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Aus dem Hamburgischen Institut fur Angewandte Botanik Zur Mikroskopie des Stechginsters Ulex eus ropaeus L. und eines aus Stechginstertrieben hergestellten Futtermittels Von H. G. Mackel Mit 21 Abbildungen Unter einer ganz neutralen Bezeichnung (,,Trockenfutter") wurde dem Institut vor einigen Jahren ein Futtermittel zur Untersuchung ein- geliefert, das aus stark zerkleinerten griinen Pflanzenteilen bestand und weder makroskopisch noch mikroskopisch mit den bekannten, aus grunen Pflanzen hergestellten Futtermitteln wie Heumehl, Kleeheumehl, Alfalfa- mehl u. a. ubereinstimmte. Makroskopisch fielen die dunkelgriine Farbe und die faserige Beschaffenheit des Materials auf. Im mikroskopischen Bild schienen u. a. zahlreiche abgebrochene, mit kleinen Warzen besetzte Haare bemerkenswert, wie sie sich haufig bei Leguminosen, z. B. bei Luzerne und bestimmten Kleearten finden. Gegen die Annahme eines der iiblichen Leguminosenheumehle sprach aber vor allem die gleichgerichtete Streckung der Epidermiszellen in Verbindung mit Langsstellung der Spaltoffnungen in den zahlreich vorhandenen Epidermisfetzen sowie das Vorwiegen von Holzelementen und dickwandigem Parenchym, also eben- falls auf Stengelteile deutenden Gewebeformen, wahrend Blattelemente nur mit Muhe auffindbar waren. Einen weiteren Hinweis bildete das Vorkommen kleiner, aus sklerenchymatischen Zellen bestehender stachel- artiger Gebilde. Bei sorgfaltigem Durchsuchen des groberen Anteils der abgesiebten Probe fanden sich ganz vereinzelt winzige grune Nadeln mit einer feinen Stachelspitze, die sofort den Gedanken an Stechginster wach- riefen. Tatsachlich handelte es sich um die kleinsten, der Zerquetschung bzw. Vermahlung entgangenen dornigen Blattchen von Ulex europaeus L. Die daraufhin vorgenommene mikroskopische Untersuchung dieser Pflanze zeigte, daS alle Elemente des Futtermittels in den Zweigen, Dornen und Nadelblattchen wiederkehrten und das Futtermittel rein aus ihnen be- stand (vgl. Jahresber. Inst. f. Angew. Botanik Hamburg 1938, 56, S. 19). Ober den mikroskopischen Befund sol1 nachstehend berichtet werden, da dieses Futtermittel vielleicht ofter an die Untersuchungsamter ge- 9'

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Aus dem Hamburgischen Institut fur Angewandte Botanik

Zur Mikroskopie des Stechginsters Ulex eus ropaeus L. und eines aus Stechginstertrieben

hergestellten Futtermittels Von H. G. M a c k e l

Mit 21 Abbildungen

Unter einer ganz neutralen Bezeichnung (,,Trockenfutter") wurde dem Institut vor einigen Jahren ein Futtermittel zur Untersuchung ein- geliefert, das aus stark zerkleinerten griinen Pflanzenteilen bestand und weder makroskopisch noch mikroskopisch mit den bekannten, aus grunen Pflanzen hergestellten Futtermitteln wie Heumehl, Kleeheumehl, Alfalfa- mehl u. a. ubereinstimmte. Makroskopisch fielen die dunkelgriine Farbe und die faserige Beschaffenheit des Materials auf. Im mikroskopischen Bild schienen u. a. zahlreiche abgebrochene, mit kleinen Warzen besetzte Haare bemerkenswert, wie sie sich haufig bei Leguminosen, z. B. bei Luzerne und bestimmten Kleearten finden. Gegen die Annahme eines der iiblichen Leguminosenheumehle sprach aber vor allem die gleichgerichtete Streckung der Epidermiszellen in Verbindung mit Langsstellung der Spaltoffnungen in den zahlreich vorhandenen Epidermisfetzen sowie das Vorwiegen von Holzelementen und dickwandigem Parenchym, also eben- falls auf Stengelteile deutenden Gewebeformen, wahrend Blattelemente nur mit Muhe auffindbar waren. Einen weiteren Hinweis bildete das Vorkommen kleiner, aus sklerenchymatischen Zellen bestehender stachel- artiger Gebilde. Bei sorgfaltigem Durchsuchen des groberen Anteils der abgesiebten Probe fanden sich ganz vereinzelt winzige grune Nadeln mit einer feinen Stachelspitze, die sofort den Gedanken an Stechginster wach- riefen. Tatsachlich handelte es sich um die kleinsten, der Zerquetschung bzw. Vermahlung entgangenen dornigen Blattchen von Ulex europaeus L. Die daraufhin vorgenommene mikroskopische Untersuchung dieser Pflanze zeigte, daS alle Elemente des Futtermittels in den Zweigen, Dornen und Nadelblattchen wiederkehrten und das Futtermittel rein aus ihnen be- stand (vgl. Jahresber. Inst. f. Angew. Botanik Hamburg 1938, 56, S. 19). Ober den mikroskopischen Befund sol1 nachstehend berichtet werden, da dieses Futtermittel vielleicht ofter an die Untersuchungsamter ge-

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langen wird und die Futtermittelliteratur meines Wissens keine dies- beziiglichen Angaben enthalt. In der botanischen Literatur sind Be- obachtungen uber die Anatomie von Ulex mehrfach mitgeteilt worden, so von R e i n k e (S. 57-59), S a u p e (S. ~ o I ) , S c h u b e (S. 22) .

VerhaltnisniaBig eingehende Angaben macht R a u t h (S. 32-35) bei der vergleichend-anatomischen Untersuchung einiger Genisteengattungen. Eine Reihe ganz verstreuter Einzelangaben findet man in d e B a r y s ver- gleichender Anatomie sowie bei S o l e r e d e r. In neuerer Zeit hat S k i p p e r die Beziehungen zwischen Standortsfaktoren und Wuchsform des Stechginsters studiert und dabei auch die (meist quantitativen) Ver- anderungen im anatomischen Bau beriicksichtigt. Einleitend gibt er eine auch von einigen Abbildungen begleitete anatomische Beschreibung. Fur die mikroskopische Erkennung der zerkleinerten Pflanze, wie sie im Futtermittel vorliegt, sind aber alle diese unter ganz anderen Gesichts- punkten gemachten Angaben nicht ohne weiteres geeignet. Kiirzlich hat dann noch C h e s n a i s - wie S k i p p e r ohne Anfuhrung der alteren Literatur - eine kurze anatomische Beschreihung der als Futter ver- wendeten Teile des Stechginsters mit einigen (zum Teil freilich nicht sehr charakteristischen) Zeichnungen veroffentlicht. Seine Angaben sind aber meist ziemlich allgemein gehalten und fur diagnostische Zwecke nicht ausreichend.

In den atlantischen Landern Europas, besonders in England und Irland, aber auch in Frankreich und auf der Pyrenaenhalbinsel ist die Verfutterung des Stech- ginsters schon lange ublich (vgl. z. B. P o t t , W e r n e r). Er gi:t dort als vor- zugliches Futtermittel fur Pferde und Rindvieh. Auch fur Maulesel und Schafe ist er geeignet, angeblich auch fur Schweine. Sehr geschatzt ist er als Wildfutter. E r wird deshalb auch in Mitteleuropa, wo sein naturliches Vorkommen - nach anderer Auffassung gehen samtliche deutschen Vorkommen auf fruhere An- pflanzung zuruck - auf die atlantisch getonten Gebiete beschrankt ist, ofters zur Wildasung angepflanzt sowie zu Schutzpflanzungen fur Fasanen und Rebhuhner benutzt. In Deutschland setzte sich v o n R i e p e n h a u s e n sehr fur seinen An- bau als Futterpflanze auf sandigen Boden ein und fuhrte ihn auf dem Gute Crangen in Pommern auch selbst in gro6erem MaSstabe durch. Trotzdem er eine Reihe von Anhangern fand, hat sich der Ulexanbau in Mitteleuropa nicht durchsetzen konnen und ist auch auf Crangen schon seit langem wieder aufgegeben (K i r c h - n e r - L o e w - S c h r o e t e r 111, 2, S. 44). Nur in den Jahren nach dem Welt- krieg wurde eine Anpflanzung wieder mehrfach befurwortet (vgl. z. B. B r u n s , K a i s e r). In Frankreich wurde voriibergehend eine schwerer verholzende und weniger Stacheln ausbildende Form als Futterpflanze kultiviert (P o t t).

Solange der Stechginster im Saft steht, schmeckt er bitter und wird nicht gern gefressen ( P o t t , W e r n e r ) . Man schneidet ihn deshalb erst von Ende Oktober ab bis in den Dezember hinein. Gewohnlich wird er frisch verfuttert, nachdem er zuvor der harten Stacheln wegen auf der Ginsterquetsche gut ge- quetscht worden ist. In diesern Zustande erhitzt er sich leicht und muB rasch verfuttert werden. K e 1 1 n e r erwahnt aber bereits, da6 der gequetschte Ginster auch getrocknet wird und so in den Handel kommt. Im Institut hatte ein solches Futtermittel bisher noch nicht vorgelegen. Das Material unserer Probe ist ziem- lich fein zerkleinert. Offenbar ist es nach dem Trocknen vermahlen worden. - Im samentragenden Zustande ist der Stechginster ubrigens nicht zur Verfiitterung geeignet, weil die Samen ein giftig wirkendes Alkaloid, das Ulexin (die Identitat mit Cytisin wird neuerdings wieder als fraglich hingestellt) enthalten, dessen Menge mit 1,030/0 bzw. 1,870/0 ( W e h m e r S. 530, K l e i n IV, I, S. 574) an- gegeben wird.

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Uber die Zusarnrnensetzung frischer und lufttrockener Stecbginstertriebe liegen rnehrfach Angaben vor (vgl. H i l t n e r , K e l l n e r , P o t t , W e r n e r ) . Die Schwankungen in den mitgeteilten Werten beruhen wohl u. a. auf Ver- schiedenheiten der Erntezeit und der Art des Schnittes. Werden auch zweijahrige Triebe geschnitten, die schon stark holzig sind, so wird sich naturlich der Roh- fasergehalt auf Kosten der eigentlichen Nahrstoffe stark erhohen. Noch altere, schon mit Kork bedeckte Zweige kornmen fur Futterzwecke nicht in Frage. Die hier behandelte Probe wurde ihrer Kleinheit wegen nicht chernisch untersucht. Die Zusamrnensetzung durfte aber der von Stechginster-Durrheu annahernd ent- sprechen. Letzteres enthalt in Prozenten an:

Asche Roh- Roh- N- fre i e Roh- 1 protein 1 f e t t /Extraktstoffr( faser 1 Wasser I Nach Kellner . . . . . 1 15.0 1 9,O 1 ;;O, 1 28,7 1 41,8 I 3,s Nach Stutzer . . . . . I4,99 9,60 27733 43,84 1195

Fur die verdaulichen Nahrstoffe gibt K e 1 1 n e r an: 3,6 O/o Rohprotein, 0,9 O/o

Rohfett, 17,2 O/O N-freie Extraktstoffe, 16,7 O/o Rohfaser; verdauliches EliweiB 2,9 O/o;

fur die Wertigkeit 37, als Starkewert 14,o.

Von anderen heimischen Ginsterarten sol1 nur der Bram oder Besen- ginster Sarothainnzis scoparius (L.) Wimm. kurz erwahnt werden, der ofter als Winterweide fur Heidschnucken dient (P o t t , 2 o 1 1 i k o f e r). Als Handelsfuttermittel scheint er nicht vorzukommen. Im folgenden ist trotzdem auf einige Unterschiede qegeniiber dem Besenginster hin- gewresen. Kurze mikroskopische Beschreibungen desselben findet man unter anderem in der pharmakognostischen Literatur, eine ausfuhrlichere anatomische bei U 1 b r i c h.

Uber den bekannten rnorphologischen Aufbau der Stechginstertriebe (rgl. z. B. S k i p p e r ) ist kurz folgendes zu wiederholen (vgl. Abb. I ) . Die lange grun bleibenden, gerillten Zweige des Stechginsters, der auch Stachelginster cder Gaspel- dorn genannt wird, tragen nur kleine nadelartige Blattchen, dafur aber in deren Achsel bis etwa 10 cm lange Dornen (irn folgenden als Primar- dornen bezeichnet), die selbst wieder mit kleineren, in der Achsel win- ziger Nadelblattchen stehenden Dornen 2. und 3. Ordnung (nach- folgend Sekundardornen genannt) besetzt sind. Das weitere Wachs- turn der Pflanze beruht auf der Entwicklung serialer Beiknospen Abb. 1 . Zweigstuck n t k Dornen etwas schematisiert. der primardornen zu meist 3o H = relative Hauptacbse, D, = Deckblatt fur den Primlr-

dori; PD; Dp = Deckblltter fur die Sekundllrdornen S D ; 40 crn langen Trieben, deren A = junger Achseltrieb Langenwachstum sich gewohnlich auf das erste Jahr beschrhkt. Spater wachsen sie meist nur noch in die Dicke. Sie tragen ihrerseits wieder Prirnar- und Sekundardornen. Der dern Beisprof3 zu- gehorige Prirnardorn und sein Deckblatt gehen dann zugrunde und fallen sp5ter ab. Dornen und Nadelblatter enden in eine ziemlich feine, harte und stechende Spitze von brauner Farbe. Die verzweigten Dornen, die kantig oder schwach gefurcht, in den starksten Partien wie die Zweige gerillt und ebenfalls griin sind, bilden ein System assimilierender Kurzsprosse, das zusarnrnen mit den Zweigen den Haupt- anted der Assimilationstatigkeit bestreitet, wahrend die Blatter infolge ihrer ge- ringen Flachenentwicklung nur eine untergeordnete Rolle spielen.

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Im Futtermittel finden sich die Gewebe des Stechginsters in nahezu Ihre mikroskopischen Kennzeichen ergeben sich

daher bei der anato- mischen Beschreibung derPflanze. Der Q u e r - s c h n i t t durch einen jiingeren Zweig von etwa 2 mm Durch- messer bietet das Bild eines meist 7 - p t r a h - ligen Sterns (Abb. 2).

E r ist nicht ganz regel- maBig, da sich zwi- schen einige der Rippen flachere einschieben, die zum Grunde des Zweiges hin die gleiche Hohe erreichen wie die ubrigen Rippen, deren Zahl also mit zu- nehmender Starke des Zweiges vermehrt wird.

unverandertem Zustand.

Abb. 2. Qncrschnitt dnrch jiingeren Zweig, schematisiert. Vegr. etwa Die Epidermis zeichnet 35mal. Ep=Epidermis mit H a r m ; Coll=Collenchym; R-Rindenparen- sich durch sehr dicke, chym ; PSch = Parenchymscheide, S k l = Sklerenchym der Rinde, B = Bast (incl. primtires Phloem); C = Cambium; H = Holzkiirper; Hf = Holz- infolge Kutineinlage- fasern; M= Mark; PHs. bzw. SMs = primlrer bzw. sekundiirer Markstrahl

rung gelblich gefarbte AuSenwanda aus, die von einer glatten Kutikula uberzogen sind; sie ist wohl nicht nur als AbschluSgewebe, sondern zugleich als der periphere Teil des mechanischen Systems anzusehen (Abb. 3). Deckhaare vom Leguminosentyp sind uber die Oberflache verstreut, gehauft finden sie sich in den Furchen. Die Spaltoffnungen sind am haufigsten auf den Flanken der Rippen. Sie zeigen einen von sehd kraftigen Hornchen be- grenzten, uber die Epidermis hinausragenden Vorhof, kleine innere Hornchen und SchlieSzellen, deren machtig verdickte Tangentialwande nur ein schmal tropfenformiges Lumen frei lassen. Am Kamm der Rippen liegt unter der Epidermis gewohnlich eine einfache oder doppelte Schicht farbloser, polygonaler, schwach kollenchymatischer Zellen. Sie stellen die Verbindung her zu schmalen, innen und auDen oft verbreiterten Sklerenchymleisten, welche die Rippen in radialer Richtung durchsetzen. Sie gehen auf der Innenseite in einen mehr oder minder luckenhaften, aus kleinen Gruppen oder tangentialen Bandern von Faserzellen be- stehenden schmalen Sklerenchymring uber, der dem Perizykel angehort und als dessen flugelartige Fortsatze die Faserstrange der Rippen wohl anzusprechen sind (Abb. 2) . In den niedrigen Rippen ist die Sklerenchym- leiste durch eine radiale, ein Stuck weit ins Rindengewebe vorsto0ende Erweiterung einer solchen Fasergruppe nur angedeutet. Zuweilen reicht auch bei den grof3eren Rippen die Faserleiste nicht bis zur Peripherie.

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Das Kantenkollenchym kann dabei trotzdem vorhanden sein oder fehlen. Die Fasern (Abb. 3) zeigen ein enges, oft strichformiges Lumen und eine machtig entwickelte Verdickungsschicht, die nicht verholzt ist und sich von der primaren Membran, die mit Phloroglucin, Anilinsulfat und Cobaltorhodanid mehr oder minder deutliche Holzreaktion gibt, auch ohne Farbung durch ihre schwachere Lichtbrechung scharf abhebt. Der Perizykel ist au6en von einer Parenchymscheide aus chlorophyll- und inhaltsarmen Zellen mit etwas dicklichen und ofters netzig getupfelten Wanden bedeckt, die auch die Faserleisten der Rippen mit Ausnahme der au6ersten Faserzellen uberzieht. Fur S k i p p e r s Vermutung, da6 es sich bei dieser Zellschicht vielleicht um ein Wassergewebe handle, finde ich keine Anhaltspunkte. Die im Querschnitt sichelformigen Raume zwischen Epidermis einerseits, Sklerenchymring und -1eisten andererseits werden durch das chlorophyllhaltige Rindenparenchym ausgefiillt, das in den Rippenflanken gewohnlich in Form von Palisaden ausgebildet ist. Auch die etwas lockerer stehenden Zellen der tieferen Schichten behalten vielfach die Palisadenform bei. Sie enthalten gewohnlich I oder 2 ziem- lich kleine Oxalatkristallchen. Am Grunde der Rippen sind die Palisaden kurzer, in der Furche sind sie durch annahernd isodiametrische oder axial gestreckte, auch wesentlich chlorophyllarmere Zellen mit etwas dickeren Wanden ersetzt. Rippen, deren S klerenchym-

leiste nicht bis zur Peripherie reicht, ent ha1 ten ein durchgehen- des Palisaden- gewebe; bei den niedrigen Rip- pen ist dies stets der Fall. Der innere Teil des Perizykels besteht aus I

bis 3 Schichten schwach kollen-

chymatischer Zellen, an wel- che der von schmalen Mark- strahlen durch-

bast- und Holz- zylinder anschlie6t. Ersterer laat zwischen den Markstrahlen die klein- zelligen Siebzellgruppen erkennen. Die primaren Markstrahlen sind im

brocheneWeich- Abb. 3. Querschnitt durch jiingeren Zweig, Sektor. Vergr. etwa 200rnal

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Bast nach auBen keilformig erweitert. Im Holz entstehen in ihrem Be- reich anfangs oft ausschlieBlich Holzfasern. Die Grenzen gegen den iibrigen (,,fascicularen", vgl. S. 138) Zuwachs verwischen sich aber bald und die prirnaren Markstrahlen sind dann nicht mehr als solche kenntlich. Auch abgesehen von den prirnaren Markstrahlen fallen kleinere oder groBere Gruppen dickwandiger, weiaglanzender Holzfasern im Holz des jungen Zweiges sehr in die Augen. Sie sind den Rindenfasern ahnlich, aber vollstandig verholzt. Ihre dicke Sekundarrnembran farbt sich zwar rnit Phloroglucin-Salzsaure und auch rnit Cobaltorhodanid wesentlich schwacher, mit Anilinsulfat dagegen fast ebenso intensiv wie die primare Mernbran. Auch die Jodfarbung laf3t den Unterschied in der Verholzung gegenuber den Rindenfasern deutlich hervortreten. Die iibrigen Elemente

Ski

Abb. 4. Qucrschnitt dorch iiltcren (3 jehr.) Zweig, schemntisiort. Vergr. ctwa H5mal. Brzeichnangen wie in Abb. 2 (Epidermis

nicht mchr vorhanden). Bf = Bastfasern

des jungen Holzes heben sich am Querschnitt relativ wenig voneinander ab, zumal die GefaSe ziemlich geringe Durchmesser aufweisen. SO- gar die schmalen, meist ein- (bis drei-) reihigen, aber zahl- reichen Markstrahlen treten irn Gesamtbild des Chloral- praparats ziemlich wenig hervor, sehr vie1 deutlicher ihres Starkeinhaltes wegen in Wasser- und Jodprapa- raten, die auch die Holz- parenchymzellen und Ersatz- fasern besser in Erscheinung treten lassen. Die oft nur wenig gestreclcten Mark- strahlzellen besitzen dicke Wande mit scharf abge- setzten kleinen kreisformigen

oder elliptischen Tupfeln. Auch das Mark besteht aus ziemlich dick- wandigen verholzten Zellen, deren zahlreich sichtbare Querwande ahnlich wie die der Markstrahlzellen nadelstichig getiipfelt sind. In der Peripherie des Markes (Markkrone) sind die Zelldurchmesser geringer.

Auf Querschnitten durch zweijlhrige Zweige tritt hereits die von S a u p e fur eine groI3e Gruppe der Genisteen unter EinschluB von Ulex beschriebene auffallige Anordnung der Holzelemente in Erscheinung: GefaBe und Tracheiden sind nebst den begleitenden Holzparenchymzellen und Ersatzfasern zu auffallenden Bandern angeordnet, die vom Friihjahrs- holz aus den iibrigen ganz aus Holzfasern bestehenden Jahreszuwachs in schiefer Richtung durchsetzen (Abb. 4). Die Grenzen der Jahresringe sind bei Ulex auch mikroskopisch oft kaurn feststellbar. Dieses Merkmal sowie die Dickwandigkeit der Markstrahlzellen und die starke Wand- verdickung der Holzfasern, die bis zu fast volligem Verschwinden des

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Lumens geht, kennzeichnen nach S a u p e das Holz von Ulex gegeniiber anderen Genisteenholzern der gleichen Gruppe. Irn alteren Holz treten die Markstrahlen vie1 deutlicher hervor, sie sind haufiger mehrreihig, ihre Zellen sind gro6er und deutlicher radial gestreckt, Wandverdickung und Tupfelung noch ausgepragter als in jungeren Zweigen. Der Bast solcher Zweige enthalt Gruppen von Bastfasern. Die primaren Markstrahlen sind nun auch im Bast nicht mehr zu erkennen. Korkbildung tritt erst nach einigen Jahren ein. Der Bau mehrjahriger, korkbedeckter Zweige ist hier ohne Interesse, da sie als Futter nicht in Betracht kornmen.

Die Dornen zeigen als Kurztriebe grundsatzlich den gleichen Bau wie die Zweige. Die Primardornen stimmen an der Basis rnit den Zweigen anatomisch vollig iiberein. In ihrem oberen Teil und bei den Sekundar- dornen treten gewisse Abweichungen auf. Zahl und Hohe der Rippen nehmen entsprechend dem verringerten Durchmesser ah ; die Endstiicke sind gewohnlich nicht gerillt, sondern kantig und zeigen bei den kleineren Dornen haufig quadratische, zuweilen dreieckige Querschnittsform (Abb. 5 a). Die radialen Sklerenchymleisten sind auch im Dorn vorhanden, aber beirn Fehlen ausgesprochener Rip- pen verhaltnismaflig kurz, da- fur vielfach ziemlich breit. In der Mitte sind sie haufig eingeschnurt, zuweilen auch ganz unterbrochen, oder es ist nur ihr innerer oder auflerer

Fasern selbst sind of t bis zum Schwinden des Lumens rer- dickt. Das assirnilierende Rindenparenchyrn erfullt bei den kantigen Dornen einen irn Querschnitt etwa halbkreisformigen Raum und besteht ausschlieSlich aus Palisaden, auch in den tieferen Schichten. Dornen, bei denen der auflere Teil der Sklerenchymleiste nicht entwickelt ist, sind ringsum mit Palisadengewebe ausgestattet. Die ringformig angeordneten Fasergruppen des Perizykels fehlen ganzlich; Leitungselernente sind nur auf den durch die Rippen hzw. Kanten gekennzeichneten Radien entwickelt und erscheinen scharf begrenzt als collaterale Gefaflbundel; das Mark hebt sich durch die be- sondere Dickwandigkeit seiner Zellen, die noch wesentlich ausgepragter ist als in den Zweigen, von allen anstoflenden Geweben scharf ab: offen- bar ist es der Haupttrager der hier mehr ins Zentrurn verlagerten rnecha- nischen Funktionen. Die sehr fruhzeitig einsetzende Kambiurntatigkeit liefert nur im Bereich der Gefaflbiindel sekundare Leitungselemente, wahrend das interfaszikulare Kambium auf der Innenseite ausschliefllich dickwandige Holzfasern hervorbringt, die kontinuierlich an die besonders dickwandigen peripheren Zellen des hfarkes anschlieaen (Abh. 5 b). Die Gefaflbiindel erscheinen mit ihrem Holzteil oft wie eingekeilt in dieses

Abschnitt entwickelt. Die Abb 5 a Abb 5 b Qncrsrhnitt dnrch Dornen , schematisirrt Vergr etaa 36mal. X=Xvlem. Phl= Phloem imubrigen Signaturenaiein Abb 2 a ) Spitzenteil eincs Sekundhorns, b) Spitzenteil cines PnmBr-

dorns

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aus Mark und interfaszikularen Holzfasern bestehende zentrale Festigungs- gewebe, das sich gegen das Kambium wie gegen die Leitbundel iiberaus scharf abgrenzt. Durch diese ausgesprochen strahlige Anordnung der Gewebe weicht das typische Querschnittsbild der Dornen trotz grund- satzlich gleichen Baues wesentlich von dem Querschnittsbild der Zweige ab. Mit zunehmender Entfernung von der Spitze verwischt sich bei den gro6eren Dornen der ,,Dornbau" allmghlich: zunachst wird die Zahl der Leitbundel vermehrt durch solche, die nicht mehr mit Rippen korrespon- dieren; ihnen vorgelagert erscheinen einige Sklerenchymfasern im Peri- zykel; weiter zum Grunde hin geht die scharfe Abgrenzung der GefaA- bundel verloren und die Anordnung der Gewebe entspricht zunehmend der in den Zweigen.

In den Spitzen junger Triebe, deren Rippenzahl geringer ist und deren Fasern erst schwach verdickt sind, liegt nicht ein geschlossener Zylinder von Leitgewebe vor, sondern ein Prokambiumring, in welchem an einzelnen, den Rippen entsprechenden Stellen die Leitungsbahnen aus- gebildet sind, so da6 als vorubergehendes Stadium ein Ring anscheinend

Abb. 6. Zweigepidermis mit durchschoinendem Rindenparenchgm , Aufsicht. Vergr. otwa

200mal

getrennter ,,GefaBbundel" entsteht, wie dies zuerst K o s t y t s c h e w fur eine Reihe von Pflanzen festgestellt hat. An diesen Stellen bevorzugter Entwicklung beginnt auch die Bildung des Reihen- kambiums, die sehr bald auf den ganzen Prokambiumring iibergreift. Wahrend nun die Kambialtatigkeit in den Zweigen homogen verlauft, ist sie in den Dornen ausgesprochen inhomogen, indem nur im Bereich der bevorzugt angelegten Leitungsbahnen sekundares Leitgewebe (GefaBe und Tracheiden nebst ihren Begleitelementen), in den dazwischen liegenden Sektoren dagegen ausschlie6lich Festigungselemente(Ho1z- fasern) gebildet werden.

In L a n g s s c h n i t t - und A u f s i c h t s b i l d e r n , die ja im

mikroskopischen Bild des Futtermittels vorherrschen und deren genaue Kenntnis daher in diagnostischer Hinsicht besonders wichtig ist, ergeben sich noch folgende Einzelheiten uber den Bau der Gewebe in Zweigen und Dornen. Die Epidermis besteht aus mehr oder minder lang- gestreckten Zellen mit geraden oder ein wenig geschwungenen, aber nicht welligen Radialwanden, die schwach oder deutlich perlschnurartig ver- dickt sind (Abb. 6). Die Spaltoffnungen sind bis auf vereinzelte Aus- nahmen annahernd langsgestellt. Bei hoher Einstellung tritt die zitronen- formige Miindung des Vorhofs scharf hervor. Die Stomata werden von 3-5 Epidermiszellen begrenzt, von denen haufig eine, seltener zwei seit- lich anliegende kurzer als die ubrigen sind und die Spaltoffnung gewisser-

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ma0en begleiten. Nebenzellen sind nicht vorhanden. Dadurch unter- scheiden sich die Stomata des Stechginsters auffallend von denen der Besenginsterzweige, die - zwischen polygonalen Epidermiszellen mit derben geradeii Wanden ge- legen - von mehreren (oft 4 & schmalen) Neben- zellen umgeben sind (Abb. 7). Die Verteilung der Spaltoff nungen hangt naturgema0 von der An- ordnung des Assimilationsgewebes ab. Im all- gemeinen sind sie am zahlreichsten in der Epi- dermis der Rippenflanken, unter welcher im Auf- sichtsbild die kreisformigen Querschnitte der Pali- sadenzellen durchschimmern (Abb. 6). Letztere Abb, Sar,,thamnas Bcb II

sind zu Querlamellen angeordnet, die in der Langs- rlusl ~ ‘ $ ~ ; ~ ~ A ; ~ ~ ~

richtung durch Interzellularen voneinander getrennt sind. Spaltoffnungen fehlen iiber dem Sklerenchym bzw. Collenchym der Rippenkanten, deren Epidermis meist aus schmaleren, starker gestreckten Zellen besteht, unter denen die isodiametrischen oder gestreckt-poly- gonalen, dickwandigen Zellen des hypodermalen Collenchyms durch- scheinen (Abb. 8). Diesem ist in der Aufsicht das chlorophyllarme Rindenparenchym ahnlich, welches die breiten Taler alterer Zweigstiicke einnimmt. Die Epidermis ist dort ebenfalls nahezu frei von Spalt- offnungen und zeigt nur die Basalzellen abgebrochener Haare. In den kantigen und den schwach gerillten Dornen fehlen Spaltoffnungen nur iiber dem Collenchym der Kanten. An solchen Dornen und Trieben, deren Chlorenchym nicht durch die Sklerenchvmleisten unterbrochen ist. kommen

Abb. 8. Zweigrippe. Aufsicht (Epidermis, CoUeuchym , Skleren-

chymfssern.) Veer. etwa W m a l

sie auf der ganzen-Obertlache vor oder sind nur im Grunde der Furchen sparlicher und teilweise durch Haare ersetzt. Die Zellen der Parenchymscheide und des Perizykels sind axial gestreckt und be- sitzen etwas dickliche, getupfelte Wande. Die Rinden- fasern (Abb. 8) sind sehr schlank, an den Enden gleichma0ig und allmahlich verjiingt, uber 2 mm lang und nur 8-12, selten bis 15 p breit. Die dicken, nur ein enges Lumen freilassenden Wande sind von linksschiefen Spaltentiipfeln durchsetzt. Der schmal- zellige Weichbast zeigt keine besonderen Merk- male. Die Holzfasern sind kurzer und haufig breiter als die Fasern der Rinde. Ihr Lumen er- scheint sehr eng oder maBig weit, in lctzterem Fall ist es meist k bandformig entsprechend der haufig zusammengedriickten Gestalt der Holzfasern. Daneben findet man ziemlich weitlumige kurzere Libriform- zellen, auch solche, die an einem oder beiden Enden abgestutzt sind und die in letzterem Falle bis auf die Spaltentiipfel vollig den Bau der Holzparenchymzellen zeigen. Die einfach perforierten Gefafle und die Tracheiden besitzen wie allgemin bei den Leguminosen

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neben der Hoftiipfelstruktur noch zarte spiralige Verdickungsleisten (Abb. 9). Die Primargefalje sind einfache Schraubengefalje, gelegentlich auch Ringgefalje. Ferner enthalt das Holz maBig breite oder schmale Holzparenchymzellen rnit rela- tiv dicker Wand und ziemlich groljen, kreisrunden oder elliptischen Tiipfeln sowie sogenannte Ersatz- fasern, also faserformige Zellen mit nur wenig ver- dickter Wand, die wie Holzparenchym-, Mark- strahl- und Markzellen Starke fiihren. Die Mark- strahlen sind ziemlich hoch, ihre Zellen im Tangentialschnitt polygonal, sehr dickwandig und reich getiipfelt. In groljeren Markstrahlen werden die Kanten oft von stehenden Zellen eingenommen. Haufig sind zwei senkrecht ubereinander ver- laufende Markstrahlen durch ein einschichtiges Band stehender Zellen zu einem einzigen sehr hohen Markstrahl verbunden. Die im Holz der jungen Zweige vorwiegenden einreihigen Mark- strahlen bestehen nieist ganz aus aufrechten Zellen. Das Mark setzt sicli aus annahernd isodiametrischen his stark axial gestreckten Zellen mit kraftigen bis sehr dicken, nadelstichig getupfelten Wanden zu- zweigos, Tangontialschnitt.

wanden etwas groBer als auf den Querwanden. Im Stollen die S~irdlcisten heraus-

Bereich der Marlckrone treten oft Ubergangsformen zu den Holzfasern auf, besonders in den Dornen. - Die kleinkornige Starke besteht aus kugeligen bis eiformigen einfachen sowie etwas grofleren zusammengesetzten Kornern, die gewohnlich aus 2 oder 3, seltener aus 4 oder mehr Teilkornern bestehen. Ihre Grolje geht auch bei den zusammengesetzten Kornern kaum iiber 8 p hinaus. - Die Stachel- spitzen (Abb. 1 1 ) der Dornen und ebenso die schwacheren der Nadeln

Abb. I). Holz eines 2-3 jilhrigon

sammen (Abb. 10). Die Poren sind auf den Langs- (GefBOc, fasorn, hIarkstrah,en; Trilcbeiden kn Ersatz- einigen

gerissen.) Vcrgr. etna 200 ma1

Abb. 10. Mark, Liingsschnitt. Vergr. etwa 30Umal

sind aus stark gestreckten sklerenchymatischen Elementen aufgebaut, die bei den Dornen die Fortsetzung des stark sklerosierten Mark- korpers darstellen und in Wandbeschaffenheit und Tiipfelung diesem auch weitgehend gleichen. Schmale Tracheiden lassen sich weit in die Stachelspitze hinein verfolgen. Uberzogen ist diese von der Epidermis, deren Zellen hier lang und schmal, mit dicken, ge- perlten Radialwanden und mit kleinen rund- lichen oder gestreckten Tiipfeln auf der Innen- wand ausgestattet sind (Abb. I I ) . Rinden- parenchym bzw. Palisadengewebe ist im Be- reich der Stachelspitze nicht entwickelt.

Im Gegensatz zum SproBbau der Dornen zeigt die Anatomie der sie stutzenden dornigen

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Zur Mikroskopie des Stechginsters Ulex europaeus L. 141

Nadeln leicht deren Blattcharakter. Spreitenausdehnung, Querschnitts- form und GefaBbUndelzahl schwanken. Wahrend die grofleren Nadeln,

welche die Deckblatter fur die Primardornen darstellen, zuweilen in ihrem unteren Teil blattartig flach sind und im Querschnitt beiderseits der auf der Unterseite stark vorspringenden Mittelrippe noch mehrere kleine GefaS- biindel aufweisen (Abb. IZ a), ist der Querschnitt bei den sehr schrnalen und kleinen Nadeln hoherer Ordnung ge- rundet-dreieckig und die Zahl der GefaSbiindel meist auf drei (das mittlere und zwei seitliche) reduziert (Abb. 12 b). Die Biindel besitzen auf der Unterseite einen kleinen oder grofleren Sklerenchymfaserbelag, die randlichen Biindel sind gelegentlich nur durch diesen vertreten. Hin und wieder dehnt sich der Sklerenchyrnbelag der kleinen Biindel weiter aus, so da6 im Innern des Blattes parallel zur Oberflache verlaufende Faserplatten entstehen. Der Sklerenchymbelag der Mittelrippe ist meist kraftiger ent- wickelt, so da6 er haufig, aber keineswegs immer, nur

Abb. 11. Slachel- durch die Parenchyrnscheide und die in diesen Fallen vor- Aufsieht (Epider- handene hypodermale Collenchymschicht von der Epi- ruis). 200 Vergr. ma1 etwa dermis getrennt ist. Das Blatt ist zentrisch gebaut und

ringsum mit einer rneist doppelten Schicht von Palisaden ausgekleidet, die haufig iiber der Mittelrippe, zuweilen auch bei stark peripherer Lage des randlichen Biindels bzw. Sklerenchymstranges am Blattrand unterbrochen ist. Jede Palisadenzelle enthalt wieder ein, unter Urnstanden auch zwei Oxalatkristallchen. Auf den abweichenden Bau des diinneren Blattgrundes, der keine Palisaden und auch keine Stomata enthalt, hat S k i p p e r hingewiesen. Die Leitbiindel, deren Xylem aus zarten Spiraltracheen und -tracheiden besteht. sind von einer Parenchyrn-

spitze eines Dorns.

scheide aus relativ groSen, umgeben; der Raum zwi- schen den Leitbiindeln wird bald durch eben- solche Zellen, bald durch Schwammparenchym ein- genomrnen. Epidermis, Spaltoffnungen und die auf der Unterseite sowie am Blattrand vorhandenen Haare zeigen den gleichen Bau wie beim SproS, auch im Aufsichtsbild, in dem hochstens die Langs- streckung der Epiderrnis- zellen und Langsausrich- tung der Spaltoffnungen bei den breiteren Blattchen

inhaltsarmen Zellen mit kraftjgeren Wanden

Abh. 12. Blatt uerschnitte, schematisiert. Vergr. etwa 35 mal. X =Xylem ; Phf = Phloem; Skl - Sklerenchgm ; PSch - Paren- cbyni-Scheide. a) Deckblatt eines PrimLrdorns. b) NadelblKtt-

chen hijherer Ordnung

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142 Mackel

weniger deutlich ausgepragt, aber trotzdem noch vorherrschend sind im Ggensatz zum Sarothamnusblatt, bei dem mindestens auf der Unterseite die Stomata ganz regellos angeordnet sind. Auch auf der Oberseite des Besenginsterblattes fand ich iibrigens an meinem Material entgegen U 1 b r i c h s Angaben die Spalten nicht Iangsgerichtet. Eine Ver- schiedenheit der ober- und unterseitigen Spaltoffnungen, wie sie sich nach U 1 b r i c h s Schilderung bei Sarothamnus findet, ist beim Stechginster nicht vorhanden. Dagegen gibt C h e s n a i s eine (iibrigens nur geringe) GroBendifferenz zwischen unter- und oberseitigen Stomata an. Ich kann sie an meinem Material nicht bestatigen. Wohl aber sind die Epidermis- zellen der Unterseite, wie C h e s n a i s beobachtete, durchschnittlich

kiirzer und etwas breiter als die der Oberseite. Form und MaBe der einzelnen Zellen schwanken dabei ganz auoerordent- lich. Auch die Durchschnittszahlen verschiedener Blattchen zeigen je nach deren GroAe und Form noch betrachtliche Schwankungen. Diagnostische Bedeutung kommt diesen Zahlenverhaltnissen nicht zu. Die Tiipfelung der Epidermis- zellen finde ich entgegen C h e s n a i s ’ Angaben auf der Unter- seite ebenso reichlich entwickelt wie auf der Oberseite. DaB die ersten Blatter der Langtriebe, die eine Art Vorblatter von rundlicher oder ovaler Form vorstellen und keine Axillar- dornen tragen, auf der dicht behaarten Unterseite keine Spalt- offnungen besitzen und daA mit der raumlichen und gestalt- lichen Annaherung an die Nadelblatter die Zahl der Stomata zunimmt, hat S k i p p e r auseinandergesetzt.

Ein wichtiges Erkennungsmerkmal geben die an Trieben und Blattchen in groBer Zahl vorhan- denen Deckhaare ab (Abb. 13). Sie zeigen

nosentyp, d. h. sie bestehen aus drei Zellen: der kurzen

Basal- und Stielzelle und der langen Endzelle. Letztere bricht leicht ab, so daS die Epidermis etwas alterer Zweige meist keine Haare mehr tragt, aber durch die zuriickhleibenden Basal- und Stielzellen hockerig er- scheint. Die Lange der Haare betragt bis etwa 1,s mm und wechselt erheblich, wahrend ihr Durchmesser mit I 8-22 p ziemlich gleichbleibend ist. Die Basalzelle ragt mit ihrer dicken AuBenwand und & kegel- stumpfformigem Lumen iiber die Epidermis hinaus. Auch die Stielzelle besitzt eine dicke AuAenwand; sie ist niedrig, ihre Basalwand oft in das Lumen hinein vorgewolbt (vgl. Abb. 3) und wie ihre obere Wand haufig schrag gestellt. Sie tragt die schlanke Endzelle, deren Basis namentlich bei schiefem Ansatz (oft infolge einer Abknickung) stark verbreitert

den iiblichen Legumi-

Abb. 13. Haare. a) Ganzes Haar. Vergr. etwa 100mal. b) Haarspitzc bzw. -basis. Verg. etwa 2INrnal

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erscheint. Hiervon abgesehen zeigt sie im allgemeinen recht gleich- bleibenden Durchmesser und meist etwas geschlangelten Verlauf ; zu- weilen ist sie auch starker verbogen und fast stets sehr allmahlich zu- gespitzt. Bei vielen Haaren biegt sie kurz iiber dem Fu6 in nahezu rechtem Winkel plotzlich oder allmahlich nach vorn um. Ihre Wandung ist sehr dick, mit groben Kutikularwarzen in Form langlicher Knotchen besetzt. Das Lumen ist eng bis strichformig, seltener iiberhaupt nicht mehr erkennbar, an der Basis gewohnlich trichterformig erweitert. Oft sind die Haare ein wenig zusammengedruckt ; quer durchschnitten zeigen sie kreisformigen oder elliptischen Umri6 und ebensolches, zu- weilen aber auch schmalelliptisches, zentral oder & exzentrisch liegen- des Lumen. Die Haare eilen in ihrer Entwicklung derjenigen der iibrigen Gewebe erheblich voraus, denn jugendliche Teile, deren Gewebe- differenzierung noch in vollem Gange ist, tragen bereits vollig aus- gewachsene Haare. Junge, noch dunnwandige Haare findet man deshalb nur an der aukersten Spitze junger Triebe. Neben solchen und den typischen dickwandigen Haaren trifft man aber zuweilen auch aus- gewachsene Haare mit schwacher verdickten Wanden, an manchen Pflanzen sogar in groEer Zahl. Solche Haare konnen denen des Besenginsters au6erst ahnlich sein, lassen sich aber meist (nicht immer) durch die gro6en Kutikularwarzen von ihnen unterscheiden. Die Haare des Besenginsters (Abb. 14) tragen namlich auf ihrer Oberflache viel zartere, bei mittlerer VergroBerung nicht plastisch wirkende Kutikular- warzen. Basal- und Stielzelle der Besenginsterhaare sind relativ dunn- wandig. Ihre Endzellen zeiaen eine a b b ~’ - Y

kurzere, oft dolchartige Zuspitzung, Abb. 14. Sarotbamnus scoparius Hmro. a) Vorgr. etwa 100mal. b) Vergr. &a XOmal

sind meist breiter, weniger ver- bogen und wirken steifer und plumper als die viel eleganter gebauteri Haare des Stechginsters. Meist sind sie etwas zusammengedriickt und enthal ten ein ausgesprochen bandformiges Lumen ; sie erscheinen daher je nach Lage bald dickwandig und englumig, bald relativ dunnwandig und weitlumig. Infolge von Verdrehungen sieht man diese verschiedenen Bilder oit am gleichen Haar, das dadurch stellenweise erweitert, gelegent- lich auch einseitig verdickt erscheint. Auch bei den erwahnten untypischen Haaren des Stechginsters findet man solche Verdrehungen und ungleich- seitigeverdickung. Man darf also aus dem Auftreten einer gewissenAnzah1 solcher Haare, wie sie auch in dem untersuchten Futtermittel vorhanden sind, nicht voreilig auf die Anwesenheit von Besenginster schlie6en.

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144 Mackel

Anteiie von Bliiten und Friichten waren im Futtermittel nicht ent- halten. Ihr Vorkommen ware nach dem oben Gesagten auch durchaus unerwiinscht, zumal das der Samen. Eben deshalb erscheint es vielleicht doch angebracht, auch deren wichtigste mikroskopische Merkmale zu betrachten. Die Bliitenteile zeigen naturgemaI3 vie1 Ubereinstimmung mit den in der pharmakognostischen Literatur beschriebenen anderer Genisteen wie Genista tinctoria, Spartium junceum, Sarothamnus sco- parius. Dem zweiteiligen Kelch des Stechginsters liegen am Grunde zwei kleine braune Vorblatter an. Kelch und Vorblatter tragen auf der AuSenseite einen dichten Besatz typischer ,,Ulexhaare", die nur durch etwas geringere Lange (Vorblatt) bzw. geringere Wandstarke in Basal- und Stielzelle (Kelch) sowie haufige Gelbfarbung des Lumens abweichen. Die auI3ere Vorblattepidermis zeigt gestreckt-polygonale Zellen rnit knotigen Radialwanden und grob gestreifter Kutikula, die innere leicht verbogene, unregelmaI3ig knotige oder mit Leisten besetzte Wande und von gewohnlichen Epidermiszellen umgebene Spaltoffnungen. Das derb- wandige Schwammparenchym ist gelbbraun gefarbt. Die Kelch- epidermen sind stark gestreift, ihre Radialwande gewellt, auf der Innen- seite oft wellig-zackig ; letztere enthalt auch zerstreute Spaltoffnungen. Das Mesophyll ist ein auf der Innenseite HuRerst lakunoses Schwamm- parenchym. Die Fahne ist kahl und zeigt gleichmaflig polygonale, schwach papillose Epidermiszellen, unter denen das Schwammparenchym durchscheint, und dichte, wellige Kutikularstreifung. Die Epidermis- zellen der Fliigel sind ahnlich, aber kegelformig-papillos. Der untere Fliigelrand tragt einige typische lange Ulexhaare. Die Epidermis des Schiffchens zeigt kraftige und dichte wellig-krause Kutikularstreifung. Ihre Zellen sind geradlinig-polygonal mit vorwiegend kraftig geperlten Wanden, nur auf der oberhalb des Grundes befindlichen Aus-

Abb. 16. Sarbe. Vegr . ctwa ?00mul

weitung wellig begrenzt. Der Kiel tragt meist stark gewundene Ulexhaare mit zum Teil diinneren und nicht warzigen Wanden. Die Epidermis des Nagels zeichnet sich bei allen Kron- blattern durch gestreckt-polygonale Zellformen und geperlte Wande aus. Die Staubblatter mit auf dem freien Teil der Filamente kraftiger, auf der Rohre schwacher, aber dichter Kuti- kularstreifung zeigen keine besonderen Merkmale. Die Pollenkorner besitzen drei Austrittsstellen, ihr Durchmesser betragt in Glyzerin meist Z~--ZS X 28-32 p. Die gestreckten Zellen der Griffelepidermis zeigen kraftige, dichte Langsstreifung. Der Papillenkamni - -

der Narbe ist von starkwandigen, hakig gekriimmten Haaren eingerahmt (Abb. I 5). Das Fruchtknotengewebe ist zartwandig: t quergestreckte

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Epidermiszellen, dichter Besatz mit noch jugendlichen Ulexhaaren, die & zartwandig sind, aber meist schon ziemlich groge Kutikularwarzen

Abb. 16. Uoreife Hiilse, Qnorschnitt. Vergr. etws 200mal

besitzen, mehrschichtiges Schwammparen- chym, polygonale Zellen der inneren Epidermis.

Die unreife Hiilse besitzt eine Epi- dermis aus schrag (zuweilen auch fast quer) gestreckten Zellen mit geperlten Wanden und eingestreuten Spaltoffnungen. Die Haare zeigen den Ulexcharakter, nur geringere Wandstarke in Stiel- und Basal- zelle. Ein Hypoderm ist nicht vorhanden. Die Zellen des interzellularenreichen Parenchyms sind namentlich in den au6eren Schichten in der Richtung der Epidermis- zellen gestreckt ; sie besitzen recht kraftige, langgliedrig geperlte Wande, deren schmale Tupfel vertikal gestellt sind (Abb. 16). Innen schlieSen in der gleichen Richtung stark gestreckte, dunnwandiga Zellen ge- ringeren Durchmessers an. Sie gehoren der Faserschicht an, werden aber erst

spater verdickt als die darunter befindlichen, annahernd quer zu ihnen verlaufenden Faserzellen, die wie in vielen Leguminosenhulsen seitlich zusammengedruckt, dickwandig und getupfelt sind. Zwischen ihnen und der inneren Epidermis befinden sich zunachst noch etwa 2 Schichten duqnwandiger Zellen. Sie gehoren noch zur Faserschicht, werden aber ebenfalls erst etwas spater verdickt als die der mittleren Schicht. Sie sind nicht so hoch, auch nicht so stark zusammengedruckt wie diese. Die innere Epidermis bleibt dunnwandig. An der reifen Hiilse sind die Wande der Epidermiszellen durch weitere Auf- lagerungen erheblich verdickt und er- scheinen zart geschichtet und wie ver- quollen (Abb. 17; Schichtung fort- gelassen). Ihr schmales Lumen ist meist braun gefarbt. Die Braunfarbung des Lumens findet sich auch bei den Haaren sowie bei den Parenchymzellen wieder, deren Wandungen in den augeren Schichten zunehmend denen der Epi- dermis ahnlicher werden und die da- durch ein hypodermartiges Aussehen er- halten. Die Faserschicht zeigt an das Parenchym angrenzend meist 2 Reihen kurzer, den Epidermiszellen annahernd

Abb. 17. Reife Hiilse, E idemis; Anisicht. Vergr. etwa m m a l . &,= Spdt6ffnMg;

H - H 8 ~ b 8 8 ~

Zeitschrift fiir TiercrnPrung und Futtermikelkunde. Bd. 6. H. 2 10

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parallel laufender Fasern mit sehr groben, zum Teil verzweigten Tiipfel- kanalen. Der innere Teil der Faserschicht, der etwa 5-6 Zellreihen

Abb. 18. Samenschale nnd Endo- sperm ,I Qoerschnitt. Vergr. etwa

200 ma1

machtig ist, besteht aus langeren, schlankeren, seitlich zusammengedriickten Fasern rnit diin- nerer Wand und weniger auffalliger Tiipfelung, welche die anderen Faserzellen kreuzen. Von der zarten inneren Epidermis der Hiilse sind hochstens noch Reste auffindbar.

Die Samen sind wie die vieler Genisteen durch einen Arillus und horniges Endosperm ausgezeichnet. H a r z gibt in seiner Samen- kunde iiber sie einige sehr kurzgehaltene mikro- skopische Angaben, ebenso R a u t h. Die etwa 5-80 p hohen Palisaden zeigen im Querschnitt konisches Lumen bzw. gleichmaflig nach innen verjiingte Wande, deren diinnster Teil haufig kurz S-formig gebogen ist (Abb. 18). Die Lichtlinie liegt dicht unter der Kutikula. Die 30-40, stellinweise aber nur 20-25 p hohen

und dann verhaltnismabig breiten Tragerzellen besitzen dicke Radial- wande und annahernd Garnrollenform, wobei jedoch haufig die au6ere Erweiterung viel schwacher entwickelt ist als die innere. Das zusammen- gedruckte Parenchym und die innere Epidermis sind uncharakteristisch. In der Aufsicht (Abb. 19) erscheinen die Palisaden bei hoher Einstellung durch Radialspalten stark zerkliiftet, bei tiefer Einstellung starkwandig- polygonal, die Tragerzellen als sehr dickwandige, scharf abgesetzte, kreis- runde oder breitelliptische Ringe auf polygonalen, oft Interzellula,ren zwischen sich lassenden Grundflachen. Der Ringdurchmesser schwankt etwa zwischen 15 und 35 11, ihr seitlicher Abstand ebenso, ist aber stellen- weise viel geringer. Das Endosperm besteht aus einer wechselnden Zahl von Schichten, deren Zellen dicke, getiipfelte, bei Wasserzusatz geschichtet erscheinende, verquellende Wande und mit Ausnahme der innersten Schichten reichlichen grobkornigen Inhalt (Protein, Fett) aufweisen (Abb. IS). Der Cotyledo ist oberseits mit mehreren (meist 3) Schichten hoher, schlanker Palisaden ausgestattet. Die Epidermis der flachen Ober- seite besteht aus fast geradwandigen polygonalen Zellen und eingestreuten Spaltoffnungsinitialen (Abb. 20 a). Die ahnlich gebaute Epidermis der Unterseite zeigt schwach gewellte, mit Knotchen und kleinen Leisten be-

Abb. 19. Samenschale, Aufsicht. Vergr. etwa 200mal. Abb. 20. Keimblatte idermis Aufsicht. Vergr. a) Palisaden, Hocheinstellong. b) Palisaden, Tiefein- etwa XX)mal. af Oberseke. b) Unter- atellong. c) Trtigenellen seite

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setzte Zellwande (Abb. 20 b). Der Arillus ist aus groden, senkrecht zur Oberflache gestreckten, im Innern aus kleineren, wenig gestreckten Zellen mit kraftigen Wanden (Abb. 21) aufgebaut.

Bei der Untersuchung des Futtermittels werden - rnit Ausnahme der normalerweise nicht vorhandenen Bluten- und Fruchtteile - alle hier beschriebenen a l l - und Gewebeformen angetroffen. Da bei der Zer- kleinerung die Gewebe naturgemaS vorwiegend in der Langsrichtung auf- reiden, entsprechen die entstehenden Gewebetriimmer mikroskopisch meist fragmentarischen Langsschnittsbildern, wahrend Quer- schnittsbilder selten und nur in kleinen Bruchstiicken auftreten. Uberaus hHufig sind dagegen Aufsichts- bilder auf die Epidermis und das anhangenda Rinden- parenchym, die bei der Bearbeitung leicht in kleinen und groderen Fetzen von den festen inneren Geweben der Zweige und Dornen abplatzen. Durch die mehr oder weniger ausgepragte Langsstreckung und -reihung der Zellen und die dazu parallele Spaltenrichtung der Stomata sind sie sehr charakteristisch. An auf- Abb. 21. driiioS, Teil

gekrempelten Randern oder an schmalen, haufig ein- e i ~ w r . ’ ; t ~ $ ~ ~ ! . gerollten Epidermisstreifen erkennt man die dicken AuSenwande. Selten trifft man kleine Stiicke rnit Spaltoffnungsquer- schnitten. Solche Streifen zeigen auch Profilbilder des anhangenden F’alisadengewebes, das weit haufiger, ebenfalls in Zusammenhang mit der Epidermis, in Aufsichtsbildern anzutreffen ist. Vie1 weniger machen sich in entsprechenden Stiicken das Rindenparenchym der Furchen und das Kantenhypoderm bemerkbar. Zuweilen sind ganze Rippen herausgerissen, die dann Aufsichts- und Profilbilder von Epidermis und Palisaden sowie Faserbiindeln bieten. Losgeloste Fetzen des Rindenparenchyms sind ge- wohnlich stark zerdriickt und uncharakteristisch. Ein wichtiges Leit- element bilden natiirlich die Haare, die meistens oberhalb der Stielzelle abgebrochen sind und daher leicht einzellige Haare vortauschen. An ent- sprechenden Epidermisfetzen findet man die Haarbasen. Seltener siiid Epidermisfragmente jiingerer Partien, die noch den vollstandigen Haar- besatz zeigen. Die Fasern der Rippen und des Perizykels werden in Form isolierter oder noch einem groSeren Gewebekomplex eingebetteter Faser- biindel angetroffen. Blattfragmente sind nicht haufig und als solche nur erkennbar, soweit sie die von Fasern begleiteten Leitbundel mit einer geringen Zahl zarter Spiraltracheiden, Ring- und SchraubengefaSe ent- halten. Einen erheblichen Anteil nimmt das Holz ein, das sich teils in feinen, nur aus wenigen Zellen bestehenden Splittern, teils in groberen Spanen oder ziemlich dicken und recht undurchsichtigen Brocken vor- findet. GroSere Bruchstucke lassen auch in tangentialen, radialen oder (meistens) schiefen Bildern die Markstrahlen rnit ihren dickwandigen Zellen erkennen. Reichliches Vorkommen und allgemeine Leguminosen- struktur der Holzteilchen sowie die Dickwandigkeit der Markstrahlzellen sind kennzeichnend fur das Material. Reichlich vorhanden sind auch die dickwandigen, nadelstichig getupfelten Zellen des Marks in kleineren oder

10 *

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145 MIckel

groBeren Gruppen. Einzelne Stucke im Futtermittel sind so grob, daf3 sie nicht ohne weiteres mikroskopiert werden konnen. Es sind, wie man an Schnitten sieht, unvollstandig zerkleinerte Holzfragmente oder Stengel- bzw. Dornenstucke maSigen Durchmessers, die der Zerkleinerung bis auf die abgerissenen Rippen entgangen sind. SchlieSlich findet man in jedem Praparat die mehr oder minder beschadigten, ziemlich undurchsichtigen Stachelspitzen der Dornen und Nadelblattchen. Das aus zermahlenen Stechginstertrieben bestehende Futtermittel ist also durch die angegebenen Merkmale mikroskopisch gut charakterisiert und einwandfrei zu erkennen.

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