Er zeigte immernoch aus jeder Sackgasse einen Ausweg, für jedesProblem eine Lösung, für jede Belastungsprobe gaber ausreichend Kraft – nicht immer so schnell wieich wollte, auch nicht immer in der Art, die ich mirvorgestellt hatte, er gab auch nicht den finanziel-len Überfluss, den ich früher insgeheim erhoffte –aber, rückblickend betrachtet, hat ER alles wohl ge-macht.

Die Bibel ist mir ein unschätzbar kostbares Buchgeworden, das ich fast täglich lese – mit großemGewinn! Manche Menschen verstehen nicht, wo-her ich die Zeit nehme, jeden Morgen darin zu le-sen. Sie haben aber kein Problem damit, täglich eineganze Stunde Zeit für ihre Zeitung oder fürs Fern-sehen zu finden.

Ich bin dankbar, in der Bibel und in meiner Be-ziehung zu Jesus Christus die Antworten auf allewesentlichen Fragen meiner Verantwortungsberei-che und meines Lebens gefunden zu haben. Ob esum geschäftliche Dinge geht, ob Mitarbeiterfüh-

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rung davon betroffen ist, ob es die Erziehungsricht-linien für unsere vier Kinder sind, die rechte Bezie-hung zu meiner Frau betrifft, ob es der generelleUmgang mit Menschen ist, ob es um den Sinn desLebens oder die ewigen Dinge geht – ich brauchekeine Hunderte Meter Weisheitsliteratur mehr zudurchforschen. Die Antworten sind in meiner Bi-bel zu finden – niedergeschrieben von Menschen,die mein Schöpfer benutzte, um mir und jedem deres wissen will, seinen Willen, seinen Plan und sei-ne Absichten mit uns zu vermitteln.

Durch die vielen Fragen und Gespräche in un-seren Seminaren zum Thema Zeitgestaltung, Ar-beitstechnik und Lebensführung erfahre ich immerwieder, wie befreiend es für jeden ist, bei seinerSuche nach dem Sinn des Lebens zur Ruhe gekom-men zu sein.

Gemeinsam mit meiner Frau erlebe ich die posi-tive Veränderung und Vertiefung unserer Bezie-hung zueinander und wir sind dankbar, dass wirden Weg mit unserem Herrn seit 1985 gemeinsamgehen können. Probleme und Fragen der Gestaltungunserer Beziehung und in der Erziehung unserervier Kinder dürfen wir gemeinsam vor ihn bringenund um Antwort, Weisheit und Hilfe beten.

In all diesen Jahren habe ich lernen dürfen, dassman als Unternehmer an der Seite des Herrn Jesusbei allem Kampf mit dem Mitbewerb, dem Finanz-amt, den unvorhergesehenen Marktentwicklungenusw. ein Unternehmen ehrlich führen kann, wennauch so manche Klippe zu überwinden ist.

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Rückblickend darf ich sagen, dass nur durch dieverändernde Kraft Gottes aus einem Träumer undFantasten ein Mensch geworden ist, der mit beidenBeinen auf dem Boden steht. Die Verkündigungmeiner »positiven Selbstverwirklichungstheorien«konnte ich zugunsten einer fundierten Beratungs-tätigkeit aufgeben, die nun auf dem Boden nach-prüfbarer Erkenntnisse und überzeugender Ergeb-nisse steht und vielfach wirksam ist.

Es hat sich herausgestellt, dass der in meinen vor-mals »klugen« Büchern zitierte Glaube, der Bergeversetzen kann, tatsächlich funktioniert – voraus-gesetzt es ist der Glaube, den die Bibel meint – derGlaube an den Herrn Jesus! Ich brauche mit keinenwie auch immer gearteten Übungen versuchen, et-was zu bewirken. Zuversichtlich kann ich mich aufdas verlassen, was Jesus Christus getan hat.

Viel Freude macht es mir, anderen Menschen vondiesem treuen, liebevollen und geduldigen Herrnzu erzählen – ob im Gespräch mit Geschäftspart-nern, im gemütlichen Beisammensein nach einemSeminar oder (immer noch) auf einem gemietetenSegelboot.

Übrigens, die Sache mit meinem Segeltörn gingso aus: Nach einem weiteren halben Tag im Sturmgelang es uns, einen Hafen zu erreichen. Man kannsich vorstellen, was es für uns bedeutete, wiederfesten Boden unter den Füßen zu haben. Werner,einer meiner Kameraden, warf sich sogar niederund küsste den Asphalt des Steges, an dem wir fest-gemacht hatten.

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Festen Grund habe ich auch lange für mein Le-ben gesucht und letztendlich gefunden – wofür ichsehr, sehr dankbar bin.

Mag. Eckhard SchitterUntersbergstraße 5A-5110 Oberndorf

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AnnemarieKendlbacher

WirklicherReichtum

W er nicht ortskundig ist und die Salzach ent-lang fährt, vermutet wohl kaum, dass sich hin-

ter St. Johann ein Hochtal versteckt, das von fastfünftausend Menschen bewohnt wird. Der Bachgrub eine tiefe Schlucht und die alte Straße nachGroßarl war nur etwas für Autofahrer mit gutenNerven.

Allerdings gibt es noch einen anderen Weg inunser Tal. Von Süden führen Saumpfade über dieTauern, auf denen früher Handel getrieben wurde.Die Samer trugen nicht nur italienischen Wein, son-dern auch Bibeln von Martin Luther über die Ber-ge. Wie auch in anderen Orten entstand eine großeGemeinde von Geheimprotestanten. Im Winter1732/33 spitzte sich die Sache zu und über 500 Bau-ern aus Großarl mussten, wie Tausende andere Salz-burger, ihre Höfe verlassen und emigrieren. Fünf-zig Güter standen danach leer.

Heute führt eine neue Straße zu uns herauf. DieEngstellen entschärfte man mit einem Tunnel undeiner großen Brücke. Und Bibeln finden heute auch

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wieder ihren Weg in unser Tal. Sie müssen nichtmehr heimlich über die Berge getragen werden, esist auch nicht mehr verboten, darin zu lesen, mankann sie sogar beim Pfarrer kaufen.

Sprünge in einer heilen WeltDer 17. 7. 1979 war ein verregneter Sommertag. Ichwar 22 Jahre alt, seit einem Jahr verheiratet undim siebenten Monat schwanger. Vorläufig wohnteich mit meinem Mann bei den Schwiegereltern.Dort, wo neben dem Haus meiner Eltern unsereigenes Haus entstehen sollte, war gerade eineBaugrube ausgehoben worden. Nach diesem Tagwar in meinem Leben nichts mehr so wie vorher.Meine Mutter starb im Alter von 56 Jahren uner-wartet. Wie schlecht es ihr in letzter Zeit gegan-gen war, hatte sie uns verschwiegen und dieOperation, die sie hätte retten sollen, überlebte sienicht. Es war, als würde mir jemand den Bodenunter den Füßen wegziehen, als fiele ich in ein dun-kles Loch.

Meine kleine Welt war stets in geordneten Bah-nen verlaufen. Meine Eltern haben mich und mei-ne fünf Brüder in bescheidenen Verhältnissen, abermit viel Liebe großgezogen. Sie wollten immer dasBeste für uns Kinder, besonders meine Mutter ver-suchte uns ihre Überzeugungen als Katholikin zuvermitteln. Mein Vater kam nur an den Wochenen-den nach Hause. Er war in Oberösterreich tätig undso war ich sehr verbunden mit meiner Mutter, mit

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der wir Kinder die ganze Woche allein waren. Mut-ter hatte zwar kaum Zeit, um mit uns zu spielen,aber sie war immer da, wenn wir etwas zu erzäh-len oder zu fragen hatten.

Mein Vater war gerade drei Monate in Pension,als meine Mutter starb. Vier von meinen Brüdernlebten zu dieser Zeit noch im elterlichen Haus undstanden nun ohne jemanden da, der ihnen denHaushalt führte. So sah ich meine Verantwortungals einzige Frau in der Familie darin, für alle zu sor-gen. Kurz entschlossen zogen wir von meinenSchwiegereltern zu meinem Vater und meinen Brü-dern.

Von einem Tag auf den anderen fand ich mich ineiner Familie mit sechs Männern wieder. Mir fehlteanfangs für so eine Aufgabe natürlich die Routine,die meine Mutter gehabt hatte. Sweater oder T-Shirts waren damals noch nicht üblich, so lagenbeim Bügeln in meinem Wäschekorb jede Wochean die 20 Hemden.

Beim Kochen fehlte mir das richtige Augenmaß.Einmal war zu wenig da und wir mussten unserenHunger mit Broten stillen, dann wieder gab es dreiTage lang das Gleiche, weil ich zu viel gekocht hat-te. Samstags kamen Freunde und Verwandte, umam Bau zu helfen, auch sie mussten verköstigt wer-den. Bald kam unser erster Sohn Alexander zurWelt. Mit all der Hausarbeit fühlte ich mich oft über-fordert und allein gelassen. Ich hatte ganz anderePläne gehabt. Mit meiner Mutter hatte ich bespro-chen, dass sie auf mein Kind schauen würde, da-

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mit ich wieder arbeiten gehen konnte. Ich war ineiner Firma als Mitarbeiterin für die damals neueEDV-Anlage zuständig gewesen und hatte dabeisehr gut verdient.

Nach dem Tod meiner Mutter hörte ich auf, je-den Abend zu beten. Ich glaubte zwar weiterhin,dass es einen Gott gibt, war aber überzeugt, dass eres mit mir nicht mehr gut meinen konnte, da ermich sonst nicht in eine solch schwierige Situationgestellt hätte.

Die nächsten Jahre waren angefüllt mit viel Ar-beit. Im Juni 1982 bekam unsere Familie noch ein-mal Zuwachs durch unseren zweiten Sohn Chris-toph. Nach wie vor kümmerte ich mich um denHaushalt meines Vater und meiner vier Brüder.

Mit der Zeit wurde es ruhiger um mich. UnsereKinder waren in Kindergarten und Schule. MeineBrüder haben geheiratet und mein Vater wohntebei meinem jüngsten Bruder. Mit Hilfe meiner Fa-milie und der Schwiegereltern und wohl auch dankunserer robusten Gesundheit war es möglich, un-ser Haus innerhalb einiger Jahre soweit fertigzu-stellen, dass wir einziehen konnten. Wir haben er-reicht, was wir für unser Lebensziel gehalten ha-ben. Wir hatten unsere Familie und wohnten nunin unserem eigenen Haus. Rein äußerlich betrach-tet, hätten wir allen Grund gehabt, rundum glück-lich zu sein.

Meine Beziehung zu meinem Mann war aller-dings eher mittelmäßig. Hermann war beruflichund auch als Musiker und Bergrettungsmann sehr

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viel unterwegs, sodass ich viele Abende und Wo-chenenden mit den Kindern allein war. Ich war un-zufrieden mit der Rolle, die mir zufiel, fühlte micheingeengt und war oft ein wenig eifersüchtig aufmeinen Mann, weil er so viel unternehmen konnteund ich nicht. Für mich war klar, wenn die Kindergrößer sind, dann würde ich einiges nachzuholenhaben. Ich nahm mir vor, wieder zu arbeiten oderetwas zu beginnen, das mir wirklich Spaß macht.Mein Mann nahm sich die Freiheit, seine Interes-sen zu verfolgen und ich wollte mir diese Freiheitauch nehmen. Unmerklich begannen wir uns aus-einander zu leben. Wir verbrachten wenig Zeit mit-einander und wirkliche Gespräche waren eine Sel-tenheit.

Hauptsache gesundUnsere finanzielle Situation war nicht schlecht. Wirwaren in einem Rhythmus von Arbeiten, Sparenund Investieren. Einmal leisteten wir uns eine ge-mütliche Wohnzimmereinrichtung, dann ein neu-es Auto. Wenn wieder etwas angeschafft war, kambei mir eine gewisse Unzufriedenheit und Undank-barkeit auf.

Gemeinsam mit meinem Mann kam ich schließ-lich zu der Erkenntnis, dass uns auch das gemüt-lichste Haus auf die Dauer nichts bringt, wenn wirnicht gesund bleiben. Hauptsache gesund – laute-te von nun an die Devise. Natürlich spielte da dieErinnerung an meine Mutter eine Rolle, die so früh

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gestorben war. So fingen wir an, uns mit Gesund-heitsthemen auseinanderzusetzen. Statt mit Wie-nerschnitzel und Schweinsbraten füllte ich unsereTeller nun mit Hirselaibchen und Müsli. Und in derFreizeit betrieben wir viel Sport.

In dieser Zeit fühlten wir uns so weit wohl, abermanche Bekannten schüttelten über unser übertrie-benes Gesundheitsbewusstsein den Kopf.

Allerdings kam mir immer wieder der Gedan-ke, dass ich auf meine Gesundheit achten kann wieich will, wenn ich einen Unfall habe, oder trotz al-len Vorkehrungen ernsthaft krank werde, wäre derganze Aufwand trotzdem umsonst gewesen. Ichsah ein, dass es keinen Ausweg gibt. Irgendwannwerde ich doch mit dem Tod konfrontiert werden –und was dann? Eine gewisse Beruhigung war fürmich der Gedanke an die Kindertaufe. Mutter er-zählte mir oft davon, dass sie dafür gesorgt hatte,dass ich im Krankenhaus gleich nach der Geburtgetauft worden bin. Sie wollte sichergehen, dass ichim Fall eines plötzlichen Todes nicht mit der Erb-sünde belastet sterben müsse, sondern als ein KindGottes.

Wir wollten uns weiterbilden und besuchtendazu verschiedene Gesundheitsseminare. Weil wirunsere Kinder nicht alleine lassen konnten, fuhrenwir abwechselnd, jeweils mit Freunden dorthin. DerLeiter dieser Seminare war Prof. Baldur Preiml (ehe-maliger Trainer der österreichischen Schisprung-Nationalmannschaft). Es überraschte uns, dass erin seinen Vorträgen immer wieder Bibelverse er-

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wähnte. Hermann wollte daraufhin prüfen, ob sol-che Aussagen wirklich in der Bibel stehen. Kaumwar er wieder daheim in Großarl, kaufte er sich eineBibel beim Pfarrer. Der riet ihm, die Bibel auch zulesen und nicht in die Ecke zu stellen. Wir nahmendiesen Rat ernst und begannen die Bibel regelmä-ßig zu lesen. Auch in die Kirche gingen wir oft.

Begegnung mit dem lebendigen WortMit der Zeit fiel uns auf, dass nirgends in der Bibelvon der Kindertaufe geschrieben steht, wohl aber,dass Jesus die Kinder segnete und liebte. Diese Ent-deckung hat uns sehr befremdet, weil für uns dieKindertaufe, die wir beide empfangen hatten, bis-her die Grundlage des ewigen Heils darstellte.

Wie in vielen Orten wurden auch in unserer Pfar-re Hauslehren abgehalten. Das sind Zusammen-künfte der Bevölkerung mit dem Pfarrer, die ein-mal im Jahr in den verschiedenen Ortsteilen in Pri-vathäusern abgehalten werden. Einmal wurde überdie Taufe gesprochen. Es ging um alles, was mit ei-ner solchen Taufe zu tun hat. Der letzte Satz desPfarrers an diesem Abend beunruhigte uns zutiefst.Die Taufe allein, sagte er, genüge nicht, um Sicher-heit über das ewige Heil zu erlangen. Es war füruns die Bestätigung für eine Befürchtung, die schonbeim Bibellesen aufgetaucht war: Der Empfang derKindertaufe gibt uns keinen Garantieschein, dasswir vor Gott bestehen können. Als Konsequenzblieb uns als Katholiken nur eines: Wir mussten uns

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bemühen, gute Menschen zu sein und gute Werkezu tun, um uns den Himmel und das ewige Lebenzu verdienen. Der Gesundheitstrip hatte seinenReiz verloren. Wir begannen religiöse Veranstaltun-gen zu besuchen und lasen weiterhin fleißig in derBibel.

Damals kursierten in unserem Ort wilde Gerüch-te über Leute, die in eine Sekte geraten sein sollen.Man erzählte sich unter anderem, dass den »Mit-gliedern« von ihren Glaubensgenossen zwar flei-ßig beim Hausbau geholfen würde, das Haus da-nach aber nicht ihr Eigentum sei, sondern Besitzder Gemeinschaft.

Unter den Betroffenen war auch die FamilieFriedl und Barbara Erlmoser. Da wir sie schon eini-ge Jahre kannten, konnten wir nicht so richtig glau-ben, was über sie geredet wurde und so besuchteich Barbara mit einer gewissen Neugierde. Im Ge-spräch erfuhr ich, dass auch sie in der Bibel lasen.Ich stellte fest, dass Barbara von diesem Gott derBibel ziemlich begeistert war. Außerdem ging vonihr eine Ruhe aus, die ihr vorher gefehlt hatte. Ihreeinzige Glaubensgrundlage war die Bibel und siebezeichnete sich als Christin. Ich merkte eine posi-tive Veränderung, sie schien etwas zu haben, wasmir fehlte. Nach diesem Besuch bei Barbara begannich damit, abends mit meinen Kindern zu beten.

Es war naheliegend, dass wir von nun an gemein-sam mit der Familie Erlmoser in der Bibel lasen.Zwischen den Seiten dieses Buches begegnete unseine wunderbare Person. Dem Namen nach kann-

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6 Johannes 10, Vers 287 Johannes 14,Vers 6

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te ich Jesus Christus schon seit meiner Kindheit.Jetzt begegnete ich ihm beim Lesen der Bibel – erwar der Sohn Gottes, er war das Wort Gottes. Ichwusste von Weihnachten, dass Jesus als Errettergeboren ist und von Ostern, dass er für unsereSchuld und Vergehungen mit seinem Tod am Kreuzbezahlt hat und am dritten Tag auferstanden ist.Was ich bis dahin noch nicht wusste, ist, dass ichpersönlich gemeint bin, wenn er sagt: Ich gebe ihnenewiges Leben und sie gehen nicht verloren in Ewigkeitund niemand wird sie aus meiner Hand rauben.6

Ewiges HeilIch hatte nun erkannt, dass der Schlüssel zum ewi-gen Heil weder in der Kindertaufe noch in gutenWerken liegt, sondern allein in Jesus Christus. Erist der Sohn Gottes, der Mensch wurde, der auf die-ser Erde lebte. Sein Leben war von Anfang bis zumEnde von Selbstlosigkeit, Erniedrigung und Dienengeprägt, bis hin zu seinem grauenvollen Tod amKreuz und ich erkannte, dass er dies alles tat, umMenschen wie mich zu erretten. Nicht meine gu-ten Werke noch Sakramente, noch Gottesdienstbe-suche bringen mich zu Gott, sondern ausschließ-lich Jesus, der sagt: Ich bin der Weg, die Wahrheit unddas Leben. Niemand kommt zum Vater, als nur durchmich.7

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8 Johannes 3, Vers 189 Johannes 3, Vers 36

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Weiter las ich: Wer an Jesus glaubt, wird nicht ge-richtet. Wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil ernicht geglaubt hat an den Namen des eingeborenen Soh-nes Gottes8, sowie: Wer an den Sohn glaubt, hat ewigesLeben, wer aber dem Sohn nicht gehorcht, wird das Le-ben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm.9

Für mich war jetzt klar, dass es eine ernste Sacheist, ob man an Jesus glaubt oder nicht.

Ich habe viel nachgedacht und habe erkannt, sowie ich bin, kann ich vor Gott nicht bestehen, dahilft mir keine Taufe und auch kein Bemühen umein anständiges Leben. Ich brauche einen Erlöserund habe Jesus in einem schlichten Gebet um Ver-gebung meiner Schuld gebeten, mit dem aufrichti-gen Wunsch, mein Leben mit ihm zu leben und ihmzu gehorchen.

VeränderungenEin unbeteiligter Zuschauer hätte nach dieser Ent-scheidung in meinem Leben keine großartigen Ver-änderungen bemerkt. Außer, dass sich mein über-triebenes Gesundheitsbewusstsein etwas mäßigteund bei uns jetzt Schnitzel und Hirselaibchen, Weiß-und Vollkornbrot abwechselnd auf den Tisch ka-men. Für mich selber veränderte sich allerdings viel.Seitdem ich Jesus als Mittler zu Gott in Anspruchgenommen habe, spüre ich eine Freude im Herzen,

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die ich vorher nicht gekannt habe. Die Freudekommt daher, dass ich sicher sein kann: Ich bin mitGott im Reinen, es kann mich nichts mehr von ihmtrennen.

Das Schöne ist, dass auch Hermann sich für einLeben mit Jesus entschieden hat. Jetzt haben wirnicht nur die Gewissheit, dass wir ewiges Heil ge-funden haben, sondern wir erleben auch, wie Gottuns in allen Bereichen unseres Lebens helfen willund für uns sorgen möchte, wenn wir ihn nur las-sen und ihn um seine Hilfe bitten. Wir erlebten dieseHilfe sehr real. Zum Beispiel rief jemand an, als wireinen finanziellen Engpass hatten. Er wollte unse-re Fremdenzimmer ein paar Wochen lang für Bau-arbeiter mieten. Wir konnten so genau den fehlen-den Betrag verdienen.

Wir entdeckten ganz neu, was beten heißt. Frü-her hatten wir darunter eher das Hersagen von aus-wendig gelernten Gebeten verstanden. In der Bi-bel sahen wir, dass wir beim Beten mit Gott redendürfen, wie Kinder mit ihrem Vater. Dass wir alsFamilie gemeinsam beten können und dass Gottganz konkret Antwort gibt, erlebten wir unter an-derem, als wir eine Entscheidung über die Schul-wahl unseres Jüngsten treffen mussten.

Nach einiger Zeit begannen wir, die Versamm-lungen der christlichen Gemeinde in St.Johann/Pongau zu besuchen. Dort treffen sich Menschen,um das zu tun, was schon die ersten Christen beiihren Zusammenkünften getan haben, von denendie Apostelgeschichte erzählt: Sie beten Gott an, sie

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brechen das Brot, sie hören das Wort Gottes undpflegen Gemeinschaft mit Gleichgesinnten.

Es ist nicht so, dass wir als Christen keine Pro-bleme mehr haben, aber wir wissen, dass es für Gottkein Problem gibt, das nicht zu lösen ist. Für unswar es so schön zu erkennen, was die Bibel überdie Ehe zu sagen hat und unser Alltag hat gezeigt,dass wir am besten fahren, wenn wir Gottes Rat-schläge und Gedanken über Ehe und Familie nichtnur gemeinsam lesen, sondern auch anwenden.Gott hat Mann und Frau füreinander geschaffen.Es sind ihnen verschiedene Rollen zugeteilt und sieergänzen sich vollkommen. Sie sind zwar nichtgleichartig aber absolut gleichwertig. Wenn wir die-se Rolle bejahen, die wir von Gott haben, führt daszu einer glücklichen Ehe, zu einer tiefen Liebe, diewir vorher nicht gekannt haben. Wir waren zwarzu Beginn sehr verliebt gewesen, leider änderte sichdas mit der Zeit aber. Jetzt wurde unsere Ehe durchunsere Beziehung zu Gott ganz neu.

Mit den Aufgaben, die mir als Ehefrau zufallen,habe ich heute keine Probleme mehr. Gott hat mirmeinen Mann zur Seite gestellt, damit wir uns ge-genseitig helfen und nicht rivalisieren. Mein Mannhat andere Aufgaben und Begabungen, sie ergän-zen sich wunderbar mit meinen Gaben.

Unsere Überzeugung ist, dass eine harmonische,liebevolle Ehe die wichtigste Grundlage für einegesunde Entwicklung der Kinder ist. Die Erziehungunserer Kinder ist beinahe abgeschlossen. UnsereKinder machen uns viel Freude. Auch als es Pro-

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bleme mit dem Schulerfolg gab, hat das unser gu-tes Einvernehmen nicht erschüttert. Wir können dieZeit, die wir gemeinsam verbringen, richtig genie-ßen. Der Gesprächsstoff geht uns dabei nie aus. Alsdie Kinder kleiner waren, haben wir im Sommermanchmal eine Woche auf einer abgelegenen Almverbracht. Das gefiel uns allen so gut, dass wir nochimmer davon reden, das wieder einmal zu tun.

Wir freuen uns besonders, dass auch unsere Söh-ne sich für ein Leben mit Gott entschieden haben.Auch sie erkannten, dass es das Beste für sie ist, inGemeinschaft mit dem lebendigen Gott zu leben.Das bewahrt sie vor vielen negativen Einflüssen,denen junge Leute heute ausgesetzt sind. Ihre Frei-zeit verbringen sie nicht in Discos, sondern mitgleichgesinnten Freunden. Es gibt noch junge Leu-te, die weder Alkohol noch Drogen brauchen, umSpaß miteinander zu haben.

Wir sind froh, dass unsere Burschen verstehen,dass Alkohol und Drogen ihre Lebensqualität be-einträchtigen und zerstören würden und dass esnicht »cool« ist, sich jedes Wochenende volllaufenzu lassen. Eine Auswirkung ihres Lebens mit Gottist, dass wir merken, dass sie uns als Eltern achtenund es wirklich eine Freude ist, dies im Alltag zuerleben.

In unserer Familie wurde es zum Grundsatz, dasswir das, was wir tun oder nicht tun, nicht Menschenzuliebe machen. Wenn Entscheidungen anstehen,fragen wir uns: »Gefällt es Gott, wie wir denken undhandeln?« Natürlich führt dies manchmal zu Un-

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verständnis bei Menschen, die ohne Gott leben. Esbedeutet aber auch Freiheit, wenn man nicht so seinmuss, wie andere sich das vorstellen. Manchmalhöre ich den Satz: »Früher habt ihr den einen Vo-gel gehabt mit der Ernährung, jetzt habt ihr wiedereinen anderen«, aber das stört mich überhauptnicht.

Für mich hat sich die Einstellung zur Rolle alsMutter und Hausfrau verändert. Ich bin dankbar,dass ich zu Hause sein kann und Zeit habe, für dieMenschen zu sorgen, die mir die liebsten sind. Esist uns besonders wichtig, regelmäßig allein als Ehe-paar Zeit miteinander zu verbringen. So beginnenwir den Tag mit einem gemeinsamen Frühstück undam Sonntag kochen wir zusammen. Mein Mann hatseine Tätigkeit bei der Bergrettung eingeschränktund bei der Musikkapelle spielt er nicht mehr. Da-für machen wir manchmal eine Schitour oder wirgehen wandern. Und auch eine Erholungswochegenießen wir jetzt lieber miteinander, statt einzelnzu einem Seminar zu fahren.

Es ist für mich zum Grundsatz geworden, dassMenschen vor Dingen kommen. Materielle Wertehaben für mich ihre Wichtigkeit verloren, seit ichweiß, wie wertvoll Menschen bei Gott sind. Er liebtjeden und möchte, dass alle zu ihm kommen. Ichmöchte meine Kraft und Zeit für Besseres einset-zen, als für die Vermehrung unseres Wohlstandes.Ich kann ja ohnehin nichts mitnehmen! Oft wun-dert es mich, wenn ich sehe, dass Menschen sichbis ins hohe Alter abmühen und ihren Reichtum

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5 Johannes 4, Vers 14

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vergrößern wollen, obwohl »das letzte Hemd kei-ne Taschen« hat. So kann ich bezeugen, dass sichein Leben mit Gott lohnt. Es lohnt sich nicht nur imHinblick auf die Ewigkeit, sondern auch schon hierund jetzt. Es ist der größte Reichtum, wenn mansich mit dem einlässt, der sagt: Wer aber von demWasser trinken wird, das ich ihm geben werde, den wirdnicht dürsten in Ewigkeit, sondern das Wasser, das ichihm geben werde, wird in ihm eine Quelle Wassers wer-den, das ins ewige Leben quillt.5

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Waswirklich

zählt

Gong! Die Zehnuhrpause ist zu Ende. Eigentlich hab ich keine Lust, meinen Sitzplatz einzuneh-

men. Pausen sind das Beste an der Schule. Wo ichbin, ist immer was los. Entweder gibt es gute Witzeoder neue Schulstreiche werden erfunden. Fünfnach Zehn. Super, der Lehrer ist noch nicht erschie-nen, da können wir ja unser Seil mit den Turnschu-hen am Fenster hinunter lassen und die Schüler derunteren Klasse ablenken. Einige Male versuchenwir es. Gelächter der Schüler und lautes Gebrüllvom Lehrer unterhalb sind zu hören. Wir machenso lange weiter, bis der Lehrer wutentbrannt nachoben stürmt. Natürlich haben wir eine Wache auf-gestellt und bevor der Lehrer die Klasse betritt, istalles in bester Ordnung.

Ich bin beliebt, ja – einer der Stars der Klasse. Beiden Lehrern allerdings nicht, meine Leistungen las-sen zu wünschen übrig. Außer bei den Schirennenschneide ich in diesem Jahr nirgends gut ab. Ichhabe einfach keine Lust aufzupassen, geschweigedenn zu lernen.

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Meine Eltern haben ihre liebe Not mit mir. ZuHause reagiere ich meine überschüssigen Kräfte inanderer Weise ab als in der Schule. Ich bin unmög-lich, launisch und aggressiv.

Am meisten bekommt mein gutmütiger ältererBruder ab. Meine zwei jüngeren Brüder haben esauch nicht leicht. Wenn man zu mir sagt: »Du bistschlimmer als drei Buben«, stachelt mich das nuran. Was ist los mit mir? Das fragen sich nicht nurmeine Eltern, sondern auch die Lehrer. Warum spie-le ich in der Schule die Lustige und zu Hause magich mich selber nicht?

Es ist Pfingsten. Mein Bruder und meine Kusinenehmen mich zu einer Jugendfreizeit auf einSchloss mit. Irgendetwas ist hier anders. Die Leutesind freundlich und wirken zufrieden. Wir habenviel Spaß bei Sport. Am Abend gibt es Vorträge. Ichsitze im Rittersaal und denke: »Der da vorne redetnur für mich.« Er spricht über ein Haus, das in Trüm-mern liegt. Gut kann ich mich damit identifizieren,ich sehe die Ruine meines Lebens vor mir. Wennsich nicht etwas ändert, geht dieses Schuljahr nichtgut aus.

Bin ich wirklich Christ?Oft habe ich schon von diesem Jesus gehört. Unse-re Eltern lasen uns aus der Bibel vor und vor demSchlafengehen wurde immer gebetet. Dass es Gottund seinen Sohn Jesus Christus gibt, ist für michklar. Ich erkenne, dass Gott eine unendlich reine,

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heilige Persönlichkeit ist. Wie schmutzig bin ich imGegensatz zu ihm! Ich weiß, in meinem momenta-nen Zustand kann ich niemals den Ansprüchen desvollkommenen Gottes genügen. Gott ist mit mei-ner Unzulänglichkeit, mit meiner Rebellion nichtunter einen Hut zu bringen.

Dann redet der Mann von Gottes Liebe, dass die-ser Gott trotz allem an Menschen wie mir interes-siert ist. Ich denke daran, wie unmöglich ich michmanchmal aufführe und kann es kaum glauben,dass Gott wirklich etwas mit mir zu tun haben will.Er redet weiter über Jesus Christus, der freiwilligauf diese Erde kam, um für alles, worin wir dane-ben liegen, zu sterben, damit wir nicht ins Verder-ben laufen müssen.

Ja, jetzt verstehe ich! Es geht darum, dass ich eineechte Beziehung zu Gott bekomme. Gott streckt mirin Jesus Christus seine Hand entgegen. Bisher warich zwar religiös, hatte aber keine persönliche Be-ziehung zu Gott. Ich will nicht länger von Gott ge-trennt sein! Was Jesus am Kreuz tat, gewinnt auchfür mich Bedeutung. Ich will reagieren auf das, wasich jetzt verstehe. Tränen fließen über meine Wan-gen. Ich verlasse den Rittersaal, gehe einen Stockhöher, knie nieder und rede mit Jesus so, wie es inmeinem Herzen ist. Ich sehe deutlich, was in mei-nem Leben nicht in Ordnung war. Ich bitte ihn umVergebung, bitte ihn, dass er in mein Leben kom-men und die Führung meines Lebens übernehmensoll. Die Tragweite dieser Entscheidung kann ichnoch nicht abschätzen.

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1 1. Brief des Johannes 5, Vers 13

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Meine jüngeren Brüder kommen von einemJungscharwochenende nach Hause und berichtendarüber freudig. Beide haben sich entschlossen, Je-sus nachzufolgen. Ich selbst bleibe still. Ein Jahr langverheimliche ich meine Entscheidung. Ich bin einChrist, aber keiner weiß es. Meine Eltern hätten sichsehr gefreut. Aber ich schweige. Das Schuljahrschließe ich gut ab. Irgendetwas ist anders.

Ein Jahr später sitze ich wieder bei einem Vor-trag. Dieser Mann da vorne spricht ganz deutlichüber Sünde, die Trennung von Gott und wie mandiese Trennung überwinden kann. Ich sitze in mei-nem Sessel und denke nach: »Bin ich ein Christ,oder bin ich keiner?« Mein Leben schaut nicht ganzdanach aus. Noch einmal treffe ich eine grundsätz-liche Entscheidung für Jesus und bitte ihn, mich zuerretten und meine Sünden zu vergeben.

Der Vers: Wer Jesus hat, der hat das Leben … Dieshabe ich euch geschrieben, damit ihr wisst, dass ihr ewi-ges Leben habt,1 hilft mir. Ja, ich habe Jesus schonvor einem Jahr das Steuer überlassen. Jetzt darf ichsicher sein, dass nichts mehr zwischen Gott und mirsteht.

FreundschaftenEin Jahr später lerne ich ein Mädchen kennen –Karen. Sie wird sehr wichtig für mein Leben. Meistverbringt sie ein Wochenende im Monat bei uns zu

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Was wirklich zählt

Hause. Sie ist ein Jahr jünger, aber in manchem rei-fer als ich.

Samstagvormittag ist eine besondere Zeit für uns.Wir nennen es »stille Zeit«, lesen ein Stück in derBibel und besprechen, welche Bedeutung dieserAbschnitt für uns haben könnte. Anfangs kann ichnicht viel anfangen mit diesem Buch. Doch Karenschafft es immer wieder, den Text in einen prakti-schen Zusammenhang mit unserem Leben zu stel-len. Mit der Zeit verstehe ich, dass die Bibel ein Buchist, das mir die Gedanken Gottes zeigt. Ich arbeitedaran, was ich verstehe auch zu tun. Die Jugend isteine besondere Zeit. Da werden entscheidendeWeichen gestellt. Ich kann viel gewinnen, ich kannviel verlieren.

Wie wichtig ist Karens Freundschaft für mich!Gerade in diesem Lebensabschnitt sucht man nachAngenommensein und Anerkennung. Ihre Freund-schaft hilft mir, auch in Bezug auf das andere Ge-schlecht einen konsequenten Weg zu gehen. Karenund ich erkennen, dass die Maßstäbe der HeiligenSchrift wertvoll und gut sind. So wollen wir leben!

Also ist es für mich klar, wie meine Reaktion aus-fallen muss, als ein junger Mann auf mich zukommtund mir zu verstehen gibt, dass er mit meiner bes-ten Schulfreundin nur deshalb befreundet ist, ummit mir zusammen zu sein. Ich frage ihn, ob er wohlverrückt sei. Ich weiß, dass ich für eine Beziehung,die eine Ehe zum Ziel hat, zu jung bin. Spielereienwill ich nicht, dafür sind mir diese Dinge viel zuwertvoll.

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Das wissen auch die Jungs meiner Klasse. Sie re-spektieren meine Anschauung. Ich werde zur Klas-sensprecherin in der ganzen Oberstufenzeit. Siewissen, mit mir kann man echt Freund sein. Ichspiele nicht leichtfertig mit Gefühlen, weder mitdenen anderer noch mit meinen eigenen. MeineSchulerfolge werden besser, sodass ich beim Ab-schluss unter den Besseren bin.

Eines Nachmittags sitzen Karen und ich am Wolf-gangsee. Wir haben so unsere Träume. Karen er-zählt, sie habe einen Artikel über eine Schülerrun-de gelesen. Die jungen Leute treffen sich vor demUnterricht, lesen aus der Bibel und beten. Vielleichtgibt es auch in unseren Schulen Christen, die so wiewir Jesus nachfolgen? Wir fragen Gott um seineMeinung zu unserer Idee.

Es dauert kein Jahr und in meiner Schule treffensich vier Christen. Einer liest etwas aus der Bibelvor und dann beten wir für unsere Mitschüler, un-sere Lehrer und viele andere Anliegen. Unser Reli-gionslehrer sagt: »Ihr mit eurem Jesus-Fimmel.«Unsere Runde wächst in den nächsten Jahren aufbis zu 60 Leute an.

Ich besuche auch eine Jugendgruppe, in der wirviel gemeinsam unternehmen. Je nach Jahreszeitgehen wir Bergsteigen, Schifahren oder Schwim-men, wir spielen Basket- und Volleyball. Öfter ver-bringen wir gemeinsam ein Wochenende auf derAlm. Wir lesen auch in der Bibel und reden dar-über.

Einige Monate vor meinem Schulabschluss den-

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Was wirklich zählt

ke ich nach, was ich wohl werden soll. Interesse fürMedizin, Arbeit mit Menschen und mein Bewe-gungsdrang führen mich in Richtung Physiothera-pie. Ich bete: »Gott, wenn du willst, dass ich dastun soll, kannst du mir einen Ausbildungsplatzschenken.« Drei Akademien sagen ab. Frustriertfahre ich zur vierten Aufnahmeprüfung. Ich werdegenommen. Am nächsten Tag finde ich eine Woh-nung. Gott hat alles vorbereitet. Nun geht es imHerbst für drei Jahre nach Wien.

Das erste Mal von zu Hause weg, bringt neueErfahrungen mit sich. Das Kleinstadtmädchen hatHeimweh. Ich gehe auch in eine Jugendgruppe undam Sonntag in eine christliche Gemeinde. Dort ver-liebe ich mich das erste Mal so richtig. Ich behaltemeine Bewunderung für mich. Er – groß, schlank,sportlich – spielt gut Gitarre und schließt geradesein Medizinstudium ab. In meinen Augen scheinter optimal.

Er kommt auf mich zu. Wir freunden uns an.Nach zwei Monaten bemerke ich, dass er nicht wirk-lich ernst nimmt, was in der Bibel steht. Ich mussalso wählen: Entweder Jesus und Gottes Wort, oderer. Die Entscheidung kostet etwas. Aber ich willnichts haben, das Jesus vom ersten Platz in meinemLeben verdrängt. Am Wochenende fahre ich öfternach Bad Ischl. Lange Spaziergänge mit meinemBruder Michael trösten mich über meinen Liebes-kummer hinweg. Wir werden die besten Freunde.Er sagt: »Esther, wenn ich einmal heirate, möchteich eine Frau wie dich.«

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Esther Zachhuber

… wird nicht sterben in EwigkeitEs ist der 23. Februar, Faschingsdienstag. Wir ha-ben praktischen Unterricht. Fasching! Wir wollenwenigstens etwas von der Stimmung mitbekom-men. Ich gehe mit einer Kollegin Krapfen holen. AmRückweg laufe ich über die Straße. Oh, das warknapp, die Straßenbahn hat mich fast erwischt. DerSchreck sitzt mir in den Gliedern. So schnell kannes gehen und das Leben ist vorbei.

Um 23 Uhr komme ich von einer Besprechungfür Kinderarbeit nach Hause. Meine Vermieterin bit-tet mich einen Stock tiefer. Sie muss mir etwas mit-teilen; die Eltern haben angerufen. Was ist passiert?Beunruhigt gehe ich die Stiege hinunter. Sie bietetmir freundlich einen Platz an.

»Esther, es tut mir so leid, dein Bruder Michaelist verunglückt.«

Ich starre sie fassungslos an. »Lebt er?«»Nein, er ist tot!«Gedanken schießen mir durch den Kopf. »Das ist

nicht wahr! Sag bitte, es ist nicht wahr!«Ich rufe meine Eltern an. Michael ist bei einer

Schitour vor den Augen meines Vaters und meinesjüngeren Bruders Andi von einem Schneebrett indie Tiefe gerissen worden. Er war sofort tot. Andiblieb an einem Baum hängen, auch ihn hätte es er-wischen können.

Meine Vermieterin umarmt mich. Ich laufe dieStiegen hinunter, ich muss raus. Ich laufe um denHäuserblock, wie oft, weiß ich nicht. Ich schreie:

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2 Brief an die Römer 8, Vers 28

Was wirklich zählt

»Gott, es ist nicht wahr! Es darf nicht wahr sein.Warum hast du das zugelassen? Warum gerade er?Er ist dir so treu nachgefolgt. Er ist ein Vorbild füruns und für viele andere. Nein, Jesus, es ist nichtwahr! Warum gerade er? Er war ja mein besterFreund.« Erschöpft steige ich die Stufen in meinZimmer hinauf. Ich falle ins Bett. Wann ich einschla-fe, weiß ich nicht.

Am nächsten Tag bin ich wie im Schockzustand.Ich packe, Freunde begleiten mich zum Zug. Ichfahre nach Hause. Ich habe Angst, meinen Elternzu begegnen. Mein Vater holt mich vom Bahnhofab. Wir fallen uns in die Arme und weinen. Es tutso weh!

Als ich die Küchentür öffne, sitzt Gerhard – einguter Freund Michaels – beim Ofen. Er strahlt michan und sagt: »Was bist du so traurig? Er ist zu Hau-se! Es geht ihm gut! Er ist jetzt schon dort, wo wiralle so gerne hin möchten.« Ich glaube, ich hörenicht richtig, ich bin innerlich zornig. Wie kann erin so einem Moment so etwas sagen? Aber seineAussage beschäftigt mich später noch lange. Ich fallemeiner Mutter in die Arme. Wie muss es ihr wohlgehen?

Am nächsten Tag kommt Karen. Wie so oft hatsie mir ein paar Zeilen geschrieben. Denen, die Gottlieben, dienen alle Dinge zum Besten2, zitiert sie ausder Bibel. Was? Das soll zu meinem Besten dienen?Er war doch mein bester Freund! Ich vermisse ihn

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3 Johannes 11, Vers 25

Esther Zachhuber

schrecklich! Ich rebelliere! Dann komme ich zu ei-nem Schluss. Entweder ist Gottes Wort wahr odernicht. Wenn es wahr ist, muss alles, was geschehenist, zu meinem Besten sein, auch wenn ich es nichtverstehe.

Ich bete: »Gott, wenn es stimmt, dass das alleszu meinem Besten dient, nehme ich dich beimWort.« Psalm 23 tröstet mich. Auch wenn ich im Taldes Todesschattens wandere, fürchte ich kein Unheil, denndu bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Gotthat mich in meinem Kummer nicht verlassen.

Zwei Tage später wird Michael beerdigt. 50 Ju-gendliche singen: »Herr, ich sehe deine Welt, dasgroße Sternenzelt, die Wunder deiner Schöpfung.«Es war das letzte Lied, das er dem Jugendchor bei-gebracht hat. Menschenmengen sind hier. Er warein vorbildlicher Schüler und Schulsprecher.

Ein junger Pastor predigt, auch seine Worte trös-ten uns. Er liest: Jesus sprach zu ihr: Ich bin die Aufer-stehung und das Leben, wer an mich glaubt, wird leben,auch wenn er gestorben ist, und jeder der da lebt und anmich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit. Glaubst dudas?3 Ja, ich glaube es! Und Michael hat es auchgeglaubt. Das ist mir der einzige Trost. Er ist bei Je-sus und ich werde ihn wieder sehen.

Die Leute kondolieren. Wir als Familie sind un-wahrscheinlich getragen. Unser Physikprofessorkommt: »Warum musste gerade Michael gehen? Erwar doch so begabt.« Ich habe keine Antwort. Mi-

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Was wirklich zählt

chael forderte ihn durch viele seiner Fragen heraus.Viele Leute sagen uns, dass Michael mit ihnen überJesus gesprochen hat.

PrioritätenDas Leben geht weiter. Ein paar Tage später fahreich nach Wien zurück. Ich werde meinen Brudernie vergessen! In meinem Inneren ist eine großeWunde. Wenn Gottes Wort wahr ist, wird dieseWunde heilen, auch wenn ich es jetzt nicht verste-he. Ich bekomme großes Verlangen, in der Bibel zulesen. Ich sauge Gottes Wort förmlich auf. Ich ver-stehe es mit einem Tiefgang, wie nie zuvor.

Wenn ich durch Wien laufe und die Menschenbeobachte, denke ich: »Die sind doch alle verrückt!Morgen kann es aus sein! Wissen sie das nicht?«Karriere, Schönheit, das rechte Outfit, die optimalePartnerwahl, ein nettes Heim und das Traumautohaben dann ihre Bedeutung verloren. Wichtig istdann nur, ob sie Jesus gekannt haben. Ihn brauchtman zum Sterben, aber auch zum Leben.

Ich bemerke, dass ich selbst kaum besser bin. Ne-bensächliches hat einen zu hohen Stellenwert! Ichüberlege, was auch dann noch zählt, wenn ich vondieser in eine andere Welt gehen muss. Ich bemer-ke, dass die Liste gar nicht lang ist! Da ist erstensGott. Die Beziehung, die ich jetzt zu ihm habe, hatAuswirkungen auf die Qualität der Gemeinschaftmit ihm in der Ewigkeit. Dann ist da sein Wort, dieBibel, sie gilt bis in alle Ewigkeit. Die möchte ich

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Esther Zachhuber

gut kennen. Die Menschen, die Jesus in seine Nach-folge gerufen hat, haben ewigen Wert. Dann wirdmir klar, dass jeder einzelne Mensch Ewigkeitswerthat. Er geht entweder ewig verloren oder er ist ewigbei Gott. Dass Menschen Gott erkennen, dafür willich leben, dafür will ich mich investieren. Mein Le-ben bekommt neue Ziele, neue Prioritäten.

Ich schließe meine Ausbildung ab und gehe zu-rück nach Bad Ischl. Dort arbeite ich halbtags imGeschäft meiner Eltern, in meiner Freizeit engagie-re ich mich in einer christlichen Gemeinde.

Für einige Monate finde ich einen Job in einemRehabilitationszentrum. Der Berufsalltag ist einegute Herausforderung. Ich lerne viele verschiede-ne Leute kennen. Manche Kollegen setzen sich vollein, andere arbeiten sehr lässig. Ich will meinen Jobso gut wie möglich machen.

Dann bekomme ich eine Stelle im Landeskran-kenhaus. Vorerst arbeite ich vor allem mit Multiple-Sklerose-Patienten. Die Arbeit ist körperlich undseelisch sehr anstrengend. Berufliche Fortbildungenhelfen mir im fachlichen Bereich, aber menschlichstoße ich an Grenzen. Es gibt Tage, da weine ich,wenn ich nach Hause komme. Anfangs weiß ichnicht recht, warum. Das persönliche Leid der Men-schen nimmt mich mit. Es ist eine harte, aber guteSchule. Vieles wird relativ. Ich lerne stark behinderteMenschen kennen, die sehr begrenzte Möglichkei-ten haben und trotzdem Lebensfreude ausstrahlen.Ich erkenne, dass es zwei Reaktionen auf Leid gibt –Verbitterung oder ein positiver Kampf. Ich bemer-

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Was wirklich zählt

ke, dass eine richtige Beziehung zu Gott die abso-lute beste Hilfe bei Bewältigung von Leid ist. Nacheiniger Zeit arbeite ich halbtags und einige Nach-mittage in eigener Praxis.

In meiner Wohnung treffen sich bis zu 20 Jugend-liche. Viele von ihnen haben existenzielle Fragen.Gemeinsam suchen wir in der Bibel nach Antwor-ten. Einige Leute finden zum lebendigen Glaubenan Jesus Christus. Wir fragen uns: Wie haben dieersten Gemeinden ausgesehen? Was war den Gläu-bigen wichtig? Wieder finden wir Antworten imNeuen Testament. Mit Gleichgesinnten entstehteine neue Gemeinde.

Persönlich bewegt mich die Frage: »Gott, willstdu, dass ich heirate?« Da ist ein junger Mann inunserer Jugendgruppe. Irgendwie imponiert er mir.Seine ruhige Art, sein scharfes Denken und seineKonsequenz machen mir Eindruck. Er sagt: »Duhast mir einmal zu tief in die Augen geschaut!«Heute weiß ich, dass ich mit meinen Blicken vor-sichtiger umgehen muss.

Wir verlieben uns. Er ist an einer Ehe interessiert,doch das ist jetzt nicht dran, denn er hat erst mitseinem Studium begonnen. Ich bin nicht sicher, ober wirklich der Richtige ist. Während seines Studi-ums kommen bei ihm Zweifel am Wort Gottes auf.Er wirft sein Vertrauen auf Jesus über Bord. Das isteine der schmerzhaftesten Erfahrungen meinesLebens. Ich verstehe seine Entscheidung nicht undhoffe, dass er zum Glauben zurückfindet. Nach wievor will er mich heiraten, doch es kann nicht der

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Wille Gottes sein, dass ich jemanden heirate, der inGlaubensfragen andere Maßstäbe hat.

Innere Kämpfe folgen. Gehorsam zu lernen, istmanchmal schmerzhaft. Heute sehe ich, dass Gottmich vor einer falschen Entscheidung bewahrt hat.Wir hätten nicht gut zusammengepasst. Mehr undmehr lerne ich verstehen, dass Gottes Wille für michperfekt ist. Danach gilt es zu streben. Auch ohneeigene Familie kann ich ein erfülltes und reichesLeben führen.

In mir wächst der Wunsch, ein Jahr im Auslandzu verbringen, meinen Horizont zu erweitern, an-dere Christen kennen zu lernen. Ich sage es mei-nem Gott. Jahrelang heißt es warten. Es wird mirzur Gewohnheit, einmal im Jahr die Bibel durch-zulesen. Das hilft, Gott und seine Gedanken besserkennen zu lernen.

Gott meint es gut mit mir1993 tut sich ein Weg nach Amerika auf. Gott hatalles super vorbereitet: Eine Kollegin aus Deutsch-land vertritt mich für ein Jahr im Krankenhaus. Siemeldet sich sogar von selbst. Mein älterer Bruderfindet für mich einen Platz in Kalifornien. Die Wegesind geebnet. Ich verstehe jetzt: Wenn Gott michwarten lässt, dann weiß er, warum. Seine Lösungist für mich die beste.

Kalifornien ist ein Land vieler Schönheiten. Ichgenieße das Bergsteigen im Yosemite Nationalpark,meine Augen erfreuen sich am Anblick von Red

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Was wirklich zählt

Woods und Pazifik. Ich begegne Menschen mit Tief-gang. Dieses Jahr wird in meiner Erinnerung im-mer einen besonderen Platz einnehmen. Am meis-ten beeindrucken mich drei ältere Menschen, dieich kennen lerne. Ihre Persönlichkeit lässt erahnen,was es heißt, Jesus zu kennen und ihm bis ins hoheAlter treu nachzufolgen. Ihr Vorbild motiviert michbis heute.

Nach elf Monaten geht es zurück in die Heimat.Es ist schön, Eltern, Brüder und deren Familien undFreunde wiederzusehen. Ich steige wieder in mei-nen Beruf ein.

Der Eindruck wächst, dass ich an einen anderenOrt ziehen soll. Drei Leute fragen mich, ob ich mitihnen zusammen arbeiten möchte. Ich bete viel. Ichmöchte Gottes Willen in dieser Sache erkennen. Dieletzte Anfrage scheint am reizvollsten.

Ein christliches Schulungsprogramm, ähnlichdem, wie ich es in Amerika besuchte, soll in Salz-burg aufgebaut werden. Ist das der Platz, an demGott mich haben will? Ich fühle mich überfordert,möchte aber Gottes Willen tun. Zweimal sprichtGottes Wort konkret in meine Situation. Jetzt weißich, wenn es Gottes Plan ist, wird er auch die Fä-higkeit dazu geben. Ich frage drei reife Christen umRat. Sie sagen: »Geh!«

Ich suche eine Wohnung und einen Halbtagsjobals Physiotherapeutin in Salzburg. Die neue Her-ausforderung gefällt mir. Anfänglich habe ich Sehn-sucht nach meiner alten Heimat, aber bald habe ichneue Freunde gefunden. Gottes Wort erweist sich

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4 Matthäus 19, Vers 295 1. Brief an die Korinther 10, Vers 13

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wieder einmal als wahr. Und ein jeder, der Häuseroder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutteroder Kinder oder Äcker um meines Namens willen ver-lassen hat, wird hundertfach empfangen und ewigesLeben erben.4

Nun bin ich schon drei Jahre hier und kann nursagen: Es stimmt, dass denen, die Gott lieben alle Din-ge zum Guten mitwirken. Mein Gott meint es gut mitmir. Ich darf in dieser schönen Stadt leben. In Salz-burg stehen alle Möglichkeiten offen, Sport auszu-üben und die Freizeit anspruchsvoll zu gestalten.Gerne bekoche ich Freunde in meiner Wohnungoder gehe gemütlich zum Essen aus. Die verschie-denen Aufgabenbereiche, in die ich gestellt bin,gefallen mir und sind mir immer wieder eine neueHerausforderung.

Wenn ich heute an meinen Bruder Michael den-ke, tue ich das ohne Bitterkeit. Gott hat meine Wun-de geheilt. Geblieben ist eine Sensibilität für Men-schen, die gerade Ähnliches durchmachen. Ich habeverstehen gelernt, dass ich Gott völlig vertrauenkann, dass seine Pläne mit mir viel besser sind alsmeine eigenen Vorstellungen. Gott lässt nicht zu, dasswir in der Versuchung zugrundegehen. Wenn unserGlaube auf die Probe gestellt wird, schafft Gott auch dieMöglichkeit, sie zu bestehen.12

Natürlich erzähle ich gerne weiter, wer für dieZufriedenheit in meinem Leben verantwortlich ist.

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Was wirklich zählt

Meine größte Freude ist es, mitzuerleben, wie JesusChristus Menschen verändert, ihrem Leben Sinnund Freude gibt, wenn aus Suchenden Menschenwerden, die gefunden haben.

Esther ZachhuberRaphael-Donner-Straße 45

A-5026 Salzburg

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Karl Weißenböck

Es geschehennoch Wunder

Immer wieder, immer wieder, immer wieder Öster- reich … Was für eine Stimmung! Österreich schlägt

Deutschland 3 : 2 !!! Fußballgott Hans Krankl schießtuns in den siebten Fußballhimmel. Meine Freundeund ich fallen uns um den Hals; wir weinen undsingen vor Freude. Nur wer so etwas miterlebt hat,kennt dieses unbeschreibliche Glücksgefühl. Der Er-folg musste natürlich gebührend begossen werden.

Die Freude war von kurzer Dauer, denn bereitsim nächsten Spiel verlor unsere Mannschaft. Wiekonnte das nur passieren?! Unsere Enttäuschung warmindestens so groß wie die Freude zuvor. DieselbenFußballgötter, die wir noch vor ein paar Wochen ge-feiert hatten, schmähten wir jetzt aufs Gröbste. ImTrauermarsch zogen wir johlend durch Saalfelden.Einer marschierte mit einem Kreuz voraus, auf demwir die österreichische Fahne gehisst hatten. Gleichhinter dem Fahnenträger ging ich als »Pfarrer«, mitKlobesen, Sektkübel und anstößigen »frommen«Sprüchen, sehr zum Ärgernis einiger älterer Leute.Unser Spott gipfelte im Verbrennen der Fahne.

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1 Übersetzung für Nichtösterreicher: »Gott ist wie ein riesigesBierfass und ich als sein Diener leg mich darunter und dreheauf, wenn ich es gerade brauche.«

Karl Weißenböck

Nachher ging’s in die Kneipe, wo wir unsere Ent-täuschung mit ein paar Litern Bier hinunterspülten,ich dachte: »Gott is wia a riesig’s Bierfassl, und i aussei Diener leg mi drunta und draas auf, wonn is gradbrauch.«1 Mit dem Ansteigen des Promillegehaltsnahm unser Fachwissen zu. Bei unserer Stammtisch-runde hatte jeder das Zeug zum Teamchef! Ja, hierin der Kneipe war meine Heimat, hier fühlte ichmich wohl. Vielleicht lag es daran, dass ich nie einrichtiges zu Hause gekannt hatte.

Zwischen Wirtshaus und ArbeitGroßgezogen wurde ich von meinen Großeltern,wobei ich meine Großmutter immer in bester Erin-nerung behalten werde. Sie hat sich sehr liebevollum mich gekümmert. Ich bin ihr heute noch sehrdankbar dafür. Auch wenn meine Großmutter wun-derbar für mich sorgte, so sehnte ich mich insge-heim doch nach meiner Mutter. Mit meinem Groß-vater hatte ich oft Schwierigkeiten. Schuld darandürfte mein Lebensstil gewesen sein, der ganz undgar nicht seinen Vorstellungen entsprach. MeineLehre als Installateur beendete ich nur mit Wider-willen, weil ich diesen Beruf eigentlich nie lernenwollte. Aber mir blieb nichts anderes übrig, als michdem Wunsch meines Großvaters zu beugen.

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2 österreichischer Militärdienst

Es geschehen noch Wunder

Danach leistete ich den Präsenzdienst2. Disziplinund Gehorsam gehörten nicht zu meinen Stärken.Eher war ich ein Rebell, der gerne aus der Reihetanzte – sehr zum Gaudium meiner Freunde. BeimHeer hatte man dafür aber sehr wenig Verständnisund so war es nur eine Frage der Zeit, bis ich meinerstes Disziplinarverfahren hängen hatte. Durchnächtliche Ruhestörung im Kasernengelände,Dienstantritt in stark alkoholisiertem Zustand so-wie unerlaubtem Entfernen von der Truppe wegeneines Bierzeltbesuches, handelte ich mir 14 TageArrest ein. Hinter den kalten Gefängnismauern zusitzen, war dann doch etwas ernüchternd. Warumsaß ich hier? War es dieser Spaß wirklich wert ge-wesen? Solche Gedanken gingen mir durch denKopf. Das erste Mal kam ich ein wenig ins Nach-denken. Wie sich allerdings herausstellen sollte, hat-te ich aus dem Schaden nichts gelernt.

Nach der unrühmlichen Beendigung meinerWehrzeit verhalf mir ein Onkel zu einer Arbeitsstel-le. Er nahm mich mit nach München. Dort wurdegerade für die Olympischen Spiele 1972 gebaut.Dummerweise dachte mein Onkel, er müsse einAuge auf mich haben, damit doch noch etwas ausmir werden könne. Ich war aber nicht dafür gebo-ren, mich unterzuordnen. Ich wollte frei sein,schließlich war ich doch erwachsen.

Meine Kündigung war beschlossene Sache. Esfolgten Gelegenheitsjobs, die mir nicht besonders

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Karl Weißenböck

zusagten. Eine Woche dort, zwei Wochen da, so ginges über Monate dahin. Bis ich eine Anstellung ineinem Unternehmen fand, die meinen Vorstellun-gen entsprach. Durch meine neue Arbeit war ich inDeutschland unterwegs, wo Autobahnbrücken ge-baut wurden. Es schien, als hätte ich endlich ge-funden, was ich suchte. Eine sehr gut bezahlte Ar-beit und die lang ersehnte Freiheit. Endlich konnteich tun und lassen, was ich wollte. Es gab keinenDrill mehr wie in der Kaserne, keinen lästigen On-kel, der alles besser wusste und keinen Großvater,dem ich Rechenschaft ablegen musste.

Ich war zufrieden, genoss meine Freiheit undversuchte meine Arbeit so gut als möglich zu ma-chen. Aus jedem neuen Ort schickte ich Ansichts-karten nach Hause. Alle sollten sehen, wie gut esmir ging und wie weit ich es gebracht hatte.

Nach einigen Monaten zog es mich heim zu denalten Freunden. Voller Stolz berichtete ich ihnen vonmeiner anspruchsvollen Tätigkeit und dem fettenGehalt. Dabei versäumte ich nicht, kräftig einsdraufzulegen! Einen der Freunde beeindrucktemeine Übertreibung derart, dass er in die selbe Fir-ma wechseln wollte.

Kein Problem für Karl, der hatte ja einen gutenDraht zur Firma, und so kam es, dass wir gemein-sam von Baustelle zu Baustelle zogen. Dieser Um-stand wurde uns zum Verhängnis. Zusammen mitmeinem Freund war ich bald im alten Fahrwasser.Das deutsche Bier schmeckte uns besonders gut, sotranken wir abends eine Maß nach der anderen. Das

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wirkte sich auf unsere Arbeitsmoral natürlich ne-gativ aus. Nach einigen Ermahnungen wurden wirentlassen. Aus der Traum! Was so gut begonnenhatte, fand ein schnelles Ende.

Ich wurde immer unzuverlässiger. Dementspre-chend oft wechselte ich meine Arbeitsstellen. Einschiefes Wort war ein ausreichender Kündigungs-grund. »Wer bin ich denn eigentlich? Mit mir machtdas keiner! Adios Amigos, und sucht euch einenanderen Dummkopf.« Wenn ich zwei Wochen inderselben Firma arbeitete, dann war das für michschon lange.

Es wäre mühselig, alle Arbeitsstellen aufzuzählen.Ich war Installateur, Hilfsarbeiter, Kellner, Maler,Holzfäller, arbeitete in Zucker- und Reifenfabrikenund vieles mehr. Wenn ich auch nie lange in einemBetrieb war, so habe ich mich doch immer wiederum eine Arbeit bemüht. Sobald ich aber ein wenigSchotter in der Tasche hatte, war die Versuchung zumNichtstun groß. Mit der Zeit wurde es schwieriger,Arbeit zu finden. Immer länger war ich arbeitslos.Eine Zeit lang wohnte ich bei meiner Mutter, die michsogar finanziell unterstützte. Obwohl sie sich frühernie recht um mich gekümmert hatte, war sie dochjetzt ein wenig für mich da. Mein Stiefvater war nichtbegeistert davon, was ja auch verständlich ist.

Die Dummheit hatte einen NamenEines Nachts kam ich auf die wahnwitzige Idee,heimlich mit dem Auto meines Stiefvaters eine

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Spritztour zu machen. Dabei hatte ich nicht einmaleinen Führerschein. Es kam, wie es kommen muss-te. Ich verlor die Kontrolle und kam von der Straßeab, wobei das Fahrzeug stark beschädigt wurde. Zufeige, um meine Tat einzugestehen, parkte ich dasAuto an derselben Stelle, von wo ich es genommenhatte. Ohne von jemandem bemerkt worden zusein, ging ich mit klopfendem Herzen zu Bett.

Früh am morgen schlich ich aus dem Haus. Nochnie zuvor hatte ich ein so schlechtes Gewissen ge-habt. Was hätte ich darum gegeben, alles ungesche-hen machen zu können! Als ich dann mittags nachHause kam, waren meine Nerven zum Zerreißengespannt, denn die Polizei war da. Alle standen umdas beschädigte Fahrzeug meines Stiefvaters. Erbeteuerte, dass er sein Auto am Abend ordnungs-gemäß abgestellt und am nächsten Morgen in die-sem Zustand vorgefunden hätte.

Die Polizei schloss nicht aus, dass es sich um ei-nen Versicherungsbetrug handeln könnte. Schließ-lich wurde auch ich befragt, ob mir etwas Verdäch-tiges aufgefallen wäre. Natürlich hatte ich nichts be-merkt. Als ich das sagte, klopfte mir das Herz biszum Hals. Doch vorerst schien alles gut auszuge-hen.

Zu Hause wollten die Gespräche wegen diesemVorfall nicht verstummen. Mein Stiefvater ärgertesich fürchterlich über den entstandenen Schaden,sowie über die Unverfrorenheit dessen, der denSchaden angerichtet haben musste. Wer könnte soetwas tun und wie kam er an den Autoschlüssel?

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All diese Gespräche und Fragen belasteten meinGewissen derartig, dass es mir unerträglich wurde.Ich konnte meinen Leuten nicht mehr in die Au-gen schauen. Jedesmal, wenn mich jemand anblick-te, bekam ich eine Gänsehaut. Das hielt ich schließ-lich nicht mehr aus und zog von meinen Elternweg.

Ich lebte weiter wie zuvor, ging arbeiten oderauch nicht, je nach Lust und Laune. Es dauerte nichtlange, bis ich die Autogeschichte verdrängt hatteund mich insgeheim bereits darüber freute, alles gutüberstanden zu haben. Aber das sollte ein Irrtumsein. Ich wusste noch nicht, dass alles Verborgeneeinmal ans Licht kommen wird, dass es jemandengibt, der nicht nur meine Schuld aufdecken, son-dern mir aus dem Schlamassel heraushelfen wollte.

Schneller als ich dachte, holte mich meine Ver-gangenheit ein. Durch eine Wirtshausschlägereiwurde die Polizei auf mich aufmerksam. Sie nah-men mich mit aufs Revier, um mich dort ein bis-schen in die Mangel zu nehmen. »Womit bestrei-ten Sie denn ihren Lebensunterhalt, Herr Weißen-böck? … Was haben Sie gestern Abend von 20.00bis 22.00 Uhr gemacht? … Waren Sie an den Ein-brüchen letzte Nacht beteiligt? … Wie war das dochgleich mit dem Auto Ihres Stiefvaters? … Könntees sein, dass Sie das Auto unbefugt in Betrieb ge-nommen haben? … Wo sagten Sie, waren sie in je-ner Nacht? …«

Mit den Einbrüchen hatte ich ja nichts am Hut,aber bei der Sache mit dem Auto wurde ich immer

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nervöser. Das haben auch die Polizisten bemerkt,woraufhin sie mir ordentlich einheizten. Mein Lü-gengebäude konnte ihren Fragen genauso wenigstandhalten, wie meine Nerven. Schließlich schrieich: »Lasst mich doch endlich in Ruhe! Ich gebe al-les zu, ich war es! Ja, ich habe das Auto zu Schrottgefahren, aber mit den Einbrüchen habe ich nichtszu tun!«

In meinem Innersten stand das Barometer aufSturm. Was ich so lange verborgen hatte, kam nunans helle Tageslicht und wurde für alle sichtbar. Ja,ich schämte mich wirklich, aber geändert habe ichmich noch immer nicht. Ich bekam eine saftige Stra-fe, die ich jedoch nicht bezahlte, obwohl mir Auf-schub und Ratenzahlung gewährt wurde. Ein Haft-befehl war die Folge. Nun hieß es definitiv: Zahlenoder 30 Tage Gefängnis! Wenn Dummheit jemalseinen Namen gehabt hat, dann hieß sie damals Karl,denn ich entschied mich fürs Gefängnis. »Besserkönnt i mir des Geld ja gar niet verdienen«, warmeine schlaue Begründung.

Bald merkte ich, wie schlau meine Entscheidunggewesen war. Da saß ich nun in einer winzigen Zel-le mit Schwerverbrechern, Zuhältern und Gewalt-tätern. Zu Acht teilten wir uns einen Raum, der fürvier gerade groß genug gewesen wäre. Eine Muschelstand als WC im Eck. Als die anderen Häftlinge hör-ten, dass ich mich freiwillig für den Knast entschie-den hatte, wurde ich natürlich zum Gespött. Diedunkelsten Stunden meines Lebens verbrachte ichin dieser Zelle. Zum zweiten Mal dachte ich über

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den Sinn meines Lebens nach, darüber, wie viel ichfalsch gemacht hatte und dass ich alles anders ma-chen wollte, wenn ich erst wieder draußen wäre.

Es ging doch wieder im gleichen Trott weiter. Füreine feste Beziehung zu einer Frau reichte es nie,da mir meine Freiheit wichtiger war. Mein Zuhau-se waren die Kneipen. Ich erwarb den Ruf einesGasthausbruders. Obwohl diese Aussage völlig ge-rechtfertigt war, kränkte mich die schlechte Nach-rede so sehr, dass ich deswegen immer wieder inRaufereien verwickelt wurde. Ich konnte es nichtertragen, dass man mir die Wahrheit ins Gesichtsagte. Trotz all der Dummheiten wollte ich doch alsanständiger Mensch dastehen. Ich sehnte michnach Anerkennung und wünschte mir, dass irgend-jemand mich mochte, wie ich war. Im Wirtshaushatte ich dieses Gefühl noch am ehesten, wenn esauch viele menschliche Enttäuschungen gab.

Das runde Leder ruftEines Tages lud mich ein alter Schulfreund ein, beimFußballclub mitzumachen. Ich nahm gerne an. Dasrunde Leder schien meinem Leben endlich die er-sehnte Wende zum Besseren zu geben. Kamerad-schaft wurde groß geschrieben. Auch arbeitsmäßigbegann ich sesshaft zu werden, da ich es mir in-zwischen zwei Mal überlegte, bevor ich einmal kün-digte.

Mein Verlangen nach einer eigenen Familie wur-de immer größer. Ich wünschte mir eine intakte

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Familie mit ein paar Kindern und eine Frau, mit derich alles teilen könnte. Eines Abends lernte ich beieinem Fußballfest ein hübsches Mädchen namensRenate kennen. Irgendwie verstanden wir unsgleich. Der Abend war ausgelassen und lustig.

Sie lernte mich von meiner besten Seite kennen.Gerne hörte ich ihr zu, wenn sie mir von ihren Nö-ten und Träumen erzählte. Es beeindruckte mich,dass sie so fröhlich war, obwohl sie eine schwierigeZeit hinter sich hatte. Sie strahlte Ruhe und Gebor-genheit aus, genau das, wonach ich mich schon solange sehnte. Ihr Leben war in verhältnismäßig ge-ordneten Bahnen verlaufen. Auf der Bank, in dersie arbeitete, galt sie als äußerst zuverlässig und warunter Mitarbeitern und Kunden sehr beliebt. Umsogrößer war das Erstaunen mancher Leute, als sie mit-bekamen, wen Renate heiraten wollte. Einmal wur-de sie sogar gefragt, ob sie denn jetzt auch in dieUnterwelt gegangen sei. Mein Ruf war so schlecht,dass selbst das Gute, das ich tat, keine Beachtungfand. Renate wurde von vielen Bekannten vor mirgewarnt. Sogar meine eigene Mutter riet ihr ab, sichmit mir einzulassen. Doch sie schlug alle Warnun-gen in den Wind und war bereit, mir alleine ihreZuneigung zu schenken. Das Vertrauen, das sie inmich setzte, beflügelte mich so sehr, dass ich anfangsalles unternahm, um sie nicht zu enttäuschen.

Als wir heirateten, war ich 27 Jahre alt. Gleichnach der Trauung ging’s auf den Fußballplatz. Vonnun an waren wir beide auf dem Rasen anzutref-fen. Bei allen Aktivitäten und Einsätzen des Verei-

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nes waren wir dabei. Es dauerte nicht lange, dahatten wir schon drei Kinder. Das war selbst für eineso ausgeglichene Frau wie Renate nicht ganz ein-fach wegzustecken. Sie hatte kaum noch Zeit fürdie gemeinsamen Aktivitäten auf dem Fußballfeldund blieb immer öfter mit den Kindern zu Hause.

Obwohl ich nun Vater von zwei Söhnen und ei-ner süßen Tochter war, tat dies der Treue zum Ver-ein keinen Abbruch. Lieber vernachlässigte ichmeine Familie, als dass ich eins von den Spielenausgelassen hätte. Während Renate zusehen muss-te, wie sie mit den Kindern zurecht kam, verbrach-te ich jede freie Minute mit den Fußballkollegen.

Den ganzen Tag war ich in der Arbeit und nachFeierabend rief mich das runde Leder. Das sehn-süchtige Rufen meiner Frau nach mehr Unterstüt-zung hörte ich nicht. Ich dachte, dass mein Einsatzund meine Kraft für den Verein ganz einfach uner-setzlich waren.

Dieser Umstand wirkte sich mit der Zeit auf un-sere Ehe katastrophal aus. Wäre ich mit derselbenLiebe und mit demselben Einsatz für meine Fami-lie da gewesen, dann wären meiner Frau viele Trä-nen erspart geblieben. Dabei hatte ich bei jedemStreit das Gefühl, nur Unverständnis zu ernten: »Jahat denn niemand eine Ahnung, was ich leiste? Dastrampelt man sich ab von der Früh bis zum spätenAbend, reißt sich ein Bein aus, in der Firma und fürden Verein und als Lohn gibt’s dann noch eins obendrauf! Ich kann’s einfach nicht glauben!«

Ich hatte meine guten Vorsätze vergessen. Nun,

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da ich eine Familie hatte, nahm ich mir keine Zeitmehr für sie. Alle anderen bekamen mich öfter zusehen als meine Frau. Renate litt unter meiner Zü-gellosigkeit dermaßen, dass sie schließlich alles vor-bereitete, um die Scheidung einzureichen.

Es greift jemand einBeinahe wäre unsere Ehe an meinem Lebensstilzerbrochen. Doch so weit sollte es nicht kommen.Es gab jemanden, der die Tränen meiner Frau zähl-te und ihr Herzeleid sah. Einer, der auch hinter ver-schlossene Türen sehen kann, und dieser jemandgriff ein.

Verzweifelt kämpfte sich Renate durch die trost-losen Tage ihrer Einsamkeit. Dabei stellte sie immerwieder die Sinnhaftigkeit ihres Lebens in Frage. Wiesoll das weitergehen? Woher komme ich eigentlichund wohin gehe ich? Zu diesem Zeitpunkt begannsie, zu Gott zu beten und in der Bibel zu lesen. Inihrer Not, die sie mit mir hatte, schrie sie immerwieder zu Gott um Hilfe. Und der erhörte sie tat-sächlich. Durch das Lesen in der Bibel lernte sieGott immer besser kennen. Außerdem gab es einpaar gute Bekannte, die waren Christen, mit de-nen konnte sie über Gott und die Bibel reden. Fürmich waren das alles nur Sektierer und frommeSchwätzer, mit denen ich absolut nichts zu tun ha-ben wollte. Ich war zwar auf dem Papier ein Christ,aber der christliche Glaube interessierte mich nichtdie Bohne.

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Es geschehen noch Wunder

Das änderte sich jedoch, als meine Frau mir zuverstehen gab, wie wichtig für sie das Leben mit Gottgeworden war. Bei unseren Nachbarn trafen sicheinmal in der Woche ein paar Leute, die gemein-sam in der Bibel lasen. Meine Frau wollte dort eben-falls hingehen. Sie fragte mich, ob ich mitkommenwürde. Mehr hat es nun wirklich nicht mehr ge-braucht. »Niemals!«, schrie ich sie an, »von uns gehtda keiner hin!« Renate war jedoch fest entschlos-sen, an diesem Abend zu der Bibelrunde zu gehen,mit mir oder ohne mich. Das brachte mich zur Weiß-glut. »Hast du nicht gehört, wir gehen da nicht hin!«,schrie ich sie an. Mein Gebrüll hatte noch selten sei-ne Wirkung verfehlt. Ich war außer mir, rannte inmeinem Zorn mehrmals in den ersten Stock undwieder herunter. Wie ein Besessener schäumte ichvor Wut und versprühte Gift und Galle.

Meine Frau schüttelte es vor lauter Weinkrämp-fen. Unter Tränen verließ sie das Haus, um in dieBibelstunde bei unseren Nachbarn zu gehen. Ichlief ihr nach, um sie aufzuhalten. Was ich nun un-ter heftigem Weinen von ihr zu hören bekam, mach-te mich sprachlos. Schluchzend und mit zitternderStimme sagte sie: »Schatz, ich kann nicht anders,ich muss da hin gehen!« Das konnte ich einfachnicht glauben, was ich da hörte. Ich war einemHerzinfarkt nahe vor lauter Rasen und Schreienund das war ihre Antwort!? Ich erkannte meineFrau nicht wieder. Ich hatte sie mit meinen Wutan-fällen doch noch jedes Mal gefügig gemacht. Wo-her hatte sie jetzt bloß die Kraft, mir so etwas ins

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Karl Weißenböck

Gesicht zu sagen? Hatte mein ganzes Lärmen dennüberhaupt keine Wirkung mehr? Ich war so ver-blüfft, dass ich zu ihr sagte: »Warte, ich komm’ mit!«

Ich wunderte mich selbst darüber, was ich dagesagt hatte. Es war, als hätte diese Antwort einanderer gegeben. Mit gemischten Gefühlen betratich gemeinsam mit Renate an jenem Abend dasWohnzimmer der Nachbarn. Merkwürdig genug,dass ich mich dort sehr wohl fühlte. Es wurde ausdem Evangelium von Johannes gelesen und ichhörte einige interessante Aussagen über Jesus Chris-tus, die mich zum Nachdenken brachten. Früherbezeichnete ich die Bibel ätzend als Mickymaus-Heftchen, etwas, das man nicht ernst nehmen soll-te. Doch jetzt las ich selber zum ersten Mal darinund merkte, dass es sich bei diesem Buch um mehrhandeln musste, als nur um einen schlechten Witz.

Von diesem Tag an besuchten wir den Bibelkreisjede Woche. Dabei beobachtete ich das Leben die-ser Christen sehr genau. Es erstaunte mich, wie siesich in allen Bereichen unbeirrt auf Christus verlie-ßen und welche Freude ihr Leben ausstrahlte. Nochnie zuvor war ich Menschen begegnet, die mit sol-cher Begeisterung in der Bibel lasen. Das motivier-te mich ebenfalls, dieses Buch in die Hand zu neh-men, um den Gott näher kennen zu lernen, dermeine Frau so stark machte und diese Menschenso glücklich.

Was ich dann allerdings in der Bibel fand, begeis-terte mich vorerst weniger. Einmal las ich nach ei-ner durchzechten Nacht einen Vers aus dem

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3 Brief an die Epheser 5, Vers 184 Brief an die Epheser 6, Vers 45 Brief an die Epheser 5, Vers 25

Es geschehen noch Wunder

Epheserbrief: Betrinkt euch nicht, denn das führt nurzu einem unordentlichen Lebenswandel.3 Ein anderesMal las ich: Ihr Väter reizt eure Kinder nicht zum Zorn,4

nachdem ich mit meinen Kindern in ungerechtfer-tigter Weise geschrien hatte. Oder: Ihr Männer, liebteure Frauen5 … nachdem ich wieder einmal meinenJähzorn an meiner Frau ausgelassen hatte. Daswaren sehr unbequeme Aussagen, die mein Gewis-sen nicht gerade beruhigten. Es war wirklich nichteinfach, mit mir zusammenzuleben. Renate litt sehrunter meinen unkontrollierbaren Zornausbrüchen.Doch ihr Vertrauen zu Jesus Christus machte sie sostark, dass sie mich nicht nur ertrug, sondern mirsogar noch Liebe entgegenbrachte.

Durch das Lesen in der Bibel wurde mir erst be-wusst, was für ein schlechter Mensch ich eigent-lich war. Es war immerhin ein Fortschritt, dass ichdas jetzt einsah, weil ich früher die Schuld stets beianderen gesucht hatte. Aber ich konnte aus meinerHaut nicht heraus. Immer wieder bemühte ichmich, ein besserer Mensch zu werden. Ich weißnicht mehr, wie oft ich meiner Frau versprach, michzu ändern. Versöhnung – Streit, Versöhnung –Streit. »Nie wieder werde ich es tun!« – Es warenlauter leere Versprechungen. Es fehlte mir einfachdie Kraft, mit dem Trinken aufzuhören oder michim Zorn zu beherrschen. Meine Anstrengungen

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6 Matthäus 11, Vers 28

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waren umsonst und es schien mir, als hätte ich einetonnenschwere Last auf meinen Schultern liegen.

Wieder einmal nahm ich die Bibel zur Hand undbegann darin zu lesen. Dabei kam ich zu einemAbschnitt, wo Jesus seinen Zuhörern zurief: Kommther zu mir alle, die ihr deprimiert und mit Lasten bela-den seid und ich werde euch Ruhe geben.6 Ich konntekaum glauben, was ich da eben gelesen hatte. Konn-te das wirklich stimmen? Durfte auch ich zu JesusChristus kommen? Konnte auch ich meine Last beiihm abladen? Würde er auch mir Ruhe geben?Kann dieser Jesus wirklich helfen?

»Wenn das stimmt, Herr, dann möchte ich mitdir leben.« Zum ersten Mal in meinem Leben hörteich mich so beten, beinahe schämte ich mich vormir selbst. Ich sagte zu Jesus: »Herr, wenn das wahrist, was du hier sagst, dann möchte ich in Zukunftmein Leben mit dir leben, aber du bist verantwort-lich dafür, dass es auch gut geht!« Ich dachte mir:»Wir werden ja sehen …«

Was dann passierte, hätte ich mir in meinen wil-desten Träumen nicht vorzustellen gewagt. Ich hat-te gerade den Herrn darum gebeten, mir alle meineZornausbrüche, Trinkgelage, Lieblosigkeiten undLügen zu vergeben. Ja, ich bat ihn darum, mir dochalles zu vergeben, was ich in meinem Leben falschgemacht hatte und das war eine ganze Menge.

Kaum hatte ich dieses Gebet gesprochen, da wares mir, als hätte ich gerade die Hälfte meines Kör-

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pergewichts verloren. Die ganze Last war fort, wieweggeblasen. Friede überflutete mein Herz wie einStrom. Noch nie zuvor erlebte ich die GegenwartGottes, wie in diesem Augenblick. Es war mir, alshätte der Himmel seine Schleusen geöffnet, um sei-nen Segen über mir auszugießen. Tränen der Freu-de und Erleichterung rannen über meine Wangen.In diesem Augenblick wusste ich, dass mir der Herrvergeben hatte!

Worte würden unter der Last zusammenbrechen,müssten sie beschreiben, wie glücklich ich war. DerFriede Gottes, der allen Verstand übersteigt, brach-te mein Herz zum Überfließen. Kommt her zu mir,alle die ihr depressiv und beladen seid und ich wer-de euch Ruhe geben … ich wusste jetzt, wie vielWahrheit in diesen Worten liegt. Die Veränderung,die ich so lange vergeblich durch eigene Anstren-gung hervorbringen wollte, war nun eingetroffen.Die Last meiner Schuld war weg. Ich hatte Ruhegefunden. Und dass es sich dabei um keine gefühls-mäßige Einbildung gehandelt hat, sollte die Zukunftbeweisen.

Es geschehen noch WunderDraußen war es kalt und ungemütlich, ein richti-ger Novembertag. Aber in meinem Herzen brann-te ein Feuer, von Gott selbst angezündet. Jetzt warich selber so ein religiöser Spinner, der immer nurvon Jesus reden wollte. Aber nun war mir klar, wie-so. Wer diesem Jesus einmal begegnet ist, der kann

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nicht länger schweigen, so geht es nun auch mir.Wessen Herz voll ist, dem geht der Mund über unddas ist bis heute so geblieben, weil mich die Aus-wirkungen dieser Begegnung mit Jesus für meinLeben so begeistern.

Inzwischen sind beinahe zehn Jahre vergangen,seit ich Jesus Christus gebeten habe, in mein Lebenzu kommen. Nicht einen einzigen Tag davon be-reue ich. Meine Entscheidung von damals hat sichals gut und richtig erwiesen. In diesen Jahren habeich durch das Vertrauen auf Jesus Wunder Gottesgesehen und selber miterlebt. Durch seine Kraft undHilfe konnte ich von einem Tag auf den anderendas Rauchen aufgeben, ohne auch nur einen einzi-gen Tag unter Entzugserscheinungen gelitten zuhaben. Auch von dem Laster des Trinkens befreitemich der Herr. Die langen Stammtischnächte ge-hören ein für allemal der Vergangenheit an. DemHerrn sei Dank, ich habe etwas weit Besseres ge-funden. Endlich habe ich Heimat gefunden.

Auch unsere Ehe hat der Herr in all den Jahrengeheilt. Früher bin ich immer vor den Problemendavongelaufen und habe sie einfach hinunterge-spült, jedoch nur, um sie bei nächster Gelegenheitwieder auszuspeien. Heute kann ich mit Renate inRuhe über alles reden und anschließend tragen wirunsere Meinungsverschiedenheiten vor unserengemeinsamen Herrn. Ich kann wirklich sagen, dassder Herr Jesus uns geholfen hat, Harmonie undechte Liebe in unseren Ehealltag zu bringen. Dafürwerde ich ihm in alle Ewigkeit dankbar sein.

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Musste Renate früher die ganze Verantwortungfür die Familie alleine tragen, so tragen wir sie heu-te gemeinsam. Als Jesus in mein Leben kam, öffne-te er mir die Augen, indem er mir zeigte, wie sehrich meine Frau mit allem im Stich gelassen habe.Ich schäme mich sehr für all die Lieblosigkeiten, dieich ihr angetan habe. Viele Entschuldigungen mei-nerseits waren notwendig. Man kann sich vorstel-len, dass mir das nicht leicht gefallen ist, aber dafürwar es sehr heilsam.

Je mehr ich das Wort Gottes lese, umso freierwerde ich. Ich bin heute noch davon begeistert,welche Lebenshilfen ich in diesem einzigartigenBuch finde. Wenn ich darin lese, so ist es, als ob ichin den Spiegel schauen würde. Der Herr zeigt mir,was gut ist in meinem Leben und was er an mirnoch verändern möchte. Dadurch kam und kommtimmer noch Ordnung und Beständigkeit in meinLeben. Das hat sich auch auf meine Arbeitsmoralsehr positiv ausgewirkt. Ich bin jetzt bereits seitzwanzig Jahren als Kraftfahrer einer Getränkefir-ma unterwegs.

Auch hier erlebe ich im Alltag die Hilfe des Herrn.Manchmal in bescheidener, aber dennoch beein-druckender Weise. An einem Nachmittag, ich wargerade mit meiner Tour fertig und befand mich mitdem LKW von Saalbach kommend, auf dem Heim-weg. Diese Strecke ist sehr kurvenreich und da ichdie Bier- und Limokisten irgendwie schlecht gesta-pelt hatte, verlor ich in einer scharfen Rechtskurveeinen Teil meiner Ladung. Mit einem ohrenbetäu-

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Karl Weißenböck

benden Knall zerbarsten Hunderte leerer Flaschenauf der Fahrbahn. Der Schrecken fuhr mir durchdie Glieder. Gott sei Dank, es war gerade kein Ge-genverkehr auf der ansonsten stark befahrenenStraße.

Doch nun war guter Rat gefragt, denn weit undbreit ist kein Haus zu finden, wo man sich Schaufelund Besen besorgen könnte. Sofort schickte ich einStoßgebet zum Himmel. Die Straße war übersät mittausenden Scherben. Keine zwei Minuten späterkommen mir zwei Autos von der Straßenmeistereientgegen. Ja wo gibt’s denn so was, jetzt hatte ichnicht nur Schaufel und Besen, sondern auch nochein paar Männer, die mir halfen, die Straße wiederzu reinigen. Man spricht so schnell von Zufällen,aber ich weiß heute, dass es bei Gott keine Zufällegibt. Wieder einmal hatte er mir geholfen.

Ja, Gott ist eine Realität, ist Tatsache und fixerBestandteil geworden in meinem Leben. Ich erfah-re ihn jeden Tag aufs Neue und kann ihn dafür nurloben und preisen. Suchte ich früher Geborgenheitund Ruhe, so kann ich heute sagen, dass ich sie inJesus Christus gefunden habe. Manchmal denke ichnoch an meinen fürchterlichen Spruch »Gott is wiaa Bierfassl …« und es freut mich gewaltig, dass Je-sus Christus mir gezeigt hat, wie er wirklich ist.

Karl WeißenböckLackenschlößl 10

A-5760 Saalfelden

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Eva Fellinger

Auf Händengetragen

W as sich jede Frau wünscht – ich werde täglichauf Händen getragen! Was sich aber keine

Frau, eigentlich überhaupt niemand wünscht – ichhabe spinale Muskelatrophie1 und kann weder ste-hen noch einen Schritt gehen. Wie man mich hin-setzt, so bleibe ich sitzen, wie man mich ins Bettlegt, so liege ich die ganze Nacht. Selbst beim Es-sen bin ich auf Hilfe angewiesen – man muss allesmundgerecht zerkleinern und mir die Gabel in dieHand geben. Ein Glas Wasser kann ich mir nichtselber nehmen, ich bin dazu zu schwach und gibtman mir das Glas nicht richtig in die Hand, fällt eszu Boden. Ich kann mich weder selber waschennoch alleine auf die Toilette gehen.

Kann man so ein Leben überhaupt leben? Wie

1 Unter dem Begriff »Spinale Muskelatrophien« (SMA) wirdeine Gruppe von Krankheiten zusammengefasst, denen einfortschreitender krankhafter Prozess im für den Bewegungs-apparat zuständigen Bereich des Rückenmarks (spinal) ge-meinsam ist. Hierdurch kommt es zum Muskelschwund(Atrophie) und zur Muskelschwäche.

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Eva Fellinger

kann man das nur aushalten, wenn man ein Lebenlang auf andere angewiesen ist? Und vor allem: Waswird die Zukunft bringen, wenn die Krankheitweiter fortschreitet? Hat MEIN Leben einen Sinn? Die-se und ähnliche Fragen haben mich von Jugend anbegleitet. Doch fangen wir von vorne an.

Eine Kindheit im RollstuhlIch wurde 1958 als drittes von sechs Kindern inAschach an der Steyr geboren, einem kleinen Ortin Oberösterreich. Außer mir haben noch zwei Brü-der die gleiche Krankheit. Meine Eltern erfuhrendiesbezüglich viel Unverständnis. Damals gab esauch noch nicht so viele Hilfen für behinderte Men-schen und die Leute im Ort mussten auch erst ler-nen, wie man uns begegnen soll.

Aber die Liebe von Mama und Papa, ihre Für-sorge, ihr Tragen und ihre Geborgenheit gaben mirtrotz meiner Krankheit eine wirklich schöne undfrohe Kindheit. Wofür ich heute meiner Mama be-sonders dankbar bin, ist die normale Erziehung, diesie mir und den Geschwistern gab. So wurden wirwegen unserer Behinderung weder besonders ver-wöhnt, aber auch nicht lieblos oder grob behandelt.Dies ermöglichte bei uns eine normale Entwicklungder Persönlichkeit. Ich konnte zwar nicht überallmitmachen, aber in meinen Träumen konnte ichrichtig gehen und laufen und mit Geschwistern undNachbarskindern herumtoben.

Als ich in die Schule kam, sind viele Fragen auf-

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Auf Händen getragen

getaucht – werde ich bei der Muskelschwäche mei-ner Hände Schreiben lernen können? Werde ichmeine Rechenaufgaben machen können? Werde ichwie andere Kinder Zeichnen und Malen können?In dieser Zeit haben meine Eltern Unglaublichesgeleistet. Ich musste in der Früh in die Schule ge-bracht werden, wurde zu Mittag abgeholt, bekammein Mittagessen, wurde auf die Toilette gesetzt,zum Nachmittagsunterricht in die Schule zurückgebracht und später wieder abgeholt. Diese An-strengung hielten meine Eltern tagtäglich, bei je-dem Wetter, acht Jahre lang durch!

Bis zur vierten Klasse habe ich die Schulzeit ei-gentlich in recht guter Erinnerung. Ich ging sehrgerne in die Schule. Deshalb war es umso frustrie-render, dass ich anschließend nicht aufs Gymnasi-um konnte. Eigene Fahrdienste, Integrationsklas-sen etc. gab es damals noch nicht. So saß ich dieweiteren vier Jahre in der Volksschuloberstufe ab.Obwohl das jetzt so negativ klingt und auch irgend-wie war, bin ich meinem Klassenlehrer doch für allseine Mühe dankbar. Der Umstand, dass mir dasGymnasium verschlossen blieb, ließ in mir aber imLaufe der Zeit das Gefühl entstehen, dass ich auchgeistig minderwertig bin. Es geht vielleicht vielenkörperlich behinderten Menschen so, dass sie auchgeistig nicht für voll genommen werden. Dasschmerzt. Besonders in der Jugend empfand ich dasso. Dieses Gefühl von Minderwertigkeit und Nutz-losigkeit verstärkte sich nach dem Schulabschlussnoch.

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Eva Fellinger

Was soll aus mir werden, was kann ich denn tun?In der Berufsberatung wurde mir der Vorschlag ge-macht, dass ich in Wien eine spezielle Handelsschu-le für körperbehinderte Menschen besuchen könn-te. Doch das hätte die totale Entwurzelung für michbedeutet (mit der Aussicht, nachher höchstwahr-scheinlich trotzdem keinen Arbeitsplatz zu bekom-men).

Gemeinsam mit meinen Eltern traf ich die Ent-scheidung, bei ihnen zu bleiben. Einerseits ist dasein großes Vorrecht – meine Eltern tragen mich tag-täglich mit aller Liebe und Fürsorge buchstäblichdurchs Leben – aber andererseits habe ich dadurchauch kein eigenes Einkommen. Dazu kommt, dassdie Bestätigung wegfällt, etwas zu können. Übrigbleibt ein Gefühl der Minderwertigkeit, der Ohn-macht, Abhängigkeit und Nutzlosigkeit.

Wie jeder andere junge Mensch sehnte ich michnach Freundschaften, Beziehungen und einer eige-nen Familie. Meine Körperbehinderung nahm mei-ne Gefühle und Sehnsüchte nicht weg, sondernsperrte sie ein. Dass ich nie eine eigene Familie ha-ben werde, wurde mir schon recht bald klar, aberdas löschte meine Sehnsucht nach Geborgenheitund Liebe nicht aus. Es war mir damals unmöglich,mit dieser Diskrepanz umzugehen und es fällt mirbis heute nicht leicht. Für jemanden, der Gefühlemit seinem Körper zum Ausdruck bringen kann,ist diese Aussage vielleicht schwer zu verstehen –für mich ist das aber der schwierigste Bereich mei-nes Lebens.

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2 österreichischer Ausdruck für feiern, Feste begehen, ausgehen3 kleiner, unscheinbarer Ort in Oberösterreich mit berüchtig-

tem Hallenfest

Auf Händen getragen

Ein paar Tropfen LebensfreudeFrüher überspielte ich das, indem ich die Maske deslustigen Clowns aufsetze. Nach außen hin war ichcool – würde man heute sagen. Ich war für jedeGaudi zu haben und in meiner Nähe war es lustig.Wie es in meinem Inneren aussah, wusste keiner.Ich baute mir eine dicke Schutzmauer der oberfläch-lichen Spaßmacherei auf. Vielleicht soll ich hier sa-gen, dass ich vom Naturell her eher ein humorvol-ler und fröhlicher Mensch bin. Deshalb passte mirnicht die Rolle des Mauerblümchens oder des grol-lenden Griesgrams, sondern eben die des lustigenSpaßvogels am besten.

Dass man mit mir Pferde stehlen kann, sprachsich schnell herum (nur mit dem Davonlaufen gibtes Probleme). Ein voller Erfolg wurde es, mich aufBälle und Tanzveranstaltungen mitzunehmen. Mitder Zeit bildete sich eine eingefleischte Truppe, diekeine Gelegenheit zum »Lumpen«2 ausließ. Stell-vertretend für die vielen Wochenenden möchte ichnur eines erwähnen. Bei der eher ausgeprägtenLumperei in Weibern3 kamen wir von Samstag bisDienstag mit nur zwei Stunden Schlaf aus. Mit vie-len – durch Alkohol verursachten – Dummheitenfeierten wir ausgiebig die Existenz der großen Hal-le und der dortigen Freiwilligen Feuerwehr.

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Mein Leben war damals auf das jeweils kommen-de Wochenende beschränkt. Ich versuchte, den All-tagstrott so gut wie möglich zu überstehen, um für»das wirkliche Leben« am Wochenende genügendKraft zu haben. Ich weiß, das klingt nach einer sehreingeschränkten Sichtweise, aber so habe ich da-mals eben die Dinge gesehen. Nur an den Wochen-endlumpereien stellte sich ein bisschen das Gefühlvon Freiheit ein. Mein Leben kam mir vor wie eineausgepresste Zitrone und ich versuchte, ein paarTropfen Lebensfreude herauszuquetschen – eine Al-ternative schien es nicht zu geben!

Diese Sehnsucht nach Leben und Freiheit spie-gelte sich auch in meinem Fernweh wider. Anfäng-lich war es mehr das Verlangen, dem Alltag zu ent-kommen. Später kam die Freude am Entdeckendazu. Nur, das Ganze war wieder eine Sackgasse.Mit meiner Behinderung ist Reisen wegen all derKomplikationen fast ein Ding der Unmöglichkeit.So habe ich, um irgendwie mit dieser Frustrationzurecht zu kommen, meine Reiselust »abgedreht«.

Bei meiner Suche nach dem Leben tat sich einesTages ein ganz neuer Aspekt auf. Ab und zu besuch-te mich Leo. Ich kannte ihn seit meiner Zeit in derkatholischen Jugend. Plötzlich fing er bei seinenBesuchen an, von Gott zu reden, ihm war das da-mals wichtig geworden. Am Anfang verstand ichnicht viel und hatte an diesem Thema wenig Inter-esse. Was die Liebe Gottes betraf, hatte ich meineZweifel. Nicht, dass ich Existenz und Liebe Gottesgrundsätzlich in Frage gestellt hätte, ich sah nur

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nicht, dass diese Liebe mir gelten könnte – allessprach dagegen! Ich kann verstehen, wenn Men-schen mit einer Behinderung oder nach einemschweren Schicksalsschlag mit Bitterkeit reagieren.

Gelebte LiebeEines Tages lud mich Leo in eine »Bibelrunde« ein.In meinem Kopf begann es zu arbeiten. Ich warneugierig, was an dieser Bibelrunde dran war, dassLeo so begeistert davon war. Aber gleichzeitig stie-gen mindestens ein Dutzend Ängste auf: Werdenmich diese Leute akzeptieren? Werde ich, Eva Un-wichtig, dort dazu passen, wo doch einige angese-hene Persönlichkeiten unseres Ortes teilnahmen?Werde ich etwas gefragt werden, das ich nicht ver-stehe? Werde ich keine Antwort wissen und dummdastehen? Wird da jemand sein, der mir das Glasrichtig in die Hand gibt, wenn etwas zu trinken an-geboten wird? Wenn mir ein Glas aus der Hand ge-fallen wäre, hätte ich mich so geschämt, dass auchdas Unternehmen Bibelrunde in eine Sackgassegemündet wäre. Vor dieser weiteren Enttäuschungfürchtete ich mich.

Schließlich ging ich doch mit und es hat mir sogefallen, dass ich wieder hingehen wollte. Nur dieUmstände wollten das nicht (wer auch immer da-hinter gestanden haben mag), denn die darauffol-genden Wochen regnete es jedesmal am Abend derBibelrunde. Wenn mich jemand im strömendenRegen vom Auto zum Haus und später in die an-

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dere Richtung trägt, werden wir beide ordentlichnass. Leo fand mit der Zeit aber eine Lösung fürdieses Problem. Als Leo wieder an seinen Studien-ort musste, übernahmen meinen Transport einigeLeute aus dem Bibelkreis. Das hat zu mir genausotief gesprochen, wie das, was ich dort hörte.

Ich fühlte mich so angenommen, wie ich bin.Zum ersten Mal musste ich keine Maske tragen, umAnerkennung zu finden. Erleichtert war ich auch,als ich merkte, dass man in Bezug auf meine Betei-ligung (eigentlich Nichtbeteiligung) an den Diskus-sionen keinen Druck ausübte. Ungefähr ein Jahrlang blieb ich in der Bibelrunde ein stiller Zuhörer.Ich wagte es einfach nicht, meine Meinung mitzu-teilen. Noch heute bin ich den Freunden – denndas sind sie inzwischen geworden – für ihre Ge-duld und Nachsicht dankbar. Wenn ich in diesersensiblen Zeit von irgendjemandem auf Ablehnunggestoßen wäre, hätte ich mich einmal mehr ent-täuscht und frustriert verabschiedet. Die gelebteLiebe Gottes hat deutlicher zu mir gesprochen alsalle Worte, die ich gehört habe.

Ich muss aber erwähnen, dass mich damals auchdie Botschaft der Bibel immer mehr interessierte.Ich begann in den Psalmen zu lesen und erinneremich noch gut, dass ich mich total verstanden fühl-te. Nicht nur von David und den anderen Psalm-schreibern, sondern von Gott, dem eigentlichenAutor der Bibel.

Aber noch jemand schien mich zu verstehen.Hermann, der Leiter der Bibelrunde, kümmerte sich

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4 Johannes 15, Vers 13

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recht bald sehr liebevoll und sensibel um mich. Erwar einer der wenigen Menschen, der verstand,dass ich in Bezug auf mein Gefühlsleben besonderszu kämpfen habe. Seine Worte: »Du kannst michjederzeit anrufen, selbst wenn es Mitternacht seinsollte«, waren mir sehr wichtig. Durch ihn, wie auchdurch die anderen, erlebte ich die Liebe Gottes prak-tisch. Das ließ mich auch für die Botschaft der Lie-be Gottes empfänglich werden. Ich sah, dass Liebebei meinen Freunden keine fromme Phrase, son-dern gelebte Realität war.

Täglich Weihnachten und OsternDamals wurde mir immer klarer, dass Gott an mei-nem Leben Anteil nehmen möchte, weil er michliebt. Ich erlebte diese Liebe durch meine Freunde,aber mehr noch durch Jesus Christus. Jesus sagteeinmal: »Größere Liebe hat niemand als diese, dass je-mand sein Leben lässt für seine Freunde.«4 Wie oft hör-te ich am Sonntag oder bei anderen Gelegenheiten,dass Gott Mensch geworden und dass er für michgestorben ist. Bisher hatte ich wirklich wenig da-von verstanden! Nun wurde es mir völlig klar – Gottliebt mich (mich ganz persönlich).

Für jemand anderen mag das vielleicht kitschigklingen. Ich aber hatte mich wegen der Behinde-rung mein ganzes Leben lang für eine Person ge-halten, die nichts Liebenswertes an sich hat. Als mir

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5 Johannes 3, Vers 166 1. Brief an die Korinther 13, Verse 4-7

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bewusst wurde, dass Gott mich liebt, glich das demEinschlag einer Bombe. Gott liebt MICH!!! »Denn sosehr hat Gott die Welt (mich eingeschlossen) geliebt, dasser seinen einzigartigen Sohn gab, auf dass jeder, der anihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Lebenhabe«5 wurde zum Evangelium, zu einer FrohenBotschaft für mich. Eine nichtssagende religiöseFloskel wurde zum Reden Gottes an und für mich.Man könnte auch sagen, ich verstand auf einmal dieBedeutung von Weihnachten (Gott wurde Mensch)und Ostern (und hat dort am Kreuz für mich dieErrettung vollbracht, die Grundlage meiner Bezie-hung zu Gott). Beides zusammen ist ein Beweis sei-ner Liebe zu mir. Ich bin ihm wichtig – so wie ichbin. Er möchte mein Leben in der Hand haben, ermöchte mich durchs Leben tragen – und dieses Bildhabe ich zutiefst verstanden! Er meint es gut mit mir.Er liebt mich. Liebe kann nicht belügen, betrügenund fallen lassen! Die Liebe sucht, bis sie findet, siehebt auf und trägt6 ; und so ist es mir gegangen.

In diesen Worten hörte ich, wie Gott zu mir re-det. Durch das Reden in seinem Wort sah ich, wiegroß seine Liebe zu mir war. Das forderte mich her-aus, über meine Liebe zu ihm nachzudenken. Esging dabei nicht um ein theologisches Problem, son-dern um mein ganz persönliches Ja zu einer Bezie-hung zu Gott. Es ging darum, ihm ganz zu vertrau-en, seine Einladung anzunehmen. Jesus Christus

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7 Matthäus 11, Vers 288 Die Bibel sagt, dass Gott Krankheit, Leiden und Tod nicht als

Teil seiner vollkommenen Schöpfung gewollt und gemacht

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spricht diese Einladung unter anderem in der fol-genden Bibelstelle aus: Kommt her zu mir alle, di e ihrdeprimiert und mit Lasten beladen seid, und ich werdeeuch Ruhe geben.7 Als ich das las, war die Entschei-dung bereits gefallen. Ich konnte nichts verlieren,aber alles gewinnen. Ich wollte mit Gott leben, dermir seine Liebe durch Jesus Christus mehr als be-wiesen hat. Ich ließ mich in seine Hände fallen. Mitdiesen Worten möchte ich beschreiben, was kalteFormulierungen von Theologen nicht ausdrückenkönnen: »Bekehrung« und »Glauben« wirklich per-sönlich zu erleben.

Diese reale Beziehung mit Gott wurde zur Grund-lage meines Lebens. In der Folge wurde auch meinInneres heil. Früher hatte die körperliche Behinde-rung begonnen, meine Seele langsam aufzufressen,denn letztlich hatte ich mich und meine Behinde-rung nie annehmen können. Die Geborgenheit inGott und das Wissen, dass Gott mich liebt, dass ermich so angenommen hat, wie ich bin, haben mei-ner verwundeten Seele langsam zur Heilung verhol-fen, auch wenn es nicht immer einfach war.

Einige Verse aus dem Alten Testament, die Got-tes Allmacht, seine Liebe und seine Weisheit in Be-zug auf mein Werden zum Ausdruck bringen, wur-den mir hier besonders wichtig. Sie zeigten mir, dassGott mich so gewollt hat, wie ich bin.8

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hat. Diese Dinge sind eine Folge des »Sündenfalls«. Wir se-hen aber in der Heiligen Schrift auch, dass alles durch Got-tes zulassenden Willen und seine liebende Hand gehen muss.Zum Schluss wird Gott das Problem der Ungerechtigkeit unddes Leides völlig gelöst haben – auch wenn es hier und jetztnicht danach aussieht und unverständlich bleibt.

9 Psalm 139, Verse 13-18

Eva Fellinger

»Denn du bildetest meine Nieren;du wobst mich in meiner Mutter Leib.Ich preise dich darüber, dass ich auf eine erstaunliche,ausgezeichnete Weise gemacht bin.Wunderbar sind deine Werkeund meine Seele weiß es sehr wohl.Nicht verhohlen war mein Gebein vor dir,als ich gemacht wurde im Verborgenen,gewirkt wie ein Stickwerkin den untersten Örtern der Erde.Meinen Keim sahen deine Augenund in dein Buch waren sie alle eingeschrieben;während vieler Tage wurden sie gebildet,als nicht eines von ihnen war.Und wie köstlich sind mir deine Gedanken, o Gott!Wie gewaltig sind ihre Summen!Wollte ich sie zählen, ihrer sind mehr als des Sandes.Ich erwache und bin noch bei dir.«9

Langsam durfte ich lernen, mich samt meiner Be-hinderung anzunehmen. Wobei ich hier sagenmöchte, dass das Ganze einerseits mit dem einma-ligen »zur Ruhe kommen in Gott« zu tun hat, aberandererseits ein täglicher Kampf ist und ein bestän-

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diger Lernprozess. Es ist eine tägliche praktischeVerwirklichung meines Glaubens in die Güte undTreue Gottes.

Ist Lachen noch erlaubt?Durch diesen Prozess der Heilung wurde zwarmein Verhalten, nicht aber mein Wesen verändert.Ich bin ja von meinem Naturell her ein eher lusti-ger Mensch, mit einer gesunden Portion Humor.Früher konnte ich diesen Humor aber nur mit Hil-fe der Maske des »Kasperls«, des »immerlustigenClowns« zum Ausdruck bringen. Ob mir danachzumute war oder nicht. Die Maske war mein Schutzvor Verletzungen. Es tat wohl zu bemerken, dassich diese Maske ablegen und mich so zeigen kann,wie ich bin. Meine heitere Natur konnte sich jetzterst richtig entfalten.

Interessant ist da vielleicht, wie sich mein »Drangnach außen« entwickelte. Das »Lumpen« und diedamit verbundene künstliche Gaudi, diese Fluchtaus der Realität, bedeutet mir nichts mehr. Ich habenun etwas Besseres, etwas Echtes.

Unbedingt muss ich aber betonen, dass mir Be-ziehungen zu Freunden noch genauso wichtig ge-blieben sind. Ich schwebe nicht, setze mich gegendie Montage eines kleinen goldenen Tellers hintermeinem Kopf erfolgreich zur Wehr und lasse michmit dem Rollstuhl in keine fromme, weltfremdeEcke abschieben.

Einige meiner Freunde haben ja tatsächlich ge-

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Eva Fellinger

meint, dass ich als Christ nicht mehr lachen dürfe,den Kopf so besonders »heilig« (=schief!) haltenmüsse und auf gar keinen Fall mehr ein AchterlWein genießen könne. Es macht mir richtig Spaß,falsche Vorurteile über das Christsein durch mei-nen Humor, meinen Lacher und auch manchmaleinem Achterl zu korrigieren. Fragen wie »Eva, dulachst – darfst denn des überhaupt noch?«, habensolche Heiterkeitsausbrüche zur Folge, dass es michvor Lachen schüttelt.

Schmunzeln muss ich auch, wenn ich daran den-ke, wie viel Verständnis Gott für meine Reiselustzeigte. Wie schon gesagt, ist Reisen in meinem Fallwegen all der »kleinen« Komplikationen eigentlichein Ding der Unmöglichkeit. Hotelstiegen und Stu-fen bei Bussen sind Hindernisse, die allein mit Hil-fe der Person, die meinen Rollstuhl schiebt, nichtüberwunden werden können, WCs und Bädermüssen groß genug für zwei Personen und einenRollstuhl sein …

Aber bei Gott sind alle Dinge möglich. Im Laufeder letzten Jahre bereiste ich inzwischen Frankreich,Ungarn, Griechenland und Schweden. Zweimalwar ich in Israel und vor wenigen Wochen in Na-mibia! Für jemanden, der nicht körperbehindert ist,ist das vielleicht etwas ganz Banales. Für mich aberwar dieses Vorhaben ein gewaltiges Abenteuer(… und ich liebe Abenteuer!), eine schier unmögli-che Herausforderung. Ich könnte von jeder Reiseein Buch schreiben. Bis auf das »Unternehmen Na-mibia« wurde ich bei allen Reisen von den verschie-

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densten Leuten eingeladen oder mitgenommen.Außerdem war die praktisch erwiesene Liebe derLeute ein gewaltiger Beweis der Liebe Gottes. Wievieles andere in meinem Leben hatte ich Sehnsüch-te wie Fernweh ja einfach »abgedreht«, sonst wäredas Leben nicht zum Aushalten gewesen! Aber hiertat Gott einfach Wunder – ich kann das nicht an-ders bezeichnen. Damit zeigt er mir deutlich, wiegut er mich kennt und wie liebevoll er mich durchsLeben trägt.

Ein anderer Bereich, der mir die Nähe Gotteszeigt, ist die konkrete Erhörung von Gebeten. Ge-bet ist ja nicht das Heruntersagen von frommen,auswendig gelernten Redewendungen, die mitdem Leben nichts zu tun haben. Beten ist ganz ein-fach das Reden mit Gott. So durfte ich schon un-zählige Male erfahren, wie Gott als Antwort aufmeine leisen Gebete ganz konkret Menschen schick-te, um mir in irgendwelchen praktischen Bereichenzu helfen. Sei es nur, dass jemand zur richtigen Zeitan einem bestimmten Ort ist, um mich aus einemAuto oder Bus zu heben, oder um mich zusammenmit dem Rollstuhl über Stufen zu tragen. Übrigens,all die vorhin erwähnten Reisen sind jeweils diekonkrete Antwort auf ein Gebet gewesen!

Eine dieser Begebenheiten will ich hier erwäh-nen: Meine Freundin Anni nahm mich für einengemeinsamen Urlaub nach Griechenland mit. Wirwussten, dass vor allem die Bustransfers ihre Tü-cken für uns bereithalten würden. Also haben wirdiese »kleinen Details« Gott im Gebet hingelegt. Der

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erste Eindruck hatte keine Ähnlichkeit mit einerGebetserhörung. Anni kämpfte sich mit letzter Kraftmit Sack und Pack und Rollstuhl und mir zum war-tenden Bus durch. Die anderen Reiseteilnehmerwarteten schon missmutig. »Warum fliegt die über-haupt nach Griechenland – ist ja eine Zumutung!«,schienen ihre Mienen zu sagen. Auf einmal tauchtein Mann auf, wie aus dem Nichts. Er nimmt mich,als hätte er nie etwas anderes getan, setzt mich inden Bus und verschwindet. Solche Dinge passier-ten mir nicht nur einmal. Am meisten freut es michaber, wenn Menschen, für die ich bete, beginnen,sich mit der Bibel zu beschäftigen und zu einer le-bendigen Beziehung zu Gott finden.

Gott hilft auch in schweren ZeitenAm intensivsten erfuhr ich die Nähe und LiebeGottes in einer der schwierigsten Zeiten meinesLebens. Mein geliebter jüngerer Bruder kämpftegegen Krebs an und verlor. Martin und ich warennicht nur durch die Erfahrung der gleichen Krank-heit, sondern auch durch den gleichen Glauben anJesus Christus verbunden. Kein Mensch stand mirnäher. Im Jänner 1991 veranlasste der Hausarzt beiMartin eine Biopsie an einem Knoten im Unterarm.Der Befund war positiv – Martin hatte Muskelkrebs.Diese Diagnose löste in unserer Familie ein Erdbe-ben aus. Hatten wir nicht schon genug mitgemacht?In dieser Situation war es besonders Martin selber,der uns aufgebaut und getröstet hat. Es tat trotz-

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dem unsagbar weh, als wir zusehen mussten, wiedie Chemotherapie den ohnehin geschwächtenKörper Martins vollends kaputt machte. In dieserschwierigen Zeit erlebten sowohl Martin als auchich oft den Trost aber auch die Hilfe Gottes in un-beschreiblicher Weise.

Martin musste immer dann nach Wien in dasdarauf spezialisierte Krankenhaus zur Behandlunggebracht werden, wenn die Blutwerte nicht in Ord-nung waren oder wenn er Fieber bekam. In solchenZeiten haben Martin und ich zu Gott gerufen, ermöge doch eingreifen – und er griff ein. Die Blut-werte sind mehrmals (auf unerklärliche Weise) wie-der in den Normbereich gekommen. Zum Schlussaber musste wegen Martins schlechtem Gesamtzu-stand die Chemotherapie abgebrochen werden –der Kampf war verloren. Dennoch war Martin inden letzten Tagen voller Zuversicht und Hoffnungund ging als »Sieger« heim zu seinem geliebtenHerrn und Heiland. Gott hat nicht nur Martin, son-dern auch mich selbst schon lange auf diesen Tagdes Abschiednehmens vorbereitet. Es fehlen mir dieWorte, die innere Ruhe und den Frieden im Her-zen zu beschreiben. Gerade in dieser furchtbarenZeit trug Gott mich in besonderer Weise durch –anders kann ich das nicht sagen.

Wenn ich beim Schreiben dieser Zeilen an dieZeit mit Martin zurückdenke, fällt mir auf, wie aus-gefüllt und freudig Martin sein kurzes Leben ge-lebt hat. Besonders in der letzten Zeit wurde Mar-tin oft gebeten, über den Sinn des Lebens und das

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10 Dieser Bereich meines Glaubens mag jemandem, der Gottnoch nicht persönlich kennt, fremd, ja sogar äußerst schrägvorkommen. Für mich ist Gebet – das Reden mit Gott – undGottes Antworten auf meine Gebete eine sehr reale Erfah-rung im Leben. Wirklich verstehen kann das nur jemand,der sich selbst auf Gott einlässt.

Eva Fellinger

Problem des Leids zu sprechen, solange sein Kör-per die Strapazen mitmachen konnte. Gott hat esmittlerweile geschenkt, dass ich Martins Fußstap-fen folge. So durfte ich vor Jugendgruppen, Frau-enkreisen, Kinderstunden, christlichen Gemeindenund so manchen anderen Veranstaltungen übermein Leben und meinen Glauben reden. Weit we-niger spektakulär, aber mir nicht weniger lieb sinddie vielen Gelegenheiten, wo ich in persönlichenGesprächen und in vielen Briefen und Karten Men-schen Mut und Trost geben kann.

Nein, mein Leben ist nicht fad und nicht lebens-unwert. Im Gegenteil – meine Zeit ist ziemlich aus-gefüllt und manchmal habe ich einen richtigenStress. Ich weiß, das klingt etwas komisch aus demMund von jemandem, der den ganzen lieben Tag»nur herumsitzt«. Neben den Gesprächen und mei-ner Korrespondenz liegen mir noch die Girls ausdem christlichen Mädchenkreis, den ich seit eini-gen Jahren leite, am Herzen. Ein anderer Bereichmeiner »Lebensaufgabe« ist das Gebet10 für andereMenschen. Wenn ich von besonderen Nöten undSorgen oder von schwierigen Vorhaben höre, sobringe ich diese Dinge im Gebet vor unseren himm-lischen Vater – und aus vielfacher eigener Erfah-

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rung kann ich sagen, dass er Gebete hört und er-hört. Ich könnte hier stundenlang weitererzählen,wie Gott ganz konkret Gebete erhörte. Jede einzel-ne Antwort auf meine Gebete hat mein Vertrauenin meinen himmlischen Vater gestärkt.

Zum Schluss möchte ich Folgendes sagen: Wennich hier behaupte, dass Gott es gut mit mir meint,so ist das nicht die Wiedergabe von einer rein lehr-mäßigen Wahrheit, die ein Christ wissen und wei-tersagen muss. Vielmehr ist es die von mir täglicherlebte Realität. Natürlich wünsche ich mir, dassmöglichst viele Menschen diese Erfahrung auchmachen.

Eva FellingerHauptstraße 10

A-4421 Aschach/Steyer

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Hias Schreder

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Dreiundzwanzig Uhr dreißig. Startbereit stehe ich vor meinem Paragleiter auf der Weitscharte am

Gosaukamm. Ich muss mich beeilen, denn im RaumSalzburg steht eine pechschwarze Wolkenwandund Blitze zucken. Noch herrscht Windstille undich habe keine Bedenken. Dutzende Male bin ichschon bei Vollmond geflogen, habe dieses Gefühlder absoluten Freiheit ausgekostet.

Ich komme gut weg. Eine einzigartige Stimmungdringt auf mich ein: Über der Bischofsmütze stehtdie Kugel des Vollmondes, draußen am Untersbergzucken Blitze und auch der Donner ist schon zuhören. Lautlos schwebe ich in der ruhigen Atmo-sphäre dahin. Wie wunderbar hat Gott das Univer-sum geschaffen, wie schön ist dieses FleckchenErde, über das ich im Mondschein fliege! Staunenddenke ich über diesen Schöpfer nach.

Nun fliege ich über meinen Heimatort Annaberg.In einer halben Minute werde ich direkt vor derHaustür landen! Plötzlich klappt eine Hälfte mei-nes Schirms herunter – es wird doch nicht …? Tat-

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sächlich, der erste Windschwall ist da! Obwohl ichden Paragleiter gegen den Wind stelle, fliege ichrückwärts. Jetzt ist auch die Sicht weg! Die erstenWolken haben den Mond »gefressen«! Orientierunggibt es nur noch, wenn es blitzt. Gut, dass es oftblitzt. Nervös drehe ich in Windrichtung. BlankesEntsetzen packt mich, als ich ein unverkennbaresRauschen höre: Der Sturm ist da!

Der Wind packt mich. Ich schreie Stoßgebete indie Nacht. Es ist entsetzlich. Ich werde mit enor-mer Geschwindigkeit derartig in die Höhe gezogen,dass es mir vorkommt, als würde das Gurtzeug rei-ßen. Gleich darauf klappt der Schirm. Im nächstenAugenblick werde ich Richtung Wald hinunter ge-schleudert und im letzten Moment wieder geho-ben. Ständig schreie ich verzweifelt meine Gebete.Während des Blitzens sind die ersten Felder imNachbartal erkennbar. »Bitte, bitte, lass mich run-ter!«, flehe ich. Tatsächlich lande ich unverletzt ineiner Sumpfwiese. Ich knie im Dreck nieder unddanke meinem Gott für die unfassbare Rettung.

Daheim im Bett liege ich noch lange wach. Radi-kal bin ich heute vom hohen Roß katapultiert wor-den. Gott hat mir unmissverständlich gezeigt, werder Chef ist. Nicht ich, mit meiner Alpinerfahrung,sondern er. Wie ist es so weit gekommen? MeineGedanken gleiten zurück in die Kindheit.

Abenteuerliche KindheitMeine gute Mutter hat meine drei Geschwister und

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mich nach bestem Wissen und Gewissen erzogen.Als religiöse Frau war sie bemüht, aus uns wertvol-le Christen zu formen. Morgen-, Abend- und Tisch-gebete sowie regelmäßiger Kirchgang gehörten zurSelbstverständlichkeit.

Während der Volksschulzeit diente ich als Minis-trant. Unser Pfarrer riet uns Buben zu einem voll-ständigen Ablass. Ich machte gerne davon Ge-brauch, denn so konnte ich nach dem Tod ohneFegefeuer direkt in den Himmel kommen. Ich muss-te eine Zeit lang jeden Sonntag in die Kirche undzur Beichte gehen, die Kommunion empfangen undviele ausgewählte Gebete sprechen. Mein Buben-herz war glücklich, als ich es geschafft hatte. Dasses Gott geben muss, war für mich klar. Aber werwar er wirklich? Ich konnte ihn nicht sehen, derPfarrer und meine Mutter auch nicht. Ob es jeman-den gab, der ihn mir zeigen konnte?

Fast jeden Sonntagnachmittag durchstreifteMutter mit uns Kindern Wälder und Almgebiete.Vater ging selten mit. Er musste sich von der an-strengenden Arbeit in der Holzindustrie erholen.

Während der Woche zog ich mit einigen Bubenauf der Suche nach Abenteuern durch die Wälder.Wir bauten Indianerhütten, Baumhäuser und Brü-cken, stauten Bäche auf und praktizierten damalsschon das Lawinensurfen auf Steilhängen. Am Be-ginn der Hauptschulzeit stieß ich auf die Zeitschrift»Jugend im Alpenverein«. Ich beschloss, Bergstei-ger zu werden. Meine Begeisterung war anste-ckend. Bald war eine Clique von Buben beisammen.

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Sommer wie Winter unternahmen wir ohne Auf-sicht richtige Bergtouren. Weil wir von unseren Un-ternehmungen immer gut nach Hause kamen, hat-ten unsere Eltern nichts dagegen.

Es war ein Genuss, als Führer von meinen Freun-den geschätzt und anerkannt zu sein. »Auf denBergen wohnt die Freiheit«, stand in einem Gipfel-buch und ich wurde zum Gefangenen dieser Frei-heit. Berge waren zu meinem Lebensinhalt gewor-den. Die Eltern beobachteten die Entwicklung mitSorge: »Vom Bergsteigen kann man nicht leben«,mahnte Vater, und Mutter bedauerte, dass ich nurnoch selten zur Messe ging.

Das Ende der Pflichtschulzeit brachte Verände-rungen: Wir übersiedelten nach Annaberg, dorthatten unsere Eltern mit viel Fleiß ein neues Hausgebaut. Auch wir Kinder wurden fest zum Arbei-ten eingespannt. Ich betrachtete dies als Trainingfürs Bergsteigen.

Nun besuchte ich das Gymnasium und kam nurnoch am Wochenende heim. Bald lernte ich Kurtkennen, der meine Bergleidenschaft teilte. Es ent-stand eine tragfähige Freundschaft. Alles, was ex-trem und abenteuerlich war, reizte Kurt und michenorm. Extremklettereien lösten die »normalen«Bergtouren ab, Abfahrten über Steilwände die »nor-malen« Schitouren.

Als Siebzehnjähriger kaufte ich ein altes Motor-rad, eine Puch 175 SVS. Mein Aktionsradius wurdedadurch um Etliches vergrößert. Dass ich vorläufigohne Führerschein unterwegs war, störte mich we-

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nig, dies gehörte zu meiner Vorstellung von Frei-heit. Kurt war gleicher Meinung; er musste soforteine Puch 250 haben. Die ging noch besser. Einmalsangen wir im primitiven Biwak viele Stunden derNacht, wir meinten, das schütze vor Kälte. Wir wa-ren fasziniert vom großartigen Sternenhimmel überuns, vom Erwachen des neuen Tages und den wär-menden Strahlen der Morgensonne. Ganz großmusste dieses Wesen sein, das dies alles so wun-derbar geschaffen hatte.

Während meiner Gymnasiumszeit beschäftigteich mich auch mit Yoga und Autogenem Training.Ich hatte gemerkt, dass Körper und Geist in Ein-klang stehen müssen, um leistungsfähig zu sein. Diehalben Ferien arbeitete ich regelmäßig in einer Holz-firma. Natürlich verwendete ich den Verdienst fürBergausrüstung. Den Rest der Ferien verbrachte ichauf Schutzhütten und Almen. Als lustiger Gitarren-spieler war ich überall gern gesehen. Morgens undabends half ich ein wenig bei der Arbeit, währenddes Tages stand oft Soloklettern bis zum V. Grad aufdem Programm. Ich lernte einige Gebiete der Ost-und Westalpen kennen und im Hinterkopf hattesich bereits ein Traum festgesetzt: Fahrt zum Hima-laya!

Bekanntschaft mit dem TodBegegnungen mit dem Tod rüttelten mich auf. Ichsah, wie ein Schüler auf flottem Fahrrad eine Bahn-schranke übersah, auf die Geleise stürzte und vom

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heranbrausenden Zug zermalmt wurde. Ich warAugenzeuge, als ein Spanier an den Steilwändender Drei Zinnen 100 m in freiem Fall ins Geröll stürz-te und ein Jugendlicher am Dachstein tödlich ver-unglückte. Wir bargen eine Frau, der vom Stein-schlag auf der Bischofsmütze der halbe Kopf weg-gerissen worden war. Tief traf mich auch der Selbst-mord eines jungen Mannes im Nachbarort, der nacheinem Bergunfall irreparable Kopfschäden erlittenhatte und sein eingeschränktes Leben nicht mehrertragen konnte.

Gott klopfte bei mir an. Dieser Gott, den ich niegesehen hatte. Warum ließ er das zu? Wo waren sienun, diese Toten? Mutter hatte immer von Himmel,Hölle und Fegefeuer gesprochen. »Fürs Fegefeuerwird es bei diesen tragischen Fällen wohl reichen«,tröstete ich mich. Aber mich musste er wohl beson-ders lieb haben, dieser Gott. Ich war bis jetzt immerheil davongekommen. Aber wo wäre ich im Jenseitshingekommen, wenn ich verunglückt wäre? Überdie Sache mit Pfarrers Ablass hatte ich nur mehrein Lächeln übrig. Das konnte keine Sicherheit ge-ben. Ungewissheit machte sich breit. Das Beste warwohl, nicht daran zu denken.

Neue ZieleIch schaffte die Matura. Zu dieser Zeit wurde derLehrerberuf stark beworben, weil es zu wenig Leh-rer gab. Ich stellte Überlegungen an: Ja, mit Kin-dern und Jugendlichen konnte ich gut umgehen

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und die Ferien der Lehrer waren auch nicht ohne.Ich beschloss, Hauptschullehrer zu werden undwählte Deutsch und Werkerziehung. Viel lieberhätte ich natürlich Sport genommen, aber ich hattemir schon 20 Mal das Schultergelenk ausgerenkt.

Zusätzlich ließ ich mich zum Religionslehrer aus-bilden. Das Thema Gott beschäftigte mich weiter-hin. Weil ich jedoch auch mein Hobby zum Berufmachen wollte, absolvierte ich außerdem die Aus-bildung zum Berg- und Schiführer und mit vielBegeisterung trat ich mit 18 Jahren der örtlichenBergrettung bei.

Bald wurde der Traum vom Himalaya Wirklich-keit! Als Zwanzigjähriger nahm ich an einer Kara-korum-Expedition teil. Mitte Juni brachen wir auf.War das ein herausragendes Erlebnis! Zu sechstfuhren wir mit zwei Kleinbussen nach Pakistan undwollten den 7492m hohen Pumari-Kish erstbestei-gen. Ein lebensgefährlicher Gletscherbruch ließ unsnicht einmal bis zum Bergfuß gelangen. Wir muss-ten schweren Herzens mit einem 6500 m hohenNebengipfel Vorlieb nehmen. Diese drei Monate imOrient beeinflussten mich nachhaltig. Viele Jahrewar mein Fahrverhalten im Straßenverkehr davongeprägt. Das Spießbürgertum im Wohlstandswes-ten ging mir danach vermehrt gegen den Strich. ImOrient war alles viel freier, viel gemütlicher, viel lo-ckerer.

Einige Monate nach der Expedition konnte ichnicht mehr begreifen, warum ich das Glück nur aufden Bergen gesucht hatte. Es war doch direkt im

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Tal zu finden: Ich lernte meine Frau Marianne ken-nen. Nachdem das Stadium der Verliebtheit vor-übergegangen war, das ich früher auch schon er-lebt hatte, wusste ich diesmal genau: Das ist die Fraufürs Leben! Und das Sonderbare – sie war völligunsportlich! Ich liebte sie dennoch von ganzemHerzen. Nach einem Jahr, wie könnte es anders sein,verwendete ich viel Zeit dafür, Marianne für dieBerge zu begeistern. Es lohnte sich für uns beide.Viele schöne Stunden verbrachten wir zu zweit undspäter mit den Kindern in den Bergen.

Aufkommende TurbulenzenIch wurde in meinem Heimatort als Lehrer ange-stellt und begann meinen Dienst mit viel Begeiste-rung. Mein Bemühen war es immer, als Lehrer eingutes Vorbild zu sein. Das Leben begann aber zu-nehmend turbulent zu werden.

Ich wurde überall gebraucht: Bei der Bergrettungals Ausbildungsleiter und Ausbildner bei den Lan-deskursen, im Alpenvereinsausschuss und als Al-penvereins-Jugendführer. Ich stellte mich als Ob-mann der Lawinenkommission zur Verfügung undhielt im ganzen Land Lawinenvorträge. Ich warbeim Schiklub tätig, sang im Kirchen- und Volks-liedchor. Ich war als Mundartdichter für Hochzeits-verse und Brauttänze eingesetzt, gestaltete Fa-schingsbriefe für die Feuerwehr und war Sprecherbei Blasmusikkonzerten. Bei Advent- und Weih-nachtsfeiern sowie Altentagen stellte ich mich als

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Vorleser zur Verfügung und als Breitfeder-Spezia-list schrieb ich zahllose Urkunden.

Mein Leben als Multifunktionär erzeugte zuneh-mend Zeitdruck. Oft wusste ich nicht, wie ich dieTermine unter einen Hut bringen sollte. Notlügenwurden zur Gewohnheit. Verständlicherweiseschlief ich sehr wenig und ich wundere mich, dassich damals noch Zeit zum Hausbauen fand. MitDankbarkeit darf ich erwähnen, dass mich Eltern,Geschwister und viele Freunde dabei tatkräftigunterstützt haben. Ja, ich hatte mir in der Bevölke-rung einen guten Namen gemacht, war beliebt,geachtet und wurde vielleicht manchmal beneidet.Meine Bergführeraktivitäten fielen in erster Linieauf den Sommer.

Trotz Familie, Beruf und all den Beschäftigungenund Aufgaben, packte mich erneut die Bewegungs-sucht. Dass ich Familienvater war, hinderte michnicht, Motor einiger fanatischer Bergsportler zuwerden. Einmal brachen wir zu einer Marathon-Schitour auf, bewältigten in 22 Stunden fast alleRinnen und Kare des Gosaukamms und legten da-bei 45 km und 8250 Höhenmeter im Aufstieg zu-rück. So schnell schlief ich seither nie mehr ein.

Weil die Sportkletterszene in den Alpen Einzughielt, begannen auch wir aufs Neue zu trainierenund kletterten die Pumprisse im Wilden Kaiser –den ersten offiziellen VII. Schwierigkeitsgrad in denAlpen. Ja, und einige Jahre später erlag ich demParagleiterfieber und gab diesen Virus an viele an-dere weiter. Fliegen, das war das absolute Freiheits-

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gefühl, weiter – höher – wilder. In der Freizeit be-fand ich mich bald mehr in der Luft als auf demBoden. Oft landete ich direkt vor unserem Haus.Wenn Marianne zu den Kindern sagte: »Der Papakommt«, liefen sie vors Haus und schauten aufge-regt zum Himmel, denn mittlerweile hatten sieschon mitbekommen: Wenn Papa heimkommt,dann kommt er meist aus der Luft daher.

Es ging so weit, dass wir uns bei unserem Ego-Trip die Frage stellten: »Was können wir in vierStunden Freizeit am Abend alles niederreißen?«1000 Höhenmeter Aufstieg, fünf seilfreie Klettertou-ren im oberen IV. Schwierigkeitsgrad und ein Para-flug um 22 Uhr zurück ins Tal – das war die Ant-wort.

Ich war ständig auf der Suche nach neuen Erleb-nissen: Klippenstart auf der Bischofsmütze, Hoch-nebelflüge, Thermikabenteuer, Vollmondflüge –genug war es nie. Kaum war ein Ziel erreicht, kur-zes Glück, aber gleich danach die Frage: »Was istdas Nächste?« In diesem Taumel erlag ich noch derVorstellung, dass ein wirklich freier Mensch eineaußereheliche Beziehung brauche. Nun war dasChaos perfekt!

Esoterik-IntermezzoNachdem ich eine Wünschelrutengeherin beobach-tet hatte, sagte ich zum Spaß: »Was diese Frau tut,das kann ich auch.« Als es zu meiner Verwunde-rung tatsächlich funktionierte, begann mich diese

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geheimnisvolle Sache enorm zu interessieren. Einneues Betätigungsfeld tat sich auf. Bald war auchich anerkannter Wünschelrutengeher und ernteteviel Lob und Dank von meinen Mitmenschen. Ichlernte, wie man Medikamente und ganzheitlicheHeilmittel auspendelt und belegte ein Seminar überSchüsslers Mineralsalze.

Es dauerte nicht lange, da hatte ich schon die ers-ten »Patienten« in meiner »Ordination«. Weil sie zu-frieden waren, schickten sie mir ständig weitereMenschen nach. Auch meine Frau und die Kinder(inzwischen waren es schon vier) benutzte ich alsTestpersonen. Zum totalen Renner entwickeltensich die »Anti-Rausch-Tropfen« Nux vomica D4.Laut homöopathischer Spezialliteratur förderten siein hohem Maße den schnellen Alkoholabbau. Dakonnte man plötzlich viel trinken und war am näch-sten Tag dennoch fit. Vor jeder Feier – und Feierngab es viele – stieg der Absatz enorm. Weil Mine-ralsalze und homöopathische Mittel in Deutschlandwesentlich billiger waren, schmuggelte ich großeMengen.

Die Wende bahnt sich anIch lernte einen hervorragenden Berg- und Straßen-läufer kennen. Bei unseren Geländeläufen undBergtouren ergänzten wir uns fabelhaft. Als Magis-ter für Sport und Religion schätzte er es, mit mirauch über religiöse Themen reden zu können.

Gott rückte wieder mehr ins Blickfeld meines

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Interesses. Ich musste eingestehen, dass ich jahre-lang meine Familie vernachlässigt hatte. Die Bezie-hung zu meiner Frau war am Tiefpunkt angelangt.Es war nicht verwunderlich. Sie suchte dringendnach Halt, um es irgendwie mit so einem Spinnerwie mir auszuhalten. Wie oft saß sie mit den Kin-dern allein zu Hause! Sie kannte die Gleichung:»Risiko x Häufigkeit = Katastrophe!«, und hatteAngst, dass ich irgendwann verunglücken würde.

Weil mein neuer Sportfreund unsere Schwierig-keiten kannte, lud er Marianne zu einem Glaubens-kurs nach Rom ein. Sie kam verändert zurück, gingnun täglich zur Messe und empfing regelmäßig dieKommunion. Er leitete für die Teilnehmer dieserGlaubensfahrt in der Folge eine monatliche Bibel-gesprächsrunde. Weil ich sein Freund war, lud erauch mich dazu ein. Außerdem besuchte Mariannedie wöchentliche Bibelrunde der Pfarrei. Nach dreiJahren aktivster Religiosität bekam sie jedoch ganzviele Zweifel. Sie flehte zu Gott um Erkenntnis derWahrheit. Zu guter Letzt tauchte Max bei uns auf,ein bibelgläubiger Tischler. Er fragte, ob wir Inter-esse hätten, mit ihm in der Bibel zu lesen. Am liebs-ten hätte ich ihn auf der Stelle verjagt. Als ich je-doch die bittenden Augen meiner Frau sah undmein schlechtes Gewissen mir meine vielen Ver-säumnisse in Erinnerung rief, stimmte ich zu.

Ich musste eingestehen, wie ausgebrannt ich war.Ich hatte in meinem Egoismus in erster Linie ge-nommen und genossen, rücksichtslos, gefangen inmeiner Bewegungssucht, in meiner Gier nach Frei-

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1 Johannes 14, Vers 92 Offenbarung 19, Vers 13

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heit. Dabei war meine Seele vertrocknet, wie einAcker ohne Wasser. Auch meine Aktivität in denVereinen änderte daran nichts. Sollte nun die nöti-ge Veränderung kommen?

Als wir das erste Mal mit Max das Johannesevan-gelium lasen, fiel mir auf, dass er meine vielen Fra-gen konsequent mit der Bibel beantwortete. Die alteFrage, die mich als Ministrant schon bewegt hatte,kam wieder auf den Tisch: »Wer ist Gott? Ich seheihn nicht. Kannst du ihn mir zeigen?« Max machteuns anhand der Bibel klar, dass Gott sich durch dieSchöpfung, durch das Gewissen, durch die Ge-schichte der Juden, durch die Bibel und durch dieHauptperson der Bibel – Jesus Christus – den Men-schen zu erkennen gibt. Er wies darauf hin, dassdas letztlich die Grundfrage jedes Menschen ist.Sogar ein Apostel hatte Jesus genau das gefragt:»Herr, zeige uns den Vater!« Und wir lasen gemein-sam Jesu Antwort: Wer mich sieht, hat den Vater gese-hen.1 »Aber Jesus ist ja angeblich in den Himmelaufgefahren, wir sehen ihn ja heute wieder nicht!«»Doch«, sagte Max, »wer vorurteilslos die Bibel liest,sieht Jesus geradezu auf jeder Seite! Deshalb nenntJesus sich selbst das lebendige Wort Gottes.2 Nach die-sem Abend hatte ich viel zum Nachdenken. »Wenndas alles wahr ist?«

Als Skeptiker ging es mir nun in erster Linie umdie Glaubwürdigkeit der Bibel. Dabei wurde mir

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3 Johannes 8, Vers 34

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eines klar: Ich durfte ihre Aussagen nicht kritisie-ren, solange ich sie im Zusammenhang gar nichtkannte. Ich musste die Bibel mit ehrlicher Haltunglesen! »Und wenn sie wirklich Gottes Wort, ja dieWahrheit ist, was dann?«

Meine Unsicherheit stieg, als ich mit meinemSportfreund darüber redete. Er warnte mich undbedauerte meine Entscheidung, mit einem Tisch-ler ohne theologische Ausbildung die Bibel zu le-sen. Jeder lege die Bibel aus, wie er wolle. Aber ge-nau das tat Max nicht. Er versuchte nie, mir seineMeinung aufzudrängen, wusste oft keine Antwort,oder musste erst in der Bibel nach ähnlichen Stel-len suchen. Ganz bescheiden versuchte er, die Bi-bel mit der Bibel zu erklären.

Mein Interesse stieg. Ich musste dieses Buch ken-nen lernen. »Großer Gott, zeige mir, wer du bist!«,betete ich. Er zeigte mir aber zuerst, wer ich selberwar und das war ernüchternd genug. Jeder, der dieSünde tut, ist der Sünde Knecht3, las ich. Der Pfeil saß.Ich musste zugeben: »Das stimmt, was da steht!« Ichwusste, dass es falsch ist, Frau und Kinder zu ver-nachlässigen, zu lügen, zu schmuggeln oder fremdzu gehen. Wessen Knecht war ich? Ein Knecht derSünde! Und ich hatte hochmütig gemeint, Sünde,na ja, das sei ein Relikt aus dem Mittelalter. Wennich ganz ehrlich war, dann musste ich zugeben, dassich als Knecht der Sünde viel Mist gebaut hatte. Klarkonnte ich manches verbergen und vertuschen,

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4 Johannes 5, Vers 24

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aber vor Gott? Wer kann sich vor Gott verstecken?Wie soll ich vor diesem Gott bestehen? Ein heiligerGott kann Sünde nicht tolerieren.

Ich erinnerte mich in diesem Moment, wie oftich ganz knapp am Abgrund des Todes gestandenwar: In der Lawine am Mont Blanc, bei meinenAbstürzen an der Kleinen Bischofsmütze und in derGamsmutterwand, in der Steinschlaghölle derNordwand der Großen Zinne, beim Schisprungüber eine 10 m hohe Felswand und bei etlichen Bei-nahe-Verkehrsunfällen.

Wöchentlich kam Max zu uns. Ich löcherte ihnmit vielen Fragen. Ruhig verwies er auf die Bibel.»Gibt es Menschen, die nicht ins letzte Gericht kom-men?«, wollte ich wissen. »Gute Frage«, antworte-te Max. »Hier zeigt uns die Bibel die Frohbotschaftdes Evangeliums, die ganze Liebe Gottes.« Er las:Jesus spricht: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer meinWort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, derhat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, son-dern er ist aus dem Tod in das Leben übergegangen.4

Gewaltig! Und noch dazu spricht Jesus da zu le-benden Menschen! Wer glaubt, kann dieses Lebenauf der Stelle haben! Aber, wenn das so leichtwäre … Zweifel schlichen wieder in meine Gedan-ken.

Ein paar Tage darauf sprach ich wieder mit mei-nem altbekannten Sportfreund. Mit ihm war ichnach wie vor am Berg unterwegs. Unsere Touren

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waren immer häufiger durch Dauergespräche überden Glauben gekennzeichnet. Ich war ungemeinlästig und stellte Frage um Frage. Durch das vieleLesen in der Bibel waren mir manche kirchlichePraktiken nicht mehr geheuer und ich konnte nichtverstehen, warum er unsere gemeinsame Religionnicht anhand der Bibel prüfen wollte.

Ich entschied, in Zukunft weder mit Max nochmit ihm über geistliche Dinge zu sprechen. Mari-anne und ich wollten der Sache alleine auf denGrund gehen. Wir beteten, dass Gott uns die Wahr-heit erkennen lassen möge. Täglich lasen wir in derBibel und verstanden immer mehr. Nach fünf Mo-naten luden wir Max wieder ein, zu uns zu kom-men.

Bald darauf setzte Marianne ihr ganzes Vertrau-en allein auf das Wort Gottes, die Bibel, und sie rich-tete ihr Leben danach aus. Ein Jahr danach folgtenauch unsere beiden älteren Töchter ihrem Beispiel.Marianne war außergewöhnlich lieb zu mir, aberin mir tobte der Kampf weiter. Ich hatte Angst, meinAnsehen zu verlieren, als »Sektierer« abgestempeltzu sein, wenn ich mich klar zu Jesus Christus undseinem Wort bekenne. Ich merkte jetzt schon beietlichen Verwandten und Freunden, dass sie mirmit einer gewissen Distanz begegneten und so ver-steckt ihre Sorge um mich zum Ausdruck brachten.Zu guter Letzt zerbrach auch noch meine langjäh-rige Sportlerfreundschaft mit dem Religions- undSportlehrer, was mir sehr leid tat. Meine Mutterweinte, weil ich mit dem »Väterglauben« nichts

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5 Johannes 14, Vers 6

Extreme Freiheit

mehr anfangen konnte. Ich befürchtete, samt mei-ner Familie zum Außenseiter zu werden. Hatte michein neues Extrem gepackt?

Immer wieder beschäftigte mich der Vers: Ich binder Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommtzum Vater, als nur durch mich.5 Dieser Jesus war docheigentlich überhaupt nicht tolerant. Er sagt klar,worum es geht! Da fiel mir der Spruch aus meinerJugend ein: »Viele Wege führen zu Gott, einer da-von geht über die Berge.« Wie hatte mir dieser Satzdamals gut getan! Aber nach der Bibel war er falsch!»Viele Wege führen über die Berge, aber einer nurzu Gott«, so müsste er richtig heißen. Ich spürte,dass ich mich entscheiden musste. Es gab nur ein»Entweder-Oder«. Entweder Jesus ist Gott, oder erist ein Lügner. Aber: Stirbt ein Lügner unschuldigam Kreuz für gottlose Menschen? Gibt er sein Le-ben hin, damit andere gerettet werden können? Jemehr ich in der Bibel las, desto genauer spürte ich:Diesen Jesus brauche ich. Ohne ihn bin ich verlo-ren.

Ich hatte oft erlebt, dass ich ein Gefangener mei-ner Leidenschaften war, dass ich auf meiner Suchenach Freiheit, Lust und Abenteuer Dinge tat, dieGottes Urteil verdient hatten. Als ich wiederholt dieLeidensgeschichte Jesu las, erkannte ich, wie sehrmich dieser Gott liebt. Jesus ist am Kreuz stellver-tretend für mich gestorben. Ich, der Sünder, derSchuldige, kann frei werden, weil ein anderer für

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6 Brief an die Römer 5, Vers 8

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mich mit seinem Leben bezahlt hat, nämlich JesusChristus! Nun erst hatte mir Gott gezeigt, wie erist. Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Chris-tus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist.6

Wirkliche FreiheitEnde August 1992 ging ich in meinem Schlafzim-mer reumütig auf die Knie und bekannte Gott allesSchlechte, das ich gedacht, gesagt und getan hatte.Ich bat Gott um Vergebung. Und ich bat: »Herr Je-sus, komm du in mein Leben, übernimm du dieFührung in meinem Leben.«

Er tat es. An den Auswirkungen merkte ich, dassich es mit einem lebendigen Gott zu tun hatte, wennich ihn auch nicht direkt sehen konnte. Auf einenSchlag wurde meine Schuld weggenommen. Ichdurfte im Glauben annehmen, dass ich Vergebungempfangen hatte. War das eine Befreiung!

Ein offensichtliches Wunder war, dass ich plötz-lich von meiner Bewegungssucht geheilt war. Ichhatte vollkommenen Frieden, wenn ich bei schöns-tem Wetter mit Frau und Kindern gemütlich auf derHausbank saß und wir endlich Zeit zum Plaudernhatten. Wie freuten sie sich! Nach so vielen Jahreneinen richtigen Mann und Papa zu haben, das warwunderbar.

In unserer Beziehung gab es zwar viele unlieb-same Altlasten aufzuarbeiten, aber wir waren mit

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7 Offenbarung 3, Vers 19

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unseren Problemen nun nicht mehr allein. Gemein-sam konnten wir unsere Anliegen im Gebet vor denallmächtigen Gott bringen. Wir trauten ihm wirk-lich jede Veränderung zu. Und er veränderte viel.Früher waren wir oft nicht in der Lage gewesen,Eheprobleme offen miteinander zu bereden. Jetztwar das möglich.

Das Vertrauen zu mir, das Marianne verständli-cherweise total verloren gehabt hatte, kam langsamzurück. Nun wollten wir unser Leben nach der Bi-bel ausrichten. Das Buch der Bücher war zur Ge-brauchsanweisung für unser Leben geworden.Welchen Schatz hatten wir da in unserer orientie-rungslosen Zeit in Händen! Unsere älteren Mäd-chen konnten ewig gültige Werte ihr Eigen nennen.Ihr Teenagerleben wurde davon geprägt. Und wir»Alten« konnten ohne Sorge ihr Heranwachsenbeobachten.

Auch die Natur konnte ich nun mit ganz ande-ren Augen sehen und genießen. Dass wir uns rich-tig verstehen – ich bin weiterhin gerne im Alpinge-lände unterwegs, nur seltener als früher. Die Suchtist nicht mehr da. Früher war ich mit der Stoppuhrdurch die Gegend gerannt und hatte nicht gewusst,wem ich für meine Gesundheit danken sollte. Jetztstaunte ich über alles, was Gott so wunderbar ge-schaffen hatte.

Ich war ein Kind Gottes geworden. Ich überführeund züchtige alle, die ich liebe7, las ich einige Monate

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später. Mit dem Verstand konnte ich dieser Aussa-ge zustimmen – einem liebenden Vater im Himmelkonnte es nicht egal sein, was seine Kinder auf Er-den tun –, aber wirklich begriffen hatte ich diesenSatz leider noch nicht. Fast 30 Jahre lang war ichständig auf Bergen unterwegs gewesen, hatte vielErfahrung gesammelt und war dabei ein wenighochmütig und überheblich geworden. Oft mein-te ich, ein »Alpinchef« zu sein. Bis mich der Herrvom hohen Ross holte. Drei Extremerlebnisse führ-ten zu meiner Ernüchterung: Ein Lawinenunglück,bei dem mein Partner nur wie durch ein Wunderüberlebte; durch das wildeste Paragleiter-Erlebnismeines Lebens (das ich in der Einleitung beschrie-ben habe) und durch den Felssturz auf der Bischofs-mütze, wo Tausende Tonnen Gestein über unserMaterialdepot donnerten. Wären wir 15 Minutenfrüher abgestiegen, hätte uns ein Sekundentod er-eilt. Der allmächtige Gott hat mich voll Liebe, abersehr eindrucksvoll vom hohen Ross katapultiert.Ohne Schaden zu nehmen, durfte ich meine Lekti-on lernen.

Als ehemaliger Multifunktionär legte ich vielemeiner Ämter zurück und behielt nur noch die, woich der Allgemeinheit am besten dienen konnte: Ichblieb Obmann der Lawinenkommission und Mit-glied der Bergrettung und versuche, mich weiter-hin mit ganzem Herzen einzusetzen.

Durch die Bibel erkannte ich auch, dass ich aller-hand in Ordnung zu bringen hatte. Ich erstattetebeim Zollamt Selbstanzeige und gab zu, dass ich

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8 z. B. Jesaja 8, Vers 19

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viele Medikamente geschmuggelt hatte. Ich erklär-te den Beamten, dass ich diesen Umstand nichtmehr mit meinem Gewissen vereinbaren könne,weil ich zum Glauben an Jesus Christus gekommensei. Ein Kopfschütteln und eine Strafe von 6000Schilling waren die Folge.

Im Alten Testament las ich, dass Gott es hasst,wenn Menschen ihr Vertrauen nicht auf ihn alleinsetzen. So glaubten die Israeliten ihren Wahrsa-gern – wie wir heute den Wünschelrutengehern –mehr als Gott.8 Ich musste unweigerlich an die vie-len Menschen denken, die mir, meiner Wünschel-rute und meinem Pendel ihr gesamtes Vertrauenentgegengebracht hatten und nicht Gott.

Spontan entschied ich mich, mit diesen Prakti-ken aufzuhören. Wenn »Kunden« und »Patienten«anriefen, erklärte ich ihnen, dass ich nun etwas vielBesseres hätte: »Es gibt jemanden, der Wasseradernund Erdstrahlen völlig unschädlich machen kann.Wer das sei? – Jesus Christus!« Wir hatten es selbstbei unserer Tochter erlebt. Sie hatte als Schulkindjahrelang an Schlafstörungen gelitten. Wir warendarauf fixiert gewesen, dass die Ursache in denWasseradern zu suchen sei. Als wir dann in volls-tem Vertrauen Jesus Christus das Problem in dieHände legten, schlief sie ungestört. Der Herr kanneinfach alles bewirken!

Ja, und da waren noch etliche Menschen, beidenen ich mich entschuldigen musste. Einige wun-

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9 1. Brief des Johannes 1, Vers 9

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derten sich, viele belächelten mich. Aber nun warich wirklich frei von all diesen Belastungen; derHerr Jesus hatte mich frei gemacht und mir Frie-den geschenkt.

Befreiend ist es auch, dass ich Fehler zugebenund mir der Vergebung Gottes sicher sein kann,weil er es versprochen hat: Wenn wir unsere Sündenbekennen, ist er treu und gerecht, dass er uns die Sün-den vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit.9

Über Ferientage mit herrlichem Bergwetter kannich mich auch heute noch freuen. Allerdings frageich Jesus: »Herr, ist Bergsteigen heute auch deinPlan für mich? Ich möchte meine Freiheit gebrau-chen, um deinen Willen zu tun.«

Manchmal packe ich danach meinen Rucksackund ziehe los. Es kann aber auch sein, dass mir je-mand in den Sinn kommt, der schon lange auf ei-nen Brief von mir wartet. Oder ich mache einenBesuch im Krankenhaus. Vielleicht bestürmen michdie Kinder, dass ich mit ihnen zum Wildwasserba-den gehe und wir verbringen ein paar schöne Stun-den zusammen. Möglich, dass ich am Abend nochzur Weitscharte gehe und einen ruhigen Flug nachHause genieße.

Jedenfalls plagt mich nach solchen Tagen nichtwie früher das Gefühl, dass ich etwas versäumthaben könnte. Im Gegenteil. Ich weiß nun, dass dieFreiheit, nach der ich suchte, nicht auf den Bergenwohnt. Die neue Qualität von Freiheit verhilft zu

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Extreme Freiheit

extremen Höhenflügen, bei denen man weder aufGleitschirm noch Thermik angewiesen ist. Wen Gottfrei macht, der ist wirklich frei.

Hias SchrederHefenscher 74

A-5524 Annaberg

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Aus vielen Gründen ist die Bibel einzigartig:

• Sie steht weltweit Jahr für Jahr unerreichbar ander Spitze der Bestsellerliste.

• Sie ist heute aktueller denn je.• Sie wurde bereits in über 2000 Sprachen über-

setzt. Weitere 1000 Sprachen sind in Arbeit.• Geburt, Leben, Tod und Auferstehung Jesu sind

in über 300 Prophezeiungen bereits im Alten Te-stament vorausgesagt, die sich buchstäblich er-füllt haben.

Sechs sehr unterschiedliche Menschen erzähltenuns ihre Lebensgeschichte. Sie haben nicht viel ge-meinsam. Außer, dass jeder von ihnen mit der Bi-bel konfrontiert wurde und sich konsequent dar-auf einließ, die Aussagen dieses alten Buches in sei-nem Leben anzuwenden.

An den Auswirkungen merkten sie bald, dass siees nicht mit toten Buchstaben, sondern mit demlebendigen Wort des lebendigen Gottes zu tun ha-ben. Durch die Vergebung ihrer Sünden haben SieFrieden mit Gott und neues, wirkliches Leben vonihm bekommen. Ihr Leben steht seit ihrer Begeg-nung mit Jesus Christus auf einem festen Funda-ment. Jeder von ihnen hat erfahren, dass JesusRecht hatte, als er vor fast 2000 Jahren sagte:

Ich aber bringe allen, die zu mir gehören, das Leben –und dies im Überfluss.

Johannes 10,10

Nachwort

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Bibe

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nRevidierteElberfelder Bibel

Taschenausgabe 11 × 17 cmDM/sFr 16.80, öS 123

Cover ›Symbole‹ (poppig)ISBN 3-89397-008-1

Cover ›Baum‹ (dezent)ISBN 3-89397-009-6

Standardausgabe 14,5 × 21,5 cmDM/sFr 24.80, öS 184,ISBN 3-89397-006-5

Die Elberfelder Bibel erfreut sich seitüber 100 Jahren großer Beliebtheitund wird als »die wohl genauestedeutsche Bibelübersetzung«angesehen. Bei der Herausgabe derrevidierten Fassung wurde auch aufeine gut verständliche Sprachegeachtet, aber das Hauptziel war,eine Übersetzung zu bieten, die sonahe wie möglich an den Urtextheranführt.Viele Anmerkungen, Überschriftenund Parallelstellen helfen beimKennenlernen und Studieren desWortes Gottes.

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Tasc

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Jean GibsonFolge mir nachErste Schritte

64 SeitenDM 3.80ISBN 3-89397-155-6

»Folge mir nach – Erste Schritte« istein kleiner, auf das praktische Lebenausgerichteter Bibelkurs für Leute,die mit Jesus Christus als ihremHerrn leben wollen. Die wichtigstenBereiche, die das Leben als Christausmachen, werden hier von derBibel her dargestellt undlektionsweise in Frageteilen vertieft.Themen sind unter anderem:»Wie man Gottes Kind wird«,»Heilsgewissheit«, »ÖffentlichesBekennen«, »Gemeinschaft mit Gottin Bibellesen und Gebet«,»Siegreiches Leben«, »Leben imGehorsam«, »Gemeinschaft mitanderen Gotteskindern«, »Lebenunter der Leitung Gottes«, »Anderenden Weg zum Leben zeigen«.Parallel zu »Erste Schritte« gibt esdas Büchlein »Wegbegleiter« fürreifere Gläubige, die einem neu Be-kehrten helfend begleiten möchten.