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WWF MAGAZIN 4/2014 Food Waste Mit Ihrer Unterschrift gegen die Verschwendung Seite 6 Buchtest Verlage auf dem Holzweg: Tropenholz in vielen Büchern Seite 18 Mobilität So machen Sie Ihr Velo fit für die kalte Jahrezeit Seite 24

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WWF MAGAZIN4/2014

Food Waste Mit Ihrer Unterschrift

gegen die VerschwendungSeite 6

BuchtestVerlage auf dem

Holzweg: Tropenholz in vielen Büchern

Seite 18

MobilitätSo machen Sie Ihr

Velo fit für die kalte Jahrezeit

Seite 24

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Bosch Hausgeräte sind so energieeffizient, daran werden sich andere die Zähne ausbeissen.

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Wir haben an alles gedacht, vor allem an die Umwelt. Mit unserem Programm «Green Technology inside» engagieren wir uns für eine nachhaltige Zukunft. Die besonders spar-same Waschmaschine HomeProfessional i-Dos dosiert dank ihrer intelligenten Dosier-automatik Waschmittel auf den Milliliter genau und spart so im Jahr über 7’000 Liter Wasser. Sie ist eines von über 40 Hausgeräten, bei deren Verkauf wir nationale Projekte des WWF unterstützen. www.bosch-home.ch

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GOOD NEWS S. 4 Willkommen zurück, Wisent; Erfolg­reiche Bären­Petition; FSC in Laos; Re­kordproduktion erneuerbarer Energien in der Schweiz.

TITEL: FOOD WASTE S. 6 Firmen und Private wehren sich gegen Food Waste. Denn ein Drittel aller Le­bensmittel landet im Abfall. Jetzt fordert der WWF: Die Politik muss handeln!

DIE WELT IN ZAHLEN S. 12Vermessenes aus Tier- und Pflanzen­welt: Kleinstböckchen, Seeelefant, Rizinuspflanze, Kaiserpinguin und Brüllaffe. AKTUELLMadagaskar S. 14Endlich Trinkwasser: Der WWF hilft den Menschen und schützt so die Natur.Buchtest S. 18Der WWF liess Bücher auf Tropenholz testen. Bei jedem zehnten wurde er fündig.Klima S. 22Wegschauen geht nicht: Wenn die Temperaturen weiter steigen, wird es teuer – oder tödlich.Mobilität S. 24Mit dem Velo durch den Winter? Keine Sache mit unseren Tipps.

NACHHALTIG LEBEN S. 26Welche Kerzen kaufen; Lüften im Winter; Licht im Garten; Worauf achten bei edler Wolle.

MEIN WWF Testament S. 29Cédric Burgat wird dem WWF einen Teil seines Vermögens vererben.Tipps S. 31Unterschreiben: Keine zweite Gotthard­Röhre!Shop S. 33Kreuzworträtsel S. 35Leserbriefe/Impressum S. 36Leserfotos S. 37Porträt S. 39Tanja Grandits, Koch des Jahres und WWF­Mitglied.

Titelbild: Lebensmittel sind zu wertvoll, um im Abfall zu landen.

INHALTEDITORIAL

Unser Ziel: Wir wollen die weltweite Zerstörung der Umwelt stoppen und eine Zukunft gestalten, in der Mensch und Natur in Harmonie miteinander leben.

Liebe Leserin, lieber Leser

Ist es nicht seltsam, dass wir uns bei Lebensmit­teln eher auf Zahlen ver­lassen als auf unsere Sinne? Zum Beispiel beim Joghurt: Ist das Mindesthaltbarkeitsda­tum abgelaufen, landet es oft im Abfall – ohne dass

wir mit Augen, Nase und Mund geprüft hätten, ob das Joghurt noch geniessbar ist.

Zahlen braucht es aber, um zu zeigen, dass ein weggeworfe­nes Joghurt mehr ist als nur ein weggeworfenes Joghurt. Vielmehr ist es Teil eines riesigen Problems: Ein Drittel aller geniessbaren Lebensmittel gehen in der Schweiz verloren. Das machte der WWF vor zwei Jahren publik. Ein enormer Verschleiss an natürlichen Res­sourcen. Den grössten Teil davon – nämlich rund 45 Prozent – ver­schwenden nicht etwa Produzenten oder Händler, sondern wir, die privaten Haushalte.

Diese Zahlen wirkten für viele wie ein Weckruf. Einzelperso­nen, Vereine und Firmen engagieren sich heute gegen Food Waste – ganz unbürokratisch. (Lesen Sie die Titelgeschichte auf Seite 6.)

So wichtig dieses Engagement ist: Es erfasst noch lange nicht alle wichtigen Akteure. Daher sind heute Parlament und Bundesrat gefragt: Sie müssen handeln, und als ersten Schritt braucht es ver­bindliche Ziele zur Vermeidung von Food Waste. Das fordert der WWF in einer Petition. Andere europäische Länder wie Deutsch­land, Frankreich und Österreich haben das längst getan.

Nur wenn Private, Politik und Wirtschaft das gleiche Ziel ver­folgen, erreichen wir, dass wir unsere Lebensmittel essen, anstatt sie wegzuwerfen. Unterschreiben Sie deshalb die Petition. Und: Ge­niessen Sie Ihr Essen mit all Ihren Sinnen. So bekommen Lebens­mittel den Wert, den sie verdienen.

Herzlich, Ihr

Thomas Vellacott, CEO WWF Schweiz

Bosch Hausgeräte sind so energieeffizient, daran werden sich andere die Zähne ausbeissen.

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GOOD NEWS

DER WISENT IST ZURÜCK17 Wisente haben die Organisation «Rewilding Europe» und der WWF Rumänien diesen Sommer in den Tarcu­Bergen in den rumänischen Südkarpaten freigelassen. Nächsten Frühling sollen weitere 20 folgen. Es handelt sich um die grösste Wisent­Auswilderung überhaupt, in der Regi­on waren die Tiere seit über 200 Jah­ren ausgestorben. Neben anderen Wildtieren kommen hier auch Bären und Wölfe vor. Wisent­Kälber gehör­ten früher zu ihren Beutetieren. Bis 2025 sollen in dem Gebiet rund 500 Wisente in mehreren Herden leben, so dass die ökologischen Bezie­hungen zwischen ihnen und ihrer Umgebung wieder hergestellt werden können. Für die wirtschaftliche Rand­region bedeutet die Wiederansiede­lung eine besondere Entwicklungs­chance. Als touristische Attraktion sollen die Wisente zahlreiche Safari­Gäste anlocken. – lis

www. rewildingeurope.com

Eine Chance für Bären in der Schweiz.

Am Anfang des letzten Jahrhunderts war der Wisent

fast ausgestorben. Jetzt streift er wieder durch Osteuropa.

ÜBER 22 000 UNTERSCHRIFTEN FÜR DEN BÄRENIn nur einem Monat haben über 22 000 Personen die WWF­Petition für den aus Italien eingewanderten Jungbären M25 unterschrieben. Sie fordert von den Be­hörden, dass der Braunbär nicht wie seine Artgenossen JJ3 und M13 abgeschos­sen wird. Massnahmen dafür sind Herdenschutz, die Sicherung von Bienen­häuschen, neue Abfallkonzepte und die Aufklärung der betroffenen Bevölkerung. Bei der Petitionsübergabe haben die WWF­Verantwortlichen dem Bündner Regierungsrat einen bärensicheren Abfallkübel geschenkt. Solche können Braun­bären nicht «knacken», was sie von Dörfern fernhält. Gleichzeitig hat sich der WWF verpflichtet, sich auch weiterhin für ein friedliches Zusammenleben von Mensch und Bär in der Schweiz einzusetzen. – mli

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Q U E L L E : B F E / B R A N C H E N V E R B Ä N D E / H O C H R E C H N U N G E N U W A

LAOS: GUTER START FÜR FSCDie Waldzerstö­rung in den Ländern entlang des Mekong­Flus­ses ist alarmie­rend: Die Gründe dafür sind illegale Holznutzung, Strassen­ und Siedlungsbau so­wie Wälder, die für Landwirtschafts­flächen abgeholzt werden. Umso erfreulicher, dass

in Laos seit 2006 bereits 132 162 Hektaren und somit vier Prozent der produktiv genutzten Waldflächen FSC-zertifiziert wurden. Mehr als ein Viertel davon sind Rattan­Wälder, die von sechs Dorfgemeinschaften in der Provinz Bolikhamsay bewirtschaftet werden. Das WWF­Projekt hat in der Region eine neue Dynamik ausgelöst. Dank höheren Preisen für nachhaltig produzierte Produkte werden Gelder für Dorf­Projekte frei, die dem Gemeinwohl zugute kommen. Ferner wird in Baumschulen investiert, um in noch mehr Wäldern Rattanpalmen­Setzlinge zu pflanzen. – cgy

DIE SCHWEIZ ERNEUERT SICHGeht es um erneuerbare Energien, so ist die Schweiz zwar immer noch ein Entwicklungsland. Doch die Energiezukunft nimmt Fahrt auf. Nach Hochrech­nungen der Umweltverbände dürfte 2014 ein Rekordjahr für Investitionen in erneuerbare Energien werden. Entsprechend wird die Produktion zulegen. – pge

STAND UND AUSBLICK ERNEUERBARE STROMPRODUKTION(PHOTOVOLTAIK, WIND KRAFT UND BIOMASSE)

Bette MidlerEine Million Bäume für New York – das ist eines der Ziele, welche sich Bette Midler, 69, gesetzt hat. In wenigen Monaten wird es so weit sein, pünktlich zum 20. Jubi­läum des von ihr gegründeten «New York Restoration Projekt» (NYRP). Gemeinsam mit dem städtischen Park­Departement sorgen die Mitglieder der NYRP besonders in benachteiligten Quartieren New Yorks für mehr Grün: Sie befreien Parks von Abfällen, pflanzen Bäume, legen Gärten an. Die grünen Flächen werden für soziale Projekte ge­nutzt. Bette Midlers Traum ist es, aus New York einen lebenswerten Garten zu machen – dessen Bewohner ihre Umwelt zu lieben und zu schätzen wissen. – cst

BRAVO

Rattan wächst in den Wäldern Südostasiens. Im Bild: Laos.

2738 Total in GWh

Biomasse

Photovoltaik

Windkraft

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TITEL FOOD WASTEFLORA MÄRKI, FOOD-DIVERIN, ZÜRICH «Nach Ladenschluss tauche ich in die Container von Super-märkten ein und durchwühle Abfallsäcke. Ich will mit food-diven ein Zeichen gegen die heutige Konsumgesellschaft und die Lebensmittelver-schwendung setzen. Denn es macht mich traurig, dass wir so viel wegwerfen und die Res-sourcen so gar nicht mehr schätzen. In den Containern finde ich Lebensmittel, zum Beispiel Fleisch, Joghurts oder auch Schokolade. Ich nehme nur mit, was ich selbst gebrau-chen oder Freunden verschen-ken kann. Ich selbst bin Vegeta-rierin. Eigentlich ist es schöner, nichts zu finden. Denn das heisst auch keinen Verschleiss an Ressourcen.»

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Gemeinsam gegen

VerschwendungBereits vor zwei Jahren machte es der WWF publik: Ein Drittel aller Lebensmittel wird verschwendet.

Seither engagieren sich zahlreiche Einzelpersonen, Firmen und vereinzelte Branchen gegen Food Waste.

Jetzt fordert der WWF mit einer Petition: Auch Parlament und Bundesrat müssen handeln!

Von Corina Gyssler, Bilder: Gian Paul Lozza

nannten Food Waste, inzwischen die Leute erreicht hat, spürt Ortwein: Die Bestellungen von Broschüren für Info­veranstaltungen von Bürgern, Unter­nehmen oder Vereinen hätten deutlich zugenommen. «Und unsere App mit Resten­Rezepten und Einkaufsplaner ist mit mehr als 600 000 Downloads die am meisten nachgefragte unter den Apps der deutschen Bundesregierung.»

Auch zahlreiche andere europäi­sche Länder wie Frankreich, Österreich, Schweden oder die Niederlande haben

I m September kochte Kassel. Unter dem Motto «Aktionstag für Knubbelkartoffel & Co.» wurden Passantinnen und Pas­santen dazu aufgerufen, sich aktiv gegen die Lebensmittel­

verschwendung zu engagieren und aus «verschmähtem» Gemüse eine Gratis­Suppe zu kochen. «Da banden sich Menschen, die eigentlich Einkäufe er­ledigen wollten, Schürzen um und schnippelten und kochten für 30 Minu­ten mit», erzählt Steffen Ortwein von

der Initiative «Zu gut für die Tonne!». Sie führt solche Aktionen regelmässig in deutschen Städten durch.

«Zu gut für die Tonne!» ist keine Grassroot­Bewegung, sondern wurde vom deutschen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft lanciert. Deutschland hat sich 2012 dem Ziel der Europäischen Kommission ange­schlossen, die Menge der geniessbaren Lebensmittelabfälle bis 2020 zu hal­bieren. Dass die Problematik der Le­bensmittelverschwendung, des soge­

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sich Ziele zur Vermeidung der Lebens­mittelverluste gesetzt. Nicht so die Schweiz: «Zwar sind Gespräche zwi­schen dem Bund und Interessensver­tretern am Laufen», sagt Jennifer Zimmermann, Verantwortliche Kon­sum beim WWF Schweiz. «Im Gegen­satz zu den anderen Ländern ist die Schweiz aber noch weit davon entfernt, sich konkrete Ziele zu setzen.»

Obwohl der WWF gemeinsam mit dem Verein Foodwaste.ch bereits vor zwei Jahren erstmals die enormen Aus­masse der Lebensmittelverschwendung publik machte: Rund ein Drittel der für den Schweizer Konsum produzierten Lebensmittel gehen entlang der Wert­schöpfungsketten verloren. Das sind zwei Millionen Tonnen einwandfreie Nahrungsmittel. «Ein gigantischer Ver­schleiss an wertvollen natürlichen Res­sourcen», so Zimmermann. «Jedes pro­duzierte Lebensmittel braucht Boden, benötigt Energie und setzt Treibhaus­gase frei bei Transport, Vertrieb und Verarbeitung.»

Zwar erreichte der WWF, dass zahlreiche Medien über die Food­ Waste­Problematik berichteten. In der Folge wurden auch Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und manche Branchen aktiv. Parlament und Bun­desrat hingegen blieben weitgehend passiv: Hier zulande weiss man nicht einmal, wo innerhalb der Lebensmit­tel­Wertschöpfungsketten die Verlus­te anfallen und sich folglich senken liessen. Zu dünn ist die Datenlage. Nur zum Thema Brotweizen ist eine einiger­massen verlässliche Studie vorhanden – allerdings handelt es sich dabei nicht um von einem Bundesamt veröffent­lichte Zahlen, sondern um eine Master­arbeit.

Filet­Stücke bevorzugtAnders in Grossbritannien: Dort nahm das «UK Waste & Resource Action Programme» bereits 2009 die Lebens­mittelverluste über die gesamte Wert­schöpfungskette bei Fleisch, Gemüse und Früchten unter die Lupe. Die zwei Jahre später veröffentlichte Publikati­on zeigt auf, wie durch gezielte Zusam­

menarbeit innerhalb der verschiedenen Wertschöpfungsketten Lebensmittel­verluste deutlich gesenkt werden kön­nen. Mangels inländischer Daten liess der WWF deshalb Teile dieser Studie auf die Schweiz umrechnen. Die Ver­gleichbarkeit der Daten ist gegeben, da in beiden Ländern rund ein Drittel aller Lebensmittel verloren gehen.

Fleisch: In einem Kilo Fleisch stecken zwischen 7 und 15 Kilo Futter­mittel – oft Getreide, Soja, Hülsen­früchte oder Kartoffeln. Deshalb ist weggeworfenes Fleisch nicht nur aus Tier­ethischen, sondern auch aus öko­logischen Gründen besonders störend. Lässt man die Verluste weg, die bei den Konsumenten anfallen, zeigt sich: Am meisten, nämlich 9 Prozent der Verlus­te, fallen bei der Schlachtung an. Es sind zum Beispiel Innereien, die nicht mehr gegessen werden. Deren Nachfra­ge ist gesunken, da Konsumenten heu­te mehrheitlich nur noch die «Filet­ Stücke» der Tiere essen wollen.

Dass es auch anders geht, zeigt der Verband Schweizer Eierproduzenten. Da Legehennen nach ihrem «Dienst» nicht mehr als Suppenhühner nachge­fragt wurden, hat man sie noch vor we­nigen Jahren zu Tiermehl verarbeitet. Deshalb gründeten die Eierproduzen­ten die Genossenschaft «Gallo Circle». Diese fand Partner, die das Fleisch für rund 30 verschiedene Geflügelproduk­te wie Wurst, Fleischkäse oder andere Charcuterie­Produkte abnahmen. «Wir nutzten auch die Nachfrage von Zuwan­derern aus südlichen und muslimischen Ländern, bei denen Suppenhühner noch auf dem Menüplan stehen», er­klärt der Geschäftsführer Reto Strässle. «Damit werden bereits 70 Prozent der Legehennen in Form von Charcuterie oder als Suppenhuhn verzehrt.»

Lagergemüse: Hier fallen am Anfang der Wertschöpfungskette am meisten Verluste an: auf dem Feld (18 Prozent) und bei Handel und Ver­arbeitung (7 Prozent). Viele Produkte entsprechen nicht der Norm. Sie sind zu gross, zu klein oder zu krumm. So schaffen es 26 Prozent der Lagergemü­se wie Randen nicht bis ins Ladenregal, bei den Kartoffeln liegt dieser Anteil sogar bei 35 Prozent.

Weg geworfenes Fleisch ist

nicht nur aus Tier­ethischen,

sondern auch aus öko­

logischen Grün­den besonders

störend.

TITEL FOOD WASTE

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MIRKO BURI, MEIN-KUECHENCHEF.CH «Ich ärgere mich sehr über Food Waste. Deshalb eröffnete ich im März nach Jahren in der Gastronomie in Bern ein Ge-schäft. Ich biete meinen Kun-den auf einer Online-Speise-karte 14 saisonale Menüs an, gekocht aus beispielsweise zu kleinen Kartoffeln. Aus Rüst-abfällen produziere ich Fonds, die ich zum Kochen der nächs-ten Speisen benötige. Die Haltbarkeit meiner Gerichte wird durch die Kochtechnik und die Verpackung, beispielsweise Weck-Gläser, verlängert. Die Speisen bleiben auch dann frisch, wenn meine Kunden spontan ihre Essenspläne än-dern. Zusammen sparen wir so Lebensmittel.»

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TITEL FOOD WASTESARA D’ORIA, RESTAURANT- MANAGERIN EINES PERSONALRESTAURANTS DER SV GROUP, LUGANO«Für mich ist Food Waste nicht nur ein wirtschaftliches Prob-lem, sondern hat bei so viel Hunger auf der Welt auch einen ethischen und moralischen As-pekt. Als Restaurantmanagerin versuche ich, die Mengen der Lebensmittelabfälle so gering wie möglich zu halten. Ich arbeite in einer Kantine für Bankangestellte und kenne daher die Kundschaft und ihre Ansprüche sehr gut, was die Sache erleichtert. Viele der von uns angebotenen Gerichte werden sofort an Ort und Stelle zubereitet, wodurch weniger Lebensmittelabfälle entstehen. Dies ist in erster Linie dank unseres speziell geschulten und aufmerksamen Personals möglich, und nicht zuletzt hängt es auch von der Sensibilität eines jeden Kunden ab.»

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Mirko Buri gehört zu denjenigen, die sich vor allem für die inneren Werte der Gemüse interessieren. Der Berner Kü­chenchef beliefert Privatpersonen mit vorgekochten Speisen zum Aufwärmen und kocht nach der Devise «no Food Waste». Das beginnt bereits beim Ein­kauf: «Es sind ja nicht nur die Lebens­mittel, die man wegwirft, sondern auch die Arbeitsstunden der Bauern», so Burri. «Deshalb kaufe ich aussortierte Kartoffeln beim Bauern in der Region.»

Brot: Auch hier liesse sich eini­ges an Verlusten vermeiden, geht doch zwischen Feld und Konsum knapp die Hälfte der ursprünglichen Energie ver­loren. Die vermeidbaren Verluste fallen zu 22 Prozent beim Getreidevertrieb, bei den Müllereien, Bäckereien und beim Verkauf an. Dieses «Angebot» nutzt Flora Märki: Sie taucht abends in die Mülleimer von Supermärkten und fischt unter anderem auch nach Brot. «Eigentlich ist es schöner, nichts zu fin­den», gesteht die Zürcher Studentin. «Denn nichts finden heisst auch kein Ressourcenverschleiss.»

Mit 21 Prozent liegt das grosse Sparpotenzial beim Brotweizen aber auch bei den Endkonsumenten. Ist das Brot nicht mehr frisch, landet es schnell einmal im Hausmüll und damit in der Kehrichtverbrennung. «Dabei gibt es für Brot ausgezeichnete Restenrezep­te», sagt Jennifer Zimmermann vom WWF. «Auch Verfüttern, Vergären und Kompostieren ist aus ökologischer Sicht sinnvoller als wegwerfen.» Und schliesslich könne die gezielte Förde­rung von Vollkornbackwaren den An­teil Kleie, welcher in der Müllerei wäh­rend dem Mahlprozess vom Weissmehl getrennt wird, verkleinern.

Wichtig ist jedoch, dass die Abfall­vermeidung über die gesamte Wert­schöpfungskette angegangen wird. Darum kümmert sich neuerdings die freiwillige Brancheninitiative «United against Waste». Deren Mitglieder wol­len bis 2020 die vermeidbaren Lebens­mittelverluste um die Hälfte reduzieren – entsprechend dem Ziel der Europäi­schen Union. «Mit dabei sind Gastro­nomen, Caterer, Bäcker, Logistiker, Verbände, Grosshändler oder Produ­zenten», erzählt Markus Hurschler,

Geschäftsführer der Initiative. Lauter Unternehmen, die mit Lebensmitteln handeln, die in den Ausserhauskonsum gelangen – also nicht zuhause geges­sen werden. Deren Lebensmittelver­luste entstünden nicht nur innerhalb der Firma, sondern vor allem an den Schnittstellen zwischen den Unterneh­men. «Im Food­Business ist es eine Herausforderung, Kosten noch weiter zu reduzieren. Die Abfallthematik ist auf jeden Fall ein Ansatzpunkt», so Hurschler.

Das bestätigt Sara D’Oria, Restau­rantmanagerin eines Personalrestau­rants der SV Group. Sie fügt an, dass

Abfallvermeidung in den Köpfen be­ginnt: «Wir erreichen die gewünschten Reduktionen, indem wir das Personal schulen. Das bedeutet zum Beispiel, dass kleinere Portionen geschöpft werden.» Da müssen auch die Kunden umlernen: «Sie müssen wissen, dass bei uns ein Nachschlag möglich ist.»

Umlernen – keine Sache, wenn viele daran beteiligt sind. «Deshalb ist es Zeit, dass das Parlament endlich verbindliche Ziele gegen Food Waste festlegt», so Jennifer Zimmermann vom WWF. «Nur wenn wirklich alle mit­anpacken, wird die Lebensmittelver­schwendung kleiner.» ■

JETZT FOOD-WASTE-PETITION UNTERSCHREIBEN

Das Ausland handelt bereits, zahlreiche europäische Staaten haben sich Ziele zur Verminderung von Food Waste gesetzt. Jetzt fordert der WWF in einer Petition: Der Bundesrat und die eidgenössischen Räte sollen sich ebenfalls verbindliche Ziele setzen und die Lebensmittelverluste bis 2025 um mindestens 50 Prozent reduzieren. Setzen auch Sie ein Zeichen, unter­zeichnen Sie die Petition! Damit Sie selber aktiv werden können, erhalten Sie nach der Unterzeichnung vom WWF konkrete Ratschläge, um private Lebensmittelverluste zu reduzieren.

www. wwf.ch/foodwaste

aller Lebensmittel wird verschwendet.