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Samstag, 4. November 2017 40 WIRTSCHAFT UND KARRIERE AM WOCHENENDE B eim Wettbewerb um die alljährlich gekürten drei Hessen-Champions sind osthessische Fir- men erfolgsverwöhnt. In den vergangenen vier Jahren kam stets mindestens ein Sieger aus dem Kreis Fulda. 2015 gingen sogar alle Titel in den Kategorien Jobmotor, Innovation und Weltmarktführer in den Kreis Fulda. In diesem Jahr sind zwei Unternehmen aus der Region für den Titel nominiert: die Hünfel- der Schreinerei Kiefer für eine bahnbrechen- de Innovation im Türen- einbau, der Schlitzer In- ternethändler Lampen- welt für sein Wachs- tum. Schlitz im Osten des Vogelsbergkreises gehört zwar zum Vo- gelsbergkreis, ist aber zweifellos Teil der Wirt- schaftsregion Fulda. Die Erfolge der vergan- genen Jahre könnten den Beobachter dazu verleiten, die Messlatte für die Bewerber aus der Region zu hoch zu legen. Schon die Nomi- nierung für das Hessen- Champion-Finale ist ein gewaltiger Erfolg, denn der Preis ist höchst be- gehrt. Der Vergleich zum Sport passt gut: Schon die Qualifikation für die Olympischen Spiele ist eine Hürde, die die wenigsten schaffen. Auch der Kreis der Nominierten für den Hessen-Cham- pion ist klein und fein. Deshalb darf man den beiden Teilnehmern aus der Region heute schon zum Finale gratulieren – und ihnen trotzdem zugleich für noch mehr die Daumen drücken. Verwöhnt Volker Nies Es lassen sich nicht nur Gegen- stände pfänden. sondern auch Forderungen, die der Schuld- ner gegen einen Dritten hat. Deshalb ist die Pfändung von Arbeitsentgelt – als sichere Ein- nahmequelle des Schuldners – eines der häufigsten Mittel der Zwangsvollstreckung. Der Gläubiger greift auf die Ent- geltforderung direkt beim Ar- beitgeber zu: Die Vergütung wird dem Konto des Schuld- ners erst gar nicht gutgeschrie- ben. Der Arbeitgeber überweist nur noch die nicht pfändbaren Einkommensbestandteile auf das Konto des Schuldners. Die Lohn- oder Gehaltspfän- dung ist beim zuständigen Amtsgericht zu beantragen. Die Pfändung wird bewirkt, in- dem dem Drittschuldner, also dem Arbeitgeber, der soge- nannte Pfändungs- und Über- weisungsbeschluss zugestellt wird. Er beinhaltet grundsätz- lich das Verbot, das Gehalt an den Arbeitnehmer auszuzah- len. Ignoriert der Arbeitgeber dieses Verbot, bleibt er gegen- über dem Gläubiger weiter zur Zahlung verpflichtet. Für den Arbeitgeber bedeutet eine Lohnpfändung vor allem ei- nes: organisatorischer und fi- nanzieller Aufwand. Er ist ver- pflichtet, an der Zwangsvoll- streckung mitzuwirken. Der Arbeitgeber hat den pfändba- ren Teil des Arbeitseinkom- mens selbst zu ermitteln und dem Gläubiger zu überweisen. Dem Vollstreckungsschuld- ner muss aus sozialen Gründen ein Mindesteinkommen ver- bleiben („Pfändungsfreigren- ze“). Die Pfändung von Ar- beitseinkommen ist daher nicht uneingeschränkt mög- lich. Zur Ermittlung der jewei- ligen Höhe der Freigrenze stellt die Zivilprozessordnung eine tabellarische Übersicht zur Verfügung. Bestimmte Ein- kommensbestandteile sind zu- dem von vornherein unpfänd- bar, etwa Aufwandsentschädi- gungen, Erziehungsgelder und Studienbeihilfen. Auf Verlangen des Gläubi- gers muss der Arbeitgeber bin- nen zwei Wochen nach Erhalt des Pfändungs- und Überwei- sungsbeschlusses eine Dritt- schuldnererklärung abgeben. Darin muss er unter anderem die Entgeltansprüche des Ar- beitnehmers und die sich hie- raus ergebenden pfändbaren Beträge aufführen und erklä- ren, ob er die Forderung aner- kennt und zur Zahlung bereit ist, ob noch andere Personen Ansprüche auf das Arbeitsein- kommen des Schuldners gel- tend machen oder bereits an- dere Pfändungen vorliegen. Sind die Auskünfte falsch oder verweigert der Arbeitge- ber die Auskunft, kann er sich gegenüber dem Gläubiger schadensersatzpflichtig ma- chen. Haben mehrere Gläubi- ger das Arbeitseinkommen ge- pfändet, muss der Arbeitgeber die Pfändungen in der Reihen- folge der Zustellung der Pfän- dungs- und Überweisungsbe- schlüsse berücksichtigen. Verweigert der Arbeitgeber die Zahlung an den Gläubiger, kann dieser eine Zahlungskla- ge gegen ihn erheben. Das Voll- streckungsgericht prüft näm- lich vor Veranlassung der Pfän- dung nicht, ob die vom Gläu- biger behauptete Forderung auch wirklich besteht. Hierü- ber haben sich vielmehr Gläu- biger und Arbeitgeber (gericht- lich) auseinanderzusetzen. Die privaten Vermögensver- hältnisse des Arbeitnehmers haben grundsätzlich keine kündigungsgrechtliche Rele- vanz. Wird ein Arbeitnehmer allerdings in einer Vertrauens- stellung in einem finanziell sensiblen Bereich tätig und ist die private Verschuldung nicht durch eine Notlage verursacht, kann dies möglicherweise die Eignung für die vertraglich ge- schuldete Tätigkeit entfallen lassen. In diesen Fällen kann deshalb in Ausnahmefällen ei- ne personenbedingte Kündi- gung des Arbeitnehmers und Schuldners in Betracht kom- men. Ob die Pfändung von Ar- beitseinkommen auch eine verhaltensbedingte Kündi- gung begründen kann, ist um- stritten. Allenfalls kommt sie in Betracht, wenn im Einzelfall zahlreiche Lohnpfändungen einen derartigen Arbeitsauf- wand des Arbeitgebers verursa- chen, dass dies – nach objekti- ver Beurteilung – zu wesentli- chen Störungen im Arbeitsab- lauf (etwa in der Lohnbuchhal- tung oder in der Rechtsabtei- lung) oder in der betrieblichen Organisation führt. Anna Franziska Hauer ist Rechtsanwältin bei Green- fort Rechtsanwälte in Frank- furt. „Einem nackten Mann greift man nicht in die Tasche“, sagt der Volks- mund. Wenn Gläubiger wegen einer Geldforde- rung die Zwangsvollstre- ckung betreiben, sind meist keine Vermögens- gegenstände (mehr) vorhanden, die sich „ver- silbern“ ließen. Aber wie kommt man als Gläubi- ger an sein Geld, wenn beim Schuldner keine werthaltigen Gegenstän- de vorhanden sind, auf die der Gerichtsvollzie- her seinen „Kuckuck“ kleben kann? Von Anna Franziska Hauer LOHNPFÄNDUNGEN lassen dem betroffenen Arbeitgeber kaum Handlungsspielraum Hat der Schuldner Arbeit, freut das den Gläubiger RECHTSFRAGEN IM FIRMENALLTAG Anna Franziska Hauer Horst Johannes und Ehefrau Barbara Leibold-Johannes füh- ren die Firma Josef Leibold Ka- rosserie- und Fahrzeugbau GmbH in vierter Generation. Das Unternehmen in Künzell hat sich auf Fahrzeugaufbau- ten spezialisiert, bietet Repara- turen und einen 24-Stunden- Notdienst an. Das Paar muss- ten den Betrieb überstürzt übernehmen, als ihr Vater krank wurde. Ihr Sohn Florian Johannes konnte die Entscheidung, ob er die Firma übernehmen will, in Ruhe treffen. Er hat sich mitt- lerweile auf die Führungsauf- gaben vorbereitet und ist als Werkstattleiter mit Personal- verantwortung tätig. 2018 wird er die Ausbildung zum Karosse- rie- und Fahrzeugbaumeister abschließen und den Betrieb übernehmen. Die Firma Stahl- und Metall- bau Böschen GmbH & Co.KG in Fulda entwickelte sich über Jahrhunderte von einer klei- nen Schmiede zu einem re- nommierten Stahl- und Me- tallbauunternehmen. Bereits als Kind machte Johannes Bös- chen die Werkstatt seines Va- ters Matthias Böschen unsi- cher. Johannes Böschen schloss seine Ausbildung als Metallbauer Fachrichtung Konstruktionstechnik 2002 so- wie 2007 sein Studium zum Dipl. Ing. (FH) für Stahl- und Metallbau ab. Es war klar, dass er anschließend seinen Vater im elterlichen Betrieb unter- stützen würde. 2012 im Alter von 67 Jahren begann Matthias Böschen seinen Ruhestand zu planen. Schließlich wurde sein Sohn in achter Generation 2014 sein Nachfolger. Eine konkrete Planung erfolgte vor- her nicht. Johannes Böschen stellt fest: „Themen wie Strate- gische Unternehmenspla- nung, Personalentwicklung und Unternehmensführung blieben auf der Strecke.“ Ungewöhnlich und spontan verlief die Betriebsübergabe von Edgar Paul an Peter van den Tol. 1989 gründete der In- dustrie- und Drechslermeister Edgar Paul sein Unternehmen zum An- und Verkauf von Holzbearbeitungsmaschinen in Hettenhausen. Entstanden ist eine bei Insidern internatio- nal bekannte Firma mit mehr als 3000 Quadratmetern Hal- lenfläche an vier Standorten im Kreis Fulda, die 400 Holzbe- arbeitungsmaschinen beher- bergen. Peter van den Tol kam 2016 kam als Techniker über ei- nen Auftrag als IT-Berater bei der EDAG in die Region Fulda. Auf der Suche nach einer Un- terstellmöglichkeit für seinen Oldtimer lernte er Edgar Paul kennen. Dieser suchte einen Nachfolger, Peter van den Tol wollte in der Region Fulda blei- ben und sich hier selbständig machen. Im Frühjahr 2017 übernahm er den operativen Geschäftsbetrieb. Unterstützt wird Bash von seiner Partnerin Martina. Paul hilft als Senior- experte, so dass die Übernah- me gleitend erfolgt. Die Teilnahme am Gründer- abend ist gratis. Um eine An- meldung wird gebeten. Wie gelingt eine Unter- nehmensnachfolge? Das ist ein Thema des Grün- derabends am 15. No- vember bei der IHK Ful- da (19 Uhr). Dabei prä- sentiert Unternehmens- beraterinTanja Ebbing drei gelungene Beispie- le, die sie zum Teil selbst begleitet hat. Von Volker Nies Wie Betriebsübergaben gelingen GRÜNDERABEND am 15. November zeigt drei erfolgreiche Beispiele Gelungener Wechsel bei Böschen Metallbau in Fulda (von links): Johannes Böschen, Tanja Ebbing und Stephan Nolte. Fotos: Robert Gross, privat Firmenübergabe in Hettenhausen: Peter van den Tol (links) übernahm die Fir- ma Edgar Paul und benannte sie in Peter Bash Industry 4.0 GmbH um. Erfolgreicher Wechsel bei Josef Leibold Karosserie- und Fahrzeugbau (von links): Horst Johannes, Barbara Leibold-Johannes, Florian Johannes, Tanja Ebbing nennt diese Erfolgsfaktoren einer Un- ternehmensnachfolge: 1. Klärung der Erwartun- gen: Wird der Nachfolger aus freien Stücken selbst- ständig? Will er die Firma übernehmen oder lieber eine Firma nach eigenen Ideen gründen? 2. Voraussetzungen schaffen: Ist die Firma zukunftsfähig – von ihren Mitarbeitern, Produkten und Strukturen, Technik und Standort? 3. Finanzielle Tragfähig- keit der Firma prüfen. 4. Wechsel frühzeitig planen, mindestens fünf Jahre vor Übergabe. 5. Berater nutzen. Sie zei- gen Brennpunkte auf. Für sie gibt es Zuschüsse. TIPPS region-fulda.de WEB

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Samstag, 4. November 201740 WIRTSCHAFT UND KARRIERE AM WOCHENENDE

Beim Wettbewerb um die alljährlich gekürten drei

Hessen-Champions sind ost hessische Fir-men erfolgsverwöhnt. In den vergangenen vier Jahren kam stets mindestens ein Sieger aus dem Kreis Fulda. 2015 gingen sogar alle Titel in den Kategorien Jobmotor, Innovation und Weltmarktführer in den Kreis Fulda. In diesem Jahr sind zwei Unternehmen aus der Region für den Titel nominiert: die Hünfel-der Schreinerei Kiefer für eine bahnbrechen-de Innovation im Türen-einbau, der Schlitzer In-ternethändler Lampen-welt für sein Wachs-tum. Schlitz im Osten des Vogelsbergkreises gehört zwar zum Vo-gelsbergkreis, ist aber zweifellos Teil der Wirt-schaftsregion Fulda. Die Erfolge der vergan-genen Jahre könnten den Beobachter dazu verleiten, die Messlatte für die Bewerber aus der Region zu hoch zu legen. Schon die Nomi-nierung für das Hessen-Champion-Finale ist ein gewaltiger Erfolg, denn der Preis ist höchst be-gehrt. Der Vergleich zum Sport passt gut: Schon die Qualifikation für die Olympischen Spiele ist eine Hürde, die die wenigsten schaffen. Auch der Kreis der Nominierten für den Hessen-Cham-pion ist klein und fein. Deshalb darf man den beiden Teilnehmern aus der Region heute schon zum Finale gratulieren – und ihnen trotzdem zugleich für noch mehr die Daumen drücken.

Verwöhnt

Volker Nies

Es lassen sich nicht nur Gegen-stände pfänden. sondern auch Forderungen, die der Schuld-ner gegen einen Dritten hat. Deshalb ist die Pfändung von Arbeitsentgelt – als sichere Ein-nahmequelle des Schuldners – eines der häufigsten Mittel der

Zwangsvollstreckung. Der Gläubiger greift auf die Ent-geltforderung direkt beim Ar-beitgeber zu: Die Vergütung wird dem Konto des Schuld-ners erst gar nicht gutgeschrie-ben. Der Arbeitgeber überweist nur noch die nicht pfändbaren Einkommensbestandteile auf das Konto des Schuldners.

Die Lohn- oder Gehaltspfän-dung ist beim zuständigen

Amtsgericht zu beantragen. Die Pfändung wird bewirkt, in-dem dem Drittschuldner, also dem Arbeitgeber, der soge-nannte Pfändungs- und Über-weisungsbeschluss zugestellt wird. Er beinhaltet grundsätz-lich das Verbot, das Gehalt an den Arbeitnehmer auszuzah-len. Ignoriert der Arbeitgeber dieses Verbot, bleibt er gegen-über dem Gläubiger weiter zur Zahlung verpflichtet. Für den Arbeitgeber bedeutet eine

Lohnpfändung vor allem ei-nes: organisatorischer und fi-nanzieller Aufwand. Er ist ver-pflichtet, an der Zwangsvoll-streckung mitzuwirken. Der Arbeitgeber hat den pfändba-ren Teil des Arbeitseinkom-mens selbst zu ermitteln und dem Gläubiger zu überweisen.

Dem Vollstreckungsschuld-ner muss aus sozialen Gründen ein Mindesteinkommen ver-bleiben („Pfändungsfreigren-ze“). Die Pfändung von Ar-beitseinkommen ist daher nicht uneingeschränkt mög-lich. Zur Ermittlung der jewei-ligen Höhe der Freigrenze stellt die Zivilprozessordnung eine tabellarische Übersicht zur Verfügung. Bestimmte Ein-kommensbestandteile sind zu-dem von vornherein unpfänd-bar, etwa Aufwandsentschädi-gungen, Erziehungsgelder und Studienbeihilfen.

Auf Verlangen des Gläubi-gers muss der Arbeitgeber bin-nen zwei Wochen nach Erhalt des Pfändungs- und Überwei-sungsbeschlusses eine Dritt-schuldnererklärung abgeben.

Darin muss er unter anderem die Entgeltansprüche des Ar-beitnehmers und die sich hie-raus ergebenden pfändbaren Beträge aufführen und erklä-ren, ob er die Forderung aner-kennt und zur Zahlung bereit ist, ob noch andere Personen Ansprüche auf das Arbeitsein-kommen des Schuldners gel-tend machen oder bereits an-dere Pfändungen vorliegen.

Sind die Auskünfte falsch oder verweigert der Arbeitge-ber die Auskunft, kann er sich gegenüber dem Gläubiger schadensersatzpflichtig ma-chen. Haben mehrere Gläubi-ger das Arbeitseinkommen ge-pfändet, muss der Arbeitgeber die Pfändungen in der Reihen-folge der Zustellung der Pfän-dungs- und Überweisungsbe-schlüsse berücksichtigen.

Verweigert der Arbeitgeber die Zahlung an den Gläubiger, kann dieser eine Zahlungskla-ge gegen ihn erheben. Das Voll-streckungsgericht prüft näm-lich vor Veranlassung der Pfän-dung nicht, ob die vom Gläu-biger behauptete Forderung auch wirklich besteht. Hierü-ber haben sich vielmehr Gläu-biger und Arbeitgeber (gericht-lich) auseinanderzusetzen.

Die privaten Vermögensver-hältnisse des Arbeitnehmers haben grundsätzlich keine kündigungsgrechtliche Rele-vanz. Wird ein Arbeitnehmer allerdings in einer Vertrauens-stellung in einem finanziell sensiblen Bereich tätig und ist

die private Verschuldung nicht durch eine Notlage verursacht, kann dies möglicherweise die Eignung für die vertraglich ge-schuldete Tätigkeit entfallen lassen. In diesen Fällen kann deshalb in Ausnahmefällen ei-ne personenbedingte Kündi-gung des Arbeitnehmers und Schuldners in Betracht kom-men. Ob die Pfändung von Ar-beitseinkommen auch eine verhaltensbedingte Kündi-gung begründen kann, ist um-stritten. Allenfalls kommt sie in Betracht, wenn im Einzelfall zahlreiche Lohnpfändungen einen derartigen Arbeitsauf-wand des Arbeitgebers verursa-chen, dass dies – nach objekti-ver Beurteilung – zu wesentli-chen Störungen im Arbeitsab-lauf (etwa in der Lohnbuchhal-tung oder in der Rechtsabtei-lung) oder in der betrieblichen Organisation führt.

Anna Franziska Hauer ist Rechtsanwältin bei Green-fort Rechtsanwälte in Frank-furt.

„Einem nackten Mann greift man nicht in die Tasche“, sagt der Volks-mund. Wenn Gläubiger wegen einer Geldforde-rung die Zwangsvollstre-ckung betreiben, sind meist keine Vermögens-gegenstände (mehr) vorhanden, die sich „ver-silbern“ ließen. Aber wie kommt man als Gläubi-ger an sein Geld, wenn beim Schuldner keine werthaltigen Gegenstän-de vorhanden sind, auf die der Gerichtsvollzie-her seinen „Kuckuck“ kleben kann?

Von Anna Franziska Hauer

LOHNPFÄNDUNGEN lassen dem betroffenen Arbeitgeber kaum Handlungsspielraum

Hat der Schuldner Arbeit, freut das den Gläubiger

RECHTSFRAGEN IM FIRMENALLTAG

Anna Franziska Hauer

Horst Johannes und Ehefrau Barbara Leibold-Johannes füh-ren die Firma Josef Leibold Ka-rosserie- und Fahrzeugbau GmbH in vierter Generation. Das Unternehmen in Künzell hat sich auf Fahrzeugaufbau-ten spezialisiert, bietet Repara-turen und einen 24-Stunden- Notdienst an. Das Paar muss-ten den Betrieb überstürzt übernehmen, als ihr Vater krank wurde.

Ihr Sohn Florian Johannes konnte die Entscheidung, ob er die Firma übernehmen will, in Ruhe treffen. Er hat sich mitt-lerweile auf die Führungsauf-gaben vorbereitet und ist als Werkstattleiter mit Personal-verantwortung tätig. 2018 wird er die Ausbildung zum Karosse-rie- und Fahrzeugbaumeister abschließen und den Betrieb übernehmen.

Die Firma Stahl- und Metall-bau Böschen GmbH & Co.KG in Fulda entwickelte sich über Jahrhunderte von einer klei-nen Schmiede zu einem re-nommierten Stahl- und Me-

tallbauunternehmen. Bereits als Kind machte Johannes Bös-chen die Werkstatt seines Va-ters Matthias Böschen unsi-cher. Johannes Böschen schloss seine Ausbildung als Metallbauer Fachrichtung Konstruktionstechnik 2002 so-wie 2007 sein Studium zum Dipl. Ing. (FH) für Stahl- und Metallbau ab. Es war klar, dass er anschließend seinen Vater im elterlichen Betrieb unter-stützen würde. 2012 im Alter von 67 Jahren begann Matthias Böschen seinen Ruhestand zu

planen. Schließlich wurde sein Sohn in achter Generation 2014 sein Nachfolger. Eine konkrete Planung erfolgte vor-her nicht. Johannes Böschen stellt fest: „Themen wie Strate-gische Unternehmenspla-nung, Personalentwicklung und Unternehmensführung blieben auf der Strecke.“

Ungewöhnlich und spontan verlief die Betriebsübergabe von Edgar Paul an Peter van den Tol. 1989 gründete der In-dustrie- und Drechslermeister Edgar Paul sein Unternehmen

zum An- und Verkauf von Holzbearbeitungsmaschinen in Hettenhausen. Entstanden ist eine bei Insidern internatio-nal bekannte Firma mit mehr als 3000 Quadratmetern Hal-lenfläche an vier Standorten im Kreis Fulda, die 400 Holzbe-arbeitungsmaschinen beher-bergen. Peter van den Tol kam 2016 kam als Techniker über ei-nen Auftrag als IT-Berater bei der EDAG in die Region Fulda. Auf der Suche nach einer Un-terstellmöglichkeit für seinen Oldtimer lernte er Edgar Paul

kennen. Dieser suchte einen Nachfolger, Peter van den Tol wollte in der Region Fulda blei-ben und sich hier selbständig machen. Im Frühjahr 2017 übernahm er den operativen Geschäftsbetrieb. Unterstützt wird Bash von seiner Partnerin Martina. Paul hilft als Senior-experte, so dass die Übernah-me gleitend erfolgt.

Die Teilnahme am Gründer-abend ist gratis. Um eine An-meldung wird gebeten.

Wie gelingt eine Unter-nehmensnachfolge? Das ist ein Thema des Grün-derabends am 15. No-vember bei der IHK Ful-da (19 Uhr). Dabei prä-sentiert Unternehmens-beraterinTanja Ebbing drei gelungene Beispie-le, die sie zum Teil selbst begleitet hat.

Von Volker Nies

Wie Betriebsübergaben gelingenGRÜNDERABEND am 15. November zeigt drei erfolgreiche Beispiele

Gelungener Wechsel bei Böschen Metallbau in Fulda (von links): Johannes Böschen, Tanja Ebbing und Stephan Nolte. Fotos: Robert Gross, privat

Firmenübergabe in Hettenhausen: Peter van den Tol (links) übernahm die Fir-ma Edgar Paul und benannte sie in Peter Bash Industry 4.0 GmbH um.

Erfolgreicher Wechsel bei Josef Leibold Karosserie- und Fahrzeugbau (von links): Horst Johannes, Barbara Leibold-Johannes, Florian Johannes,

Tanja Ebbing nennt diese Erfolgsfaktoren einer Un-ternehmensnachfolge: 1. Klärung der Erwartun-gen: Wird der Nachfolger aus freien Stücken selbst-ständig? Will er die Firma übernehmen oder lieber eine Firma nach eigenen Ideen gründen? 2. Voraussetzungen schaffen: Ist die Firma zukunftsfähig – von ihren Mitarbeitern, Produkten und Strukturen, Technik und Standort? 3. Finanzielle Tragfähig-keit der Firma prüfen. 4. Wechsel frühzeitig planen, mindestens fünf Jahre vor Übergabe. 5. Berater nutzen. Sie zei-gen Brennpunkte auf. Für sie gibt es Zuschüsse.

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