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QuantenchemiefarbigerStoffemitHeisenbergundEinsteinGünterBaars

1. ZusammenfassungDas20.JahrhundertbegannmiteinemnaturwissenschaftlichenPaukenschlag:MaxPlanckgabam14.12.1900bekannt,dassStoffeLichtnurmiteinerbestimmtenEnergieaussendenkönnen.WeiterebedeutendeForscherebnetendenWegzurEntwicklungderQuantentheorie:P.vonLenard,A.Einstein,N.H.Bohr,A.Sommerfeld,L.V.deBroglie,C.Davisson,L.Germer,W.Heisenberg,E.Schrödinger,W.Pauli,M.Born,P.A.M.Dirac,R.Feynman...DervorliegendeAufsatzzeigteinemehrfachpraxiserprobteMöglichkeitzurErarbeitungdieser„Sternstunden“mitGymnasiasten.2.SternstundenaufdemWegzurQuantentheorieMittedes19.Jh.beschäftigtesichG.Kirchhoff(1824-1887)mitdenEigenschaftenderWärmestrahlung,dievonerhitztenMetallenausgesendetwird.DerForschererkannte,dassdieseStrahlungausverschiedenenFrequenzenbzw.FarbenzusammengesetztundunabhängigvondenMaterialeigenschaftenist.MithilfeeineserhitztenmetallischenHohlkörpers,ausdemdie„schwarzeStrahlung“durcheineÖffnungaustretenkonnte,liessensichFarbeundTemperaturdesKörperssehrgenaubestimmen.Esgelangjedochnicht,eineFormelzufinden,mitderdasEmissionsvermögendesschwarzenKörpersvorausgesagtwerdenkonnte.EswarMaxPlanck,demdieLösungnachjahrelangerArbeitimJahr1900gelang(PlanckschesStrahlungsgesetz;dafürNobelpreis1919).

DamitbegannderSiegeszugderQuantentheorie,dienichtnurimTheoretischenstehenblieb,sondernauchnachundnachdenAlltagderMenscheneroberte.DieFaszinationderMaterie,dieüberragendenLeistungenderForscher,wieauchderAlltagsbezug(Elektronen-undRastertunnelmikroskopie,Quantenpharmakologie,Laser,FarbigkeitvonStoffenusf.)sindGründegenug,diesesbegeisterndeStückNaturwissenschaftsgeschichtezumThemadesgymnasialenUnterrichtszumachen.Hierbeigiltes,einegeschickteAuswahlzutreffen,diewichtigstenMeilensteineanschaulichdarzustellenunddenBogenzurErlebnisweltderSchülerzuschlagen.ImFolgendensollenzunächstdieseMeilensteine,diemiteinerFüllevonNobelpreisenausgezeichnetwurden,knappdargestelltwerden,bevorabAbschnitt3derBogenzumkonkretenUnterrichtgeschlagenwird.MaxPlanck(1858-1947)MaxPlanckwarunsicher,welchesFacherstudierensollte.DervielseitigBegabtedachteanMusik,AltphilologieoderPhysik.VomMusikstudiumwurdeihmabgeraten(„wennSieschonfragen,studierenSieetwasanderes“)undebensovonderPhysik.ProfessorPhilippJollyinMünchen:„InderPhysikistimWesentlichenschonalleserforscht,undesgibtnurnocheinigeunbedeutendeLückenauszufüllen“(Hermann,2000).ZumGlückfürdieNaturwissenschaftenhatsichMaxPlancktrotzdemfürdasStudiumderPhysikentschieden.NachjahrelangerArbeitgelangesihm,wiebereitserwähnt,dasProblemder„schwarzenStrahlung“zulösen.DamitdieErgebnisseseinerFormelmitdenexperimentellenDatenübereinstimmten,mussteerdieHilfsgrösseheinführen,diesichalsdritteNaturkonstantenebenderLichtgeschwindigkeitundderGravitationskonstantenerwies.FürPlanckwaresdamalsklar,dassdasLichtvondenAtomendesKörpersausgesendetwird,obwohlderatomareAufbauderMateriedamalsnochumstrittenwar.Überraschendundunverständlichwarjedoch,dassdasLichtvondenAtomennichtkontinuierlich,sondernalskonkreteEinheitenausgesendetwurde.FürdieAtomemusstendemnachdiskreteZuständeexistieren,diedurch„Quantensprünge“getrenntsind.AlbertEinstein(1879-1955)EinsteingelangteaufgrunddesFotoeffekts1905zurErkenntnis,dassesnebendenLichtwellenauchnochLichtteilchengibt:Welle/Teilchen-DualismusfürdasLicht.(DieEnergie,dievonLicht

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aufElektronenübertragenwird,hängtnichtvonderIntensität,sondernvonderFrequenzdesLichtsab!).„NachderhierinsAugezufassendenAnnahmeistbeiAusbreitungeinesvoneinemPunkteausgehendenLichtstrahlesdieEnergienichtkontinuierlichaufgrösserundgrösserwerdendeRäumeverteilt,sondernesbestehtdieselbeauseinerendlichenZahlvoninRaumpunktenlokalisiertenEnergiequanten,welchesichbewegen,ohnesichzuteilenundnuralsGanzesabsorbiertunderzeugtwerdenkönnen“(Einstein,1905;dafürNobelpreis1921).LouisdeBroglie(1892-1987)DeBrogliebezogsichaufEinsteinsLichtquanten,alser1924inseinerDoktorarbeit„RecherchessurlathéoriedesQuantes“denWelle/Teilchen-DualismusaufMaterieteilchenübertrug:AlleshatseineWellenlänge(dafürNobelpreis1929);EinführungderMateriewellen.DochderexperimentelleBeweisfehltenoch.ClintonDavisson(1881-1958)undLesterGermer(1896-1971)BeideForscherlenkten1927einenElektronenstrahlaufeinenNickel-Einkristall.MithilfedesdadurcherzeugtenBeugungsmusterskonntensiedenElektroneneineWellenlängezuordnen,dieexaktmitdemtheoretischenWertvondeBroglieübereinstimmte(NobelpreisfürDavisson1937).WernerHeisenberg(1902-1976)Heisenberggelang1925einemathematischeBeschreibungderAtomemithilfederausSpektrenermitteltenSchwingungsfrequenzenundAmplituden(Intensität),diedenWelleneigenschaftenderElektronenentsprechen.DiefürdenForscherdamalsneueMathematik,dieerintuitiventwickelthatte,erwiessichalsdiebereitsbekannteMatrizenrechnung(Nobelpreis1932).ErwinSchrödinger(1887-1961)Schrödingerformulierte1926,ausgehendvomWelle/Teilchen-ModelldeBroglies,einegrundlegendeBewegungsgleichungfüratomareTeilchen(Schrödinger-Gleichung).Siebesitzt,imRahmengewisserRandbedingungen,nurLösungenfürbestimmteEigenwerte,diediemöglichenEnergiendesuntersuchtenSystems(z.B.desWasserstoff-Atoms)liefern(dafür1933Nobelpreis).Mitihrlässtsichu.a.dieAmplitudeψ(psi)vonMateriewellenberechnen.DiemathematischenFormulierungenvonHeisenbergundSchrödingerführenzudengleichenVorhersagenfürElektronensysteme,sindalsogleichwertig.MaxBorn(1882-1979)Borndeutetedie„mathematischenWellen“vondeBroglieundSchrödingerderart,dassdasQuadratderAmplitudeψ(Psi)derWellenfunktion,dieeinElektronbeschreibt,derWahrscheinlichkeitentspricht,dasElektronineinembestimmtenRaumbereich(VolumenelementdV)anzutreffen(Elektronendichte).DieseFestlegungtrafBorninAnlehnungandieelektromagnetischeStrahlung,beiderdieWahrscheinlichkeit,einPhotonineinemBeugungsbildanzutreffen,demQuadratderelektrischenFeldstärkeE(der„Amplitude“)direktproportionalist(Nobelpreis1954).3. QuantenchemiealsLehrstückindergymnasialenOberstufeEinedergrösstenErrungenschaftendes20.Jahrhundertistzweifellos,nebenderRelativitätstheorie,dieQuantenmechanik,dieu.a.zueinemvertieftenVerständnisinderWissenschaftChemieführte.Dieseneue,faszinierendeBetrachtungsweisederMateriekannundsollInhaltdesgymnasialenUnterrichtssein.WieaberlässtsichdieÜberfülleangenialenEntdeckungen(„Sternstunden“),wiesieobenanhandderBeiträgezahlreicherNobelpreisträgerbeschriebenwurden,mitdenSchülernerarbeiten?EineMöglichkeitdazubietetdieLehrkunstdidaktik,wiesievonMartinWagenscheinbegründetundvonChristophBergweiterentwickeltwurde:SternstundenderMenschheitimUnterricht,exemplarisch,genetisch(WegderErkenntnisgewinnung)unddramaturgisch.

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DashiervorgestellteLehrstückbedientsicheinerDramaturgie,wiesieu.a.invielenOpernzumTragenkommt.InderOuvertüretönenMotivenochunbekanntundunvertraut,aberimVerlaufederverschiedenenAkteklarer,kräftiger,bekannterundallmählichimmervertrauter,umimFinalenochmalsvorgeführtzuwerden.BeispielhaftistdiesesVorgehenim„Tannhäuser“vonRichardWagnerverwirklicht:

Abb.1:AusschnitteausderPartiturdesTannhäusers,linksOuvertüreundrechtsSchlussdes3.Akts(Heimkehr-ChorderälterenPilger);R.WagnerDasLehrstückzurQuantenchemie,dasdiebeschriebenenSternstundenderMenschheitexemplarischzumThemaaufzeigtunddabeidenWegderErkenntnisgewinnunggeht(genetisch),wurdemehrereMaleanverschiedenenGymnasieninszeniert.EsbietetdenSchülernGelegenheit,denaufregendenWegvonderFragenachElektronenbahnenüberdieGrundaussagenderQuantenchemiebiszurModellvorstellunginBezugaufdasWesenderFarbigkeitvonStoffenzuverfolgen.DasLehrstückistbereitsinBuchformimhep-Verlag(Bern)erschienen(Baars,2011a).Gliederung Umfang InhaltOuvertüre 4Stunden ExistierenElektronenbahnen?

DiskussionHeisenberg/Einstein;derTausendblumenteppichundseineFarben;PhenylpolyenaleundihreFarbsalze

I.Akt 4Stunden Wasschwingtdennda?Transversal-undLongitudinalwellen;fortschreitendeharmonischeWellen;konstruktiveunddestruktiveInterferenz;stehendeWellen;schwingungsfähigeSysteme

II.Akt 5Stunden Licht:WelleoderTeilchen?Beugung;FotoelektrischerEffekt;Photon;HeisenbergundEinstein

III.Akt 3Stunden Elektronen:WelleoderTeilchen?Kathodenstrahlrohr;Linienspektren;Elektronenbeugung;ElektronenmitdiskretenEnergiezuständeninAtomen;PhenylpolyenaleundihreFarbsalze

IV.Akt 3Stunden DereindimensionaleKasten;dasElektronengas-Modell DasElektronimeindimensionalenKasten;farbigeStoffeundeindimensionalerKasten;BerechnungderAnregungsenergie

V.Akt 6Stunden DasElektronengas-ModellaufdemPrüfstandFunktionsweiseeinesSpektralfotometers;MaximaleAbsorptionvonCyaninen,PhenylpolyenalenundihrenFarbsalzen(experimentell);CyanineunddasElektronengas-Modell;PolyeneunddasElektronengas-Modell;derKorrekturfaktorVkorr;Phenylpolyenale,ihreFarbsalzeunddasElektronengas-Modell

Finale 1.5Stunden PhenylpolyenaleundihreFarbsalze;derTausendblumenteppichundseineFarben;DiskussionHeisenberg/Einstein

Tab.1:GliederungdesLehrstücks„QuantenchemiefarbigerStoffemitHeisenbergundEinstein“

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4. KurzbeschreibungdereinzelnenAkteOuvertüre(4Stunden)AusgangspunktisteinAusschnittausderAutobiografieHeisenbergs(1969).DarinberichteterüberseinRingenumdasVerständnisderSpektrallinienhocherhitzterElementesowieübereineDiskussionmitEinsteinüberdieFragenachderExistenzvonElektronenbahnenindenAtomen.DieSchülerwerdendabeimitzahlreichenneuenBegriffenkonfrontiertwieLinienspektren,Frequenz,Amplituden,elektrischesFeld,dienichtabschliessendverstandenwerdenkönnen.ParalleldazudientderTausendblumenteppichausderBurgunderbeutederEidgenossenschaft(SchlachtbeiMurten,1476;HistorischesMuseumBern)alsStudienobjektzumPhänomenFarben.DieseunterscheidensichaufderRück-bzw.VorderseitedesTeppichsdeutlich,ohnedasssichdafüreineBegründungfindenlässt.SchliesslichwerdenPhenylpolyenaleundihreFarbsalzemiteinfachenReaktionenvorgestellt.OffeneFragen:WelcherZusammenhangbestehtzwischenElektronenbahnenundLicht,Frequenz,Intensität(Helligkeit,Amplitude)sowieFarben?WeshalbverblassenFarbenamSonnenlicht?WarumverblasstdiegelbeFarbestärker(schneller)alsdieblaue?WeshalbhabenLewis-FormelnderMolekülefarbigerStoffevielekonjugierteDoppelbindungenundsehrvieleRingsysteme?WannsindStoffeüberhauptfarbigundwaspassiertaufmolekularerEbenederPhenylpolyenalebeiFarbveränderungen?

Abb.2:PhenylpolyenaleundihreFarbsalze(Foto:RogerDeuber)I.Akt:Wasschwingtdennda?(4Stunden)ExperimentellwerdendiewichtigstenPhänomeneundBegrifferundumdieWellenlehreerarbeitet.ZielistdieErkenntnis,dassschwingungsfähigeSystemenurganzbestimmteZustände,stehendeWellen,einnehmenkönnen.II.Akt:Licht,WelleoderTeilchen?(5Stunden)MithilfeeinerKerzeunddemSpaltzwischenzweiFingernstudierenwirdasdabeizubeobachtendeBeugungsbild.PerfektioniertmiteinemLaserstrahlundeinerLochblendeerweistsichdasBeugungsbildalsdasErgebniskonstruktiverunddestruktiverInterferenzvonLichtwellen.EinBeugungsmusterlässtsichnurmiteinemWellenmodellerklären.DerFotoelektrischeEffekt,demonstriertaneinemZinkblechundeinemElektroskop,führtzumTeilchenmodelldesLichts(Einstein;Nobelpreis).DasQuadratderAmplitudesagtnichtnuretwasüberdieHelligkeit(Intensität)vonLichtaus,sondernauchüberdieWahrscheinlichkeit,einPhotonineinembestimmtenRaumpunktanzutreffen.III.Akt:Elektronen,WelleoderTeilchen?(3Stunden)DasKathodenstrahlrohrliefertdieMasseunddieLadungeinesElektrons.DieZerlegungdesLichtsvonangeregtemWasserstoff,Heliumbzw.QuecksilbermithilfeeinesPrismasführtjedochzurErkenntnis,dassElektroneninAtomennurganzbestimmteEnergiezuständeeinnehmenkönnen.EinAtomverhältsichwieeinschwingungsfähigesSystem,indemdieElektronenWelleneigenschaftenaufweisen.MitdemQuadratderWellenfunktionen(Materiewelle)erhältmandieWahrscheinlichkeit,einElektronineinembestimmtenRaumbereichanzutreffen(Max

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Born).PrinzipiellhatjedesTeilchenauchWelleneigenschaften,wiedeBroglieinseinerDoktorarbeitmitderberühmtenFormel𝜆 = !

!∙!postulierthatteundwieesvonDavissonund

Germerexperimentellnachgewiesenwurde.IV.Akt:DereindimensionaleKasten;dasElektronengasmodell(3Stunden)AusgehendvondenLewis-FormelnderPhenylpolyenaleunddenWelleneigenschaftenderElektronenlässtsichdieFragebeantworten,wannStoffefarbigsind.LiegtdieAnregungsenergievonElektronen,𝜋-Elektronen,imBereichdessichtbarenLichts,sokommteszurAbsorptioneinerbestimmtenWellenlänge(Farbe).Das„Restlicht“wirdreflektiertunderzeugtimmenschlichenHirndenFarbeindruck,derderKomplementärfarbederabsorbiertenFarbeentspricht.MithilfeeinfacherÜberlegungenundgeringemmathematischemAufwandwirddasModelldeseindimensionalenKastens(Elektronengas-Modell)erarbeitet,mitdemVoraussagenüberdieAbsorptionsenergie,unddamitüberdieFarbeeinesStoffsmöglichsind.V.Akt:DasElektronengas-ModellaufdemPrüfstand(6Stunden)FürdieCyanine,PolyeneundPhenylpolyenalewerdendieAnregungsenergienberechnetundmitdentabellierten(Cyanine,Polyene)bzw.denimKlassenverbandgemessenenWerten(Phenylpolyenale)verglichen.DamiterhältmanAntwortenaufdieFrage,wieMolekülebeschaffenseinmüssen,damitdieentsprechendenStoffefarbigsind:GrössedesSystemskonjugierterDoppelbindungensowiedieArtderEndgruppenindenMolekülen.Finale(1.5Stunden)SpiegelbildlichzurOuvertürebeginntdasFinalemitdemFarbenreichtumderPhenylpolyenaleundleitetdannüberzumTausendblumenteppichunddendaraufzubeobachtendenFarbveränderungen.SchliesslichlesendieSchülernochmalseinigeAusschnitteausdemDisputHeisenberg/Einstein,nunabermitdemVerständnis,dasimVerlaufedieserUnterrichtseinheiterarbeitetwurdeundmitderursprünglichundinzwischenbestätigtenBehauptungvondeBroglie,dass„allesseineWellenlänge“hat.5. BlitzlichterausdemUnterrichteinerPrima(12.Jahrgangsstufe)desGymnasiumsBernNeufeld

5.1OuvertüreWirlesendenTextvonHeisenberg.ManuelunterbrichtdasTextstudiummitderBemerkung,dassersicherinnere,schonetwasüberdas„Wasserstoffspektrum“gelesenzuhaben,dasPhänomenhingegenkenneernicht.Ich

entschliessemichspontan,eindazupassendesExperimentvorzuführen.DazuholeichdasnötigeMaterialausderChemiesammlung,schliessedieverschiedenenKomponentenzusammenundverdunkledasUnterrichtszimmer.IneinerGlasröhre(Wasserstoffröhre)befindensichelementarerWasserstoffsowiezweiElektroden.NachdemAnlegeneinerSpannungfängtderWasserstoffinderRöhrezuleuchtenan.NikolauserinnertdasPhänomenaneineLeuchtstoffröhre,wobeiergleichhinzufügt,dassElektronenBahnenwechselnunddabeiLichtabgeben.Simonergänzt,dassElektronenindenElektronenschalenumherwandern,undzwarvoneinemenergiereichenzueinemenergieärmerenZustand.NunbetrachtendieSchülerinnenundSchülerbeiabgedunkeltemKlassenzimmerdasLichtmithilfeeinesHandspektrometers,dasein

Glasprismaenthält.

Abb.3:Wasserstoffröhre.

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„Ichsehenureinigewenige,klarbegrenzteFarblinien“,höreichvoneinerSchülerin;„dasLichtwirdgespalten“fügtMelaniehinzu.„Komisch“,meinenNikolausundKilian,„dasLichtdesWasserstoffsistdochannäherndweissundmüsstedemnachalleFarbendesRegenbogensenthalten“.AuchSimonfindet,dassjedesLichteineMischungallermöglichenFarbenist.Erverbessertsichjedochsofort„nein,nichtallerFarben“.OhnenähereErklärungenabzugeben,weiseichdaraufhin,dassLichtvonheissenGasenoderMetalldämpfennichtalleFarbendesRegenbogensenthält.DieseStoffe

(Elemente)zeigeneinjeweilscharakteristischesSpektrummitganzbestimmtenFarblinien.MithilfederartigerLinienspektrenlassensichz.B.dieElementeeinesSternsbestimmen.

Abb.5:LinienspektrumdesWasserstofflichtsDerBerichtvonHeisenbergerwähntdie„IntensitätderLinienimWasserstoffspektrum“,fürdiederForscherdie„richtigenFormeln“findenwollte;diesmisslangihmjedoch:„IchgerietineinundurchdringlichesDickichtvonkompliziertenmathematischenFormeln,ausdemichkeinenAuswegfand.AberbeidiesemVersuchbefestigtesichinmirdieVorstellung,dassmangarnichtnachBahnenderElektronenimAtomfragendürfe,sonderndassdieGesamtheitderSchwingungsfrequenzenundderdieIntensitätderLinienbestimmendenGrössen(dersogenannten

Amplituden)alseinvollwertigerErsatzderBahnengeltenkönnte.JedenfallskonntemandieseGrössenjadirektbeobachten.“Nachdemwirgeklärthaben,dassdieIntensitätvonLicht,vereinfachtausgedrückt,derHelligkeitentspricht,wendenwirunsderFragezu,wiedieElektronenvoneinemEnergiezustandzumnächstengelangen.HeisenbergscheintjadieExistenzvonBahnenabzulehnen!ZuerstmüssenwirunsjedochnochübereinigeBegriffeklarwerden.DieFrequenzist,wieLuismeint,der„AbstandzwischenHoch-undTiefpunkt“.Kiliansprichtvom„AbstandzwischenzweiWellenkämmen“.DésiréeklärtdieFragemitderrichtigenAntwort:„DieFrequenzgibtdieAnzahlSchwingungenproZeiteinheitan.“Simonergänzt,dassessichbeidenAmplitudenumdiemaximaleAuslenkungvonWellenhandeltunddassdieBegriffeFrequenz,AmplitudeundIntensität(Helligkeit)anscheinendzusammengehören.[...]

EinanderWanddesSammlungsraumshängendesPlakat,dasanlässlicheinerAusstellungüberdieBurgunderbeutedesHistorischenMuseumsinBernimJahr1994geschaffenwurde,istderAusgangspunktunserernächstenBetrachtungen.

WirstudierennunmithilfevonzweiDiaprojektoren

verschiedeneAusschnittedesTeppichsundzwarvonderVorder-wieauchvonderRückseite:

Abb.4:AnalysedesWasserstofflichtsmiteinemHandspektrometer.

Abb.6:PlakatzurAusstellung„Burgunderbeute“imHistorischenMuseumBern(1994).

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Abb.7:Tausendblumenteppich;HistorischesMuseumBern;linksRückseite,rechtsVorderseite.[...]NunbetrachtenwirdieGrüntönederPflanzenaufderVorder-undRückseitedesTeppichs.Miro:„Siesindpraktischgleich.“Nikolaus:„DasWeissleuchtetnichtmehrsoaufderRückseite.“DasGelächterderKlasseweistNikolausdaraufhin,dasswireigentlichbeiderBetrachtungdergrünenTönesind!Anna:„DieGrüntönesindaufbeidenSeitenähnlich,dasGelbistblasser.“Pascal:„DasGrünistaufderVorderseiteblasser.“Jan:„AufderVorderseiteistdasGrünetwasblauer.“WirbetrachtendieAbbildungennochmalsgenauerundstellentatsächlichfest,dassdiegrünenTöneaufderTeppichvorderseiteeinenstarkenBlaustichhaben.EinigeSchülerinnenundSchülerwissen,dassmanbeimGrünfärbendieWollfaserzuerstgelbeinfärbtundanschliessendblauüberfärbt.DieeherblaueFarbeaufderVorderseitedesTeppichsdeutetalsodaraufhin,dassdiegelbeKomponentestärkerunterderSonneneinstrahlunggelittenhatalsdasBlau.DieseAussagebestätigtsichbeimBetrachtendergelbenFarbeaufderVorder-undRückseitedesTeppichs,dieaufderVorderseitesehrstarkverblasstist.UmnundenBogenvomPhänomenzurChemiezuschlagen,schreibeichdieLewis-FormelnderfärbendenInhaltsstoffederfürdenTeppichverwendetenNaturfarbstoffeandieTafel[...].5.2II.Akt[...]DerFotoelektrischeEffektwurdemithilfeeinesElektroskopsqualitativdemonstriert.Wirversuchen,dasPhänomenmithilfedesWellenmodellsvonLichtzuverstehen.Luiserklärtspontan:„LichtkannkeineWellesein,obwohlwirdiesbeiderBeugungserscheinunggesehenhaben.“MeineErgänzung:„BeidiesemExperiment,demFotoelektrischenEffekt,scheintdasWellenmodellzurErklärungderBeobachtungennichtzugenügen.“Lea:„VielleichtistdieFrequenzzutief.VielleichthabendieElektronenEnergieverloren,bisdienächsteAnregungvonderelektromagnetischenWellekommt.“VerschiedeneStimmenbemerkenzuderzuletztgemachtenAussagevonLea,dassLichtdochimmerdaseiundkeinePausenmache.Cristina:„VielleichtistLichtverschiedenzusammengesetzt;eventuellhatesnebenderWellen-aucheineandereNatur.“LuiswirftunsdasStichworthin:„Teilchen.“IchgreifedenBallauf:„WiemussmansichdasLoslösenderElektronenvorstellen,wenndasLichtauseinemTeilchenstrahlbesteht?“Jan:„DerAufprallderLichtteilchenführtzurAblösungderElektronenimMetall.WenndieLichtteilchenzuschwachsind,dannkommteszukeinemFotoelektronenstrom.“IchvergleichedieSituationmitTennisbällen,dieaufdieWanddesSchulzimmersprallen.DieseführenzukeinerVeränderungamMauerwerk.NimmtmanhingegenStahlkugelnmiteinerhohenGeschwindigkeit(z.B.durcheineSchleudererzeugt),sowirddieWandinkürzesterZeitzerbröseln.DasLichtmussalsobeiunseremExperimentalseinTeilchenstrahlbetrachtetwerden,derjenachFrequenzdesLichtsausLichtteilchenunterschiedlicherEnergiebesteht.HabendieLichtteilchen,diealsPhotonenbezeichnetwerden,eineminimaleEnergie,sokönnensieElektronendesMetallsfreisetzen.Andernfalls,wenndieEnergieunterdiesemMinimumliegt,lassensichkeineElektronenlösen.CristinahatdenentscheidendenPunkterkannt:„DieEnergiehängtvonderFrequenzdesLichtsab.“LuiserscheintdieseAussagesehrgewagtundergibtzubedenken,dassnachdieserAussagedasWellenmodell(Frequenz)mitdemTeilchenmodell(EnergievonPhotonen)vermischtwird[...].

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5.3III.AktDasWasserstoffspektrumLuis:„WoElektronenaufdieWasserstoff-Atomeauftreffen,leuchtetesauf.“LeaistnichtdieserAnsicht.Cristinaglaubt,dierichtigeAntwortgefundenzuhaben:„DurchdieElektronen,dievonderKathodezurAnodefliegen,erhaltendieWasserstoff-AtomemehrEnergieundleuchten.“IchmachedieKlassedaraufaufmerksam,dasswirdemWesendesLichtsaufderSpursindundstelleganzallgemeindieFrage,wiedennLichtüberhauptzustandekommt.Désirée:„ElektronenimAtomkern.“MeinzweifelnderBlicklässtsieunsicherwerdenundsieverbessertsich:„DurchdieElektroneninderAtomhülle.“Nikolaus:„Jenachdem,wiehochdieElektroneninderHülleangeregtwerden,kommteszuverschiedenemLicht,daesjaverschiedeneElektronenschalengibt.DieangeregtenElektronenfallenherunter,wobeiEnergiefreiwird.“Stefanie:„DieEnergiewirdinFormvonLichtfrei.“Luis:„DieEnergie,diefreiwird,verwandeltsichinLichtteilchen.“MeinelautgeäusserteÜberlegung,wieichherausfindenkann,welcheEnergienfreiwerden,beantwortetKilian:„WirkönnendasWasserstofflichtmiteinemPrismazerlegen,sowiewirdasmitdemLampenlichtgemachthaben.“DieSchülerinnenundSchülerbetrachtennundenleuchtendenWasserstoffmiteinemHandspektrometer.

Abb.8:UntersuchungdesWasserstoffspektrums.Luis:„MansiehtnureinzelneFarblinien,nämlichViolett,BlauundRot.“Cristina:„IchseheauchnocheinegelbeLinie.“NacheinigerZeithabenalledierichtigeReihenfolgederfarbigenLiniengesehen,wobeisichCristinaanscheinendgetäuschthat:Rot,Grünblau,Blau,Violett

Abb.9:LinienspektrumdesWasserstofflichtsIchbittemeineSchüler,dieLeuchtstoffröhrendesUnterrichtszimmers,dieicheingesschaltethabe,ebenfallsmitdemHandspektrometerzubetrachten.Luis:„IchsehedasgesamteSpektrum,wobeijedocheinzelneFarblinienhervorstechen:Rot,Grün,Violett.“Cristina:„IchsehenebendemgesamtenSpektrumdieLinienBlau,Grün,Orange.“AuchhiergehteseinigeZeit,biswiralleLinienbeisammenhaben:Rot,Gelb,Grün,Blau,Violett,Violett

Abb.10:LinienspektrumdesQuecksilberlichts

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WirerörternjetztdieUnterschiedederSpektren,diewirvoneinerLampe,demWasserstoffgasundderLeuchtstoffröhreanalysierthaben.InderLeuchtstoffröhrebefindetsichQuecksilbergas.Baldeinmalhabenwirerkannt,dassmankontinuierlicheSpektren(Lampenlicht,Sonnenlicht,LichtderSubstanzamLeuchtröhrenglas)vonLinienspektren(Wasserstoff,Quecksilber)unterscheidenmuss.Janerklärtuns,dassjedesElementeineigenes,charakteristischesLinienspektrumerzeugt,wenndieAtomeangeregtwerden.„JedesElementhatinseinenAtomeneineunterschiedlichbesetzteAnzahlvonElektronenschalen.DamitsinddieElektronenjedesMalvomKernandersgebunden.“AufmeineBemerkunghin,dassesanscheinendkeinProblemmitderVorstellunggibt,ElektronenaufverschiedeneSchalenzubefördern,antwortetBenjamin,dasswirdieElektronenalsTeilchenansprechen,diesomitauchverschiedeneAbständevomAtomkerneinnehmenkönnen.Ichgebezubedenken,dasseinKörperjedenbeliebigenAbstandvonderErdoberfläche(vomErdmittelpunkt)habenkann.EinElektronsolltesichdamitebenfallsinjedembeliebigenAbstandvomAtomkernaufhaltenkönnen.DasausgestrahlteLichtderElementemüsstefolglichinjedemFalleinkontinuierlichesSpektrumliefern.Luiswendetein:„DieElektronenhaltensichnuraufbestimmtenSchalenauf.“Ichbleibehartnäckigundwiederhole,dasseinElektron,daswiralsTeilchenbetrachten,jedenAbstandvomAtomkerneinnehmenkannunddamitallemöglichenEnergienvorkommenmüssten.AnnaunterbrichtdieaufmeineAusführungenhineingetreteneStille:„DieElektronenbewegensichinWellenbewegungenumdenAtomkern.“EsfolgtdiegleicheratloseStille[...].„WelcheSystemesindbekannt,dienurganzbestimmteZuständeeinnehmenkönnen?“Katya:„EineLuftsäuleineinemBlasinstrument.“Benjamin:„EinschwingungsfähigesSystem.“Ichfügehinzu,dassdiesauchfüralleStreichinstrumente,eineFederetc.gilt.AllmählicherinnernsichmeineSchülerandieinderOuvertürebereitsdiskutiertenPhänomeneunddieFolgerungen,diewirdarausgezogenhaben.WenndasLichtvonleuchtendenElementgasennurausganzbestimmten„Farblinien“besteht,dannkönnendieElektronennichtjedenbeliebigenEnergiezustandineinemAtomeinnehmen.„DieNaturwissenschaftlerkamenindererstenHälftedes20.Jh.zuderüberraschendenÜberzeugung,dassAtomealsschwingungsfähigeSystemezubetrachtensind,indenendieElektronen(modellmässig)dreidimensionalestehendeWellenumdenAtomkernbilden(Materiewellen)“,ergänzeich.Lichtkommtalsodadurchzustande,dassbeiAnregung(z.B.durchElektroneneinerStromquelle)dieElektronenderAtomeinhöhereEnergiezuständeübergehen.AnschließendfallensiejedochwiederindenGrundzustandzurückundgebenbeidiesemÜbergangjeweilseinPhotonimsichtbarenBereichab.JenachderabgegebenenEnergieerzeugendanndiesePhotonendurchunserSehorgandenEindruckvonRot,Blau,Violettetc.DiesichtbarenFarbeneinesLinienspektrumszeigenunsalsodieEnergiedifferenzenzwischendemGrundzustandundeinemangeregtenZustandderElektronen.5.4Finale

TausendblumenteppichWirwendenuns,wieinderOuvertüre,nochmalsdemPlakatmitdemTausendblumenteppichzu.DieWolledesTeppichswurdemitNaturfarbstoffenausderNaturgefärbt.DieSchülerwissennoch,dassdieMolekülederFarbstoffekonjugierteDoppelbindungenenthalten.DieChemikerhabensolcheMolekülenachgebautundkönnenheutedurchVariationderMoleküllängeundderEndgruppenpraktischjedenbeliebigenFarbtonherstellen.AlsBeispielhabenwirdiePhenylpolyenalekennengelerntundmitihnenkonntenwirdieAbhängigkeitderFarbigkeiteinesStoffsexperimentellherleiten.Miro:„DieroteFarbeistpraktischvollständigverschwunden.Ichglaube,diestammtvoneinerFlechte,dieanMeeresrändernwächst.“„Orseille“töntesausderKlasse.Adrianerzähltuns,dassdiegrüneFarbederRückseiteaufderVorderseiteeinen„Blaustich“hat.DiesesProblemscheintdieKlassegelöstzuhaben.VonderKomplementärfarbeistdieRedeunddavon,dassmaneinenGrüntonausNaturfarbendurchdaszweimaligeFärbenvonWolleerhält.ZuerstwerdendieFaserngelbgefärbtundanschließendblauüberfärbt.EinblauerFarbstoffabsorbiertgelb,eineWellenlängemitgeringerEnergie(λ:580-595nm),währendeingelberFarbstoffWellenlängen

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imBereichvon435-480nmaufnimmt.DieenergiereichereStrahlungzerstörtallmählichdieMoleküle(gelbeFarbe),sodassBlauvorherrscht.Jan:„DiesebeidenAbbildungen(Vorder-undRückseitedesTeppichs)bestätigendas,waswirvorhergesagthaben.DieroteFarbehingegenistauchaufderVorderseitenochvorhanden.Ichglaube,diesesRotstammtvoneinereuropäischenLausart.“Michael:„Auffälligistauchhier,dassdasGelbsehrstarkverblasstist.“Anna:„AnscheinendwerdenalleNaturfarbstoffeallmählichvonderSonnenstrahlungzerstört.DieZerstörunggehtjeschnellervorsich,jeenergiereicherdieelektromagnetischeStrahlungist,diezurAnregungeinesbestimmtenFarbstoffsgebrauchtwird.“[...]Heisenberg/Einstein„ExistierenElektronenbahnen?WiebeurteilenwirjetztdieDiskussionzwischenHeisenbergundEinstein?“MeineSchülerinnenundSchülerhabendenTextvorsich,denwirschoninderOuvertürestudierthaben.ZitatHeisenberg:„DieBahnenderElektronenimAtomkannmannichtbeobachten,aberausderStrahlung,dievoneinemAtombeieinemEntladungsvorgangausgesandtwird,kannmandochunmittelbaraufdieSchwingungsfrequenzunddiedazugehörigenAmplitudenimAtomschliessen.“Jan:„AngeregteElektronenineinemAtomgebenihreaufgenommeneEnergieinFormvonLichtab(„StrahlungbeimEntladungsvorgang“).DabeigehensievoneinemhöherenineinentieferenSchwingungszustandüber.DasabgegebeneLichtentsprichtderEnergiedifferenzzwischenbeidenZuständen.“Luis:„ElektronenhabenWelleneigenschaften.Deshalbistesmöglich,dieAmplitudenunddieFrequenzenzubestimmen.DazugibtesjadieWellenfunktionenunddieSchrödinger-Gleichung.“DaLuisleichtzögert,bekräftigeich,dassdieSchrödinger-GleichungalsWerkzeugdient,umdieverschiedenenEnergien(z.B.desWasserstoff-Atoms)mithilfederWellenfunktionenzuberechnen(vgl.Baars2011b).BeidenhöherenAtomensindmathematischeNäherungsverfahrennötig.Lea:„WennwirschondenElektronenWellencharakterzuschreiben,dieElektronenbeugunghatunsdiesjabestätigt,dannmüssenwirauchvonAmplitudenundFrequenzensprechen.“Nikolaus:„AmplitudenundFrequenzengehörenauchzumLicht.EsexistiertalsoeigentlichkeinGegensatzzwischenElektronenundLicht.BeibeidenhabenwirWellen-undTeilcheneigenschaften.“Mélanie:„FarbenhabennatürlichauchetwasmitAmplitudenundFrequenzenzutun.EssindjaelektromagnetischeStrahlen.“Michael:„IneinemBeugungsmusterhabenwirvonWahrscheinlichkeitengesprochen;damitgibtesdortauchkeineElektronenbahnenzwischenSpaltundBeugungsmuster.“Simon:„AlsokannmansolcheBahnenauchnichtfürElektroneninAtomenfinden.“Pascal:„DerWechselvoneinemEnergiezustandindenanderenzeigtsichdurchAufnahmeeinerbestimmtenEnergie,z.B.einerFarbeausdemsichtbarenLicht,oderdurchAbgabevonLichtmitebenfallsbestimmtenEnergien(Farben:Linienspektren!).“Damithabenwir,dieKlassebestätigtdas,Heisenbergzugestimmt:Elektronenbahnenlassensichnichtbeobachten.WieeinElektronineinemAtomvoneinemEnergiezustandineinenanderengelangt,darüberkannkeineAussagegemachtwerden.Dieshängtdamitzusammen,dasseinElektronsowohlWellen-alsauchTeilcheneigenschaftenaufweist.DieseszweideutigeVerhaltenhatLouisdeBroglieinseinerDoktorarbeit,vomWelle-Teilchen-DualismusdesLichtsausgehend,aufalleGegenständeübertragen.ZufriedenkannichdamitdieseUnterrichtseinheit,dasLehrstück„QuantenchemiefarbigerStoffemitHeisenbergundEinstein“,abschließen.MeineSchülersindnuninderLage,dasPhänomenFarbezuverstehen,undzwarmithilfedesMolekülbaus,derWechselwirkungenzwischenelektromagnetischerStrahlungundElektronensowiedergrundlegendenTatsache,dass„AllesseineWellenlängehat“.6.Stichwort„Lehrkunstdidaktik“DievonHansChristophBergundTheodorSchulzeabMitteder1980er-JahreentwickelteLehrkunstdidaktik(vgl.Berg/Schulze1995)basiertaufMartinWagenscheinsgenetischerMethodeundseinenexemplarischen,fürdieFächerMathematikundPhysikskizziertenUnterrichtsbeispielen.SiebefasstsichmitwissenschaftlichoderkulturellbedeutendenEreignissen,welchedieSichtaufKultur,KunstundWissenschaftmaßgeblichverändertundbeeinflussthabenundbisheutegelten.ImLehrstückunterrichtwerdendieSchülerinnenund

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SchülerindieAusgangslagefrühererEntdecker,UrheberoderAutorenversetzt,vonwelcheraussie„nach-entdeckend“dieWegezueinerEntdeckung,einerErfindungodereinemgeschaffenenWerkimeigenenLern-undBildungsprozesserleben(Wildhirt2008,63).EinLehrstückisteineinsichgeschlossenemehrdimensionaloderinterdisziplinärangelegteUnterrichtseinheit,dieeinenvollständigenLernzyklusumfasst(vgl.Übersichtaufwww.lehrkunst.ch).DieLehrkunstdidaktikistdenbildungstheoretischenUnterrichtskonzeptionenzuzuordnen(Klafkiab1959;Berg/Gerwig/Wildhirt2013,16f),sieistgleichzeitigtiefindenKlassikernderPädagogikverwurzelt.Lehrstückunterrichtistgleichermaßenerfahrungsorientiert,entdeckungsorientiertundhandlungsorientiert(vgl.Wildhirt/Jänichen/Berg2015).LiteraturBaars,Günter(2008):Farbstoffe.In:Glöckner,Wolfgang;Jansen,Walter;Weißenhorn,Rudolf(Hrsg.):Handbuchder

experimentellenChemie,SekundarbereichII,Band10.FunktionelleGruppen,Fette,Farbstoffe.AulisVerlagAGDeubner.Köln.S.277ff

Baars,Günter(2010):Phenylpolyenale.PdN-ChiS59(8),S.13-19Baars,Günter(2011a):QuantenchemiefarbigerStoffemitHeisenbergundEinstein.hep-verlag.Bern.Baars,Günter(2011b):E-Dossier,QuantenchemieundChemiefarbigerStoffe.Online-Ressource:

http://www.phbern.ch/e-dossier-quantenchemie0.htmlBerg,HansChristoph;Schulze,Theodor(1995):Lehrkunst.LehrbuchderDidaktik.Luchterhand.Neuwied.Berg,HansChristoph(2009):DieWerkdimensionimBildungsprozess.DasKonzeptderLehrkunstdidaktik.Band1der

Reihe„Lehrkunstdidaktik“.hep-Verlag.Bern.Berg,HansChristoph;Gerwig,Mario;Wildhirt,Susanne:(2013):Lehrkunstdidaktik2013.WeiteraufdemWegzueiner

konkretenundallgemeinenBildungsdidaktik.In:Zierer,Klaus(Hrsg.):JahrbuchfürAllgemeineDidaktik2013.SchneiderVerlagHohengehren.Baltmannsweiler.S.11-31.

Brogliede,Louis(1958):LichtundMaterie.FischerBücherei,1958Einstein,Albert(1994):ÜbereinendieErzeugungundVerwandlungdesLichtesbetreffendenheuristischen

Gesichtspunkt.GesammeltePublikationen,Sammlung2:SchriftenausdemJahr1905.AlbertEinstein-GesellschaftBern,Kramgasse49,3000Bern8.

Fischer,ErnstPeter(2012):DieHintertreppezumQuantensprung,DieErforschungderkleinstenTeilchenvonMaxPlanckbisAntonZeilinger.FischerTaschenbuchVerlag.Frankfurt/Main.

Hellemans,Alexander;Bunch,Bryan(1990):FahrplanderNaturwissenschaften.EinchronologischerÜberblick.DroemerKnaur.München.

Wildhirt,Susanne;Jänichen,Michael;Berg,HansChristoph(2015):Lehrstückunterricht.In:Wiechmann,Jürgen;Wildhirt,Susanne(Hrsg.):ZwölfUnterrichtsmethoden.VielfaltfürdiePraxis.Beltz-Verlag.Weinheim.S.111-128.

ÜberdenAutorProf.em.Dr.GünterBaarsstudierteChemie,GeografieundGeologieandenUniversitätenBern(CH) und Freiburg/Breisgau (D). Von 1970 bis 2012 war er Fachlehrer für Chemie amGymnasium Bern-Neufeld sowie ab 1982 Chemiedidaktiker am Institut Sekundarstufe II derPädagogischen Hochschule Bern. Er ist zudem Honorarprofessor der Universität Bern sowieAutor verschiedener Lehrbücher und zahlreicher Publikationen in Chemiedidaktik. Kontakt:[email protected]


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