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Escuela de Ciencias Quimieas. Universidad Nacional Aut6noma de M6xieo. Zur Kennzeichnung der Empfindliehkeit analytischer Reaktionen. Von F. L. Hahn. ~ (Eingelangt am 30. September 1950.) Zwei VerSffentlichungen der letzten Zeit ~, 9 erfordern ein erneutes und ausffihrlieheres Eingehen auf diesen Gegenstand, dem ieh vor 20 Jahren knappe zwei Seiten gewidmet habe 6. In der ersten Auflage (1911) seines ausgezeiehneten ,,Lehrbuches der Mikrochemie ''la ist fiir Emich ,,Empfindliehkeit" gleiehbedeutend mit ,,kleinster naehweisbarer Menge"; er unterscheidet z. B. (S. 3) zwischen der ,,theoretischen" Empfindlichkeit, d. h. der Substanzmenge, die in einem einzigen gut ausgebildeten, also unter dem Mikroskop identifizierbaren Kristall enthalten ist, und spricht in diesem Zusammen- hang yon Emp~indlichkeitsgrenze; dem stellt er die ,,praktisehe" Empfind- lichkeit gegeniiber: die Substanzme~ge, die in der kleinstm6glichen Gesamtf~llung vorliegt (siehe aueh: Lit. 7). In der zweiten Auflage TM (1926, S. 2 und 3) hat Emich zwar die Emp- findlichkeit in diesem Sinne noeh beibehalten, gibt aber auBerdem die Feiglsehe Definition 3, naeh der die Mengenempfindlichkeit ,,Erfassungs- grenze" heiBt, wahrend Empfindliehkeit sieh allein auf die Konzentration beziehen soll. ,,Als EmpfindlicMceitsgrenze bezeiehnet Feigl jene Ver- diinnung, bei der die Reaktion noch einwandfrei gelingt." In zwei un- mittelbar aufeinanderfolgenden Abs~tzen wird also ,Empfindlichkeits- grenze" erst fiir die kleinste theoretisch erjaflbare Menge und dann ffir die kleinste praktisch noch wirlcsame Konzentration gebraueht, ein Mangel an Folgeriehtigkeit, wie er zwisehen Uberlieferung und Fortschritt oftmals vorkommt, wie er aber bei einem Forscher and Denker yon Emichs Format nicht andauern konnte. Daher zitiert er, nur vier Jahre sparer, in seinem ,Mikroehemischen Praktikum ''2 wSrtlich Folgendes6: ,,Hahn und Feigl schlagen neuestens vor" (der Vorschlag war wenige Monate alt), ,,statt Empfindliehkeitsgrenze yon nun ab Grenzkonzentration * Adresse: l~iza 64, M6xico 6, D. F.

Zur Kennzeichnung der Empfindlichkeit analytischer Reaktionen

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Page 1: Zur Kennzeichnung der Empfindlichkeit analytischer Reaktionen

Escuela de Ciencias Quimieas. Universidad Nacional Aut6noma de M6xieo.

Zur Kennzeichnung der Empfindliehkeit analytischer Reaktionen.

Von F. L. H a h n . ~

(Eingelangt am 30. September 1950.)

Zwei VerSffentlichungen der letzten Zeit ~, 9 erfordern ein erneutes und ausffihrlieheres Eingehen auf diesen Gegenstand, dem ieh vor 20 Jahren knappe zwei Seiten gewidmet habe 6.

In der ersten Auflage (1911) seines ausgezeiehneten ,,Lehrbuches der Mikrochemie ' 'la ist fiir Emich ,,Empfindliehkeit" gleiehbedeutend mit ,,kleinster naehweisbarer Menge"; er unterscheidet z. B. (S. 3) zwischen der ,,theoretischen" Empfindlichkeit, d. h. der Substanzmenge, die in einem einzigen gut ausgebildeten, also unter dem Mikroskop identifizierbaren Kristall enthalten ist, und spricht in diesem Zusammen- hang yon Emp~indlichkeitsgrenze; dem stellt er die ,,praktisehe" Empfind- lichkeit gegeniiber: die Substanzme~ge, die in der kleinstm6glichen Gesamtf~llung vorliegt (siehe aueh: Lit. 7).

In der zweiten Auflage TM (1926, S. 2 und 3) hat Emich zwar die Emp- findlichkeit in diesem Sinne noeh beibehalten, gibt aber auBerdem die Feiglsehe Definition 3, naeh der die Mengenempfindlichkeit ,,Erfassungs- grenze" heiBt, wahrend Empfindliehkeit sieh allein auf die Konzentration beziehen soll. ,,Als EmpfindlicMceitsgrenze bezeiehnet Feigl jene Ver- diinnung, bei der die Reaktion noch einwandfrei gelingt." In zwei un- mittelbar aufeinanderfolgenden Abs~tzen wird also ,Empfindlichkeits- grenze" erst fiir die kleinste theoretisch erjaflbare Menge und dann ffir die kleinste praktisch noch wirlcsame Konzentration gebraueht, ein Mangel an Folgeriehtigkeit, wie er zwisehen Uberlieferung und Fortschritt oftmals vorkommt, wie er aber bei einem Forscher and Denker yon Emichs Format nicht andauern konnte. Daher zitiert er, nur vier Jahre sparer, in seinem ,Mikroehemischen Praktikum ''2 wSrtlich Folgendes6: ,,Hahn und Feigl schlagen neuestens vor" (der Vorschlag war wenige Monate alt), ,,statt Empfindliehkeitsgrenze yon nun ab Grenzkonzentration

* Adresse: l~iza 64, M6xico 6, D. F.

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. zu sagen, was den Vorteil bietet, dab der Ausdruck ,Empfindlichkeit ' zur Kennzeichnung des Gesamtbildes einer Reakt ion vorbehalten bleibt".

'Und ffir dieses Gesamtbild hat sich nun ein sehr glficklich gew~hlter Formelausdruck gefunden 1° :

Empfindlichkeit : X [S] y ,

worin X die Erlassungsgrenze bedeutet und Y das Arbeitsvolumen, w~hrend S die Arbeitstechnik kennzeichnet.

Und jetzt wirft Malissa 9 alles mfihsam Errungene wieder fiber den Haufen. Er behauptet , dab diese Formel ,,die Empfindlichkeit ganz allgemein dutch die Erfassungsgrenze bei der Verdfinnungsgrenze angebe", was nicht zutriff t ; die , ,Grenzverdfinnung"* ist in der Formel nicht angegeben, sondern muB aus ihr errechnet werden.

Wenige Zeilen weiter ha t er vergessen, daB das Wor t , ,Empfindlich- kei t" zum Gesamtbfld der Reakt ion geh6rt und setzt

Grenzverdfinnung ~ D ~ Empfindlichkeit .

Und w~hrend er bier das Zeichen D fiir die Grenzverdfinnung benutzt , schl~gt er sofort darauf vor, das gleiehe Zeichen fiir den , ,Konzentrations- exponenten" zu verwenden, schreibt also, wenn man seine Anregungen in eine Linie zusammenzieht :

p D = - - l o g D ~ D.

Es ist dringend zu wiinschen; dab dies alles, einschlieBlieh der Ver. diinnungsgrenze, baldigst und dauernd aus der Liberatur verschwindet.

Dasselbe gilt ffir die Unterscheidung yon absoluter Empfindlichkeit (sprich: Grenzverdfinnung) und praktischer, die schon deshalb un- m6glich ist, weft wir die eingangs erw~hnte, systematisch fiberaus wichtige Gegenfiberstellung ( t h e o r e t i s c h - praktisch) beibehalten miissen ; was Malissa darstellen will, erreichen wir viel einpri~gsamer, wenn wir die einsamen Zahlen aus der vierten Spalte seiner Tabelle fiber die

* Malissa klagt fiber Verschleierun9 tier Begriffe; das ist sehr begreiflich; denn unerl~i~liche Vorbedingung fiir klare Begriffsbildung ist logisch und sprachlich richtige Wortformung. - - Nun kennzeichnet in der deutschen Sprache der letzte Tell eines zusammengesetzten Wortes den allgemeinen Begriff, wahrend die Vorsatzw6rter ihn einschr~nken. ,,Empfindliehkeits- grenze" war daher spraeblich riehtig gebildet: die Grenze, die der Mengen- oder Konzentrationsempfindlichkeit gesetzt ist. ,, Grenzkonzentration" oder ,,Grenzvordtinnung" sind riehtig gebildet: die Konzentration (oder Verdtinnung), bei der die Grenze der Nachweisbarkeit erreieht wird. Die Hellersehe s ,,Verdiinnungsgrenze" ist aus zwei Grfinden abzulehnen: es will der frtiher gebrauchten Bezeichnung ,,Empfindlichkeitsgrenze" ~thnlich sein, und gerade das ist verfehlt wegen der hier deutlich hervorgehobenen Zwei- deutigkeit dieses Wortes, u n d e s ist fiberdies sprachlich falsch gebildet. - - Auch im Englischen verwendet Oesper4: ,,Limit of identification" (die Grenze de r Erkennbarkeit), aber: ,,Concentration limit" (die Konzentration, bei der man an die Grenze kommt).

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Zahlen der letzten Spalte setzen, wenn man will, fet tgedruckt . Und diese . Spalte mul~ selbstverst~ndhch mit p D iiberschrieben sein, nicht mit D.

Soweit die Dinge, die meiner Meinung nach keiner weiteren Diskussion, sondern nur des konsequenten Festhaltens bediirfen. Und nun die diskutierbaren.

Warum lieber Konzentration als Verdiinnung? ,,Mit empfindlichen Reakt ionen kSnnen kleinste Mengen in kleinsten I (onzentra t ionen nachgewiesen werden", klingt ffir reich besser als: ,,kleinste Mengen in grSl~ten Verdiinnungen". Aber das ist Geffihlssache und wenn jemand , ,Grenzverdiinnung" vorzieht oder wenn in irgendeiner Fremdsprache die Zusammensetzung mit , ,Verdfinnung" besser klingt als mit , ,Kon- zentrat ion", so ist kaum etwas gegen diesen Gebrauch einzuwenden. Bei den Zahlenangaben wird t iberhaupt niemals, und mit Recht nicht , zwischen den gleichwertigen Ausdriicken

1 : 15000 (Verdiinnung) und 6,67 • 10 -5 (Konzentration)

unterschieden. Man kann also unbedenklich das vorgeschlagene Symbol D fiir beides setzen und schreiben:

D = 1 : 15000 = 6,67. 10 -5 - - 10-4, is.

Malissa wie auch Flaschka 5 haben offenbar aus gemeinsamer Quelle einen unwesentlichen Rechenfehler: 4,17 i ibernommen; beide machen nun den Vorschlag, oder richtiger, wiederholen einen Vorschlag yon Emich ~, in Analogie zum pH sta t t der negat iven Zehnerpotenz den positi- yen Logar i thmus zu schreiben. Nur schreibt Malissa kurzerhand D := 4,18, was unmSglich ist, nachdem D einmal fiir die Konzent ra t ion benii tzt wurde, und Flaschl~a schreibt zwar korrekt p D ~= 4,18, schl~gt aber weiterhin vor, dies p D in d zu vereinfachen. Man braucht nur die jetzt allgemein iibliche Schreibweise p~ - - - - l o g [H+] zu betrachten, um ein- zusehen, dal~ dies nicht ang~ngig ist.

Was soll nun bevorzugt werden : D - - 1 : 15 000 oder p D -- 4,18 ? Flaschka findet nur das erste , ,anschaulich" ; es sei ,,nicht jedermanns Sache, in nega- t iven Potenzen zu denken, bzw. die Logar i thmen im Kopf zu haben" . Um aber, ,die Schreib- und Setzarbeit der vielen Nullen mSglichst zu umgehen" , solle man G - - 15/3 schreiben und dies so deuten : , ,man schreibe 1/15 und h~nge an die 15 drei Nullen an". I ch kann nicht zus t immen: fiir reich ist 15/3 gleich ffinfzehn Drittel, also ffinf, nicht aber gleich eins durch fiinf- zehntausend zu lesen. Und selbst fiir 15//3 oder irgendeine andere Schreib- weise, die nicht mfl~verst~ndlich w~tre, kann ich mich nicht begeistern.

Is t denn abet f iberhaupt 1 : 15000 anschaulicher Ms D - - 6,67 - 10 -5 oder D - 10-4, is oder p D - : - 4 , 1 8 7 Gewil~, man sieht sofort: 1 : 1 5 0 0 0 heiI~t 1 g in 15 1 oder 1 mg in 15 ml. Und warum sieht man das sofort? Weil g/1 oder mg/ml 1 tl000 ist. Sollte nicht aber ~eder Chemiker soweit ,,in negativen Potenzen zu denken" gewohnt sein, dal~ ihm die Aquivalenz

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yon 1/1000 und 10 -3 gel/~ufig ist ? Dann aber hat er aueh g/l ---- mg/ml = 10 -3 im Geftihl und ebenso rag/1 ~ ~/ml = 10 -~. Und somit ist

6 , 6 7 . 1 0 -5 genau so ansehaulieh wie die erste Angabe; es bedeute t : 6,67 mg in 100 ml oder 66,7 ~/ml.

Die kiirzeste und daher empfehlenswerteste der zur Frage stehenden Angaben ist

p D ~ 4,18,

aber es ist zuzugeben, da[~ sie tats/~chlich weniger anschaulich ist; und es k6nnte bedenklich st immen (was beide genannten Autoren nicht er- w~hnen), daI3 Emich schon 1931 angeregt hat lb, nur die Exponenten der Potenz zu geben und dal3 selbst seine Autori t~t nicht damit durchgedrun- gen ist. Nun hat inzwischen die Gesamtheit der Chemiker 20 Jahre Zeit gehabt, sich an den Gebrauch yon p~-Werten zu gew6hnen; man darf daher vielleicht annehmen, dal3 der Widers tand jetzt geringer sein wird.

Tats/iehlich sieht man sofort : 4,18 ist viel n/~her an 4 (d. h. 0,1 mg/ml ~- 100 ~/ml) als an 5 (10 ~/ml) ; und das diirfte in vielen F/~llen geniigen.

Braucht man es genauer, so geniigt es, zwei Logari thmen im Kopf zu haben: log 2 ~ 0,30103 (0,30 geniigt) und log 3 ~-0,47712 (0,48}; auf Grund dieser beiden, die wohl jeder yon uns kennt, war es z. B. mSglieh, den oben erw/~hnten Fehler yon einer Einheit der zweiten Dezimale im log 1,5 zu bemerken, ohne dabei die Tafel aufzusehlagen ; und weiterhin ha t man damit die Logari thmen yon 4 - 5 - - 6 - - 8 - - 9 und viele Zwischenwerte wie: 1,33 - - 1,5 - - 1,67 - - 2,5 - - 2,67 usw.

In den seltenen F/~llen, wo eine solche Sch/~tzung nicht ausreicht, die Logari thmentafel aufsehlagen zu miissen, halte ich fiir keinen schwer- wiegenden Nachteil ; somit sehlage ich vor zu besehlieBen:

Eine mikroehemisehe l~eaktion mSge kiinftig dureh Angabe der Emp/indlichkeit und des Grenzexponenten gekennzeichnet werden (st~tt: ,,des negativen Exponenten der Zehnerpotenz, die der Grenzkonzen- t rat ion oder Grenzverdiinnung entspr ich t" ; damit sind wir dann auch gliieklieh der Kontroverse: Konzent ra t ion oder Verdiinnung entronnen). Also

Empf . : X [ S ] Y, p D - - - - n .

Noch zwei Dinge, die mir einer Diskussion und einheitlichen Regelung zu bediirfen scheinen.

1. Was soll das Zeichen /iir Mikrogramm sein." ~ oder #g ? Fiir ~ sp r ich t die Analogie yon g - - mg ~ 7 ~ m~ (des wir wohl bald werden benutzen miissen, wenn wir auch yon ~7, noch etwas entfernt sind) zu m ~ m m # ~ m# (und/~#); aul3erdem, dal3 wir uns alle 1/~ngst angew6hnt haben, der Kiirze wegen ,,n g a m m a " zu sagen. ~ Was sprieht fiir/~g?

2. Sollen wit ]iir unsere Angaben Gewichtsmengen oder ~4"quivalente beniitzen? Auch diese, yon lVlaschka unter Quellenangabe erw/~hnte Problemstellung geht schon auf Emich zurtick.

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Gewiehtsangaben haben tats~chlich den Vorzug der unmittelbaren Ansehaulichkeit. Augerdem aber besteht bei den andern sofort das Dilemma: sollen wit in Millimol (mmol) oder in Millival (mvM) rechnen ~. Rechnen wir in retool, so sind gleichkonzentrierte L6sungen yon Silber- nitrat und Kaliumchromat nicht ~quivMent; rechnen wir in mval, so hat die gleiche ChromatISsung verschiedene Konzentrationen, wenn sie einmal Ms F~llungsreagens und ein andermal Ms Oxydationsreagens ver- wendet wird. Das ist in der Maganalyse unvermeidlich; hier aber bedeutet es eine unn5tige Komplikation. Ich glaube also, die aufgeworfene Frage be- antworten zu kSnnen : Man bleibe bei der Angabe yon Gewiehten (~ und 7/ml). Nur woes wiinschenswert erscheint, gebe man au[3erdem mmol bzw. reval (oder#mol bzw. #val; Mikromol oder Mikroval) zur Erg~nzung an.

Die vorstehenden Ausffihrungen befanden sich bereits auf dem Weg in die Druckerei, Ms mir eine zweite Abhandlung yon Malissa zug~nglich wurde; in ihr ffihrt er seine Ansehauungen vSllig ad absurdum. Der Nachweis von 0,1 7 in 10 ml sei eine ,,sehr empfindliche" Probe, weil sie bei einer tatsiichlichen (Kursivdruek yon mir; was ist der Gegensatz hierzu~. H.) Konzentration von 0,01 ~/ml eintritt; wird aber die gleiche Menge in 0,001 ml erkannt, so kSnne man das ]caum (M. schreibt: ,,mit welt weniger Recht bzw. fiberhaupt nicht") empfindlieh nennen, weft wir bier 100 ~/ml haben.

Malissa denkt nur an den Mann, dem unbegrenzte Materialmengen zur Verffigtmg stehen ; wer Nitrit oder Ammoniak im Trinkwasser, Kupfer im destillierten Wasser sueht, olygodynamisehe Elemente im Ackerboden, Quecksilberdampf in der Luft, wird in diesem Sinne die Empfindlich- keit yon l~eaktionen abseh~tzen. Nicht so der Biologe oder Mediziner, f fir den 10 ml Substrat oftmals weir fiber der verfiigbaren Menge liegen. Die Konzentration der zweiten Annahme dagegen, 100 ~/ml, das sind 10 mg in 100 ml oder, in seiner Ausdrucksform: 10 rag-%, entspricht durehaus biologischen Gehalten, und so wird er begeistert yon einer

hochempfindlichen Probe sprechen, wenn diese den gesuehten Stoff in einem MikrotrSp~ehen von 0,001 ml zu erkennen und angen~hert zu messen gestattet. Wir dfirfen ihm die Berechtigung hierzu nicht dutch eine uniiberlegte, durchaus einseitige Auslegung des Begriffes ,,Empfind- liehkeit" abschneiden.

Mehr noch: es gibt hochempfindliehe Reaktionen, bei denen die Arbeitskonzentration nicht in 7/ml liegt, nicht einmM in mg/ml, sondern mehrere Gramm je Milliliter betr~gt. Wenn wir einen winzigen ](ristall- splitter eines Minerals mittels der ~tzprobe Ms Flugspat erkennen kSnnen oder ein eben noch unter dem Mikroskop sichtbares St~ubchen dutch die Jod-Azid-Probe als Sulfid, wenn wir den Gehalt einer Goldlegierung in der Striehprobe auf dem Probierstein angen~thert sch~ttzen kSnnen, ohne meBbaren Materialverlust und ohne das gepriifte Obj ekt im geringsten

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zu beschi~digen, so sprechen wir yon hoehempfindlichen Proben, und das mit Recht, obwohl hier die Konzentration fiber 15 g/ml liegt.

Malissas Behauptung, dal~ seine Schreibweise die Empfindlichkeit dureh eine positive Zahl kennzeichne (10-4, ~ ist fibrigens genau so positiv wie 4,7), beruht alff zwei Denkfehlern: er vergil]t, dal] er vorher die anzuwendenden Arbeitsvolumina ,,genormt" hat; da ist die zweite Zahl, die man zur Ausdeutung seiner Angaben wissen mull. U n d e r identifiziert, was l~tngst als un]ogisch und unzul~ssig erwiesen ist, Empfindliehkeit schlechthin mit Konzentrations-Empfindliehkeit.

Die Empfindliehkeit ist und bleibt ein komplexer Begriff, der nieht dureh eine Zahl gegeben, sondern nur dureh zwei Gr613enangaben um- sehrieben werden kann: Erfassungsgrenze und Grenzkonzentration (Feigl, Hahn) oder Erfassungsgrenze und Arbeitsvolumen (Wenger und Duckert) oder Grenzverdfinnung (in Form ihres Exponenten) und Arbeits- volumen (Malissa, Tabellen 3 bis 4 und 1) sind die unentbehrlichen An- gaben; ieh halte es fiir zweckmii~ig, das Arbeitsvolumen, selbst wenn es ira Regelfalle ftir jede Reaktionsart konstant gehalten werden kann, nieht als bekannt vorauszusetzen, sondern mitzudrucken, wie dies ira Wenger-Duckertschen Symbol vorgesehen ist.

Die neuere Entwicklung seheint sogar einen Sehritt weiter zu gehen: Hinreichend zur Kennzeichnung der Empfindliehkeit ist die Angabe yon zwei der genannten GrSl~en, erwi~nsch$ kann die Angabe yon allen dreien sein. Aueh dartiber wird man einiges Beaehtenswerte sehon bei Emich finden 2, und folgt man ihm, so kommt man zu folgender LSsung.

Ergi~nzt man die reehteckigen Klammern der Malissaschen Tabelle dureh Erfassungsgrenze und Arbeitsvolumen, wozu fiberall reichlieh l~aum ist; so hat man die yon Wenger und Duckert vorgesehlagenen Angaben fiir die stSrungsfreie Reaktion; ob man sie neben oder unter die Klammern setzen soll, ist Geschmacks- und Raumfrage; wir h~tten also, am Beispiel der vier ersten Silberreaktionen (sind dann die I~lammern iiberhaupt noeh nStig?):

1. [Tpp] 2. [Tpl] 3. [Tpl] 4. [K]

0,03 7 0,03 7 0,6 7 0,1 y 0,03 ml 0,03 ml 0,03 ml 0,01 ml

Folgt man weiterhin der yon Emich gegebenen tmd yon Malissa anscheinend unabhi~ngig empfohlenen Anregung, die Grenzkonzentratio- nen durch ihren negativen Exponenten anzuffihren (positiver Exponent der Grenzverdfinnungen), wobei die D-Spalten selbstverst~ndlich p D zu iiberschreiben sind, so hat man eine volle ~bersieht; die Erfassungs- grenze der gestSrten Reaktion ist ja unmittelbar durch den Quotienten der Grenzkonzentrationen aus der stSrungsfreien gegeben. Das bedeutet eine ganz unerhebliche ErhShung der Druekkosten und einen sehr wesent-

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lichen Gewinn an Klarheit, vor allem fiir die Chemiker, die nicht in der Mikrochemie wurzeln, sondern diese Angaben nur gelegentlich konsultieren miissen. Jetzt kann jeder, habe er nun Liter an Material zur Verfiigung oder Bruchtefle yon Millilitern, aus der Tabelle die Frage beantworten: ,,Was ist liar me inen Zweclc die empfindlichste der bekannten Reaktionen ?"

Ich hoffe, dal~ diese Ausfiihrungen zu einer Diskussion, zur Kl~rung des noch Zweifelhaften und zu einer endgiiltigen, allgemein gebilligten ]~egelung fiihren mtigen.

Zusammentassung.

Die bisher zur I(ennzeichnung analytischer ~eaktionen vorgeschlage- nen Definitionen und Formelzeichen werden kritisch besprochen. Es wird dringend empfohlen, die ,,Empfindlichkeit" (Gesamtbild) durch Erfassungsgrenze (X), Arbeitsvolumen (Y) und Arbeitstechnik (S) in der schematischen Form X IS] f zu kennzeichnen; diese Angabe soll durch den ,,Grenzexponenten" (p D), d .h . den negativen Logarithmus der Grenzkonzentration vervollst~ndigt werden.

Summary° The notion and the symbols of the sensibility of an analytical reaction

(general aspect) and its components" limit of identification and concentration limit are critically reviewed; the author recommends symbolizing of the sensibility by the indication of: the limit of identification (X), the tested volume (Y) and the procedure (S) in the combined symbol X [S]Y; further- more the "limit exponent" should be given, viz. the negative exponent of the concentration limit.

R~sum~. On diseute les notions et les symboles proposes pour representer la sen-

sibilit6 d'une reaction analytique dans son aspect general et ses definitions partielles: limite d'identification et concentration limite, et l'on reeommande l'usage, pour la sensibilit~ du symbole eompos~ du limite d'identifieation (X), du volume examin4 (Y) et de la technique operatoire (S) combines dans le symbole X[S]Y; ~ celui-ei s'ajoutera ,l'exponent du limite)) (pD), soit l'exponent negatif de la concentration au limite.

Literatur. 1 F. Emich, Lehrbueh der M~,rochemie. J . F . Bergmann, Miinehen.

a) 1. Aufl. 1911; b) 2. Aufl. 1926. P. Emich, Mikroehemisehes Praktikum. Ibidem, 2. Aufl., 1931, S. lff. F. Feigl, Mikroehem. 1, 4 (1923). t~. Feigl, Ubersetzt yon R. Oesper, Qualitative Analysis by Spot Tests.

Elsevier Publishing Company, Inc. New York-Amsterdam. 3rd Ed., 1946, S. 4. s H. FlaschIca, Analyt. Chim. Acta 8, 629 (1949). 6 F . L. Hahn, Mikroehem. 8, 75 (1930).

F. i . Hahn, Mikroehem. 10, 313 (1931). s K . Heller, Mikroehem. 8, 141 (1930). 9 H. Malissa, Analyt. Chim Acta 4, 1 (1950); Mikrochem 85, 266 (1950).

~o p . E. Wenger und R. Duelcert, R4actifs pour l'Analyse Qualitative Min~rale, 2me Rapport. Wepf & Cie. Basel. 1945.