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Zwei Eisverkäufer am Strand Gleichmäßig verteilte Nachfrage Preis ist gegeben Nachfrager kaufen jeweils am nächstgelegenen Eisstand (Harold Hotelling, 1929) 1 Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum Exkurs: Hotelling-Problem

Zwei Eisverkäufer am Strand Gleichmäßig verteilte Nachfrage Preis ist gegeben Nachfrager kaufen jeweils am nächstgelegenen Eissta nd (Harold Hotelling,

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Page 1: Zwei Eisverkäufer am Strand Gleichmäßig verteilte Nachfrage Preis ist gegeben Nachfrager kaufen jeweils am nächstgelegenen Eissta nd (Harold Hotelling,

• Zwei Eisverkäufer am Strand• Gleichmäßig verteilte Nachfrage• Preis ist gegeben

• Nachfrager kaufen jeweils am nächstgelegenen Eisstand

(Harold Hotelling, 1929)

1Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum

Exkurs: Hotelling-Problem

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2.2 Das Hotelling-Problem

• Gesamtwirtschaftliches Optimum: Minimierung der gesamten Wegekosten

• Einzelwirtschaftliches Optimum: Gewinnmaximale Standorte bei dezentraler Entscheidung

• Werden beide übereinstimmen?

2Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum

Welches ist gesamtwirtschaftlich die optimale Standortwahl? (Q = a + b + c = Gesamtlänge des Strandes)

p

a b c

pk + t a

k + t ck + 0,5tb

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Gesamtwirtschaftliches Optimum2.2 Das Hotelling-Problem

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t = Wegekosten pro EntfernungseinheitT = Summe aller Wegekosten => min!k = konstante Stückkosten des Eisesp = (vorgegebener) Preis des Eises

Symbole/Annahmen:

a = 0,25Q b = 0,5Q c = 0,25Q

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Formaler Lösungsansatz für gesamtwirtschaftliches Optimum2.2 Das Hotelling-Problem

2222 0,5tc0,5t(0,5b)0,5t(0,5b)0,5taT

p

a b c

pk + t a

k + t ck + 0,5tb

Nebenbedingung: a + b + c = Q (Gesamtlänge des Strandes)

min!b)a(Q0,5ba0,5tT

c0,5ba0,5tT222

222

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Formale Lösung (1)2.2 Das Hotelling-Problem

222 b)(ab)2Q(aQb)a(Q 222 b2aba2Qb2QaQ

Daraus folgt:

]b2aba2Qb2QaQ0,5b0,5t[aT 22222

Partielle Differentiation nach a und b:

02b]2a2Q0,5t[bdb

dT

02b]2a2Q0,5t[2ada

dT

2a = b

(Hilfsrechnung)

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Formale Lösung (2)2.2 Das Hotelling-Problem

Einsetzen von 2a = b in dT/da = 0 liefert:

0,5Qb

2Q4b

02b)b2Q(b

02b)2a2Q0,5t(2a

Einsetzen in die Nebenbedingung a + b + c = Q liefert:

0,5b + b + c = 2b => c = 0,5b = a

Das heißt: alle Dreiecke müssen gleich groß sein!

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Grafische Interpretation 2.2 Das Hotelling-Problem

• Die Eisverkäufer müssen jeweils ein Viertel der Gesamtlänge des Strandes vom West- bzw. Ostrand entfernt stehen

• Der Abstand zwischen ihnen entspricht der Hälfte der Gesamtlänge des Strandes

• Die Nachfrage teilt sich 50:50 auf West und Ost auf

a 0,5b 0,5b c

Ergebnis

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Einzelwirtschaftliches Kalkül (1)2.2 Das Hotelling-Problem

• Annahme: Beide Eisverkäufer stehen am Anfang „richtig“ • Frage: Bleibt diese Allokation bei freier Wahl erhalten?

Absatzgebiet West Absatzgebiet Ost

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Einzelwirtschaftliches Kalkül (1)2.2 Das Hotelling-Problem

Absatzgebiet West Absatzgebiet Ost

Nein! Anreiz direkt neben den Konkurrenten zu ziehen.Ergebnis

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Einzelwirtschaftliches Kalkül (2)2.2 Das Hotelling-Problem

• Beide überholen sich immer weiter nach Westen, bis sie• schließlich in der Mitte sind!

• Dort kein Gewinn mehr durch weitere Standortverlagerung• möglich

Problem: Transportkosten insgesamt jetzt viel höher!

Absatzgebiet West Absatzgebiet Ost=

Weitere Folge

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Transportkosten Optimallösung:2.2 Das Hotelling-Problem

2222 0,5tc0,5t(0,5b)0,5t(0,5b)0,5taT

p

a b c

pk + t a

k + t ck + 0,5tb

Optimalbedingung: a = c = 0,5 b = 0,25Q (s.o.)

2222

222

222

125,0625,02)25,0(2

)25,0(5,0)25,0()0,5t(0,25QT

5,0)5,0)(5,0(20,5taT

tQQtQtT

QtQt

tcbt

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Transportkosten Marktlösung:2.2 Das Hotelling-Problem

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225,0

)5,0)(5,0(5,0)5,0)(5,0(5,0T

tQT

QtQQtQ

0,5tQ 0,5tQ

0,5Q 0,5Q

d.h. die Transportkosten der Marktlösung sind doppelt so hochwie die Transportkosten der effizienten Lösung

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Schlussfolgerungen / Kritik (1)2.2 Das Hotelling-Problem

• Markt führt hier offenbar zu suboptimalem Ergebnis• Allerdings: Dyopol ist kein wirklicher Wettbewerb• Bei mehr als zwei Anbietern immer stärkere Annäherung an

optimale Lösung• Letztlich eher interessante Denksportaufgabe als ernsthafter

Einwand gegen Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs im Raum• Trotzdem lange Zeit großer Einfluss auf regionalökonomisches

Denken

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Schlussfolgerungen / Kritik (2)2.2 Das Hotelling-Problem

• Bei drei Anbietern ergibt sich die unter Transportkosten-gesichtspunkten optimale, symmetrische Verteilung (Eaton/Lipsey 1975).

• Bei einer beliebigen Steigerung der Anbieterzahl können sich Verteilungen mit dispers verstreuten und im Zentrum konzen-trierten Unternehmen ergeben (Economides 1993, Brenner 2001), die zumeist effizient sind.

• Bei einer kreisförmigen Ausdehnung, bspw. einer Stadt mit Ringstraße, ergibt sich eine symmetrische, i.d.R. effiziente Verteilung (Salop 1979).

Variation der Anbieter

Variation der Marktausdehnung

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Schlussfolgerungen / Kritik (3) 2.2 Das Hotelling-Problem

• Mit zunehmender Entfernung werden die Nachfrager auf den Konsum verzichten; vollständige Konzentration im Zentrum wird unrealistisch (Tirole 1995); Ineffizienz bei nur zwei Anbietern bleibt erhalten.

• Das im Preiswettbewerb unterliegende Unternehmen wird entweder verdrängt oder muss seinen Standort aus dem Zentrum verlagern (d‘Aspremont 1983); die Lösung bleibt ineffizient.

Positive Preiselastizität der Nachfrage

Unterschiede in der Produktionsfunktion

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Weiterführende Literatur2.2 Das Hotelling-Problem

• Eaton, B. Curtis, Lipsey, Richard G. (1975) The Principle of Minimum Differentiation Reconsidered: Some New Developments in the Theory of Spatial Competition, in: Review of Economic Studies, Vol. 42, S. 27 - 49.

• Brenner, Steffen (2001) Hotelling Games with Three, Four and More Players, Arbeiten des Sonderforschungsbereich 373 an der Humboldt-Universität, Berlin.

• Economides, Nicholas (1993) Hotelling’s „Main Street“ with More than Two Competitors, in: Journal of Regional Science, Vol. 33, No. 3, S. 303 - 319.

• Salop, Stephen C. (1979) Monopolistic Competition with Outside Goods, in: Bell Journal of Economics, Vol. 10, S. 141 - 156.

• Tirole, Jan (1995) Industrieökonomik, München. • d' Aspremont, Claude, Gabszewicz, J. Jaskold, Thisse, Jacques F. (1983)

Product Differences and Prices, in: Economic Letters, Vol. 11, S. 19 - 23.• Gupta, Barnali, Pal, Debashis, Sarkar, Jyotirmoy (1997) Spatial Cournot

Competition and Agglomeration in a Model of Location Choice, in: Regional Science and Urban Economics, Vol. 27, S. 261 - 282.

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