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166 Auch rait der Frage, wie es zu Zeiten von Cholera- epidemien mit den Londoner Wasserwerken stehen wfirde~ behest sich Houston. Zuni~chst gelang es ihm ebenfalls, zum Wasser zugesetzte Choleravibrionen in den meisten Fallen wiederzufinden. Seine weiteren Experimente ergaben, daI] alles, was iiber die Aussehei- dung un4 Abt~tung you Typhusbazillen dureh Aufst~u des Wassers erzielt werden kann, in noeh h(iherem Grade ftir Cholera gilt. Nachteile des Aufspeieherungsverfahrens sind die hohen Kosten der erforderlichen grol~en Becken, ¥or~ teile die dauernde Gleichma~igkeit des Wassers and die l~ngere Lebensf~thigkeit der Filter. Endlich hat Houston noch Studien tiber die Ent- h~rtung des etw~ 17--19 0 herren Themsewassers an- gestellt. Bet einem Kalkzusatz yon I : 10 000 wird die H'~rt,6 auf 8,8 o reduziert. Die Kosten ether derartigen Enth~ttnng betr~gen 0,19 ~L pro Kubikmeter. Der Kalkzusatz bewirkt auch eine erhebliche Keimredu- zierung. T. Zur Geschiehte der Kohlenoxydgasvergiftungen. Hieriiber berichtefe ~uf der letzten Naturfo.rscher-Ver- sammlung in Wien Dr. A. Neubucger. Des Kohlen oxydgas; d~s infolge seiner Geruchlosigkeit des g'ef~hr- lichste aller Gase ist, hat schon im Altertum viele 0pfer gefordert. Die ersten Beschreibungen v~n Kohlenoxydgasvergiftungen stammen aus dem ersten Jahrhundert v. Chr., doeh scheint aueh bereits Aristoteles Kenntnis yon den gefi~hrlichen Wirkungen des Kohlendampfes gehabt zu haben. Bet Gal~ (t31--200 n. Chr.) finder sich nun zum ersten Male die Angabe, da~ die Ausdfinstung frisch gettinchter H~nser erstickend wirkt. Da an den betreffenden Stellen auch Kohlenbecken erwghnt sind, so seheint man die Wirknng der letzteren den mit frisehem Be- wurf versehenen Hauswgnden zugeschrieben zu haben. Dieser Irrtum erh~lt sich nun, wie aus zahlreichen yon dem Vortragenden ungefiihrten Literaturstellen hervorging, dutch Juhrhunderte hindurch. Besonders bemerkenswert ist, dab der rSmische Kaiser Julianus Apostate (361--363 n. Chr.) in dem damaligen Lute- tin Parisorum, dem hentigen Paris, beinahe einer Kohlendamp~vergiftung zum Opfer gefatlen wgre, die er selbst ausftihrlich beschreibt and wobei er wiederum nicht der Ausdfinstung der Kohlenbecken, sondern den feuchten Wanden die SchuId gibt. Yon anderen be- deutenden Mgnuern is~ Johan~ Gott~ied Seume zu er- w[~hnen, der im Ja.hre 1802 bet seinem bertihmten ,Spa- zlergang nach Syrakus" ebenfalls, und zwar in dem kleinen Ort Cilly einer Vergiftung dureh Kohlen~s ausgesetzt, war, deren einzelne Symptome er ~uf des eingehendste schildert. Wie immer, so sindes auch bier die feuchten Wande eines frisch geUinchten Zim- mers, die das ObeI verursacht haben sollen. Diese An- sieht Seumes beriihrt mn so merkwiirdiger, als bereits etwa 100 Jahre vorher der H~llenser Professor Fricd- rich Hoffmann die Giftigkeit des Kohlendampfes nach- gewiesen, nile Erscheinungen genau beschrieben und sehr richtige, heute noch in Geltung stehende 5.IaB- regeln zur Rettung Bet~ubter angegeben hatte. Es ist dies ein Beweis, wie lange es oft dauert, bis die Ergebnisse tier Wissenschaft in weitere Kreise dringen. Friedrich Hoffmann war einer der ersten Proiessoren der 1694 hen gegriindeten Universit~t zu Halle und sparer Leibarzt K~nigs Friedrich L yon Preu/~en. Da ihm des tIofleben nlcht Zusagte, kehrte er jedoch bald yon Beftin nach ttalle zur~ck. Zu seinen Untersuchun- gen, deren Einzelheiten yon dem Vm'ti-,~genden ein- Kleino Mitteilungen. [ Die Natur- Lwissenschaften gehend gewiirdigt wurden, wurde er dadurch angeregt, da~ am Neujahrsmorgen des Jahres 1715 einige W~ch- ter, die sich auf einem Weinberge bei Jena ein Kohlem feuer angezfindet herren, betgubt aufgefunden wurden. Es wurde dana yon theologischer Seite behauptet, sie hgtten Schatzgr~berei betreiben wollen und w~ren da- bet yore Teufel geholt worden. Hoffmann untersuchte den Fall aufs eingehendste und wies nach, de8 die am KSrper der Verungltickten befindlichen und angeblich yore Teufel herriihrenden Spuren Symptome der Kohlen- oxydgasvergiftung seien, deren weiteren Verlanf er in allen selnen Einzelheiten erforschte und klarstellte. S. Eine unterseeische Gasfernversorgung. Eine sehr interessante Anlage stellt des Gasverteilungsnetz der Stadt Kristianssund in Norwegen dar. Die Stadt hatte bis vor wenigen Jahren noeh keine zentrale Liehtver- sorgung, und zw~r deshalb, well ftir eine solche Anlage ungewShnliche Schwierigkeitell bestanden. Die St'~dt ist niimlich in vier Teile geteilf, die auf drei Inseln welt drauBen ira Meere liegen. Auch der Umstund, dal3 in jener Gegend die Sommern:~tchte so hell sind, dab keine Beleuehtung der Str~Ben erforderlieh ist, meg dazu beigetragen haben, dab man in Kristians- sund erst vor einigen Jahrea zar Erbauung eines Gaswerkes sehritt.. Da.s Werk liegt an tier See und besitzt eine Kompressionsstation fiir die Gasfernversor- gang. Die Fernleitung hat eine L.:inge yon etwa 4 km, devon etwa 2 km ohne Anbohrung. Was an diesen Fernleitungen besonders bemerkenswert ist, ist die Tat- sache, dai~ sie in ziemlicher Tiefe nnterseeisch verlegt sind. Es versteht sich yon selbst, d~B an die Dieht- heir dieser Leitungen hohe Anforderungen gestellt wur- den, einmal zur Vermeidung yon C-~sverlusten, haupt- s~ehlieh aber, um ]3etriebsstSrungen dureh etwa ein- dringendes Wasser zu verhiiten. Die den Stidsund durchquerende Leitnng lieg~ mit ihrem tiefsten Punkt 26 m unter Wasser. Aus diesem Grand muBte da.ftir gesorgt werden, dab des Gas vollsti~ndig fret yon kondensierbaren Bestandteilen in die Leitung ein- tritt. Zu diesem Zwecke wurde die Leitung auf jedem Ufer ein langeres Sttick in freier Luft gelegt, um eine Kondensation des im Gas enthaltenen W~ssers zu be- wirken, bevor des Gas in die Unterwasserleitung ein- tritt. Das ausgeschiedene Wasser wird in Syphons aufgesammelt, die mit SicherheitsvorrichLungen ver- sehen sind, so dai~ der Eintritt yon VCasser in die unterseeische Leitung wirksam verhinderL wird. Die Unterwasserleitung wurde ~us ganzgew~lzt, en 100-ram- ~J[annesmann-RShren yon t0 m Liinge verlegt, die mit Rohrmuffen zusammengesehraubt sind; die t~ohre war- den auf jedem Ufer naeh dem Strandprofit geformL Die Leitungen wurden zun~ehst an Land ether Druck- und Diehtheitsprtifung unterzogen, darauf von Bugsier- dampfern a~ ihren Platz gebraeht und mit Itil~e von Tauehern versenkt. Die Versenkung ging ohne jede StSrung vonstatten und die Leitungen haben seit- dem ohne jede Unterbreehung gut funktioniert. (Journ. f. Gasbe~euehtg. 1913, S. 1209--12t:t.) S. iYber die Herstellung yon Temperaturen bis --211 o mit Hilfe yon fltissigem Stickstoff berichtete G. Claude in einer Sitzung der :Pariser Al~demie der Wissenschaften. Alte, h wenn man nicht tiber fltissigen Wasserstoff verftigt, der heute noeh sehwer zu be- schaffen ist, kann nmn in wenlgen Minufen die Er- st~rrungstemperatur des Stiekstoffs ( - - 2 1 t ~t) er- reichen, and zwar mit. t!ilfe yon fiiissigem Stiekstoff

Zur Geschichte der Kohlenoxydgasvergiftungen

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Auch rait der Frage, wie es zu Zeiten von Cholera- epidemien mi t den Londoner Wasserwerken stehen wfirde~ behest sich Houston. Zuni~chst gelang es ihm ebenfalls, zum Wasser zugesetzte Choleravibrionen in den meisten Fallen wiederzufinden. Seine weiteren Experimente ergaben, daI] alles, was iiber die Aussehei- dung un4 Abt~tung you Typhusbazillen dureh Aufst~u des Wassers erzielt werden kann, in noeh h(iherem Grade ftir Cholera gilt.

Nachteile des Aufspeieherungsverfahrens sind die hohen Kosten der erforderlichen grol~en Becken, ¥or~ teile die dauernde Gleichma~igkeit des Wassers and die l~ngere Lebensf~thigkeit der Filter.

Endlich hat Houston noch Studien tiber die Ent- h~rtung des etw~ 17--19 0 herren Themsewassers an- gestellt. Bet einem Kalkzusatz yon I : 10 000 wird die H'~rt,6 auf 8,8 o reduziert. Die Kosten ether derartigen En th~ t tnng betr~gen 0,19 ~L pro Kubikmeter. Der Kalkzusatz bewirkt auch eine erhebliche Keimredu- zierung. T.

Zur Geschiehte der Kohlenoxydgasvergiftungen. Hieriiber berichtefe ~uf der letzten Naturfo.rscher-Ver- sammlung in Wien Dr. A. Neubucger. Des Kohlen oxydgas; d~s infolge seiner Geruchlosigkeit des g'ef~hr- lichste aller Gase ist, hat schon im Altertum viele 0pfer gefordert. Die ersten Beschreibungen v~n Kohlenoxydgasvergiftungen stammen aus dem ersten Jahrhunder t v. Chr., doeh scheint aueh bereits Aristoteles Kenntnis yon den gefi~hrlichen Wirkungen des Kohlendampfes gehabt zu haben. Bet Gal~ (t31--200 n. Chr.) finder sich nun zum ersten Male die Angabe, da~ die Ausdfinstung frisch gettinchter H~nser erstickend wirkt. Da an den betreffenden Stellen auch Kohlenbecken erwghnt sind, so seheint man die Wirknng der letzteren den mit frisehem Be- wurf versehenen Hauswgnden zugeschrieben zu haben. Dieser I r r tum erh~lt sich nun, wie aus zahlreichen yon dem Vortragenden ungefiihrten Literaturstellen hervorging, dutch Juhrhunderte hindurch. Besonders bemerkenswert ist, dab der rSmische Kaiser Julianus Apostate (361--363 n. Chr.) in dem damaligen Lute- tin Parisorum, dem hentigen Paris, beinahe einer Kohlendamp~vergiftung zum Opfer gefatlen wgre, die er selbst ausftihrlich beschreibt and wobei er wiederum nicht der Ausdfinstung der Kohlenbecken, sondern den feuchten Wanden die SchuId gibt. Yon anderen be- deutenden Mgnuern is~ Johan~ Gott~ied Seume zu er- w[~hnen, der im Ja.hre 1802 bet seinem bertihmten ,Spa- zlergang nach Syrakus" ebenfalls, und zwar in dem kleinen Ort Cilly einer Vergiftung dureh K o h l e n ~ s ausgesetzt, war, deren einzelne Symptome er ~uf des eingehendste schildert. Wie immer, so s i n d e s auch bier die feuchten Wande eines frisch geUinchten Zim- mers, die das ObeI verursacht haben sollen. Diese An- sieht Seumes beriihrt mn so merkwiirdiger, als bereits etwa 100 Jahre vorher der H~llenser Professor Fricd- rich Hoffmann die Giftigkeit des Kohlendampfes nach- gewiesen, nile Erscheinungen genau beschrieben und sehr richtige, heute noch in Geltung stehende 5.IaB- regeln zur Rettung Bet~ubter angegeben hatte. Es ist dies ein Beweis, wie lange es oft dauert, bis die Ergebnisse tier Wissenschaft in weitere Kreise dringen. Friedrich Hoffmann war einer der ersten Proiessoren der 1694 hen gegriindeten Universi t~t zu Halle und sparer Leibarzt K~nigs Friedrich L yon Preu/~en. Da ihm des tIofleben nlcht Zusagte, kehrte er jedoch bald yon Beftin nach t tal le zur~ck. Zu seinen Untersuchun- gen, deren Einzelheiten yon dem Vm'ti-,~genden ein-

Kleino Mittei lungen. [ Die Natur- Lwissenschaften

gehend gewiirdigt wurden, wurde er dadurch angeregt, da~ am Neujahrsmorgen des Jahres 1715 einige W~ch- ter, die sich auf einem Weinberge bei Jena ein Kohlem feuer angezfindet herren, betgubt aufgefunden wurden. Es wurde dana yon theologischer Seite behauptet, sie hgtten Schatzgr~berei betreiben wollen und w~ren da- bet yore Teufel geholt worden. Hoffmann untersuchte den Fall aufs eingehendste und wies nach, de8 die am KSrper der Verungltickten befindlichen und angeblich yore Teufel herriihrenden Spuren Symptome der Kohlen- oxydgasvergiftung seien, deren weiteren Verlanf er in allen selnen Einzelheiten erforschte und klarstellte.

S.

Eine unterseeische Gasfernversorgung. Eine sehr interessante Anlage stellt des Gasverteilungsnetz der Stadt Kris t ianssund in Norwegen dar. Die Stadt hat te bis vor wenigen Jahren noeh keine zentrale Liehtver- sorgung, und zw~r deshalb, well ftir eine solche Anlage ungewShnliche Schwierigkeitell bestanden. Die St'~dt ist niimlich in vier Teile geteilf, die auf drei Inseln welt drauBen ira Meere liegen. Auch der Umstund, dal3 in jener Gegend die Sommern:~tchte so hell sind, dab keine Beleuehtung der Str~Ben erforderlieh ist, meg dazu beigetragen haben, dab man in Krist ians- sund erst vor einigen Jahrea zar Erbauung eines Gaswerkes sehritt.. Da.s Werk liegt an tier See und besitzt eine Kompressionsstation fiir die Gasfernversor- gang. Die Fernleitung hat eine L.:inge yon etwa 4 km, devon etwa 2 km ohne Anbohrung. Was an diesen Fernleitungen besonders bemerkenswert ist, ist die Tat- sache, dai~ sie in ziemlicher Tiefe nnterseeisch verlegt sind. Es versteht sich yon selbst, d~B an die Dieht- heir dieser Leitungen hohe Anforderungen gestellt wur- den, einmal zur Vermeidung yon C-~sverlusten, haupt- s~ehlieh aber, um ]3etriebsstSrungen dureh etwa ein- dringendes Wasser zu verhiiten. Die den Stidsund durchquerende Leitnng lieg~ mit ihrem tiefsten Punkt 26 m unter Wasser. Aus diesem Grand muBte da.ftir gesorgt werden, dab des Gas vollsti~ndig fret yon kondensierbaren Bestandteilen in die Leitung ein- t r i t t . Zu diesem Zwecke wurde die Leitung auf jedem Ufer ein langeres Sttick in freier Luft gelegt, um eine Kondensation des im Gas enthaltenen W~ssers zu be- wirken, bevor des Gas in die Unterwasserlei tung ein- t r i t t . Das ausgeschiedene Wasser wird in Syphons aufgesammelt, die mit SicherheitsvorrichLungen ver- sehen sind, so dai~ der E i n t r i t t yon VCasser in die unterseeische Leitung wirksam verhinderL wird. Die Unterwasserlei tung wurde ~us ganzgew~lzt, en 100-ram- ~J[annesmann-RShren yon t0 m Liinge verlegt, die mit Rohrmuffen zusammengesehraubt sind; die t~ohre war- den auf jedem Ufer naeh dem Strandprofit geformL Die Leitungen wurden zun~ehst an Land ether Druck- und Diehtheitsprtifung unterzogen, darauf von Bugsier- dampfern a~ ihren Platz gebraeht und mit Itil~e von Tauehern versenkt. Die Versenkung ging ohne jede StSrung vonstatten und die Leitungen haben seit- dem ohne jede Unterbreehung gut funktioniert. (Journ. f. Gasbe~euehtg. 1913, S. 1209--12t:t.) S.

iYber die Herstellung yon Temperaturen bis - - 2 1 1 o mit Hilfe yon fltissigem Stickstoff berichtete G. Claude in einer Sitzung der :Pariser Al~demie der Wissenschaften. Alte, h wenn man nicht tiber fltissigen Wasserstoff verftigt, der heute noeh sehwer zu be- schaffen ist, kann nmn in wenlgen Minufen die Er- st~rrungstemperatur des Stiekstoffs ( - - 2 1 t ~t) er- reichen, and zwar mit. t!ilfe yon fiiissigem Stiekstoff