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256 A, Kurtenaclcer und M. Kaufmann. Zur Kenntnis der Polythionate 111. uber die Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf die Polythionate. Yon A. KURTENACEEB und M. EAUFMANN. Die Polythionate werden in waBriger Liisung durch Slkali- sulfide rasch und vollstindig unter Bildung von Thiosulfat und teil- weise unter Abscheidung von Schwefel zersetzt nach den Gleichungen: s 36 0 " + s = 2S,O,", s,o," + s" = 2S,03" + s, S,O," + S" = 2 S,03" + 2 s .1) (1) (2) (3) Schwefelwasserstoff wirkt auf die Polythionate vie1 langsamer ein als die Alkalisulfide. Die hier verlaufenden Reaktionen sind komplizierter uncl bis jetzt wenig bekannt. Wir haben deshalb einige der hierher gehorigen Reaktioneu naher untersucht und die im folgenden wiedergegehenen Resultate erhalten. Kaliumtrithionat sol1 nach H. DEBUS a) mit Schwefelwasserstoff im Sinne der Qleichung: 2K,S30, + 5H,S - K,SO, + Ii,S,O, + 85 + 5H,Q reagieren. Die freie Trithionsaure wird nach demselben Autor durch Schwefelwasserstoff nicht nur nicht zersetzt, sondern sogar bestandiger gemacht, als sie in waBriger Losung an und fur sich ist; DEBUS hat weder mit Kaliumtrithionat, noch mit freier Trithiou- saure messende Versuche angestellt, und auch die oben angegebene Reaktionsgleichng nur aus der Art der beobachteten Zersetzungs- produkte abgeleitet. Wir fanden, dab Kaliumtrithionat durch Schwefelwasserstoff langsam angegriffen wird. Eine mit Schwefelwasserstoff im Ver- l) Vgl. G. CEANCEL und E. DIACON, Compt. rend. 66 (1863), 710; Journ. pakt. Ghem. 90 (1863), 55; W. FELD, 2. angew. Chem. 24 (1911), 293; A. SANDEE, Chew.-Ztg. 41 (1917), 657; Journ. 1. G'ccsbel. 62 (1919), 66; F. RASCHIQ, 2. angew. Chem. 33 (1920), 260. Ben. 244 (1888), 150

Zur Kenntnis der Polythionate III. Über die Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf die Polythionate

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256 A, Kurtenaclcer und M. Kaufmann.

Zur Kenntnis der Polythionate 111.

uber die Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf die Polythionate.

Yon A. KURTENACEEB und M. EAUFMANN. Die Polythionate werden in waBriger Liisung durch Slkali-

sulfide rasch und vollstindig unter Bildung von Thiosulfat und teil- weise unter Abscheidung von Schwefel zersetzt nach den Gleichungen:

s 3 6 0 " + s = 2S,O,", s,o," + s" = 2S,03" + s, S,O," + S" = 2 S,03" + 2 s .1)

(1) (2) (3)

Schwefelwasserstoff wirkt auf die Polythionate vie1 langsamer ein als die Alkalisulfide. Die hier verlaufenden Reaktionen sind komplizierter uncl bis jetzt wenig bekannt. Wir haben deshalb einige der hierher gehorigen Reaktioneu naher untersucht und die im folgenden wiedergegehenen Resultate erhalten.

Kaliumtrithionat sol1 nach H. DEBUS a) mit Schwefelwasserstoff im Sinne der Qleichung:

2K,S30, + 5H,S - K,SO, + Ii,S,O, + 85 + 5H,Q reagieren. Die freie Trithionsaure wird nach demselben Autor durch Schwefelwasserstoff nicht nur nicht zersetzt, sondern sogar bestandiger gemacht, als sie in waBriger Losung an und fur sich ist; DEBUS hat weder mit Kaliumtrithionat, noch mit freier Trithiou- saure messende Versuche angestellt, und auch die oben angegebene Reaktionsgleichng nur aus der Art der beobachteten Zersetzungs- produkte abgeleitet.

Wir fanden, dab Kaliumtrithionat durch Schwefelwasserstoff langsam angegriffen wird. Eine mit Schwefelwasserstoff im Ver-

l) Vgl. G. CEANCEL und E. DIACON, Compt. rend. 66 (1863), 710; Journ. p a k t . Ghem. 90 (1863), 55; W. FELD, 2. angew. Chem. 24 (1911), 293; A. SANDEE, Chew.-Ztg. 41 (1917), 657; Journ. 1. G'ccsbel. 62 (1919), 66; F. RASCHIQ, 2. angew. Chem. 33 (1920), 260.

Ben. 244 (1888), 150

Eimwirkung von Schw~felwasserstoff au f die Polythionate. 25 7

haltnis 1 : 1 versetzte, etwa 0,05-n-Kaliumtrithionatl69ung enthielt nach einem Tage noch den grSBten Teil des Trithionats und des Schwefelwasserstoffs unverandert. Als Heuptreaktionsprodukt hatte sich Schwefel gebildet, daneben war etwas Thiosulfat entstanden. Die Bildung dieser Reaktionsprodukte in den beobachteten Mengen- verhaltnissen l i B t sich am einfachsten durch die Annahme erklaren, daB der Schwefelwasserstoff rnit dem Trithionat zunachst im gleichen Sinne reagiert wie Alkalisulfid, also nach der Gleichung:

8,0," + H,S = 2 S,O," + 2 H . (1 4 Zum Unterschied von Gleichung (1) werden hier Wasserstoffionen frei, neben denen das Thiosulfat sebr unbestandig ist. Es zerfallt

nach : S , 0 3 " + 2 H --t SO,H'+S+H. Das Bisulfit setzt sich aber rnit uberschiissig vorhandenem Schwefel- wasserstoff sofort urn, nach der bekannten Gleichung:

SO,€€' + 2H,S + H = 3H,O + 3s. Die beiden letzten Gleichungen ergeben summiert:

S,O," + 2H,S + 2 H = 3H,O + 45. (4) Die Versuchsergebnisse stimmen mit den Forderungen der

Gleichungen (la) und (4) gut uberein. Eine mit Schwefelsaure angesauerte 0,05-n-Trithionatlosung

wies nach einem Tage eine noch vie1 geringere Zersetzung auf als die neutrale Losung; doch verlauft die Reaktion scheinbar in dem- selben Sinne wie in der neutralen Losung. Die grbtlere, mit der Beobachtung von DEBUS iibereinstimmende Bestandigkeit der sauren Trithionatlosung gegeniiber Schwefelwasserstoff ist auffallend, denn Trithionat zersetzt sich bei Abwesenheit von Schwefelwasserstoff in saurer LSsung rascher als in der neutralen L6sung.l)

Nach den Untersuchungen von V. LEWES~), W. FELD~) und A. SANDER 4, geht Kaliumtetrathionat bei wiederholter Sattigung seiner LSsung mit Schwefelwasserstoff in Schwefel und Thiosulfat iiber nach der Gleichung:

S,O," + 3H2S = S,O," + 5s + 3H,O. (5)

1) Vgl. 1. Mitteilung, 2. anorg. u. allg. Chem. 148 (1925), 43.

2) Bed. Ber. 16 (l882), 2222; Chem. societ. 41 (1882), 300. 3, 2. mgezu. Chem. 24 (19111, 293.

Chem.-Ztg. 41 (19171, 657; Journ. f. ffasbel. 6'2 (1919), 66. Z. anorg. u. allg. Chem. Rd. 148. 17

258 A. Kurienackw imd N. li’aufrnann..

Die Reaktion kann man sich in zwei Phasen zerlegt denken, namlich : S,O,” + a,s = 2 S20,” + s + 2 H’ , (2 a)

S,O,“ + 2H2S + 2 H = 3H20 + 4s. (4) Die erste Phase stimmt wieder mit der Reaktion (2), also der

Einwirkung von Alkalisulfid uberein, nur entstehen hier Wasser- stoffionen, die wie bei der oben besprochenen Trithionatreaktion mit einem Teil des Thiosulfats und iiberschussig zugesetztem Schwefelwasseratoff unter Bildung von Schwefel reagieren.

Wendet man den Schwefelwasserstoff nicht in so groBem nber- schuI3 an, wie die genannten Autoren, so ist der Reaktionsverlauf ndch unseren Versuchen ein komplizierterer. AuBer Thiosulfat und Schwefel entsieht Pentathionat und auch etwas Trithionat.

Die Bildung dieser Reaktionsprodukte laBt sich auf folgende Art erklaren: Zunachst findet entsprechend der Annahme der oben genannten Autoren die Reaktion (2 a) sttttt. Ein Teil des Thiosulfats reagiert hierauf mit Seh wefelwasserstoff und Wasserstoffionen nach (1) weiter; diese Reaktion tritt aber um so mehr zuriick, je weniger Schwefelwasserstoff man im Verhaltnis zum Tetrathionat von vorn- herein angewendet hat. Die nach dem Verbrauch des Schwefel- wasserstoffs noch verbleibenden Wasserstoffionen bewirken eine Kondensation des Thiosulfats zu Pentathionat nach:

5S20,” + 6 H ’ e 2S,O,” + 3 H 2 0 a (6) Die Bildung des Trithionats ist auf die katalytisch zersetzende

Wirkung des Thiosulfats auf noch vorhandenes Tetrathionat zuriick- zufiihren, die sich in einer ziemlich raschen Spaltnng des Tetra- thionats in Tri- und Pentathionat nach dem Schema:

auBert. l) 2 s,o,” ----t S9O,” + S,O,”.

Dag die oben genannten Autoren eine glatte Zersetzung des Tetrathionats nach Gleichung (5) fanden, liegt an der Verwendung des sehr groBen nberschusses an Schwefelwasserstoff. Durch diesen wird auch das zunachst entstandene Pentathionat i n Thiosulfat u id Schwefel zerlegt, so daB man in Summe die Reaktion (5) erhalt. Zur Bildung von Trithiouat kommt es bei Anwendung von vie1 Schwefelwasserstoff wohl gar nicht, da das ganze Tetrathionat durch den Schwefelwasserstoff zerlegt wird, ehe sich die katalytische Wirkung des Thiosulfats geltend machen kann.

l) Vgl. 11. Mitteilung, S. 225,

Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf die Polythionate. 259

Die interessanteste hier zu untersuchende Reaktion ist die Wechselwirkung zwischen Schwefelwasserstoff und Tetrathionat in mineralsa,urer Losung. H. DEBUS l) machte die Beobachtung, daB beim Einleiten von Schwefelwasserstoff in eine mit Schwefelsijure angesauerte Kaliumtetrathionatlosung betrachtliche Mengen Penta- thionat neben wenig Schwefel entstehen ; er untersuchte die Reaktion nach ihren quantitativen Umsetzungsverhaltnissen nicht naher.

Wir setzten Schwefelwasserstoff in verschiedenen DIengen- verhaltnissen zu den mit Schwefelsaure schwach angesauerten Tetra- thionatlosungen. Es ergab sich, daB eine vollstandig glatte Um- setzung stattfindet, an der je 1 Mol Tetrathionat und Schwefel- wasserstoff beteiligt sind, die zusammen 1 Atom Schwefel und etwa 0,8 Mole Pentathionat geben. Thiosulfat kann in der sauren Losung als bestandiges Endprodukt nur in geringer Menge auftreten und zwar wurde es nur bei jenen Versuchen beobachtet, wo nuch un- veranderter Schwefelwasserstoff vorhanden war.

-4uf Grund der Analysenergebnisse lafit sich cler Reaktions- verlauf leicht uberblicken. Als primare Reaktion findet z weifellos wieder die Reaktion (2a) statt:

(’z a) S4O6” + H,S = 2S20,” + S + 2H’,

6S,O,” + 6 H = 25,0,” + 3H,O.

das Thiosulfat setzt sich jedoch bei Gegenwart des Uberechusses an Wasserstoffionen vollsfandig glatt zu Pentathionat urn nach:

Die Ubereinstimmung der Analysenergebnisse rnit den nach den Gleichungen berechneten Werten ist eine recht gute. Die bei der Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf neutrale Tetrathionatlovung beobachtete Umsetzung des Thiosulfats rnit Schwefelwasserstoff nnch Gleichung (4) findet hier auch dann nicht statt, wenn geniigend Schwefelwasserstoff vorhanden ist.

Die hier featgestellte glatte Umsetzung des primar entstandenen Thiosulfats in Pentathionat ist sehr bemerkenswert. Diese Konden- sation vollzieht sich bekanntlich auch , wenn man eine Thiodfa t - liisung mit Saure ansauert , jedoch ist die Pentathionatausbeute in diesem Falle sehr gering, da der Hauptteil des Thiosulfats in Schwefel und schweflige Saure zerfdlt. Versetzt man aber die Thiosulfatlosung nach TH. SALZEB 2, rnit einer kleinen Menge Arseruit,

(6)

I ) Arzn. 244 (1888), 129. *) Bed. Ber. 19 (1886), 1696.

17*

260 A. Kurtmaeker und M, Kaufmann.

so wird, wie F. RASCHIG’) genauer feststellte, fast das ganze Thio- sulfat in Pentathionat ubergefuhrt, also ahnlich wie in unseren Ver- suchen bei Gegenwart von Schwefelwasserstoff. Bezeichnend ist, daB auch bei der SALzER’schen Reaktion Schwefelwasserstoffgeruch auf- tritt. Dem Schwefelwasserstoff fallt also zweifellos eine wichtige Rolle bei der Bildung der Pentathionsaure zu. Die Art dieser Wirkung herauszufinden , muB weiteren Versuchen vorbehalten bleiben.

Aus der Tatsache, daB Tetrathionat in saurer Losung durch Schwefelwasserstoff weitgehend in Pentathionat ubergefuhrt wird, mu6 man schlieBen, da6 Pentathionat bei Gegenwart von Wasser- stoffionen gegeniiber Schwefelwasserstoff viel bestiindiger ist als Tetrathionat. Dies trifft, wie J. STINGL und TH. MORAWSKI~) schon vor langerer Zeit gefunden haben, tatslchlich zu.

Versnche. Die Polythionate wurden in Mengen von etwa */loo Mol in

Wasser oder Saure geiost und mit so viel einer titrierten Losung von Schwefelwasserstoff versetzt, daB das Gesamtflussigkeitsvolumen 100 oder 200 ccm betrug. Die Mischung wurde in einem wohl verschlossenen Kolbchen sich selbst uberlassen und nach der in den Tabellen angegebenen Zeit analysiert.

Die Analyse wurde auf folgende Art durchgefuhrt : Zunachst wurden in j e 10 bzw. 20 ccm der uber dem abgeschiedenen Schwefel befindlichen klaren Flussigkeit Thiosulfat, Sulfit und Schwefelwasser- stoff nach A. KUETENACKER und K. BITTNER~) bestimmt. Hierauf filtrierte man den Schwefel durch einen trockenen Tiegel mit einer Filterplatte aus gesintertem Porzellan ab und trocknete und wog ihn nach dem Auswaschen. Das Filtrat diente zur Bestimmung der Polythionate nach den vor kurzem beschriebenen Methoden. 4, Da der Schwefelwasserstoff die Polythionatbestimmungen stort, wurde er zunachst durch Evakuieren oder auch durch Fallung mit Zink- acetat (nur fur die Sulfitmethode anwendbar) aus der Losung ent- fernt. Beziiglich der Ausfiihrung der einzelnen Bestimmungsmethoden sei auf die zit. Mitteilungen verwiesen.

I) Schwefel- und Stickstoff-Studien, Leipzig-Berlin 1924, S. 250. *) Jourw.prakt. Cham. [2] 20 (1879), 85. a) 2. anorg. u. aZZg. Chem. 141 (1924)’ 297. 9 A. KUETENACXEB nnd K. BITTNEE, 2. anorg. u. aZZg. Chem. 142 (1925), 119;

A. KURTENACKEB und M. KAUFMAKN, 2. anorg. u. a11g. Chem. 148 (1925), 43.

Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf die Potythionate. 26 1

Tr i th iona t . Zwei der von uns durchgefuhrten Versuche sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Versuch 1 betrifft die Einwirkung

Tabelle 1. K2S30, + H,S.

__ Millimole pro Liter ! 20 eem Losung verbrauchen

m

M

des Schwefelwasserstoffs auf eine neutrale, Versuch 2 die auf eine saure Losung von Kaliumtrithionat. Etwa 0,01 Mol K,S,O, (2,7 g) wurde in 50 ccm Wasser (Versuch 1) bzw. in 50 ccrn 0,9714-n-HZSO, [Versuch 2) gelost und mit 150 ccm Schwefelwasserstoffwasser, welche 11,2 bzw. 10,s Millimole H,S enthielten, versetzt.

Bei beiden Versuchen trubte sich die Flussigkeit schon nach kurzem Stehen. Nach eintagigem Stehen wurde analyeiert. Wie aus der Tabelle hervorgeht, hatten in dieser Zeit nur kleine Bruch- teile des angewendeten Trithionats und Schwefelwasserstoffs reagiert. Eine langere Versuchsdauer wurde vermieden, weil die Resultate dann durch die Selbstzersetzung des Trithionats hiitten getriibt werden k6nnen.

Die Ubereinstimmung der Ergebnisse des Versuches 1 mit den oben angefiihrten Gleichungen (1 a) und (4) ergibt sich aus folgender Gegeniiberstellung : Gefunden wurde die Bildung von 12 Molen Schwefel und 2 Molen Thiosulfat und der Verbrauch von 10 Molen Ychwefelwasserstoff und 3 Molen Trithionat. Nach den Reaktions- gleichungen sollen 12 Molen entstandenen Sch wefels entsprechen: 3 Mole Thiosulfat, 9 Mole Schwefelwasserstoff und 3 Mole Trithionat. Die Ubereinstimmung ist also eine recht gute.

Fur Versuch 2 ist eine Ubereinstimmung zwischen Rechnung und Analysenergebnis nicht zu erwarten, da wegen des sehr kleinen Reaktionsumsatzes die relativen Fehler sehr gr06 sind.

262 A. Kur tenacker und M. Kaufmann.

T e t r a t h i o n a t : Die Resultate eines Versuches, der die Eiu- wirkung von Schwefelwasserstoff auf eine neutrale Tetrathionat- lijsung betrifft, sind in Tabelle 2 unter Vsrsuchs-Nr. 3 verzeichnet.

Tabelle 2.

Na,S,O, + H,S .

20 ccm Lijsung verbrnuehen 1 / j Millimole pro Liter

143 449

$15 464

Versetzt man die Tetrathionatlosung mit Schwefelwasserstoff, so triibt sich die Losung in wenigen Augenblicken infolge Schwefel- abscheidung. Nach einem Tage war der Schwefelwasserstoff voll- standig verschwunden. Das Tetrathionat reagiert also vie1 rascher mit Schwefelwasserstoff als das Trithionat.

Die analytisch gefundenen Zahlen stimmen, wie man sich leicht iiberzeugen kann , mit den Forderungen der oben angefuhrten Reaktionsgleichungen (2a), (4), (6) und (7) gut uberein.

Die Versuche 4-6 betreffeu die Einwirkung des Schwefel- wasserstoffs auf eine angesauerte Tetrathionatlijsung. Etwa Moi Na,S,O,. 2H,O (3,02-3,06 g) wurde in Versuch 4 in 57,8 ccm n-H,SO, gelijst und mit titriertem Schwefelwasserstoffwasser auf 200 ccm aufgefiillt, in den Versuchen 5 und 6 wurde annahernd die gleiche Menge Tetrathiorat in 24,3 ccm n-€€,SO, gelijst, niit Schwefelmasserstoffwasser jedoch nur auf 100 ccm aufgefullt.

Die Schwefelabscheidung erfolgt in saurer Lijsung vie1 lang-

h’inwirkung von Schwefelwasserstoff azcf die Polythionate. 263

samer als in der neutralen Losung; erst nach etwa lstiindigem Stehen tritt Triibung ein.

I n Versuch 4, wo Tetrathionat und Schwefelwasserstoff im Verhaltnis von etwa 1 : 1 angewendet wurden, enthielt die LSsung loach 17 Stunden noch betrachtliche Mengen Schwefelwasserstoff; in den anderen Versuchen, wo das Tetrathionat von vornherein im UberschuB vorhanden war, verschwand der Schwefelwasserstoff voll- standig.

In allen Failen waren Schwefel und Pentathionat die Haupt- reaktionsprodukte, in Versuch 4 konnten auch kleine Mengen Thio- sulfat nachgewiesen werden. Anscheinend ist das Thiosulfat neben Schwefelwasserstoff in saurer Losung ziemlich bestandig.

Die Ergebnisse des Versucbes 4 stimmen mit den oben an- gegebenen Reaktionsgleichungen (2 a,) and (6) gut iiberein. Nach den Analysenergebnissen hatten 37 Millimole Tetrathiomat reagiert. Diese sollen nach (2 a) 37 Millirnole Schwefelwasserstoff verbrauchen (gefunden 39 Millimole) und 37 Millimole Schwefel geben (gefunden 41 Millimole). AuBerdem sollen nach ( 2 4 74 Millimole Thiosulfat und 74 MilIimole Wasserstoffion entstehen. An Thiosulfat blieben in der Losung 4 Millimole erhalton, daher mufiten sich 70 Millimole nach Gleichung (6) umgesetzt haben, wobei 28 Millimole Pentathionat gebildet werden sollen (gefunden 29 Millimole). Weichzeitig werden nach (6) 84 Millimole Wasserstoffion verbraucht. Die Aciditat der Losung sollte daher im ganzen um 10 Bifillimole sinken, wogegen eine tatsachliche Abnahme urn 12 Millimole gefunden wurde.

In den Versuchen 5 und 6 ist die obereinstimmung zwischen Theorie und Analysenergebnissen insofern etwas schlechter , als im Verhiiltnis zum verbrauchten Schwefelwasserstoff scheinbar etwas zu vie1 Tetrathionat umgesetzt und zu vie1 Pentathion& gebildet wurde. Die Abweichung ist zweifellos auf Analysenfehler zuriickzufuhren. Die Fliissigkeit war namlich bei Ausfiihrung der Sulfitmethode triib. Der fein verteilte Schwefel lost sich in Natriumsulfit unter Bildung von Thiosulfat, wodurch ein zu hoher Pentathionat - und mithin ein zu niedriger Tetrathionatgehalt vorgetauscht wird.

Wir fiihrten auch Versuche in mit Salzsaure stark angesauerter Lasung aus (20 ccm Salzsiiure (1 : 1) pro 100 ccm Liisung. Die Reaktion veryauft hier noch langsamer als in der schwach sauren Losung. Es dauerte mehrere Stunden, bis eine sichtbare Triibung durch Schwefel eintrat. Die Bestimmung der Reaktionsprodukte in der stark sauren Losung ist schwierig durchzufuhren ; der Schwefel

264 A. Kurtenaoker %.ill. Kaufmann. Bnwirkung v. Schwefelwasserstoff urn.

scheidet sich in auBerst feiner, schwer filtrierbarer Form a h So- weit festgestellt werden konnte, ist der Reaktionsverlauf prinzipiell der gleiche wie in den oben besprochenen Versuchea.

Zueammenfasmng.

lauft sehr langsam nach den Gleichungen: Die Reaktion zwischen Trithionat und Schwefelwasserstoff ver-

S,O," + H,S = 2S20," + 2 H , S20," + 2H,S + 2 H = 3H20 + 4s.

Sanre Trithionatlosungen werden von Schwefelwasserstoff noch viel weniger angegriffen als neutrale.

Tetrathionat reagiert mit Schwefelwaseerstoff viel rascher als Trithionat , doch gilt auch hier , daB die Reaktionsgeschwindigkeit mit steigeuder Aciditat abnimmt.

I n neutraler Losung spielen sich folgende Reaktionen ab :

S,O," + H,S = 2S,O," + S + 2 H , S203" + 2H,S + 2 H = 38,O + 4 S , 5S,O," + 6H' = 2s,O," + 3H,O.

AuBerdem kann infolge Einwirkung des Thiosulfat s auf unzer- setztes Tetrathionat auch Bildung von Trithionat stattfinden.

I n saurer Losung kommen nur die erste und die dritte der eben angeschriebenen Reaktionen in Betracht ; das primar gebildete Thiosulfat geht also vollstiindig oder nahezu vollstandig in Penta- thionat iiber.

Br?lmn, Deutsche Technische Hochsehule, Laboratoriurn f@r alz- organische, physikalisch ulzd alzalytische Chemie.

Bei der Redaktion eingegangen am 3. August 1925.