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Z. Anal. Chem. 260, 252--260 (1972) by Springer-Verlag 1972 Zur Definition von Selektivitiit, Spezifitlit und Empfindlichkeit von Analysenverfahren* H. K~S~,R Institut fiir Spektroehemie und Angewandte Spektroskopie, Dortmund Eingegangen am 31. Mai 1972 On the De/inition o/Selectivity, Speci/icity and Sensitivity o/Analytical Methods. The three metric, functional concepts named in the title can be defined without arbitrariness and their values may be calculated for any multieomponent-analytical procedure from the relation of the measurable physical quantities x~ to the contents ck which are to be determined. This relation is mathematically a "mapping" (achieved by systems of functions). The system of "analytical functions" (x, -+ ck) is the inverse of the system of "calibration functions" (c~ --> xl) which alone can be directly gained by experiments. The "calibration matrix" (TIk) whose elements 7'~ are the "partial sensitivities" 0x, represents the system in first approximation but only locally, i.e. for the respective ck constitution of the sample. The "sensitivity" of the analytical procedure as a whole, is numerically given by the determinant of this matrix; the "selectivity" is derived from the condition that the inversion of the calibration system to the analytical system (of functions) shall be possible by an iteration process. "Specificity" is defined in analogy to selectivity. In the appendix it is explained why selectivity is the strongest means to reduce the expenditure for the complete calibration of multicomponent analyses to a realistic and tolerable degree. Zusammen/assung. Die im Titel genannten 3 metrisch-funktionalen Begriffe lassen sich willkiir/rei definieren und ihre Werte kSnnen fiir beliebige Vielkomponenten-Analysen berechnet werden, wenn man den Zusammen- hang dcr MeBgrSl3en x~ mit den zu bestimmenden Gehalten ck als mathematische Abbildung (Systeme yon Pnnktionen) betrachtet. Das System der Analysenfunktionen (x~ --> c~) ist die Umkehrung des experimentell allein zug~nglichen Systems der Eichfunktionen (c~-+ xl). Die ,,Eichmatrix" (F~k), deren Elemente 7~k die ,,partiellen Empfindliehkeiten" a x~ sind, repr~sentiert in erster N~herung das System der Eiehfunktionen Y~ jeweils lokal, d.h. nut ffir die betreffende chem. Konstitution der Probe. Den Wert fiir die ,,Empfindlichkeit" des Analysenverfahrens als Gauzes betrachtet gibt die Determinante der Eichmatrix; die ,,Selektivit~t" ergibt sich aus der Konvergenzbedingung fiir den Ubergang yon Eich- zu Analysenfunktionen durch Iteration; die Spezifit~t wird in Analogie dazu definiert. Im Anhang wird erkli~rt, warum ,,Selektivit~t" des st~rkste Mittel ist, um den Aufwand fiir die vollst~ndige Eiehung yon komplexen Vielkomponenten-Analysen anf ein ertr/~gliehes MaB zu bringen. I. Einleitung In den letzten Jahrzehnten hat sich die intellektuelle Struktur des Fachgebietes der analytisehen Chemie entscheidend ver/~ndert. Frfiher riehtete sich das Interesse des analytischen Chemikers fast ausschliel3- lich auf die chemischen Reaktionen und auf die Operationen, die bei der LSsnng chemisch-analytischer Probleme ausznffihren sind; heute werden dariiber hinaus Begriffe und Zusammenh/~nge behandelt, die sich durch die gauze analytisehe Chemie hin- * Herrn Professor Dr. Hermann Speeker zum 60. Geburts- tag gewidmet. durchziehen. Damit w~chst aus der frfiheren Zer- streuung ein neues zusammenh/ingendes Gebiet der angewandten Naturwissenschaft heran, das gelegent- lich sehon als (ehemische) ,,Analytik" bezeiehnet wird, vielfach aber in seiner Eigenst/~ndigkeit und Bedeutung noch nieht erkannt wird 1. I Zum Beispielist in der Denkschrfft der Gesellschaft Deut- seher Chemikerzum Chemiestudiuman den wissenschaftliehen Hoehschulen, Oktober 1971, die analytisehe Chemie als Faeh praktisch vergessen worden, obwohl heute etwa ein Drittel der Arbeit in den Laboratorien der ehemisehen In- dustrie ihrer Na$ur naeh ,,analytiseh" ist, aueh wenn sie nieht so bezeiehnet wird.

Zur Definition von Selektivität, Spezifität und Empfindlichkeit von Analysenverfahren

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Page 1: Zur Definition von Selektivität, Spezifität und Empfindlichkeit von Analysenverfahren

Z. Anal. Chem. 260, 252--260 (1972) �9 by Springer-Verlag 1972

Zur Definition von Selektivitiit, Spezifitlit und Empfindlichkeit von Analysenverfahren*

H. K~S~,R

Institut fiir Spektroehemie und Angewandte Spektroskopie, Dortmund

Eingegangen am 31. Mai 1972

On the De/inition o/Selectivity, Speci/icity and Sensitivity o/Analytical Methods. The three metric, functional concepts named in the title can be defined without arbitrariness and their values may be calculated for any multieomponent-analytical procedure from the relation of the measurable physical quantities x~ to the contents ck which are to be determined. This relation is mathematically a "mapping" (achieved by systems of functions). The system of "analytical functions" (x, -+ ck) is the inverse of the system of "calibration functions" (c~ --> xl) which alone can be directly gained by experiments. The "calibration matrix" (TIk) whose elements 7'~ are the

"partial sensitivities" 0 x , represents the system in first approximation but only locally, i.e. for the respective ck constitution of the sample. The "sensitivity" of the analytical procedure as a whole, is numerically given by the determinant of this matrix; the "selectivity" is derived from the condition that the inversion of the calibration system to the analytical system (of functions) shall be possible by an iteration process. "Specificity" is defined in analogy to selectivity.

In the appendix it is explained why selectivity is the strongest means to reduce the expenditure for the complete calibration of multicomponent analyses to a realistic and tolerable degree.

Zusammen/assung. Die im Titel genannten 3 metrisch-funktionalen Begriffe lassen sich willkiir/rei definieren und ihre Werte kSnnen fiir beliebige Vielkomponenten-Analysen berechnet werden, wenn man den Zusammen- hang dcr MeBgrSl3en x~ mit den zu bestimmenden Gehalten ck als mathematische Abbildung (Systeme yon Pnnktionen) betrachtet. Das System der Analysenfunktionen (x~ --> c~) ist die Umkehrung des experimentell allein zug~nglichen Systems der Eichfunktionen (c~-+ xl). Die ,,Eichmatrix" (F~k), deren Elemente 7~k die

,,partiellen Empfindliehkeiten" a x~ sind, repr~sentiert in erster N~herung das System der Eiehfunktionen Y~ jeweil s lokal, d.h. nut ffir die betreffende chem. Konstitution der Probe. Den Wert fiir die ,,Empfindlichkeit" des Analysenverfahrens als Gauzes betrachtet gibt die Determinante der Eichmatrix; die ,,Selektivit~t" ergibt sich aus der Konvergenzbedingung fiir den Ubergang yon Eich- zu Analysenfunktionen durch Iteration; die Spezifit~t wird in Analogie dazu definiert.

Im Anhang wird erkli~rt, warum ,,Selektivit~t" des st~rkste Mittel ist, um den Aufwand fiir die vollst~ndige Eiehung yon komplexen Vielkomponenten-Analysen anf ein ertr/~gliehes MaB zu bringen.

I. Einleitung In den letzten Jahrzehnten hat sich die intellektuelle Struktur des Fachgebietes der analytisehen Chemie entscheidend ver/~ndert. Frfiher riehtete sich das Interesse des analytischen Chemikers fast ausschliel3- lich auf die chemischen Reaktionen und auf die Operationen, die bei der LSsnng chemisch-analytischer Probleme ausznffihren sind; heute werden dariiber hinaus Begriffe und Zusammenh/~nge behandelt, die sich durch die gauze analytisehe Chemie hin-

* Herrn Professor Dr. Hermann Speeker zum 60. Geburts- tag gewidmet.

durchziehen. Damit w~chst aus der frfiheren Zer- streuung ein neues zusammenh/ingendes Gebiet der angewandten Naturwissenschaft heran, das gelegent- lich sehon als (ehemische) ,,Analytik" bezeiehnet wird, vielfach aber in seiner Eigenst/~ndigkeit und Bedeutung noch nieht erkannt wird 1.

I Zum Beispiel ist in der Denkschrfft der Gesellschaft Deut- seher Chemiker zum Chemiestudium an den wissenschaftliehen Hoehschulen, Oktober 1971, die analytisehe Chemie als Faeh praktisch vergessen worden, obwohl heute etwa ein Drittel der Arbeit in den Laboratorien der ehemisehen In- dustrie ihrer Na$ur naeh ,,analytiseh" ist, aueh wenn sie nieht so bezeiehnet wird.

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Ffir die Bewertung und den Vergleieh yon Analy- senverfahren [1,3] haben sich in den letzten Jahr- zehnten eine Reihe yon Begriffen durchgesetzt, die zu objektiven, naehprfifbaren BeurteflungsmaBst~ben, oft in der Form yon Gfiteziffern, ffihren. Solche Begriffe sind u. a. Genauigkeit (gemessen durah die Standardabweiahung), Empfindliehkeit (Steigung der Eiahkurve), Nachweisgrenze, Informa~ionsverm6gen.

Andere Begriffe dagegen werden mehr als Leit- vorstellungen qualitativ verwendet; dazu geh6ren z.B. die ,,Selektivit/it" und die ,,Spezifit~t" yon Analysenverfahren. Gewfinseht werden Analysen- verfahren zur Mehrkomponenten-Bestimmung, die ,,m6gliahst selektiv" sind, und Verfahren zur Ein- l~omponenten.Bestimmung (bei Proben, die viele Komponenten enthalten), die ,,m6gliehst spezifiseh" sind. Sehon diese Ausdrucksweise laBt erkennen, dab es siah hier um metrische Begriffe handeln muB, die quanti tat iv erfaBt werden mfiBten. Es gibt aueh zahlreiahe Arbeiten, in denen versueht wird ,,Selek- tivit/~t" quanti tat iv zu definieren. Vielfach ffihrt der Weg fiber die sog. ,,Querempfindliehkeiten". (Wir warden sparer darauf zurfiakkommen.) Jedoeh sincl diese Definitionen yon der Art der jewefls behandel- ten besonderen Analysenverfahran abh/~ngig; sie enthalten oft willkfirliche Vorsehriften fiber die Men- gen an Fremdkomponenten, die einer Probe zu- gesetzt werden sollen, am einen Zahlenwert ffir die Selektivit/~t zu ermitteln. Diese Arbeiten, die hier nieht -- aueh nieht in Auswahl -- aufgeffihrt werden kSnnen, m6gen brauehbare Vergleiahswerte ffir den jeweiligen Problemkreis liefern, was ]ehlt, ist eine willki~r]reie, au] bellebige Analysenver]ahren anwend- bare De]inition liar ihre Selektivit~t, die zu unmittelbar und unbeschrgnkt vergleiehbaren Zahlenwerten ]i~hrt.

Eine metrische Gr6Be, deren allgemeine und grund- legende Bedeutung aus Spraehgebraueh und Litera- fur so deutlieh hervorgeht, m/iBte sich aus logischen Zusammenh/~ngen ableiten lassen, die samtliehen Analysenvarfahren gemainsam sind. Ein Versueh in dieser Riahtung sell mit dieser Arbeit vorgelegt werden; in der Literatur ist ein solcher Ansatz anseheinend noah nieht ver6ffentlicht worden.

Im Sprachgebraueh -- zumindest dem der deut- schen Chemiker -- herrsaht ainige Unsicherheit fiber die Bedeutung der beiden WSrter ,,selektiv" und ,,spezifiseh"; gelegentlieh werden sie synonym, oft aueh mit umgekehrter Bedeutung verwendet. Der Grund ffir diese Verwirrung ist wohl, dab die sprach- liehe Wurzal der beiden lateinischen Fremdw6rter bai ihrem Gebraueh nieht standig bewuBt wird. Es ist daher notwendig, die Bedeutung der beiden W6rter

in der chemischen Analytik zun/ichst beschreibend festzulegen.

Entsprechend der sprachlichen Herkunft bezeieh- nen wir ein Analysenverfahren dann als (vollkom- men) ,,selektiv", wenn man mi~ ihm nebeneinander mehrere Komponenten in der Analysenprobe unab- hgngig voneinander bestimmen kann: das Analysen- verfahren gestattet die Auswahl, welche Komponen- ten man bestimmen will und welche nieht. (Bei einem niehtselektiven Verfahren muB man alle anderen Komponenten mitbestimmen, aueh wenn man nur den Gehalt der Probe an einer einzigen Komponente wissen will.)

Im Gegensat z dazu bezeiehnen wir ein Analysen- verfahren dann als (vollkommen) ,,spezi]isch", wenn man mit ibm fiberhaupt nur eine einzige Komponente (,,species"), diese aber unabh~ngig yon allen anderen sonst noeh in der Analysenprobe vorkommenden, bestimmen kann; die anderen Komponenten geben bei diesem Analysenverfahren fiberhaupt kein ,,ana- lytisches Signal".

Es ist nachdr/icklich darauf hinzuweisen, dab solche Aus- sagen nur dann sinnvoll sind, wenn sie sich auf ein bestimmtes ,,vollst/~ndiges Analysenverfahren" beziehen, das in allen Einzelheiten durch die Arbeitsvorschrift und durch die analytische Aufgabe festgelegt ist. Durch die Aufgabe ist u. ao auch die Art der Proben gegeben, die mit dem Verfahren untersucht werden k6rmen; der Anwendungsbereich des Verfahrens im Raum der chemischen Konstitution (s. w. u.) ist abgegrenzt: die zu dieser Analyse zugelassenen Proben (,,untereinander yon gleicher Art" in bezug auf das Analysen- verfahren) bilden die zu dem,,vollst~ndigen Analysenverfah- ren" geh6rende ,,Probenfamilie". Zu einem ,,spezifischen" Analysenveffahren geh6r~ meist eine kleine Probenfamilie; fiir GroBfamilien (Proben yon vielerlei Art) sind,,universale" Analysenverfahren zust~ndig, die nicht spezifisch und oft auch nicht selektiv sind.

Die beiden Begriffe h/~ngen eng miteinander zusammen; manehmal kann man aus einem ffir eine bestimmte Komponente spezifisehen Analysenver- fahren ein ffir mehrere Komponenten selektives maehen, indem man die Arbeitsweise oder die teeh- nisehen Mittel erweitert. Umgekehrt kann man selek- t i re Verfahren oft so einsehr&nken, dab sie nur noeh die Frage nach einer einzigen bestimmten Kom- ponente beantworten, daffir also spezifiseh sind. Die abge~nderten Analysenverfahren shad mit den urspr/ingliehen verwandt, aber die Arbeitsvorsehrift und/oder die Aufgabe sind ge~ndert worden; wenn man sie als ,vollst~ndige Analysenveffahren" ins Auge faBt, sind sie verschieden, aueh wenn sieh/~uBer- rich, z.B. an der Apparatur, niahts ver~ndert hat.

Ein Beispiel fiir eine solche Umwandlung bietet z.B. ein flammenspektrome~risehes Analysenverfahren. Wenn ein

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Spektrometer mit mehreren Austri~$spal~en (Polyehroma~or) verwende~ wird, is~ es weitgehend selektiv bei der Bestim- mung, z.B. der Alkalien und Erdalkalien. Sehlieltt man alle Spalte bis auf den, der fiir die gelbe Na-Linie eingestell~ ist (Monoehromator), so hat man ein fiir Natrium spezifisches Verfahren.

Dieses Beispiel li~l~t sofort erkennen, dal~ die Eigen- sehaft eines Analysenverfahrens, ffir die Bestimmung einer best immten Substanz spezifisah zu sein, in der Nahe der Nachweisgrenze aufhSren muG. Dort kann ja ein baobaehteter MeBwart ganz odor teflweisa dutch andere Einflfisse verursacht sein (z.B. din~ Untergrund, Verunreinigungen, statistisehe Schwan- kungsersaheinungen usw.).

Den beiden vorlaufig nur besahreibend umgrenzten Begriffen ist nun eine quanti tat ive Definition zu geban. Es geht dabei um allgemeina logisch-mathe- matische Baziahungen; yon konkreter Chemie wird wanig darin vorkommen. Die Gedankenfiihrung ist einfaah aber abstrakt. Jedoeh lohnt sieh die An- strengung der Abstraktion: as w/~re in diesem Fall didaktisch nieht besser, mit dam Einfaehen und Gewohnten anzufangen und yon da aus ins Allge- meine vorzusto6en, weft man dann zu leiaht in Sack- gassen steaken bleiben kSnnte.

II . , , M e S e r g e b n i s " und ,,chemische Konstitution" als Vektoren Wir betraehten ein ,,vollst/~ndiges Analysenverfah- ten", nfit dem die Gehalte c~, c ~ . . . cn an n-Kom- ponanten in den Analysenproben bestimm~ warden sollen. Die Gahalte an den n-Komponen~en sollen voneinander mathematiseh unabh/~ngig sein. (Das ist keine Einsehr/s Weitere Komponenten, deren Gehaltswerte man aus den c 1 . . . c , berechnen kann, z.B. mit Hflfe einer Summenformel, brauaht man in diesem Zusammenhang niaht zu beaahten.) Die bei dar Analyse ausgafiihrten Messungen liefern zuniehst nicht die Gehalte c~, sondern MeBwerte x~, x ~ . . . x~. Aueh die m-MeBwerte sollen vonein- ander unabh/ingig sein.

Diese MeBwerte kSnnen zu MeBgrSBen der versehiedensten physikalisehen Art gehSren, z.B. Gewicht, Volumen, Poten- tial, elektrische Ladung, Extinktion, Infcnsit~it yon Spektral- linien, Wellenzahl, Brechungsindex, Drehung der Polarisa- ~ionsebene, Massenzahl, Zghlrate yon Partikeln, Lanfzeiten odor Laufstreeken bei der Chromatographie usw. Aus dieser Aufz~hlung geht sehon hervor, dab die versehiedenen ]Vfell- werte den versehiedenen Komponenten im allgemeinen nieh~ paarweise zngeordnet sind; aus diesem Grunde sind die zu ihrer Abzihlung verwendeten Indexziffern anders als die fiir die Gehalte gekennzeichnet.

Fiir die formale Behandlung sei vorausgesetzt, dab alle Gehalte in derselben Einheit angegeben sind, z.B. in Gramm

odor 1Killigramm/Milliliter odor in Prozenten (yon Gewich$, Volnmen odor Teilehenzahl). Worm die Gehalte Relativwerte sind, z.B. Gewiehtsprozente, haben sie die Dimension Eins. Um welche der Komponenten es sioh jeweils handelt, ist an dem Index zu erkennen.

Fiir die versehiedenartigen l~eBgr61~en miissen die Ein- hei$en, in denen sie gemessen werden, festgelegt und fest- gehalfcn werden. Da Formelzeichen fiir physikalische Gr6Ben immer das Produkt aus Zahlenwert und Einhei~ darstellen, sind die ~eBwerf~ x;, x~. . . x~, in den Gleichungen mit Koeffizienten verkniipft zu denken, die dafiir sorgen, dab die physikalisehen Dimensionen und die Einheiten in dem ganzen Beziehungsgefiige stimmen. Unter diesen Voraussetzungen karm man die Gehalte and MeBwerte formal wie reine Zahlen behandeln.

Wir betrachten nun ein Mei3ergebnis, d.h. einen Sa~z v0n reellen Zahlen (xi, x ~ . . . x~) als die Koordinaten eines Vektors x in einem m-dimensiona- len Raum, dem Raum der Me]ergebnisse. Jedem mSglichen MeBergebnis entsprieht dann ein und nur ein Punkt in diesem Raum. Ebenso entspricht der durch den Vektor c ---- (c l , c 2 . . . cn ) dargestellte Punkt im n-dimensionalen Raum der (chemischen) Konsti tut ion einer best immten Zusammensetzung der Analysenprobe.

Die Aufgabe bei der Auswertung einer ehemisehen Analyse ist dann, zu einem best immten Punkt im Raum der Mel~ergebnisse den zugehSrigen Punkt im Raum der ehemisehen Konsti tut ion zu finden. Es ist sehr merkwfirdig, dal~ man zu einem derart alt- gemeinen Problem etwas Vernfinftiges sagen und sogar Itinweise geben kann, wie man es in dar Praxis behandeln kann. Das gelingt in mehreren Sahritten:

Zahlenwerta ffir MaBgrSBen und Gehalte sind ihrer Natur naah beschr/~nkt; d ie Menge ~ der fiber- haup~ mSgliehen Mel3ergebnisse lieg~ daher in einer beschr~nkten Teflmenge {M} des m-dimensionalen reellen Zahlenraums Rm. Ebenso liegen die Punkte, die den mSgliehen Zusammensetzungen der Proben entspreahen, in einer beschr/~nkten Teilmenge {C} des n-dimensionalen Zahlenraums R n . Man kann diese Teflmengen jewdils in einen n-, bzw. m-dimensionalen Quader einsehliel~en. Der Quader, der die Menge der m6gliehen oder zugelassenen Werte ffir c einschlia~t, heil~e der ,,Anwendungsbereieh" des Analysen- verfahrens, z.B. u 1 ~ cl _< vl; u2 < c 2 < v2; usw. bis u n " 4 c n < v n . Gehalte kSnnen ihrer Natm" nach nur positive Werte haben. Es ist Zweekm/~13ig, auch den Wert 0 ffir Gehalte auszuschlieSen; er ist n/imlieh analytisch wie pr/s nur angens nieht aber tatsiehlich und vor allem nicht verifiziarbar zu or-

2 Im Rahmen dieser Arbeit sind die Symbole fiir Mengen im Sinne der l~Iathematik in gesehweifte Klammern gesetzt.

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reiehen. (Der Sehlug : Megwert = 0, daher Gehalt = 0, ist in strengem Sinne immer falseh; eine solehe Ausdrucksweise ist nar znl&ssig als Kurzsehrfft ffir die Auffassung: die bei der Anzeige Null m6glicher- weise noch vorhandenen Gehalte seien ffir das gerade vorliegende Problem ohne Bedeatung.)

Da alle in der Erfahrungswelt vorkommenden Signale einen endlichen Strukturgehalt haben, kommen ffir die Punkte c und as nur rationale Zahlen in Frage; augerdem genfigt eine endliehe Mange yon Punkten um die ganze Menge der m6gliehen zu repr/~sentieren. Jeder Punkt steht ns zugleich ffir eine kleine Umgebung, in deren Innerem ans physikalischen Grfinden keine Untersehiede mehr zu erkennen sind. Nun kann man, nach dem Satz yon Heine.Borel eine abgesehlossene, beschr/inkte Mange des R ~ dutch die Umgebungen nut endlieh vieler Punkte vollst/indig fiberdeeken. Eine Menge mit dieser Eigenschaft heiBt , ,kompakt". Wir erhalten daher ein brauchbares mathematisehes Modell, wenn wir einfaeh s/~mtliche (unendlieh vielen) Punkte des Gebiets yon Rm zulassen and uns am die physika- lisehe UnscMrfe der MeBwerte zun/iehst nicht kiim- m e r n .

II[. Zuordnung yon Gehalten zu Meflwerten als mathematisehe Abbildung

Bei der Answertung chemiseher Analysen brauehen wir die Zuordnung der Punkte x im Raum der Meg- ergebnisse zu den Punkten e im Konstitutionsraum. Wir suchen also die fiber der Mange {M} definierte ,,Abbildung" der Punkte ~s yon {M} in die Punkte e ~ o n (C};

c = F ( x ) . (1)

Wir wissen, dab eine solehe Abbfldung existieren muB, wenn eine Analyse m6glieh sein soll. Wir halten uns ferner an die allgemeine Erfahrung: ,,Natura non faeit saltus", and fordern zun/~ehst, dab die Abbil- dung F stetig sei, d.h. ansehaulich: Dieht benaeh- barren ,,MeBergebnissen", entspreehen aueh dieht benachbarte ehemisehe Zusammensetzungen. Dar- aus folgt, dab die Mange {C} im Konstitutionsraum als Bfld tier Menge {M} im Raum der MeBergebnisse ebenfalls komloakt ist; sic ist besehr/~nkt und abge- sehlossen, wie es sein muB.

Da die Koordinaten cl, c 2 . . . cn voneinander unabh~ngig sind, mug jade von ihnen ffir sieh eine Funktion der Megwerte 0s = (xi, x ~ . . . xr;) sein. Die Abbildung bei komplexen Analysenverfahren mit

n > 1 lgBt sich daher in ihre Komponenten h auf- spalten, also in ein System yon stetigen Funktionen

cl = h (x) = / l (Xi , x ~ . . . x~) c2 = 12 (~s) = l~(x~, x ~ . . . xa) (2)

. . . . . o . . . . . . . .

c n = l n ( ~ ) = l , ( x i , x ~ . . . z ; ~ )

Wir nennen dies das ,,System der Analysenfunk- t ionen" (zum vollst~ndigen Analysenverfahren).

Dies System der Analysenfunktionen ist in den moisten F/tllen zun/~chst unbekannt; es sei denn, es g/~be eine vollst/indige and erprobte Theorie aller Reaktionen und Zusammenh~nge, aus der man die Funktionen ableiten kSnnte. Im allgemeinen mug man versuchen, die Analysenfunktionen auf dam Umweg fiber eine Eichung des Analysenverfahrens zu ermitteln.

Das System der zugehSrigen ,,Eichfunktionen" des Analysenverfahrens

x i = g ~ (cl, c 2 . . . c ~ ) x~ = g~ (c, c2. �9 �9 c~) (3)

x~ = g~ (% c 2 . . . c~)

in Kurzform: x = G(c), kann man grunds/itzlieh empiriseh bestimmen; das eben wird bei jeder Ei- chang eines Analysenverfahrens gemaeht. Man nimmt Eichproben mit versehiedenen Zusammen- setzungen und stellt fast, welehe Megwerte xi, x i . . . xr; das Analysenverfahren jeweils dazu liefert. Das kann bei Vielkomponenten-Analysen immer noch sehr miihevoll sein, aber man arbeitet dabei in der Rich- tung des Kausalzusammenhangs: die Gehalte c~ sind die ,,Ursache" ffir die im Experiment gefundenen MeBwerte. Man wird versuchen, dabei systematisch vorzugehen and die Eichfunktionen in kleinen Diffe- renzschritten abzutasten.

Ffir den einfachen Fall nur einer MeBgrSge x und einer einzigen Substanz, deren Gehalt c bestimmt warden soll, ist das gar kein Problem. Die Analysen- funktion c = [(x) vermittelt eine Abbildung einer kompakten Teilmenge der Zahlengeraden (R1), die den MeBwerten x zugeordnet ist, auf eine andere kom- pakte Teilmenge yon R 1, die den Gehalten c zugeord- net ist.

Diese Funktion ist die Umkehrfunktion derjenigen Funktion x = g (c), die bei der Eiehung des Analysen- verfahrens mit Eiehproben bekannten Gehalts expe- rimentell bestimmt wird. Man Rat es also mit einem Paar yon Funktionen zu tun, die zueinander invers sin& Die Umkehrung ist in einem abgeschlossenen

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Bereieh mindestens dann mSglieh, wenn die Funk- tion g (c) dort differenzierbar is~ und wenn die Ablei- tung g'(c) fiberall yon Null versehieden ist. Diese Ab-

leitung g'(c) = ~ is~ die ,,Empfindiiehkeit" H (grieeh.

Eta) des Analysenverfahrens 3; ihr Wert ist gro$, wenn eine kleine Anderung yon c eine groSe Ruderung der MeSgrSSe x bewirkt. Es gib~ Eiehfunktionen, die niche fiberall und vor allem nichC eindeutig umkehr-

dx bar sind; sie kSnnen z.B. an der Stelle, wo -~- = 0

ist, ein Maximum oder Minimum haben und yon dort aus riiekl/~ufig sein. Solehe Funktionen kommen 5fters vor, z.B. n immt die Leitfahigkeit einer LSsung manehmal bei hSherer KonzenCra~ion wieder ab; die Hauptnaehweislinien bei der Spektralanalyse zeigen unter Umst/~nden so starke Selbstumkehr bei hSheren Gehalten, dal~ ihre IntensR/~t miC steigendem GehaR abnimmt. Fiir die Analyse brauchbar sind die sieh damit ergebe, nden Eiehfunktionen nur in dem einge- schr/~nkten Bereieh yon c, in dem die Empfindliehkeit merklieh yon Null verschieden ist, so da$ man ein- deutige Analysenfunktionen als Umkehrung gewinnen kann.

IV. U m k e h r b a r k e i t der Abbildung bei a l l g e m e i n e n M e h r k o m p o n e n t e n - A n a l y s e n

Wann existiert aber - - im Fall einer Mehrkomponen- ten-Analyse - - die Umkehrung der Abbildung, so dal~ man veto empirisch best immten System der Eichfunktionen zu dem System der Analysenfunk- tionen komm~, das man zur Auswertung braueht?

Damit die analytisehe Aufgabe iiberhaupt 16sbar ist, mu6 die Anzahl ~ der unabh/ingigen MeSgrSl~en mindestens gleieh der Anzahl n der voneinander (mathematiseh) unabh/~ngigen Komponenten sein. Die erste Forderung ist also m >__ n.

Wenn andererseits die Anzahl m der Mel~gr6$en die Anzahl n der Komponenten iibersteigt, ist das System fiberbestimmt, die Komponentengleiehungen kSnnten sich widerspreehen, wenn man sie naeh den c~ auflSst. Wit nehmen daher fiir das folgende an, dal3 m ~ n is t .

Wenn das nieh~ yon vornherein der Fall ist, kSnnen wit zun~ichst versuehen, dureh physikalisch sinnvolle Kom- binationen yon urspriinglichen Meflgr6Ben neue Mell- grSBen zu bilden, so dall nur n Mel~grSllen iibrigbleiben.

3 Der Begriff ,,Empfindlichkeiff' eines Verfahrens sollte endlieh auch in der ehemisehen Analyse nut so gebrauch~ werden, wie er in der Mellteehnik allgemein definier~ wird, n~mlieh als die Ableitung der charakteristisehen Funk~ion des MeBverfahrens (bier der Eiehfnnktion) und nieht im Sinne yon ,,Nachweisverm6gen".

Hgufig geht~ das, indem man Snmmen, Differenzen, Quotien- ten oder Prodnkte bildet. [Bei der Spektralanalyse z.B. mil~t man die Intensitgt einer Spektrallinie einschlieBlich des darunterliegenden Untergrundes, also IL+ v; ferner die Inten- sitRt Iv des Untergrunds dicht daneben. Die Intensit~it der Linie allein In ist dana IL = Ii,+v--I~. Dies genfigt oft nieht, man muB das Verhiltnis IL/IR bilden, wobei Ig die Intensit~t einer Bezugslinie (reference line) ist. Erst das IutensitR~sverhEltnis IL/IR, gebildet aus den 3 ursprfing- lichen MeBgr6Ben IL+ v, Iv und IR ist die neue YfeBgr6Be, die in die Analysenfnnktionen eingeht.]

Wenn aber das System der Eichfunktionen wirklich iiber- bestimm~ ist (m > n), jedoeh ohne zu harte Widerspriiehe, kann man die N[ethoden der Ausgleiehsrechnung benutzen, um eine m6gliehs~ gute L6snng zu finden, die zwar nieht exakt ist, jedoeh jene Informationen mit ausnutzt, die in den iiberschiissigen MeBwerten enthalten sind. Dies ist eine praktiseh wichtige Aufgabe der numerischen Mathematik, die aber mit nnserem Problem nichts zu tun hat.

AuBer der g]eiehen Dimension (m = n) der beiden ineinander abzubildenden R/~ume wollen wir voraus- setzen, dab die Abbfldang x = G(e) fiberall im Anwendungsbereich stetig diiferenzierbar sein sell. (Das ist keine Einsehr/~nkung; die mathematischen Modelle, die man zur Darstellung meBteehniseher Zusammenh/~nge braueh~, verhalten sieh meist so ,,verniinftig", ansehaulieh gesagt: sic zeigen keine Spriinge oder Knieke.)

Dann kann man diese Funktionen an jeder Stelle dureh die ersten linearen Glieder einer Taylor-Reihe ann/~hern. Lokal kann also das System der Eieh- funktionen durch ein System yon n linearen Glei- chungen dargestellt werden. Die Koeffizienten dieses Gleiehungssystems sind die partiellen Differential- quotienten der MeBgr613en nach den Konzentratio-

0x, nen. Wir bezeiehnen sie zur Abkiirzung mit 7,~ - - 0 c,"

Offenbar sind dies nichts anderes als die Empfind- lichkeiten der einzelnen Mel~grSl~en gegenfiber J~nde- rungen der Gehalte an den versehiedenen Komponen- ten. I m allgemeinen sind diese Empfindliehkeiten nieht konstant, sondern veto Ort im Konstitutions- raum abh/tngig. Der Gesamtzusammenhang zwisehen Gehalten und Mel~grSSen wird ~iberall lokal, d.h. in einer geniigend kleinen Umgebung des jeweils be- t raehteten Punktes (c i . . . . . cn) durch die Matrix der ,,partiellen Empfindliehkeiten".

7nl 7n~ �9 �9 �9 7nn

reprt~sentiert; aus ihr mfissen sich daher alle funk- tionalen Gfitezi~ern ableiten lassen. Die Matrix (4) sell der Karze halber , ,Eichmatrix" (des Analysen- verfahrens) heiBen.

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Aus dem System der Eiehfunktionen (3) kann man nur dann das System der Analysenfunktionen als Umkehrung bekommen, wenn die Determinante der Matrix (4) nieht Null ist.

de t (T t D # O. (5)

Wenn diese Voraussetzung fiberan im Anwendungs- bereieh, d.h. ffir die Menge der vorkommenden Werte yon c 1 . . . . . cn, erfiillt ist, kann man iiberall wenigstens lokal das System der n-Analysenfunktionen in linearer N~herung bereehnen, d.h. man kann die Eiehfunktionen lokal naeh den Gehalten cx . . . . . c~ eindeutig auflSsen. Das braueht aber nieht fiir den ganzen Bereieh zu gelten. Im allgemeinen Fall mug man versuchen, das System der Analysenfunktionen im GroGen aus den lokalen Systemen zusammen- zustficken.

Nur wenn die Empfindliehkeitswerte 7tk im ganzen Bereich konstant sind, d.h. wenn die Eiehfunktionen tats/~chlich linear sind (nieht nur in lokaler N/~herung), dann gewinnt man mit der Umkehrung das zugehSrige System yon n ebenfalls linearen Analysenfunktionen, die flit den ganzen Bereich gelten. (Die Matrix der Analysenfunktionen ist die invertierte Eichmatrix, s. dazu die Theorie der linearen Gleiehungen.) In diesem Fall ist der Aufwand ffir Eiehmessungen und ihre Auswertung verh/~ltnism/~Gig gering, da man die n ~- Koeffizienten 7~ nur einmal -- und ffir den ganzen Bereich giiltig -- bestimmen muG (s. dazu VIII).

V. Die EmpfindliehkeR yon Analysenverhhren

Wie unter IV. bereits festgestellt wurde, wird der Gesamtzusammenhang z~_schen Gehalten und MeG- grSGen an jeder Stelle im Anwendungsbereich des Analysenverfahrens durch die dort lokal geltende Eichmatrix (4) repr/~sentiert. Die Elemente 7tk der

axl Eichmatrix sind die partiellen Empfindlichkeiten

mit denen die einzelnen MeGgrSl~en auf Anderungen der Gehalte der versehiedenen Komponenten reagie- ren. Diese partiellen Empfindliehkeiten sind ffir sieh sehon wichtige GrSGen, wenn man die StSrung yon MeGwerten dureh andere Komponenten beurteilen will 4 .

Dariiber hinaus aber ist der Weft der Determinante der Eiehmatrix ein MaG fiir die ,,Empfindliehkeit" H n des komplexen Analysenverfahrens als Ganzes betraehtet, mit dem n versehiedene Komponenten

4 In der spektroehemischen Emissionsanalyse werden solche StSreinitiisse h~ufig mit dem e~was merkwiirdigen Ausdruck ,,Dritte Partner-Effekte" benannt. In der Literatur finder man aueh den Ausdruck ,,Querempfindliehkeit" ffir einige der 7~.

17 Z. Anal. Chem., Bd. 260

bestimmt werden sollen. Wir haben also die allge- meine Definitionsgleiehung fiir die Empfindliehkeit eines beliebigen Analysenverfahrens in folgender Form:

a(xl, x~, x3 . . . . . x ,) H ~ = d e t ( 7 ~ ) = a (% % % : ~} �9 (6)

Reehts ist noeh die in der Mathematik iibliehe Sehreibweise dieser sog. Funktional- oder Jaeo- bischen-Determinante angegeben. (In dieser symbo- lischen Sehreibweise ist der Zusammenhang mit dem Differentialquotienten yon Funktionen einer Varia- blen angedeutet. Die in IV. behandelte Empfindlich- keit ffir eine einfaehe Analyse ist der Sonderfall fiir n = 1.) Die ,,Empfindliehkeit" in diesem allgemeinen Sinn ist der AbbfldungsmaGstab, mit dem ein Volu- menelement aus dem n-dimensionalen Raum der Konstitution in den Raum der MeGgrSGen abgebfldet wird. Mit Hflfe dieser Interpretation wird ansehau- lieh klar, was die Bedingung d e t ( T t k ) # 0 ffir die Umkehrbarkeit des Systems der Eiehfunktion be- deutet : Wenn der AbbildungsmaBstab zwisehen dem Raum der Konstitution und dem Raum der MeG- grSGen Null wird, d.h. wenn sieh die MeGgrSGen bei ~nderungen der Gehalte nieht mehr rfihren, dann kann man umgekehrt yon den MeGgrSGen her nicht mehr auf die Gehalte sehlieGen. Dieser verallgemei- nerter Begriff der Empfindliehkeit enth/~lt eine wichtige Aussage fiber die Brauehbarkeit eines Ver- fahrens der Mehrkomponentenanalyse. Diese Vor- stellung ist noeh neu und es wird sieh erst in der Anwendung auf praktische F/~lle zeigen, was sie an Einsichten bringen kann.

VI. ,,Selektivit~t" yon Analysenverfahren Eine allgemein anwendbare quantitative Definition ffir ,,Selektivit/~t" scheint es noeh nieht zu geben; sie I/~Gt sieh aber leieht gewinnen, wenn man ebenfalls yon der Eiehmatrix ausgeht. Offensiehtlieh miiGte man ein Analysenverfahren als ,,vollselektiv" im Sinne der Umgangsspraehe bezeichnen, wenn nur die Elemente der Hauptdiagonale seiner Eiehmatrix, also die 7it mit i ~ 1 . . . n, yon Null versehieden w/~ren. Dann zerfiele das Verfahren -- mindestens im Hinbliek auf die Eichung und Auswertung -- in n voneinander unabh/~ngige; jede der zu bestimmenden Komponenten wfirde erfaGt dureh eine eigene, yon ihrem Gehalt c~ allein abh~ngige MeGgrSGe xi. Analysenverfahren, die in diesem Sinne vollselektiv sind, gibt es u. a. in der Emissions-Spektralanalyse und in der Massenspektroskopie.

Bei einem m/~Gig selektiven Verfahren miiGte wenig- stens die Zuordnung zwisehen bestimmten MeGgrSGen

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258 Z. Anal. Chem., Band 260, Heft 3 (1972)

und Komponenten insoweit gegeben sein, dab man ohne Willkox dem zusammengehSrigen x~ und ci die gleiehe Indexnummer geben kann. Es mug also m6glieh sein, die Numerierung so zu w/ihlen, dab die Elemente 71~ der Hauptdiagonale dem absoluten Betrage nach die gr6Gten jewefls in ihrer Zeile sind. Dies wird im folgenden vorausgesetzt, reicht aber zu einer Definition yon ,,Selektivit/it" noeh nicht aus. (Damit entf/illt die bisherige Unterseheidung der Indexziffern fox c bzw. x.)

Man kommt weiter, wenn man verlangt, dab sieh das System der Eichfunktionen durch ein ,,Itera- t ionsverfahren" nach den gesuehten Gehalten c 1 . . . . . cn

sell aufl6sen lassen. Das bedeutet: Man 16st das Gleichungssystem, indem man in mehreren Schritten auseinander folgende N/iherungsl6sungen einsetzt, solange bis sieh die Ergebnisse nicht mehr /indern. Die erste N/iherung erh/ilt man, indem man nur die in der Hauptdiagonale stehenden Glieder beriicksiehtigt; d.h. man rut im ersten Schritt so, als ob das Analysen- verfahren vollselekthr w/ire. Dieses L6sungsverfahren konvergiert nut dann, wenn in ~eder Zeile der Eich- matr ix das Element in der Diagonale die Summe der absoluten Betr/ige der anderen Elemente derselben Zefle fiberwiegt [4], d.h. wenn fox alle i ---- 1 . . . n gilt:

[7~ ] > 1 . (7)

k = l

Je grSBer diese Quotienten sind, um so besser konvergiert das LSsungsverfahren, n immt man daher den kleinsten im Anwendungsbereich vorkommenden Weft, so hat man ein quantitatives MaB 3 fox die Selektiviti~t 5 in folgendem Ausdruck:

= ~ n [7,~l - - 1. (8)

~=1...~ Z I r ~ l - l ~ . l k = l

FOX ein , , vo l l se lek t ives" Verfahren wird S sehr grog (formal ~ ) ; bei Werten von 3 , die nur etwas fiber 0 liegen, kann man praktiseh nieht mehr yon Selektivit/it spreehen.

Es soil besonders b e t o n t werden, dab aueh nieht- selektive Analysenverfahren fox mehrere Komponen- ten sehr brauehbar sein kSnnen; das System der Eiehfunktionen kann immer naeh den Gehalten auf- ge15s$ werden, wenn die Determinante der Eieh- matr ix yon Null verschieden ist. Es ist keineswegs notwendig, dab MeBgrSGen und Komponenten paar-

5 Zur Wahl der Symbole: Selektivit~t; Spezifit~t

K S - # 3 PS--> T

weise aneinandergebunden sind. Selektive Verfahren haben aber praktisehe Vorzfige: sie sind fibersicht- lich und relativ einfach auszuwerten.

Um Millverst~ndnisse zu vermeiden, mull auf eine prak- tisehe Schwierigkeit bei der reehnerisehen Aufl6sung solcher linearer Gleichungssysteme hingewiesen werden: Ergebnisse kSnnen sinnlos werden, wenn die 1Vfellfehler fiir die Haupt- komponenten zu stark durehschlagen oder werm die 7~ nicht genau genug bekannt sind, um die Bereehnung der Determinante zu ermSgliehen. Zum Beispiel sollte man Spu- renverunreinigungen in reinsCem Eisen nicht bestimmen, indem man yon den ermittelten ~SeBwerten fiir den Eisen- gehalt ausgeht. Das sind abet Probleme, die niehts mit den funk$ionalen Zusammenh;dngen zu tun haben.

Ein sehr sehematisehes Beispiel mag die Definition der Selektivit/it erl/iutern: Bei einem spektral- photometrischen Analysenverfahren fOx 6 Kompo- nenten mSgen die Extinktionskoeffizienten an den )'lfigeln der Absorptionskurven hSehstens 0,02 der Maximalwerte betragen, die ffir aUe 6 Komponenten etwa gleich grog sein sollen, d.h. 7~ ~ 50 71~. Damit wird die Selektivit/it

1 3 - - - - 1 = 9 . 5.0,02

VII . Spezit lt i i t y o n A n a l y s e n v e r f a h r e n

Ein Analysenverfahren heiBt dann spezifisch, wenn es praktiseh nut auf eine einzige Komponente an- sprieht, aueh wenn die Analysenprobe mehrere Komponenten enth/ilt. Ein vollkommen spezifisehes Verfahren hat demnach eine Eiehmatrix, in dem nut ein einziges Element nieht 0 ist, n/imlieh dasjenige Element in der Hauptdiagonale, das zu der einzig best immbaren Komponente gehSrt (Index a). FOX Analysenverfahren, die nicht in diesem Sinne voll- kommen spezifiseh sind, kann man einen Grad an Spezifit/it T a in formaler Analogie zur Selektivit/it dureh die folgende Formel definieren:

~ a ---- n [Taxi - - 1 . (9)

k = l

Dies bedeutet also, da$ die MeBwerte, die man fox die fibrigen in tier Probe enthaltenen Komponenten erh/ilt, relativ unbedeutend sind. In vielen Fallen braueht man sie nieht zu beaehten und man kann das Analysenverfahren techniseh vereinfaehen, z.B. kann man bei einem spektralphotometrisehen MeBverfah- ten mit sehr groBen spektralen Bandbreiten arbeiten, weft sieh die Beitr/ige der anderen Komponenten bei der Extinktionsmessung kaum bemerkbar maehen.

Daneben doxfte es niitzlieh sein, eine zweite Art yon Spezifit/it zu betraehten, die man al s ~,partielle

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It. Kaiser: Zur Definition yon Selektivit~t, Spezifit~t und Empfindliehkeit yon Analysenverfahren 259

Spezifit~tt" bezeichnen kSnnte. Sie liegt dann vor, wenn in der Eichmatrix in einer Zeile praktisch nur das Element der Hauptdiagonale yon 0 verschieden ist; dann braucht man sich bei der Bestimmung dieser Komponente um die iibrigen ausnahmsweise nieht zu kiimmern. Ein MaB fiir diese partielle Spezifit~t ist dutch folgenden Ausdruek gegeben:

T ~ = I~ , , I - i . (10)

Die Beziehung zu der Formel fiir SelektivitEt ist sofort erkennbar, ein se]ektives Analysenverfahren ist eben eines, das ffir sEmtliehe zu bestimmenden Komponenten partiell spezifiseh ist. Es ist bemerkens- wert, dab Walther Gerlaeh in seinen friihen Arbei- ten zur chemisehen Spektralanalyse gesagt hat : Die Nachweisreaktion bei der Spektralanalyse, n~mlich das Auftreten der Nachweislinien sei fiir die einzelnen ehemischen Elemente spezifisch, vorausgesetzt, dab StSrungen durch Fremdlinien oder Banden ausgeschlossen seien. In der bier vor- gesehlagenen Terminologie muB man sagen, dab ein spektroehemisehes Analysenverfahren als Ganzes betraehtet weitgehend selektiv ist, die einzelnen Elemente kSnnen praktiseh unabh~ngig voneinander bestimmt werden; yon den einzelnen Elementen her betraehtet, ist dieses Verfahren partiell speziilseh.

Das Bemerkenswerte an diesen Defmitionen ist ihre Zwanglosigkeit. Die Eiehmatrix allein ist an jeder Stelle im Konstitutionsraum maBgebend fiir Empfindliehkeit, Selektivit~t und Speziiit~t eines vollst~ndigen Analysenverfahrens. Man wird aber abwal~en miissen, wie sich diese Definitionen be- w~hren, wenn man sie auf versehiedenartige Analy- senverfahren anwendet, welche praktisehe Bedeu- tung die zu erreehnenden Zahlenwerte haben und welche Folgerungen man fiir den Vergleieh yon Analysenverfahren daraus ziehen kann. Das alles muB erst noeh entfaltet werden.

Anhang VIII. Verminderung des Eichaufwands dutch die Selektivitiit des Analysenverfahrens Man mag sieh dariiber wundern, mit wieviel Einfalls- reichtum, Miihe und Geduld in den analytischen Laboratorien an der Entwicklung yon Analysen- verfahren mit hoher Selektivitat gearbeitet wird; denn es gibt gute Verfahren zur Bestimmung mehrerer Komponenten, die gar nicht selektiv sind. Wie in Abschnitt IV. und V. gezeigt wurde, ist die not- wendige und hinreichende Bedingung eine geniigend

17"

hohe Empfindliehkeit Hn, nieht aber Selektivit~t [mathematiseh: Hn ~ det(7~) ~ 0]. Warum also die viele Mfihe?

Es gibt daffir einen sehr durchschlagenden Grund, einen Zwang, der dureh Widerst~nde in der prak- tisehen Arbeit erzeugt wird, der aber anseheinend in seiner Allgemeinheit noeh nieht ins helle BewuBtsein getreten ist. Dieser Grund ist der fast unvorstellbare Aufwand, der fiir die Eiehung eines niehtselektiven komplexen Analysenverfahrens mit nicht-linearen Eiehfunktionen in einem Bereieh des vieldimensiona- len Konstitutionsraums erforderlich ware.

Der Aufwand fiir eine n-Komponentenanalyse l~Bt sieh leicht berechnen, wenn man sieh iiberlegt, in wievielen Punkten des Raums der ehem~,~ehen Konstitution die jewefls n2-Elemente yi~ der Eieh- matrix gemessen werden miissen, um das System der n Eiehfunktionen mit hinreichender Ann~herung zu repr~sentieren.

Jede Eichung geht yon einem bestimmten Punkt im Raum tier chemischen Konstitution aus; er repr~sentiert die ,,Basis-Eichprobe" mit den Gehalten c1", c2",..., an*. Fiir jede der einzelnen Komponente (Index i) seien (z~ -- i) weitere, also yon c~* abweiehende Gehalte erforderlich, um den Verlauf der Analysenfunktionen im ganzen Anwendungs- bereieh hinreichend besfimmen zu k5nnen. (Fiir lineare Funktionen ist z~ = 2). Der Einfaehheit halber sei angenom- men, dab alle z~ gleich seien (z~ = z). Dann is~ die Anzahl der Punkte im Gitter des n-dimensionalen Raumes, in denen Eiehmessungen gemaeht werden miissen (z -- 1) n. In jedem dieser Punkte miissen die n2-Koeffizienten der Eichmatrix bestimm~ werden, so daB die gesamte Anzahl der notwendi- gen Eichmessungen n 2. (z--1) nist. Hierzu sind n(z--1)n- Eichproben mit bekannten Gehalten erforderlieh.

Daffir ein Beispiel: Es soll eine 10-Komponen~enanalyse gemaeht werden (n = 10), die Funktionen sollen fast linear sein, so dab man fiir jede Komponente mit 3 Eich- punkten auskommt, also z --~ 3. Dann muB man insgesam~ 100 �9 2 l~ ungef~hr 100 000 Eiehmessungen an etwa 10000 ver- sehiedenen Eiehproben maehen. Wenn man dagegen fiir jede Komponente 4 Punkte brauehte, dann w~re die Ge- samtzahl der Messungen 100.31~ ungef~hr 6000000 trod man brauehte 600000 verschiedene Eichproben.

Das erseheint absurd, aber es ist die Strafe dafiir, dab die analytisehen Chem~ker in den letzten Jahr- zehnten in die unanschauliche Welt vieldimensionaler R~ume vorgestoBen sind. Die auBerordentliche Zahl der erforderliehen Eichproben, die praktisch niemand herstellen und bezahlen kann, und die noch einmal um den Faktor n hShere Zahl der Eichmessungen widerlegt die in jiingster Zeit 5fters ge~uBerte Meinung, man kSnne Vielkomponentenanalysen beliebig allgemeiner Art mit Hflfe yon Elektronen- reehnern 15sen. Das Problem ist keines der bloBen Reehenteehnik. Was ist also yon der Theorie her zu

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260 Z. Anal. Chem., Band 260, Heft 3 (1972)

tun und was gesehieht bereits praktiseh, um die Vielkomponentenanalyse, z.B. in der Produktions- kontrolle der Metalle oder bei Lagerst~ttenunter- suchungen zu 15sen? Die Antwort ergibt sieh aus der Formel n~(z - 1) n ffir die Anzahl der erforderliehen Eichmessungen.

Da die Anzahl n der zu bestimmenden Komponen- ten dureh die analytische Aufgabe vorgegeben ist, kann man n nieht verkleinern; es sei denn, man ver- zichtet darauf, die Aufgabe in vollem Umfang zu 15sen. Dann bleiben zun~chst 2 Wege: Man muB (z--1) gleich Eins maehen, damit die n-re Potenz unwirksam ~ r d . Dies bedeutet, dab man aus einer Theorie oder aus der Erfahrung bereits soviel fiber die mathematisehe Gestalt der Eiehfunktionen wissen muB, dab man ihre Lage und Gestalt vollst~ndig durch die Messung der n2-Koeffizienten an einer Stelle des Konsti tutionsraumes best immen kann.

])as ist z.B. der Fall, wenn man weiB, dal] alle Eiebfunktionen linear sind. Vielfaeh kann man eine Linearisierung der Eichfunktionen durch zweck- m~$ige Transformationen der Variablen erreiehen. Ein gutes Beispiel daffir ist das Beersehe Gesetz in der photometrisehen Analyse, bei dem eine logarith- misehe Transformation der MeBgrSBen (Extinktion) zu linearen Eichfunktionen ffihrt; ein anderes ist die verangemeinerte Seidelsche Schw~rzungstransforma. tion, die in der spektrochemischen Emissionsanalyse benutzt wird.

Der zweite wirksamste Weg ist, ei~ Analysen. ver[ahren zu verwenden, das m6glichst selektiv bezi~glich ]eder Komponente ist. Dann steht in jeder der n Gleichungen des Systems (3) jeweils nur noeh eine der Variablen c~, die Kopplung der Gleiehungen mit- einander fiber die Variablen ist aufgehoben: Ansta t t einer komplizierten Mehrkomponentenanalyse haben wit dann eine mehrfaehe Einkomponentenanalyse. Die Anzahl der dazu benStigten Eichmessungen ist nur n (z - -1) ; es sehadet dann also nicht viel, wenn ( z - 1) > 1 ist. Analysenverfahren, die sich in dieser Art als mehffaehe Einkomponentenanalysen charak- terisieren lassen, sind z.B. manche der massenspek- trometrischen, rSntgenspektrometrischen oder emis- sionsspektrometrischen Analysenverfahren (meist solche mit hoher AuflSsung).

Es gibt noch einen dritten Weg, einen Behelfsweg, auf dem man den Aufwand ffir die Eichung yon Mehrkomponenten-Analysen herabsetzen kann. Man eicht das Analysenveffahren nieht ffir die ganze Probenfamilie, auf die es angewendet werden kSnnte, sondern getrennt ffir Unterfamilien. Der yon einer Unterfamilie besetzte Tefl des n-dimensionalen

Konsti tutionsraumes kann ein sehmaler Quader sein, weft sich nur wenige der Komponenten innerhalb der Unterfamilie stark ver~ndern. Dadurch ver- ringert sieh die Anzahl ( z - - l ) der notwendigen Eichpunkte ffir diejenigen Komponenten, deren GehaRe sich kaum ~ndern. Oft brauch~ man sich bei der Analyse um diese Komponenten, die ,,Fami- l ienmerkmale" sind, nicht zu ki]mmern, weft ihr EinfluB auf die Best immung der fibrigen Komponen- ten nur schwach ist; dadureh wird die Zahl n in der Formel ffir den Eiehaufwand erniedrigt.

Beispiele ffir dieses ,,divide et impera" finder man fiberall in der analytisehen Praxis. Der Eich- aufwand ist immer noeh betr~ehtlich, f~llt aber nieht so stark ins Auge, weil er sieh auf mehrere Teil- 15sungen der Gesamtaufgabe verteflt. Es sind Be- helfslSsungen, oft dureh Zeitdruck erzwungen. Die ,,grofle LSsung" des Eichproblems bei Vielkomponenten. analysen hei[3t Entwieldung selektiver Analysen. ver/ahren mit linearisierten Eich/unktlonen.

Angeregt wurde diese Untersuehung durch die unmittel- bare Beobachtung der Arbeiten yon H. Specker und seiner Schule, bei denen es oft um die ErhShung der Selektiviti~t yon Analysenverfahren ging [2]. Ihm und seinen NIitarbeitern, insbesondere E. Jackwerth und H. Monien, habe ich fiir viele Diskussionen herzlieh zu danken.

Literatur

1. Kaiser, H , Speeker, H.: Z. Anal. Chem. 149, 46--66 (1956).

2. Kettrup, A., Specker, H.: Fortsehritte der chemischen Forschung, Bd. 10, Heft 2. Berlin-Heidelberg-New York: Springer 1968 (mit 635 Literaturzitaten; zur Selektivit~t siehe besonders S. 283 und folgende).

3. Kaiser, H.: Anal. Chem. 42, 24A--41A, 26A--59A (1970).

4. Zurmiihl, R. : Praktische Mathematik fiir Ingenieure und Physiker, 5. Aufl., S. 159. Berlin-Heidelberg-New York: Springer 1965.

Zu den mathematischen Grundlagen siehe z.B. Fischer Lexikon Bd. 29/1 und 29/2 ,,lYlathematik". Hrsg. H. Behnke u. a. Frankfurt a. M.: Fischer 1969, 1970; dort aueh weiter- fiihrende Literaturangaben (insbesonder Infinitesimalrech- nung im •n S. 143 und folgende). Ein Teil der in dieser Arbeit gebrachten ~berlegungen wird in kiirzerer Form, aber in grSflerem Zusammenhang an folgender Stelle zu finden sein: H. Kaiser: Kapitel 1 in F. Korte: ~r Chimicum, Bd. 1. Stuttgart: G. Thieme 1972 (in Vorbereitung).

Prof. Dr. H. Kaiser Institut fiir Spektrochemie und Angewandte Spektroskopie D-4600 Dortmund Bunsen-Kirchhoff-StraBe 11 Deutschland