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HAUPTBEITRÄGE Österreich Z Soziol (2014) 39:43–60 DOI 10.1007/s11614-014-0114-x Für die Durchsicht des Manuskripts und wertvolle Anmerkungen sowie Kritik danken wir Jonas Meixner, Marie-Christine Hamm und Moritz Overbeck. Andreas Kroneder und Regine Schwab danken wir für die hilfreichen Korrekturen während der Endredaktion. Zudem möchten wir uns bei den anonymen Gutachtern für zahlreiche Hinweise und Denkanstöße bedanken. © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 F. Schumacher () Institut für Soziologie, Global Studies Programme, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Rempartstr. 15, 79085 Freiburg im Breisgau, Deutschland E-Mail: fl[email protected] C. Schneickert Philosophische Fakultät III, Institut für Sozialwissenschaften, LB Vergleichende Strukturanalyse, Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10099 Berlin, Deutschland E-Mail: [email protected] Writing Distinction – Eine illegitime Kultur als subkulturelles Feld Christian Schneickert · Florian Schumacher Zusammenfassung: Graffiti ist eine illegitime Kultur, zeichnet sich aber durch hohe Abstrakt- heit und hohes Distinktionspotential auf ästhetischer Ebene aus. Der Artikel argumentiert, dass sich diese Eigenschaften aus der Autonomisierung von Graffiti-Writing als subkulturelles Feld ergeben, und rekonstruiert die Regeln dieses Feldes. Schlüsselwörter: Bourdieu · Feldtheorie · Graffiti · Kunst · Sozialer Raum Writing distinction: an illegitimate culture as subcultural field Abstract: Graffiti is an illegitimate culture, yet with high potential for distinction and abstract aesthetic principles. The article considers these characteristics as result of the process of the au- tonomization of graffiti as subcultural field and aims to reconstruct its field logic. Keywords: Bourdieu · Field theory · Graffiti · Art · Social space

Writing Distinction – Eine illegitime Kultur als subkulturelles Feld; Writing distinction: an illegitimate culture as subcultural field;

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Page 1: Writing Distinction – Eine illegitime Kultur als subkulturelles Feld; Writing distinction: an illegitimate culture as subcultural field;

Hauptbeiträge

Österreich Z Soziol (2014) 39:43–60DOI 10.1007/s11614-014-0114-x

Für die Durchsicht des Manuskripts und wertvolle Anmerkungen sowie Kritik danken wir Jonas Meixner, Marie-Christine Hamm und Moritz Overbeck. Andreas Kroneder und Regine Schwab danken wir für die hilfreichen Korrekturen während der Endredaktion. Zudem möchten wir uns bei den anonymen Gutachtern für zahlreiche Hinweise und Denkanstöße bedanken.

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014

F. Schumacher ()Institut für Soziologie, Global Studies Programme, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg,Rempartstr. 15, 79085 Freiburg im Breisgau, DeutschlandE-Mail: [email protected]

C. SchneickertPhilosophische Fakultät III, Institut für Sozialwissenschaften, LB Vergleichende Strukturanalyse, Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6,10099 Berlin, DeutschlandE-Mail: [email protected]

Writing Distinction – Eine illegitime Kultur als subkulturelles Feld

Christian Schneickert · Florian Schumacher

Zusammenfassung: Graffiti ist eine illegitime Kultur, zeichnet sich aber durch hohe Abstrakt-heit und hohes Distinktionspotential auf ästhetischer Ebene aus. Der Artikel argumentiert, dass sich diese Eigenschaften aus der Autonomisierung von Graffiti-Writing als subkulturelles Feld ergeben, und rekonstruiert die Regeln dieses Feldes.

Schlüsselwörter: Bourdieu · Feldtheorie · Graffiti · Kunst · Sozialer Raum

Writing distinction: an illegitimate culture as subcultural field

Abstract: Graffiti is an illegitimate culture, yet with high potential for distinction and abstract aesthetic principles. The article considers these characteristics as result of the process of the au-tonomization of graffiti as subcultural field and aims to reconstruct its field logic.

Keywords: Bourdieu · Field theory · Graffiti · Art · Social space

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44 C. Schneickert und F. Schumacher

1 Einleitung

Die frühen kultur- und klassentheoretischen Arbeiten des Soziologen Pierre Bourdieu (1981 [1965], 1982 [1979], 1998 [1994], 1999 [1992], 2006 [1966]), die auf seiner Kon-zeption des sozialen Raums basieren, markierten einen radikalen Bruch in der soziologi-schen Theorie der Ästhetik, obgleich er in der Fachwelt der Kunsttheorie kaum Beachtung fand. Bourdieu verknüpfte die ästhetischen Einstellungen, das heißt die Geschmacks-urteile, mit den objektiven Existenzbedingungen, das heißt der Klassenlage. Entspre-chend findet sich eine reine Ästhetik im Sinne Kants empirisch eher bei Personen aus den höheren Gesellschaftsschichten (vgl. Bourdieu 1982 [1979], S. 24). Demgegenüber beru-hen die ästhetischen Einstellungen der unteren Klassen und Schichten stärker auf einer alltäglichen und pragmatischen Ästhetik. Dies zeigt sich besonders deutlich an der Fähig-keit, ein Kunstwerk zu „entschlüsseln“, es also – gemessen an den Maßstäben bürger-lichen Ästhetik – adäquat zu verstehen. Je mehr Hintergrundkenntnisse zum Verständnis eines spezifischen Kunstwerkes benötigt werden, desto höher ist sein Distinktionswert. Kunst- und Kulturobjekte werden demnach in den höheren Etagen der Gesellschaft zur Abgrenzung gegenüber den unteren Milieus verwendet.

Der vorliegende Beitrag argumentiert, dass subkulturelle Praktiken wie Graffiti-Wri-ting mit diesem auf Klassendifferenzen ausgerichteten Ansatz jedoch nicht angemessen beschreibbar sind. Weitaus besser als mit Bourdieus klassentheoretischer Theorie zum sozialen Raum lassen sich diese mit Bourdieus Feldtheorie analysieren, nach der die zugrundeliegenden Positionen nicht nur ungleichheitstheoretisch, sondern auch diffe-renzierungstheoretisch bestimmt werden müssen (vgl. Schumacher 2011, S. 23, 28 f., 131–136; Lenger und Schumacher 2009, S. 31–33).1

Dazu werden zunächst Bourdieus kunstsoziologische Überlegungen im Rahmen sei-ner Rezeptionstheorie sowie der späteren Feldtheorie dargestellt (Kap. 2). Sodann wird Graffiti als eigenständiges, vom Feld der Kunst sowie der Hip-Hop-Subkultur unabhän-giges Feld beschrieben und dessen Eigenschaften rekonstruiert (Kap. 3). Das Fazit gibt einen Ausblick und hofft auf die empirische Bestätigung der vorgelegten theoretischen Überlegungen.

2 Rezeptionstheorie und Feldtheorie

Im Rahmen seiner Schriften zum sozialen Raum publizierte Bourdieu vor allem drei Werke, in welchen Kunst und Ästhetik eine zentrale Rolle spielen: seine 1965 und 1966 erstmals erschienenen Studien zu den unterschiedlichen sozialen Gebrauchsweisen der Photographie (Bourdieu 1981 [1965]) und zu den Besuchern europäischer Kunstmuseen (Bourdieu und Darbel 2006 [1966]) sowie sein Hauptwerk „Die feinen Unterschiede“ (Bourdieu 1982 [1979]).

1 Der Zusammenhang der Konzepte von sozialem Raum und sozialem Feld ist innerhalb von Bourdieus Werk theoretisch nicht gelöst und wird (wohl auch deshalb) innerhalb der Bourdieu-Rezeption kontrovers diskutiert (vgl. LiPuma 1993; Kieserling 2008; Petzke 2009; Rehbein 2003).

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Vor dem Hintergrund der Unterteilung der Gesellschaft in Klassen analysiert er für seine Konzeption des sozialen Raums drei grundlegende soziale Klassenhabitus. Diese beruhen auf drei Lebensstilen und drei unterschiedlichen ästhetischen Einstellungen, die aus sozialen Positionen resultieren (siehe Lenger und Schumacher 2009, S. 26–28). Die ästhetische Einstellung, so der Bourdieu’sche Gedanke, schlägt sich im von klein auf erworbenen Habitus einer Person nieder. Der Habitus bzw. die soziale Position einer Person lässt sich also nicht alleine am Einkommen oder am Beruf ablesen, sondern wesentlich auch am Geschmack, d. h. an scheinbar banalen Präferenzen in Bereichen wie Wohnungseinrichtung oder musikalische Vorlieben (vgl. Bourdieu 2001 [1997], S. 192). Den sozialen Lebensstilen liegt der Geschmack als Erzeugungsformel zugrunde (siehe Rehbein et al. 2009; zu den philosophischen Grundlagen dieser Überlegung siehe Schnei-ckert 2013b). Als Geschmack bezeichnet Bourdieu die ästhetischen Wahrnehmungs- und Bewertungsschemata grundlegend verschiedener Klassenhabitus (vgl. Schwingel 1997, S. 147; Schumacher 2011, S. 84 f.).

Von Karl Marx übernimmt Bourdieu dabei die Idee, dass die materiellen Existenz-bedingungen die persönlichen, politischen und kulturellen Einstellungen, Vorlieben und Abneigungen, kurz den Habitus, entscheidend prägen. Anders als Marx geht er jedoch nicht von einem einfachen Basis-Überbau-Modell aus, nachdem die herrschen-den Gedanken eben die Gedanken der Herrschenden sind (vgl. Marx und Engels 1959 [1845/46], S. 46). Vielmehr integriert er die von Max Weber entwickelte Vorstellung, dass diese Einstellungen und Praktiken (etwa der Geist des Kapitalismus, vgl. Weber 1905) selbst massiven Einfluss auf die materiellen Existenzbedingungen ausüben. Für Kunst und Kultur heißt das: Die habituelle Präferenz für die allgemein anerkanntesten kultu-rellen Werke, welche zum Kanon der legitimen Kultur einer Gesellschaft gehören (zum Beispiel die klassische Musik, die „schönen Künste“ oder die anspruchsvolle Literatur), entspringt nicht nur privilegierten sozialen Existenzbedingungen, sondern trägt auch zu deren kultureller Legitimation und damit Reproduktion bei. Dem gegenüber steht der populäre Geschmack der Volksklassen oder unteren Klassen. Diese präferieren, so Bour-dieu, traditionell leichte „kulturelle Kost“ ohne künstlerischen Anspruch oder aber durch eine weite Verbreitung entwertete ehemalige ernste Kunst (Chanson, Schlager, Popmusik, Groschenroman) (Bourdieu 1982 [1979], S. 38), weshalb ihnen der kulturelle Zugang zu den höheren Kreisen der Gesellschaft meist verschlossen bleibt.

In „Die feinen Unterschiede“ führt Bourdieu die Unterscheidung von legitimem Geschmack und populärem Geschmack auf die Unterscheidung von reiner Ästhetik und populärer Ästhetik von Immanuel Kant zurück. In seiner ästhetischen Theorie differen-ziert Kant bezüglich ästhetischer Urteile zwischen dem, was „gefällt“, und dem, was „vergnügt“ (Kant 1974 [1790]; vgl. auch Schumacher und Wuggenig 2009, S. 361). Bourdieu zufolge assoziiert Kant das Gefallen mit dem „interesselosen Wohlgefallen“, das den einzigen Garanten für die ästhetische Qualität darstelle und „für die eigentli-che ästhetische Beschaffenheit der Anschauung und dem Interesse der Vernunft, das das Gute definiert“ (Bourdieu 1982 [1979], S. 24). Basiert das ästhetische Urteil hingegen auf dem Vergnügen, so erfüllt es eine Funktion und verliert seine Reinheit. Die Bewer-tung ist dann keine rein ästhetische mehr, sondern wird auf die Normen der Moral oder die Zwecke der Unterhaltung zurückgeführt. Kant spricht an dieser Stelle vom „barba-rischen Geschmack“, den er von der reinen Ästhetik unterscheidet: Beim barbarischen

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Geschmack steht die rein ästhetische Bewertung nicht mehr im Mittelpunkt; er wird von externen Zwecken dominiert. Die tatsächlich ästhetische Bewertung dagegen bezieht sich nicht auf die Geschichte, die Moral oder die Politik. Kurzum: Sie bezieht sich auf nichts außerhalb der Ästhetik. Das heißt, sie bedeutet nichts als das, was sie selbst bezüglich des Kunstwerks ist. Sie bezieht sich auf keinen Punkt außerhalb des Ästhetischen (vgl. ebd., S. 84). Diese Lesart der Kant’schen Kategorien als Gegensatz eines reinen Geschmacks und eines barbarischen Geschmacks bildet die Grundlage von Bourdieus sozialer Geschmacksdifferenzierung zwischen reiner und populärer Ästhetik. Der populäre Geschmack und damit die ihm angemessene populäre Ästhetik basieren darauf, zwischen Kunst und Leben einen Zusammenhang herzustellen. Es wird darin „eine systematische Reduktion der Dinge der Kunst auf die Dinge des Lebens“ vollzogen (vgl. ebd., S. 24). Dies zeigt sich nicht nur in der Bewertung der Kunst nach sozialen Funktionen oder Anwendungsmöglichkeiten, sondern auch in den Konzeptionen selbst, die direkt ans all-tägliche Leben anschließen. Nach den Maßstäben der populären Ästhetik besteht folglich keine Trennung „zwischen gewöhnlicher Alltagseinstellung und genuin ästhetischer Ein-stellung“ (ebd., S. 64). So weisen etwa populäre Theaterstücke oder Filme fast durchwegs einen chronologischen und leicht verständlichen Handlungsablauf auf, welcher auf ein Happy End ausgerichtet ist. Anders als etwa im avantgardistischen Theater, welches oft mehrdeutige, symbolische Charaktere und Handlungen präsentiert, stehen bei der popu-lären Handlung einfach gezeichnete Situationen und typisierte Figuren im Vordergrund. Die populäre Kultur ist somit weitgehend auf die Funktion der Unterhaltung ausgerichtet. Hierzu müssen Handlung und Figuren auf die Bedürfnisse eines breiten Publikums hin konzipiert sein. Der Zuschauer soll sich einfühlen und letztendlich mit dem Produkt iden-tifizieren können. Dies führt zu einer Suspendierung von Formexperimenten und genuin ästhetischen Effekten, es sei denn, diese verstärken eine direkte Funktion bezüglich des Verlaufs der Handlung. Die Form unterliegt vollständig der Funktion der Narration. Der Zuschauer wird einbezogen, soll sich mit den Personen auf der Bühne oder der Lein-wand identifizieren und an deren Schicksal Anteil nehmen: Er lebt deren Leben mit. Die populäre Handlung „gründet in einer Art Besetzung (im psychoanalytischen Sinn), einer Voreingenommenheit für, oder wenn man will, einem vorgängigen Entschluss zu ,Naivi-tät‘, Offenheit und Leichtgläubigkeit (,wir sind ja hier, um uns zu amüsieren‘)“ (ebd., S. 65). Diese „Durchschnittskunst“ versucht möglichst Gemeinplätze zu besetzen, die dem Publikum als Projektionsfläche dienen. Systematisch verbannt werden demzufolge Themen, die Kontroversen auslösen oder das Publikum nachhaltig schockieren könn-ten. Der ,barbarische Geschmack‘ erwartet, dass das Kunstwerk die „Schönheit“ und das „Wohlgefallen an der Welt“ darstellt, das Werk erscheint nur dann als umfassend gerecht-fertigt, „wenn das Dargestellte dies auch verdient, wenn die Darstellungsfunktion einer höheren untergeordnet bleibt, nämlich: ein Stück Wirklichkeit, das würdig ist, verewigt zu werden, dadurch zu glorifizieren, dass man es festhält“ (ebd., S. 85).

Die verschiedenen Auffassungen von Ästhetik existieren jedoch in der Gesellschaft nicht einfach nebeneinander, sondern stehen Bourdieu zufolge in einem hierarchischen Verhältnis. Die populäre Ästhetik entwickelte sich in Abgrenzung zur herrschenden Ästhetik und stellt zu dieser einen negativen Bezugspunkt dar. In ihr dominiert die Funk-tion gegenüber der Form. Während die populäre Ästhetik in ihrem naiven Glauben ans Dargestellte im Natürlichen, Gegebenen und in der sozialen Umwelt verhaftet ist, basiert

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die reine Ästhetik mit ihrer Distanziertheit, Interesselosigkeit und Gleichgültigkeit auf einer Verweigerung gegenüber der Welt (vgl. ebd., S. 68). Der Primat der Form führt auf der Gegenseite zu einer Verleugnung der Funktion (vgl. ebd., S. 25 f.).

Exemplarisch zeigte Bourdieu dies anhand der Kommentare von Befragten auf, denen eine Photographie vorgelegt wurde, welche die Hände einer alten Frau zeigen: Während Arbeiter fast ausschließlich praktische und bewertende Kommentare abgaben („komisch“, „verkrüppelt“), waren die Kommentare der Angehörigen der mittleren Klas-sen vorrangig funktional bezüglich der vermutlich geleisteten harten Arbeit. Die Vertreter der herrschenden Klasse schließlich konzentrierten sich in ihren Kommentaren überwie-gend auf die ästhetischen Merkmale der Photographie und gaben rein ästhetische Bewer-tungen ab. Wie Bourdieu an einer Reihe solcher Beispiele aufzeigt, werden die Antworten mit höherem Rang auf der sozialen Stufenleiter zunehmend abstrakter, zudem werden häufiger auch Bezüge zu anderen künstlerischen oder kulturellen Bereichen hergestellt. Dies zeugt Bourdieu zufolge „von jener Neutralisierung, von jener Distanzierung, die der bürgerliche Diskurs über die Sozialwelt voraussetzt und herstellt“. Die ästhetische Ein-stellung fundiert somit auf der Distanz zur materiellen Notwendigkeit beziehungsweise der „wirklichen“ Welt des praktischen Lebens. Der rein ästhetische Blick und die ästhe-tische Einstellung basieren auf einer umfassenden Freiheit gegenüber den Zwängen der ökonomischen Notwendigkeit, die eine privilegierte Stellung innerhalb des Sozialraums gewährt (vgl. ebd., S. 104). Diese privilegierte Stellung ermöglicht eine „Neutralisierung der im Alltag sich manifestierenden Zwänge“ (ebd., S. 101). In der Distanz zur Welt, die das Fundament der bürgerlichen Welterfahrung darstellt, entsteht mit der ästhetischen Einstellung eine „Praxis ohne praktische Funktion“ (ebd., S. 101 f.). Bourdieu assoziiert diese ästhetische Einstellung der bürgerlichen Welterfahrung auch mit der Spielwelt von Kindern:

Wer den Spielen der Bildung und Kultur jenen Charakter des spielerisch Ernsten konzediert, den bereits Platon forderte – Ernsthaftes ohne den Geist des Ernsthaf-ten, Ernsthaftigkeit im Spiel, die stets das Spiel um Ernsthaftes voraussetzt –, der muss einer von denen sein, die aus ihrem Leben wenn nicht wie der Künstler eine Art Kinderspiel zu machen vermochten, so doch die Beziehung zur Welt der Kind-heit lange, bisweilen sogar ihr ganzes Leben über aufrechterhalten konnten (jedes Kind beginnt sein Leben wie ein Bourgeois: in einem Verhältnis magischer Gewalt über die anderen und vermittels ihrer über die Welt, tritt dann aber, mehr oder min-der früh, aus dem Stadium der Kindheit heraus). (ebd., S. 101 f.)

Der Ästhetizismus der bürgerlichen Welterfahrung, die auf dem Primat der Form basiert, ist, so folgert Bourdieu weiter, „einzig um den Preis einer Neutralisierung jedweden affektiven oder ethischen Interesses für das Objekt der Darstellung zu erreichen“ (ebd., S. 86). Bourdieu kritisiert im Rahmen seiner frühen Untersuchung „Die feinen Unter-schiede“ explizit den Ästhetizismus als Prinzip bürgerlicher Lebensart (ebd., S. 90).

Die ästhetischen und gesellschaftlichen Gegensätze markieren das Konkurrenzverhält-nis zwischen „der Welt der ökonomischen Zwänge und der Welt der durch ökonomi-sche Macht von jenen Zwängen befreiten künstlerischen Freiheiten“ (ebd., S. 103). In der Distanziertheit des reinen ästhetischen Blicks, die auf einem allgemeinen Hang zum Zweckfreien und Interesselosen fußt, drückt sich eine Distanzierung zu den mittellosen

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unteren Schichten aus. Und so stellt das Prinzip der reinen Ästhetisierung für die unte-ren Schichten eine „aristokratische Anmaßung“ dar (vgl. ebd., S. 104). Der distanzierte ästhetische Blick des Künstlers und Intellektuellen ist nur auf dem Fundament einer Welt der körperlichen Arbeit der unteren Klassen möglich. Diese stellt einen „unsichtbaren Sockel“ für die Entwicklung der künstlerischen Perspektive dar (Bourdieu 2001 [1997], S. 35). Die exponierte Nutzlosigkeit und die ästhetische Stilisierung des Lebens in der „hohen“ Kunst betrachtet Bourdieu als amoralisch und fern jeder Ethik, da sie auf einer „ursprünglichen Verdrängung“ basiert, welche der symbolischen Disposition zugrunde liegt: Sie impliziert „die Verdrängung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedin-gungen ihrer Möglichkeit“ (ebd., S. 36). Der Zugang zum scholastischen Universum ist demzufolge auch nur einer privilegierten gesellschaftlichen Minderheit zugänglich: „Die in ihm angelegte universelle anthropologische Möglichkeit“ bleibt fast ausschließlich dem Bürgertum und seinem Nachwuchs vorbehalten (ebd., S. 25).2

Bourdieu arbeitet in seiner Analyse heraus, dass der Sinn für Kunst nicht ein angebo-renes Talent ist, sondern aus den sozialen Lebensbedingungen resultiert, das heißt einen Lernprozess voraussetzt. Der Einblick in und das Verständnis von einer bestimmten Art von Kunst, sei es Oper, Museumsmalerei oder Graffiti-Writing, erfordert grundsätzlich immer ein Hineinwachsen in eine Kultur oder Subkultur, in der das Verständnis geteilt wird: „Die Fähigkeit des Sehens bemisst sich am Wissen“ (Bourdieu 1982 [1979], S. 19).

Dabei wendet sich Bourdieu in seinen Schriften stets gegen die verbreitete, aus seiner Perspektive aber ideologische, Vorstellung einer angeborenen Begabung für die Kunst. Vielmehr ist der scheinbar angeborene „gute Geschmack“ auf die Sozialisation zurück-zuführen. Diesem Mythos vom voraussetzungslosen besonderen Blick des Kunstmen-schen, vom Privileg des reinen Blicks des Kunstliebhabers auf das Kunstwerk, setzt Bourdieu die Analyse der sozialen Voraussetzungen dieser ästhetischen Erfahrung ent-gegen: Das Auge des Kunstverständigen jeder Couleur basiert demzufolge weniger auf individuellem Talent als vielmehr auf distinktiven Habitusformen einer sozialen Klasse. In seinen späteren Überlegungen fügt er seiner klassenspezifischen Rezeptionstheorie die differenztheoretische Konzeption sozialer Felder hinzu, die er insbesondere am Feld der Kunst expliziert (Bourdieu 1999 [1992], S. 412, 452 f.; vgl. auch Schumacher 2011, S. 119–167).

Im sozialen Raum befinden sich die ästhetischen Dispositionen in einer relativ klaren Hierarchie. Der ,legitime Geschmack‘ ist der Geschmack der herrschenden Klasse, wäh-rend der populäre Geschmack der unteren Klassen von den Oberschichten zwar verstan-den (decodiert) werden kann, de facto aber symbolisch abgewertet wird. Demgegenüber fokussiert das Konzept sozialer Felder stärker auf den Gegensatz von Insidern und Out-sidern. So wird Graffiti zwar als soziale Praxis (Sachbeschädigung etc.) verstanden und als illegitim abgewertet, bringt aber ästhetische Prinzipien hervor, die nur feldspezifisch decodiert werden können. Darin liegt unserer Ansicht nach der differenzierungstheoreti-sche Kern einer Herausforderung der symbolischen Ordnung ,von Unten‘.

2 Diese theoretischen Annahmen kann Bourdieu teilweise auch empirisch bestätigen, insbeson-dere in seiner frühen Untersuchung „Die Liebe zur Kunst“ von 1966, in der BesucherInnen europäischer Kunstmuseen befragt wurden (Bourdieu und Darbel 2006 ).

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Diese Konzeption von ästhetischen Dispositionen, die besondere Fähigkeit des Erken-nens, entwickelte Bourdieu im Wesentlichen aus den kunsttheoretischen Betrachtungen von Erwin Panofsky (1975, 1998a, b; vgl. dazu Schumacher 2013). Panofsky zufolge las-sen sich unterschiedliche Niveaus der Entschlüsselung von Kunstwerken benennen. Eine adäquate Interpretation liegt demzufolge nur dann vor, wenn dem Betrachter oder der Betrachterin der angemessene kulturelle Schlüssel zur Dekodierung zur Verfügung steht. Bourdieu hält diese Vorstellung Panofskys in seinen späteren Schriften jedoch immer noch für zu formal und scholastisch (1999 [1992], S. 491). Gemäß seiner praxeologi-schen Perspektive ist die Dekodierung von Kunstwerken zwar ebenfalls eine methodi-sche Fähigkeit, deren Beherrschung aber hängt von dem jeweiligen sozialen Hintergrund ab und ist somit keine intellektuelle, sondern eine habituelle Praxis (Schumacher 2013, S. 115–120). Wie ein Kunstwerk gesehen und gelesen werden kann, ist vom Kunstsach-verstand determiniert, dieser wiederum hängt aber von der Sozialisation ab. In seinem Spätwerk bezieht Bourdieu diese Fähigkeit zur Dekodierung schließlich auf die struktu-relle Position innerhalb eines sozialen Feldes. Kurzum: Je nach verwendetem Code der Rezeption kann jedes kulturelle Produkt zum Gegenstand verschiedener Arten von Ver-ständnis werden. Betrachter blicken durch unterschiedliche „Brillen“ auf Kunstwerke und lesen diese verschieden (vgl. Kastner 2009, S. 106). Ein adäquates Verständnis von Kunst erfordert also eine andere Entschlüsselung, als diejenige des Phänomensinnes zu leisten vermag, da dieser auf der alltäglichen Wahrnehmung basiert und auf die Entschlüsselung von Alltagsgegenständen spezialisiert ist. Es ist dafür eine besondere Entschlüsselung erforderlich, nämlich diejenige, die auf dem Bedeutungssinn3 basiert. Dafür nennt Bour-dieu insbesondere zwei Elemente: die Möglichkeit der Verwendung eines spezifischen Vokabulars und die Fähigkeit, die Teilungen im künstlerischen Universum zu erkennen (vgl. Bourdieu 1974a, S. 165, 187). Am Grad der Beherrschung relevanter Kategorien bemisst sich die „Fähigkeit, eine mehr oder weniger große Anzahl sukzessiver Teilun-gen im Universum der Darstellungen vorzunehmen“ (Bourdieu und Darbel 2006 [1966], S. 72).

Die Fähigkeit des Sehens funktioniert auf dem Graffiti-Feld ähnlich wie auf dem Feld der Kunst, folgt dabei aber anderen (eigenen) Regeln. Kennt jemand nur den Unterschied zwischen Graffiti-Writing und Street Art, so gehören für ihn oder sie alle Graffitis in die-selbe Kategorie und er oder sie wird als weniger sachkundig betrachtet werden als jene, die auch die einzelnen Stilformen und Phasen der Style-Entwicklung im Graffiti über die letzten 40 Jahre kennen. Dies ähnelt Bourdieus Beschreibung der Wahrnehmungsprin-zipien auf dem künstlerischen Feld, wenn er schreibt: „Der Grad der Kunstkompetenz hängt nicht nur davon ab, in welchem Grade man das verfügbare Gliederungssystem beherrscht, sondern bestimmt sich zugleich an der Komplexität oder Verfeinerung die-ses Systems.“ (Bourdieu 1974a, S. 172) Die Wahrnehmung von Differenzen im künst-lerischen Universum basiert demnach auf der Wahrnehmung der Gemeinsamkeiten und umgekehrt: eine stilistische Charakterisierung eines Malers oder eine künstlerische Handschrift lässt sich nur in Bezugnahme zu anderen Werken erkennen und benennen

3 Zu Panofskys Unterscheidung der Begriffe „Phänomensinn“ und „Bedeutungssinn“ im Hin-blick auf das Konzept der Decodierung von Kunstwerken bei Bourdieu vgl. Schumacher (2011, S. 102–104).

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(vgl. Bourdieu 1982 [1979], S. 94 f.). Die Beherrschung dieses Wahrnehmungssystems, das die Entschlüsselung spezifisch stilistischer Merkmale leistet, bezeichnet Bourdieu als „künstlerischen Code“, den er vom „Code des täglichen Lebens“ unterscheidet. Der Code des täglichen Lebens, der für die Entschlüsselung profaner Alltagsgegenstände vor-handen ist, bezieht etwa das, was auf einem Kunstwerk zu sehen ist, auf Kategorien der alltäglichen Wahrnehmung. Writing ist nun deshalb für unsere Argumentation beson-ders geeignet, da Buchstabenkombinationen alltägliche Bedeutung besitzen, nämlich als Schrift und Sprache. Die Kombinationen im Graffiti werden demnach vom nicht einge-weihten Betrachter mit real existierenden Worten und Begriffen abgeglichen. Die gemal-ten Buchstaben werden, wie Bourdieu es für die Malerei ausdrückt, „als Indikatoren oder Signale“ aufgefasst und mit „Bedeutungen assoziiert, die der Darstellung transzendent sind“ (Bourdieu 1974a, S. 171). Der Betrachter, dem die Dechiffrierung anhand des künstlerischen Codes zur Verfügung steht, beschäftigt sich dagegen mit den einzelnen Buchstaben und der Buchstabenkombination als stilistische Indikatoren, „indem er die verwirklichte Möglichkeit, die für eine Klasse von Werken charakteristisch ist, durch ihre Differenz innerhalb des Universums der stilistischen Möglichkeiten einordnet“ (Bourdieu und Darbel 2006 [1966], S. 70). Die Buchstabenkombinationen werden nicht auf exis-tierende wörtliche Bedeutungen bezogen, sondern auf ihre stilistische Darstellungsweise in Bezug zu anderen Graffitis sowie zu den vermeintlichen Produzenten. Damit kann der Betrachter ihnen im künstlerischen Universum einen Ort zwischen anderen Kunstwerken derselben Kategorie zuweisen. Ein Kunstwerk auf eine spezifisch ästhetische Weise zu betrachten bedeutet demnach, es so zu betrachten, dass es sich nur auf den Bereich der Kunst selbst bezieht. Der künstlerische Code setzt Werke folglich nicht in Beziehung zur alltäglichen und realen Welt, sondern lediglich in Beziehung zu Welten der Kunst als autonomem Feld (vgl. Bourdieu 1999 [1992], S. 344, 393). Die beschriebenen strukturel-len Ähnlichkeiten zur Funktionsweise des künstlerischen Feldes sind ein Indikator dafür, dass Graffiti sich als eigenes Feld konstituiert hat.

3 Graffiti als Feld

Graffiti wird mittlerweile eher als Sammelbegriff für sehr unterschiedliche kulturelle und künstlerische Praktiken verwendet, weswegen wir uns zur Analyse der Regeln des Feldes auf den klassischen Teil der Graffiti-Subkultur konzentrieren – dem Graffiti-Writing. Wri-ting ist die verbreitetste Form von Graffiti und besteht grundlegend aus der Kombination von Buchstaben und/oder Zahlen zu einem persönlichen, individuellen oder kollektiven Pseudonym. Die Zusammenstellung dieser Kombination führt häufig auch zur Bildung tatsächlich existierender Wörter, in der Regel erfolgt die Zusammenstellung der Buchsta-ben aber rein ästhetischen Kriterien. Ziel ist es, das Pseudonym einerseits möglichst weit zu verbreiten (quantitativ) und andererseits ästhetisch ein immer höheres Niveau zu errei-chen (qualitativ), um Anerkennung (Ruhm/Fame/Ehre) oder in Bourdieus Worten ,sym-bolisches Kapital‘ (vgl. Bourdieu 1987 [1980], S. 122–147) im Feld zu akkumulieren.

Im Gegensatz dazu steht etwa politisches Graffiti oder Street Art, die sich nicht an einen kleinen Kreis der Eingeweihten richten, sondern explizit an ein möglichst großes

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Publikum.4 Die Ausdifferenzierung des gesellschaftlichen Phänomens Graffiti zeigt sich zunehmend auch an einer mittlerweile ansehnlichen Ansammlung von wissenschaftlicher Literatur. Jean Baudrillard sah in seinem ,Kool Killer oder der Aufstand der Zeichen‘ (1978) in der Graffiti-Bewegung noch eine revolutionäre Umwendung der postkapita-listischen und postfordistischen Gesellschaft auf symbolischer Ebene. Die mittlerweile breite Literatur zum Thema verweist dagegen eher auf die Tatsache, dass Graffiti in der Gesellschaft und im sozialwissenschaftlichen Diskurs angekommen ist (vgl. grundlegend Bianchi 1984; Lachmann 1988; Stahl 1989; Henkel et al. 1994; van Treek 2001; insbe-sondere die herausragende Arbeit von Nancy Macdonald ; Northoff 2005; Steinat 2007; klassisch Cooper und Chalfant 2002 [1984]; zur internationalen Verbreitung Ganz 2005 sowie die empirischen Studien von Sackmann 2006 und Sackmann et al. 2008). Nicht zuletzt existieren inzwischen auch erste Ansätze, das Phänomen Graffiti mit Bourdieus Feldkonzept zu analysieren. So geht Wuggenig davon aus, dass eher Street Art als Graffiti ein Feld bildet, allerdings nicht als Subfeld des künstlerischen Feldes, sondern als „Feld sui generis“ (2011, S. 233, 241). Grundsätzlich ähnlich, aber in stärkerer Anlehnung an das Konzept milieuspezifischer Traditionslinien (vgl. Vester et al. 2001, S. 33 ff.) gehen wir von Graffiti als Feld aus, dass sich aus der Subkultur Hip-Hop entwickelt hat. Dies zunächst als Subfeld, d. h. als eine der vier Säulen des Hip-Hop (,four elements‘: DJing, Rap, Breakdance und Graffiti), das sich im Laufe der Zeit dann zunehmend autonomisiert hat (siehe Klein und Friedrich 2003).

Für die Beschreibung als Feld ist Graffiti jedoch nicht als gesellschaftliches Phänomen, etwa als abweichendes, kriminologisches oder strafrechtlich relevantes Verhalten von Interesse (vgl. Glazer 1979; Wolf 2004; Keizer et al. 2008; zur ,broken windows theory‘ vgl. Kelling und Wilson 1982), sondern bezüglich der feldspezifischen Bewertung sei-ner ästhetischen Prinzipien. Somit steht die Verbindung von ungleichheitstheoretischen und feldtheoretischen Bedingungen der Fähigkeit, solche Prinzipien zu entschlüsseln, im Vordergrund. Die Fähigkeit und das Vermögen gegenüber beliebigen und vulgären Objekten wie etwa Bekleidung oder Wohnungseinrichtung eine rein ästhetische Betrach-tungsweise einzunehmen, diese künstlerisch zu stilisieren und aus ihrem alltäglichen pro-fanen Zusammenhang zu reißen, ist in Bourdieus Konzeption ein grundlegendes soziales Unterscheidungsmerkmal und trennt den legitimen Geschmack des Bürgers vom popu-lären Geschmack der unteren Schichten (vgl. Bourdieu 1982 [1979], S. 80). Wendet man die Bourdieu’sche Differenzierung auf Graffiti an, so müsste sich dafür eine Position im sozialen Raum finden (vgl. Bourdieu 1982 [1979], S. 212 f.). Ebenso wie sich etwa das Opernpublikum oder Besucher klassischer Kunstmuseen noch immer zu einem gro-ßen Anteil aus den gesellschaftlichen Oberschichten rekrutieren und das Schlagerpub-likum weitgehend aus den unteren sozialen Schichten stammt, so müsste sich nach der Logik des sozialen Raumes auch Graffiti einer sozialen Position zuordnen und mit einem Habitus verbinden lassen – unabhängig davon, ob Graffiti gesellschaftlich oder von den

4 Die hier vorgenommene Trennung ist jedoch eher analytischer Natur. In der Realität finden sich teilweise sehr starke Überschneidungen, sowohl personell als auch technisch, innerhalb der ver-schiedenen Strömungen der Graffiti-Subkultur. Für einen Überblick zum Phänomen der Street Art und der Unterscheidung siehe Reinecke (2007) und Lewisohn (2008), zum Verhältnis von Popkultur und Subkultur Diederichsen (2008).

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Akteuren selbst als Kunst betrachtet wird, handelt es sich soziologisch um eine kulturelle Praxis.5 Eine solche Homologie von sozialem Raum und kulturellen Praktiken lässt sich jedoch nicht unmittelbar nachweisen, denn die ästhetischen Prinzipien des Graffiti-Wri-ting ähneln denjenigen einer bürgerlichen Ästhetik in Bourdieus sozialem Raum. Dies ergibt sich jedoch nicht daraus, dass Graffiti Teil der legitimen Kultur der oberen Klassen ist, sondern aus der Autonomisierung der feldspezifischen Bewertungskriterien, woraus gefolgert werden kann – so die zentrale These dieses Beitrags –, dass sich Graffiti als Kunstform mit der Feldtheorie adäquat erfassen lässt.6

Aus dieser feldtheoretischen Perspektive ist auch Graffiti exklusiv. Das Feld schließt durch seine radikale Fokussierung auf die Form große Teile des Publikums aus, bezieht sich dabei aber explizit auf den öffentlichen Raum, nimmt diesen ein und zwingt sich einer großen Zahl von Betrachtern geradezu auf (vgl. Kastner 2012, S. 37). Unabhän-gig davon, ob Graffiti-Writing also als künstlerisch wertvoll oder als Sachbeschädigung wahrgenommen wird, wirft es stets die Frage auf, wem der öffentliche urbane Raum gehört (siehe Feldtkeller 1995).

Die Dekodierung der Werke ist durch die mehr oder weniger intimen Kenntnisse der Codes von Gruppen determiniert. Das Funktionieren des ästhetischen Prinzips Graffi-ti-Writing lässt sich plausibel an Bourdieus Prinzip der Decodierung veranschaulichen. Demnach entspricht Writing weitgehend den Prinzipien der reinen Ästhetik. Die forma-len Merkmale, das heißt die Variation ästhetischer Stile, der Ort des Werkes und die Häu-figkeiten bilden den Hauptzugang zur Entschlüsselung von gesprühten Werken.7 Für jede dieser Decodierungsleistungen bedarf es erheblichen Hintergrundwissens. Ohne dieses kann ein „Bild“ nicht adäquat verstanden werden. Dies kommt insbesondere darin zum Ausdruck, dass Buchstaben verwendet und nach ästhetischen Prinzipien kombiniert wer-den und dabei in der Regel keine explizit inhaltliche Bedeutung im Vordergrund steht. Graffiti-Writing lässt sich daher nicht über sprachliche Inhalte verstehen, es funktioniert alleine auf der Ebene des Formalen. Die inhaltlichen Bedeutungen sind wie etwa bei der L’art pour L’art rein symbolischer Natur. Anders ausgedrückt: Die Zeichen bedeuten nichts anderes als sie selbst. Sie verweisen nicht auf existierende sprachliche Begriffe, sondern lediglich auf den Urheber oder eine Gruppe von Urhebern (siehe Abb. 1). Ebenso wie die Genialität etwa eines berühmten Malers weniger an seinen gemalten Gegen-ständen zum Ausdruck kommt, als vielmehr an seinem Stil, lässt sich die Qualität eines Graffiti-Bildes nicht über die Bedeutung der Zeichenkombination erschließen, sondern

5 Für eine Einordnung der Gemeinsamkeiten und Abgrenzungen von Writing und anderen Kunst-formen im künstlerischen Feld siehe Nungesser (1994).

6 In ähnlicher Zielrichtung argumentiert Reckwitz, dass sich mit einer offenen Konzeption sozia-ler Felder auch subkulturelle Praktiken milieuspezifisch analysieren lassen. Dabei merkt er zu Recht an, dass Subkulturen als spezifische Subjektkulturen neben Klasse auch durch Geschlecht und Ethnizität konstituiert werden (vgl. Reckwitz 2008, S. 142).

7 So ist ein Graffiti auf einem Zug aufgrund der größeren Gefahren und der schwierigeren Pro-duktionsbedingungen, im Sinne der Akkumulation symbolischen Kapitals auf dem Feld, wert-voller als ein ,normales‘ Wandbild oder gar legales Graffiti. Bei letzteren werden technisch deutlich höhere Maßstäbe bei der Bewertung der Qualität angelegt. Ähnlich verhält es sich auch mit der quantitativen Häufigkeit, die ab einem gewissen Punkt die qualitative Bewertung stark positiv beeinflussen kann.

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lediglich über den Stil des Malers. Dies sei im Folgenden am Beispiel der Buchstaben-kombination TAPS erläutert. Die Bilder in den drei Spalten von Abb. 1 zeigen Variationen der Buchstabenkombination. Alle sechs Werke zeichnen sich durch eine hohe Qualität aus, wobei die Bilder der ersten beiden Spalten mit höherem zeitlichen und technischen Aufwand erstellt wurden als die sogenannten ,throw-ups‘ der dritten Spalte. Bei letzteren geht es vorwiegend um die schnelle Produktion, weswegen die Bewertung der Qualität innerhalb des Feldes hier anderen Maßstäben unterliegt. Insgesamt orientiert sich die Bewertung der Qualität somit erheblich an den Umständen der Produktion, etwa dem Ort und der zur Verfügung stehenden Zeit. Die Bedeutung dieser Faktoren kann durchaus als Durchsetzung feldspezifischer Bewertungskriterien und damit als Autonomisierung des Graffiti-Feldes angesehen werden. Die Sachkunde, die jeweiligen Bilder trotz der stilisti-schen Variationen eindeutig zuordnen zu können und dies sowohl bezüglich ihrer Quali-tät, der Entwicklungsphase eines bestimmten Stils sowie des jeweiligen Künstlers, ergibt sich nun ausschließlich aus der Feldposition und ist umso größer, je näher der Betrachter dem autonomen Pol des Feldes steht.

Die ästhetische Wahrnehmung eines Kunstwerks besteht Bourdieu zufolge darin, es als einen Signifikanten wahrzunehmen, „der nichts anderes bezeichnet als es selbst“ (Bour-dieu und Darbel 2006 [1966], S. 71). Im Gegensatz dazu ist es mit dem populären oder barbarischen Geschmack der unteren Klassen nicht möglich, Kunstwerke als Kunstwerke zu lesen, da dieser auf dem Code der täglichen Wahrnehmung basiert und Funktionen in den Vordergrund stellt. Diese zentrale Annahme seiner Rezeptionstheorie fasst Bourdieu dann – unter differenztheoretischen Prämissen – feldtheoretisch auf. Entsprechend zeigt sich die Konstituierung von Graffiti als Feld mit einer eigenen Logik an dem Ausschluss nicht-feldspezifischer Lesarten. Die Exklusivität wird im vorliegenden Fall noch dadurch zugespitzt, dass das Exponieren der Buchstaben eine offensichtliche Bedeutung vorgibt und führt damit sozusagen aktiv auf eine falsche Fährte. Entsprechend wird Graffiti-Wri-

Abb. 1: Ästhetische Variationen der Buchstabenkombination TAPS. (Quelle: http://streetfiles.org/search/taps; Fotos von: Anonymous (links oben); AnonymHH (links unten); raberich (Spalte 2); gegendasgrau (Spalte 3); letzter Zugriff: 20. Mai 2012)

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ting im positivsten Fall mit Gleichgültigkeit assoziiert und im negativsten als Verschmut-zung oder Sachbeschädigung angesehen (vgl. beispielhaft Naumann 2006).

Graffiti-Writing gehört nicht zur legitimen Kultur, sondern stellt eine explizit illegi-time kulturelle Praxis dar, die sich aus der Subkultur des Hip-Hop zu einem autonomen sozialen Mikrokosmos entwickelt hat und daher als Feld im Sinne Bourdieus bezeichnet werden kann (siehe u. a. Androutsopoulos 2003 und Klein und Friedrich 2003).

Als subkulturelle Praxis eines Feldes weist Graffiti ästhetische Prinzipien auf, die Distinktionsgewinne, gerade auch gegenüber der bürgerlichen Kultur ermöglichen. Die Genese des Feldes Graffiti als Autonomisierung von dem subkulturellen Feld Hip-Hop bedürfte einer detaillierten ethnografischen Beschreibung und empirischen Analyse, die an dieser Stelle nicht zu leisten ist. Einige theoretische Konstruktionsprinzipien des Fel-des können theoretisch skizziert werden und sollten einer empirischen Klärung standhal-ten: Erstens verfügt das Graffiti-Feld über eine eigene Logik und spezifische Spielregeln und funktioniert grundsätzlich als Kampf- oder Kräftefeld (vgl. Bourdieu 1993, S. 107–109; 1996, S. 132; 1999, S. 368). Zweitens wirken auf dem Feld spezifische Kapitalsor-ten, insbesondere eine Form symbolischen Kapitals (,Fame‘), spezifisches inkorporiertes (,skills‘) und objektiviertes (Magazine, Stifte etc.) kulturelles Kapital sowie soziales Kapital (Netzwerke, Crews etc.) (vgl. Bourdieu 1996, S. 128–130). Drittens ist das Feld, ähnlich dem Kunstfeld Bourdieus, grundlegend durch eine chiastische Struktur zwischen heteronomem (,Street Art‘) und autonomem (,train bomber‘) Pol strukturiert (vgl. Bour-dieu 1999, S. 235–249, 341–353; zudem Schumacher 2011, S. 124–131). Problematisch ist dabei jedoch, dass die enge Verbindung von Habitus und Feld zumindest teilweise entkoppelt werden müsste, da es sich bei Subkulturen häufig auch um altersspezifische Felder (z. B. Jugendkultur) handelt.8

Mit dem Konzept des subkulturellen Kapitals (Gelder 1997; Thornton 2001) liegt zudem ein überzeugender Interpretationsversuch vor, in dem die Zugehörigkeit zu einer Subkultur als eine Strategie gefasst wird – ähnlich eines verlängerten Bildungsweges –, die Zuweisung einer sozialstrukturellen Position entsprechend der sozialen Herkunft innerhalb der eigenen Biographie möglichst lange hinauszuzögern. Entsprechend wird die symbolische Abwertung von Graffiti häufig auch über einen generellen Generatio-nenkonflikt begründet. Dieser Argumentation zufolge hat die Elterngeneration keinen Zugang zu der spezifischen Jugendkultur Graffiti (vgl. etwa Schmitt und Irion 2001) und ist somit unfähig, zu verstehen, was die Motivation für Graffiti-Writing ist (Rheinberg und Manig 2003; Windzio 2010).

Die Popularität altersspezifischer Erklärungsmuster für Graffiti-Writing erklärt sich ohne Zweifel aus dem Mangel an sozialpsychologischen oder sozialstrukturellen Erklä-rungen. Bourdieu hingegen bindet die Fähigkeit zur ästhetischen Wahrnehmung direkt an die Lebensbedingungen und damit an die (feldspezifische) Sozialisation sozialer Akteure.

In seiner Rezeptionstheorie ging Bourdieu davon aus, dass Kunstsachverstand auf dem langsamen Vertrautwerden mit der Welt der Kunst basiert, in welche man mehr oder weniger hineingeboren wird und die man sich nach und nach über den künstlerischen Code (passiv) als Teil des Habitus aneignet (vgl. Bourdieu und Darbel 2006 [1966],

8 Dieses Problem wirft auch die Untersuchung des universitären bzw. studentischen Feldes durch Lange-Vester und Teiwes-Kügler (2004) sowie Schneickert (2013a) auf.

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S. 107 f.). Außenstehende dagegen befinden sich „in einer Situation, die ganz und gar der des Ethnologen ähnelt, der sich einer fremden Gesellschaft gegenübersieht und zum Beispiel einem Ritual beiwohnt, zu dessen Verständnis ihm der Schlüssel fehlt“ (Bour-dieu 1974a, S. 164). Nur diejenigen, die über die kulturell angelernten Mittel verfügen, sich eine bestimmte Art von Kunstwerken anzueignen, können diese als symbolisches Gut schätzen. Eine Wahrnehmung ohne dieses kulturelle „Rüstzeug“ ist grob, verkürzt und bleibt auf die primären Eigenschaften reduziert. Die hilflosen Betrachter, „denen […] nicht die Mittel gegeben wurden, die ein Vertrautwerden mit der Kunst voraus-setzt“, können lediglich die einfachsten Bedeutungen erkennen (Bourdieu und Darbel 2006 [1966], S. 77). Ihre Wahrnehmung des Kunstwerks erschöpft sich damit zumeist in einem schlichten Wiedererkennen dargestellter Gegenstände. Wer sich nicht auf dem Feld befindet und sozusagen das Spiel direkt mitspielt, kann nur die „sinnlichen“, das heißt die wahrnehmbaren Eigenschaften des Kunstwerks erfassen, nicht jedoch stilistische Merk-male beschreiben. Wem der entsprechende Code fehlt, dem bleibt bei einer Konfrontation mit einem Kunstgemälde oder sogar einer Vielzahl an Kunstgemälden in einem Museum nichts anderes übrig, als sich an die sichtbaren Formen zu klammern. Er steht einer Viel-zahl an Hieroglyphen gegenüber und fühlt sich überwältigt und überfordert.

Ursprung des Graffiti-Writings war jedoch nicht das Distinktionsbedürfnis einer bür-gerlichen Oberschicht. Vielmehr stammte die erste Generation der Writer überwiegend aus der – häufig afro-amerikanischen – Unterschicht oder den unteren Mittelschichten (vgl. Wuggenig 2011, S. 218 f.; siehe auch Rose 1994). Zwar ist es in Bourdieus Theorie durchaus vorgesehen, dass die verschiedenen Klassen innerhalb einer Gesellschaft sich nicht verstehen, dass jedoch untere Schichten eine kulturelle und ästhetische Praxis mit erheblichem Distinktionswert entwickeln, kann mit Bourdieus Rezeptionstheorie nicht erklärt werden. Aus differenzierungstheoretischer Perspektive kann dies jedoch als die Autonomisierung einer illegitimen Kultur auf einem subkulturellen Feld begriffen wer-den. Writing, besonders auch in seinem späteren Kontext als eines der vier Elemente der Subkultur Hip-Hop, übte wahrscheinlich gerade wegen dieses hohen Distinktionsvermö-gens ein derart starkes und – in der an Europa angepassten („glokalisierten“) Form (vgl. Androutsopoulus 2003) – schichtübergreifendes Anziehungspotential für Jugendliche aus sehr verschiedenen sozialen Hintergründen aus. Zwar existieren bis heute keine repräsen-tativen quantitativen Erhebungen zur sozialen Herkunft von Graffiti-Writern, dass Hip-Hop und Graffiti in Deutschland und Europa aber keine reinen Unterschichtphänomene sind, erscheint jedoch evident (vgl. Skrotzki 1999; Wuggenig 2011, S. 219 f.).

Die Anziehungskraft und Integration von Graffiti lässt sich aber mit einer anderen Überlegung von Bourdieu durchaus vereinbaren. Teilweise im Gegensatz zu Bourdieus Konzeption des Kunstfeldes (vgl. 1999 [1992], S. 385, 452 f.) geht es im Hip-Hop und besonders im Graffiti nicht nur unter der Oberfläche, sondern auch explizit um Wettbe-werb und Konkurrenz. In diesem Sinne funktioniert dieses Feld homolog zu den ande-ren Feldern einer kapitalistischen Gesellschaft. Allerdings ist – etwa im Gegensatz zum akademischen Feld – sowohl der Zugang für gesellschaftlich benachteiligte Akteure als auch die Praxis auf dem Feld deutlich meritokratischer als in vielen anderen Feldern. Als aktive, performative und produktive Jugendkultur (siehe Klein und Friedrich 2003) sind Hip-Hop und Graffiti als Felder an den dominanten Diskurs der Gesamtgesellschaft ange-passt und – wenn auch nicht legitim oder legal – zumindest anschlussfähig.

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Im Bourdieu’schen Sinne erfüllt gerade dieser Anspruch auch für europäische Mittel-schichten ein enorm attraktives Charakteristikum. Es bedient das kleinbürgerliche Bedürf-nis nach einer Auflösung der alten Trennung von Hoch- und Massenkultur, wie sie in der kunstsoziologischen Debatte häufig bereits konstatiert wurde (siehe Zahner 2006). Ohne Zweifel hat sich das künstlerische Feld seit Bourdieus Analysen erheblich gewandelt. Ob wir es heute allerdings tatsächlich überwiegend mit mittelständischen ,kulturellen Allesfres-sern‘ zu tun haben, ist eine empirische Frage, deren Diskussion noch nicht beendet ist (siehe DiMaggio und Useem 1978; DiMaggio 1987; Hall 1992; Peterson und Roger 1992, 1996, 2007; Goldthorpe und Chan 2007). In jedem Fall ist Bourdieu nicht widerlegt, nur weil Individuen heute andere Kulturgüter konsumieren als in den 1960er Jahren. Eine solche Interpretation wies er auch selbst stets als substantialistisch zurück (Bourdieu 1998 [1994], S. 17). Insgesamt stellt sich jedoch die Frage, ob die Ausdifferenzierung von Subkulturen zu neuen Möglichkeiten der Distinktion ,von Unten‘ führt, die, wenn sie auch nicht die Machtstrukturen der Gesellschaft umstürzt, zumindest aber deren Geltungsansprüche auf kultureller Ebene in Frage stellt.

4 Fazit

Das moderne Phänomen Graffiti-Writing zeichnet sich auf ästhetischer Ebene durch eine hohe Abstraktheit aus und erzeugt so ein starkes Distinktionspotential. Diese Durchset-zung eigener Bewertungskriterien spricht für die Autonomisierung und Konstituierung von Graffiti als Feld.

Graffiti ist kein Subfeld des künstlerischen Feldes oder gar Teil der legitimen Kultur, sondern hat sich historisch aus der Subkultur Hip-Hop entwickelt und autonomisiert, ist durch den chiastischen Gegensatz eines heteronomen und autonomen Pols strukturiert und folgt einer eigenen Logik und Spielregeln, wobei um spezifische Kapitalsorten gekämpft wird. Das Feld erzeugt eigene Denk-, Wahrnehmungs- und (ästhetische) Bewertungssche-mata und aus diesem Wechselspiel von Habitus und Feld resultierende Strategien. Derart entstehen hochgradig distinktive ästhetische Prinzipien. Die im Rahmen der Rezeptionsäs-thetik entwickelte Idee eines ,legitimen Geschmacks‘ als dem Geschmack der herrschen-den Klasse (welcher auch nur von dieser Klasse decodiert werden kann), lässt sich für die Thematik des Graffiti-Writing in der feldtheoretisch weiterentwickelten Form anwenden, in welcher stärker der Gegensatz von Insidern und Outsidern thematisiert wird.

Obgleich auch die Feldtheorie Bourdieus konstitutiv ungleichheitstheoretisch kon-zeptualisiert ist, steht aus dieser Perspektive weniger der Gegensatz von legitimer und illegitimer Kultur im Mittelpunkt, sondern die Differenz zwischen im Feld dominanten und erfolgreichen Akteuren sowie im Feld dominierten Akteuren bzw. Außenseitern. So ist Graffiti zwar als soziale Praxis (Sachbeschädigung etc.) weiterhin illegitime Kultur, dies hat aber keine unmittelbare Auswirkung auf die Bewertungsgrundlage ihrer ästheti-schen Prinzipien, da diese differenztheoretisch, d. h. feldtheoretisch fundiert sind. Somit ermöglicht die Differenzierung sozialer Felder eine Herausforderung der symbolischen Ordnung ,von Unten‘. Das bedeutet nicht, dass Graffiti nun zur legitimen Kultur gehört oder zu erwarten ist, dass es ernsthaft und dauerhaft in das obere Drittel des sozialen Raums gelangt. Graffiti bleibt gesamtgesellschaftlich betrachtet weiterhin eine illegitime

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Kultur. Aufgrund seiner Konstituierung als autonomes Feld kann sich diese symbolische Abwertung allerdings nicht mehr allein auf die symbolische Ebene ästhetischer Prinzi-pien einer (bürgerlichen und universalen) legitimen Kultur stützen, sondern muss auf direkten Machteinsatz zurückgreifen. Möglicherweise erklärt sich daraus, neben dem Angriff auf die zentrale Norm des Privateigentums, die ausgeprägte Illegalisierung und Strafverfolgung dieser kulturellen und künstlerischen Praxis.

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Christian Schneickert ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sozialwissenschaften, Lehrbereich Vergleichende Strukturanalyse der Humboldt-Universität zu Berlin. Forschungs-schwerpunkte: Bildung und soziale Ungleichheit; Europäische Sozialstruktur; Eliten und Globali-sierung; Kultursoziologie, insbesondere die Soziologie Pierre Bourdieus. Aktuelle Publikationen: Studentische Hilfskräfte und MitarbeiterInnen. Soziale Herkunft, Geschlecht und Strategien auf dem wissenschaftlichen Feld. Konstanz: UVK, 2013; Pierre Bourdieus Konzeption des Habitus: Grundlagen, Zugänge, Forschungsperspektiven, hrsg. mit Alexander Lenger und Florian Schuma-cher, Wiesbaden: Springer VS, 2013.

Florian Schumacher, Dr. phil., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie und Direktor des Global Studies Programme an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau. Er promovierte 2012 über die Entstehung und Entwicklung nationaler Identitäten in Deutschland und Indien. Forschungsschwerpunkte: Die Soziologie Pierre Bourdieus (insbes. Habituskonzept), Kunstsoziologie, Globalisierung und soziale Ungleichheit. Aktuelle Publikationen: Nationaler Habitus. Konstanz: UVK, 2013; Pierre Bourdieus Konzeption des Habitus. Grundlagen, Zugänge, Forschungsperspektiven, hrsg. mit Alexander Lenger und Christian Schneickert, Wiesbaden: Sprin-ger VS, 2013; Bourdieus Kunstsoziologie. Konstanz UVK, 2011.