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214 Annalen der Physik * 7. Folge * Band 18, Heft 5-6 * 1966 Zum Problem der Ausbreitung thermoelastischer Wellen Von H. M~LLER und K. STORK Inhaltsubersieht Ausgehend von einem allgemcinen Gleichungssystem, welches thermoelastische Vor- giinge beschreibt, u. erden Wellen in einem unendlich ausgedehnten Medium diskutiert. Die nach der isothermen Theorie zu erwartenden Ergebnisse erschcinen durch die Kopplung zwischen Temperaturfeld und Berschiebungsfcld in charakteristischer Weise modifiziert. Aus der isothermen Elastizitatstheorie ist bekannt, daB in elastischen Medien Wellen entstehen kbnnen. Die Erweiterung des HooKEschen Gesetzes durch einen Term, der den EinfluB der Temperatur beriicksichtigt, sollte daran nichts andern, doch darf man erwarten [l], daB die Wellenfunktionen einen Dampfungsfaktor enthalten werden. - Den Ausgangspunkt bilden folgende Bedehungen [2] Von diesen 3 (fleichungen ist die erste als DUHAMEL-NEUMANNschesGesetz in der Literatur bekannt ; es bedeuten CS,~ die Komponenten des Spannungstensora 2, E, die Komponenten des Dehnungstensors, 0 die Volumendibtation als Divergenz des Verschiebungsfeldes, ;3. und p die Lmhschen Konstanten des HooKEschen Gesetzes, den linearen Temperaturspannungsk~effizienten, 6 die Abweichung von einer zeitlich und raumlich unveriinderlichen Temperatur T und d,, das KRONECICER-Symbol. In der modifizierten Wiirmeleitungsgleichung (2) bezeichnen k den Koeffizienten der Wiirmeleitfahigkeit, e die Dichte und 5 die spezifische Warme bei konstanter Dehnung. (3) entsteht durch Divergenz- bildung aus in Verbindung mit (1). - Die G1. (2) und (3) sollten Losungen haben, welche ebene Kompressionswellen beschreiben. Zu ihrer naheren Untersuchung werde die Annahme gemacht, daB sowohl die Volumendilatation 0 = div u als auch die Temperaturabweichung 8 nur von einer Ortskoordinate x und der Zeit t abhiingen. Zur weiteren Vereinfachung werde durch die Abkiirzung %+A 3 =--- 0 -

Zum Problem der Ausbreitung thermoelastischer Wellen

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214 Annalen der Physik * 7. Folge * Band 18, Heft 5-6 * 1966

Zum Problem der Ausbreitung thermoelastischer Wellen

Von H. M ~ L L E R und K. STORK

Inhaltsubersieht Ausgehend von einem allgemcinen Gleichungssystem, welches thermoelastische Vor-

giinge beschreibt, u. erden Wellen in einem unendlich ausgedehnten Medium diskutiert. Die nach der isothermen Theorie zu erwartenden Ergebnisse erschcinen durch die Kopplung zwischen Temperaturfeld und Berschiebungsfcld in charakteristischer Weise modifiziert.

Aus der isothermen Elastizitatstheorie ist bekannt, daB in elastischen Medien Wellen entstehen kbnnen. Die Erweiterung des HooKEschen Gesetzes durch einen Term, der den EinfluB der Temperatur beriicksichtigt, sollte daran nichts andern, doch darf man erwarten [l], daB die Wellenfunktionen einen Dampfungsfaktor enthalten werden. - Den Ausgangspunkt bilden folgende Bedehungen [2]

Von diesen 3 (fleichungen ist die erste als DUHAMEL-NEUMANNsches Gesetz in der Literatur bekannt ; es bedeuten CS,~ die Komponenten des Spannungstensora 2, E , die Komponenten des Dehnungstensors, 0 die Volumendibtation als Divergenz des Verschiebungsfeldes, ;3. und p die Lmhschen Konstanten des HooKEschen Gesetzes, den linearen Temperaturspannungsk~effizienten, 6 die Abweichung von einer zeitlich und raumlich unveriinderlichen Temperatur T und d,, das KRONECICER-Symbol. In der modifizierten Wiirmeleitungsgleichung (2) bezeichnen k den Koeffizienten der Wiirmeleitfahigkeit, e die Dichte und 5 die spezifische Warme bei konstanter Dehnung. (3) entsteht durch Divergenz- bildung aus

in Verbindung mit (1). - Die G1. (2) und (3) sollten Losungen haben, welche ebene Kompressionswellen beschreiben. Zu ihrer naheren Untersuchung werde die Annahme gemacht, daB sowohl die Volumendilatation 0 = div u als auch die Temperaturabweichung 8 nur von einer Ortskoordinate x und der Zeit t abhiingen. Zur weiteren Vereinfachung werde durch die Abkiirzung

% + A 3 =--- 0 -

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die isotherme Wellengeschwindigkeit c eingefuhrt, sowie die Gl. (2) und (3) auf dimensionslose Variable transformiert. Mit

gewinnt man schlieBlich 3% + A - = 0 , aze aae

a t 2 ayz aYa -- - -

az azz ae --- + B - =z 0 . at ayz at (5)

Man sieht, daB fur den Fall A = 0 und B = 0 die rechten Seiten in (4) und (5) verschwinden, und die gewohnlichen Wellen- und Wiirmeleitungsgleichugen entstehen, fur die etwa die Ansatze

00

6(y, t) = J I j ( w ) e i m ( y * 7 ) d o , (W - m

verwendet werden konnten. Entsprechend sind fur das Gleichungssystem (4) und (5) die Ansiitze

m

~ ( y , t) = J ~ ( 0 ) e i ~ ~ + ~ ( ~ ) r d w , (6)

x(y, t) = J ~ ( c o ) eiq+a(o)* d o (7)

-m

oo

- m

zu wiihlen. Fur die Funktionen C(o) und D ( w ) ergeben sich die homogenen Gleichungen

(a2 + w2) * D - A * C = 0, B * K * D + (a + 02). C = 0,

(8) ( 9)

welche nur dann Losungen haben, wenn die Koeffizientendeterminante ver- schwindet. So erhiilt man fiir ~ ( o ) die Beziehung

(10) Nun ist AB - zumindest etwa fur Al, Fe, Cu mit T = 300’K - klein gegen 1, genauer: von der GroBenordnung d. h. es scheint gerechtfertigt, in den Losungen von (10) al, a2, a, nur die Glieder von 1. Ordnung in AB zu beruck- sichtigen. I n dieser Niiherung findet man leicht

a’ + w2a2 + ~ ‘ ( 1 + A * B) oc + 04 = 0.

& I = - w q 1 -j-+-G), A B

Mit diesen Werten (11) wird aus den Ansatzen (6) und (7) m

@(y,t) =

z(y, t) = J eiml [c1 eRr + C, ell7 + C, eulr] d o .

J eimy [Dl eair + D, eaz7 + D, e’+l do, -00

m

-m

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Die Funktionen D ( o ) und C ( w ) sind natiirlich durch (6) und (7) in Verbindung mit (4) und (5) entsprechend (8) und (9) miteinander verkniipft; (8) etwa liefert unter Berucksichtigung von (11) (niiherungsweise, und zwar niiherungs- weise deshalb, weil in (11) nur Glieder von der 1. Ordnung in AB beriicksichtigt wurden)

und damit wird aus (13)

z ( y , ~ ) = -. J eim m

1

(13a) A - m

X [ D l ( 1 + ~ ) e a ~ 7 + D , ( 1 + $ ) e a ~ T + D s ( 1 + ~ ) ] ~ d o .

Nun gilt es, die Lijsungsfunktionen (12) und (13a) den Anfangsbedingungen snzupassen und so die Koeffizientenfunktionen D, (o), D, (o), D3 (o) zu be- stimmen. Es sollen vorgeschrieben sein die Anfangswerte der Funktionen

gemaB

OJ

z(y,O) =i-j eiw- [ D l ( l + $)+ D,(1 + $)+ D s ( l + $ ) ] d o .

( 1 7 ) Es folgt hieraus sofort ein Gleichungssystem

m

(18) 1

D, + D, + D., = P = - J O(Y, 0) e--crUvdy, ,292 - m

m

(19) 1 ae

ocl D, + aeD2 + (x, D, = Q = - 1 236 -50 (y, 0) e-{w dy,

(20)

dessen Losungen mit der Bezeichnung 4 fiir die Koefiizientendeterminante so aussehen :

1 1 I P

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P 1 I

(21). - (23) sind nun in (12) und (13s) einzusetzen. Die so zu gewinnenden Losun- gen

m

O(y, z) = $ eimg [Dl eulT + D, eaar + D3 en,'] do, (24) -a

geniigen niiherungsweise den G1. (4) und (5). Einzig die Berucksichtigung der hijheren Potenzen von AB in (11) wiirde eine Modifikation der Ergebnisse be- dingen. - Zum Vergleich seien noch die Losungen der verkurzten Gln. (4) und (5) - also der isothermen Wellen- und Wkmeleitungsgleichung - aufgeschrie- ben

m

&(y, t) = J [ e i w g Dl eimr + 3, e-iwr] dm,

i ( y , z) = J e i w 6 (a) e-w*Tdo.

(26)

(27)

-a

m

-a

Die Gegenuberstellung von (24), (25) auf der einen Seite sowie (26), (27) auf der anderen erleubt, folgende Ergebnisse zu formulieren :

1. Die Losung der Differentialgleichung (4) und (5) bringt fiir die Volumen- dilatation zwei Wellenfunktionen und daneben ein Glied der Form

m

J ... I d o , - m

das in (26) nicht auftritt. Es entsteht durch die Kopplung von (4) und (5). Es beschreibt den durch das Temperaturfeld erzeugten @-Anted.

2. Die Glieder mit D, und D,, welche in (24) die Kompressionswellen be- schreiben, enthslten einen Dampfungsfaktor, der gleichfalls die Kopplung A B enthiilt und von w abhiingt. Das logarithmische Diimpfungsdekrement ergibt sich zu

nABw 1 + 0 2 + A B i ' Lo =

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3. Auch die Wellengeschwindigkeit v erfahrt eine von w und AB abhiingige h d e r u n g gegenuber der in (26) auftretenden. Wiihrend sich aus (26)

v = c ergibt, folge aus (24) und (11)

4. Das Temperaturfeld (25) enthalt neben der erwarteten Dissipations- funktion zwei additive Terme, niimlich Temperaturwellen, die durch die Riick- wirkung der Volumendilatation auf die Temperaturverteilug entstehen. Das 1. Glied in (25), welches die Energiedissipation beschreibt, weist gegenuber (27) auch im Exponenten einen Unterschied a d . Wiihrend der Exponent in (27) mit il = k /ce , der Temperaturleitzahl,

- 0 2 2 = - 02c2tj2-1

lautet, ergibt er sich aus (25) in Verbindung mit (11) zu

Neben die gewohnliche Temperaturleitzahl tritt also ein Faktor, der wiederum die Kopplung AB der beiden Differentialgleichungen (4) und (5) enthiilt und uberdies nooh von w abhiingt.

5. Fur sehr groI3e w geht das logarithmische Diimpfungsdekrement Lo gegen Null, die Wellengeschwindigkeit v gegen ihren isothermen Wert c, und der Dissipationsexponent gegen den reiner Wiirmeleitung. Das bedeutet, daS Wellen kleiner Wellenliinge weniger stark gediimpft werden und sich schneller fortpflanzen als Wellen grol3er Wellenliinge.

Literaturverzeichnis [l] PASLER, M., Z. Physik 122 (1944) 367. [2] M ~ L L E R , H., u. K. STORK, Ann. Physik (7) 13 (1964) 86.

Mainz, Institut fur theoretische Physik der Universitiit.

Bei der Redaktion eingegangen am 22. Februar 1966.